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RICHTIGE GETANKT? - Flat 6 Forum · Alles über Benzin, Teil 2 schon teuer genug ist. Doch nur...

Date post: 09-Aug-2019
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RICHTIGE GETANKT? DAS R ennfahrer Biberle spendiert seiner Hoyasuki 1000 RR nur das Beste. Wenn er auf dem Karbunkelring um die goldene Ananas fährt, tankt er Super Plus oder besser noch 101-Oktan-Ulti-Power von Sharal. Willi Müller dagegen befeuert seinen alten BMW-Boxer mit billigstem Baumarkt-Benzin: „Damit fährt der schon immer.“ Wer hat nun Recht? In beiden Extremen soll gespeicherte chemische Energie durch Verbrennung Wärme und möglichst viel Bewegungs- energie freisetzen. Motorenbenzin ist ein energiereiches Gemisch aus 100 bis 400 Einzelsubstanzen. Es besteht vor allem aus Kohlenwasserstoffen mit fünf bis zwölf Kohlenstoffatomen und sauerstoffhaltigen Komponenten (Ether und Alkohole). Mindestanforderungen legt die europä- ische Kraftstoffrichtlinie fest. Jede Tankstelle in Deutschland muss nach DIN EN 228 zerti- fiziertes Benzin liefern. Sie erfasst Parameter wie Dichte, Schwefel- und Sauerstoffgehalt, Siedeverlauf und maximalen Dampfdruck. BENZIN ALLES ÜBER RE PORT TEIL 1 Förderung, Aufbereitung und Raffina- tion von Erdöl/Benzin TEIL 2 In diesem Heft: Benzinsorten, Klopffestig- keit und Additive TEIL 3 In MOTORRAD 13/2011: Alkohol im Tank – E5 und E10 im Vergleich Oktanzahlbestimmung Prüfmethode ROZ Research- Oktanzahl MOZ Motor- Oktanzahl Drehzahl Umdrehungen pro Minute 600 900 Zündeinstellung 13° vor OT 14° bis 26° vor OT Ansaugluft 51,7 ± 5° C 38° C Gemischvorwärmung 149° C Verdichtungsverhältnis 4:1 bis 16:1 4:1 bis 16:1 Kühlwassertemperatur 100° C 100° C Es lohnt sich, vor dem Griff zur Zapfpistole ein wenig über die unterschiedlichen Benzinsorten und Kraftstoffqualitäten nachzudenken. Und unter Umständen auch ein paar Cent mehr auszugeben … Von Jürgen und Thomas Schmieder; Fotos: Aral, jkuenstle.de, Shell, TSR Immer noch wird die Klopffestig- keit von Prüfkraftstoffen im simplen CFR-Einzylindermotor mit variabler Verdichtung gemes- sen. Die ROZ als üblichere Oktan- zahl erfasst Beschleunigungsklin- gen; die MOZ dagegen bei etwas höherer Drehzahl gefährlicheres Hochgeschwindigkeitsklopfen 106 REPORT 12/2011
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RICHTIGE GETANKT?DAS

Rennfahrer Biberle spendiert seiner Hoyasuki 1000 RR nur das Beste.

Wenn er auf dem Karbunkelring um die goldene Ananas fährt, tankt er Super Plus oder besser noch 101-Oktan-Ulti-Power von Sharal. Willi Müller dagegen befeuert seinen alten BMW-Boxer mit billigstem Baumarkt-Benzin: „Damit fährt der schon immer.“ Wer hat nun Recht?

In beiden Extremen soll gespeicherte chemische Energie durch Verbrennung Wärme und möglichst viel Bewegungs-energie freisetzen. Motorenbenzin ist ein energiereiches Gemisch aus 100 bis 400 Einzelsubstanzen. Es besteht vor allem aus Kohlenwasserstoff en mit fünf bis zwölf Kohlenstoff atomen und sauerstoff haltigen Komponenten (Ether und Alkohole).

