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ROUNDTABLE - DWS...ROUNDTABLE VERANTWORTUNGSVOLLES INVESTIEREN ffESG˚ 34 Februar | März 2017...

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ROUNDTABLE SPONSOREN ROUNDTABLE Februar | März 2017 27 FEB – MäR 17 | JAHRGANG 16 AUSGABE 91 | DPN-ONLINE.COM Fotos: Norbert Bretschneider CONCEPTDESIGN Ina Lockhart Freie Journalistin, dpn-Autorin (Moderatorin) Wolfram Gerdes Vorstand, Kirchliche Versorgungskassen KZVK und VKPB Ulf Moslener Professor für Sustainable Energy Finance und Wissenschaftlicher Leiter UNEP Centre, Frankfurt School of Finance & Management Marta Jankovic Senior Sustainability and Governance Specialist, Global Responsible Investment and Governance Team, APG Asset Management Rita Geyermann Leiterin Asset Management, KfW Bankengruppe Dag Rodewald Leiter UBS ETF Deutschland und Österreich, UBS Europe SE Angela Summonte Leiterin Sales Deutschland/Österreich, BNP Paribas Securities Services Petra Pflaum Chief Investment Officer für Verantwortliche Anlagen, Deutsche Asset Management Michael Lennert Chefredakteur dpn, Financial Times (Moderator) VERANTWORTUNGSVOLLES INVESTIEREN (ESG)
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Februar | März 2017 27

FEB – Mär 17 | Jahrgang 16 ausgaBE 91 | dpn-onlinE.CoM

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Ina LockhartFreie Journalistin,

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Wolfram GerdesVorstand,Kirchliche

VersorgungskassenKZVK und VKPB

Ulf MoslenerProfessor für Sustainable Energy Finance und Wissenschaftlicher

Leiter UNEP Centre,Frankfurt School of

Finance & Management

Marta JankovicSenior Sustainability and

Governance Specialist,Global Responsible Investment

and Governance Team,APG Asset Management

Rita GeyermannLeiterin Asset Management,

KfW Bankengruppe

Dag RodewaldLeiter UBS ETF

Deutschland und Österreich,

UBS Europe SE

Angela SummonteLeiterin Sales

Deutschland/Österreich, BNP Paribas

Securities Services

Petra PflaumChief Investment Officer für

Verantwortliche Anlagen, Deutsche Asset

Management

Michael LennertChefredakteur dpn,

Financial Times(Moderator)

VErantwortungsVollEsinVEstiErEn (Esg)

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ROUNDTABLE VerantwortungsVolles InVestIeren (esg)

28 Februar | März 2017

Sieben Experten mit komplett unterschiedlichen Perspektiven diskutieren beim FT/dpn Roundtable „ESG“, wie verantwor-tungsvolles Investieren in der Praxis aussieht: Was sind die Treiber für weitere Veränderungen, wo fordern Zielkonflikte die Kompromissbereitschaft heraus und wann sollten Investoren kritisch ihre Diversifizierungsstrategie prüfen, sind nur einige der zentralen Fragen.

Dank ESG seine Risiken kennen

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30 Februar | März 2017

Ähnlich vielfältig wie unser Thema „ESG/Verantwortungsvolles Investieren“ ist die Roundtable-Runde besetzt: Vom Verwahrer über den ETF-Anbieter bis hin zur kirchlichen Versorgungskasse, der staatlichen Förder-bank und einem großen Pensionsfonds. In den vergangenen Jahren hat sich viel getan. Immer häufiger fragen Begünstigte und In-vestoren beharrlich nach, ob ihr Vermögen verantwortungsvoll angelegt wird. Und das nicht nur, wenn es um Aktien geht. Die Datenlage hat sich verbessert und liefert eine gute Faktenbasis, um Vorbehalte zu ent-kräften. Herr Gerdes, wie lebt eine kirchliche Versorgungskasse ihren ESG-Anspruch in den alltäglichen Anlageentscheidungen?

Wolfram Gerdes: Bei der Verwaltung unserer Kassenanlage mit einem Volumen von 11 Milliarden Euro ist ESG, also die drei Säulen „Environmental, Social, Governance“, ein gleichwertiges und kein übergeordnetes Kri-terium, das im Einklang und in Konkurrenz mit Renditerisiko, Liquidität und anderen Aspekten steht. ESG ist natürlich ein subjek-tiver Begriff und hat in meiner Tätigkeit das Ziel, kirchliche Überzeugungen, die im Rah-men der Evangelischen Kirche in Deutsch-land (EKD) formuliert sind, in Übereinstim-mung zu bringen mit der Kapitalanlage.

Gibt es für Ihre Arbeit und Ihre Entscheidun-gen einheitliche Vorgaben?

Gerdes: Orientierung für die praktische Umsetzung gibt ein Leitfaden, an dessen Erstellung und Weiterentwicklung ich selbst mitwirke. Dort sind Ausschlusskriterien formuliert wie die Todesstrafe oder Rüs-tungsunternehmen. Schwieriger wird es bei weicheren Faktoren, bei denen die Diskussi-on über Pro und Kontra viel kniffliger ist.

Frau Pflaum, Sie sind in Ihrer neuen Aufga-be bei Ihrem langjährigen Arbeitgeber, der Deutschen Asset Management, als Chief Investment Officer für Verantwortliche Anlagen erst seit Anfang des Jahres im Amt. Was ist Ihr Auftrag?

