+ All Categories
Home > Documents > Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Date post: 15-Jan-2017
Category:
Upload: phungdien
View: 215 times
Download: 2 times
Share this document with a friend
29
Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 28. Jahrg., H. 1 (1911), pp. 362-389 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40905836 . Accessed: 17/06/2014 05:22 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
Transcript
Page 1: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 28. Jahrg., H. 1 (1911), pp. 362-389Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40905836 .

Accessed: 17/06/2014 05:22

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

.

Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toFinanzArchiv / Public Finance Analysis.

http://www.jstor.org

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 2: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen- Weimarisclies Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909.

Allgemeine Bestimmungen. A. Steuerbehörden.

§ 1. Die oberste Landesbehörde für alle die Einkommensteuer betreffenden

Angelegenheiten ist das Staateministerium. Demgemäss ist das Staatsministerium insbesondere auch ermächtigt, bezüg-

lich nach Massgabe der Bestimmungen in § 62 des Gesetzes vom 5. März 1850 (Rosbl. 1850 S. 103) mit Unserer Genehmigung alle diejenigen Massregeln zu treffen und alle diejenigen allgemeinen und besonderen Unterweisungen, Anordnungen und Verfügungen zu erlassen, welche zur folgerichtigen Durchführung dieses Gesetzes nötig erscheinen oder künftig als geboten sich darstellen werden.

§2. Die Ausführung dieses Gesetzes in den einzelnen Gemeindebezirken liegt

unter der Aufsicht und Oberleitung des Staatsministeriums regelmässig den grossherzogl. Rechnungsam tern ob, ausnahmsweise aber - soweit die Staate- regierung von der in § 41 Abs. 2 des Gesetzes vom 5. März 1850 (Rgsbl. 1850 S. 103) erwähnten Befugnis Gebrauch macht - den Gemeindebehörden.

Die Gemeindevorstande führen in solcher Eigenschaft die amtliche Bezeich- nung: Grossherzogliche Steuerlokalkommission.

Soweit für einzelne Gemeindebezirke Steuerlokalkommissionen bestellt sind, gelten die nachfolgenden für die Rechnungsämter und deren Bezirke ge- troffenen Bestimmungen gleichmassig für die Steuerlokalkommissionen und deren Bezirke.

§3. Ausserdem haben zur Ausführung dieses Gesetzes die nach Art. 15 und 93

der Gemeindeordnung vom 17. April 1895 (Rgsbl. 1895 S. 145) zur Unterstützung der Staatsregierung im Steuerwesen verpflichteten Gemeindevorstände als solche, ingleichen die Bezirksausschüsse und die Gerichtsbehörden nach Massgabe der nachfolgenden Bestimmungen mitzuwirken.

B. Steuerpflicht. Verschiedene Arten des Einkommens und deren Ermittlung. Feststellung des steuerpflich-

tigen Gesamteinkommens.

§4. Einkommensteuerpflichtig' sind: 1. die Staateangehörigen des Grossherzogtums mit Ausnahme derjenigen,

a) welche in einem anderen Bundesstaat oder in einem deutschen Schutz- gebiete wohnen oder sich aufhalten, ohne gleichzeitig im Grossherzog-

86*

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 3: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 1908 1 80. März 1909. ggg

turn einen Wohnsitz zu haben (§ 1 Abs. 2 des Doppelsteuergeeetzee vom 22. März 1909, R.G.B1. 1909 S. 329),

b) welche neben einem Wohnsitz im Grossherzogtum auch in einem anderen Bundesstaat oder in einem deutschen Schutzgebiet einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 2 des Doppelsteuergesetzes und zugleich ihren dienstlichen Wohnsitz haben (§ 2 Abs. 3 a. a. O.),

c) welche, ohne einen Wohnsitz im Grossherzogtume zu haben, eich seit mehr als zwei Jahren im Auslande dauernd aufhalten.

d) welche, ohne einen Wohnsitz im Grossherzogtum oder in einem anderen Bundesstaat oder in einem deutschen Schutzgebiete zu haben, in einem anderen Bundesstaat oder in einem deutschen Schutzgebiet ihren dienstlichen Wohnsitz haben.

Auf Reichs- und Staatsbeamte, welche im Ausland ihren dienst- lichen Wohnsitz haben und dort zu entsprechenden direkten Staats- steuern nicht herangezogen werden, findet die Ausnahme unter o) keine Anwendung;

2. die Angehörigen anderer Bundesstaaten, a) welche, ohne in ihrem Heimatsstaat einen Wohnsitz zu haben, im

Grossherzogtume wohnen oder, ohne im Deutschen Reich oder einem deutschen Schutzgebiet einen Wohnsitz zu haben, sich im Grossherzog- tum aufhalten oder im Grossherzogtum ihren dienstlichen Wohnsitz haben,

b) welche im Grossherzogtum einen Wohnsitz und zugleich ihren dienst- lichen Wohnsitz haben (§ 2 Abs. 3 a. a. O.);

3. die Ausländer, welche im Grossherzogtum einen Wohnsitz oder ihren wesentlichen Aufenthalt haben;

4. juristische Personen, Stiftungen, Personenvereine und erwerbsfähige Vermögensmassen, mit Einschluss der Aktiengesellschaften, Kommandit- gesellschaften auf Aktien, Berggewerkschaften, Gesellschaften mit be- schränkter Haftung und Genossenschaften, welche im Grossherzogtum ihren Sitz haben;

5. Konsumvereine; 6. Gesellschaften und Genossenschaften, welche auf Gegenseitigkeit beruhen

und ihren Geschäftsbetrieb ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränken, jedoch nur hinsichtlich ihres Einkommens aus Grundbesitz im Gross- herzogtume.

§δ. Ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Aufenthalt unter-

liegen der Einkommensteuer alle Personen mit dem Einkommen a) aus Grund- und Gebäudebesitz im Grossherzogtume, b) aus Gewerbe- oder Handelsanlagen sowie sonstigen gewerblichen Be-

triebsstätten, die im Grossherzogtume zur Ausübung stehenden Gewerbe- betriebes unterhalten werden.

Die Bestimmung findet auch auf die im § 4 Ziff. 4, 5, und β bezeichneten nichtphysischen Personen Anwendung.

§6. Ausländer unterliegen ausserdem ohne Rücksicht ihres Wohnsitzes oder

Aufenthaltes der Steuerpflicht hinsichtlich ihres Einkommens aus Gehalten, Wartegeldern und Pensionen, welche sie aus der Kasse einer dem Grossherzogtume angehörigen Gemeinde, Stiftung oder öffentlichen Anstalt beziehen.

§ 6 a. Dem Einkommen eines Steuerpflichtigen wird das im Grossherzogtume

steuerpflichtige Einkommen seiner Ehefrau zugerechnet. 363

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 4: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

364 Sachaen-WeimarischeB Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|8O. März 1909.

Die Zurechnung des aus eigener Erwerbstätigkeit fliessenden Einkommens der Ehefrau findet nur statt, wenn es den Betrag von 500 M. jährlich übersteigt.

Lebt die Frau dauernd vom Manne getrennt, so ist sie mit ihrem Ein- kommen selbständig zu veranlagen.

.17. Von der Einkommensteuer sind befreit: 1. der Grossherzog und die Mitglieder der Grossherzoglichen Familie; 2. die am Grossherzoglichen Hofe beglaubigten Gesandten, bevollmächtigten

Ministerresidenten und Geschäftsträger, deren Gefolge und Gesinde; 3. diejenigen Personen, denen sonst nach völkerrechtlichen Grundsätzen

oder nach besonderen mit anderen Staaten getroffenen Vereinbarungen ein Anspruch auf Befreiung von der Einkommensteuer zukommt.

Die Befreiungen unter Ziff. 2 u. 3 erstrecken sich jedoch nicht auf das Ein- kommen aus Grundbesitz und aus im Grossherzogtum betriebenen Gewerben, sowie aus Gehalten, Wartegeldern und Pensionen aus der Staatskasse.

Ingleichen sind von der Einkommensteuer befreit: 4. Kirchen, Pfarreien, Schulen und die Gesamtuniversität Jena; 5. Anstalten, welche ausschließlich zur direkten Unterstützung von Armen,

Kranken, Witwen oder Waisen sowie zu Kirchen- oder Schulzwecken, zur Beförderung der Sittlichkeit oder zur Vorbeugung gegen Verbrechen oder Verarmung bestimmt sind, und eben deshalb die Anerkennung des Staats als milde Stiftung erlangt haben; ebenso Stiftungen, Gemeinden und andere juristische Personen in Ansehung des Einkommens aus solchem Vermögen, welches ausschließlich zu einem der vorbezeichneten frommen und gemeinnützigen Zwecke bestimmt ist und bestimmungsgemäsft ver- wendet wird;

6. die infolge reiche- oder landescesetzl icher Vorschriften bestehenden Krankenkassen (einschliesslich der Gemeindekrankenversicherungen), Berufsgenossenschaften, Knappschaftskassen, sowie die Thüringische Versicherungsanstalt - soweit nicht Einkommen aus Grundbesitz in Frage kommt.

§8. Von der Besteuerung bleibt frei: 1. das Einkommen aus dem in anderen Bundesstaaten oder in deutschen

Schutzgebieten belogenen Grund- und Gebäudebesitz und den daselbst betriebenen stehenden Gewerben;

2. a) das Einkommen der steuerpflichtigen Landes- oder sonstigen Reichs- angehörigen aus ausländischem Grundbesitz oder Gewerbebetrieb sowie aus ausländischen Gehalten, Wartegeldern und Pensionen, sofern und soweit dies Einkommen im Auslande nachweisbar ver- steuert wird;

b) das Einkommen der nach § 4 Ziff. 3 steuerpflichtigen Ausländer aus ausländischem Grundbesitz oder Gewerbebetrieb sowie aus auslän- dischen Gehalten, Wartegeldern und Pensionen, sofern durch Staats- verträge die Gegenseitigkeit verbürgt ist, und soweit das Einkommen nicht neben sonstigen im Großherzogtum staatssteuerpflichtigen Ein- kommen zur Erfüllung des Aufwandes für ihren Aufenthalt im Gross- herzogtume erforderlich ist;

3. das Militäreinkommen der Personen des Unteroffizier- und Gemeinen- standes, sowie während der Zugehörigkeit zu einem in der Kriegsformation befindlichen Teile des Heeres oder der Marine das Militäreinkommen aller Angehörken des aktiven Heeres und der aktiven Marine; '

4. die auf Grund gesetzlicher Vorschrift den Kriegsinvaliden gewährten Pensionserhöhungen und Verstümmelungszulagen sowie die mit Kriegs- dekorationen verbundenen Ehrensolde, desgleichen die nach Art. I, 3 des Nachtragsgesetzes vom 22. Mai 1895 zum Gesetze über den Reichs- invalidenfondes zu gewährenden Veteranenbeihilfen.

364

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 5: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom il. März 1908 1 30. März 1909. 3(55

Ferner bleiben von der Einkommensteuer frei: 5. Pensionen aller Art, Auszüge aus Landgütern (Altenteile), Unfall-, In-

validitäts-, Alters· und Haftpflichtrenten, sofern sie jährlich weniger als 200 M. betragen;

6. das Zinseneinkommen von Einlagen bei Spar- und genossenschaftlichen Darlehnskassen im Grossherzogtume, sofern der Betrag der gesamten daselbst angelegten Kapitalien, in deren Zinsenbezugsrechte der Steuer- pflichtige sich befindet, nicht volle 500 M. erreicht, ebenso das Einkommen an Zinseszinsen von Sparkasseeinlagen bis zu dem Zeitpunkte, an dem die Zuschrift der Zinsen zum Kapital erfolgt ist;

7. das Einkommen der Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubten- standes, falls dasselbe auf nicht mehr als 3000 M. veranlagt ist, für die- jenigen Monate, in denen sie sich im aktiven Dienste befinden;

8. das Einkommen der Studierenden und der Schüler der höheren Lehr- anstalten aus Arbeit und gewinnbringender Beschäftigung (§ 12 Ziff. 3);

9. das Einkommen der unter 18 Jahre und der über 60 Jahre alten Personen aus den im § 12 unter Ziff. 2 u. 3 bezeichneten Quellen, sofern dasselbe nicht volle 200 M. jährlich beträgt;

10. das Einkommen von Almosenempfängern; 11. das Einkommen aus dem Eisenbahnbetriebe und aus dem zum Eisenbahn-

körper sowie zu den Bahnhofsanlagen gehörigen Grundbesitze, vor- behaltlich der nach besonderer gesetzlicher Bestimmung zu entrichtenden Reinertragsabgabe.

Vergleiche ferner die Bemerkung unter *).

§9. Als Einkommen gelten die gesamten Jahreseinkünfte der Steuerpflichtigen

in Geld oder Geldeswert aus: 1. Kapitalvermögen, 2. Grundvermögen, 3. Handel und Gewerbe einschliesslich des Bergbaues, 4. Arbeit und gewinnbringender Beschäftigung, sowie aus Rechten auf

periodische Hebungen und Vorteile jedweder Art, einschliesslich ständiger Vergütungen, die, wenn auch widerruflich, entweder auf bestimmte oder unbestimmte Zeit im voraus verwilligt sind oder dem Inhaber einer be- stimmten Stelle in regelmässiger Wiederkehr verwilligt zu werden pflegen.

