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Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

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Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 44. Jahrg., H. 1 (1927), pp. 359-386 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40906738 . Accessed: 12/06/2014 17:23 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.141 on Thu, 12 Jun 2014 17:23:20 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 44. Jahrg., H. 1 (1927), pp. 359-386Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40906738 .

Accessed: 12/06/2014 17:23

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Page 2: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926. (Sächsisches Gesetzblatt 1926 Nr. 26 S. 173.)

§ 1.

Vom stehenden Gewerbebetriebe wird nach den Vorschriften dieses Gesetzes eine Gewerbesteuer erhoben.

I. Steuerpflicht.

§2.

(*) Der Gewerbesteuer unterliegen die in Sachsen betriebenen stehenden Gewerbe.

(2) Ge Werbebetriebe, die ausserhalb Sachsens ihren Sitz haben, sind steuer- pflichtig, Wenn sie in Sachsen zur Ausübung des stehenden Gewerbes eine Be- triebsstätte unterhalten; sie unterliegen der Gewerbesteuer nur in Ansehung des inländischen Gewerbebetriebes.

(3) Betriebsstätte im Sinne dieses Gesetzes ist jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung des Betriebes eines stehenden Gewerbes dient. Ausser dem Hauptsitz eines Betriebes gelten hiernach als Betriebsstätten: Zweig- niederlassungen, Fabrikationsstätten, Ein- und Verkaufsstellen, Kontore und sonstige zur Ausübung des Gewerbes durch den Unternehmer selbst, dessen Geschäftsteilhaber, Prokuristen oder andere ständige Vertreter unterhaltene Ge- schäftseinrichtungen. Als Betriebsstätten gelten auch Bauausführungen, die die Dauer von 12 Monaten überschreiten.

§3.

(*) Als Gewerbebetrieb gilt jede fortgesetzt auf GeWinnerzielung gerichtete selbständige Tätigkeit1).

(2) Die Annahme eines Gewerbebetriebes Wird Weder durch eine zeitweilige Unterbrechung der Tätigkeit, noch durch die nur einmalige Ausübung der Tätig- keit ausgeschlossen, Wenn anzunehmen ist, dass die Tätigkeit bei sich bietender Gelegenheit wiederaufgenommen oder wiederholt Wird.

§ 4.

Der Gewerbesteuer unterliegen nicht: 1. der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, der Obst-, Wein- und Gartenbau. Die Befreiung erstreckt sich nicht auf die hierzu gehörigen Nebenbetriebe

gewerblicher Art. 2. die Tätigkeit der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie der

Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, sofern der Geschäftsbetrieb sich auf den Kreis der Mitglieder beschränkt 2) ;

3. die Ausübung einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erziehenden selbständigen Tätigkeit, es sei denn, dass damit der Betrieb besonderer Anstalten oder Unternehmungen verknüpft ist 2).

*) Der Entwurf enthielt noch folgenden Absatz: Als Gewerbebetrieb im Sinne dieses Gesetzes gilt auch die Ausübung eines nicht der reinen Kunst oder der reinen Wissenschaft gewidmeten Berufs, sowie die Tätigkeit von Vereinen, eingetragenen Genossenschaften und Körperschaften, die lediglich die Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Mitglieder bezwecken.

2) Nr. 2 und 3 fehlten im Entwurf. 359

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360 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 80. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

§5. f1) Betriebe und Verwaltungen von Körperschaften des öffentlichen Rechtes

und öffentliche Betriebe und Verwaltungen mit eigener Rechtspersönlichkeit unterliegen der Gewerbesteuer nicht, soweit sie nach den Vorschriften in §§ 2 - 9 des Körperschaftsteuergesetzes vom 10. August 1925 (R.G.B1. 1 S. 208) über die Steuerpflicht der Körperschaf téteuer nicht unterliegen.

(2) Den Betrieben und Verwaltungen in Abs. 1 stehen gleich Unternehmungen, deren Erträge ausschliesslich Körperschaften des öffentlichen Rechtes zufliessen.

§6. (x) Steuerpflichtig für das Gewerbe ist derjenige, auf dessen Rechnung das

Gewerbe betrieben wird (Unternehmer). (2) Für das gepachtete Ge Werbe gilt der Pächter als Unternehmer. (3) Nachfolger im Gewerbe haften für die laufende und die fortgesetzte, aber

noch nicht entrichtete Gewerbesteuer ihrer Vorgänger mit diesen als Gesamt- schuldner. Die Haftung des Nachfolgers tritt nicht ein, Wenn mit dem Wechsel in der Person des Unternehmers eine Wesentliche Aenderung des Gewerbebetriebes (§ 16 Abs. 1 Satz 2) verbunden ist.

§7. (x) Wird ein Gewerbe von mehreren Personen gemeinschaftlich betrieben, so

ist es ebenso zu veranlagen, wie Wenn es nur von einer Person betrieben Würde. Die mehreren Unternehmer (Gesellschafter) haften für die Steuer als Gesamt- schuldner.

(2) Das Gewerbe ist einheitlich zu veranlagen, auch Wenn es an mehreren Betriebsstätten betrieben Wird.

(3) Mehrere selbständige Gewerbe desselben Unternehmers sind getrennt zu veranlagen.

II. Massstab und Steuersatz.

§8. Die Besteuerung des Gewerbes erfolgt nach Massgabe des Wertes des dem

Unternehmen dienenden gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals (Kapital- abgabe, § 11 Abs. 1) und nach Massgabe des Ertrags (Ertragsabgabe, § 11 Abs. 2, 3).

§9. (*) Das gewerbliche Anlage- und Betriebskapital umfasst- sämtliche dem

Gewerbebetriebe gewidmete Gegenstände mit Ausnahme der von der Grund- steuer betroffenen Bestandteile. Von den AktivWerten des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals dürfen die mit dem Gewerbebetrieb in "wirtschaftlichem Zu- sammenhange stehenden Schulden mit Ausnahme solcher Schulden abgezogen werden, die zur Gründung oder Erwerbung des Unternehmens oder eines Teil- betriebes oder zu einer den Betrieb in seiner Grundlage verändernden Erweiterung des Unternehmens aufgenommen Worden sind.

(2) Der Bewertung des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals sind die nach den Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes vom 10. August 1925 (R.G.B1. 1 S. 214) für das Betriebsvermögen festgestellten Einheitswerte zugrunde zu legen.

§ 10.

(*) Der Ertrag Wird nach den jeweilig geltenden Vorschriften des Einkommen- steuergesetzes über den Gewinn und dessen Ermittelung festgestellt, soweit sich nicht aus Abs. 2 Abweichendes ergibt.

(2) Zu den abzugsfähigen Betriebsausgaben gehören nicht a) die Zinsen für das gewerbliche Anlage- und Betriebskapital, auch Wenn

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Page 4: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwürfsbegründung. ggj

es einem Dritten gehört, und für Schulden, die von dem Werte des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals nicht abgezogen Werden dürfen ( § 9 Abs. 1 Satz 2),

b) die Bezüge der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft, der Kom- manditgesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft auf Aktien für die ihrer Gesellschaft geleisteten Arbeiten und Dienste,

c) die von den Körperschaften entrichtete Körperschaftsteuer sowie die den Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und sonstigen Beamten, Angestellten und Arbeitern ohne Erfüllung eines Rechtsanspruchs gewährten Anteile am Jahres- gewinne, ferner die den zur UeberWachung der Geschäftsführung verfassungsmässig bestellten Personen (Mitgliedern des Aufsichtsrats, des Grubenvorstandes, des Gewerkschaftsrats, des Verwaltungsrats usw.) gewährten Vergütungen jeder Art1).

§ H. (*) Die Kapitalabgabe beträgt für die ersten angefangenen oder vollen 10 000 RM. des gewerblichen Anlage-

und Betriebskapitals y2 v* T., für die Weiteren angefangenen oder vollen 15 000 RM. 3/4 v. T., für die Weiteren angefangenen oder vollen 25 000 RM. 1 v. T., für die weiteren angefangenen oder vollen 50 000 RM. P/4 v.T., für die Weiteren angefangenen oder vollen 400 000 RM. l1/2 v. T., für die weiteren angefangenen oder vollen 500 000 RM. 1% v. T., für die weiteren Beträge 2 v. T. (2) Die Ertragsabgabe beträgt für die ersten angefangenen oder vollen

10000 RM. 3/4 V.H., für die Weiteren angefangenen oder vollen 15 000 RM. 1 v. H., für die Weiteren angefangenen oder vollen 25 000 RM. IY2 v» H. 2), für die Weiteren angefangenen oder vollen 50 000 RM. 2 v. H., für die Weiteren angefangenen oder vollen 400 000 RM. 2V2 v. H., für die Weiteren Beträge 3 v. H. (3) Die Ertragsabgabe erhöht sich3) bei Erträgen von mehr als 50 000 RM., Wenn der Ertrag 20, aber nicht 50 v. H. des gewerblichen Anlage- und Be-

triebskapitals ( § 15 Abs. 2) übersteigt, um 10 v. H.4), wenn der Ertrag 50, aber nicht 100 v. H. des gewerblichen Anlage- und

Betriebskapitals übersteigt, um 25 v. H.5), Wenn der Ertrag 100 v. H. des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals

übersteigt, um 50 v. H.6). Das gewerbliche Anlage- und Betriebskapital im Sinne dieser Vorschrift

umfasst auch die von der Grundsteuer betroffenen Bestandteile. (4) Das Finanzministerium wird ermächtigt, Vorschriften über die Abrundung

des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals und des Ertrags zu treffen.

§ 12. (*) Wird das Gewerbe von einer oder mehreren natürlichen Personen be-

trieben und beträgt der Ertrag nicht mehr als 1500 RM., so bleibt die Ertrags- abgabe ausser Ansatz. Dies gilt nicht für die in § 2 Abs. 2 bezeichneten Gewerbe- betriebe.

(2) Wird nach Abs. 1 eine Ertragsabgabe nicht erhoben, so bleibt auch die Kapitalabgabe ausser Ansatz, es sei denn, dass der Wert des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals 5000 RM. übersteigt.

x) Der Entwurf hatte noch den Absatz: ,,d) Der von Einkaufsgenossenschaften und Ein- kaufsgesellschaften gewährte Kundengewinn, soweit er 5 v. H. der auf die Waren geleisteten Barzahlungen übersteigt."

■) Entwurf: für die ersten angefangenen oder vollen 10 000 UM. 1 v. H., für die weiteren angefangenen oder vollen 40 000 RM. IV* v. H.

•) Die Erhöhung sollte nach dem Entwurf nicht für die freien Berufe gelten, die er besteuern wollte.

"j Jüntwun: zu v.u. *) Entwurf: 50 v. H. •) Entwurf: 100 v. H.

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362 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom .80. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

(3) Betreibt ein Unternehmer mehrere selbständige Gewerbe, so Werden zwecks Feststellung der in Abs. lu. 2 bestimmten Grenzen die mehreren Anlage - und Betriebskapitalien und die mehreren Erträge zusammengerechnet.

III« Veranlagung, Rechtsmittel und Erhebung.

§ 13.

(x) Soweit nicht in diesem Gesetz oder den hierzu erlassenen Ausführungs- bestimmungen etwas anderes bestimmt ist, finden die §§ 4 - 6, 10, 22 Abs. 1, §§ 25-31, 47 - 50 der Reichsabgabenordnung sowie die Vorschriften des zweiten Teiles der Reichsabgabenordnung über die Besteuerung (§§ 51-354) in ihrer je- weils geltenden Fassung sinngemäss Anwendung.

(2) Die hiernach dem Reichsminister der Finanzen vorbehaltenen Befugnisse stehen dem Finanzministerium zu; die auf das Reich bezüglichen Vorschriften gelten für den Staat.

§14. (*) Die Verwaltung der Gewerbesteuer ist den Reichssteuerbehörden zu über-

tragen. (2) Bei der Veranlagung, mit Ausnahme der Nach- und Neuveranlagung

(§§ 16/17), Wirken die für die Veranlagung der Reichssteuern vom Einkommen und vom Vermögen bei den Finanzämtern bestehenden Ausschüsse mit. Der Vorsteher der Gemeinde, in der der zu veranlagende Gewerbebetrieb seinen Sitz hat, sein Vertreter oder ein durch schriftlichen Auftrag der Gemeindebehörde ausgewiesener Beauftragter ist berechtigt, mit beratender Stimme an den Sitzungen des Steuerausschusses teilzunehmen.

1. Veranlagung.

§ 15.

(*) Die Veranlagung erfolgt jeweils für ein Rechnungsjahr (Steuerjahr). (2) Für die Kapitalabgabe ist der Einheitswert des gewerblichen Anlage-

und Betriebskapitals massgebend, der für den letzten der Veranlagung voraus- gegangenen Hauptfeststellungszeitpunkt ( § 5 Abs. 2, § 29 des ReichsbeWertungs- gesetzes) festgestellt Worden ist. Hat innerhalb des Feststellungszeitraums (§ 6 des Reichsbewertungsgesetzes) eine Neufeststellung stattgefunden (§ 75 des Reichsbewertungsgesetzes), so ist der bei der Neufeststellung festgestellte Ein- heitsWert massgebend. Ist die Wirtschaftliche Einheit erst nach dem massgebenden Hauptfeststellungszeitpunkte neu gegründet Worden, so ist der bei der Nach- feststellung (§ 76 des Reichsbewertungsgesetzes) oder, Wenn die Neugründung mit dem Zeitpunkte der nächsten Hauptfeststellung zusammenfällt, der bei dieser Hauptfeststellung festgestellte Einheitswert massgebend.

(3) Für die Ertragsabgabe ist der Ertrag massgebend, den das Gewerbe im Durchschnitte der letzten 3 zur Zeit der Veranlagung abgelaufenen Betriebsjahre erzielt hat. Der Ertrag ist dergestalt zu berechnen, dass für jedes Betriebsjahr der Ertrag gesondert ermittelt und der dritte Teil der Summe der ermittelten Erträge in Ansatz gebracht wird. Hat die Steuerpflicht noch nicht während des vollen hiernach massgebenden Zeitraums bestanden, oder ist sie erst nach dem 31. Dezember des dem Steuerjahr unmittelbar vorausgegangenen Kalenderjahrs entstanden, so ist der Ertrag unter Berücksichtigung der bisherigen Ergebnisse des Gewerbebetriebes schätzungsweise zu veranschlagen.

(4) Als Zeitpunkt der Veranlagung im Sinne dieser Vorschriften gilt das Ende des dem Steuerjahr unmittelbar vorausgegangenen Kalenderjahrs.

§16. Í1) Gewerbe, die bei der Veranlagung übergangen Worden sind, oder die mit

Beginn oder im Laufe des Steuerjahrs neu entstehen, oder bei denen die Vor- 862

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Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.: 3ß3

aussetzungen der Steuerfreiheit wegfallen, sind im Wege der Nachveranlagung zur Steuer heranzuziehen. Den neu entstandenen Gewerben stehen die in ihrer Grundlage wesentlich veränderten Gewerbe gleich.

(2) Im Falle des Eintritts der Steuerpflicht mit Beginn oder im Laufe des S teuer jahrs erfolgt die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für dieses Steuer- jahr, unbeschadet der Vorschrift in § 27 Abs. 1, nach Massgabe der Vorschriften in § 15 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 3.

§ H.