Petra Pflaum: Ich werde die ganzen ESG- Aktivitäten in unserem Haus – also aktive und passive Strategien sowie alternative An-lagen – zusammenführen. Das heißt konkret, dass wir die verschiedenen Teams bündeln. Das Team, das jetzt ausschließlich unter dem Vorzeichen ESG agiert, besteht aus neun

Personen. Das soll aber nicht heißen, dass die Deutsche Asset Management erst jetzt das Thema ESG aufgreift. Ganz im Gegenteil: ESG ist bei uns bereits seit Jahren auf der gesamten Plattform vertreten, sowohl in der Analyse als auch im Fondsmanagement.

Worauf liegt der Fokus Ihrer Arbeit?

Pflaum: Was jetzt für mein Team im Vorder-grund steht, ist die ESG-Integration auf der Plattform. Jeder Analyst und jeder Fondsma-nager soll wissen, welche Risiken er in seinem Fonds hat. Dabei ist uns gerade das Reputati-onsrisiko sehr wichtig. Auf unserer Plattform – seit Mitte 2016 auch in unserer intelligenten Datenbank Aladdin auf Knopfdruck abrufbar – sind alle Informationen verfügbar. Bei-spielsweise konkrete Ausschlusskriterien oder Impact-Investing-Strategien, die nicht nur Rendite-, sondern auch ESG-Ziele verfolgen.

Welches Volumen verwaltet die Deutsche Asset nach ESG-Kriterien?

Pflaum: Das, was wir als ESG bezeichnen, macht bei uns 10,2 Milliarden Euro, Stand Ende 2016, aus.

Frau Summonte, welche Rolle spielen Ver-wahrer wie BNP Paribas Securities Services beim Thema ESG?

Angela Summonte: Als Global Custodian ist unser Haus das einzige und das erste, das die im Jahr 2006 etablierten „Principles for Responsible Investment (PRI)“ der Vereinten Nationen unterzeichnet hat. Das hat natürlich für uns als Unternehmensgruppe insgesamt eine besondere Bedeutung. In unterschied-lichen Arbeitsgruppen engagieren wir uns für den Ansatz des verantwortungsvollen Investierens. Als Verwahrer sind wir in einer Position, beide Seiten – Asset Manager und Investor – in ihren ESG-Bemühungen zu unterstützen. Mit der Einführung einer spezi-ellen Risikoanalyse vor zwei Jahren haben wir dem Kundenbedürfnis Rechnung getragen,

„Was jetzt für mein Team im Vordergrund steht, ist die ESG-Integration auf der Plattform. Jeder Analyst und jeder Fondsmanager soll wissen, welche Risiken er in seinem Fonds hat.“Petra Pflaum

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ANGELA SUMMONTEBNP PARIBAS SECURITIES SERVICESSeit mehr als 15 Jahren betreut Angela Summonte institutionelle Kunden. 2004 kam die Italienerin zu BNP Paribas Securities Services, wo die 49-Jährige bei dem Verwahrer die Geschäftsentwicklung mit institutionellen Investoren in Deutschland und Österreich verantwortet. ESG spielt dabei eine immer wichtigere Rolle.

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32 Februar | März 2017

besser messen zu können, wie sich ESG auf die Performance auswirkt. Mit diesen Daten können Kunden belegen, warum dieser Ansatz sinnvoll ist.

Herr Moslener, Sie sind in der Runde der Ex-perte von der akademischen Seite. Welche Mission verfolgt es genau?

Ulf Moslener: Letztlich habe ich zwei Hüte auf. Zum einen den der Frankfurt School of Finance & Management als Professor für Sustainable Energy Finance. Zum anderen den des Wissenschaftlichen Leiters des UNEP Col-laborating Centre for Climate and Sustainable Energy Finance. UNEP steht für das Umwelt-programm der Vereinten Nationen. Im Kern beschäftigen wir uns mit der Finanzierung nachhaltiger Energiesysteme. Sie bildet nach unserem Verständnis die Brücke zwischen den Regulierern und Gesetzgebern sowie deren Wirkung auf die Investoren, die über den Ein-satz ihrer Mittel entscheiden.

Welche Rolle spielt ESG für die Kapitalmärkte?

Moslener: Diese Perspektive kann den Märk-ten helfen, besser zu funktionieren. Wie genau? Aus ökonomischer Sicht liegt die Existenzberechtigung der Kapitalmärkte darin, zu bewerten, ob Kapital im Sinne der Gesellschaft produktiv angelegt wurde. Die Rentabilität signalisiert, wie gut dieses Ziel erreicht wurde. Normalerweise. Doch jetzt ist es so, dass die kommerzielle Rendite nicht immer genau reflektiert, wie produktiv das Kapital im Sinne der Gesellschaft ist. ESG-Kriterien können hier helfen und für ökonomisch effiziente Entscheidungen der Akteure auf den Kapitalmärkten wichtig sein.

Frau Jankovic, APG Asset Management ist mit rund 440 Milliarden Euro an verwalte-tem Vermögen ein großer Spieler unter den Investoren und hat sehr früh begonnen, ESG-Kriterien einzuführen. Warum?

Marta Jankovic: Als Verwalter von Pensionsgel-dern von rund 4,5 Millionen Menschen in den Niederlanden versteht sich APG als Langfris-tinvestor. Unsere Kunden, also die Pensions-fonds und deren Begünstigte, haben bestimm-te Erwartungen daran, wie wir ihr Kapital einsetzen. Sie wollen eine Welt fördern, die für uns alle lebenswert ist und in der sich das Investment von Pensionsgeldern noch lange auszahlt. Dafür ist die Berücksichtigung von

DAG RODEWALDUBS EUROPE SEDag Rodewald leitet seit dreieinhalb Jahren den ETF-Bereich der UBS. Als Experte für Passiv-anlagen beobachtet der 50-Jährige, dass nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ ihre Verantwortung als Investoren wahrnehmen wollen, wenn es um die drei Themen Gesellschaft, Umwelt und Unternehmensführung geht.