§ 10. Ausserordentliche Einnahmen aus Erbschaften, Schenkungen, Lebens-

versicherungen, aus dem nicht gewerbsmässig oder zu Spekulationszwecken unter- nommenen Verkauf von Grundstücken und ähnliche Erwerbungen gelten nicht als steuerpflichtiges Einkommen, sondern als Vermehrung des Stammvermögens und kommen ebenso wie Verminderungen des Stammvermögens nur insofern in Betracht, als die Erträge des letzteren dadurch vermehrt oder vermindert werden.

§ 11. Anzumelden (zu fatieren) sind: 1. Diensteinkommen, Gehalte, Wartegelder und Pensionen aus Reichs·»

Hof-, Staats- und anderen öffentlichen Klassen, ingleichen aus den Kassen von Stiftungen, Sparkassen, Privateisenbahnen, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Gegen- seitigkeitsgesellschaften und Berggewerkschafteni

*) Ueber die Steuerbefreiung der im Dienste der Universität Jena stehenden Lehrer. Beamten und Diener, soweit eine solche Befreiung noch besteht, vgl. die §§ 1 und 2 dei Staatsvertrages vom 11; Dezember 1901 (Regierungsblatt S. 276 ff.).

366

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 6: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

366 Sachsen-Weimariechcs Einkommensteuergesetz vom il. März 19O8|8O. März 1909.

2. das Einkommen aus Kapitalvermögen an Zinsen, Dividenden, Ausbeute? und sonstigen Gewinnanteilen - soweit diese Einkünfte nicht als Teil des Geschäftsertrages aus Handels- und handelsmässigem Gewerbe- betrieb (§ 54 Abs. 2) zu betrachten sind;

3. Leibrenten und Rentenbezüge sonstiger Art - insbesondere Unfall-, Invaliditäte-, Altere- und Haftpflichtrenten, soweit dieselben nicht auf Grund des § 8 Ziff. 5 steuerfrei sind.

§ 12. Durch Schätzung wird ermittelt das gesamte übrige Einkommen,

insbesondere 1. das Einkommen aus Grundvermögen mit Einschluss von Erbzinsen und

anderen grundherr liehen Gefällen; 2. das Einkommen aus Handel und Gewerbe mit Einschluss des Fabrik-

betriebes und des Bergbaues sowie des Feld- und Pachtgewerbes; 3. das Einkommen aus Arbeit und gewinnbringender Beschäftigung, aus

Auszugs-, Insitz-, Altenteils- und dergleichen Berechtigungen sowie aus Rechten auf periodische Hebungen und Vorteile jeder Art, soweit diese Einkünfte nicht nach § 11 der Anmeldungspflioht unterliegen.

Inwieweit die Steuerpflichtigen zur Seibetangabe ihres sohätzungspflichtigen Einkommens durch Steuererklärungen verpflichtet sind, wird durch die §§ 43 f. bestimmt.

§13. Hinsichtlich des Ortes, in dessen Steuerrolle das gesamte Einkom-

men eines Steuerpflichtigen behufs der Erfüllung der Steuerpflicht einzutragen, und an welchem die Steuerpflicht zu erfüllen ist, gilt folgendes:

1. Steuerpflichtige, welche im Grossherzogtume wohnen, oder sich dauernd in demselben aufhalten, haben ihr gesamtes steuerpflichtiges Einkommen an ihrem Wohnsitze, oder in Ermanglung eines solchen am Orte ihres Aufenthaltes zu versteuern.

2. Steuerpflichtige, welche im Grossherzogtume weder ihren Wohnsitz, noch einen dauernden Aufenthaltsort haben, versteuern ihr Einkommen aus dem im Grossherzogtume liegenden Grundbesitze oder aus einem im Gross- herzogtume betriebenen Gewerbe an dem Orte, wo der Grundbesitz liegt oder das Gewerbe betrieben wird, dagegen anmeldungspflichtige Bezüge aus einer der im § 11 Ziff. genannten Kassen an dem Orte, wo die Kasse, aus welcher diese Bezüge fliessen, ihren Sitz hat, und ihr etwaiges sonstiges anmeldungspflichtiges Einkommen an dem Orte, wo sie zuletzt im Grossherzogtume gewohnt haben, in Ermanglung eines solchen in der Stadt Weimar.

3. Steuerpflichtige juristische Personen, Stiftungen, Personenvereine und erwerbsfähige Vermögensmassen usw. (§ 4 Ziff. 4-6) versteuern ihr Einkommen an dem Orte, wo sie ihren Sitz haben, und wenn sich der- selbe ausserhalb des Grossherzogtums befindet, an dem Orte, wo sie eine ständige Vertretung (Haupt- oder Generalagentur) im Grossherzogtum haben, wenn aber eine solche nicht besteht, an dem Orte, wo der Grund- besitz liegt oder das Gewerbe betrieben wird.

4. Wenn hiernach für einen Steuerpflichtigen mehrere Orte gleichzeitig zuständig sind, oder überhaupt Zweifel entstehen, bestimmt das Staats- ministerium den Ort, in dessen Steuerrolle das steuerpflichtige Gesamt- einkommen einzutragen und an welchem die Steuerpflicht zu erfüllen ist.

1 14. Die Schätzung des Einkommens aus Grundvermögen, sowie aus Ge-

werbe und Fabrikbetrieb erfolgt an dem Orte, wo der Grundbesitz liegt, oder wo, bezüglich von welchem aus das Gewerbe oder die Fabrik betrieben wird. Das

366

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 7: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Saohsen-Weimariiches Einkommensteuergesetz vom li. März ltoe|8O. März 1909. QQJ

Ergebnis der Schätzung ist in dem Falle, wenn die Steuerpflicht nach den Be- stimmungen des § 13 nicht am Schätzungsorte zu erfüllen ist, dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) des für die Erfüllung der Steuerpflicht zuständigen Ortes zur Aufnahme in die Steuerrolle desselben mitzuteilen.

§15. Das Einkommen im einzelnen ist getrennt nach seinen Hauptquellen zu

ermitteln und in die Einkommensteuerrolle des Ortes, wo die Steuerpflicht zu erfüllen ist (§ 13), dergestalt gesondert einzustellen, dass

1. das von dem Steuerpflichtigen selbst zur Versteuerung anzumeldende Einkommen (§11 Ziff. 1 - 3) die erste Abteilung,

2. das durch Schätzung zu ermittelnde Einkommen aus Grundvermögen (§ 12 Ziff. 1) die zweite Abteilung,

3. alles sonstige Schätzungspflichtige Einkommen (§ 12 Ziff. 2 u. 3) die dritte Abteilung

der Steuerrolle bildet. Die Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlich bewirtschaftetem Grund*

eigentum (land- und forstwirtschaftliches Grundeinkommen im Sinne des Ge- setzes über die Wahl der Landtagsabgeordneten vom 17. April 1896, Rgsbl. 1896 S. 33) sind in der Steuerrolle erkennbar zu machen.

§ 16. Von dem Gesamtbetrage des ermittelten Einkommens sind von dem Rech-

nungsamte (der Steuerlokalkommission) die abzugsfähigen Schuldzinsen, Leibrenten- und Auszugsverpflichtungen sowie andere auf besonderen privatrecht- lichen Titeln beruhende dauerndeLasten(§§ 17 - 20) in Abzug zu bringen.

Der eich in Mark ergebende Betrag ist, wenn er nicht mit 10 teilbar ist, auf die nächst niedrigere mit 10 teilbare Summe abzurunden, und ist diese Summe als steuerpflichtiges Gesamteinkommen (Einzelsteuerkapital) zur Steuerrolle einzustellen.

C. Abzug der Schuldzinsen und dauernden Lasten«

§ Π. Schuldzinsen und die im § 16 Abs. 1 bezeichneten Verpflichtungen und Lasten

dürfen, vorbehaltlich der Bestimmungen im § 54 Abs. 2, von dem Steuerpflichtigen weder bei der Anmeldung seines anmeldungspfliohtigen Einkommens, noch bei Berechnung des von ihm zu erklärenden (zu deklarierenden) Einkommens ab- gezogen, noch von der Schätzungskommission bei der Schätzung des Schätzungs- pflichtigen Einkommens abgerechnet werden, sondern sind von dem Steuerpflich- tigen bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) des Ortes, wo er seine Steuerpflicht zu erfüllen hat (§ 13), nach Massgabe der §§ 19, 20 zum Abzug be- sonders anzumelden.

§ 18. Schuldzinsen sowie Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 bezeich-

neten Art sind nicht abzugsfähig, wenn sie auf Einnahmequellen haften, die bei der Besteuerung im Grossherzogtume ausser Betracht bleiben.

Anderseits dürfen solche bei demjenigen Einkommen, welches aus dem Groesherzogtume nach anderen Staaten bezogen wird, nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf den für das Grossherzogtum in Betracht kommenden Ein- nahmequellen haften oder für deren Erwerb aufgenommen sind.

§19. Schuldzinsen sowie Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 bezeich-

neten Art, deren Abzug beantragt wird, sind bis spätestens zum 8. Januar jeden 367

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 8: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

368 Sachaen-WeimArisohes Einkommensteuergesetz vom il. März 19O8|SO. März 100».

Jahres, und wenn für den Steuerpflichtigen gemäes § 77 Β Ziff. 1, 2 und 4 im Laufe des Jahres eine neue oder veränderte Veranlagung stattzufinden hat, bis zum 8. Tage desjenigen Monats, von welchem ab die Veranlagung erfolgen muss (§ 79 Abs. 1), schriftlich anzumelden.

§ 20.

Die Anmeldungen müssen die genaue Angabe a) des Namens und Wohnorts des Gläubigers oder Bezugsbrechtigten, b) des Jahresbetrags der Schuldzinsen oder Leistungen, c) des Ortes und der. Zeit der die Verpflichtung verbriefenden Urkunde, d) - in bezug auf Schuldzinsen - des Kapitalbetrages und Zinsfußes

enthalten. Anmeldungen, welche diesen Erfordernissen nicht entsprechen, sind dem

Steuerpflichtigen von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) mit der Aufforderung zurückzugeben, sie binnen einer von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) zu setzenden Frist entsprechend zu vervollständigen. Wenn dieser Aufforderung nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig nachgekommen oder die Anmeldung überhaupt verspätet eingereicht wird, so ist dieselbe als zur Berücksichtigung nicht geeignet, zurückzugeben. Das Rechnungsamt (die Steuer- lokalkommission) hat sich nach Befinden von der Richtigkeit der Anmeldungen in geeigneter Weise Ueberzeugung zu verschaffen.

D. Berücksichtigung besonderer die St euer f ahigkeit wesentlich vermindernder wirtschaftlicher Verhältnisse.

§21. Bei Steuerpflichtigen, die ein oder zwei nicht selbständig zu veranlagende

Kinder unter 15 Jahren unterhalten, ist das Steuerkapital, sofern es nicht mehr als 1000 M. beträgt, um 100 M. zu ermässieen.

Bei Steuerpflichtigen, die drei oder mehr nicht selbständig zu veranlagende Kinder unter 15 Jahren unterhalten,- ist das Steuerkapital,

sofern es nicht mehr als 1000 M. beträgt, um 200 M., sofern es mehr als 1000 M. und nicht mehr als 2000 M. beträgt, um 100 M.

zu ermässigen. Die Ermässigung nach Abs. 1 tritt auch ein bei verheirateten Steuerpflich-

tigen, die Kinder unter 15 Jahren nicht unterhalten, solange sie mit dem Ehe- gatten einen gemeinsamen Haushalt führen.

Bezieht die Ehefrau eines Steuerpflichtigen selbständiges Erwerbseinkommen, das dem Einkommen des Ehemannes (Haushaltungsvorstandes) nach § 6 a Abs. 2 nicht zuzurechnen ist, so findet eine Ermässigung nur insoweit statt, als sie im Falle der Zurechnung zu erfolgen hätte.

§ 21a. Soweit sich die im § 21 vorgesehenen Ermässigungen des Steuerkapitals

nach den Familienverhältnissen der Steuerpflichtigen bestimmen, ist der Familien- stand vom 1. November des dem Veranlagungsjahr vorausgehenden Jahres mass- gebend.

Treten solche Familienverhältnisse erst nach diesem Zeitpunkt ein, so sind sie bei der Veranlagung unter der Voraussetzung zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige sie bis spätestens zum 8. Januar des Veranlagungsjahies bei dem Rechnungsamt (der Steuerlokalkommission) des Ortes, an dem er seine Steuer- pflicht zu erfüllen hat, schriftlich anmeldet.

§ 21 b. Bei Steuerpflichtigen, deren steuerpflichtiges Einkommen nicht mehr als

3000 M. beträgt, können besondere die Steuerfähigkeit wesentlich vermindernde 368

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 9: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|3O. März 1909. ggg

Verhältnisse als: aussergewöhnliche Belastung durch Unterhalt und Erziehung der Kinder, Verpflichtung zur Unterhaltung mittelloser Angehöriger, Erfüllung der aktiven Dienstpflicht im stehenden Heer oder in der stehenden Marine durch den Steuerpflichtigen, andauernde Krankheit und besondere Unglücksfälle - dergestalt berücksichtigt werden, dass das Steuerkapital um 100 bis höchstens 300 M. ermässigt wird.