(*) Ist ein Gewerbe mit einer niedrigeren Steuer belegt worden, als dies nach den vorhandenen Merkmalen zufolge des Gesetzes hätte geschehen sollen, so ist der Unternehmer zur Nachzahlung des der Staatskasse hierdurch entgangenen Betrags verpflichtet, gleichviel ob eine Hinterziehung vorliegt oder nicht. Der Anspruch auf Nachzahlung ist jedoch nicht Weiter zu verfolgen als auf 5, bei hinterzogenen Beträgen auf 10 Jahre, vom Anfange des Steuerjahrs an zurück- gerechnet, in dem die Steuerverkürzung bekannt geworden ist.

(2) Der nachzuzahlende Betrag wird für jedes Steuerjahr, für das die Nach- zahlung stattzufinden hat, gesondert festgesetzt.

(3) Die Festsetzung erfolgt im Wege der Neuveranlagung.

§ 18. (*) Die Veranlagung erfolgt an dem Orte, an dem das Gewerbe betrieben

wird. Findet der Betrieb an mehreren Orten statt ( § 7 Abs. 2), so erfolgt die Ver- anlagung an dem Orte, an dem sich die Geschäftsleitung befindet. Befindet sich die Geschäftsleitung nicht in Sachsen, so erfolgt die Veranlagung an dem Orte, an dem die sächsische Hauptbetriebsstätte oder in Ermangelung einer solchen die sächsische Betriebsstätte mit den meisten gewerblichen Hilfspersonen liegt.

(2) Wird der Unternehmer oder Werden die sämtlichen Unternehmer des Gewerbes (§ 7 Abs. 1) an einem anderen als dem nach Abs. 1 massgebenden Orte in Sachsen zur Einkommensteuer veranlagt, so ist das Gewerbe an dem Orte zu veranlagen, an dem der Unternehmer oder einer der mehreren Unternehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird. In gleicher Weise ist das Gewerbe einer Erwerbs- gesellschaft, die an einem anderen als dem nach Abs. 1 massgebenden Orte in Sachsen zur Körperschaftsteuer veranlagt wird, an diesem Orte zu veranlagen.

(3) In Zweifelsfällen bestimmt das Finanzministerium den Ort der Ver- anlagung.

§ 19.

(*) Jeder Unternehmer eines Gewerbes hat auf Aufforderung innerhalb der gestellten Frist eine schriftliche Gewerbesteuererklärung abzugeben.

(2) Steuerpflichtigen, die die ihnen gestellte Frist zur Abgabe der Gewerbe- steuererklärung nicht einhalten, kann vom Finanzamt ein Zuschlag bis zu 10 v. H. der endgültig festgesetzten Gewerbesteuer auferlegt werden. Von der Auferlegung des Zuschlags ist abzusehen, Wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint.

§ 20. Ueber die nach diesem Gesetze zu entrichtende Gewerbesteuer erteilt das

Finanzamt dem Steuerpflichtigen einen schriftlichen Steuerbescheid (Gewerbe- steuerbescheid).

2. Rechtsmittel.

§ 21. (]) Gegen die Veranlagung steht dem Steuerpflichtigen der Einspruch an

das Finanzamt, gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts die Berufung an das Finanzgericht zu. Bei der Entscheidung über den Einspruch, mit Aus- nahme der Nach- und Neuveranlagungen, wirken die in § 14 Abs. 2 Satz 1 er- wähnten Ausschüsse mit.

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3ß4 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom so. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung*

(2) Dem Vorsteher des Finanzamts steht gegen die Veranlagung, mit Aus- nahme der Nach- und Neuveranlagungen, die Berufung an das Finanzgericht zu.

(3) ̂ Rechtsmittel gegen die Bewertung des der Veranlagung zugrunde liegen- den gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals können nur darauf gestützt Werden, dass ein nichtzutreffender Betrag vom Einheitswert abgezogen oder zum Einheits- Werte hinzugerechnet Worden ist. Im übrigen findet gegen die Bewertung des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals ein besonderes Rechtsmittelverfahren bei der Gewerbesteuer nicht statt. Dies gilt auch im Falle des Satz 1, Wenn für den abzuziehenden oder hinzuzurechnenden Vermögensgegenstand ein Einheits- wert nach den Vorschriften des Reichs be Wertungsgesetzes festgestellt und der Gegenstand mit dem festgestellten Einheitswert angesetzt worden ist. Eine Aende- rung der festgestellten Einheitswerte im Rechtsmittelverfahren gegen die Ein- heitsbeWertung (§ 69 des Reichsbewertungsgesetzes) oder im Wege der Neufest- stellung ( § 75 des Reichsbewertungsgesetzes) oder der Berichtigung zieht die ent- sprechende Aenderung der Gewerbesteuer ohne Weiteres nach sich.

§ 22.

Í1) Gegen die Berufungsentscheidungen der Finanzgerichte kann sowohl vom Steuerpflichtigen als auch vom Vorsteher des Finanzamts die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts durch Erhebung der Anfechtungsklage angerufen Werden.

(2) Auf die Anfechtungsklage finden die Vorschriften des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 19. Juli 1900 (G.V.B1. S. 486) Anwendung, soweit nicht nachstehend etwas anderes bestimmt Wird.

§ 23.

(x) Die Anfechtungsklage ist beim Finanzgericht innerhalb eines Monats, von der Bekanntmachung der Entscheidung des Finanzgerichts an gerechnet, schrift- lich anzubringen; die Frist wird auch durch rechtzeitige Einreichung der Klage bei dem zuständigen Finanzamt oder dem Oberverwaltungsgerichte gewahrt. Nur die Klage des Vorstehers des Finanzamts hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage des Vorstehers des Finanzamts ist dem Steuerpflichtigen vom Finanzgericht abschriftlich mit dem Eröffnen mitzuteilen, dass ihm binnen einem Monat die Einreichung einer Erwiderung freisteht.

§ 24,

(1) Das Oberverwaltungsgericht beschliesst nach eigenem Ermessen, ob vor Erteilung der Entscheidung eine mündliche Verhandlung stattfinden soll.

(2) Anfechtungsklagen, die für versäumt oder nach § 75 unter 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege für unzulässig zu erachten sind, werden ohne weiteres verworfen.

§ 25.

(x) Andere als die in §§ 21 u. 22 bezeichneten Verfügungen der Steuerbehörden unterliegen der Beschwerde.

(2) Ist im Falle des § 282 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung die Verfügung, deren Aenderung verlangt Wird, von einer vom Oberverwaltungsgericht um Er- ledigung einer Beweisaufnahme ersuchten oder beauftragten Stelle oder von der Geschäftsstelle des Oberverwaltungsgerichts erlassen Worden, so entscheidet, falls der Beschwerde nicht abgeholfen Wird, das Oberverwaltungsgericht.

(3) Soweit in §§ 283, 351 Abs. 1 Satz 4, § 352 Satz 4 der Reichsabgaben- ordnung gegen Beschwerdeentscheidungen und Verfügungen der Landesfinanz- ämter und Finanzgerichte die Rechtsbeschwerde an den Reichsfinanzhof gegeben ist, findet die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht statt.

(4) Auf das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (Abs. 2 u. 3) finden die Vorschriften des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege mit der Massgabe Anwendung, dass die Frist für die Einlegung der Beschwerde einen Monat beträgt und auch durch rechtzeitige Einreichung der Beschwerde bei dem zuständigen Finanzamte gewahrt wird.

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Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 80. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung, 355

3. Erhebung.

§ 26.

(*) Die Gewerbesteuer ist in vier gleichen Teilzahlungen am 15. Juni, 15. Sep* tember, 15. Dezember und 15. März zu entrichten.

(2) Bis zum Empfange des Steuerbescheids für ein Steuer jähr (§ 20) hat der Steuerpflichtige auf die Gewerbesteuer dieses Steuerjahrs an den in Abs. 1 be- stimmten Fälligkeitstagen Vorauszahlungen in Höhe von je einem Viertel der zuletzt festgesetzten Gewerbesteuer zu entrichten. Die Vorauszahlungen Werden auf die endgültige Steuer angerechnet.

§ 27.

(*) Ist die Steuerpflicht des Gewerbes im Laufe des Steuer jahrs begründet Worden oder Weggefallen, so Wird die Steuer für dieses Steuerjahr nur insoweit erhoben, als das Gewerbe Während voller Monate des Steuerjahrs betrieben Worden ist. Wird die Steuerpflicht am ersten Tage eines Monats begründet, oder fällt sie am letzten Tage eines Monats Weg, so gilt dieser Monat als voller Monat im Sinne dieser Vorschrift.

(2) Tritt lediglich ein Wechsel in der Person des Unternehmers ohne Wesent- liche Aenderung des Gewerbebetriebes ( § 16 Abs. 1 Satz 2) ein, so ist die Steuer bis zum Ablaufe des Steuerjahrs vom Nachfolger f ortzuentrichten. Die Haftung des Nachfolgers bestimmt sich nach § 6 Abs. 3.

§ 28.

(*) Das Finanzministerium kann in einzelnen Fällen Steuern, deren Ein- ziehung eine erhebliche Härte für den Steuerpflichtigen bedeuten Würde, ganz oder teilweise stunden oder erlassen. Die Stundung darf nur bewilligt Werden, Wenn der Steueranspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird.

(2) Diese Befugnis kann den nachgeordneten Steuerbehörden übertragen Werden.

IV. Strafvorschriften.

§ 29. Soweit Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz nicht zugleich Zuwiderhand-

lungen gegen die Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes darstellen (§ 80 des Reichsbewertungsgesetzes), gelten die nachstehenden Vorschriften:

a) Die Hinterziehung der Gewerbesteuer wird mit Geldstrafe bestraft. Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist unbeschränkt. Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis bis zu 2 Jahren erkannt werden.

b) Die Vorschriften des dritten Teiles der Reichsabgabenordnung über das Straf recht und Strafverfahren (§§ 355 - 443) finden, mit Ausnahme der §§ 425, 433 u. 440, in ihrer jeweils geltenden Fassung sinngemäss Anwendung. § 13 Abs. 2 des vorliegenden Gesetzes gilt auch insoweit.

c) Im Falle des § 366 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung geht die Beschwerde gegen den Beschluss des Landesfinanzamts an das Oberverwaltungsgericht; die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, im übrigen gilt § 25 Abs. 4 des vorliegen- den Gesetzes.

d) Die Wegen Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz erkannten Geldstrafen fliessen in die Staatskasse. Die Vorschrift in § 34 Abs. 3 Satz 3 wird hierdurch nicht berührt.

V. Beteiligung der Gemeinden.

§ 30. (*) Die Gemeinden können eine Zuschlagsteuer nach Hundertsätzen der für

den Staat veranlagten Gewerbesteuer (§11) erheben. Die Hundertsätze müssen 365

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Page 9: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

3ßß Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

für alle Betriebe gleich sein. Die Zuschlagsteuer zur Gewerbesteuer muss in der- selben Höhe erhoben Werden wie die Zuschlagsteuer zur Grundsteuer1).

(2) Die Zuschlagsteuer darf nicht mehr als 150 v. H. der Staatssteuer be- tragen. Falls eine Gemeinde nichts anderes beschliesst, wird die Zuschlagsteuer unbeschadet der Vorschrift in Abs. 1 Satz 3, in gleicher Höhe Wie die Staats- steuer erhoben.

(3) Die Steuererklärung für die Staatssteuer gilt gleichzeitig für die Zuschlag- steuer der Gemeinden.

(4) Wird die Veranlagung zur Staatssteuer infolge eines Rechtsmittelver- fahrens oder im Wege der Neuveranlagung oder Berichtigung geändert, so zieht diese Aenderung von selbst die entsprechende Aenderung der Zuschlagsteuer nach sich. Das gleiche gilt für den Erlass, die Stundung und die Niederschlagung der Staatssteuer.

§ 31. (!) Unterhält ein Gewerbebetrieb Betriebsstätten in mehreren Gemeinden,

so darf er in jeder Betriebsgemeinde nur anteilig zur Zuschlagsteuer herangezogen Werden.

(2) Die Anteile der Betriebsgemeinden sind von dem der Staatssteuer ent- sprechenden Grundbetrage der Zuschlagsteuer (100 v. H. der Staatssteuer) zu berechnen. Erhebt eine Betriebsgemeinde als Zuschlagsteuer weniger oder mehr als 100 v. H. der Staatssteuer, so ist von dem auf sie entfallenden Anteil am Grundbetrage der Zuschlagsteuer der entsprechende Hundertsatz zu berechnen.

(3) Der Anteil der einzelnen Betriebsgemeinde am Grundbetrage der Zu- schlagsteuer wird in der W^eise ermittelt, dass von dem auf die Gesamtheit der Betriebsgemeinden entfallenden Grundbetrage zunächst derjenigen Gemeinde, in der sich die Leitung des Gesamtbetriebes befindet, der zehnte Teil vorab zu- gewiesen Wird und die übrigen neun Zehntel

a) bei Versicherungs-, Bank- und Kreditunternehmen nach Verhältnis der in den einzelnen Gemeinden erzielten Roheinnahme,

b) in den übrigen Fällen nach Verhältnis der in den einzelnen Gemeinden entstandenen Ausgaben an Gehältern und Löhnen, jedoch ausschliesslich der von dem Gesamtüberschusse berechneten Vergütungen (Tantiemen) des VerWaltungs- und Betriebspersonals, verteilt Werden. Für die Ermittelung der Roheinnahme und der Ausgaben an Gehältern und Löhnen sind die Jahre massgebend, deren Ertrag der Besteuerung zugrunde liegt.

(4) Erstreckt sich eine Betriebsstätte dergestalt über das Gebiet mehrerer Gemeinden, dass die Massstäbe des Abs. 3 nicht anwendbar erscheinen, so hat die Verteilung der Zuschlagsteuer nach Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des Flächenverhältnisses und der in den einzelnen Gemeinden durch das Vorhandensein der Betriebsstätte entstehenden Gemeindelasten zu erfolgen.

§ 32. f1) Die Betriebsgemeinden können sich mit Zustimmung des Steuerpflich-

tigen über eine andere Art der Verteilung der Zuschlagsteuer einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande und ergeben sich in einzelnen Fällen aus der An- wendung der nach § 31 Abs. 3 u. 4 massgebenden Vorschriften besondere Un- billigkeiten für eine Gemeinde oder mehrere Gemeinden, so kann auf Antrag einer beteiligten Gemeinde von der Aufsichtsbehörde die Zugrundelegung eines anderen Massstabes angeordnet Werden.

(2) Die Unternehmer sind verpflichtet, den Betriebsgemeinden die für die Verteilung erforderlichen Nachweisungen mitzuteilen.

§ 33. (*) Die Bezirksverbände können eine Zuschlagsteuer von den Betrieben er-

heben, die in selbständigen Gutsbezirken eine Betriebsstätte unterhalten; die Vorschriften der §§ 30 - 32 gelten entsprechend.

*) Dieser Satz fehlte im Entwurf. Z66

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Page 10: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung. gg^

(2) Erstreckt sich ein selbständiger Gutsbezirk auf das Gebiet mehrerer Bezirksverbände, so findet die Vorschrift in § 10 Abs. 2 Satz 1 des Vollzugsgesetzes zum Landessteuergesetze vom 12. August 1920 (G.V.B1. S. 311) Anwendung.

(3) Die dem Bezirksverbande zufliessende Steuer ist der nach § 11 des Voll- zugsgesetzes zum Landessteuergesetze zu bildenden Sonderkasse zuzuführen.

§ 34.

(!) Die Verwaltung der Zuschlagsteuer liegt den Gemeinden (Bezirks- verbänden) ob.