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ESG-Kriterien essenziell. Unsere Kunden, die Pensionsfonds, machen das seit 2007. Seit-dem haben wir unsere Nachhaltigkeitsstrate-gie systematisch weiterentwickelt.

Was hat APG bewogen, den Nachhaltigkeits-ansatz zu ändern?

Jankovic: 2015 haben unsere Pensionsfonds-kunden ihren Ansatz umgestellt. Jedes Investment wird daraufhin geprüft, ob wir es für ausreichend nachhaltig und verant-wortungsvoll befinden. Gleichzeitig müssen Kostenstruktur und Risiko-Rendite-Profil ausreichend attraktiv sein. Der Fokus liegt also auf Unternehmen mit einer guten ESG-Note, wobei Firmen per se ausgeschlos-sen sind, die kontroverse Waffen produzieren oder gegen Prinzipien der UN-Global-Im-pact-Initiative verstoßen und im Dialog mit uns nicht auf unsere Anregungen eingehen. Diese neue Herangehensweise fordert uns viel stärker und macht auch deutlich mehr Daten notwendig.

APG hat ein Team von neun Experten und sich gleichzeitig selbst Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Wie sehen diese aus?

Jankovic: Bis 2020 wollen wir die nach-haltigen Investments unserer Kunden, die den UN Sustainable Development Goals entsprechen, auf 58 Milliarden Euro verdop-peln. Außerdem wollen unsere Kunden im Aktienbereich bis 2020 so investieren, dass die CO2-Emissionen unserer Portfoliounter-nehmen um 25 Prozent sinken.

Herr Rodewald, wie stark legen Ihre Kunden Wert auf verantwortungsvolles Investieren?

Dag Rodewald: Als ich vor dreieinhalb Jahren bei der UBS die Leitung des ETF-Bereichs für Deutschland und Österreich übernom-men habe, musste ich für das ESG-Thema um Interesse werben – bei Investoren, aber auch bei Multiplikatoren wie den Medien. Damals wurde ESG noch als Nischenthema wahrgenommen. Doch Umweltkatastro-phen und Unternehmensskandale haben sehr eindrucksvoll gezeigt, dass Nachhaltig-keitsansätze eine zentrale Rolle spielen und zunehmend für Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden sollten.

Ist das gestiegene Interesse auch an den ETF-Nettozuflüssen abzulesen?

Rodewald: UBS ETF bietet sieben Akti-en-ETFs und zwei Anleihe-ETFs an, die auf Nachhaltigkeitskriterien basieren – alle sind physisch replizierte ETFs. Mittlerweile verwalten wir rund 1,2 Milliarden Euro in unseren SRI ETFs und sind damit Marktfüh-rer bezüglich der in SRI ETFs verwalteten Vermögen. Anfang 2015 waren es noch rund 500 Millionen Euro. Wir sehen kontinuierli-che Zuflüsse in diesem Segment.

Mit der KfW haben wir einen reinen Ren-teninvestor in der Runde vertreten. Frau Geyermann, Sie leiten das Asset Manage-ment der Förderbank. Wie setzt die KfW das Thema ESG um?

Rita Geyermann: Grundsätzlich über zwei verschiedene Portfolios. Zum einen über das Liquiditätsportfolio, mit dem die KfW ihre Liquiditätssicherung erfüllt und das eine Größenordnung von 25 Milliarden Euro hat. Bereits 2007 haben wir dafür einen eigenen Nachhaltigkeitsansatz entwickelt und im Fol-gejahr umgesetzt. Auslöser war, dass die KfW die PRI im Jahr 2006 unterzeichnet hatte und so mit deren Umsetzung begann.

Welches ist das zweite Portfolio?

Geyermann: Wir haben 2015 mit dem Man-dat des Bundesumweltministeriums ein Green-Bond-Portfolio, aufgelegt und stetig investiert. Die KfW gehört zu den größten Kreditfinanzierern im Umwelt- und Klima-schutz weltweit, und wir wollen hier nun auch über Investitionen am Kapitalmarkt einen aktiven Beitrag leisten. Bislang haben wir rund 600 Millionen Euro investiert. Ziel ist eine Milliarde Euro, die wir voraussicht-lich bis Jahresende erreichen werden.

Herr Moslener, das Interesse an ESG ist groß, der politische Druck hoch. Der Reali-tätscheck fällt aber eher ernüchternd aus. Was folgt daraus?

„Die KfW ist den ESG-Ansatz sehr früh gefahren und galt lange Zeit als Exot. Erst als einer breiteren Öffentlichkeit bewusst wurde, dass der Klimawandel alle betrifft, wurde realisiert, dass neben Umwelt auch Governance-Themen und soziale Themen eine Rolle spielen.“rita Geyermann

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34 Februar | März 2017

„„Wir sind in der Lage, unsere Daten auf sehr detaillierte Ebenen herunterzubrechen. Aus unserer Sicht ist die spannende Frage, wie Investoren mit der Vielfalt an Infor-mationen umgehen können. Genau hier versuchen wir zu unterstützen.“anGela Summonte

Moslener: Diese Inkonsistenz gibt uns den Anreiz, genau hinzuschauen und zu fragen, was die Konsequenzen einer Investition sind. Ein Thema, das auch die Regulierer stark umtreibt. Die Frage, welche Rolle der Finanzierer spielt und welche Verantwor-tung er trägt, ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. In Frankreich hat der Regulierer große Kapitalanleger dazu verpflichtet, über die klimatischen Konse-quenzen ihrer Investments zu berichten. Und zwar nicht allgemein verbal, sondern tatsächlich über die in den Investitionen enthaltenen Treibhausgasemissionen.

