Date post: | 30-Dec-2015 |
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TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Ringvorlesung:
Teil: Forschungslogik VI
Einführung in die Methoden der Empirischen Sozialforschung
TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. PatzeltTU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Gliederung des Teils ‚Forschungslogik‘
1. Einführendes: Organisatorisches, Grundgedanken und Geschichte von Sozialforschung
2. Forschung: Aufgaben von Wissenschaft, hierzu geeignete Methoden und der Forschungsprozess
3. Grundlagen: Wissenschaft und Wahrheit, wissenschaftliche Aussagen und die ihnen zugrunde liegenden Erkenntnisprozesse
4. Denkwerkzeug: Begriffe, Aussagen, Theorien und Modelle5. Theorie und Wirklichkeit: Theoriebildung und
Theorieprüfung; Ratschläge zu typischen Forschungsstilen und Interpretationsfehlern
6. Ergebnissicherung: Merkmalsräume, Typologien und Klassifikationen
In der Regel aus Zeitgründen nicht in der Vorlesung behandelt
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Wie macht man zentrale theoretische Forschungsergebnisse überschaubar?
‚gestalterfassende‘ MöglichkeitenMerkmalsräumeTypologienKlassifikationen / Taxonomien
ErklärungsmodellePfeilmodelle (wie bereits behandelt)
Achtung: Es muss das Streben nach ‚Gestalterkenntnis‘ bzw. nach dem Erkennen von Strukturen und Typen im interessierenden Wirklichkeitsausschnitt stets dem Streben nach Erklärungen vorausgehen, weil sonst der Erkenntnisprozess bei vielen, in ihren wechselseitigen Zusammenhängen schwer überschaubaren Einzelerklärungen endet, ohne zu einem Eindruck vom ‚großen Ganzen‘ geführt zu haben!
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Merkmalsräume
Zweck: (Vergleichs-) Fälle oder analytische Kategorien sollen in einer Weise übersichtlich gegliedert werden, die für die Beantwortung einer Fragestellung oder die Lösung eines Problems wichtig ist.
Am wichtigsten: ein-, zwei- und dreidimensionale Merkmalsräume
… und falls sich in der Verteilung der Fälle im Merkmalsraum ein Muster zeigt: dann bildet man eine Typologie!
= Standardmöglichkeit, die einer Mehrzahl von Fällen oder Variablen eigentümliche ‚Gruppenstruktur‘ sichtbar zu machen und zu erkennen
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eindimensionaler Merkmalsraum
Merkmalskontinuum
Definition polarer Eckpunkte
Verortung der Variablen oder Fälle auf dem Merkmalskontinuum
z.B. ‚links‘ z.B. ‚rechts‘
PDS NPDSPD CDU
‚Vergesellschaftung der Produktionsmittel !‘
‚Ausländer raus aus dem Arbeitsmarkt!‘
‚Soziale Marktwirtschaft!‘
entweder anhand von Messwerten oder ‚intuitiv‘z.B. politische Aussagen
z.B. Parteien
Achtung: Validität und Reliabilität sicherstellen!
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zweidimensionaler Merkmalsraum
Variable A
Var
iab
le B
Ausprägungen der Variable A
Aus
präg
unge
n de
r V
aria
ble
B
Variablenausprägungen …(beliebig viele in beliebigen Kombinationen):
• nominalskaliert (= Anordnung der Kategorien vertauschbar)
• ordinalskaliert (= Anordnung der Kategorien nicht vertauschbar)
• metrisch skaliert (= mit den Zahlenwerten der ‚Koordinaten‘ kann ganz normal gerechnet werden)
Fälle eintragen:• mit Namen, oder• durch Symbole, oder• als Fallzahlen
D, UK
USA
F # # #
# # # # #
# # 172230
75
Analyse: hermeneutisch und statistisch (Zusammenhangsmaß, Regression …)
intuitiv oder nach Messwerten
Frage: Was besagt das alles?
nähere Infos
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Einfachster 2-D-Raum: Vier-Felder-Tafel
entsteht durch ‚Kreuztabellierung‘ von zwei Variablen mit je zwei Ausprägungen
Beispiel:
Landman, Comparative Politics, S. 40
keine Aussagen über Zusammenwirken der Variablen!
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Beispiel für 2-D-Merkmalsraum
aus: Lijphart, Democracies
‚Operationalisierung‘
sekundär-analytisch ausgewertete Quellen
Variable 1
Var
iab
le 2
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klassisches Beispiel für2-D-Merkmalsraum
Landman, Comparative Politics, S. 7
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dreidimensionaler Merkmalsraum
Variablenausprägungen …(beliebig viele in beliebigen Kombinationen):
• nominalskaliert (= Anordnung der Kategorien vertauschbar)
• ordinalskaliert (= Anordnung der Kategorien nicht vertauschbar)
• metrisch skaliert (= mit den Zahlenwerten der ‚Koordinaten‘ kann ganz normal gerechnet werden)
Fälle eintragen:• mit Namen, oder• durch Symbole, oder• als Fallzahlen
intuitiv oder nach Messwerten
Variable A
Variable CV
aria
ble
B
Frage: Was besagt das alles?