(2) Soweit sich nicht aus § 30 etwas anderes ergibt, gelten die Bestimmungen des III. und IV. Abschnitts mit der Massgabe, dass an die Stelle der Finanzämter die Gemeinden (Bezirksverbände), an die Stelle der Landesfinanzämter und der Finanzgerichte die Gemeindeaufsichtsbehörden und an die Stelle des Finanz- ministeriums das Ministerium des Innern treten. Eine besondere Anfechtung der Zuschlagsteuer findet nur insoweit statt, als es sich um das Recht der Gemeinden (Bezirksverbände) auf Erhebung der Zuschlagsteuer oder um deren Berechnung handelt.

(3) Eine Hinterziehung oder Gefährdung der Zuschlagsteuer liegt auch vor, Wenn die zur Verkürzung des Steuerinteresses der Gemeinde (des Bezirks Verbandes) führenden Angaben für die Zwecke der Veranlagung zur Staatssteuer gemacht Worden sind. Die auf die Steuerzuwiderhandlung angedrohte Strafe der Gemeinde (des Bezirksverbandes) ist unabhängig von der staatlichen Steuerstrafe aufzu- erlegen; § 73 des R.Str.G. findet keine Anwendung. Die Wegen Verletzung der Pflichten in Ansehung der Zuschlagsteuer erkannten Geldstrafen fiiessen in die Kasse der Gemeinde (des Bezirksverbandes).

§ 35.

(x) An der in der Betriebsgemeinde aufgekommenen Zuschlagsteuer Werden die Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke beteiligt, in denen die in der Be- triebsgemeinde beschäftigten Arbeitnehmer ihren Wohnsitz haben. Als Aufkommen im Sinne dieser Vorschrift gilt der Grundbetrag der Zuschlagsteuer (§31 Abs. 2); § 30 Abs. 4 gilt entsprechend. Von dem Aufkommen sind zunächst 50 v. H. für die Betriebsgemeinde abzusetzen. Der verbleibende Betrag wird unter die be- teiligten Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke nach dem Verhältnisse der Kopfzahl der daselbst Wohnhaften Arbeitnehmer verteilt. Gemeinden und selb- ständige Gutsbezirke, in denen Weniger als fünf in der Betriebsgemeinde beschäftigte Arbeitnehmer ihren Wohnsitz haben, sowie aussersächsische Gemeinden und aussersächsische selbständige Gutsbezirke bleiben unberücksichtigt; ihr Anteil fällt der Betriebsgemeinde zu. Die Anteile der sächsischen selbständigen Guts- bezirke fliessen dem Bezirksverbande zu.

(2) Die Zerlegung des der Verteilung unterliegenden Betrags der Zuschlag- steuer unter die beteiligten Gemeinden und Bezirksverbände liegt der Betriebs- gemeinde ob.

(3) Das Beteiligungsverhältnis (Abs. 1) ist von der Betriebsgemeinde jeweilig für ein Rechnungsjahr nach dem Stande vom 10. Oktober des vorausgegangenen Kalenderjahrs festzusetzen und spätestens bis zum 30. November den beteiligten Gemeinden und Bezirks verbänden, soweit sie Zuweisungen zu beanspruchen haben, mitzuteilen. Es bleibt für die Dauer des Rechnungsjahrs unverändert.

(4) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, der Betriebsgemeinde binnen einer Woche nach dem für die Festsetzung des Beteiligungsverhältnisses massgebenden Stichtag (Abs. 3) die nötigen Unterlagen einzureichen.

(5) Streitigkeiten über das Beteiligungsverhältnis (Abs. 1 - 3) entscheidet die zunächst vorgesetzte gemeinsame Aufsichtsbehörde endgültig. Gehören die Ge- meinden (Bezirksverbände) verschiedenen Regierungsbezirken an, so entscheidet die Kreishauptmannschaft, in deren Bezirke die Betriebsgemeinde liegt.

(6) Die näheren Bestimmungen Werden durch Verordnung getroffen. Hierbei können die in Abs. 1 Satz 4 festgesetzte Arbeitnehmerzahl sowie der in Abs. 3

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Page 11: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

368 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30, Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung,

vorgeschriebene Stichtag und Geltungszeitraum abweichend bestimmt Werden. Die Verordnung kann insbesondere auch das Rechtsmittelverfahren (Abs. 5) näher regeln.

§ 36. Gemeindeaufsichtsbehörden im Sinne dieser Vorschriften sind die Kreis-

hauptmannschaften und die Amtshauptmannschaften. Diese entscheiden ohne Mitwirkung der Kreis- und Bezirksausschüsse.

VLUebergangs- und Schlussvorschriften.

§ 37.

(x) Das Finanzministerium kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen die nach diesem Gesetze den Finanzämtern zufallenden Aufgaben den Gemeinden und Bezirksverbänden übertragen. Soweit dies geschieht, bleibt dem Finanzministerium die nähere Regelung des Verfahrens vorbehalten.

(2) Die Gemeinden und Bezirksverbände erhalten solchenfalls vom Staate einen angemessenen Beitrag zu ihren Kosten. Der Beitrag ist in Hundertsätzen des tatsächlichen Aufkommens an Gewerbesteuer zu bemessen. Er ist vom Finanz- ministerium im Benehmen mit dem Ministerium des Innern festzusetzen.

§ 38.

Solange und insoweit 1) ein Gewerbebetrieb der Steuer nach § 4 des Gesetzes, die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umherziehen betreffend, vom 1. Juli 1878 (G.V.B1. S. 121) unterliegt, unterbleibt seine Heranziehung zur Steuer vom stehenden Gewerbebetriebe nach dem vorliegenden Gesetze.

§ 39. Für die Rechnungsjahre 1924 und 1925 findet eine Veranlagung nicht statt.

Die Gewerbesteuer dieser Rechnungsjahre ist durch die nach §§ 14 - 17 des Ge- setzes über die Erhebung der Gewerbesteuer für den Rest des Rechnungsjahrs 1923 und für das Rechnungsjahr 1924 vom 22. Januar 1924 (G.B1. S. 21) und nach § 1 des Gesetzes über die vorläufige Weitererhebung der Gewerbesteuer und Grundsteuer vom 9. April 1925 (G.B1. S. 67) geleisteten Vorauszahlungen als abgegolten anzusehen2).

§40. (x) Dieses Gesetz findet, unbeschadet der Vorschriften in Abs. 2, erstmalig

Anwendung auf die Veranlagung für das Rechnungsjahr 1926. (2) Für die Rechnungsjahre 1926 und 1927 gelten folgende Besonderheiten: 1. Für das Rechnungsjahr 1926 ist der Ertrag massgebend, den das Gewerbe

im Durchschnitte der letzten 2 zur Zeit der Veranlagung ( § 15 Abs. 4) abgelaufenen Betriebsjahre erzielt hat.

2. Hat das erste der für die Rechnungsjahre 1926 und 1927 massgebenden Betriebsjahre vor Einführung der Rentenmark begonnen, so bleibt der Ertrag dieses Betriebsjahrs unberücksichtigt. Als Tag der Einführung der Rentenmark im Sinne dieser Vorschrift gilt der 15. November 1923.

3. Bis zum Empfange des Steuerbescheids für das Rechnungsjahr 1926 sind auf die Gewerbesteuer und Zuschlagsteuer dieses Rechnungsjahrs an den in § 26 Abs. 1 bestimmten Fälligkeitstagen Vorauszahlungen in Höhe von je einem Viertel

*) Die Worte „und insoweit" fehlten im Entwurf. a) Entwurf: „Für das Rechnungsjahr 1924 findet eme Veranlagung nicht statt, uie Ge-

werbesteuer des Rechnungsjahres 1924 ist durch die nach §§ 14-17 des Gesetzes über die Er- hebung der Gewerbesteuer für den Rest des Rechnungsjahres 1923 und für das Rechnungsjahr 1924 vom 22. Januar 1924 (G.B1. S. 21) geleisteten Vorauszahlungen als abgegolten anzusehen." - Der § 40 des Entwurfs, der in sehr umständlicher Weise die endgültige Gewerbesteuer des Rechnungs- jahres 1925 regehi wollte (siehe unten S. 383 die Begründung des Entwurfs), fiel durch die vom Landtag beschlossene Aenderung des § 39 weg.

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Page 12: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung« gg<)

der in § 15 Abs. 1 Nr. 2, §§ 16, 17 des Gesetzes über die Erhebung der Gewerbe- steuer für den Rest des Rechnungsjahrs 1923 und für das Rechnungsjahr 1924 vorgeschriebenen Abgabe vom Betriebsvermögen zu entrichten. Für die Zeit bis zur Verkündung des vorliegenden Gesetzes bewendet es bei den nach der Not- verordnung über die vorläufige Weitererhebung der Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer und Grundsteuer vom 30. März 1926 (G.B1. S. 81) zu leistenden Vorauszahlungen. § 26 Abs. 2 Satz 2 gilt für die in Satz 1 u. 2 bezeichneten Vorauszahlungen entsprechend.

Die Verpflichtung zur Entrichtung der Vorauszahlungen entfällt für die in § 5 bezeichneten Betriebe, sofern diese für das Rechnungsjahr 1925 noch nicht steuerpflichtig Waren, sowie für die in § 4 bezeichneten Betriebe, sofern diese für das Rechnungsjahr 1926 nicht mehr steuerpflichtig sind.

Die Vorauszahlungen Werden mit zwei Fünfteln auf die Gewerbesteuer und mit drei Fünfteln auf die Zuschlagsteuer des Rechnungsjahrs 1926 angerechnet. Für den Ausgleich zwischen Betriebsgemeinden und Wohnsitzgemeinden gelten die Vorschriften in § 35 entsprechend; das Ministerium des Innern kann jedoch zur Erleichterung des Ueberganges eine abweichende Regelung treffen.

§ 41 1). (x) Die Vorschrift in § 39 tritt mit der Verkündung des Gesetzes, im übrigen

tritt dieses Gesetz, unbeschadet der Vorschrift in § 40 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2, mit Rückwirkung vom 1. April 1926 ab in Kraft.

(2) Mit der Verkündung dieses Gesetzes tritt die Notverordnung über die vorläufige Weitererhebung der Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer und Grund- steuer vom 30. März 1926 hinsichtlich der Gewerbesteuervorauszahlungen ausser Kraft. Soweit die nach der Notverordnung Vorauszahlungspflichtigen Betriebe nach diesem Gesetze der Gewerbesteuer nicht mehr unterliegen, sind die auf Grund der Notverordnung geleisteten Vorauszahlungen nach näherer Bestimmung des Finanzministeriums zu erstatten oder auf andere Landessteuern anzurechnen.

§ 42.

Mit der Ausführung dieses Gesetzes Werden das Finanzministerium und das Ministerium des Innern beauftragt2).

Begründung zu dem Gesetzentwurf vom 20. Februar 1926 8). A. Im allgemeinen.

Wie sich das Reich infolge der das Kalenderjahr 1923 beherrschenden Geld- entwertung genötigt sah, von einer nachträglichen Veranlagung der Einkommen- steuer für das Rechnungsjahr 1923 Abstand zu nehmen und die im Kalenderjahr 1924 zu leistenden Vorauszahlungen in der Zweiten Steuernotverordnung vom 19. Dezember 1923 (R.G.B1. 1 S. 1205) auf eine neue, verhältnismässig rohe Grund- lage zu stellen, blieb auch der sächsischen Regierung bei der Gewerbesteuer, deren Hauptbesteuerungsmerkmal, der gewerbliche Reinertrag, sich im Wesentlichen mit den der Einkommensteuer unterliegenden gewerblichen Einkünften des Unter- nehmers deckt, nichts anderes übrig, als dem Vorgange des Reichs zu folgen. Das Gesetz über die Erhebung der Gewerbesteuer für den Rest des Rechnungs- jahrs 1923 und für das Rechnungsjahr 1924 vom 22. Januar 1924 (G.B1. S. 21) hat daher bestimmt, dass die Veranlagung der Gewerbesteuer für das Rechnungs- jahr 1924, der die Ergebnisse des Kalenderjahrs 1923 zugrunde zu legen gewesen Wären, vorläufig zu unterbleiben hat, und dass bis zur anderweiten gesetzlichen

*) Dieser Paragraph fehlte im Entwurf. a) Die Verordnung zur Ausführung des Gewerbesteuergesetzes wurde erlassen am 31. Juli

1926 (Sachs. Gesetzbl. 1926 Nr. 27 S. 181- 274). •) Landtag 1926, Vorlagen Nr. 214. Vgl. dazu Verhandlungen des sächsischen Landtags

vom 16. März und vom 6. Juli 1926, S. 5964 und 6724 f. Das Gewerbesteuergesetz vom 19. Juli 1923 nebst Begründung des Gesetzentwurfs vom 28. Mai 1921 ist mitgeteilt im Finanzarchiv 40 (1923), S. 576 f.

Finanzarcniv. XLIV. Jahrg. 869 z*

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Page 13: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

370 ¿Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom. 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

Regelung Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer und Zuschlagsteuer für das Rechnungsjahr 1924 in Form der Abgabe nach Massgabe der im Gewerbebetriebe gezahlten Gehälter und Löhne (sog. Arbeitgeberabgabe), ferner einer Vermögens- abgabe in Höhe von 1 v. H. des Betriebsvermögens sowie einer für jeden Betrieb gleichmässigen Abgabe von 30 Goldmark zu leisten sind. Diese Vorauszahlungen sind auch für das Rechnungsjahr 1925 zunächst beibehalten und es ist insoweit ihre Anrechnung auf die endgültige Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 ge- setzlich bestimmt worden (vgl. das Gesetz über die vorläufige Weitererhebung der Gewerbesteuer und Grundsteuer vom 9. April 1925, G.B1. S. 67).

Dass dieser Zustand keineswegs befriedigend war, ist rückhaltlos anzuer- kennen; eine andere Regelung War indessen bisher nicht möglich. Die Regierung War sich aber von Anfang an darüber im klaren, dass es sich hierbei nur um eine Zwischenregelung für eine Uebergangszeit handeln konnte, an deren Stelle sobald Wie möglich eine den veränderten Verhältnissen und der tatsächlichen Leistungs- fähigkeit der Steuerpflichtigen besser Rechnung tragende Neuordnung der Ge- werbesteuer zu treten hatte. Dass diese Neuordnung sich so lange verzögert hat, ist vor allem auf die erst im August dieses Jahres zustande gekommene Neu- ordnung des gesamten ReichssteuerWesens und die Bedeutung zurückzuführen, die namentlich dem Reichsbewertungsgesetze vom 10. August 1925 (R.G.B1. 1 S. 214) für die künftige Ausgestaltung der landesrechtlichen Gewerbesteuern inne- Wohnt. Nunmehr aber hält die Regierung den Zeitpunkt der Neuordnung der Gewerbesteuer für gekommen; sie hat sich daher zur Einbringung des vorliegen- den Gesetzentwurfs entschlossen. Damit erfüllt die Regierung gleichzeitig eine dem Landtage seinerzeit gegebene Zusage.

Die Neuregelung betrifft sowohl den Kreis der steuerpflichtigen Gewerbe als auch den Besteuerungsmassstab.