Sie spielen damit auf eine Gesetzesände-rung in Frankreich an, die Anfang 2016 eine Berichtspflicht für Investoren eingeführt hat mit einer Übergangsfrist bis Ende Juni dieses Jahres.

Rodewald: Wenn ich da vielleicht kurz ein-haken darf. Genau das ist das Spannende an dem Thema Nachhaltigkeit: Was früher ein reines Umweltthema war, ist heute zu einer Debatte geworden, wie sich beispielsweise auch das Handeln eines einzelnen Unterneh-mens auf die Gesellschaft auswirkt. Wenn also das Thema Nachhaltigkeit betrachtet wird, sollten die drei Säulen Environmental, Social und Governance betrachtet und analy-siert werden.

Geyermann: Das sehe ich ehrlich gesagt etwas anders. Die KfW ist den ESG-Ansatz sehr früh gefahren und galt lange Zeit als Exot. Da gab es über die Jahre nur wenige, die sich dafür interessiert haben. Erst als einer brei-teren Öffentlichkeit bewusst wurde, dass der Klimawandel alle betrifft, wurde realisiert, dass neben Umwelt auch Governance-The-men und soziale Themen eine Rolle spielen. Die ganzheitliche Betrachtung unter dem Vorzeichen ESG gewinnt aus meiner Sicht also zunehmend an Bedeutung.

Summonte: Auf jeden Fall schlägt sich diese neue Sichtweise in einem bewussteren Ver-halten nieder, wie Investoren ihre Stimm-rechte ausüben. Da werden wir als Verwahrer auch gefragt, ob und wie wir beim Proxy Voting unterstützen.

Welche der drei Säulen fordert Sie, Herr Gerdes, in Ihrer täglichen Arbeit am meisten heraus?

Gerdes: Besonders spannend wird das „Soci-al“, wenn ich als Investor weltweit aktiv bin und in Staatsanleihen von Schwellenlän-dern investieren möchte. In dem „S“ stehen unter anderem Kriterien, wie Arbeitsrechte verankert werden in der nationalen Gesetz-gebung eines solchen, in wirtschaftlicher Transition befindlichen Landes. In dem „S“ steht, ob der Staat rechtsstaatliche Prinzipien verfolgt. Ob Menschen willkürlich deportiert oder gefoltert werden. Wenn ich als Investor eine Staatsanleihe eines Landes kaufe, dann investiere ich in das politische Geschehen direkt. Ich komme nicht umhin, mir eine eigene Meinung dazu zu bilden. Denn eine einhellige Meinung gibt es dazu nicht.

Führt das nicht unterm Strich zu Entschei-dungssituationen, in denen Zielkonflikte entstehen?

Gerdes: Absolut. Beispielsweise wenn die Versorgungskasse aufgrund von Werten der evangelischen Kirche Investitionen in Staats-anleihen der USA ausschließt, weil dort die Todesstrafe gilt. Damit stelle ich mich gegen die Rechtsauffassung eines Landes, in dem eine der größten Gemeinschaften von Protes-tanten lebt. Deswegen sind die unter „Social“ zusammengefassten Werte und Kriterien in meiner täglichen Arbeit der viel schwierigere und viel schwerer vertretbare Themenkom-plex als das gleichermaßen interessante Umweltthema.

Rodewald: Ich würde bei den Zielkonflikten gerne auch das vor allem in den Niederlan-den stark diskutierte Thema Wertpapierleihe in Bezug auf SRI ETFs ansprechen, weil es die konsequente Umsetzung eines Nachhal-tigkeitsansatzes betrifft. Für die Leihe müs-sen Sicherheiten gestellt werden. Dabei wird diskutiert, ob diese als Sicherheiten hinter-legten Assets nicht ebenfalls eine ESG-Prü-fung durchlaufen müssten. Mit den Erträgen aus der Wertpapierleihe lassen sich grund-

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WOLFRAM GERDESKIRCHLICHE VERSORGUNGSKASSEN KZVK UND VKPB Bevor Wolfram Gerdes in die Finanzbranche wechselte, dozierte der studierte Mathematiker in den USA als Universitätsprofessor. Im Vorstand der kirchlichen Versorgungskassen KVZK/VKPB ist der 56-Jährige für Kapitalanlagen und Finanzen zuständig. Gerdes sitzt auch in der Arbeitsgruppe der EKD, die den Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlage erarbeitet hat.

sätzlich Kosten für die Investoren reduzieren, somit wirken sich die Erträge positiv auf die Performance eines ETFs aus. Aus unseren Gesprächen mit den Investoren haben wir den Eindruck gewonnen, dass lediglich circa 50 Prozent der Anleger bereit wären, auf diese Zusatzerträge zu verzichten.

Gerdes: Der ESG-Ansatz geht davon aus, dass Eigentum verpflichtet. Deswegen ist das einfache Instrument der Wertpapierleihe vor diesem Hintergrund zu hinterfragen.

Frau Jankovic, im APG-Nachhaltigkeitsteam sind Sie die Spezialistin für alternative Investments, also auch für Hedgefonds. Hat APG zur Wertpapierleihe, eine Voraus-setzung für das Shortselling, eine offizielle Position?

Jankovic: Wir investieren in Hedgefonds über externe Manager. Shortselling wird kontro-vers diskutiert. Doch unsere Meinung ist, dass Shortselling mit einem ESG-Ansatz kompatibel ist, sofern es um fundamentale Long-Short-Strategien geht.