Mindestanforderungen legt die europä-ische Kraftstoff richtlinie fest. Jede Tankstelle in Deutschland muss nach DIN EN 228 zerti-fi ziertes Benzin liefern. Sie erfasst Parameter wie Dichte, Schwefel- und Sauerstoff gehalt, Siedeverlauf und maximalen Dampfdruck.

BENZINALLES

ÜBER

R E P O R T

TEIL 1 Förderung, Aufbereitung und Raffina-tion von Erdöl/Benzin

TEIL 2 In diesem Heft: Benzinsorten, Klopffestig-keit und Additive

TEIL 3 In MOTORRAD 13/2011: Alkohol im Tank – E5 und E10 im Vergleich

Oktanzahlbestimmung

Prüfmethode ROZResearch-Oktanzahl

MOZMotor-Oktanzahl

DrehzahlUmdrehungen pro Minute

600 900

Zündeinstellung 13° vor OT 14° bis 26° vor OT

Ansaugluft 51,7 ± 5° C 38° C

Gemischvorwärmung – 149° C

Verdichtungsverhältnis 4:1 bis 16:1 4:1 bis 16:1

Kühlwassertemperatur 100° C 100° C

Es lohnt sich, vor dem Griff zur Zapfpistole ein wenig über die unterschiedlichen Benzinsorten und Kraftstoffqualitäten nachzudenken. Und unter Umständen auch ein paar Cent mehr auszugeben … Von Jürgen und Thomas Schmieder; Fotos: Aral, jkuenstle.de, Shell, TSR

Immer noch wird die Klopffestig- keit von Prüfkraftstoffen im simplen CFR-Einzylindermotor mit variabler Verdichtung gemes-sen. Die ROZ als üblichere Oktan-zahl erfasst Beschleunigungsklin-gen; die MOZ dagegen bei etwas höherer Drehzahl gefährlicheres Hochgeschwindigkeitsklopfen

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Im Prüfl abor testet man die Klopff estigkeit im Verhältnis zu n-Heptan und Iso-Octan

Bleifrei und schwefel-arm sind alle Benzin-sorten in Deutschland. Unterschiede liegen vor allem in der Oktanzahl, der Klopffestigkeit. Es gilt eine einfache Regel: Eine höhere Oktanzahl kann nie schaden, eine niedrigere sehr wohl. Im Zweifelsfall lieber eine Stufe hochwer-tiger einsteigen

Benzin lässt sich im Brennraum nur als zündfähiges Gemisch aus gasförmigem Kraftstoff und Luft verbrennen. Doch zu frühes oder zu starkes Verdampfen könnte Dampfblasenbildung im Kraftstoff system verursachen. Anders als Reinstoff e, wie etwa Wasser, hat Benzin keine exakt defi -nierte Siedetemperatur. Seine Komponen-ten verdampfen in einem weiten Tempera-

Vergleichskraftstoff e

*Ultimate 102 von Aral/BP, V-Power Racing 100 von Shell, OMV Super 100 (in Österreich)

Unverzweigte Kohlenwasserstoff e sind bei hohen Tempera-turen und Drücken instabiler, ihre Ketten zerbrechen. Daher neigen sie im Motor zu unerwünschter Selbstentzündung. Die Folge ist unkontrol-lierte Verbren-nung.

Verzweigte Kohlenwasserstoff e sind stabiler. Sie neigen weniger zum Klingeln oder Klopfen. Der Leitsubstanz Iso-Octan wurde per Defi nition die Oktanzahl 100 zugewiesen. Also genau das andere Ende des Spektrums von n-Heptan mitder Oktanzahl 0.

n-Heptan C7H16, Oktanzahl 0

Iso-Octan (2,2,4-Trimethylpentan) C8H18, Oktanzahl 100

turbereich von 30 bis 220° C, dies garantiert Zündfähigkeit bei jeder Witterung.