1. Der Kreis der steuerpflichtigen Gewerbe hat sich in vierfacher Hinsicht verändert.

a) Zunächst hat er eine Einengung insofern erfahren, als die Land- und Forstwirtschaft und die ihr gleichstehenden ErWerbszWeige (Obst-, Wein- und Gartenbau) von der Gewerbesteuer freigestellt Worden sind. Abgesehen von sonstigen Erwägungen, die für die Freistellung der Land- und Forstwirtschaft von der Gewerbesteuer sprechen mögen, würde die Heranziehung dieser und der ihnen verwandten ErWerbszWeige, insbesondere auch des Gartenbaues, zur Ge- werbesteuer im Hinblick auf die Verwendung des Wertes des gewerblichen An- lage- und Betriebskapitals als Besteuerungsmassstab künftig dem Reichsrechte zuwiderlaufen. Denn nach § 4 Abs. 1 des Reichsbewertungsgesetzes dürfen die Wirtschaftlichen Einheiten des landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen und gärtnerischen Betriebsvermögens dann, Wenn die Länder die Gewerbesteuer ganz oder zum Teil nach dem Merkmale des Wertes erheben, künftig nur der Grund- und Gebäudesteuer unterworfen werden.

Die Steuerfreiheit des Gartenbaues erstreckt sich künftig auch auf die sog. Kunst- und Handelsgärtnerei (z. B. Baumschulen), soweit diese die eigene Ge- winnung gärtnerischer Erzeugnisse und den Absatz der selbstgewonnenen Er- zeugnisse in rohem Zustand oder nach einer Verarbeitung zum Gegenstande hat, die im Bereiche des Gartenbaues liegt. Steuerpflichtig bleibt dagegen nach Wie vor der Handel mit fremden fertigen Erzeugnissen des Gartenbaues, wie er z. B. bei reinen Pflanzen- und Samenhandlungen vorliegt. Betriebe, die zum Teil eigene, zum Teil aus fremden Betrieben erworbene fertige Gartenbauerzeug- nisse veräussern, unterliegen hinsichtlich des Ertrages aus dem Absatze der eigenen Erzeugnisse nicht der Gewerbesteuer; sie sind aber steuerpflichtig mit dem Ertrag aus dem Handel mit den fremden Erzeugnissen. Ebenso ist das dem Vertriebe der fremden Erzeugnisse dienende Vermögen kein gärtnerisches Vermögen, sondern gewerbliches Betriebsvermögen, und zwar auch im Sinne des Reichsbewertungsgesetzes.

Bei den bisherigen Ausführungen, auch denjenigen über die Kunst- und Handelsgärtnerei, ist davon ausgegangen worden, dass es sich um einen Haupt- betrieb handelt, nur dass dieser in den zuletzt behandelten Fällen neben dem Vertrieb eigener Erzeugnisse auch den Vertrieb hinzugekaufter fremder Erzeug-

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Page 14: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung, gy j

nisse zum Gegenstande hat. Hiervon ist Wohl zu unterscheiden der Fall, dass mit einem landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Betrieb ein besonderer Neben be treb gewerblicher Art verbunden ist. Solche Nebenbetriebe sollen auch künftig der Gewerbesteuer ausnahmslos unterliegen (vgl. die besondere Begründung zu § 4).

b) Anderseits sind die Wirtschaftlichen Zwecken dienenden Vereine, ein- getragenen Genossenschaften und Körperschaften unbeschränkt, also auch dann der Gewerbesteuer unterworfen Worden, Wenn sie lediglich die Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Mitglieder bezwecken. Dies gilt auch für die landwirtschaftlichen Genossenschaften; die Befreiungsvorschrift für landwirt^ schaftliche Betriebe (vgl. oben unter a) greift also insoweit nicht Platz x).

c) Ferner sollen die Angehörigen der freien Berufe künftig ausnahmslos zur Gewerbesteuer herangezogen Werden. Eine Ausnahme ist nur für die der reinen Kunst oder der reinen Wissenschaft gewidmeten freien Berufe vorgesehen. Der Entwurf folgt insoweit dem Vorbilde des Reichsbewertungsgesetzes, das ebenfalls die der Ausübung eines nicht der reinen Kunst oder der reinen Wissen- schaft gewidmeten freien Berufs dienenden Teile einer Wirtschaftlichen Einheit dem „Betriebsvermögen" zuzählt (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 des .Reichsbewertungs- gesetzes) *).

Sachlich gerechtfertigt erscheint die Heranziehung der betreffenden Berufs- inhaber zur Gewerbesteuer aus den Erwägungen, die auch den Reichsfinanzhof in einem Urteile vom 14. Mai 1925 (Entscheidungen Bd. 14 S. 19 ff.) veranlasst haben, der Gesetzgebung die steuerliche Gleichstellung der freien Berufe mit den eigentlichen Gewerbetreibenden nahezulegen. Die Gründe für eine solche Gleich- stellung sind nach den Ausführungen des Reichsfinanzhofs in dem angezogenen Urteile darin zu finden, dass auch die freien Berufe, Wennschon sie eine vorwiegend in den Geistesdisziplinen der Kunst und Wissenschaft Wurzelnde Tätigkeit ent- falten, doch regelmässig auch zur Befriedigung der Bedürfnisse des Lebens, also um des Erwerbes willen ausgeübt Werden. Auch haben sich die freien Berufe infolge der Entwicklung der Verhältnisse den Gewerbetreibenden zweifellos ge- nähert. Wie die Ausübung eines Gewerbebetriebes in weit höherem Masse als früher meist auch eine Vorbildung auf den Gebieten der Kunst und Wissenschaft voraussetzt, so benützen die freien Berufe in immer weiterem Umfange Wertvolle technische Hilfsmittel und passen sich in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit mehr und mehr den Gepflogenheiten der Gewerbebetriebe an. Die Folge ist, dass die Abgrenzung der freien Berufe von den Gewerbebetrieben immer schwieriger Wird.

Eine Unbilligkeit könnte hiernach nur noch in der Heranziehung der der reinen Kunst oder der reinen Wissenschaft gewidmeten freien Berufe, wie ins- besondere des schaffenden Künstlers, zur Gewerbesteuer gefunden werden. Diese Unbilligkeit wird dadurch vermieden, dass man - wie es der Entwurf tut - > die Ausübung eines der reinen Kunst oder der reinen Wissenschaft gewidmeten freien Berufs nach Wie vor von der Gewerbesteuer freilässt.

Wenn das Abänderungsgesetz zum Gewerbesteuergesetze vom 19. Juli 1923 (G.B1. S. 280) im Gegensatze zum ursprünglichen Gesetze vom 6. Oktober 1921 (G.B1. S. 319) die freien Berufe grundsätzlich von der Gewerbesteuer freigestellt hat, so War hierfür ausschliesslich die damals durch die Geldentwertung herbei- geführte ungünstige Wirtschaftslage der freien Berufe ausschlaggebend. Seit Ein- tritt der Stabilisierung haben sich jedoch die Verhältnisse zugunsten der freien Berufe geändert.

d) Schliesslich sollen die Betriebe und Verwaltungen von Körperschaften des öffentlichen Rechtes und die öffentlichen Betriebe und Verwaltungen mit eigener Rechtspersönlichkeit künftig der Gewerbesteuer nicht unterliegen, soweit sie nach den die subjektive Steuerpflicht zur Körperschaftsteuer regelnden Vor- schriften des neuen Körperschaftsteuergesetzes vom 10. August 1925 (R.G.B1. 1 S. 208, §§ 2 - 9) der Körperschaftsteuer nicht unterliegen. Daraus folgt jedoch nicht ohne Weiteres umgekehrt, dass sie im Falle des Bestehens der Körperschaft- steuerpflicht auch der Gewerbesteuer unterliegen. Vielmehr Wird es immer darauf

*) Der Landtag hat die bezügliche Bestimmung gestrichen. Siehe Note zu § 3 und § 4. 371

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Page 15: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

372 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurf sbegründung.

ankommen, ob die allgemeinen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes im Sinne von § 3 des Entwurfs im einzelnen Falle gegeben sind.

Den erwähnten Betrieben und Verwaltungen sollen - Wie bei der Körper^ schaftsteuer - gleichstehen Unternehmungen, deren Erträge ausschliesslich Körper- schaften des öffentlichen Rechtes zufliessen. Es soll also keinen Unterschied in der steuerlichen Behandlung derartiger Betriebe machen, dass sie in die Form bürgerlich-rechtlicher Erwerbsgesellschaften gekleidet sind.

2. Bei der Wahl des Besteuerungsmassstabes ist die Regierung von der Er- wägung ausgegangen, dass die Leistungsfähigkeit eines Gewerbes abhängt vom Werte des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals und von der Höhe des Ertrags. Sie glaubte daher die bereits im Gewerbesteuergesetze vom 6. Oktober 1921 enthaltenen Massstäbe des Ertrags und des Anlage- und Betriebskapitals auch für das neue Gewerbesteuergesetz beibehalten zu sollen. Durch Verwendung dieser beiden Besteuerungsmerkmale für die Gewerbesteuer Wird es ermöglicht, Gewerbe mit raschem und grossem Umsatz und grossem Ertrag, aber kleinem Betriebskapital mehr durch eine entsprechende Ertragsbesteuerung, Gewerbe mit grossem Betriebskapital und verhältnismässig geringem Ertrag aber mehr durch eine entsprechende Besteuerung des Betriebskapitals zu treffen, und so das einzelne Gewerbe mit einer seiner Bedeutung angemessenen Gewerbesteuer zu belegen.

a) Was das Besteuerungsmerkmal des Ertrags anlangt, so sind im Interesse der Einheitlichkeit die Vorschriften über den Ertrag und seine Ermittlung so eng als möglich den Vorschriften über das steuerbare gewerbliche Einkommen und dessen Ermittlung für die Einkommensteuer angepasst Worden. Nur soweit die Natur der Gewerbesteuer als einer Objektsteuer vom Gewerbebetriebe gewisse Einschränkungen hinsichtlich des Abzuges einzelner Beträge unerlässlich fordert, sind Besonderheiten für die Ertragsermittlung vorgesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die besondere Begründung zu § 10 verwiesen. Der Entwurf folgt insoweit im Wesentlichen der Regelung der preussischen Gewerbesteuer durch die Ver- ordnung über die vorläufige Ge Werbesteuer vom 23. November 1923 (Preussische Gesetzsammlung S. 519).

b) Neben dem Ertrag ist die Höhe des gewerblichen Anlage- und Betriebs- kapitals für die Leistungsfähigkeit des Gewerbes von besonderer Bedeutung. Denn Betriebe, die über ein erhebScheres Betriebsvermögen verfügen, sind gegenüber denjenigen Betrieben, die mit geringeren Mitteln arbeiten müssen, fester gegründet und demzufolge selbst in Zeiten wirtschaftlichen Niederganges verhältnismässig immer noch leistungsfähiger als die letzterwähnten Betriebe.

Das gewerbliche Anlage- und Betriebskapital umfasst nach Wie vor sämtliche dem Gewerbebetriebe gewidmete Gegenstände mit Ausnahme der von der Grund- steuer betroffenen Bestandteile und mindert sich - wiederum abgesehen von gewissen durch die Natur der Gewerbesteuer als Objektsteuer gebotenen Ein- schränkungen - um die mit dem Gewerbebetrieb in wirtschaftlichem Zusammen- hange stehenden Schulden. Der Bewertung des gewerblichen Anlage- und Betriebs- kapitals sind im Hinblick auf die zwingende Vorschrift in § 1 Abs. 2 des Reichs- bewertungsgesetzes die nach dessen Vorschriften festgestellten Einheitswerte des Betriebsvermögens zugrunde zu legen.

c) Die Abgabe nach Massgabe der im Gewerbebetriebe gezahlten Gehälter und Löhne ist fallen gelassen Worden. Wenn auch in der Höhe der vom Unter- nehmer aufgewendeten Lohnsumme der Umfang eines Betriebes in besonderem Masse zum Ausdrucke kommen mag, so erscheint doch die Verwendung der Lohn- summe als Besteuerungsmerkmal vom wirtschaftlichen Standpunkte nicht un- bedenklich. Denn die Lohnsummensteuer bedeutet eine Vorausbelastung der- jenigen Unternehmer, die mit einem grösseren Bestände von Arbeitnehmern arbeiten müssen, also insbesondere der Industrie, und zieht hier Wieder die ein- zelnen Arten von Industrien je nach der Bedeutung des Arbeiterfaktors bei ihnen verschieden in Mitleidenschaft. Derjenige Unternehmer, der Qualitätsarbeiter be- schäftigt oder sonst seinen Arbeitnehmern besonders hohe Löhne zahlt, wird durch die Besteuerung der Lohnsumme am empfindlichsten getroffen. Jede Lohnerhöhung Wirkt sich in einer Erhöhung der Steuer aus, die wiederum zu einer Erschwerung

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Page 16: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerlbesteuergesetz vom 80. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung. 373

und Verschärfung der Lohntarif Verhandlungen führen kann. Die sächsische Arbeit- geberabgabe ist denn auch Gegenstand lebhafter Angriffe seitens der Steuer- pflichtigen gewesen, deren innere Berechtigung sich nicht von der Hand Weisen lässt, Wenn man nicht mit dem Grundsatze brechen will, dass eine Steuer nach Möglichkeit der wirklichen und nicht einer fingierten Leistungsfähigkeit des Steuer- pflichtigen entsprechen muss. Für eine gewisse Zeit des Ueberganges liess sich die Erhebung einer derartig rohen Steuer, wie sie die Arbeitgeberabgabe ist, zur Not noch rechtfertigen. Wenn man aber zu einer endgültigen, auf Dauer berechneten Regelung der sächsischen Gewerbesteuer gelangen will, ist für sie in dem end- gültigen Gesetze nicht mehr Raum.

B. Im besonderen.

Vorbemerkung.

Soweit die bisherigen Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes vom 6. Oktober 1921 und 19. Juli 1923 (G.BL 1921 S. 319 und 1923 S. 280) in den vorliegenden Entwurf unverändert übernommen Worden sind, ist eine nochmalige Begründung unterblieben. Es Wird insoweit auf die Begründung zu den entsprechenden Be- stimmungen des Entwurfs des Gewerbesteuergesetzes (Landtagsvorlagen 1921 Nr. 52) und des Entwurfs des Abänderungsgesetzes (Landtagsvorlagen 1923 Nr. 62) verwiesen.

Die Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurfe beschränkt sich dem- zufolge auf die den bisherigen Rechtszustand ändernden Vorschriften.

Zu § 3. Hinsichtlich der unbeschränkten Einbeziehung der die Befriedigung wirt-

schaftlicher Bedürfnisse bezweckenden Vereine, eingetragenen Genossenschaften und Körperschaften in den Kreis der steuerpflichtigen Betriebe wird auf die all- gemeine Begründung unter 1 b, hinsichtlich der Heranziehung der Angehörigen der freien Berufe zur Gewerbesteuer Wird auf die allgemeine Begründung unter 1 c verwiesen 1).

Zu § 4. Hinsichtlich der Freilassung der Land- und Forstwirtschaft und der ihr

gleichstehenden Erwerbszweige von der Gewerbesteuer wird auf die allgemeine Begründung unter 1 a verwiesen.

Die Freistellung soll sich nicht auf die zu den erwähnten ErWerbszweigen gehörigen Nebenbetriebe gewerblicher Art erstrecken. Der Entwurf macht also von der in § 4 Abs. 2 Nr. 2 des Reichsbewertungsgesetzes vorgesehenen Möglich- keit Gebrauch, die zu einer wirtschaftlichen Einheit des landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Vermögens gehörigen Nebenbetriebe ge- werblicher Art an Stelle der Grund- und Gebäudesteuer der Gewerbesteuer zu unterwerfen.