Wie erklärungsbedürftig ist ESG immer noch bei Buy-Side-Analysten und Portfolio Managern, die nicht unter dieser Vorgabe arbeiten?

Pflaum: Vieles, was heute unter dem Stich-wort ESG läuft, wird schon abgefragt, wenn sich unsere Analysten und Fondsmanager mit den Vorstandsvorsitzenden oder den Finanzvorständen treffen. Nur stand da bislang nicht ESG drauf. Sicherlich muss man die Kollegen immer mal wieder zu dem Thema schulen. Allein, um ihnen zu vermit-teln, auf welchen Datenpool sie auf unserer Plattform zugreifen können und wie sie sie nutzen können. Es geht hier eben nicht um eine einzelne Kennzahl, die man nur in ein Excel-Sheet einpflegen muss und dann ein bestimmtes Ergebnis herausbekommt. ESG ist etwas komplexer.

Hat sich auf der Unternehmensseite ähnlich viel getan?

Pflaum: In den vergangenen Jahren ist da viel passiert, weil die Verantwortlichen in den Unternehmen einfach begriffen haben, dass es nicht darum geht, Gutmensch zu sein, sondern darum, Informationen bereitzustel-len, die jeden interessieren.

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Frau Summonte, wie stark können Sie als Verwahrer die angefragten Daten auf den einzelnen Kunden zuschneiden?

Summonte: Wir sind in der Lage, unsere Daten auf sehr detaillierte Ebenen herun-terzubrechen – sowohl für die jeweiligen Asset-Klassen als auch für geografische Schwerpunkte. Gerade wenn es um versteck-te Risiken geht, sind unsere Datenanalysen aufschlussreich: Ein Autounternehmen kann beispielsweise auch in der Rüstungsindustrie engagiert sein. Ein Investment in einen Lu-xusgüterkonzern kann auch eine Beteiligung in der Spirituosenindustrie mit sich bringen. Aus unserer Sicht ist die spannende Frage, wie Investoren mit der Vielfalt an Informa-tionen umgehen können. Wie schnell finden sie sich in einer Risikomatrix zurecht, um möglichst schnell auf die kritischen Punk-te zu stoßen. Genau hier versuchen wir zu unterstützen.

Gerdes: Der Stand unserer Diskussion zeigt, dass ESG ein individuelles Thema ist. Es ist ein Prozess, kein Produkt. ESG verlangt den Investoren einiges an Engagement ab und erfordert viel Research. Ein Investor wie un-ser kirchliches Versorgungswerk kann diesen Prozess nicht an einen Produktanbieter dele-gieren oder sich bei den Anlageentscheidun-gen, ähnlich wie bei Bioprodukten, auf ein Gütesiegel verlassen. Als Investor muss ich in der Lage sein, auf die Einzel-Investments durchzuschauen. Die schlechte Nachricht ist also: Nach ESG-Kriterien zu investieren ist ein sehr aufwendiger und teurer Prozess, wenn man es wirklich ernst meint.

Erleichtern einem Datenanbieter nicht die Arbeit?

Gerdes: Sicherlich, doch muss ich oft den ESG-Analysebericht lesen, um für mich als Investor das getroffene Urteil meines Da-tenanbieters einzuordnen. Unsere Versor-gungskasse nutzt eine Datenbank von MSCI, die neben den Finanzkennzahlen die detail-lierten ESG-Daten für jedes Unternehmen liefert.

Pflaum: Ein Unternehmen kann in der Sum-me ein sehr gutes ESG-Rating haben, gleich-zeitig aber in einzelnen Unterkategorien schwach sein. Als Analyst muss ich mir dann die Mühe machen und mir die Schwächen kritisch ansehen. Umgekehrt gibt es Unter-

PETRA PFLAUMDEUTSCHE ASSET MANAGEMENTSchon lange bei der Deutschen Asset Management, aber erst seit Kurzem in der neuen Position des CIO für Verantwortliche Anlagen: Petra Pflaum. Die 47-Jährige kennt das Thema ESG gut aus ihren vorherigen Tätigkeiten, als sie auf der Buy-Side Unternehmen analysierte oder als Portfoliomanagerin Small-Cap-Fonds verantwortete.

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höheres Kreditrisiko eingehen. Deswegen kosten der Green Bond und der reguläre Bond desselben Emittenten derzeit ungefähr dasselbe. Dennoch finde ich den Green Bond als Produkt reizvoll, um den Kapitalmarkt in puncto Klimaschutz qualitativ und quantita-tiv weiterzuentwickeln. Wie genau sieht bei der KfW die Integration der Nachhaltigkeitskriterien aus?

Geyermann: Im Vergleich zu anderen Fi-xed-Income-Investoren hat sich die KfW sehr früh mit dem Thema Nachhaltigkeit ausei-nandergesetzt. Dabei sind wir recht schnell an unsere Grenzen gestoßen und haben uns deswegen entschieden, mit Sustainalytics die Expertise einer Nachhaltigkeitsratingagen-tur einzukaufen. Unser Anlageuniversum ist beschränkt, da wir in unserem Liquiditäts-portfolio auf gute Bonität angewiesen sind. Letztlich kommt für uns nur Investment Grade infrage. Die Kollegen vom Risikoma-nagement machen die Bonitätsanalyse und vergeben uns die Kredit- beziehungsweise Wertpapierlinie. Bei Emittenten, die einen hohen ESG-Score haben, nutzen wir diese Linie voll aus. Je schlechter der Score, desto mehr reduzieren wir unseren Linienspiel-raum, kaufen also weniger Wertpapiere dieser Emittenten.