Eine entscheidende Kenngröße von Benzin ist die Oktanzahl. Sie ist ein Maß für die Stabilität der Kraftstoff e bei hohen Drücken und Temperaturen, ihre Klopf-festigkeit. Dies ist die Fähigkeit, im Motor nicht unkontrolliert durch Selbstentzün-dung zu verbrennen („klopfen“), sondern präzise durch den Zündfunken gesteuert.

Ihre ROZ (Research-Oktanzahl) unter-scheidet die einzelnen Benzinsorten: 95 bei Super, 98 bei Super Plus, 100 oder 102 Oktan bei Premiumkraftstoff en von Shell und Aral. Je höher die ROZ, desto weniger neigt der Treibstoff zum Klopfen beim Beschleunigen aus niedriger Drehzahl. Weil dieses sogenannte „Klingeln“ nur kurzfristig auftritt, ist es relativ harmlos.

Dagegen erfasst die niedrigere MOZ (Motor-Oktanzahl) das gefährlichere Hoch-geschwindigkeitsklopfen. Dazu kann es unhörbar auf Rennstrecken und bei Top-speed auf der Autobahn kommen. Dabei verbrennt das Gemisch nicht wie im Ideal-fall mit kugelförmiger Flammfront von der

Zündkerze aus, sondern chaotisch mit rund zehnmal höherer Flammgeschwindig-keit von etwa 300 Metern pro Sekunde.

Dies und der Zusammenprall der Flammfronten bedingen enorm hohe Druckspitzen. Sie können zu Leistungsver-lust und Motordefekten, wie verbrannten Zylinderkopfdichtungen und Auslass-ventilen sowie Schäden am Kolben führen. Rennfahrer Biberle fährt also gut mit teurem, hochoktanigem Kraftstoff .

Klopfneigung besteht vor allem bei großen Einzelhubräumen, besonders bei luftgekühlten Zweiventilern. Sie werden heißer, und die dezentrale Zündkerze ver-ursacht lange Flammwege, etwa bei Guzzis, Harleys oder alten BMW-Boxern. Also aufgepasst, Willi Müller. Die Klopftendenz steigern hohe Verdichtung, hohe Motor- und Ansauglufttemperatur (Autobahnvoll-gas, Sommer), hoher Luftdruck, Ablage-rungen im Brennraum und niedrige Oktan-zahlen des Benzins. Höheroktaniger Sprit dagegen bietet Sicherheitsreserven selbst bei zu magerer Vergaserabstimmung.

Gute Brennraumgestaltung, Wasser-kühlung und kleine Einzelbrennräume senken das Risiko der Selbstentzündung. Daher reicht modernen Vierventilern mit zentraler Zündkerze oft Normalbenzin oder Eurosuper 95, selbst wenn die Verdichtung über 10:1 liegt. Früher dienten giftige Blei-verbindungen (Tetra-Ethyl-Blei) als Klopf-bremsen, sie erhöhten die Oktanzahl. Sie wurden per Gesetz verboten. Ihre Aufgabe übernehmen heute spezielle Ether wie MTBE, ETBE und Kohlenwasserstoff -Kompo-sitionen mit spezieller chemischer Struktur.

Ringförmige, verzweigte und unge-sättigte Kohlenwasserstoff e stabilisieren den Kraftstoff bei hohen Temperaturen besser als lange Ketten. Sie sind druck-stabiler und klopff ester – ein Kennzeichen von Super Plus und Premiumkraftstoff en. Sie verbrennen zudem zumeist sauberer und besonders vollständig. Davon profi tie-ren auch leistungsstarke, hoch drehende Motoren. Mitunter ist dieser Eff ekt in Form „weicheren“ Motorlaufs und spontaneren Ansprechens auf Gasbefehle spürbar. Der Tipp lautet: Einfach mal eine komplette Tankfüllung ausprobieren, auch wenn Sprit

Oktanzahl Normal Super Super Plus „Premium“*

ROZ min. 91 min. 95 min. 98 100/102

MOZ min. 82,5 min. 85,0 min. 88,0 über 88,5

Benzinsorten

w w w. m o t o r r a d o n l i n e . d e R E P O R T 1 0 7

Alles über Benzin, Teil 2

schon teuer genug ist. Doch nur Motoren mit Klopfsensor können höhere Oktan-zahlen direkt in mehr Leistung ummünzen.

