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Römische Rechtsgeschichte, 19.12.2013 PD Dr. Sebastian Martens, M.Jur. (Oxon.)

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Römische Rechtsgeschichte, 19.12.2013 PD Dr. Sebastian Martens, M.Jur. (Oxon.)
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Römische Rechtsgeschichte, 19.12.2013

PD Dr. Sebastian Martens, M.Jur. (Oxon.)

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§ 6: Das römische Recht der KlassikI. Die Jurisprudenz der KlassikerBegriff der Klassik: • Abgeleitet von dem Begriff der classici (höchste

Steuerklasse in der Zenturiatsverfassung).• Bezeichnung einer Periode, die vorbildlich und

normbildend erscheint.1. Entwicklung• Bezeichnet den Zeitraum vom frühen Prinzipat bis

ins 3. Jh. n. Chr.• Es kam zur höchsten Blüte der römischen

Rechtswissenschaft, die die republikanische Jurisprudenz fortsetzte und weiterführte.

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2. Der juristische Beruf in der Klassik• Juristen wirkten vor allem als Gutachter

- Augustus verlieh erstmals das sogenannte ius respondendi ex auctoritate principis an einzelne herausragende Juristen.

- Es ist umstritten, was dieses Recht bedeutete: Durf-ten nur noch diese Juristen Gutachten erteilen, oder hatten (nur) ihre Gutachten kaiserliche Autorität?

- Später hatten Gutachten der Juristen den Status einer Rechtsquelle.

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„Gutachten der Rechtsgelehrten sind Meinungen und Ansichten derjenigen, denen es erlaubt ist, Recht zu begründen (iura condere). Wenn Meinungen aller dieser Gelehrten übereinstimmen, so steht das, was sie derart als Meinung äußern, einem Gesetz gleich; wenn ihre Meinungen nicht übereinstimmen, so darf ein Richter der Meinung folgen, der er folgen will“.

Gaius, Institutionen I,7:

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2. Der juristische Beruf in der Klassik• Juristen wirkten vor allem als Gutachter

- Augustus verlieh erstmals das sogenannte ius respondendi ex auctoritate principis an einzelne herausragende Juristen.

- Es ist umstritten, was dieses Recht bedeutete: Durf-ten nur noch diese Juristen Gutachten erteilen, oder hatten (nur) ihre Gutachten kaiserliche Autorität?

- Später hatten Gutachten der Juristen den Status einer Rechtsquelle.

• Juristen wirkten auch als Beamte unter dem Kaiser.• Manche Juristen stiegen in den Beraterkreis

(consilium) des Kaisers auf.• Einige wenige Juristen waren nun auch Lehrer.

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3. Die Ausbildung der Juristen• Im 1. Jh. n. Chr. institutionalisierte sich die

Juristenausbildung langsam.• Es entstanden zwei Juristenschulen, die nach

berühmten Vertretern „Sabinianer“ und „Prokulianer“ genannt wurden.

• Noch Mitte des 2. Jh. fühlte man sich diesen „Schulen“ zugehörig.

• Es ist sehr umstritten, wie sich die Schulen unterschieden.

• In der Klassik gibt es erstmals Juristen, die sich ausschließlich der Ausbildung widmeten (Sabinus, Gaius, Florentinus, Marcianus). Sie waren zu ihrer Zeit überwiegend nicht anerkannt.

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4. Die Werke der Juristena. Die Überlieferung• Vor allem in Fragmenten der Digesten Iustinians.• Teilweise auch in nachklassischen Sammlungen.b. Die Gattungen• Responsa: gutachterliche Entscheidungen• Quaestiones und disputationes: Sammlungen

von öffentlich diskutierten Fällen• Digesta: Sammelwerke von Entscheidungen• Kommentare, v.a. zum Edikt und berühmten

Werken anderer Juristen• Lehrbücher, insb. sogenannte Institutionen• Monographien zu einzelnen Themen.

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5. Berühmte Juristen der Klassika. Marcus Antistius Labeo (*42 v. Chr.; +10-21 n. Chr.)• Bedeutendster Jurist der Frühklassik• Sohn eines Cäsarmörders, selbst in Opposition zu

Augustus, dennoch von diesem gefördert.• Sowohl Lehrer als auch Schriftsteller.• Angeblich Gründer der Schuler der Prokulianer.• Werke (ca. 400 Bücher) nur in Auszügen durch

Zitate überliefert:– Erster Großkommentar zum Edikt.– Sammlung von Ansichten der veteres– Problemsammlung der „Pithana“, Responsen usw.