Als Nebenbetriebe gewerblicher Art Werden im Bereiche der Landwirtschaft anzusprechen sein Zuckerfabriken, Stärke-, Konserven-, Krautfabriken, Brenne- reien, dagegen regelmässig nicht die mit der Landwirtschaft in Zusammenhang stehende Ausübung der Jagd und der Fischerei. Im Bereiche des Gartenbaues gehören hierher die Ausführung von Dekorationsarbeiten, namentlich die Pflege und Instandhaltung von Gärten, sowie die Herstellung von Bindereien in grösserem Umfang und in einer Form, bei der die Binderei eine besondere Verarbeitung der gärtnerischen Erzeugnisse zu einer feineren und Wertvolleren Handelsware darstellt. Auch die Unterhaltung selbständiger Verkaufsläden (Blumen- und Bindereigeschäfte) ausserhalb des eigentlichen Gartenbaubetriebes wird als ein Nebenbetrieb gewerblicher Art zu gelten haben.

x) Die Begründung zu dem Gesetzentwurf vom 28. Mai 1921 ist mitgeteilt im Finanz- archiv 40 (1923) S. 587. Über das Abänderungsgesetz vom 19. Juli 1923 siehe ebenda S. 576 Note 1.

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Page 17: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

374 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

Zu § 5. Hinsichtlich der Besteuerung der öffentlich-rechtlichen Körperschaften und

der öffentlichen Betriebe und Verwaltungen wird auf die allgemeine Begründung unter 1 d verwiesen.

Soweit hiernach die Steuerpflicht von Staatsbetrieben begründet ist, Wird für diese die Gewerbesteuer - und zwar schon im Hinblick auf die von dieser abhängigen Zuschlagsteuer der Gemeinden und Bezirksverbände (§§ 30 ff.) - auch besonders festgesetzt.

Zu § 8.

Wegen der Erwägungen, die zur Verwendung der gewählten Besteuerungs- massstäbe geführt haben, wird auf die allgemeine Begründung unter 2 verwiesen.

Zu § 9. Neu ist die erhebliche Erweiterung des zulässigen Schuldenabzugs gegenüber

dem bisherigen Rechte. Grundsätzlich sollen künftig abzugsfähig sein alle mit dem Gewerbebetrieb in Wirtschaftlichem Zusammenhange stehenden Schulden. Ausgenommen sind nur die zur Gründung oder Erwerbung des Unternehmens oder eines Teilbetriebes oder zu einer den Betrieb in seiner Grundlage ver- ändernden Erweiterung des Unternehmens aufgenommenen Schulden. Dagegen sind - abweichend von dem bisherigen Rechtszustand - insbesondere abzugs- fähig die Schulden, die zur Verstärkung des Betriebskapitals oder zu sonstigen Verbesserungen aufgenommen Worden sind. Wenngleich das Reichsbewertungs- gesetz in § 4 Abs. 2 Nr. 5 den Ländern ganz allgemein die Möglichkeit gibt, die bei der Feststellung des Einheitswerts für das Betriebsvermögen in Abzug ge- brachten Schulden für die Gewerbesteuer dem Einheitswerte wieder hinzuzu- rechnen, so sprechen doch Erwägungen wirtschaftlicher Art gegen eine Hinzu- rechnung der erwähnten Schulden. Es ist nicht zu verkennen, dass die Aufnahme derartiger Schulden im Interesse der Aufrechterhaltung und Wiederbelebung der Wirtschaft liegt.

Besondere Vorschriften über die Bewertung des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals kommen nicht mehr in Frage, Weil die Länder künftig gezwungen sind, als Wert des Anlage- und Betriebskapitals die nach dem Reichsbewertungs- gesetze festgestellten Einheitswerte des Betriebsvermögens zugrunde zu legen.

Zu § 10. Der Ertrag soll künftig in enger Anlehnung an die Vorschriften des Ein-

kommensteuergesetzes über den Gewinn und dessen Ermittlung festgestellt Wer- den. An dieser Anpassung haben aus dem Gesichtspunkte tunlichster Verein- fachung Steuerbehörden wie Steuerpflichtige ein gleichgrosses Interesse.

Die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes über die Gewinnermittlung gelten auch für die Feststellung des gewerbesteuerpflichtigen Ertrags der Körper- schaften. Der besonderen Bezugnahme auf die Vorschriften des Körperschaft- steuergesetzes bedurfte es für die Körperschaften deshalb nicht, Weil auf die Er- mittlung des der Körperschaftsteuer unterliegenden Gewinns grundsätzlich die insoweit für die natürlichen Personen geltenden Vorschriften des Einkommen- steuergesetzes sinngemäss Anwendung finden (vgl. § 13 des Körperschaftsteuer- gesetzes), und Weil die bei der Körperschaftsteuer vorgesehene teilweise Erweite- rung der vom Gewinn abzusetzenden Beträge (§§ 14, 15 des Körperschaftsteuer- gesetzes) mit der Gewerbesteuer als einer Objektsteuer ohnehin nicht vereinbar ist. Diese Beträge hätten also dem nach den Vorschriften des Körperschaftsteuer- gesetzes ermittelten Gewinne Wieder hinzugerechnet Werden müssen. Das Ergebnis wäre dann aber das gleiche, Wie wenn der Gewinn der körperschaftsteuerpflichtigen Betriebe nur nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes über die Ge- winnermittlung festgestellt wird.

Aber auch der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes fest- gestellte Gewinn bedarf zwecks Ermittlung des gewerbesteuerpflichtigen Ertrags

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Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 80. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung. 375

im Hinblick auf die Natur der Gewerbesteuer als Objektsteuer in einzelnen Be- ziehungen noch einer Korrektur:

a) Zinsen für das gewerbliche Anlage- und Betriebskapital sollen auch dann nicht abzugsfähig sein, wenn es einem Dritten gehört. Hier ist an die einen Be- standteil des Werbenden Anlage- und Betriebskapitals bildenden Einlagen Dritter, insbesondere der stillen Gesellschafter, zu denken. Dass Zinsen für das im Ge- werbebetrieb angelegte eigene Vermögen des Unternehmers nicht abzugsfähig sind, folgt schon aus den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ( § 18 Abs. 2) über die Gewinnermittlung.

Ferner sollen nicht abzugsfähig sein die Zinsen für solche Schulden, die nicht vom Werte des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals abgezogen Werden dürfen (vgl. § 9 und die dazu gegebene Begründung). Zinsen für Betriebsschulden sind hiernach unter denselben Voraussetzungen nicht abzugsfähig, unter denen die betreffenden Schulden selbst vom gewerblichen Anlage- und Betriebskapitale nicht abgesetzt Werden dürfen.

b) Gleich den Zinsen für das Anlage- und Betriebskapital sollen künftig ohne Ausnahme nicht abzugsfähig sein die Bezüge der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der Gesellschaft mit be- schränkter Haftung sowie die Bezüge der persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft auf Aktien für die der Gesellschaft geleisteten Ar- beiten und Dienste. Es soll also - in Abweichung von der bisherigen Rechtslage - künftig nicht mehr darauf ankommen, ob die Arbeiten und Dienste auf Grund des Gesellschaftsvertrags oder auf Grund eines zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter abgeschlossenen besonderen Dienst Vertrags geleistet Werden. Die genannten Gesellschaften sind damit den übrigen Gewerbetreibenden in vollem Umfange gleichgestellt, die schon nach den bisherigen Vorschriften den Geldwert ihrer gewerblichen Tätigkeit nicht als Betriebskosten abziehen durften. Diese Gleichstellung erscheint ein Gebot der steuerlichen Gerechtigkeit. Ausserdem wird durch die Neuregelung den in der Praxis hervorgetretenen Streitigkeiten über die Beurteilung der Tätigkeit der Gesellschafter ein Ende gemacht und letzteren selbst der Anreiz zu einer Steuerumgehung genommen.

Die Tätigkeit der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft findet übrigens eine gewisse Berücksichtigung nach wie vor insofern, als § 12 des Entwurfs bestimmt, dass in den Fällen, in denen der Ertrag des Gewerbes 10 000 RM. nicht übersteigt, bei den von einer oder mehreren natürlichen Personen betriebenen Gewerben ein bestimmter Ertragsteil, nämlich 2000 RM., von der Ertragsabgabe frei bleiben soll (vgl. die Begründung zu § 12)1).

c) Nicht abzugsfähig sollen nach wie vor sein die von den Körperschaften ihren Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und sonstigen Beamten, Angestellten und Arbeitern ohne Erfüllung eines Rechtsanspruchs gewährten Anteile am Jahres- gewinne. Darüber hinaus sollen künftig in Anlehnung an die neuen Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes (§17 Nr. 4) ausnahmslos nicht abgezogen Werden dürfen Vergütungen jeder Art, die den zur UeberWachung der Geschäftsführung verfassungsmässig bestellten Personen (Mitgliedern des Aufsichtsrats, des Gruben- vorstandes, des Gewerkschaftsrats, des Verwaltungsrats usw.) gewährt Werden.

Schliesslich soll auch die von den Körperschaften entrichtete Körperschaft- steuer nicht abzugsfähig sein. Die Versagung dieses Abzugs entspricht ebenfalls den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes ( § 17 Nr. 3). Die besondere Her- vorhebung der Nichtabzugsfähigkeit der Körperschaftsteuer erschien deshalb ge- boten, Weil das Einkommensteuergesetz nur den Abzug der vom Steuerpflichtigen entrichteten „Einkommensteuer und sonstigen Personalsteuern" versagt, es aber zweifelhaft sein kann, ob die Körperschaftsteuer als Personalsteuer anzusprechen ist.

Die Unzulässigkeit der durch das Einkommensteuergesetz nicht geregelten Abzüge der Grunderwerbsteuer im Falle des § 10 Abs. 1 des Grunderwerbsteuer- gesetzes vom 12. September 1919 (R.G.B1. S. 1617) nebst Zuschlägen oder der hierfür gemachten angemessenen jährlichen Rücklagen (§15 Nr. 1 des Körper-

x) Der Entwurf hat im § 12 dieselbe Bestimmung wie das Gesetz, stimmt aber keines- wegs mit diesen Ausführungen überein.

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Page 19: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

37 g Sächsisches G-ewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

Schaftsteuergesetzes) sowie der zur Beseitigung von Unterbilanzen früherer Jahre verwendeten Beträge ( § 15 Nr. 3 des Körperschaftsteuergesetzes) entspricht dem schon bisher geltenden Rechte.

d) Bei Einkaufsgenossenschaften und Einkaufsgesellschaften soll der sog. Kundengewinn, d. h. der satzungsgemäss an die Warenabnehmer eines Unter- nehmens nach Verhältnis ihrer Warenabnahme am Schlüsse des Geschäftsjahres aus dem Gewinne des Unternehmens zu zahlende Betrag, künftig nur insoweit abzugsfähig sein, als er 5 v. H. der auf die Waren geleisteten Barzahlungen nicht übersteigt. An der Steuerpflicht des überschiessenden Teiles des Kundengewinns ändert auch der Umstand nichts, dass der Kundengewinn der freien Verfügung des Unternehmers entzogen ist1).

Zu § 11. 1. Zunächst ist - im Gegensatze zu den bisherigen Vorschriften - auch

bei der Kapitalabgabe eine Staffelung nach dem Werte des dem Unternehmen dienenden Anlage- und Betriebskapitals vorgesehen. Sie bezweckt - Wie die Staffelung der Ertragsabgabe - eine gerechtere Anpassung an die steuerliche Leistungsfähigkeit der Betriebe.

Diese Staffelung ist aber ebenso wie die der Ertragsabgabe in Abweichung von den bisher für die letztere geltenden Vorschriften nach dem Systeme der „Durchstaffelung" (sog. Anstosssystem) ausgestaltet Worden. Dieses System unter- scheidet sich von dem der einfachen Staffelung dadurch, dass der Satz der höheren Stufe, in die das Anlage- und Betriebskapital oder der Ertrag über den Höchst- betrag der jeweils vorhergehenden Stufe noch hineinragt, nicht von dem gesamten Anlage- und Betriebskapital oder dem gesamten Ertrage, sondern nur von dem in die höhere Stufe hineinragenden Kapital- oder Ertragsteil erhoben wird. Das Anlage- und Betriebskapital Wird also auf alle hierfür vorgesehenen Stufen, die es übersteigt beziehentlich erreicht, verteilt, und in jeder Stufe Wird der auf diese entfallende Kapitalteil mit dem Steuersatze der betreffenden Stufe belegt; aus der Zusammenzählung der Einzelbeträge ergibt sich dann der Gesamtbetrag der Kapitalabgabe. Ganz in der gleichen Weise ist bei der Verteilung des Ertrags auf die für diesen vorgesehenen Stufen und bei der Berechnung des Gesamtbetrags der Ertragsabgabe zu verfahren.

An dem Gedanken, solche Gewerbebetriebe, die mit einem geringen Anlage- und Betriebskapital einen unverhältnismässig hohen Ertrag erzielen, mit einer erhöhten Ertragsabgabe zu belegen, ist auch im EntWurfe des neuen GeWerbe- steuergesetzes festgehalten Worden. Da aber nunmehr die freien Berufe wieder unbeschränkt der Gewerbesteuer unterliegen sollen 2) und diese bei der besonderen Art ihrer Tätigkeit regelmässig mit einem nur geringen Anlage- und Betriebs- kapitale zu arbeiten pflegen, erschien es ein Gebot der Billigkeit, die Anwendung der erhöhten Sätze für die freien Berufe auszuschliessen.

2. Was den mutmasslichen Ertrag der Gewerbesteuer bei den vorgeschlagenen Sätzen anlangt, so fehlen Unterlagen, die eine nur einigermassen zuverlässige Schätzung ermöglichen. Mit allem Vorbehalte lässt sich vielleicht folgendes sagen:

Nach den statistischen Uebersichten über die Ergebnisse der Einschätzungen zur alten sächsischen Ergänzungssteuer auf das Jahr 1914 hat das gewerbliche Anlage- und Betriebskapital, das die von der Grundsteuer betroffenen Bestand- teile, also insbesondere die Gebäude, ebenfalls nicht mit umfasste, 3 070 767 400 M. betragen. Nimmt man an, dass es jetzt höchstens noch 2 Milliarden beträgt, so könnte unter Zugrundelegung eines mittleren Satzes von iya v. T. bei der Kapital- abgabe mit einem Aufkommen von 3 Mill. RM. gerechnet Werden.

Geht man von dem tatsächlichen Aufkommen aus den für das Rechnungs- jahr 1924 in Gestalt der Abgabe vom Betriebsvermögen geleisteten Gewerbe- steuervorauszahlungen aus ( § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 22. Januar 1924), so scheint es auf den ersten Blick, als ob man mit einem Wesentlich höheren Auf- kommen aus der Kapitalabgabe rechnen könnte. Denn der auf 40 v. H. bemessene Anteil des Staates an den Vorauszahlungen in Gestalt der l%igen Abgabe vom

*) Im Gesetz ist Absatz d) gestrichen. 8) Nicht so das Gesetz.