Klopfsensoren erkennen klopfende Verbrennung und lassen das Steuergerät dann später zünden. Dadurch sinken Ok-tanzahlbedarf und Leistung, der Verbrauch steigt etwas. Bei höheren Oktanzahlen stellt die Motorsteuerung immer frühere Zünd-zeitpunkte ein – mehr Leistung bei sinken-dem Verbrauch, bis der Klopfsensor erneut eine ungeregelte Verbrennung erkennt.

Unterschreiten der Mindestoktanzahl, siehe Bordbuch, riskiert schwere Motor-schäden. Der tatsächliche Oktanzahlbedarf ergibt sich aus Motorkonstruktion, Witte-rungseinfl üssen und Betriebsbedingungen. Er kann mit zunehmender Laufl eistung des Motors stark zunehmen: Manch ältere Ma-schine klingelt mit der vorgeschriebenen Kraftstoff sorte, verlangt nach mehr Oktan. So steigert langsame Fahrweise über län-gere Zeit den Oktanzahlbedarf, weil dann mehr Brennraumrückstände entstehen.

Als Kennzeichen hochwertiger Mar-kenkraftstoff e gelten Additive als quali-tätsverbessernde Zusätze in hoher Dosie-rung. Sie sollen erwünschte Eigenschaften verstärken, unerwünschte unterdrücken und zusätzliche Qualitätseigenschaften ermöglichen, sind aber in der DIN EN 228 nicht zwingend vorgeschrieben. Spezielle Additive, die Detergenzien, halten den Motor sauber, indem sie die Neubildung von Ablagerungen an neuralgischen Punk-ten verhindern. Dazu zählen die Brenn-raummulde, der oberste Kranz des Zylin-ders, wo kein Kolbenring hinkommt, und die Unterseite von Ein- und Auslassventilen.

Die R 1200 GS läuft wie alle BMW-Boxer dank Klopfsensor mit 95-oktanigem Kraftstoff, ist aber optimiert auf ROZ 98

Nach 85 000 km klingelt diese Yamaha XJ 900 N

mit Normalbenzin

Teurer Irrtum. Nach nur drei Kilometern Vollgas mit 95-oktanigem Kraftstoff statt Super Plus 98 war der Motor der KTM RC8 R defekt. Beim Klopfen trifft die von der Zündkerze ausgehende Flammfront auf eine spontan entstehende (o. r.). Folge kann ein Loch im Kolben sein (r.)

Vorgeschriebene Oktanzahlen

Hersteller Vorgeschriebene Kraftstoff -qualitäten (Oktanzahl ROZ)

Ausnahmen/Besonderheiten

Aprilia Alle Modelle: Eurosuper 95

BMW Fast alle Modelle fahren mit Eurosuper 95; Normalbenzin 91 reicht für F 650 GS (Twin) und G 650 GS

Alle Boxer und Vierzylindermodelle laufen optimiert mit Super Plus 98; sie haben mit 95 Oktan geringe Einschränkungen bei Leistung und Verbrauch

Buell Laut Bedienungsanleitungen reicht Eurosuper 95

Die Harley-Davidson GmbH empfi ehlt wegen der höheren Klopff estigkeit Super Plus mit 98 Oktan