Diese Ermässigung tritt in den Fällen des § 21 zu den dort vorgeschriebenen Ermässigungen hinzu.

Die Feststellung der Ermässigung erfolgt durch die Schätzungsbehörden.

§ 21 c. Die Bestimmungen der §§ 21, 2 1 a und 21 b finden auf diejenigen Personen

keine Anwendung, die, ohne dass die Voraussetzungen der allgemeinen Steuer- pflicht im Grossherzogtume vorliegen, mit einem Einkommen aus Grund- oder Gebäudebesitz, Gewerbe- oder Handelsanlagen und sonstigen gewerblichen, im Grossherzogtum unterhaltenen Betriebsstätten steuerpflichtig sind (§ 5).

Besondere Bestimmungen. A. Von dem anmeldungspflichtigen Einkommen.

I. Pflicht und Frist zur Anmeldung. § 22,

Jeder Steuerpflichtige, welcher ein anmeldungspflichtiges Einkommen C§ 11) zu beziehen hat oder ein neues oder erhöhtes derartiges Einkommen erwirbt, ist, soweit nicht in Ansehung von Dienstbezügen aus öffentlichen Kassen jeweils im Verordnungswege Befreiung von dieser Verpflichtung eintritt, verbunden, den Jahresbetrag desselben dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) - $ 25 - jedesmal bis zum 8. Januar oder bis zum 8. Juli desjenigen mit dem 1. Januar bzw. 1. Juli beginnenden Halbjahres gewissenhaft und vollständig anzumelden, an dessen erstem Tage er sich im Bezugsrechte befindet.

Personen, deren Steuerpflicht im Grossherzogtume im Laufe eines Halb- jahres infolge Zugangs (§ 77 Β Ziff. 1) begründet wird, haben, wenn sie ein an- meldungspflichtiges Einkommen beziehen, dasselbe beim Beginne des Monate, an dessen erstem Tage sie sich im Bezugsrechte befinden bzw. die Steuerpflicht begründet worden ist, und zwar spätestens am achten Tage dieses Monate, bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) anzumelden. Das gleiche gilt für Erben, von denen ein anmeldungspflichtiges Einkommen infolge des Erb- falles erworben wird, sofern sie nicht die Steuer des im Grossherzogtume steuer- pflichtigen Erblassers bis zum Schlüsse des Steuer jahres fortentriohten (§, 77 Β 2).

§ 23.

Jede Anmeldung wird so lange für stillschweigend erneuert erachtet, als nicht eine gehörige Abmeldung oder die Anmeldung einer Veränderung derselben recht- zeitig beim Beginne eines Halbjahres (§ 22) erfolgt ist.

§ 24.

Die Anmeldung ist in der Regel von dem Bezugsberechtigten selbst zu be- wirken, mithin rücksichtlich des Einkommens von Vermögen, welches einem Niess brauche unterworfen ist, soweit es zur ersten Abteilung der Steuer- rolle gehört, von dem Niessbrauchberechtigten.

Ausserdem haben für richtige und rechtzeitige Anmeldung einzustehen: 1. bei Einkommen aus Vermögen, welches unter Vormundschaft*

licher Verwaltung steht und keinem Niessbrauche unterliegt» der Vormund;

Finanzarchiv. XXVIII. Jahrg. 369 24

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 10: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

37Q Sachsen-Weimarifches Einkommensteuergesetz vom 11. März 1ΘΟ8|3Ο. März Ι9θο.

2. bei Einkommen, welches Teil einer Konkursmasse oder einer anderen erwerbsfähigen Vermögensmasse ist, der Verwalter der Konkurs- oder Vermögensmasse;

3, bei Einkommen von juristischen Personen, Stiftungen usw. deren gesetzliche Vertreter.

II. Form und notwendiger Inhalt der Anmeldungen.

§25. Die Einkommenanmeldungen sind schriftlich bei dem Rechnungsamte

(der Steuerlokalkommission) des Ortes einzureichen, an welchem nach § 13 der Steuerpflicht zu genügen ist.

§ 26.

Die Anmeldungen von Diensteinkommen, Gehalten, Wartegeldern und Pensionen müssen die genaue Angabe des Betrags an barem Gelde, an etwaigen Naturalien und sonstigen Dienstbezügen, ζ. Β. Dienstwohnungen und Dienst- landereien, sowie die Bezeichnung der Sassen enthalten, aus welchen diese Bezüge fliessen.

Die Berechnung nicht veranschlagter Naturalienstücke zu. Gelde hat von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) zu erfolgen. Dabei sind billige, ortsübliche Marktpreise, was besonders nicht veranschlagte Holz- deputate, Dienstwohnungen und Dienstländereien betrifft, die üblichen Kauf-, Pacht- oder Mietpreise des Ortes oder der Umgegend zugrunde zu legen.

Besteht hinsichtlich der Naturalien usw. eine Veranschlagung durch Be- etallungsdekret oder Reskript, oder bei Geistlichen und öffentlichen Lehrern durch bestätigte Besoldungstabellen, so sind die veranschlagten Beträge anzu- melden.

§27. Anzumelden sind auch alle auf besonderen Zulagen beruhenden Gehalte,

alle ständigen Remunerationen, ingleiohen alle bloss zufälligen, jedoch wiederkehrenden Bezüge (Akzidenzien), welche - ohne Rücksicht auf den höheren oder geringeren Ertrag - nach dem Anschlage, fehlt es aber an einem solchen, nach einem, da möglich, dreijährigen Durchschnitte aufzu- nehmen sind.

§ 28.

Werden Dienstbezüge oder Gehaltsbestandteile nicht aus einer. öffentlichen Kasse, sondern aus dritter Hand bezogen, ζ. Β. von Geistlichen in Gebühren für besondere kirchliche Amtshandlungen, von öffentlichen Lehrern in Honoraren und Schulgeldern, von Justiz- und Verwaltungsbeamten in Gebühren, von Ge- meindedienern in Geld oder Naturalabgaben von den einzelnen Gemeindegliedern usw., so ist in der Anmeldung, soweit nicht nach § 26 Abs. 3 zu verfahren ist, auch hierüber unter Zugrundelegung eines, da möglich, 3jährigen Durchschnitts genaue Angabe zu machen.

§ 29.

Dagegen sind bei der Anmeldung von Diensteinkommen nicht mit in Ansatz zu bringen:

1. Reisekosten, Tagegelder und besondere, nicht ständige Vergütungen; 2. solche, wenngleich ständige Geldbezüge, welche bloss als Entschädigung

für übernommenen Bureau- und anderen Aufwand im Dienste anzusehen sind, z. B. Furage für notwendige Dienstpferde , Vergütung für Schreib- materialien, Bezüge für notwendige Gesohäftshilfe usw.;

3. solche Annehmlichkeiten, welche unmittelbar mit den Dienstleistungen selbst zusammenhängen, ingleichen solche Bezüge, welche sofort um des

370

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 11: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 1908J30. März 1909. 37 X

Dienstes willen wieder aufgewendet werden müssen, ζ. Β. Hofbedienung, Montur, Kleidergelder.

In Abzug können gebracht werden die auf Grund einer gesetzlichen oder statutarischen Verpflichtung zu leistenden Unterstützungs-, Sterbe-, Pensions-, Witwen- und Waisenkassebeiträge, sowie die von dem Steuerpflichtigen gesetz- oder vertragsmässig für seine Person zu entrichtenden Beiträge zu Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherungskassen.

§ 30.

In den Anmeldungen über Zinsen, Gewinnanteile (Dividenden), Leibrenten und Rentenbezüge sonstiger Art sind die sämtlichen Kapitalien des Anmeldungs- pflichtigen, sowie die jährlichen Zins- und Gewinnanteilbeträge hiervon und die Renten einzeln ihrem vollen Betrage nach, und zwar Wertpapiere lediglich nach ihrem verbrieften Nenn werte und ohne Rücksicht auf ihren Ankaufspreis oder jeweiligen Kurswert, aufzuführen.

§31. Ob die Kapitalien im Grossherzogtume oder ausserhalb desselben, ob sie

auf Hypothek oder auf Handschrift oder ganz unverbrieft, ob sie bei Privaten oder in Staatspapieren, in Aktien, in Anteilen stiller Gesellschafter, in Losen zu Lotterieanleihen, als verzinsliche Kautionen usw. angelegt sind, ob die Kapital- und Zinsforderungen aus Darlehns- oder aus anderen Verträgen herrühren, macht keinen Unterschied.

§ 32. Bei Aktien und anderen Kapitalanlagen, welche keinen gewissen, gleich-

massigen Jahresertrag gewähren, ist der Abwurf , welcher von diesen Anlagen im letztverflossenen Kalenderjahre gezogen worden ist, der Anmeldung zugrunde zu legen. Für derartige Einnahmen, welche der Steuerpflichtige bis dahin noch nicht bezogen hat, ist der mutmassliche Jahresertrag in Ansatz zu bringen.

Bei Losen zu Lotterieanleihen ist der planmässige Zinsfuss, ohne Rücksicht darauf, dass die Zinsen erst bei Auslosung des Kapitals mit diesem gezahlt werden, dagegen auch ohne Rücksicht auf einen möglichen Gewinn zur Anmeldung zu verzeichnen. Doch soll es genügen, wenn statt des planmässigen Zinsfusses ein solcher mit 4 Proz. eingestellt wird.

Ist ein ausstehendes Kapital entweder überhaupt unverzinslich ausgeliehen, oder lässt sich bereits zur Zeit der Anmeldung ( § 22) mit Bestimmtheit vorhersehen, dass davon bedungene Zinsen, ζ. Β. wegen offenkundiger Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, nient werden erlangt werden, so ist dieser Umstand unter kurzer Darlegung des Sachverhalts in der Anmeldung mit zu bemerken.

§ 33. Die Anmeldungen von Zinsen, Gewinnanteilen (Dividenden), Leibrenten

und Rentenbezügen sonstiger Art können nach Wahl des Anmeldungspflichtigen offen oder verschlossen eingereicht werden.

Wird die Anmeldung verschlossen eingereicht, so ist auf der Aussenseite des Umschlags der jährliche Zins-, Gewinnanteil- oder Rentenbetrag, ingleichen Name und Wohnort des Anmeldenden genau anzugeben.

B. Von dem Schätzungspflichtigen Einkommen,

I. Schätzungskommissionen. § 34.

Die Ermittlung des Schätzungspflichtigen Einkommens der einzelnen Steuer- pflichtigen erfolgt - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 43 f. über die Steuer- erklärungen - in jedem Gemeindebezirke alljährlich unter der Aufsicht und

371

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 12: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

372 Sachsen· Veimarisches Einkommensteuergesetz vom H. März 1908|30. März 1909.

Leitung des Rebhnungsamtes (der Steuerlokalkommission) durch Schätzungs- kommissionen.

Dem Staatsministerium steht die Befugnis zu, mehrere Gemeindebezirke zu einem Schätzungsbezirke zusammenzulegen.

Zu jeder Schätzungskommission gehören 3 - 9 Mitglieder. Die Zahl der Steuerschätzer für die einzelnen Gemeindebezirke wird vom Staatsministerium festgesetzt. Letzteres kann zu den Verhandlungen einer Schätzungskommission einen Beauftragten abordnen. Solchenfalls hat dieser in der Kommission den Vorsitz und die Leitung der Verhandlungen zu übernehmen. Demselben steht nur beratende Stimme zu.

§ 35. In den Gemeindebezirken, für welche keine Steuerlokalkommissionen (§ 2)

bestellt sind, gehört der Bürgermeister des Ortes oder dessen Stellvertreter, sofern dieselben nicht Mitglieder der Veranlagungskommission (§61) oder der Berufungs- kommission (§71) sind, zu den Steuerschätzern.

Die übrigen Steuerschätzer werden unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten des Einkommens teils im Auftrage des Staatsministeriums von dem Rech- nungsamte (der Steuerlokalkommission), teils von der Gemeindevertretung (Ge- meinderat bzw. Gemeindeversammlung) aus den steuerpflichtigen Einwohnern dea Ortes gewählt.

Die Zahl der im Auftrage des Staateministeriums erwählten Steuerschätzer muss unter Hinzurechnung des Vorsitzenden (§ 38 Satz 1) hinter der Zahl der von der Gemeindevertretung erwählten zurückbleiben.

In Schätzungsbezirken, welche aus mehreren Gemeindebezirken zusammen- gesetzt sind ( § 34), wird die Zahl der von den Gemeindevertretungen zu wählenden Steuerschätzer auf die einzelnen Gemeindebezirke nach dem Verhältnis der Ein- wohnerzahl verteilt; jedoch soll regelmässig aus jedem Gemeindebezirke mindestens ein Steuerschätzer entnommen werden.

§ 36.

Das Amt eines Steuerschätzers ist ein s taatsbürgerliches Ehren- amt. Zu diesem Amte dürfen nur Personen erwählt werden, welche das 25. Lebens- jahr zurückgelegt haben, dispositionsfähig sind und welche unbescholtenen Ruf mit der erforderlichen Sach- und Personenkenntnis verbinden.