Stößt die KfW mit dieser Art von Engage-ment denn einen Veränderungsprozess bei den Unternehmen an?

Geyermann: Durchaus, denn wir schreiben die Emittenten jedes Jahr an und informieren sie, wie wir bei unseren Anlageentscheidun-gen vorgehen und wo sie selbst stehen. In diesem Prozess hat sich das herausgestellt, was Frau Pflaum bereits angesprochen hat: Je kleiner ein Emittent ist, umso weniger ESG-relevante Informationen stellt er zur Verfügung. Das verschlechtert natürlich den ESG-Score. Im Dialog mit den Unternehmen vermitteln wir ihnen, dass sich die Investition in eine bessere Informationspolitik auszahlen wird. Über die Jahre hat unser Engagement einiges bewegt. Es gab Fälle, wo Einzelne ihr Management überzeugen konnten, in ein Nachhaltigkeitsteam zu investieren. Kurzum: Wir steigen vielleicht selbst nicht so tief in die ESG-Analyse ein wie andere hier in der Runde, doch bringen wir durch unser direk-tes Engagement einige Veränderungen bei den Emittenten ins Rollen.

nehmen mit einem eher schlechten ESG-Ra-ting, die aber im Dialog mit den Investoren den Weg der Besserung eingeschlagen haben und deren Performance sich verbessert. Nur diese Analysetätigkeit im Detail kann uns vor Enttäuschungen bewahren und uns versteck-te Opportunitäten aufzeigen.

Rodewald: Bei den ETFs gilt es eine Beson-derheit zu beachten, was die konsequente Umsetzung des SRI-Gedankens betrifft: Wird ein ETF synthetisch repliziert, steht dahinter zum Teil ein Asset-Portfolio, von dem keiner der Werte eine ESG-Prüfung durchlaufen hat. Bei den physisch replizier-ten ETFs, wie wir sie anbieten, hat jeder in dem ETF enthaltene Wert ein SRI-Screening durchlaufen.

Unter dem Stichwort Konsequenz die Frage, ob Investoren als Käufer von Green Bonds nicht nur den halben Weg gehen? Weil sie eben nur in Top-Bonitäten investieren kön-nen, steht hinter dem Bond ein Emittent, der nicht zu 100 Prozent die ESG-Kriterien erfüllt.

Moslener: Genau, Green Bond ist nicht gleich Green Bond. Wichtig ist, dass bei den Investoren Klarheit herrscht, was im Einzel-nen dahintersteht. Hat ein Green Bond das identische Risiko einer normalen Anleihe des Emittenten, dann kann der Green Bond das Portfolio natürlich nicht diversifizieren. Diese Wertpapiere sind in dem Sinne keine neue Asset-Klasse, sondern eher ein Signal für Interesse am Thema.

Geyermann: Mainstream-Investoren füh-len sich angesprochen von der Idee des Green Bonds. Das heißt, in Unternehmen zu investieren, die sich verpflichten, den Erlös für bestimmte Klimaschutzprojekte zu verwenden. Gleichzeitig wollen sie aber kein

„ESG ist ein Prozess, kein Produkt. Ein Investor wie unser kirchliches Versorgungswerk kann diesen Prozess nicht an einen Produktanbieter delegieren oder sich bei den Anlageentscheidungen, ähnlich wie bei Bioprodukten, auf ein Gü-tesiegel verlassen.“Wolfram GerdeS

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38 Februar | März 2017

MARTA JANKOVICAPG ASSET MANAGEMENTBevor Marta Jankovic zu APG Asset Management in Amsterdam kam, arbeitete sie für mehr als zehn Jahre als Rechtsanwältin, spezialisiert auf Kapitalmarkt- und Unternehmensrecht. Im Nachhaltigkeitsteam von APG verantwortet die 41-jährige Spezialistin für alternative Anlagen in ihrem Bereich alle ESG-relevanten Aspekte, was das Vergeben neuer, aber auch das Management bestehender Mandate angeht.

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Summonte: Das Engagement von Investoren als ein Katalysator, der Bewusstsein und Verhalten verändert, ist ein zentraler Punkt. Gleichzeitig werden von der politischen Seite mehr Initiativen angestoßen – sei es von den Vereinten Nationen oder von der Europäischen Union. Letztlich ist zu klären, ob es im nächsten Schritt – ähnlich wie in Frankreich – gesetzliche Verpflichtungen und verbindliche Standards braucht, um das ESG-Thema in der Breite voranzutreiben.

Rodewald: Auf jeden Fall verändert sich das Bewusstsein der Unternehmen für das Thema Nachhaltigkeit. Wie wir von unserem Indexanbieter MSCI wissen, steigt die Zahl der Vorstände, die ihre ESG-Berichte anfor-dern und lesen. Sie wollen nachvollziehen, wieso ihr Unternehmen im Rating deutlich besser oder schlechter abschneidet als der Konkurrent.

APG ist dabei, sein Portfolio mit Blick auf die neuen Zielsetzungen und Aufnahme-kriterien umzustellen. Wie behutsam oder radikal gehen Sie dabei vor?

Jankovic: Wir werden unser gesamtes Port-folio nach unseren ESG-Kriterien, die auch Menschenrechte, Korruption, Umwelt und Arbeitsrecht einschließen, überprüfen. Auf der Aktienseite heißt das, dass wir mit den Unter-nehmen, in die wir investieren wollen, die aber nicht alle Kriterien erfüllen, den Dialog su-chen und erklären, was sich bei ihnen ändern muss. Auch in den anderen Asset-Klassen ist ein Umdenken festzustellen. Beispielsweise gibt es Hedgefonds, die in ihre quantitativen Modelle ESG-Signale einbauen, oder Private Equity Manager, die auf ESG-Kriterien setzen. Genau diese Offenheit für die Entwicklung von ESG suchen wir, wenn wir uns solche Manager genauer anschauen.