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Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung. 377

Betriebsvermögen hat im Rechnungsjahr 1924 rund 12 Mill. RM. betragen. Ab- gesehen jedoch davon, dass der Staatsanteil an diesen Vorauszahlungen 4 v. T. gegenüber einem künftigen mittleren Steuersatze von nur IV2 v. T. beträgt, ist fernerhin zu bedenken, dass an dem für die Vorauszahlungen vom Betriebsver- mögen massgebenden Stichtage (31. Dezember 1923) der infolge der Stabilisierung der Mark zutage getretene gewaltige Kapitalrückgang sich bei Weitem noch nicht in dem inzwischen erkennbaren Masse ausgewirkt hatte, und dass insbesondere die Erwerbsgesellschaften ihren Vorauszahlungen regelmässig die gegenüber dem jetzigen Kursstand oft um ein Vielfaches höheren SteuerkursWerte vom 31. De- zember 1923 zugrunde gelegt haben. Das Aufkommen aus den in Frage stehenden Vorauszahlungen wird man daher für das künftige Aufkommen an Kapitalabgabe nicht als Massstab verwerten können.

Noch unsicherer als die Grundlagen für die Berechnung des Aufkommens an Kapitalabgabe sind die Unterlagen, die für die Berechnung des Aufkommens an Ertragsabgabe zur Verfügung stehen. Zunächst fehlt es für die mutmassliche Höhe des Ertrags der Gewerbe im Kalenderjahr 1925 zurzeit noch an jedem Anhalte. Nach den statistischen Uebersichten über die Ergebnisse der Ein- schätzungen zur alten sächsischen Einkommensteuer auf das Jahr 1914 hat das Einkommen aus Handel und Gewerbe, das das Einkommen sämtlicher Angehöriger der freien Berufe sowie das Einkommen aus gepachtetem landwirtschaftlichen Grundbesitze mit umfasste, 1 039 070 560 M. betragen. Nimmt man an, dass dieses Einkommen aus Handel und Ge Werbe im Jahre 1924 mindestens um ein Drittel, also auf rund 700 Mill. RM. gesunken ist, und dass es im Jahre 1925 voraussichtlich noch Weniger betragen wird, so könnte unter Zugrundelegung eines mittleren Satzes von l3/4 v. H. bei der Ertragsabgabe mit einem Aufkommen von rund 12 Mill. RM. gerechnet Werden.

Auf die Gemeinden Würde als Aufkommen aus der Zuschlagsteuer (vgl. § 30 des Entwurfs) im Höchstfalle das Eineinhalbfache des vorstehend für den Staat berechneten Aufkommens, also bei der Kapitalabgabe 4y2 Mill. RM. und bei der Ertragsabgabe 18 Mill. RM. entfallen.

Die Regierung verhehlt sich keineswegs, dass diese Schätzungen auf ausser- ordentlich unsicherer Grundlage beruhen, da es für die Feststellung des seit dem Jahre 1914 eingetretenen Rückganges namentlich des Ertrags beim Fehlen einer nach Eintritt der Stabilisierung liegenden ordnungsmässigen Veranlagung an jeder zuverlässigen Grundlage mangelt. Die vorstehende Ertragsberechnung kann daher nach Lage der Verhältnisse Anspruch auf auch nur annähernde Richtigkeit nicht erheben. Die Schätzungen können sich sowohl nach oben als auch nach unten verschieben. Gleichwohl glaubte die Regierung, auf Vornahme einer Ertrags- berechnung, wie sie im vorstehenden versucht Worden ist, doch nicht ganz ver- zichten zu sollen.

Zu § 12.

Die Bestimmung von Freigrenzen für den Ertrag und das gewerbliche Anlage - und Betriebskapital entspricht dem bisherigen Rechte. Neu ist die Beschränkung der Befreiung auf die von natürlichen Personen betriebenen Gewerbe mit dem Sitze in Sachsen.

Zu § 13.

Unter den für anwendbar erklärten Vorschriften der Reichsabgabenordnung sind neben den bereits bisher geltenden Vorschriften des zweiten Teiles der Reichs- abgabenordnung einem in der Praxis hervorgetretenen Bedürfnis entsprechend die in deren erstem Teile enthaltenen §§ 4-6, 10, 22 Abs. 1, §§ 25 - 31, 47 - 50 mitaufgeführt Worden. Die §§ 4 - 6 enthalten allgemeine Auslegungs Vorschriften, Während § 10 die gesetzliche Grundlage für eine Strafverfolgung bei Verletzung der den Beamten der Steuerverwaltung obliegenden Geheimhaltungspflicht bildet. Der § 22 Abs. 1 stellt die Verpflichtung der Gemeinden und sonstigen Orts- behörden zur Weitgehenden Unterstützung der Finanzämter auf. Die §§ 25 - 31 regeln Mitwirkung und Zusammensetzung der Ausschüsse sowie das Verfahren

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Page 21: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

378 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 80. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

bei den Ausschussverhandlungen. Die § § 47 - 50 schliesslich enthalten die Gründe, die zur Ausschliessung und Ablehnung von Beamten und Ausschussmitgliedern berechtigen.

Zu § 14. Die Berechtigung des Vorstehers oder eines sonstigen Beauftragten der Ge-

meinde, an den Sitzungen des Steuerausschusses des Finanzamts mit beratender Stimme teilzunehmen, entspricht den für die Einkommen- und die Vermögen- steuer gegebenen Vorschriften in § 23a der Keichsabgabenordnung in der Fassung von Art. VI § 43 Nr. 1 der Dritten Steuernotverordnung vom 14. Februar 1924 (R.G.B1.I S.74).

Zu § 15. 1. Steuerjahr, d. h. Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer, ist auch

künftig das Rechnungsjahr, das den Zeitraum vom 1. April des einen bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahrs umfasst. Die Veranlagung erfolgt wie bisher im voraus für das folgende Rechnungsjahr.

2. Berechnungszeitraum für den steuerpflichtigen Ertrag soll künftig nicht mehr das letzte Kalenderjahr vor Beginn des Steuerjahrs beziehentlich das in diesem Kalenderjahr endende besondere Betriebsjahr sein, sondern der Zeitraum der letzten 3 zur Zeit der Veranlagung abgelaufenen Betriebsjahre, und zwar mit der Massgabe, dass für jedes der hiernach massgebenden Betriebsjahre der steuerpflichtige Ertrag gesondert ermittelt und der dritte Teil der Gesamtsumme der ermittelten Erträge in Ansatz gebracht wird. Als Zeitpunkt der Veranlagung soll hierbei das Ende des 31. Dezember des dem Steuer jähr unmittelbar voraus- gegangenen Kalenderjahrs gelten. Für das Rechnungsjahr 1930 (1. April 1930 bis 31. März 1931) Würde z. B. unter der Annahme, dass sich das Betriebsjahr mit dem Kalenderjahre deckt, zunächst für jedes der 3 Kalenderjahre 1927, 1928 und 1929 der nach den geltenden Vorschriften steuerpflichtige Ertrag zu ermitteln sein. Sodann würden die drei Erträge zusammenzurechnen und durch 3 zu divi- dieren sein; der sich hiernach ergebende Betrag stellt den im Steuerjahr 1930 steuerpflichtigen Ertrag dar.

Mit der Einführung des 3jährigen Durchschnitts knüpft das Gewerbesteuer- gesetz an das alte sächsische Einkommensteuergesetz an und trägt gleichzeitig einem Wunsche der Wirtschaft Rechnung. Es lässt sich nicht verkennen, dass die Zugrundelegung des 3jährigen Durchschnitts sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für den Steuergläubiger besondere Vorteile bietet. Den Steuerpflichtigen bewahrt sie namentlich in Zeiten schwankender Konjunktur vor einem allzu sprunghaften Wechsel in der Höhe der jährlichen Steuer; denn der Ertrag eines besonders günstigen Jahres wird durch den Ertrag eines Weniger günstigen Jahres ausgeglichen, während umgekehrt der Ertrag eines besonders ungünstigen Jahres infolge der Hinzunahme der Erträge Weiterer Jahre nicht in voller Höhe zur Auswirkung kommt. Dem Steuergläubiger aber gewährleistet die Zugrundelegung des 3jährigen Durchschnitts ein gleichmässigeres Fliessen der Steuerquelle.

Aus der Vorschrift, dass der Ertrag für jedes Betriebsjahr gesondert zu er- mitteln ist, folgt, dass jedes Betriebsjahr als ein Ganzes für sich in Rechnung kommt. Ist ein Jahr mit Verlust abgeschlossen Worden, so hat es eben einen steuer- pflichtigen Ertrag nicht geliefert, und es ist daher, da ein „ermittelter Ertrag" nicht vorhanden ist, mit Null in Ansatz zu bringen.

Hat die Steuerpflicht des Gewerbes noch nicht Während des ganzen mass- gebenden Zeitraums bestanden, so soll der Ertrag unter Berücksichtigung der bisherigen Ergebnisse des Gewerbebetriebes schätzungsweise veranschlagt Werden. Dabei ist der Ertrag, da die Veranlagung für ein volles Steuerjahr erfolgt, auch dann, Wenn die Steuerpflicht noch kein volles Jahr besteht, stets mit seinem mutmasslichen Jahresbetrag im Steuerjahr anzusetzen. Ist der Gewerbebetrieb z. B. erst am 1. August des letzten Kalenderjahrs vor der Veranlagung begonnen Worden, so ist der steuerpflichtige Ertrag grundsätzlich zu finden durch Um- rechnung des in den Monaten seit Beginn des Gewerbebetriebes erzielten Ertrags auf einen vollen Jahresbetrag. Da jedoch die bisherigen Ergebnisse nur zum Anhalte zu nehmen sind, Würde eine abweichende Schätzung des Ertrags dann

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Page 22: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung. 379

geboten sein. Wenn nach den Verhältnissen zur Zeit der Veranlagung ein günstigeres oder ungünstigeres Ergebnis als das bei der ziffermässigen Umrechnung sich be- rechnende Ergebnis im Steuerjahre zu erwarten steht. Eine Schätzung des mut- masslichen Ertrags im Steuerjahre muss ferner in den Fällen eintreten, in denen die Steuerpflicht des Gewerbes erst nach dem 31. Dezember des dem Steuerjahr unmittelbar vorausgegangenen Kalenderjahrs entstanden ist. Denn solchenfalls ist in dem für die Ermittlung des Ertrags an sich massgebenden Zeitraum über- haupt noch kein Ertrag erzielt Worden.

3. Für das steuerpflichtige Anlage- und Betriebskapital ist nach § 7 des Reichsbewertungsgesetzes künftig der Einheitswert massgebend, in dessen Fest- stellungszeitraum der für die Veranlagung der Gewerbesteuer massgebende Zeit- punkt fällt. Da die allgemeine Feststellung der Einheitswerte (Hauptfeststellung) nach § 5 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 des Reichsbewertungsgesetzes nach dem Stande vom Beginne des 1. Januar (Hauptfeststellungszeitpunkt) mit Geltung für das Kalenderjahr vorgenommen wird, das mit dem Hauptfeststellungszeit- punkte beginnt (Hauptfeststellungszeitraum), und da ferner nach § 15 Abs. 4 des vorliegenden Gesetzentwurfs als Zeitpunkt der Veranlagung der Gewerbe- steuer das Ende des 31. Dezember des dem Steuer jähr unmittelbar voraus- gegangenen Kalenderjahrs gelten soll, ist der hiernach für die Gewerbesteuer massgebende Hauptfeststellungszeitpunkt der 1. Januar des eben genannten Kalenderjahrs. Für die Veranlagung der Gewerbesteuer für das Rechnungsjahr 1930 wäre das z. B. der 1. Januar 1929.

Auf diese Weise wird vermieden, dass die Veranlagung der Gewerbesteuer dadurch eine nicht abzusehende Verzögerung erfährt, dass die Einheitswerte bei der Durchführung der Veranlagung der Gewerbesteuer noch nicht festgestellt sind. Anderseits kann angenommen Werden, dass die Einheitswerte nach Ablauf eines reichlichen Jahres seit dem für die Feststellung massgebenden Stichtag in der Regel sogar bereits rechtskräftig feststehen. Das Vorliegen rechtskräftiger Einheitswerte bietet den Weiteren Vorteil, dass nachträgliche Berichtigungen der Gewerbesteuerveranlagungen grundsätzlich vermieden Werden, Während sich bei Zugrundelegung der EinheitsWerte am 1. Januar vor Beginn des Steuerjahrs solche Berichtigungen in allen den Fällen erforderlich machen Würden, in denen bei Feststellung der Einheitswerte von den in der Vermögenserklärung enthaltenen Angaben des betreffenden Steuerpflichtigen abgewichen Worden ist.

Diesen Vorteilen gegenüber bildet der Nachteil, dass die Veranlagung der landesrechtlichen EinheitsWertsteuer auf einem gegenüber dem Stichtage für die Veranlagung der Vermögensteuer um ein Jahr zurückliegenden Stichtage beruht, jedenfalls das kleinere Uebel.

Eine Besonderheit besteht für die Betriebe, die regelmässige jährliche Ab- schlüsse auf einen anderen Zeitpunkt als den Hauptfeststellungszeitpunkt machen. Bei ihnen ist nach § 29 des Reichsbewertungsgesetzes auf Antrag des Betriebs- inhabers an Stelle des Hauptfeststellungszeitpunkts der Schluss des letzten Wirt- schaftsjahrs zugrunde zu legen, das dem Hauptfeststellungszeitpunkt unmittelbar vorangeht. Der auf den zugrunde gelegten Abschlusszeitpunkt ermittelte Einheits- Wert gilt als Einheitswert am Hauptfeststellungszeitpunkte (§ 29 Satz 2 a. a. 0.). Bei der Veranlagung für 1930 Wäre das der Abschluss des im Kalenderjahr 1928 endenden Wirtschaftsjahrs.

Hat innerhalb des Feststellungszeitraums, sei es des Hauptfeststellungs- zeitraums ( § 6 Abs. 2 des Reichsbewertungsgesetzes) oder im Falle des § 29 des Reichsbewertungsgesetzes des zwischen den beiden massgebenden Abschlusszeit- punkten liegenden Zeitraums, eine Neufeststellung des Einheitswerts nach § 75 des Reichsbewertungsgesetzes stattgefunden, so tritt an die Stelle des an sich massgebenden Einheitswerts der bei der Neufeststellung ermittelte Einheitswert. Ist der Betrieb erst nach dem nach den landesrechtlichen Vorschriften mass- gebenden letzten Hauptfeststellungszeitpunkte neu gegründet Worden, so ist für die Kapitalabgabe grundsätzlich der nach § 76 des Reichsbewertungsgesetzes im Wege der Nachfeststellung nachträglich festgestellte Einheitswert des Betriebs- vermögens massgebend. In dem besonderen Falle, dass die Neugründung der Wirtschaftlichen Einheit mit dem Zeitpunkte der nächsten Hauptfeststellung zu-

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Page 23: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

g gO Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 80. Juli 1926 nebst Entwurf sbegrün dung.

sammenfällt, ist der bei dieser Hauptfeststellung ermittelte Einheitswert mass- gebend; bei Neugründungen nach dem 1. Januar des Kalenderjahrs, in das der Beginn des Steuerjahrs fällt, tritt an die Stelle der Hauptfeststellung die in den neuen Feststellungszeitraum fallende Nachfeststellung. Für diese verhältnismässig wenigen Betriebe, die nach dem 31. Dezember des dem Steuerjahre vorausge- gangenen Kalenderjahrs erst entstanden sind und für die daher eine frühere Fest- stellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens nicht stattgefunden hat, glaubte die Regierung den Nachteil der gegebenenfalls gebotenen Aussetzung der Ver- anlagung bis zur Feststellung der Einheitswerte in Kauf nehmen zu können.

Zu § 19.