Die Wahl kann nur abgelehnt werden von Personen, welche das 60. Lebens- jahr überschritten haben, von Geistlichen und Lehrern, und von denjenigen, welche nachweisen, dass daraus für ihre Gesundheit besondere Gefahr oder für ihre häuslichen Verhältnisse ein bedeutender Nachteil entstehen werde. Ueber die Gründe der Ablehnung entscheidet das Rechnungeamt (die Steuerlokalkom- mission) und auf Berufung endgültig das Staatsministerium. Weigert sich der Gewählte nach endgültiger Abweisung seiner Ablehnungsgründe fortdauernd, das ihm übertragene Amt zu übernehmen, so ist er vom Staatsministerium in 30 bis 100 M. Geldstrafe zu nehmen und es erfolgt die Wahl eines anderen Steuersohätzers.

Zu Steuerschätzern können nicht gewählt werden Beamte des Rechnungs- amtes und die Mitglieder der Veranlagungs- (§61) und der Berufungskommis- sion (§ 71).

§ 37.

Die Wahl der Steuerschätzer erfolgt auf die Dauer einer Finanzperiode. Die früheren Steuerschätzer können wieder gewählt werden und dürfen die erneute Wahl gleichfalls nur aus den vorgedachten Gründen, eine zweite oder dritte un- mittelbar hintereinander folgende Wiederwahl aber jedenfalls ablehnen.

Steuerschätzer, welche den Wohnsitz im Gemeindebezirk aufgeben, in Konkurs geraten oder sonst die Dispositionsfähigkeil verlieren oder der bürger- lichen Ehrenrechte verlustig gehen, haben auszuscheiden.

Im Falle des Abgangs eines Steuerschätzers ist für die Dauer der laufenden Finanzperiode eine Ergänzungswahl vorzunehmen.

372

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 13: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 1908J80. März 1909. 37g

§ 38. In den Gemeinden, in welchen der Bürgermeister oder dessen Stellvertreter

zu den Steuerschätzern gehört (§ 35), hat dieser, in zusammengesetzten Bezirken (§ 34) der Bürgermeister des volkreichsten Ortes, die Schätzungskommission zu berufen und in derselben den Vorsitz zu führen. In den übrigen Gemeinden haben die Steuerschätzer beim Beginne des Geschäfts einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter zu wählen.

Die Schätzungskommission beschliesst nach Stimmenmehrheit; im Falle der Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des in Abs. 1 bestimmten ständigen Vorsitzenden.

Ueber Steuerschätzer, welche unentschuldigt oder ohne genügende Ent- schuldigung ausgeblieben sind, kann die Schätzungskommission eine Geldstrafe bis zu 30 M. verfügen.

§ 39. Der Vorsitzende hat das Schätzungsgeschäft durch Einziehung von Aus-

künften (§ 42) und in sonst geeigneter Weise vorzubereiten; auch kann er, sofern der Umfang der Geschäfte dies erfordert, zum Zweck der Vorbereitung der Beratung und Beschlussfassung in der Kommission Unterkommissionen bilden.

Der Vorsitzende und die Schätzungskommission ist befugt, Hypotheken- bücher, Steuerkataster und alle die Einkommenverhältnisse der Steuerpflichtigen betreifenden Akten der Staats- und Gemeindebehörden, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen oder Rücksichten des öffentlichen Dienstes entgegenstehen, ein- zusehen, bezüglich durch ein beauftragtes Mitglied einsehen zu lassen, und nach Bedarf Sachverständige aus den einzelnen Berufszweigen und geeignete Auskunfts- personen zuzuziehen.

Innerhalb des Schätzungsbezirks ist jedermann verpflichtet, auf Erfordern des Vorsitzenden und der Schätzungskommission ohne besondere Vergütung als Sachverständiger und Auskunftsperson zu erscheinen und die ihm vorgelegten Fragen, soweit sie im Bereiche seiner Kenntnis liegen, zu beantworten.

Die geforderte Auskunftserteilung kann nur aus den Gründen abgelehnt werden, welche nach der Zivilprozessordnung zur Ablehnung des Zeugnisses bzw. Gutachtens berechtigen.

§40. Jeder Steuer Schätzer hat vor dem Beginne des Schätzungsgeschäfts dem

Bechnungsamte (der Steuerlokalkommission) mittels Handschlags an Eidesstatt anzugeloben, dass er sein Amt gewissenhaft, ohne Ansehen der Person, ohne alle Nebenrücksichten und nach bestem Wissen und Gewissen verrichten, auch die hierbei zu seiner Kenntnis kommenden Vermögens- und Einkommenverhältnisse und den sonstigen Inhalt der Verhandlungen geheim halten wolle.

II. Schätzungsvorarbeiten und -Vorbereitungen. Er* klärungspflicht. Erklärungsbefugnis.

§ 4L Der Gemeindevorstand jedes Ortes hat für die alljährlich vorzunehmenden

Schätzungen innerhalb der im Verordnungswege zu bestimmenden Frist ein ge- naues Verzeichnis über sämtliche steuerpflichtige physische Personen des Gemeinde- bezirks und über die im Gemeindebezirke ihren Sitz habenden steuerpflichtigen juristischen Personen, Genossenschaften usw., ingleichen über die ausserhalb des Gemeindebezirks wohnenden Besitzer voa Grundstücken welche innerhalb des Gemeindebezirks gelegen sind, und über die ausserhalb des Gemeindebezirks wohnenden Personen, welche im Gemeindebezirke ein Gewerbe betreiben, mit Angabe des denselben im Gemeindebezirke eigentümlich oder niessbräuchlich zustehenden Grundbesitzes und des von ihnen im .Gemeindebezirke betriebenen Gewerbes aufzustellen und an die Schätzungskommission abzugeben.

Dasselbe gilt hinsichtlich der Zugänge. 373

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 14: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

374 Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|3O. März 1909.

§ 42.

Jeder Steuerpflichtige ist verpflichtet, dem Gemeindevorstande, der Schätzungskommission, dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission), dem Prüfungskommissar (§ 60 Abs. 2), der Veranlagungskommission (§ 61) und der Berufungskommission sowie deren Vorsitzenden (§ 71) alle zur Gewinnung der notwendigen Schätzungsunterlagen und zu einer richtigen Schätzung erforder- lichen Auskünfte auf Verlangen unweigerlich und unverzüglich zu erteilen. Lästiges Eindringen in die Vermögens- und Kreditverhältnisse des Steuerpflichtigen hat zu unterbleiben.

Dienstherren und Arbeitgeber, bei Aktiengesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften usw. die zeitigen Vorstände, sind verpflichtet, den vorgenannten Behörden und Kommissionen auf Erfordern genau und ge- wissenhaft über die Lohn- oder Dienstbezüge der von ihnen gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen - den jährlichen festen Gehalt oder Lohn, etwaige Naturalien an Wohnung, Kost, Kleidung usw., etwaige Tantiemen, Stücklöhne und sonstigen Verdienst nach dem Stande oder Ergebnisse des letzten Jahres - innerhalb der ihnen hierfür bestimmten Frist Auskunft zu geben.

§43.

Steuerpflichtige, welche schätzungspflichtiges Einkommen beziehen und 1, in die Steuerrolle (Zugangsliste) des zuletzt vorausgegangenen Steuer-

jahres mit Schätzungspflichtigem Einkommen von mindestens 3000 M. eingestellt sind, oder

2. von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) unter Zuferti- gung eines Erklärungsformulares binnen einer ihnen gesetzten Frist zur Erklärung ihres Schätzungspflichtigen Einkommens aufgefordert werden,

sind verpflichtet, ihr schätzungspflichtiges Einkommen bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) desjenigen Ortes, wo die Steuerpflicht von ihnen zu erfüllen ist (§ 13), zu erklären (deklarieren).

§44.

Die Steuererklärung, die bis längstens zum 8. Januar jeden Jahres, im Falle des § 43 Ziff. 2 aber binnen der dem Steuerpflichtigen gesetzten Frist, abzugeben ist, hat nach den von den Gemeindevorständen beziehbaren Formularen zu erfolgen; sie hat zu enthalten

a) die Höhe des Schätzungspflichtigen Einkommens und zwar gesondert aus jeder der in § 12 Ziff. 1 - 3 bezeichneten Quellen;

b) den Jahresbetiag der angemeldeten Schuldzinsen und Lasten ( §§ 16 Abs. 1 und 17 - 20), sowie die nach § 53 Abs. 8 Ziff. 6 zulässigen Abzüge;

c) die Versicherung, dass er seine Angaben nach bestem Wissen und Ge- wissen gemacht habe.

Das Einkommen aus Grundvermögen und aus Gewerbebetrieb, rücksichtlich dessen die Steuerpflicht nach § 14 an einem anderen Orte als demjenigen der Schätzung zu erfüllen ist, ist besonders anzugeben.

§ 45.

Für Steuerpflichtige, welche unter elterlicher Gewalt oder unter Vormund- schaft stehen, sowie für juristische Personen, Personenvereine usw. haben deren gesetzliche Vertreter, für Ehefrauen, sofern sie nicht selbständig zu veranlagen sind, deren Ehemänner die Erklärung zu bewirken.

Für Personen, welche abwesend oder sonst verhindert sind, die Steuer- erklärungen selbst abzugeben, können solche durch Bevollmächtigte erfolgen.

Die Erfüllung der Steuererklärungspflicht seitens eines von mehreren Ver- tretern befreit die übrigen Verpflichteten von ihrer Verbindlichkeit.

374

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 15: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom ll. März 1908|S0. März 1909. 3^5

§46. Im übrigen steht jedem Steuerpflichtigen die Befugnis zu, sein schätzungs-

pflichtiges Jahreseinkommen bis zu dem in § 44 bestimmten Termine und mittels des vorgeschriebenen Formulares bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkom- mission) freiwillig zu erklären.

§47. Sofern es sich um Einkommen handelt, dessen Betrag nicht ziffermassig

angegeben werden kann, genügt es, wenn der Steuerpflichtige in die Erklärung diejenigen Nachweisungen aufnimmt, die zur Schätzung desselben gebraucht werden, und sich zu jeder etwa erforderlichen Ergänzung dieser Nachweisungen nach Massgabe der ihm vorzulegenden Fragen erbietet.

§48. Wer die ih™ obliegende (§ 43 Ziff. 1 u. 2) Steuererklärung nicht innerhalb

der vorgeschriebenen Frist abgibt, verliert für das betreffende Steuerjahr die gesetzlichen Rechtsmittel gegen seine Schätzung, insofern nicht Umstände dar- getan werden, welche die Versäumnis entschuldbar machen.

Wer nicht längstens innerhalb zwei Wochen nach einer nochmaligen an ihn zu richtenden besonderen Aufforderung des Rechnungsamtes (der Steuer- lokalkommission), welche auch nach geschehener Schätzung ergehen kann, die Steuererklärung abgibt, hat neben der auf die Schätzungssumme entfallenden Steuer einen Zuschlag bis zu 25 Proz. derselben zu zahlen und ausserdem die durch seine Unterlassung dem Staate entzogene Steuer zu entrichten.

Die Festsetzung des Steuerzuschlages steht der obersten Steuerbehörde zu.

§49. Die Steuererklärungen sind sorgfältig aufzubewahren und ebenso wie die

Kommissionsverhandlungen über dieselben geheim zu halten. Nach Ablauf von 5 Jahren können sie vernichtet werden.

§ 50. Die eingereichten Steuererklärungen werden von dem Rechnungsamte (der

Steuerlokalkommission) einer sorgfältigen Prüfung unterzogen; die sich hierbei etwa ergebenden Anstände sind durch Anstellung weiterer Ermittlungen nach § 42 oder nach Massgabe des § 39 Abs. 2 zu erledigen; auch kann eine Begutachtung der Einkommensverhältnisse des Steuerpflichtigen durch die Schätzungskommission veranlagst werden.

Die Feststellung des Schätzungspflichtigen Einkommens auf Grund der Steuererklärung erfolgt durch die Veranlagungskommission (§66).

ΙΠ. Allgemeine Schätzungsvorschriften.

§ 51. Die Schätzung zur zweiten und dritten Abteilung der Steuerrolle hat für

die verschiedenen Quellen des zu jeder dieser Abteilungen gehörigen Einkommens mittels besonderen Ansatzes zu erfolgen.

Die Schätzungssumme eines jeden Steuerpflichtigen, welche zu einer jeden Abteilung mit vollen Mark einzustellen ist, muss, wenn sie nicht mit dem niedrigsten Satze von 5 M. erfolgt, mit Zehn teilbar sein.

§ 52. Die Schätzung desjenigen Einkommens aus Grund und Boden, aus Ge-

bäuden und aus Gewerbebetrieb, rücksichtlich dessen die Steuerpflicht nach § 14 an einem anderen Orte als demjenigen der Schätzung zu erfüllen ist, erfolgt in einem besonderen Anhange.

376

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 16: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

g7ß Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|3O. März 1909.