Ducati Alle Ducatis ab Modelljahr 1989 benötigen Eurosuper 95

Harley-Davidson Alle Modelle: Eurosuper 95

Honda Fast alle Modelle fahren mit Normalbenzin 91

Eurosuper 95 benötigen Fireblade 1000 (auch C-ABS); Pan European 1300, VFR 1200 F (auch DCT) sowie folgende Youngtimer: CX 500/650 Turbo, VFR 750 R(RC 30), CB 900 F/F2, VF 1000 R, CB 1100 F/R;Super Plus 98 brauch(t)en XL 500 S und R, XL 600 R

Kawasaki Alle Modelle: Eurosuper 95

KTM Alle Modelle: Eurosuper 95; Super Plus 98 benötigt die 1190 RC8 R, Premium-benzin (100 Oktan) die 1190 RC8 Track

Für ausgesuchte Modelle wie 640 LC4 Enduro, 640 LC4 A, 950 Adventure/S und 990 Adventure S kann eine andere Zündkurve aktiviert werden; dann reicht niederoktaniger Kraftstoff von 80 bis 90 Oktan aus

Moto Guzzi Alle Modelle: Eurosuper 95

Suzuki Fast alle Modelle fahren mit Normalbenzin 91

Eurosuper 95 benötigen: GSX-R 600 ab 2011,GSX-R 750 ab 2000, GSX-R 1000 ab 2001, Hayabusa 1300 und B-King 1300 ab 2008; TL 1000 R ab 1998, alle Motocrosser (RM und RM-Z) und alle Wettbewerb-Enduros ohne Straßenzulassung (PE, DR-Z, RM)

Triumph Aktuellen Modellen reicht Normalbenzin 91

Eurosuper 95 benötigen: Daytona 675 und 675 R, Speed Triple, Tiger 1050 und 1050 SE, Sprint GT

Yamaha Die meisten Modelle ver-tragen Normalbenzin 91

Eurosuper 95 brauch(t)en: RD 250/350 LC, RD 350 YPVS, RD 500, SR 500, XT 500, XJ 650 Turbo, YFZ 750 R/SP mit off ener Leistung; ferner YZF-R1 ab 2002 und YZF-R6 ab 2003, MT-03, XJR 1300, WR 125R/X, WR 250 R/X, XT 660 R/X, XT 660 Z Ténéré, XT 1200 Z Super Ténéré, VMAX, XV 1900 A Midnight Star

ACHTUNG: Motorräder, die Super Plus oder noch höheroktanigen Kraftstoff erfordern, können per se nicht mit E10 betankt werden: Dieses hat „nur“ 95 Oktan. Normalbenzin mit ROZ 91 ist in vielen EU-Ländern nicht mehr erhältlich

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Die teilweise koksartigen Ablagerun-gen auf Einlassventilen und Kolbenböden werden oft fälschlicherweise „Ölkohle“ ge-nannt, stammen bei Viertaktmotoren aber überwiegend aus Kraftstoff rückständen.

Vor allem Ablagerungen auf Einlass-ventilen machen den Motor im Extremfall asthmatisch. Sie behindern freies „Atmen“ des Motors und können unkontrollierte Ver-brennung fördern. Wie ein Schwamm oder Bimsstein saugen sie Kraftstoff auf und geben ihn verzögert wieder ab. Sie können so das Gemisch abmagern, kalt Start-probleme verursachen sowie heiß gefahren Ruckeln und unrunden Motorlauf durch Füllungs- und Leistungsverluste bedingen.

Auch in der Brennraummulde des Zylinderkopfs und auf den Unterseiten von Ein- und Auslassventilen können hochwer-tige Additive die Bildung klopff ördernder Ablagerungen eindämmen. Wirksame Additive können Rückstände im besten Fall sogar wieder entfernen. Motorentuner Hennes Löhr von LKM etwa empfi ehlt für seine Motoren Super Plus, „weil sie dann

sauberer bleiben“. „Tuning durch Treibstoff “ erscheint insofern durchaus plausibel.