Moslener: Ich würde an dieser Stelle gerne der Runde eine Frage stellen: Es wird gerne

darauf verwiesen, dass ein ernst zu nehmen-der ESG-Anlageprozess Kosten produziert, die ein Investor aufgrund seiner treuhände-rischen Pflichten gegenüber seinen Beitrags-zahlern zu rechtfertigen habe. Ist es mittler-weile leichter geworden, diesen Vorbehalt dank aussagestarker Risiko-Return-Daten zu entkräften?

Jankovic: Mittlerweile gibt es zu dem Thema „Treuhänderpflichten und ESG“ zahlrei-che Untersuchungen und Arbeitsgruppen auf unterschiedlichen nationalen Ebenen. Beispielsweise hat in Großbritannien die Law Reform Commission untersucht, welche Rolle Trustees hier spielen und inwieweit Nachhaltigkeitskriterien bei Anlageentschei-dungen berücksichtigt werden sollten. In den USA hat das Arbeitsministerium in 2015 klargestellt, dass ESG-Kriterien sich direkt auf den finanziellen Wert eines Investments auswirken. In den Niederlanden unterstützt die Zentralbank (DNB) als zuständiger Regu-lierer die „Platform for Sustainable Finance“, die die Auswirkungen von ESG-Ansätzen nä-her untersucht und bei der APG sowie unser Kunde ABP engagiert sind. Wenn Nachhal-tigkeit und verantwortungsvolles Investieren auf die Optimierung von risikoadjustierter Rendite abzielen, besteht kein Widerspruch zwischen ESG und Treuhänderpflichten.

Geyermann: Ich glaube, es ist wirklich schwierig, die Wirkung von ESG-Kriterien eindeutig zu quantifizieren. Gleichwohl gibt es etliche empirische Studien, wie die von Barclays aus dem vergangenen Jahr, die zu dem Ergebnis kommen, dass ESG und die finanzielle Performance von Fixed-Inco-me-Portfolios positiv korreliert sind. Ein Ergebnis war auch, dass Unternehmen mit einem hohen Governance-Score weniger häufig in der Bonität heruntergestuft werden. Das sind gute Anhaltspunkte.

Wobei die Korrelation mit der Bonität für Ihre Arbeit doch relevant sein dürfte?

Geyermann: Sicher, für uns ist es wichtig, dass das Portfolio stabil im Rating bleibt. Verliert ein Emittent sein Investment-Grade-Rating, müssen wir den Verkauf prüfen. Somit ist auch der ESG-Score für uns eine wichti-ge Risikokennzahl. Allerdings gibt es hier Grenzen. Welche Auswirkungen hat ESG beispielsweise auf die Ausfallwahrscheinlich-keit eines Unternehmens? Das ist schwer zu

„Bei den ETFs gilt es eine Besonderheit zu beachten, was die konsequente Umsetzung des SRI-Gedankens betrifft: Wird ein ETF synthetisch repliziert, steht dahinter zum Teil ein Asset-Portfolio, von dem keiner der Werte eine ESG-Prüfung durchlaufen hat.“daG rodeWald

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40 Februar | März 2017

sagen. Aber bei ESG geht es nicht nur um das Begrenzen von Risiken, sondern auch um die eigene Glaubwürdigkeit und Reputation. Dadurch, dass wir das Thema Nachhaltigkeit schon lange sehr ernst nehmen, erhalten wir als Emittent sehr gute Nachhaltigkeitsra-tings.

Aber noch einmal zurück zu Herrn Mosleners Frage: Wie gut lässt sich das Argument, dass ESG kostet und die Perfor-mance drückt, entkräften?

Jankovic: Das ist so, als würde man die Sinnhaftigkeit einer Risikobewertung nur aus der Kostenperspektive betrachten. Das würde man nicht machen und wäre auch nicht sinnvoll. In unserem Hause müssen alle drei Investmen-Teams – Recht, Risiko und verantwortungsvolles Investieren – ein neues externes Mandat genehmigen. Die Integra-tion von ESG-Kriterien ist aus unserer Sicht unverzichtbar.

Gerdes: Ich würde in meiner Antwort gerne einen Schritt weitergehen. Wir wollen nicht Geld dafür ausgeben, um Aktionismus zu verbreiten, sondern wir wollen etwas be-wirken. Wie bei der klassischen Anlage will ich am Ende von meinem Portfoliomanager wissen, was aus meinem Kapital geworden ist. Unter ESG-Kriterien ist das nicht anders – gerade was meine Stimmrechte angeht, wenn ich auf 200 Hauptversammlungen abstimme. Ich als Investor möchte nicht nur einen Aktionsbericht, sondern auch einen Wirkungsbericht haben. Daraus folgt mein Appell an die Investoren: Wir sollten den ESG-Prozess nicht nur initiieren, sondern auch kontrollieren.

Pflaum: Wir als Asset Manager gehen bei der Stimmrechtsausübung selektiv vor, weil der Aufwand enorm ist. Wir setzen da nicht einfach nur irgendwo ein Kreuz hin, sondern schauen uns das sehr detailliert an und sind

bei vielen Hauptversammlungen vor Ort. Künftig werden wir auch für unsere passiven Investments die Stimmrechte ausüben. Von den Verwahrern könnte noch etwas mehr Unterstützung in dem Prozess kommen. Für uns hilfreich wäre es im Nachgang von den Unternehmen zu erfahren, ob die Stimm-rechte alle ausgeübt worden sind. Bei kriti-schen Hauptversammlungen wäre es wichtig, vor Ort eine Veränderung der Stimmabgabe vornehmen zu können. Aber das ist über viele Verwahrer nicht möglich.