IV. Vorschriften für die Schätzung der einzelnen Arten des Einkommens.

1. Schätzung des Einkommens aus Grundvermögen.

§ 53. Bei der Schätzung des Einkommens aus Grundvermögen (§ 12 Ziff. 1) sind

die Reinerträge der dem Steuerpflichtigen eigentümlich gehörigen oder in seiner Nutznießung befindlichen, in der Flur aes Ortes gelegenen Grundstücke bzw. der ihm an solchen zustehenden dinglichen Berechtigungen zugrunde zu legen.

Für die Berechnung des Einkommens aus verpachteten oder vermieteten Grundstücken ist der jeweilige Pacht- oder Mietvertrag unter Hinzurechnung des Wertes etwaiger Natural- oder sonstiger Nebenleistungen sowie der dem Verpächter, bzw. Vermieter vorbehaltenen Nutzungen, anderseits unter Ab- rechnung der demselben obliegenden Lasten massgebend.

Für Gebäude, welche nicht vermietet sind, ist das Einkommen nach den ortsüblichen Mietpreisen und in Ermanglung eines solchen Massstabes nach den in der Umgegend üblichen Mietpreisen zu bemessen.

Bei der Schätzung des Einkommens aus nicht verpachteten oder vermieteten Besitzungen ist der durch die eigene Bewirtschaftung erzielte Beinertrag nach dem Durchschnitte der letzten drei Wirtschaftsjahre zugrunde zu legen; wenn das Einkommen noch nicht so laiige besteht, so ist der seit dessen Bestehen durch- schnittlich erzielte Reinertrag oder nötigenfalls der mutmassliche Jahresertrag in Ansatz zu bringen. Die Schätzung des Einkommens aus Holzgrundstücken erfolgt unter Zugrundelegung des durchschnittlichen Jahresertrages nach wirt- schaftlichem Nutzungsanschlage.

Die zum Betriebe der Landwirtschaft dienenden Wirtschafts- gebäude, welche bei der Schätzung der Bodenrente Berücksichtigung zu finden haben, unterliegen einer besonderen Schätzung nicht.

Von dem ermittelten Reinertrage aus selbstbewirtschafteten Besitzungen ist das nach § 56 zu veranschlagende Feldgewerbeeinkommen des Steuerpflichtigen auszuscheiden und in die Steuerrolle gesondert einzustellen. Der dann verbleibende Reet bildet das Grundeinkommen.

Das Einkommen aus landwirtschaftlichen Nebengewerben, welohe in grösse- rem Umfange betrieben werden, ist nach §§ 54 u. 56 besonders zu schätzen.

Bei Berechnung des steuerpflichtigen Reinertrages kommen in Abzug: 1. die auf dem Grundbesitz ruhenden Grundsteuern (sog. alte Landsteuer)

und etwaige Reallasten, 2. die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens ver-

wendeten Ausgaben, 3. solche indirekte Abgaben und Beiträge für Versicherung gegen Feuer- ,

Hagel- und sonstige Schäden, welche zu den Geschäftsunkosten zu rechnen sind,

4. die regelmäßigen jährlichen Absetzungen für Abnutzung von Gebäuden, Maschinen, Betriebsgerätschaften u. dgl., soweit solche nicht bereite unter den Betriebsausgaben verrechnet sind,

5. die von dem Steuerpflichtigen für die in seinem Geschäftsbetriebe be- schäftigten Personen gesetz- oder vertraesmässig zu entrichtenden Beiträge zu Kranken-, Unfall-, Alters- und InvaUditätsversioherungs-, Witwen-, Waisen- und Pensionskassen,

6. die von dem Steuerpflichtigen für seinePerson gesetz- oder vertrags- mäßig zu Kassen der vorbezeichneten Art zu leistenden Beiträge.

Zu den nichtin Abrec h η u n g zu bringenden Aufwänden gehören namentlich die Ausgaben, welche zur Verbesserung oder Erweiterung der Betriebs- anlagen dienen, die persönlichen Steuern und Abgaben» die Gemeindeumlagen, die Verwendungen für den Lebensunterhalt des Steuerpflichtigen und seiner Fa- milie (Wohnung, Kleidung, Nahrung, Bedienung usw.), ingleichen die etwaigen erst bei der Feststellung seines steuerpflichtigen Gesamteinkommens in Abzug

376

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 17: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|8O. März 1009. 377

zu bringenden Schuldzinsen, Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 be- zeichneten Art (vgl. §§ 17 f.).

2. Schätzung des sonstigen Schätzung s Pflichtigen Ein- kommens.

§ 54. Bei der Schätzung des Einkommens aus Handel und Gewerbe und aus den

sonst im § 12 Ziff. 2 und 3 bezeichneten Quellen, einschliesslich des Einkommens aus besonders zu schätzenden landwirtschaftlichen Nebengewerben (§ 53 Abs. 7) sind alle in Geld oder Geldeswert bestehenden Einnahmen, einschliesslich der Zinsen von dem im Geschäftsbetriebe angelegten eigenen Kapitale des Steuer- pflichtigen sowie der Wert der zum Haushalte verbrauchten Gegenstände und Erzeugnisse des eigenen Betriebs unter Anrechnung der im § 53 Abs. 8 Ziff. 2 - 6 bezeichneten Ausgaben zugrunde zu legen. Dabei sind feste Einnahmen und Aus- gaben nach ihrem Jahresbetrage, unbestimmte und schwankende dagegen nach dem Durchschnitte der letzten drei Wirtschaftsjahre zu veranschlagen; wenn der Betrieb noch nicht so lange besteht, findet die Vorschrift des § 53 Abs. 4 ent- sprechende Anwendung.

Zinsen von Forderungen und Schulden sind bei Berechnung des Reingewinnes aus Handels- oder handelsmässigem Gewerbebetriebe in Betracht zu ziehen, soweit der Bezug oder die Entrichtung der Zinsen zum Geschäftsbetriebe gehören und soweit Zinsen von Schulden nicht bereits nach §§ 19, 20 zum Abzüge angemeldet sind. Die Schätzungskommission ist jedoch nicht verpflichtet, das Vorhandensein von Schuldzinsen, wie sonstigen an sich zulässigen Abzügen, über welche eine Nach- weisung von Seiten des Steuerpflichtigen nicht vorliegt, selbständig zu erörtern.

§ 55. Bei der Schätzung des Einkommens aus Handel und selbständigem Gewerbe-

betriebe der Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Berggewerkschaften und Gesellschatten mit beschränkter Haftung, sowie Konsumvereine (§ 4 Ziff. 5) sind auch die Ueber- schüsse als steuerpflichtiges Einkommen zu rechnen, welche als Zinsen oder Gewinnanteile, gleichviel unter welcher Benennung, unter die Mitglieder verteilt, zur Bildung von Reservefonds, zur Erweiterung der Anlagen oder zur Schulden- tilgung verwendet werden.

Anstalten und Personenvereine anderer Art, ingleichen Stiftungen, welche mit dem Rechte des Vermögenserwerbs ausgestattet sind (namentlich auch Sparkassen), sind mit dem Reinertrage ihres gewerblichen Betriebs oder ihres sonst werbend angelegten Vermögens zu schätzen.

Juristische Personen und Gesellschaften der vorgedachten Arten, welche ihren Sitz ausserhalb des Grossherzogtums haben, sind mit demjenigen Einkommen zu schätzen, welches aus dem von ihnen im Grossherzogtume betriebenen Gewerbe herrührt.

§ 56. Bei der Schätzung der Besitzer oder Nutzniesser von Grundstücken, welche

sie selbst bearbeiten oder bewirtschaften, ist hinsichtlich der Arbeitsrente - des Feldgewerbes - anzunehmen, als ob sie die auf diese Grundstücke ver- wendete Tätigkeit um Lohn verrichten. Der so angenommene Lohn ist zu Gelde zu veranschlagen, und ist die Schätzungssumme hiernach zu bemessen.

Wenn und soweit ein solcher Grundbesitzer oder Nutzniesser bei der Be- arbeitung seiner Grundstücke nicht selbst die Hand anlegt, sondern dieselben durch Lohnarbeiter und besondere Verwalter bewirtschaften läset, und hierbei nur die allgemeine Oberaufsicht über die Bewirtschaftung führt, so ist derselbe insoweit mit dem Betrage zu schätzen, mit welchem diese Aufsichtsführung zu veranschlagen ist, wenn sie der Bewirtschaftung fremder Grundstücke gewidmet würde.

377

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 18: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

378 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 1908 1 80. März 1909.

§ 57. Das Einkommen aus dem Betriebe der Landwirtschaft auf erpachteten

Grundstücken ist in gleicher Weise wie beim Landwirtschaftsbetriebe auf eigenen Grundstücken zu veranschlagen, demnach das Einkommen aus Grund und Boden nach den Bestimmungen in § 53 und das Einkommen des Pachters aus seiner eigenen Tätigkeit nach den Vorschriften in § 56 festzustellen. Hiervon ist der Pachtzins - soweit er nicht anteilig auf die vom Pachter und seinen Angehörigen benutzte Wohnung zu rechnen ist - und was sonst dem Verpächter oder für diesen vom Pachter vertragsmassig zu leisten ist, in Abzug zu bringen.

Dafern der Pachter neben dem Pachtgewerbe noch weitere Geschäfte be- treibt, so ist derselbe wegen des Einkommens aus solchen Geschäften besonders zu schätzen (§ 51 Abs. 1).

§ 58. Bei der Schätzung von Personen, welche in einem Privatdienst- oder in einem

Arbeitsverhältnisse - als Gehilfen oder Arbeiter - stehen, kommen ausser dem Lohne oder Gehalte in barem Gelde, auch die Naturalien und sonstigen Bezüge zur Berechnung, welche das Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährt, ζ. Β. die Kost, die Wohnung - wenn letztere ein eigenes Hauswesen möglich macht - , das etwaige Mietgeld, ingleichen Akzidenzien, diese, wenn möglich; nach einem 3jährigen Durchschnitte. Ausser Ansatz bleiben die Wohnung im Hauswesen des Dienstherrn oder Arbeitgebers, ingleichen Dienstkleidung und was für solche ge- leistet wird.

§ 59. Bei der Schätzung von Auszügen ist alles in Betracht zu ziehen, was dem

Auszugsberechtigten an vorbehaltenen Auszugsleistungen oder statt deren an Beköstigung, Kleidung, Obdach, Geld usw. gewährt wird.

Die freie Wohnung, ingleichen Heizung und Licht ist jedoch nur dann mit in Anschlag zu bringen, wenn der Auszügler eine besondere Auszugswohnung innehat, nicht auch, wenn er mit im Hauswesen des Auszugspflichtigen wohnt.

V. Prüfung und Feststellung der Schätzungen.

§ 60. Nach Beendigung des Schätzungsgeschäftes hat das Rechnungsamt (die

Steuerlokalkommission) jede einzelne Schätzung zu prüfen, um alsdann das ganze Schätzungsmaterial unter Hervorhebung derjenigen Schätzungen, die ihm un- gesetzlich oder den tatsächlichen Verhältnissen gegenüber zu hoch oder zu niedrig bemessen erschienen sind, der Veranlagungskommission (§61) vorzulegen.

Das Staatsministerium ist befugt, diese Prüfung für einzelne Orte oder Bezirke durch einen besonderen Prüfungskommissar vornehmen und etwaige Ausstellungen gegen die Schätzungen vor der Veranlagungskommission begründen zu lassen, auch sonst im Laufe des Jahres dergleichen kommissarische Prüfungen zur Gewinnung der erforderlichen Unterlagen für künftige Schätzungen anzuordnen.

§ 61. Die Veranlagungskommission besteht für jeden Rechnungsamts-(Steuer-

lokalkommissions-)Bezirk aus dem Vorstande des Rechnungsamtes (der Steuer- lokalkommission) oder dessen Stellvertreter, im Falle des § 60 Abs. 2 aber dem be- sonders ernannten Prüfungskommissar als Vorsitzenden (§ 64) und aus vier bis sechs Mitgliedern bzw. deren Stellvertretern.

Die Zahl der Mitglieder und Stellvertreter wird für jeden Veranlagunge- bezirk von dem Staatsministerium bestimmt.

Ein Drittel der Mitglieder und die gleiche Zahl von Stellvertretern werden 378

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 19: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom li. März 1908|30. März 1909. 379

im Auftrage des Staateministeriums von dem Rechnungsamte (der Steuerlokal- kommission), die übrigen zwei Drittel und die entsprechende Zahl von Stellver- tretern dagegen von dem Bezirksausschusse unter Berücksichtigung der verschie- denen Arten des Einkommens auf die Dauer einer Finanzperiode erwählt.

Das Staatsministerium kann von der Wahl von Mitgliedern absehen.

§62, Das Amt der Veranlagungskommissionsmitglieder ist ein staatsbürgerliches

Ehrenamt. Befähigt, zum Mitgliede der Veranlagungskommission erwählt zu werden,

ist jeder steuerpflichtige männnliche Bewohner des Rechnungsamts- ( Steuerlokal - kommissions-)Bezirks, welcher die im § 36 Abs. 1 für die Steuerschätzer vor- geschriebenen Eigenschaften besitzt.