Analyse: hermeneutisch und statistisch (etwa: multidimensionale Skalierung …)
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Beispiel für 3-D-Merkmalsraum
Pennings, Paul et al., Doing Research in Political Science, London 1999, S. 288
= Operationalisierung
Ausgangsdaten:
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Wie bildet man eine (dreidimensionale) Typologie?
Variable I
Variable III
Variable II
Typ C
Typ A
Typ B
FälleFragestellung
‚Realtypen‘: im Datenmaterial vorgefunden!
Realtypologie
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Realtyp vs. Idealtyp
Realtyp: ‚Cluster‘ von tatsächlich vorkommenden Fällen bzw. MerkmalskombinationenZweck: Ordnungsstrukturen entdecken
Idealtyp: Konfiguration von Extremwerten auf den VergleichskategorienZweck:Gedankliche Analyse der Funktionslogik solcher
(Extrem-)Konfigurationen (‚Gedankenexperimente‘)Analyse und Beurteilung von realen Fälle oder
Merkmalskombinationen anhand der in solchen ‚Gedankenexperimenten‘ gewonnenen Vermutungen
Schnittstelle zur mathematischen Modellierung politischer Prozesse
(‚positive political theory‘)
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Wie arbeitet man (dreidimensional)
mit ‚Idealtypen‘?
Variable I
Variable III
Variable II Fallgruppe C
Fallgruppe A Fallgruppe B
Fälle
Fragestellung
‚Idealtypen‘: durch Theoriebildung ‚konstruiert‘
Idealtypologie
Interpretation der Fallgruppen
im Licht der Idealtypen
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Zusammenfassung:Was ist eine Typologie?
Eine Typologie ist ein mehrdimensionaler Merkmalsraum.
Dessen Dimensionen werden von zentralen forschungsleitenden Variablen gebildet.
Innerhalb dieses Merkmalsraums werden die Fälle anhand der Merkmalsausprägungen dieser forschungsleitenden Variablen sortiert.
Bilden sich dabei ‚Cluster‘ von Fällen, so hat man (Real-) ‚Typen‘ gefunden und kann auf ihnen eine (Real-) ‚Typologie‘ aufbauen.
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Zweck einer Typologie
‚Kurzschrift‘ für Ergebnisse von (System-) Vergleichen
Systematisierung erarbeiteten Wissens
Aufbewahrung und Verfügbarhaltung erarbeiteten Wissens
Inspiration für weiterführende Fragestellungen
Rolle als ‚forschungsleitende Theorie‘
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Arten von Typologien
Idealtypologie vs. Realtypologie z.B. Max Webers Typen ‚reiner Legitimität‘ vs. Typologie freiheitlicher Regierungssysteme:
parlamentarisch – semiparlamentarisch – präsidentiell Strukturtypologie vs. Prozesstypologie
z.B. Gesellschaftsstruktur: agrarisch – industriell – postindustriell vs.
Gesellschaftsentwicklung: Evolution – Revolution - Transformation
Globaltypologie vs. Bereichstypologie z.B. Typologie politischer Systeme im allgemeinen vs. Typologie freiheitlicher Regierungssysteme
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Klassifikationen
= sind Merkmalsräume beliebig vieler theoretisch gut begründeter Dimensionen, in denen sich alle Untersuchungsfälle eindeutig genau einer einzigen Stelle im Klassifikationssystem zuordnen lassen.Beispiele: Periodensystem der Elemente,
Klassifikation der Tiere und Pflanzen ‚schwächere‘ Form: Taxonomie
= Merkmalsraum, in dem die Untersuchungsfälle vorläufig und ohne Anspruch auf bleibende theoretische Trennschärfe gegliedert werden
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Damit sollte klar sein …
was ein-, zwei- und dreidimensionale Merkmalsräume sind und wie man mit ihnen arbeitet
was Typologien sind und wofür sie dienen was insbesondere die Unterschiede zwischen Real-
und Idealtypen bzw. Real- und Idealtypologien sind welche weiteren Formen von Typologien man
unterscheidet was Klassifikationen und Taxonomien sind sowie
wofür man sie nutzt in welchem Verhältnis die Entdeckung von
‚Gestalten‘ bzw. Strukturen im interessierenden Wirklichkeitsausschnitt zum Versuch steht, Aufgefundenes zu erklären
Noch Fragen? – Bitte!