Die Worte „zu Gunsten des Staates" in dem dem § 19 des Entwurfs ent- sprechenden § 18 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung vom 19. Juli 1923 sind als überflüssig weggelassen Worden. Sie rühren noch aus der Zeit her, in der die Gewerbesteuer selbst zwischen Staat und Gemeinden geteilt Wurde. Nach- dem aber nunmehr die Gewerbesteuer voll in die Staatskasse fliesst und die Ge- meinden (Bezirks verbände) ihrerseits eine eigene Zuschlagsteuer erheben können, ist es selbstverständlich, dass die Säumniszuschläge zur Gewerbesteuer mit dieser zusammen in die Staatskasse, die entsprechenden Zuschläge zur Zuschlagsteuer (vgl. § 34 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs) aber wie diese in die Kasse der Gemeinde (des Bezirksverbandes) fliessen.

Zu § 21.

Der grundsätzliche Ausschluss der Anfechtbarkeit der nach den Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes festgestellten Einheitswerte im Rechtsmittelver- fahren bei der Gewerbesteuer beruht auf § 79 des Reichsbewertungsgesetzes. Die ausnahmsweise Zulassung des Gewerbesteuerrechtsmittelverfahrens wegen Abzugs oder Hinzurechnung eines nicht zutreffenden Betrags beim festgestellten Einheits- Wert entspricht dem Absatz 2 daselbst.

Die Vorschrift, dass eine nachträgliche Aenderung der festgestellten Einheits- Werte durch Rechtsmittelentscheidungen oder im Wege der Neufeststellung oder Berichtigung ohne Weiteres die entsprechende Aenderung des der Gewerbesteuer- veranlagung zugrunde liegenden Einheitswerts nach sich zieht, beruht auf § 70 Abs. 2 des Reichsbewertungsgesetzes.

Zu § 26.

1. Die Fälligkeitstage für die Teilzahlungen sind je um einen Monat hinaus- geschoben Worden. Massgebend für diese Verlegung War vor allem die Erwägung, dass die Veranlagung auch unter normalen Verhältnissen kaum vor dem bis- herigen ersten Steuertermine (15. Mai) durchgeführt sein wird. Weiter kommt hinzu, dass die bisherigen Fälligkeitstage mit denjenigen für die Einkommen- steuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen zusammenfielen, und dass dieses Zusammenfallen der Fälligkeitstage im Hinblick darauf, dass Einkommensteuer- cder Körperschaftsteuerpflicht und Gewerbesteuerpflicht sich regelmässig decken, eine besonders starke Inanspruchnahme für die Steuerpflichtigen mit sich bringt.

2. Wenn auch bei dem Systeme der Vorausveranlagung für ein folgendes Steuerjahr - zumal bei einer gleichzeitigen Hinausschiebung des ersten Termins auf den 15. Juni - die Abforderung von Vorauszahlungen grundsätzlich ver- mieden wird, so kann doch der Fall eintreten, dass die Veranlagung eines Be- triebes trotz Ablaufs der massgebenden Betriebsjahre deshalb auszusetzen ist, weil das Ergebnis des letzten in Frage kommenden Betriebsjahrs bei der Ver- anlagung Wegen Verzögerung der Bilanzfeststellung noch nicht feststeht. Damit nicht solche Betriebe zunächst überhaupt keine Steuer entrichten, sieht der Ent- wurf solchenfalls die Entrichtung von Vorauszahlungen nach Massgabe der zuletzt festgesetzten Gewerbesteuer bis zum Empfange des Steuerbescheids vor. Diese Vorauszahlungen Werden später auf die endgültige Steuer angerechnet.

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Page 24: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 80. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung« 3g J

Zu § 29. Nach § 80 des Reichsbewertungsgesetzes regeln sich Strafrecht und Straf-

verfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des ReichsbeWertungs- gesetzes auch insoweit nach den Vorschriften der Reichsabgabenordnung, als nicht Reichssteuern, sondern Steuern der Länder oder Gemeinden durch die Zuwiderhandlungen betroffen Werden. Sachlich zuständig zur Untersuchung und Entscheidung sind ausschliesslich die Finanzämter. Damit ist den Ländern für das Gebiet der Einheits wertsteuern wegen aller gleichzeitig gegen das Reichs- bewertungsgesetz verstossenden Zuwiderhandlungen die Strafbefugnis künftig ent- zogen. Hierdurch erklärt sich die Beschränkung der landesrechtlichen Strafvor- schriften des Entwurfs auf solche Zuwiderhandlungen, die nicht zugleich Zuwider- handlungen gegen die Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes darstellen.

Im übrigen trägt die Neufassung der Strafvorschrift für die Hinterziehung der durch die Dritte Steuernotverordnung vom 14. Februar 1924 ( § 56) abge- änderten Fassung des § 359 der Reichsabgabenordnung Rechnung.

Zu §§ 30-36. Die Regelung der Beteiligung der Gemeinden an der Gewerbesteuer ent-

spricht derjenigen durch das Abänderungsgesetz vom 19. Juli 1923. Die Ein- richtung der selbständigen gemeindlichen Zuschlagsteuer hat sich insbesondere für die Fälle der Beteiligung mehrerer Gemeinden in der Praxis durchaus be- währt. Es darf insoweit auf die Begründung der Regierungsvorlage zum Ab- änderungsgesetze (Landtagsvorlagen 1923 Nr. 62) Bezug genommen Werden.

1. Um die Zuschlagsteuer noch beweglicher als bisher zu gestalten und gleichzeitig einem von den Gemeinden Wiederholt geäusserten Wunsche zu ent- sprechen, ist die frühere Vorschrift, Wonach die Zuschlagsteuer mindestens in Höhe von 100 v. H. der staatlichen Gewerbesteuer erhoben Werden musste, fallen gelassen Worden. Zweck dieser Bestimmung War seinerzeit, die steuerliche Be- lastung des Gewerbes in den einzelnen Gemeinden nicht zu verschiedenartig Wer- den zu lassen. Dieses Ziel lässt sich aber auch bei Festsetzung eines solchen Mindest- satzes für die Zuschlagsteuer nur sehr unvollkommen erreichen. Schon der Rahmen- satz für die Zuschlagsteuer (früher mindestens 100 v. H. und höchstens 300 v. H. der Staatssteuer) muss notwendigerweise zahlreiche Verschiedenheiten mit sich bringen. Können hiernach die für die Festsetzung eines Mindestbetrages der Zu- schlagsteuer ursprünglich ausschlaggebenden Gründe heute nicht mehr als stich- haltig gelten, so lag keine Veranlassung mehr vor, die Gemeinden ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Bedarf zur Erhebung einer Zuschlagsteuer von bestimmter Höhe zu zwingen. Durch die Beseitigung des bisherigen Zwanges zur Erhebung einer Zuschlagsteuer Wird den Gemeinden Wenigstens insoweit gleichzeitig ihre steuerliche Selbständigkeit zurückgegeben.

Neu ist der besondere Hinweis, dass die Hundertsätze für alle Betriebe gleich sein müssen (vgl. die seinerzeit für die unselbständigen Zuschläge der Ge- meinden zur Gewerbesteuer gegebene entsprechende Vorschrift in § 17 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes vom 6. Oktober 1921). Es darf also keine Staffe- lung der Zuschlagsteuer nach Gewerbearten oder besonderen Merkmalen statt- finden.

2. Wenn es künftig auch keinen „Mindestsatz" der Zuschlagsteuer mehr gibt, so spielt der der Staatssteuer entsprechende Betrag der Zuschlagsteuer doch noch für deren Verteilung im Falle der Beteiligung mehrerer Gemeinden eine Rolle. Nur ist dieser der Staatssteuer entsprechende Betrag künftig kein Mindestsatz der Zuschlagsteuer mehr, sondern ein „Grundbetrag", von dem der Anteil der mehreren beteiligten Gemeinden an der Zuschlagsteuer zu berechnen ist. Der Anteil der einzelnen Gemeinde am Grundbetrage der Zuschlagsteuer tritt an die Stelle ihres bisherigen Anteils am Mindestsatze der Zuschlagsteuer. Die beteiligten Gemeinden erheben ihre Zuschlagsteuer dann nach den von ihnen beschlossenen Hundertsätzen des von der Veranlagungsbehörde für sie festgestellten Anteils am Grundbetrage der Zuschlagsteuer.

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Page 25: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

382 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

Ausserdem gewinnt der „Grundbetrag" der Zuschlägsteuer auch insofern künftig Bedeutung, als es dann, Wenn die Gemeinde die Zuschlagsteuer in der- selben Höhe wie die Staatssteuer erheben will, eines besonderen Ortsgesetzes nicht bedarf, während anderenfalls Voraussetzung für die Erhebung der Zuschlag- steuer ein in ortsgesetzliche Form gekleideter Gemeindebeschluss ist (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen vom 1. August 1923 in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juni 1925, G.B1. S. 136).

Wegen der Bedeutung des „Grundbetrags" der Zuschlagsteuer für den Aus- gleich zwischen Betriebsgemeinden und Wohnsitzgemeinden vgl. die Ausführungen unter 4.

3. Auf die Begrenzung der Zuschlagsteuer nach oben konnte die Regierung nicht verzichten; denn die Besorgnis ist nicht von der Hand zu Weisen, dass andern- falls einzelne finanziell besonders ungünstig dastehende Gemeinden die Zuschlag- steuer für die in ihrem Bezirke betriebenen Gewerbe in einer Weise überspannen würden, die zu schweren wirtschaftlichen Schädigungen der Betroffenen führen müsste. Die Erfahrungen, die in dieser Beziehung zum Beispiel in Preussen ge- macht Worden sind, nötigen zu einer Begrenzung nach oben. Als Höchstsatz für die Zuschlagsteuer erschien der Regierung nach den bisher gesammelten Er- fahrungen der Satz von 150 v. H., also das Einundeinhalbfache der Staatssteuer, als ausreichend.

4. Die Vorschriften in § 35 bezwecken den Ausgleich zwischen Betriebs- gemeinden und Wohnsitzgemeinden und sind den bisher für die Zerlegung des Gemeindeanteils an der Abgabe nach Massgabe der im Gewerbebetriebe gezahlten Gehälter und Löhne geltenden Vorschriften nachgebildet Worden (vgl. § 11 des Gesetzes über die Erhebung der Gewerbesteuer für den Rest des Rechnungsjahrs 1923 und für das Rechnungsjahr 1924 vom 22. Januar 1924 sowie die Begrün- dung zu § 12 des Entwurfs des ebengenannten Gesetzes, Landtagsvorlagen 1923 Nr. 113).

Um die Beteiligung der Wohnsitzgemeinden am Zuschlagsteueraufkommen im ganzen Lande möglichst gleichmässig zu gestalten und um den Wohnsitz- gemeinden die Möglichkeit zu geben, schon vor der Beschlussfassung der Betriebs- gemeinden über die Höhe der Zuschlagsteuer einen Ueberblick über das ihnen aus ihrer Beteiligung voraussichtlich zufliessende Aufkommen zu gewinnen, ist die Vorschrift aufgenommen Worden, dass als Aufkommen im Sinne des § 35 ohne Rücksicht auf die Höhe der von der Betriebsgemeinde tatsächlich erhobenen Zuschlagsteuer deren Grundbetrag ( = 100 v. H. der Staatssteuer) „gelten" soll. Die Betriebsgemeinde muss also von dem Aufkommen, gleichviel ob sie eine Zu- schlagsteuer von 100 oder 150 oder auch nur von 50 v. H. der Staatssteuer er- hebt, den Wohnsitzgemeinden stets soviel überlassen, als ihnen nach den Vor- schriften des § 35 bei einer Zuschlagsteuer von 100 v. H. der Staatssteuer von dem Aufkommen zufallen würde. Die Betriebsgemeinde Wird hierdurch mittelbar veranlasst, die Zuschlagsteuer in Höhe von mindestens 100 v. H. der Staats- steuer zu erheben, da sie andernfalls den am Aufkommen fehlenden Betrag aus ihrer Tasche bezahlen müsste. Dies hat den Vorteil, dass eine grössere Gleich- mässigkeit der Zuschlagsteuern im ganzen Lande gewährleistet ist. Minderungen des Aufkommens infolge Herabsetzung der Staatssteuer im Rechtsmittelverfahren, infolge Berichtigung oder im Wege des Erlasses oder der Niederschlagung mindern dagegen - wie der ausdrückliche Hinweis auf § 30 Abs. 4 erkennen lässt - auch das für den Ausgleich zwischen Betriebs- und Wohnsitzgemeinden massgebende Aufkommen an Zuschlagsteuer.

Angenommen zum Beispiel, das Aufkommen an Zuschlagsteuer in der Be- triebsgemeinde A beträgt bei einer Zuschlagsteuer von 150 v. H. der Staatssteuer 150 000 RM., so würde Gegenstand der Verteilung nur ein Teilbetrag von 100 000 RM. dieses Aufkommens sein. Ausser 1000 in der Betriebsgemeinde selbst wohnhaften Arbeitnehmern sind aus der Gemeinde B 25, aus der Ge- meinde C 50 und aus der Gemeinde D 100 Arbeitnehmer in der Betriebsgemeinde A beschäftigt. Dann Würden von den zur Verteilung stehenden 100 000 RM. des Zuschlagsteueraufkommens der Betriebsgemeinde A zunächst 50 v. H. = 50 000 RM. ohne Weiteres verbleiben. Die übrigen 50 v. H. = 50 000 RM.

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Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung. gg3

würden auf Grund der Verhältnisrechnung 1000 (bzw. 25 bzw. 5O.bzW. 100): x = 1175 : 50 000 unter die sämtlichen beteiligten Gemeinden A, B, C und D zu verteilen sein.

Zu §§ 39-41 (= §§ 39-40 des Entw.)1). Die neuen Vorschriften sollen erstmalig auf die Gewerbesteuer für das Rech-

nungsjahr 1926 Anwendung finden. 1. Für das Rechnungsjahr 1924 soll eine Veranlagung überhaupt nicht statt-

finden; die Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1924 soll vielmehr als durch die nach dem Gesetze vom 22. Januar 1924 geleisteten Vorauszahlungen abgegolten angesehen Werden. Eine nachträgliche Veranlagung für das Rechnungsjahr 1924 muss schon daran scheitern, dass das nach den bisherigen Vorschriften für den Ertrag massgebende Kalenderjahr 1923 bzW. das in diesem endende besondere Betriebsjahr unter dem Zeichen völliger Geldentwertung stand und daher seine Ergebnisse eine irgendwie brauchbare Grundlage für die Ertragsermittlung nicht bilden können.

Die Unmöglichkeit der Feststellung des im Kalenderjahr 1923 erzielten Ertrags War - wie bereits in der allgemeinen Begründung (unter A am Anfange) hervorgehoben worden ist - seinerzeit auch bestimmend dafür, dass bei den Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1924 von der Ver- wendung des Merkmals des Ertrags abgesehen wurde und ausser dem feststehen- den Betrage von 30 RM. nur eine Abgabe vom Betriebsvermögen und die sog. Arbeitgeberabgabe erhoben Wurden. Dadurch unterscheiden sich die damaligen Vorauszahlungen auf die sächsische Gewerbesteuer insbesondere von den ent- sprechenden Vorauszahlungen auf die preussische und die bayrische Gewerbe- steuer, die ausschliesslich (Bayern) oder neben einer Kapitalabgabe und einer Lohnsummensteuer (Preussen) in einer Ertragsabgabe bestanden, welch letztere in enger Anlehnung an die Einkommensteuer- und Körperschaftsteuervoraus- zahlungen des Kalenderjahrs 1924 erhoben Wurde. Wenn daher dort nunmehr in gewissem Umfang eine Korrektur der in Form der Ertragsabgabe erhobenen Vorauszahlungen in gleicher Weise wie bei den Einkommensteuer- und Körper- schaftsteuervorauszahlungen stattfinden soll, so erscheint dies im Hinblick auf die Gleichmässigkeit des Besteuerungsmerkmals ohne weiteres verständlich. Hin- sichtlich der Vorauszahlungen in Form der Kapitalabgabe und der Lohnsummen- ateuer sieht dagegen auch Preussen eine nachträgliche Korrektur nicht vor, weil für eine solche bei der Natur dieser Vorauszahlungen kein Raum ist.