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Beispiele:Dig. 9.2.7.5 (Ulpian 18 ad ed.):„Hat jemand einen Sklaven nur leicht geschlagen und ist dieser gestorben, so sagt Labeo zu Recht, der Täter hafte nach der Lex Aquilia, weil für den einen dies, für den anderen jenes tödlich zu sein pflegt“.

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Dig. 9.2.5.2 (Ulpian 18. ad ed.):„Und daher fragen wir, ob dann, wenn ein Geistes-kranker Schaden zugefügt hat, die Klage nach der Lex Aquilia gegeben ist? Pegasus hat dies verneint: Denn welches Verschulden kann jemand treffen, der nicht bei Verstand ist? Und das ist auch vollkommen richtig […] Aber auch wenn ein Kind unter sieben Schaden zugefügt hat, ist dasselbe zu sagen. Wenn das aber ein noch nicht mündiger Jugendlicher tut, sagt Labeo, hafte er, weil er für Diebstahl hafte, auch nach der Lex Aquilia. Und ich halte das für richtig, vorausgesetzt, daß er schon fähig ist, Unrecht einzusehen“.

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b. Proculus (erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr.) • Besonders große auctoritas, nam etiam

plurimum potuit.• Vielleicht Konsul 37 n. Chr., jedenfalls

wahrscheinlich Inhaber hoher Ämter.• Leiter der nach ihm benannten Schule der

Prokulianer.• Überliefert lediglich epistulae in elf Büchern,

die Anfragen anderer Juristen und die Antworten des Proculus enthalten.

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c. Massurius Sabinus (1. Jh. n. Chr.)• Entstammte einfachen Verhältnissen, stieg in den

Ritterstand auf.• Leiter der nach ihm benannten Rechtsschule der

Sabinianer• Verfasser eines berühmten Werks, der libri tres

iuris civilis, die noch von den Spätklassikern kommentiert wurden– Knappe Darstellung des ius civile in Lehrsätzen.– Aufbau am Schema des Q. Mucius Scaevola

orientiert mit Einflüssen des Edikts.

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d. Celsus (* 70-80 n. Chr., 1. H. des 2. Jh. n. Chr.)• Sohn eines bedeutenden Juristen, selbst Prätor und

Konsul, senatorischer Rang• Besonders deutliche, teilweise sehr schroffe

Beurteilung seiner Gegner, aber sehr originell• Verfasser von Digesta in 39 Büchern– Aufbau folgt zunächst dem hadrianischen Edikt, am

Ende ein leges-Anhang– Erörterung geht regelmäßig von einem konkreten

Gutachten (responsum) oder einer bestimmten Frage (quaestio) aus

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Berühmte Aussprüche des Celsus:• „Ius est ars boni et aequi“ – „Recht ist die Kunst des

Guten und Gerechten“ (Dig. 1.1.1pr.)• „Scire leges non hoc est verba earum tenere, sed

vim ac potestatem“ – „Die Gesetze zu kennen heißt nicht, sich an die Worte zu klammern, sondern sich an ihren Sinn und Zweck zu halten“ (Dig. 1.3.17)

• „Bei mehrdeutigem Wortlaut des Gesetzes solll man lieber die Bedeutung annehmen, die fehlerfrei ist, zumal da so auch der Wille des Gesetzes erschlossen werden kann.“ (Dig.1.3.19)

• „Inpossibilium nulla obligatio est“. – „Es gibt keine Verpflichtung zu etwas Unmöglichem“ (Dig.50.17.185)

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Beispiel einer Argumentation des Celsus(Dig. 24.1.3.10, 12, Ulpian 32 ad Sab.):

„10. Man muß aber wissen, daß die Schenkung unter Ehegatten mit der Folge untersagt ist, daß das, was vereinbart wird, ohne weiteres unwirksam ist […] 12. Hat aber der Ehemann seinen Schuldner angewiesen, an die Ehefrau zu zahlen, so wird in diesem Fall gefragt, ob die Münzen ihr Eigentum werden und der Schuldner befreit wird. Und Celsus schreibt im 15. Buch seiner Digesten, es sei zu prüfen, ob man nicht sagen könne, daß sowohl der Schuldner befreit werde als auch daß die Münzen Eigentum des Mannes werden, nicht der Frau.