Abgelehnt kann die Wahl nur von demjenigen werden, welcher das 60. Lebensjahr zurückgelegt hat oder die unmittelbar vorhergegangenen 3 Jahre Mitglied der Veranlagungskommission gewesen ist, ingleichen von demjenigen, welcher nachweist, dass ihm aus der Führung dieses Amtes für die Gesundheit besondere Gefahr oder für die häuslichen Verhältnisse ein bedeutender Nachteil entstehen werde. Ueber die Gründe der Ablehnung entscheidet das Staats- ministerium.

§ 63.

Die Mitglieder der Veranlagungskommission sind durch den Vorsitzenden vor dem Beginne ihrer Tätigkeit mittels Handschlages an Eidesstatt darauf zu verpflichten, dass sie ihr Amt gewissenhaft, ohne Ansehen der Person, ohne alle Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen verrichten, auch die hierbei zu ihrer Kenntnis kommenden Vermögens- und Einkommensverhältnisse und den sonstigen Inhalt der Verhandlungen geheim halten wollen.

Mitglieder, welche nicht am Sitze des Rechnungsamtes (der Steuerlokal- kommission) wohnen, erhalten bei jedem Zusammentritt Tage- und Nachtgelder sowie Reisekostenvergütung nach Massgabe der Vorschriften in Abschnitt III des Gesetzes über das Kostenwesen in Gerichts- und Verwaltungssachen vom 28. Februar 1900 (Rgsbl. S. 192).

§ 64. Der Vorsitzende beruft die Veranlagungskommission und leitet deren Ver-

handlungen; auch liegt ihm die Vorbereitung des Veranlagungsgeschäftes ob. Zur Beschlussfähigkeit ist erforderlich, dass sämtliche Mitglieder ordnungs-

massig geladen und bei vier oder fünf Mitgliedern mindestens drei, bei sechs Mit- gliedern mindestens vier ausser dem Vorsitzenden erschienen sind.

Die Entscheidungen erfolgen nach Stimmenmehrheit; bei Stimmengleich- heit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

§ 65. Die Veranlagungskommission hat die von dem Vorstande des Rechnungs-

amtes (der Steuerlokalkommission) oder von dessen Stellvertreter oder von dem besonders ernannten Prüfungskommissar (§ 60 Abs. 2) ungesetzlich oder den tatsächlichen Verhältnissen gegenüber unrichtig befundenen (§60 Abs. 1) und ihr selbst Bedenken erregenden Schätzungen zu prüfen, und ist ebenso berechtigt als verpflichtet, die Schätzungssumme nach den ihr beiwohnenden Kenntnissen und nach der von ihr gewonnenen Ueberzeugung selbsttätig zu ergänzen und zu berichtigen.

Zu den Verhandlungen über beantragte Aenderungen von Schätzungen ist der Vorsitzende oder ein anderes Mitglied der Schätzungskommission des be- treffenden Ortes vorzuladen; auch ist die Veranlagungskommission befugt, zu etwa ihr nötig erscheinenden Auskunftserteilungen Sachverständige und Auskunfts- personen zu vernehmen. § 39 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.

379

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 20: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

380 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|3O. März 1909.

§ 66.

Die Veranlagungskommission hat ferner die Steuererklärungen (§ 44) zu prüfen. Hierbei hat sie das Recht, von den nach §§ 39, 42 u. 50 den Steuerver- anlagungsbehörden zustehenden Befugnissen auch ihrerseits Gebrauch zu machen; auch kann sie den Vorsitzenden oder ein anderes Mitglied der Schätzungskommission des betreffenden Ortes zur Auskunftserteilung zuziehen.

Ist die Steuererklärung nicht zu beanstanden, so ist das Einkommen auf Grund derselben in die Schätzungsliste einzustellen.

Wird dagegen die Steuererklärung für ungenügend oder unrichtig erachtet, so ist dem Steuerpflichtigen hiervon unter Mitteilung der Gründe mit der Auf- forderung Kenntnis zu geben, sich binnen einer vom Vorsitzenden zu setzenden Frist über dieselben oder bestimmte an ihn gestellte Fragen mündlich oder schrift- lich zu erklären. Unterläset dies der Steuerpflichtige oder werden die Bedenken gegen die Richtigkeit der Steuererklärung durch die Erläuterung oder Ergänzung seitens desselben nicht behoben, so ist die Kommission befugt, die Vernehmung von Sachverständigen und Auskunftspersonen und sonstige zur Feststellung der Tatsachen erforderliche Erhebungen zu veranlassen.

Bleiben trotzdem die Zweifel an der Richtigkeit der Steuererklärung be- stehen, so hat die Kommission, ohne hierbei an die Angaben des Steuerpflichtigen gebunden zu sein, die Schätzung auf Grund eigener Kenntnis der Verhältnisse und nach dem Ergebnisse der angestellten Erörterungen vorzunehmen.

In entsprechender Weise ist zu verfahren, wenn die Abgabe der Steuer- erklärung überhaupt unterbleibt.

C. Aufstellung der Steuerrollen.

I. Feststellung der Einzelsteuerkapitale; Eröffnung der Steuerrollen.

§ 67.

Nach Beendigung des Veranlagungsgeschäfts hat das Rechnungsamt (die Steuerlokalkommission) die Steuerrolle aufzustellen, das angemeldete Einkommen einzutragen und das gesamte Einkommen eines jeden Steuerpflichtigen, soweit es in verschiedenen Abteilungen verzeichnet ist, unter Hinzurechnung des etwa an anderen Orten ermittelten Einkommens (§ 14 am Schlüsse) zusammenzustellen, von der sich ergebenden Gesamtsumme den Betrag der zur Steuerrolle zu ver- merkenden Schuldzinsen und Lasten eines jeden Steuerpflichtigen (§§ 17 f.) sowie denjenigen Betrag, um den das Steuerkapital etwa auf Grund der §§ 21, 21 a und 21 b zu ermässigen ist, in Abzug zu bringen und das hiernach verbleibende steuerpflichtige Gesamteinkommen jedes einzelnen (das Einzelsteuerkapital) vorschriftsmässig abgerundet ( § 16) einzuzeichnen.

§ 68. Nach Feststellung der Einzelsteuerkapitale hat das Rechnungsamt (die

Steuerlokalkommission) die Steuerbeträge nach Massgabe des jedesmaligen Steuergesetzes (§ 36 des revidierten Grundgesetzes über die Verfassung des Gross- herzogtums vom 15. Oktober I860, Rgsbl. 1850 S. 615) auszuwerfen und die Steuer- rollen den Gemeindevorständen zur Eröffnung zuzustellen.

Den Gemeindevorständen liegt nunmehr ob, die sämtlichen Steuerpflich- tigen ungesäumt in ortsüblicher Weise zur Eröffnung mit dem Bedeuten vorzu- laden, dass für die Nichterscheinenden die Eröffnung als erfolgt anzusehen ist, und dass jedem Steuerpflichtigen das Recht zusteht, innerhalb einer ausschliessen- den Frist von 4 Wochen vom Ablaufe des letzten Eröffnungstages an gerechnet, eine hinlänglich begründete Berufung gegen die Feststellung seines steuerpflichtigen Einkommens, falls er solches zu hoch oder sonst dem Gesetze nicht entsprechend eingestellt finden sollte, bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) schriftlich einzureichen.

380

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 21: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom il. März 1908|30. März 1909. ggj

Der Eröffnungstermin ist auf zwei nacheinander folgende Tage - in den Landgemeinden mit mindestens 3stündiger, in den Stadtgemeinden mit mindestens 5stündiger Dauer täglich - anzuberaumen.

Jedem Erschienenen ist das bei seinem Namen verzeichnete steuer- pflichtige Gesamteinkommen, und auf dessen Verlangen auch die in jeder einzelnen Abteilung erfolgte Einstellung und die davon in Abzug gebrachten Beträge, sowie der ausgeworfene vierteljährliche Steuerbetrag duroh Vor- lesen bekannt zu machen. Den Gemeindevorständen bleibt jedoch überlassen, die Eröffnung an jeden Steuerpflichtigen, anstatt durch Vorlesen in einem Er- öffnungstermine, mittels verschlossener Zuschriften zu bewirken; nicht minder ist das Staatsministerium berechtigt, eine solche schriftliche Eröffnung in einzelnen Orten anzuordnen. In diesen Fällen läuft die ausschliessende Frist von 4 Wochen zur Berufungseinreichung vom Tage der Behändigung dieser Zuschrift an.

Die eröffneten Steuerrollen sind von den Gemeinde vorständen alsbald mit darauf zu vermerkendem Zeugnisse über die ordnungsmässig erfolgte Eröffnung zurückzusenden.

II. Berufungen.

§ 69.

Gegen die Einstellung des steuerpflichtigen Gesamteinkommens steht sowohl dem Steuerpflichtigen, als auch dem Vorstande des Rechnungsamtes des Bezirke (der Steuerlokalkommission) oder dessen Stellvertreter, und im Falle des § 60 Abs. 2 dem vom Staatsministerium ernannten Prüfungskommissare das Rechts- mittel der Berufung zu. Den hiernach zur Einlegung der Berufung berechtigten Steuerbehörden steht das Rechtsmittel auch für den Fall zu, dass ein steuer- pflichtiges Gesamteinkommen überhaupt nicht eingestellt ist.

Berufungen der Steuerpflichtigen sind innerhalb der im § 68 bestimmten ausschliessenden Frist von vierWochenbei dem Rechnungsamte (der Steuer- lokalkommission), dagegen Berufungen des Vorstandes des Rechnungsamtes (der Steuerlokalkommission), oder dessen Stellvertreters, oder des Prüfungs- kommissars binnen gleicher, vom Eingange der eröffneten Steuerrolle bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) anzurechnenden Frist beim Vor- sitzenden der Berufungskommission (§71) schriftlich einzureichen.

Die Einwendung einer Berufung hat in Bezug auf die Zahlung der ver- anlagten Steuer keine aufschiebende Wirkung. Etwa zu viel gezahlte Steuer- beträge werden nach Beendigung des Berufungsverfahrens zurückerstattet, zu wenig gezahlte nacherhoben.

§ 70.

Steuerpflichtige haben ihre Berufungen unter Bezeichnung der Ansätze, duroh welche sie sich beschwert erachten, und unter genauer Angabe der Höhe aller ihrer Einkünfte und der gesetzlich zulässigen Abzüge zu begründen. Zur Erbringung des Nachweises der behaupteten Uebersohätzung haben sie bei Einwendung der Berufung zugleich die erforderlichen urkundlichen Bescheinigungen, insbesondere ihre während der letztverflossenen Geschäftsjahre geführten Geschäftsbücher oder vollständige Auszüge aus denselben einzureichen. Es genügt jedoch, wenn sie, statt die Geschäftsbücher oder Auszüge einzureichen, sich zur Vorlegung der ersteren in ihrem Geschäftsraum erbieten und die Vorlegung da auf Erfordern bewirken.

Wenn durch deren Einsicht im Geschäftsraum durch Vertreter der Kom- mission Kosten erwachsen, so sind diese Kosten dem Steuerpflichtigen nur in dem Falle aufzuerlegen, wenn seine Berufung für unbegründet erachtet wird ( § 73 Abs. 3),

Diese Bestimmungen rinden auch auf die nach § 73 angeordnete Vorlegung der Bücher sinngemässe Anwendung. Die Begründung der Berufungen von Seiten des Rechnungsamts-(Steuer-

lokalkommissions-JVorstandes oder dessen Stellvertreters oder des Prüfungs- kommissars kann mündlich vor der Berufungskommission (§ 71) erfolgen. 381

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 22: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

382 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|3O. März 1909.

§71. Die Berufungekommission besteht für jeden Verwaltungsbezirk oder vom

Staatsministerium zu bestimmende Teile eines solchen aus einem vom Staats- ministerium zu ernennenden Beamten als Vorsitzenden, welcher nicht Vor- sitzender oder Mitglied einer Veranlagungskommission des Berufungsbezirks sein darf, und aus vier vom Bezirksausschuss aus den männlichen steuerpflichtigen Bewohnern des Verwaltungsbezirks auf die Dauer einer Finanzperiode unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten des Einkommens gewählten Mitgliedern bezüglich Stellvertretern.

Das Amt der vom Bezirksausschusse gewählten Berufungskommissions- mitglieder und deren Stellvertreter ist ein staatsbürgerliches Ehrenamt. Mit- glieder der Veranlagungskommission sind zu diesem Ehrenamte nicht wählbar. Rücksichtlich der Befähigung, zu diesem Ehrenamte gewählt zu werden, der Befugnis zur Ablehnung der Wahl, der Entscheidung über Ablehnungserklärungen, der Beschlussfähigkeit und des Geschäftsganges bei der Berufungskommission, sowie der Befugnisse des Vorsitzenden finden die Bestimmungen in §§ 62, 63 u. 64 sinngemässe Anwendung.

Die eidesstattliche Verpflichtung der Mitglieder erfolgt durch den Vorsitzen- den nach Massgabe der Vorschrift in § 63.

Mitglieder, welche von auswärts zugezogen werden, erhalten Tage- und Nachtgelder sowie Reisekostenentschädigung nach Massgabe der Vorschriften in Abschn. III des Gesetzes über das Kostenwesen in Gerichts- und Verwaltungs- sachen in der Fassung der Ministerialbekanntmachung vom 28. Februar 1900 (Rgsbl. 1900 S. 192).