2. Für das Rechnungsjahr 1925 soll nachträglich noch eine endgültige Ver- anlagung erfolgen.

a) Da gleichzeitig die im voraus stattfindende Veranlagung für das Rech- nungsjahr 1926 vorzunehmen ist, Würden an sich zu gleicher Zeit zwei Veran- lagungen durchzuführen sein. Der Entwurf sucht die mit einer solchen doppelten Veranlagung verbundenen Schwierigkeiten dadurch zu vermeiden, dass die bei der Veranlagung für das Rechnungsjahr 1926 festgesetzte Gewerbesteuer gleich- zeitig die Grundlage für die endgültige Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 bilden soll. Die letztere soll nämlich das Zweiundeinhalbfache der für das Rech- nungsjahr 1926 festgesetzten Gewerbesteuer betragen. Die Bemessung der end- gültigen Ge Werbesteuer 1925 auf den zWeiundeinhalbfachen Betrag der Ge Werbe- steuer 1926 rechtfertigt sich deshalb, weil die besondere Zuschlagsteuer der Ge» meinden und Bezirksverbände für das Rechnungsjahr 1925 noch nicht erhoben wird, die endgültige Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 daher den Anteil der Gemeinden und Bezirksverbände an dieser Steuer mitenthalten muss. Wie bei den Vorauszahlungen des Rechnungsjahrs 1925 sollen auch von der endgültigen Steuer des Rechnungsjahrs 1925 zwei Fünftel auf den Staat und drei Fünftel auf die Gemeinden (Bezirksverbände) entfallen.

Die Festsetzung der endgültigen Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 auf der Grundlage der Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1926 ermöglicht es, das bei den Steuerpflichtigen wie bei den Steuerbehörden in gleichem Masse un-

*) Siehe oben S. 368 die Note zu § 39 des Gesetzes. 388

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Page 27: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

384 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

beliebte System der Vorauszahlungen fallen zu lassen und schon jetzt Wieder zum bisherigen Systeme der Vorausveranlagung überzugehen. Dies hat allerdings zur Folge, dass dieselben Betriebsergebnisse zWei Veranlagungen zugrunde gelegt Werden. Letzteres erscheint aber aus folgenden Erwägungen unbedenklich. Da frühestens bei der Veranlagung für das Rechnungsjahr 1927 drei nach Eintritt der Stabilisierung liegende Betriebsjahre vorliegen, können bei den Veranlagungen für die Rechnungsjahre 1925 und 1926 ohnehin nur die Ergebnisse der bisher seit der Stabilisierung abgelaufenen Betriebsjahre zugrunde gelegt werden, das sind die Betriebsjahre 1924 und 1925. Für das Rechnungsjahr 1925 Wäre nach den bisherigen Vorschriften an sich nur der Ertrag des Betriebsjahrs 1924 massgebend. Da indessen davon ausgegangen Werden kann, dass das Betriebsjahr 1924 für die Mehrzahl der Betriebe günstiger gewesen ist als das Betriebsjahr 1925, haben die Inhaber dieser Betriebe von der gleichzeitigen Zugrundelegung des Betriebsjahrs 1925 keinen Nachteil, sondern im Gegenteil einen Vorteil; denn bei ihnen Wird das günstigere Ergebnis des Betriebsjahrs 1924 durch das ungünstigere Ergebnis des Betriebsjahrs 1925 abgeschwächt. Soweit umgekehrt ausnahmsweise das Be- triebsjahr 1925 günstiger gewesen sein sollte als das Betriebsjahr 1924, bedeutet die Heranziehung des Ergebnisses des erstgenannten Betriebsjahrs für die be- treffenden Betriebe deshalb keinen Wesentlichen Nachteil, weil sich das günstigere Ergebnis infolge der Zugrundelegung des Mittels zweier Betriebsjahre nur zur Hälfte auswirken kann.

b) Auf die endgültige Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 sollen die nach dem Gesetz über die vorläufige Weitererhebung der Gewerbesteuer und Grundsteuer vom 9. April 1925 (G.B1. S. 67) geleisteten Vorauszahlungen an- gerechnet Werden. Die Anrechnung soll, da das Aufkommen aus diesen Voraus- zahlungen zu zWei Fünfteln dem Staate und zu drei Fünfteln den Gemeinden (Bezirksverbänden) zugeflossen ist, ebenfalls mit zwei Fünfteln auf den dem Staate und mit drei Fünfteln auf den den Gemeinden (Bezirksverbänden) zu- stehenden Anteil an der endgültigen Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 erfolgen.

c) Um einer allzu Weitgehenden Erstattung und dem hierdurch bedingten Wesentlichen Steuerausfalle Wenigstens etwas vorzubeugen, bestimmt der Ent- wurf, dass als Mindestbetrag der Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 1 v. H. des Betriebsvermögens zu entrichten ist, das für die Vorauszahlungen des Rech- nungsjahrs 1925 Wie bereits des Rechnungsjahrs 1924 in Gestalt der Abgabe vom Betriebsvermögen massgebend gewesen ist (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2, §§ 16 u. 17 des Gesetzes vom 22. Januar 1924). Von diesem Mindestbetrag entfallen wieder- um zWei Fünftel auf den Staat und drei Fünftel auf die Gemeinden (Bezirks- verbände).

d) Nach § 4 des Entwurfs sind die Land- und Forstwirtschaft sowie die ihnen gleichstehenden Betriebe künftig von der Gewerbesteuer befreit. Eine Ver- anlagung dieser Betriebe für das Rechnungsjahr 1926 findet daher - abgesehen von den etwa hierzu gehörigen Nebenbetrieben gewerblicher Art - nicht mehr statt. Damit fehlt es für diese Betriebe an einer für das Rechnungsjahr 1926 festgesetzten Steuer, die gleichzeitig für die endgültige Gewerbesteuer des Rech- nungsjahrs 1925 massgebend sein könnte. Der Entwurf bestimmt daher, dass es für diese Betriebe bei den nach dem Gesetze vom 9. April 1925 für das Rechnungs- jahr 1925 geschuldeten Vorauszahlungen bewenden soll. Durch diese Voraus- zahlungen Wird die Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 als abgegolten an- gesehen.

Das gleiche gilt aber auch für alle anderen Betriebe, dafern deren Steuer- pflicht im Laufe des Rechnungsjahrs 1925 Weggefallen ist; denn auch sie Werden für das Rechnungsjahr 1926 nicht mehr veranlagt.

e) Soweit umgekehrt nach §§ 3 u. 5 des Entwurfs der Kreis der steuer- pflichtigen Betriebe eine Erweiterung erfährt, tritt die Steuerpflicht erst vom Rechnungsjahr 1926 ab ein. Für das Rechnungsjahr 1925 verbleibt es für diese Betriebe bei der bisherigen Steuerfreiheit; denn § 40 bezieht sich nur auf die im Rechnungsjahr 1925 Vorauszahlungspflichtigen Betriebe.

f ) Soweit die Steuerpflicht der für das Rechnungsjahr 1926 steuerpflichtigen 384

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Page 28: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 80. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung. 3g5

Betriebe noch nicht während des ganzen Rechnungsjahrs 1925 bestanden bat, Wird die endgültige Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 nur für die vollen Monate der Ausübung des Gewerbebetriebes im Rechnungsjahr 1925 erhoben.

g) Für den Ausgleich zwischen den Betriebsgemeinden und den Wohnsite- gemeinden untereinander, der bei den Vorauszahlungen auf das Aufkommen an Arbeitgeberabgabe beschränkt War, ist für die endgültige Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 eine besondere Regelung getroffen, die der Vereinfachung dieses Ausgleichs dienen soll.

3. Für die Rechnungsjahre 1926 und 1927 machte sich eine besondere Ueber- gangsvorschrift deshalb notwendig, Weil 3 volle nach Einführung der Renten- mark liegende Betriebsjahre bei der Veranlagung für das Rechnungsjahr 1926 in keinem Falle, bei der Veranlagung für das Rechnungsjahr 1927 aber dann noch nicht abgelaufen sind, Wenn das erste der nach § 15 Abs. 3 massgebenden 3 letzten Betriebsjahre vor dem 15. November 1923 begonnen hat. Da das Ergebnis eines in die Zeit der Geldentwertung fallenden Betriebsjahrs aus den unter 1 darge- tanen Gründen keine brauchbare Grundlage für die Ermittlung des Ertrags bildet, sah sich die Regierung genötigt, diese Betriebsjahre von der Berücksichtigung überhaupt auszuschliessen. Denn die Zugrundelegung nur des seit dem 15. No- vember 1923 in einem solchen Betriebsjahr erzielten Ertrags Würde ebenfalls ein unzutreffendes Bild in allen den Fällen ergeben, in denen sich der Ertrag nicht gleichmässig auf das ganze Betriebsjahr verteilt, Wie das z. B. für Saisonbetriebe zutrifft. Der Entwurf sieht demzufolge eine Uebergangsregelung vor:

a) Für das Rechnungsjahr 1926 soll grundsätzlich der Ertrag massgebend sein, den das Gewerbe im Durchschnitte der letzten 2 zur Zeit der Veranlagung (Ende des 31. Dezember 1925) abgelaufenen Betriebsjahre erzielt hat.

b) Da sowohl bei der Veranlagung für das Rechnungsjahr 1926 als auch noch bei derjenigen für das Rechnungsjahr 1927 der Fall eintreten kann, dass beim Vorliegen besonderer vom Kalenderjahr abweichender Betriebsjahre der Beginn des ersten massgebenden (nämlich des im Kalenderjahr 1924 abgeschlossenen) Betriebsjahrs noch in die Zeit der Geldentwertung fällt, bestimmt der Entwurf, dass solchenfalls der Ertrag dieses Betriebsjahrs unberücksichtigt bleiben und demzufolge nur der Ertrag massgebend sein soll, den das Gewerbe im Durch- schnitte derjenigen Betriebsjahre erzielt hat, die nach Einführung der Renten- mark begonnen haben. Als erstes Betriebsjahr kann hiernach frühestens dasjenige in Frage kommen, das am 15. November 1923 begonnen hat. Hat dagegen das erste an sich massgebende Betriebsjahr vor dem 15. November 1923 begonnen, so bleibt es unberücksichtigt. Werden z. B. für einen Betrieb regelmässige Ab- schlüsse nach dem Stande vom 30. Juni aufgestellt, so würde der Veranlagung dieses Betriebes für das Rechnungsjahr 1926 nur der Ertrag des vom 1. Juli 1924 bis zum 30. Juni 1925 laufenden Betriebsjahrs, für das Rechnungsjahr 1927 der durchschnittliche Ertrag dieses und des folgenden vom 1. Juli 1925 bis zum 30. Juni 1926 laufenden Betriebsjahrs zugrunde zu legen sein.

4. Nach § 26 Abs. 2 sind bis zum Empfange des Steuerbescheids für ein Steuerjahr an den vorgeschriebenen Fälligkeitstagen Vorauszahlungen nach Mass- gabe der zuletzt festgesetzten Gewerbesteuer zu entrichten. Diese Vorschrift Würde an sich auch für das Rechnungsjahr 1926 gelten; hier fehlt es aber, solange die endgültige Veranlagung für das Rechnungsjahr 1925 noch nicht feststeht, an einer „zuletzt festgesetzten" Steuer im Sinne vom § 26 Abs. 2, die die Grundlage für die Vorauszahlungen des Rechnungsjahrs 1926 bilden könnte. Denn für die endgültige Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1925 soll nach § 40 bei den im Rechnungsjahr 1925 Vorauszahlungspflichtigen Betrieben die nunmehr im Wege der Vorausveranlagung festzusetzende Gewerbesteuer des Rechnungsjahrs 1926 gleichzeitig die Grundlage bilden.

Da anderseits nach Lage der Verhältnisse kaum vor Ende des Sommers mit der Beendigung der Veranlagung für das Rechnungsjahr 1926 und der Zustellung der Steuerbescheide zu rechnen ist, kann auch für das Rechnungsjahr 1926 auf Vorauszahlungen nicht verzichtet Werden. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass als Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer und Zuschlagsteuer des Rechnungs- jahrs 1926 die nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, §§ 16 u. 17 des Gesetzes vom 22. Januar

Finanzarchiv. XLIV. Jahrg. 385 25

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Page 29: Sächsisches Gewerbesteuergesetz. Vom 30. Juli 1926

386 Sächsisches Gewerbesteuergesetz vom 30. Juli 1926 nebst Entwurfsbegründung.

1924 in den Rechnungsjahren 1924 und 1925 in der Form der Abgabe vom Be- triebsvermögen geleisteten Vorauszahlungen vorläufig auch im Rechnungsjahr 1926 f ortzuentrichten sind. Dagegen sollen die übrigen Bestandteile der bisherigen Vorauszahlungen, nämlich der feststehende Betrag von 30 RM. und die Arbeit- geberabgabe, im Rechnungsjahr 1926 nicht Weitererhoben Werden.

a) Die Vorauszahlungen sind an den in § 26 Abs. 1 bestimmten Fälligkeits- tagen in Höhe von je einem Viertel der Abgabe vom Betriebsvermögen zu ent- richten. Die Beteiligung der Gemeinden und Bezirksverbände an den Voraus- zahlungen des Rechnungsjahrs 1926 regelt sich in gleicher Weise wie ihre Be- teiligung an den Vorauszahlungen des Rechnungsjahrs 1925, d. h. zwei Fünftel der Vorauszahlungen fliessen dem Staate, drei Fünftel den Gemeinden (Bezirks- verbänden) zu. Für den Ausgleich zwischen Betriebsgemeinden und Wohnsitz- gemeinden bei diesen Vorauszahlungen gelten die Vorschriften in § 35 entsprechend; dem Ministerium des Innern wird aber zur Erleichterung des Uebergangs die Er- mächtigung zu einer abweichenden Regelung zu geben sein.

b) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Vorauszahlungen soll nicht be- stehen für solche Betriebe, die - Wie namentlich die freien Berufe, soweit sie nicht besondere Anstalten oder Unternehmungen unterhalten, und die Körper- schaften des öffentlichen Rechtes - für das Rechnungsjahr 1925 überhaupt noch nicht der Gewerbesteuer unterlagen, oder die umgekehrt - Wie die Land- und Forstwirtschaft und die dieser gleichstehenden Erwerbszweige - vom Rechnungs- jahr 1926 ab grundsätzlich von der Gewerbesteuer befreit sein sollen.

Zu § 42. Die Ausführung des Gesetzes soll neben dem in erster Linie hierzu berufenen

Finanzministerium im Hinblick auf die gleichzeitige Regelung der gemeindlichen Zuschlagsteuer im vorliegenden Gesetzentwurf auch dem Ministerium des Innern als der obersten Aufsichtsbehörde für Gemeindesteuern übertragen Werden.

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