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Denn auch wenn die Schenkung vom Zivilrecht nicht verboten wäre, würde die Abfolge des Geschehens die sein, daß das Geld von Deinem Schuldner erst an Dich, dann von Dir an Deine Frau gelangte. Denn durch die Schnelligkeit der miteinander verknüpften Handlungen werde eine Handlung verborgen, in Wahrheit gebe der Schuldner seinem Gläubiger, der Gläubiger seiner Ehefrau […]• In einem anderen Zusammenhang nennt

Celsus eine ähnlich konstruierte „juristische Sekunde“ stolidus (Frag. Vat. 75.5)

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e. Salvius Iulianus (* um 100, + um 170 n. Chr.)• Geboren in der Provinz africa• Bekleidete zahlreiche hohe Ämter• Redakteur des edictum perpetuum, Mitglied im

consilium dreier Kaiser• Nach h.M. Gipfel der klassischen Jurisprudenz,

entschied zahlreiche Kontroversen abschließend• Hauptwerk: digesta in 90 Büchern– Faßt Honorarrecht, Zivilrecht und Kaiserrecht in

lockerem Rahmen zusammen– Enthält in erster Linie responsa und quaestiones– Große Wirkung auf die Nachwelt

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Beispiel: Dig. 19.2.13.4 (Ulpian 32 ad ed.):„Ebenso hat Iulian im 86. Buch seiner Digesten geschrieben: Wenn ein Schuster seinem Lehr-jungen, der schlecht arbeitet, mit dem Leisten so heftig in das Genick geschlagen hat, daß ihm ein Auge ausfloß, dann habe der Vater des Lehrjungen die Klage aus dem Lehrvertrag. Obwohl nämlich den Lehrherren eine leichte Züchtigung erlaubt sei, habe in diesem Fall der Meister das Maß über-schritten […] Aber die Injurienklage stehe dem Vater nicht zu, sagt Julian, weil der Lehrherr nicht gehandelt habe, um eine Personenverletzung zu begehen, sondern in belehrender Absicht“.

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• Die Autorität Iulians war so groß, dass man Analogien und Größenschlüsse zu seinen Entscheidungen zog:

Dig. 9.2.5.3 (Ulpian 18 ad ed.)„Wenn ein Lehrer beim Unterricht einen Sklaven verletzt oder getötet hat, haftet er dann nach der Lex Aquilia, weil er widerrechtlich einen Schaden zugefügt hat? Und Iulian schreibt, daß nach der Lex Aquilia haftet, wer einem Schüler beim Unterricht ein Auge ausgeschlagen hat; dasselbe muß daher umso mehr gesagt werden, wenn er getötet worden ist […].“

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f. Sextus Pomponius (2. Jh. n. Chr.)• Keine nachgewiesenen öffentlichen Ämter,

wahrscheinlich hauptsächlich Lehrer.• Überaus fleißiger Schriftsteller:– Erster Kommentar zum ius civile des Sabinus

in 30 Büchern– Kommentar zu Q. Mucius Scaevola in 39

Büchern– Großkommentar zum Edikt in der Fassung

Hadrians– Lehrbücher, v.a. das sogenannte

„Enchiridium“, dessen rechtshistorischer Vorspann in D. 1.2.2 überliefert ist

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Berühmte Aussprüche des Pomponius:• „Minus est actionem habere quam rem“ – Es

ist weniger wert, einen Anspruch als die Sache selbst zu haben (Dig.50.17.204).

• „Iure naturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem“ – Nach dem Naturrecht ist es billig, dass niemand durch den Nachteil und das Unrecht eines anderen bereichert wird (Dig.50.17.206).

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g. Aemilius Papinianus (hingerichtet 212 n. Chr.)• Herkunft unsicher, bekleidete hohe Ämter,

hingerichtet wegen Differenzen mit den Kaiser Caracalla

• Von den späteren Juristen als bedeutendster Jurist anerkannt

• Auszeichnung im Zitiergesetz 426 n. Chr.• Eigenwillige Sprache• Verfasser von Problemliteratur–Quaestiones in 37 Büchern– Responsa in 19 Büchern

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Beispiele:• „In vielen Bestimmungen unseres Rechts ist die

Rechtsstellung der Frauen schlechter als die der Männer“ (Dig. 1.5.9).

• „Das Wort ‚tun‘ umfaßt alles, was man tun kann, wie geben, bezahlen, zählen, richten und spazierengehen“ (Dig. 50.16.218 ).

• „Keiner kann seine Meinung zum Nachteil eines anderen ändern“ (Dig. 50.17.75).

• „Wenn ich dir zehn gebe, damit du Stichus freilässt, und du untätig bleibst, kann ich sogleich eine Klage mit vorgeschalteten Formelworten auf Leistung meines Interesses ergeben. Bei Fehlen eines Interesses kann ich mit der Kondiktion verlangen, dass du mir die zehn zurückgibst“ (Dig. 19.5.7).

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h. Domitius Ulpianus (ermordet ca. 228 n. Chr.)• Aus Tyros (Syrien); Inhaber hoher Positionen im

kaiserlichen Beamtenapparat, ermordet im Amt des praefectus praetorio.