§ 72. Ueber die Berufungen entscheidet die Berufungskommission nach gewissen-

hafter Erörterung und billiger Erwägung aller dabei in Betracht zu ziehenden Verhältnisse nach Stimmenmehrheit.

In Ansehung der von Steuerpflichtigen eingewendeten Berufungen ist jedoch der Vorsitzende der Berufungskommission ermächtigt, selbständig zu entscheiden, wenn ihm weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Be- denken gegen den Berufungsantrag beigehen, und dieser auch von dem Rech- nungsamt (der Steuerlokalkommission) für begründet erachtet wird. Entschei- dungen, die eine wenn auch nur teilweise Abweisung des Berufenden enthalten, darf der Vorsitzende nicht erlassen.

Versäumte Berufungen sind von der Berufungskommission zurückzuweisen.

§ 73. Behufs Prüfung der von Steuerpflichtigen eingewendeten Be-

rufungen kann die Berufungskommission eine genaue Feststellung der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse des betreffenden Steuerpflichtigen veranlassen. Zu diesem Behufe ist die Berufungskommission befugt, nicht nur den Vorsitzenden der Veranlagungskommission (§61) zur Teilnahme an der Verhandlung als Aus- kunftsperson zuzuziehen, sondern auch Zeugen und Sachverständige, nötigenfalls eidlich oder mittels Versicherung an Eidesstatt, durch das Gericht oder das Rech- nungsamt (die Steuerlokalkommission) vernehmen zu lassen, auch von dem Steuer- pflichtigen selbst schriftliche oder mündliche Auskunft auf bestimmte Fragen über seine Erwerbs- und Vermögensverhältnisse zu verlangen und ihn zur Vor- legung der darauf bezüglichen Urkunden und Geschäftsbücher aufzufordern.

Die Aufforderung an den Steuerpflichtigen geschieht unter der Verwarnung, dass die Berufung als unbegründet werde zurückgewiesen werden, wenn er inner- halb der ihm zu bestimmenden Frist die verlangte Auskunft nicht erteilen oder die erforderten Urkunden nicht vorlegen würde.

Wird die Berufung des Steuerpflichtigen für unbegründet erachtet, so kann derselbe zur Erstattung der durch solche herbeigeführten Auslagen verurteilt werden.

382

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 23: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O6|3O. März 1ΘΟ9. ggg

§74. Zur Verhandlung über die von dem Vorstande des Rechnungsamtes (der

Steuerlokalkommission) oder dessen Stellvertreter oder von dem Prüfungskom- missar (§ 69 Abs. 1) eingewendeten Berufungen sind die Steuerpflichtigen, gegen deren Schätzung die Berufung gerichtet ist, zur Teilnahme an der Verhandlung, zur Anhörung der Begründung der Berufung und zur Vorbringung und Begründung etwaiger Gegenäusserungen mindestens 3 Tage vor dem Verhandlungstermine zum Erscheinen vor der Berufungskommission mit dem Bedeuten einzuladen, dass auch im Falle des Ausbleibens Verhandlung und Entscheidung erfolgen werde. Auch in diesem Falle ist die Berufungskommission befugt, die in dem ersten Absatze des § 73 verzeichneten Massregeln eintreten zu lassen.

§ 75.

Gegen die Entscheidung der Berufungskommission bzw. - im Falle des Abs. 2 des § 72 - des Vorsitzenden der Berufungskommission, steht dem Steuer· Pflichtigen und dem Vorstande des Rechnungsamtes (der Steuerlokalkommission) oder dessen Stellvertreter eine Beschwerde an das Staatsministerium wegen unrichtiger Anwendung von gesetzlichen oder Vollzugsvorschriften zu, welche innerhalb einer 4wöchigen Frist von Eröffnung der Entscheidung ab von dem Steuerpflichtigen bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) und von dem Rechnungsamts-(Steuerlokalkommissions-) Vorstande oder dessen Stell- vertreter bei dem Staatsministerium einzureichen ist.

Wird die Beschwerde des Steuerpflichtigen für unbegründet erachtet, so kann der Beschwerdeführer in die durch dieselbe erwachsenen Kosten -verurteilt werden.

Ein weiteres Rechtsmittel findet weder im Rechts- noch im Verwaltungs- wege statt; die Beschreitung des Rechtsweges bleibt lediglich insoweit nachgelassen, als die Steuerpflicht bestritten wird.

Die Berichtigung von Rechnungsfehlern kann bis zum Schlüsse des Steuer* jahres, für welches die Steuerrolle aufgestellt ist, jederzeit gefordert werden.

III. Ab- und Zugänge.

§ 76. Die nach Massgabe dieses Gesetzes festgestellten Steuerrollen bilden die

Grundlage der Steuererhebung für das laufende Steuerjahr.

§77. Innerhalb des Steuerjahres tritt eine Veränderung in den Steuerrollen ein

A. durch Abgang: 1. wenn die Voraussetzungen, an welche die Steuerpflicht einer Person ge-

knüpft ist, weggefallen sind oder ein Steuerbefreiungsgrund eingetreten ist; 2. wenn ein anmeldungspflichtiges Einkommen gemäss § 23 für das II. Halb-

jahr abgemeldet oder vermindert angemeldet wird; 3. wenn ein Steuerpflichtiger nachgewiesenermassen seines gesamten Ein-

kommens verlustig gegangen ist; 4. wenn ein Steuerpflichtiger nach einem anderen Orte des Grossherzogtums

verzieht; B. durch Zugang:

1. wenn Personen durch Zuzug aus anderen Bundesstaaten, den deutschen Schutzgebieten oder dem Auslande, durch Ausscheiden aus dem Militär- dienst oder aus anderen Gründen steuerpflichtig werden;

2. wenn das Einkommen eines Steuerpflichtigen sich infolge Erbanfalles vermehrt, sofern nicht die Erben die dem Verstorbenen auferlegte Steuer für den Rest des Steuer jahres fortentrichten;

388

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 24: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

3g4 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom li. März 19O8|3O. März 1909.

3. wenn anmeldungspflichtiges Einkommen gemäss § 22 neu oder erhöht angemeldet wird;

4. wenn ein Steuerpflichtiger aus einem anderen Orte des Grossherzogtums zuzieht.

Im übrigen begründet Vermehrung oder Verminderung des Einkommens während des Steuerjahres keine Veränderung der Steuerveranlagung.

§77a. Wird nachgewiesen, dass während des Steuerjahres infolge des Wegfalles

einer Einnahmequelle (auch Wegfall eines nach § β a zugerechneten Einkommens) oder infolge aussergewöhnlicher Unglücksfälle das Einkommen eines Steuer- pflichtigen um mehr als den fünften Teil vermindert worden ist, oder dass das wegfallende Einkommen im Grossherzogtume anderweit zur Einkommensteuer herangezogen wird, so kann vom Beginne des auf den Eintritt 4er Verminderung folgenden Monats ab eine dem verbüebenen Einkommen entsprechende Ermässi- gung der Einkommensteuer beansprucht werden.

Der Antrag ist nur zulässig bis zu dem Ablaufe des dritten Monats nach dem Ablaufe des Steuer Jahres, in dem die Minderung des Einkommens eingetreten ist; er ist bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) einzubringen.

Ueber Grund und Umfang der Steuerermässigung entscheidet endgültig und ausschliesslich das Staatsministerium.

§ 78. Soweit in den Fällen des § 77 Β Ziff. 1, 2 und 4 eine Ermittlung des in

Zugang zu bringenden Einkommens im Wege der Schätzung zu erfolgen hat, finden die Vorschriften über die Schätzung mit der Massgabe Anwendung, dass die- selbe, unbeschadet des dem Steuerpflichtigen zustehenden Berufungsrechts, durch das Rechnungsamt (die Steuerlokalkommission) zu erfolgen hat, von welchem nach Befinden vorher der Gemeindevorstand oder die Schätzungskommissioii oder deren Vorsitzender gutachtlich zu hören ist.

Eine Prüfung der Schätzungsergebnisse durch die Veranlagungskommission findet nicht statt.

§ 79. Die Ab- und Zugangsstellung erfolgt mittels Ab- und Zugangslisten, in den

Fällen des § 77 A Ziff. 2 und Β Ziff. 3 von dem Beginne des zweiten Halbjahres an, im übrigen von dem Beginne des auf den Eintritt der im § 77 bezeichneten Voraussetzungen der Ab- und Zugangsstellung folgenden Monats an.

Die Eröffnung der Zugangslisten findet schriftlich oder durch besondere Vorladung der einzelnen Beteiligten statt.

Die Entscheidungen der Berufungskommission über Berufungen gegen die Zugangslisten erfolgen, soweit die Berufungen nicht vor der Beendigung der Berufungsgeschäfte des laufenden Jahres eingegangen sind, beim Zusammentritte der Berufungskommission im nächstfolgenden Jahre.

Für das laufende Jahr ist die Steuer nach Massgabe der zu den Zugangs- listen erfolgten Veranlagungen, jedoch vorbehaltlich der auf Berufung der Steuer- pflichtigen erfolgenden anderweiten Feststellung des steuerpflichtigen Einkommens, zu entrichten.

§ 80. Ein Steuerpflichtiger, der entgegen den Vorschriften des Gesetzes unver-

anlagt geblieben ist, ist zur Entrichtung des der Staatskasse entgangenen Steuer- betrages verpflichtet. Die gleiche Verpflichtung tritt ein, wenn mit Bezug auf einen veranlagten Steuerpflichtigen, ohne dass eine strafbare Hinterziehung von Steuern stattgefunden hatte (§§ 85 - 89), nachträglich neue Tatsachen oder Be- weise ermittelt werden, die eine höhere Veranlagung des Steuerpflichtigen be- gründen. Die Verpflichtung erstreckt sich auf die drei Steuerjahre zurück, die dem Steuerjahr vorausgegangen sind, in dem die Verkürzung festgestellt worden ist.

364

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 25: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 1908/30. März 1909. 335

Die Verpflichtung zur Zahlung der Nachsteuer geht auf die Erben, jedoch nur bis zur Höhe ihres Erbteiles, über. Die Veranlagung der Nachsteuer erfolgt einheitlich für den ganzen Zeitraum, auf welchen sich die Verpflichtung erstreckt, nach den Vorschriften des Gesetzes.

IV. Entrichtung der Einzelsteuerbeträge. Erlasse.

§ 81. Die ausgeworfenen Einzelsteuerbeträge (§ 68) gelten am 1. Januar eines

Jahres für das erste Halbjahr, und am 1. Juli für das zweite Halbjahr für angefallen und geschuldet, und sind in Quartalsterminen zu entrichten.

§ 82. Der Anspruch auf Zurückerstattung von Einkommensteuern gegen die

Staatskasse verjährt in 4 Jahren. Die Frist läuft von dem 1. Januar des auf die Veranlagung folgenden Jahres an.

§ 83.

Für denjenigen Steuerbetrag, der auf das dem Haushaltungsvorstande nach § 6 a zugerechnete Einkommen der Frau entfällt, haften die Eheleute als Gesamt- schuldner, die Frau jedoch nur insoweit, als sie bei besonderer Veranlagung Steuern zu entrichten haben würde.

Für die Einkommensteuer von Privatdienern, Gewerbegehilfen und anderen ständigen Arbeitern, welche von der Dienstherrschaft oder dem Arbeitgeber neben dem Lohne auch die Kost beziehen, hat die Dienstherrschaft oder der Arbeitgeber zu haften. Der Haftpflichtige ist zu entsprechenden Lohnabzügen berechtigt.

§84. Erlasse an der allgemeinen Einkommensteuer können nur vom Staats-

ministerium bewilligt werden. Zur Prüfung der Erlassgründe kann das Staats- ministerium auch von den Bezirksdirektoren, Amtsgerichten und Gemeinde- vorständen Auskunft über die tatsächlichen Verhältnisse und gutachtliche Aeusse- rung erfordern.

D. Zuwiderhandlungen und deren Folgen.

I. Strafbestimmungen. § 85.

Wer ein zur ersten Abteilung der Steuerrolle gehöriges steuerpflichtiges Einkommen, zu dessen Anmeldung er verpflichtet war (§§ 11, 22 u. 24), ganz oder teilweise dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) nicht anmeldet, hat die davon hinterzogene Steuer nachzuzahlen und ausserdem den ein- bis sechzehnfachen Betrag der hinterzogenen Steuer je nach Beschaffenheit des Falles als Strafe zu erlegen.

§ 86.

Wer Verpflichtungen zur Zahlung von Schuldzinsen, sowie Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 bezeichneten Art anmeldet (§§ 17-20), welche überhaupt nicht» oder in niedrigerem Betrage als angegeben, bestehen, hat die hinterzogene Steuer nachzuzahlen und je nach Beschaffenheit des Falles den ein- bis sechzehnfachen Betrag der hinterzogenen Steuer als Strafe zu erlegen.

Wenn die Unrichtigkeit der Anmeldung vor der Feststellung des betreffenden Steuerkapitales ermittelt und hiernach eine Hinterziehung der Steuer durch dieselbe nicht herbeigeführt worden ist, ist die Strafe unter Zugrundelegung eines Halbjahresbetrags der Steuer zu bemessen.