Summonte: Unsere Erfahrung ist, dass es stark vom einzelnen Investor abhängt, wie er seine Stimmrechte wahrnimmt. Grundsätz-lich unterstützen wir als Global Custodian diesen Prozess. Wir beobachten, dass es für Investoren als Auswahlkriterium wichtiger wird, wie welcher Asset Manager die Stimm-rechte ausübt. Diese Informationen können wir unseren institutionellen Kunden entspre-chend im Reporting liefern.

Zum Abschluss dieser Runde die Frage, was für Sie jeweils die nächsten Meilensteine im fortgeschrittenen ESG-Marathon sind. Frau Summonte, möchten Sie gleich weiterma-chen?

Summonte: Wir haben uns einiges vorge-nommen und die einzelnen Ziele in einer Roadmap festgelegt. Die Erweiterung der Datenbasis sowie die Integration von Multi-Asset-Risiken und ESG-Attribution sind für uns wichtige Meilensteine. Wir werden gewappnet sein, ESG-bewusste Kunden künftig auch bei „ESG-aware beta“ oder Stresstests zum Klimawandel zu unter-stützen.

Rodewald: Wir werden das Thema Nachhal-tigkeit auch in Zukunft sowohl bei unseren Kunden als auch in den Medien genauso in-tensiv vorantreiben, wie wir es in der Vergan-genheit bereits getan haben. Es ist durchaus denkbar, dass wir unsere Produktpalette in diesem Bereich noch weiter ausbauen werden.

Jankovic: Für uns ist das nächste große Thema, welche Wirkung unser Handeln als ESG-bewusster Investor hat, insbesondere in Bezug auf die UN Sustainable Develop-ment Goals. Was erreichen wir mit unseren Investments und wie können wir die positive Wirkung messen? Das sind wichtige Voraus-

„Green Bond ist nicht gleich Green Bond. Wichtig ist, dass bei den Investoren Klarheit herrscht, was dahintersteht. Hat ein Green Bond das identische Risiko einer normalen Anleihe des Emittenten, dann kann der Bond das Portfolio natürlich nicht diversifizieren.“ulf moSlener

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RITA GEyERMANNKFW BANKENGRUPPEIn der KfW Bankengruppe leitet Rita Geyermann seit 2013 das Asset Management. Die 52-jährige studierte Betriebswirtin ist seit 1991 bei der KfW. Ihre Karrierestationen führten sie in die Bereiche Rechnungswesen, Finanzmärkte und Kreditverbriefungen. Auf internationalen Treffen tauscht sich Geyermann regelmäßig mit anderen nationalen und supranationalen Förderbanken aus.

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ULF MOSLENERFRANKFURT SCHOOL OF FINANCEMit dem Zusammenspiel von Ökonomik des Klimawandels und Finanzierung klimafreundlicher Energiesysteme beschäftigt sich Professor Dr. Ulf Moslener. Der 44-jährige studierte Physiker, der an der Frankfurt School of Finance & Management lehrt, ist Wissenschaftlicher Leiter des UNEP Centre for Climate. Nach der Promotion arbeitete er unter anderem am ZEW in Mannheim.

setzungen dafür, unseren Kunden verständ-lich erzählen zu können, wofür wir stehen und dass wir mit ihrem Kapital sorgsam umgehen.

Moslener: Ein wichtiger Meilenstein wäre für mich, wenn ESG-Kennzahlen wie CO2-Emis-sionen in den standardisierten Geschäfts-berichten aufgegriffen würden. Und wenn Mainstream-Portfoliomanager mit diesen In-formationen ganz selbstverständlich in ihrer quantitativen Analyse umgehen würden.

Pflaum: Eine integrierte Berichterstattung wäre für mich auch ein ganz wichtiges Signal des Fortschritts. Das würde auch bedeuten, dass ESG in der Denke und den Zielen der Vorstände verankert ist. Speziell für meine Branche wäre ein Meilenstein, wenn keine getrennten ESG-Schulungen mehr notwendig wären, weil jeder Analyst und Portfoliomanager diese Aspekte bereits im Kopf hat.

Gerdes: Der schwierigste Teil, der uns beglei-ten wird, ist das Ringen um ethische Leitli-nien, auf die wir uns verständigen können. Und die so ausgelegt sind, dass wir den Kapitalmarkt zumindest in Teilen bewegen und beeinflussen können.

Frau Geyermann, Sie haben das Schlusswort.

Geyermann: Spannend wird sein, welche Antworten die Politik auf folgende Fragen gibt: Welche Risiken kommen durch den Klimawandel auf die Finanzmärkte zu? Wie wird das Risiko gemessen? Wie finanzieren wir den Kampf gegen den Klimawandel? Wie ist die Governance bei den Unternehmen? Ermutigende Initiativen gibt es hierzu, wie die Green Finance Study Group der G-20 und die High Level Expert Group der Euro-päischen Kommission. ●

„Es gibt Hedgefonds, die in ihre quantita-tiven Modelle ESG-Signale einbauen, oder Private Equity Manager, die auf ESG-Krite-rien setzen. Genau diese Offenheit für die Entwicklung von ESG suchen wir, wenn wir uns solche Manager genauer anschauen.“marta Jankovic


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