• Am häufigsten zitierter Jurist in den Digesten Iustinians

• Faßte den Stand der Wissenschaft mit maßvollem Urteil zusammen

• Kommentare: 81 libri ad edictum, 51 libri ad Sabinum

• Lehrbuch der Institutionen in zwei Büchern• Zahlreiche kasuistische Schriften, Monographien

usw.

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i. Iulius Paulus (zu Beginn des 3. Jh. n. Chr.)• Aus dem Ritterstand, selbst Inhaber hoher Ämter

im kaiserlichen Beamtenapparat• Nach Ulpian der am zweithäufigsten zitierte

Jurist in den Digesten• Nach h.M. selbständiger im Urteil als Ulpian• Insgesamt 86 Titel in 319 Büchern bekannt– Kommentare: 78 libri ad edictum, 16 libri zu

Sabinus– 26 Bücher quaestiones, 23 Bücher responsa– Zahlreiche weitere Lehrschriften,

Monographien usw.

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6. Die Methoden der Juristen• Die konkrete Fallentscheidung steht weiter im

Zentrum.• Zunehmend sichere Herausarbeitung der

Rechtsfrage (quaestio iuris).• Stärkere Systematisierung in Zuge des

Lehrunterrichts.• Große Vielfalt der gebrauchten Argumente ohne

feste Hierarchie unter ihnen.• Viele Streitfragen auch über Generationen.

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Dig.3.5.9.1 (Ulpianus 10 ad ed.):Wer aber die Geschäftsführungsklage erhebt, dringt mit dieser Klage nicht nur durch, wenn das Geschäft, das er geführt hat Erfolg hatte; es genügt vielmehr, dass er das Geschäft zweckmäßig geführt hat, mag es auch keinen Erfolg gehabt haben. […] Und das billigt auch Labeo. Aber, wie Celsus überliefert, merkt Proculus zu Labeo an, dass eine Klage nicht immer gegeben werden muss. Was nämlich, wenn der Geschäftsführer ein Mietshaus hat abstützen lassen, das der Eigentümer […] aufgegeben hat […]? Der Geschäftsführer hat, sagt er nach Labeos Ansicht den Eigentümer mit einer Verbindlichkeit belastet, während es doch jedermann freisteht, seine Sache selbst dann aufzugeben, wenn von ihr Schaden droht. Aber diese Auffassung verspottet Celsus treffend.

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Derjenige, sagt er, hat nämlich die Geschäftsführerklage, der die Geschäfte zweckmäßig geführt hat. Nicht zweck-mäßig aber führt die Geschäfte, wer etwas unternimmt, was nicht notwendig ist oder dem Hausvater Nachteile bringen wird. Dem entspricht es auch, wenn Iulian schreibt, dass derjenige, der ein Mietshaus hat abstüt-zen lassen […], die Geschäftsführungsklage hat, wenn er zweckmäßig gehandelt hat, mag auch ein Erfolg nicht eingetreten sein. Ich stelle die Frage: Was, wenn er nur geglaubt hat, er handele zweckmäßig, dem Hausvater damit aber nicht nützen konnte? Nach meiner Auffas-sung wird er die Geschäftsführerklage nicht haben. Denn wenn wir schon vom Erfolg absehen, muss das Ge-schäft wenigstens zweckmäßig begonnen worden sein.

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6. Die Methoden der Juristen• Die konkrete Fallentscheidung steht weiter im

Zentrum.• Zunehmend sichere Herausarbeitung der

Rechtsfrage (quaestio iuris).• Stärkere Systematisierung in Zuge des

Lehrunterrichts.• Große Vielfalt der gebrauchten Argumente ohne

feste Hierarchie unter ihnen.• Viele Streitfragen auch über Generationen.• Zunehmende Berücksichtigung ethischer und

philosophischer Argumente.

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Dig. 1.1.1 (Ulpian 1 inst.)„Mit Grund kann man uns Priester der Gerechtigkeit nennen. Denn wir dienen der Gerechtigkeit und lehren das Wissen vom Guten und Gerechten, indem wir Recht vom Unrecht trennen, Erlaubtes vom Unerlaubten scheiden und danach streben, die Menschen nicht durch Furcht vor Strafe, sondern durch Verheißen von Belohnungen zum Guten zu führen. Damit streben wir, wenn ich mich nicht täusche, wahrhaft nach Philosophie, nicht nur dem Anschein nach“.

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Literaturhinweise:• Kunkel, Herkunft und soziale Stellung der römischen

Juristen, 1952• Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, § 7.• Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 33• Schulz, Geschichte der römischen Rechtswissenschaft,

1975• Wieacker, Römische Rechtsgeschichte, Bd. 2, §§ 45 ff.,

51 ff., 55 ff.


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