Finanzarchiv. XXVIII. Jahrg. 386 25

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 26: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

386 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom il. März 19O8|8O. Marz 1009.

§ 87. Wenn die gänzlich versäumte oder zu niedrig erfolgte Anmeldung mit den

zur Nachsteuerberechnung erforderlichen Angaben von dem Anmeldungspflichtigen selbst nachgeholt oder berichtigt, oder eine unrichtige Anmeldung von Schuld- zinsen, Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 bezeichneten Art von dem betreffenden Steuerpflichtigen selbst berichtigt wird, ehe eine Anzeige oder ein behördliches Einschreiten gegen ihn erfolgt ist, tritt eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung nicht ein.

§ 88. Wer wissentlich in der Steuererklärung (§§ 44 f.) oder bei Beantwortung

der von zuständiger Stelle (§§44 f. u. 66) an ihn gerichteten Fragen a) über sein steuerpflichtiges Einkommen oder über das Einkommen der

von ihm zu vertretenden Steuerpflichtigen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, welche geeignet sind, zur Verkürzung der Steuer zu führen,

b) steuerpflichtiges Einkommen, welches er nach den Vorschriften dieses Gesetzes anzugeben verpflichtet ist, verschweigt,

hat die hinterzogene Steuer nachzuzahlen und wird, wenn eine Verkürzung des Staates stattgefunden hat, mit dem vier- bis sechzehnfachen Betrage der Ver- kürzung, andernfalls mit dem ein- bis zehnfachen Betrage der Jahressteuer, um welche die Staatskasse verkürzt werden sollte, bestraft.

Derjenige Steuerpflichtige, welcher, bevor eine Anzeige oder ein behördliches Einschreiten gegen ihn erfolgt ist, seine Eingabe an zuständiger Stelle berichtigt oder ergänzt, bzw. das verschwiegene Einkommen angibt, bleibt straffrei.

§ 89. Nach dem Tode eines Steuerpflichtigen sind dessen Erben verpflichtet,

Hinterziehungen der Einkommensteuer durch ihren Erblasser auf die Zeit der vor dem Ableben des Erblassers verflossenen letzten vier Steuerjahre binnen 6 Mo- naten vom Tode des Erblassers an gerechnet bei dem Rechnungsamte (der Steuer- lokalkommission) anzumelden und den doppelten Betrag der hinterzogenen Steuer zu erlegen. Die Erben sind zur Bezahlung dieses Betrages nach Verhältnis ihrer Erbteile verpflichtet, haften jedoch für den Eingang des ganzen Betrages bis zur Höhe ihres Erbteiles als Gesamtschuldner.

Erben, welche die Anmeldung der Hinterziehung ihres Erblassers innerhalb der vorbestimmten Frist unterlassen, haben den ein- bis zehnfachen Betrag der von ihrem Erblasser hinterzogenen Steuer als Strafe zu erlegen und die hinter- zogene Steuer nachzuzahlen. Für die hinterzogene Steuer haften sämtliche Erben bis zur Höhe ihres Erbteiles als Gesamtschuldner.

Ist der Zeitpunkt nicht zu ermitteln, von dem an der Erblasser ein unan- gemeldetes Zins- oder Renteneinkommen bezogen hat, so wird angenommen, dasa er das zur Zeit seines Ablebens bezogene Einkommen für das letzte halbe Jahr vor seinem Tode anzumelden gehabt hätte.

§ 90. Mit Geldstrafe bis zu 300 M. kann belegt werden: 1. wer der nach § 42 Abs. 1 ü. 2 an ihn ergangenen Aufforderung innerhalb

der ihm bestimmten Frist nicht nachkommt; 2. 'wer bei den zum Zwecke der Feststellung seiner Schätzungssumme ab-

gegebenen Auskunftserteilungen (§ 42 Abs. 1) oder bei den nach § 42 Abs. 2 zu gebenden Nachweisungen oder zur Begründung eines Rechts- mittels oder bei der Verhandlung hierüber wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, welche geeignet sind, zur Verkürzung der Staatskasse zu führen;

3. wer der Aufforderung, als Sachverständiger oder Auskunftspereon vor den Veranlagungsbehörden oder deren Vorsitzenden zu erscheinen, ohne ge-

sse

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 27: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|3O. März 190». 337

nügende Entschuldigung nicht Folge leistet, oder die von ihm erforderte Auskunft ungerechtfertigter Weise verweigert oder wissentlich unvoll- ständig oder unrichtig erteilt.

Die Strafe muss in der Aufforderung (Ziff. 1 u. 3) ausdrücklich an- gedroht sein.

§91. Die Strafverfolgung verjährt bei Hinterziehungen von Steuern in den Fällen

der §§ 85, 86 u. 88 sowie im Falle der Nichtanmeldung nach § 89 in 5 Jahren, bei den in § 90 mit Strafe bedrohten Zuwiderhandlungen in 6 Monaten.

Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die strafbare Handlung oder Unterlassung begangen worden ist. Die Verjährung wird unterbrochen durch jede zur Verfolgung der Zuwiderhandlung vorgenommene amtliche Hand- lung.

§ 92. Die Verbindlichkeit zur Nachzahlung der hinterzogenen Steuer verjährt in

10 Jahren und geht auf die Erben, jedoch nur auf die Höhe ihres Erbanteils, über. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Steuerjahres, in welchem die Hinter- ziehung begangen wurde.

§ 92 a. Hat in den Fällen der §§ 85, 86, 88 eine Verkürzung des Staates um des-

willen nicht stattgefunden oder nicht stattfinden können,» weil auch bei ordnungs- mässiger Anmeldung oder Steuererklärung von dem Steuerpflichtigen ein höherer Steuerbetrag nicht zu entrichten gewesen wäre, so ist auf eine Strafe von 1 M. bis zu 600 M. zu erkennen.

Erstreckt sich die Zuwiderhandlung über mehr als ein Steuer jähr, so ist die Strafe für jedes einzelne Steuerjahr verwirkt.

Die Strafverfolgung verjährt in 5 Jahren.

§ 93. Treffen mit einer Steuerhinterziehung andere strafbare Handlungen zu-

sammen, so tritt die für erstere bestimmte Strafe neben der Bestrafung der letz- teren ein.

§94. Die bei der Steuerveranlagung beteiligten Staats- und Gemeindebeamten

so wie die Mitglieder der Kommissionen werden, wenn sie die zu ihrer Kenntnis gelangten Erwerbs-, Vermögens- oder Einkommensverhältnisse eines Steuer- pflichtigen, insbesondere auch den Inhalt einer Steuererklärung oder der darüber gepflogenen Verhandlungen unbefugt offenbaren, mit Geldstrafe bis zu 1500 M. bestraft.

Die straf gerichtliche Verfolgung findet nur auf Antrag des Staatsmmisteriums oder des betroffenen Steuerpflichtigen statt.

II. Strafverfahren.

§ 95. Bei Zuwiderhandlungen wegen der Verpflichtung zur Geheimhaltung (§ 94)

richtet sich das gerichtliche Strafverfahren nach den Vorschriften der Strafprozess- ordnung.

Im übrigen finden auf das Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz, soweit nicht Geldstrafen im Disziplinarwege zu erkennen sind (§§36 Abs. 2, 38 Abs. 3), die Bestimmungen über das Verfahren der Staats- verwaltungs- und Gemeindebehörden wegen strafbarer Handlungen gegen die

387

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 28: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

388 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 19O8|8O. März 1909.

Vorschriften über Staate- und Gemeindeabgaben (§ 16 Abs. 2 des Gesetzes über die polizeiliche Straffesteetzung vom 12. April 1879, Rgsbl. 1879 S. 153, und Gesetz vom 25. März 1862, Rgsbl. 1862 S. 37) Anwendung.

Die Anforderung verwirkter Geldstrafen im Verwaltungswege wird in den Fällen, in welchen es sich um eine Zuwiderhandlung gegen Aufforderungen des Gemeindevorstandes oder der Schätzungskommission handelt, vom Gemeinde- vorstande, in den Fällen, wenn es sich um eine Aufforderung des Rechnungsamtes (der Steuerlokalkommission), der Veranlagungs- und Berufungskommission oder deren Vorsitzenden handelt, von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission), in allen übrigen Fällen vom Staatsministerium verfügt.

Erlegte Geldstrafen fliessen, wenn sie der Gemeindevorstand festzusetzen hat; in die betreffende Gemeindekasse, in allen übrigen Fällen zur Staatskasse.

§ 96. Die Steuereinnehmer sind bei Vermeidung einer Disziplinarahndung ver-

pflichtet, jeden ihnen beigehenden Verdacht unterlassener oder unrichtig er- folgter Anmeldung anmeldungspflichtiger Bezüge und unrichtig erfolgter An- meldung von Schuldzinsen oder anderen abzugsfähigen Lasten (§§ 17 - 20) dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) anzuzeigen.

Die Rechnungsam ter (Steuerlokalkommissionen) haben dergleichen An- zeigen, sowie jeden sonst hervortretenden Verdacht einer Steuerhinterziehung ungesäumt zu verfolgen, den Tatbestand einer etwaigen Hinterziehung so viel als möglich festzustellen und das Ergebnis dem Staatsministerium vorzulegen.

Wenn den Rechnungsämtern (Steuerlokalkommissionen) hierbei die Einsicht von Gerichtsakten über Schuldklagen, Pfandbestellungen, Uebereignungen, Nachlassregulierungen, Bevormundungen usw. nötig erscheint, haben die Ge- richtsbehörden solche bereitwillig mitzuteilen.

§ 97. Wenn zur Feststellung des Tatbestandes einer Steuerhinterziehung von einer

verschlossen überreichten Anmeldung (§ 33 Abs. 2) Einsicht zu nehmen ist, und der Aussteller der Anmeldung oder dessen Erben hierzu Zustimmung erteilen, hat die Eröffnung einer solchen Anmeldung ohne Einholung einer weiteren Er- mächtigung zu erfolgen. Im Falle der Versagung dieser Zustimmung darf die Eröffnung einer verschlossen überreichten Anmeldung nur auf Anordnung des Staatsministeriums vorgenommen werden. Der Aussteller der Anmeldung oder dessen Erben sind hierzu mit dem Bemerken vorzuladen, dass die Eröffnung auch im Falle ihres Ausbleibens erfolgt.

Zu diesem Behufe sind verschlossen überreichte Anmeldungen 5 Jahre lang von dem Zeitpunkte an gerechnet, an welchem sie durch Abmeldung oder neue Anmeldung ausser Kraft treten, vom Rechnungsamte (von der Steuerlokalkom- mission) aufzubewahren. Nach Ablauf dieses Zeitraumes sind sie auf Verlangen an den Aussteller oder an dessen Erben zurückzugehen. Verschlossen überreichte Anmeldungen, welche im Laufe des sechsten Jahres von dem erwähnten Zeitpunkte an gerechnet, nicht zurückerbeten worden sind, können vom Rechnungsamte (von der Steuerlokalkommission) vernichtet werden.

§ 98. Gewinnt das Staatsministerium die Ueberzeugung, dass eine Steuerhinter-

ziehung vorliegt, so ist von demselben entweder alsbaldige Einleitung gericht- lichen Strafverfahrens zu veranlassen, oder, da nötig, nach näheren Ermittlungen im Verwaltungswege, dem betreffenden Steuerpflichtigen, bezüglich dessen Erben die gesetzliche Strafe und die Erstattung der erwachsenen Verläge im Verwaltungs- wege anfordern zu lassen. Zugleich ist wegen Beiziehung der hinterzogenen Steuer una wegen der etwaigen künftigen Steuerzahlung Verfügung zu treffen.

Wenn die im Verwaltungswege angeforderte Geldstrafe innerhalb der be- stimmten Frist nicht erlegt wird, so ist auf Antrag des Staatsministeriums ge-

388

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 29: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 11. März 1908/30. März 1909

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 11. März 1ΘΟ8|3Ο. März 1909. gg<)

riohtliohes Strafverfahren einzuleiten (Gesetz vom 25. März 1862, §§ 4 - 6, Bgsbl. 1862 S. 37).

E. Uebergangs- und Schlussbestimmungen.

§ 99. Die Strafvorschriften des gegenwärtigen Gesetzes sind auch auf die vor

dessen Inkrafttreten begangenen Handlungen anzuwenden, insoweit nicht letztere nach dem früheren Rechte straflos waren.

§ 100. Die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes treten, soweit sie nicht

bereits auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes vom 2. Juni 1897 (Rgsbl. S. 99) und der Nachtragsgesetze dazu vom 22. März 1899 (Rgsbl. S. 97), vom 26. März 1902 (Rgsbl, S. 65), vom 11. Februar 1904 (Rgsbl. S. 11) und vom 22. März 1905 (Rgsbl. S. 163) früher in Kraft getreten sind, mit der Verkündung dieses Gesetzes, die durch das Nachtragsgesetz vom heutigen Tage zum Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897 neu getroffenen Bestimmungen in den § 6 a, § 8 Zifí. a und b, Ziff. 4 und Ziff. 6 und § 9 Ziff. 4 mit dem 1. Januar 1909 in Kraft.

389

This content downloaded from 195.78.108.199 on Tue, 17 Jun 2014 05:22:12 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions


Recommended