Weitere Bestandteile moderner Addi-tivpakete sind Korrosionsinhibitoren. Sie überziehen metallische Teile in Tank, Benzinleitungen und Einspritzsystem mit einem Schutzfi lm, um Rostbildung durch Feuchtigkeit an Metalloberfl ächen zu verhindern. Reibungsverminderer sollen an Stellen, wo kaum Motoröl hinkommt, wie dem ersten Kolbenring, Reibungsverluste minimieren. Rund zwei Prozent Einspar-potenzial verspricht Shell für seine Effi zienz-verbesserer, die z. B. im 95-oktanigen Super-Kraftstoff „Fuel Save“ enthalten sind.

Oxidationsinhibitoren wiederum ver-bessern die Lagerstabilität, und vermei-dung die Bildung harzartige Rückstände (Gum) z. B. in Vergasern. Generell dürfen alle Additive nach der Verbrennung keine unerwünschten Rückstände hinterlassen.

Insbesondere in Südeuropa sollte man Super Plus oder höher tanken (falls verfüg-bar), will man Ablagerungen vermeiden. Denn selbst im Industrieland Italien enthält

95-oktaniges Euro super kaum Additive. Mit Millionenaufwand entwickeln namhafte Mineralölkonzerne in aufwendigen Labor- und Flottentests, auch mit Motorrädern, laufend ihre Additivrezepturen weiter. Maß-geschneiderte Kohlenwasserstoff e und Additivpakete sichern einheitliche Kraft-stoff qualität, unabhängig vom Rohöl und dem technischen Stand der Raffi nerie. Dies können Billigtankstellen kaum garantieren.

Große Konzerne betreiben eigene Raffi nerien; doch je nach örtlichen Gege-benheiten kaufen auch sie so genannte Tauschware zu. Der mischen sie ihre eige-nen spezifi schen Additive bei – noch in der Raffi nerie oder kurz vor der Befüllung der Tankwagen („Endpunktdosierung“), zum Teil zusammen mit speziellen Farbstoff en.

Selbst in Markenkraftstoff machen Addi-tive nur rund ein bis 1,5 Gramm pro Kilo-gramm (bis 0,15 Promille) aus. Dies mindert ihre Bedeutung nicht. Zum Vergleich: Die Menge an Aromastoff en in Rotwein oder an Spülmittel im Waschwasser ist viel geringer. Kleine Konzentration, große Wirkung.

Additive in Markensprit sollen Ablage- rungen auf Einlassventilen verhindern und abbauen: links in einer GSX-R 1000 nach 4000 km mit minderem Sprit, r. nach 5000 weiteren km mit Premiumbenzin

Der „Stahlfingertest“ prüft das Korro- sionsverhalten von Kraftstoffen. Links mit sehr gutem Additivpaket, rechts die Wirkung von unadditiviertem Benzin

Ducati Corse, die Rennabteilung von Ducati, koope-riert seit vielen Jahren mit dem Krafstoffl abor von Shell. Ziel ist die Leistungs- und Verbrauchsoptimie- rung, erst auf der Rennstrecke, später auf der Straße

Chemisch ist Motorenbenzin ein komplexes Stoffgemisch aus rund 100 bis 400 verschiedenen Substanzen: eine homogene, klare Lösung. Die Inhaltsstoffe stammen vor allem aus dem dunklen Rohöl (Mitte hinten) – direkt oder nach Synthese, wie dem Cracken, in der Raffinerie

Ausgangsstoff e Zieleigenschaften Auswirkungen

● Alkane optimale Flüchtigkeit gute Zündwilligkeit● Alkene hohe Oktanzahl hohe Motorleistung● Cycloalkane niedrige Emissionen Umweltschonung● Aromaten hoher Energiegehalt niedriger Verbrauch● Ether vollständige Verbrennung gute Klopffestigkeit● Additive z. B. sauberer Brennraum lange Lebensdauer● Alkohole nachwachsende Energie gute CO2-Bilanz


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