RETTER IM SPANNUNGSFELD DER
ZWISCHENMENSCHLICHKEIT
Um diesem Auftrag gerecht zu werden, haben wir zu den Interviews im Vorfeld
auch Frau Andrea Bundi (damals TOA-Lernende, heute Diplomierte) sowie
Manuela Strelka (TOA- Lernende in der Abschlussphase) für dieses Projekt
gewinnen können. Eindrücklich war für uns, viele Fachbegriffe und Instrumente
kennen zu lernen.
Am 05.11.05 wurde die Fachtagung des schweizerischen Fachverbandes der
TOA (Technische Operations- Assistent/in) im Kantonsspital Aarau
durchgeführt. Um die 150 - 200 Personen aus vielen Teilen der Schweiz und
verschiedenen interdisziplinären Berufen rund um die TOA haben daran
teilgenommen. Das Forumtheater Agorã präsentierte:
„Retter im Spannungsfeld der Zwischenmenschlichkeit“
Nun sollen Blitzlichter, Interviewfragmente und Eindrücke Ihnen einen kleinen
Einblick der Aktion und unserer Erkenntnisse per Mausklick ermöglichen.
Louisa Sebos
INTERVIEWFRAGMENTE
„...viele Berufsgruppen arbeiten zusammen. Interdisziplinär muss dementsprechend
koordiniert werden. Jede Berufsgruppe in sich befolgt wiederum ihren eigenen Einsatz- und
Arbeitsplan. Die Anästhesie zum zum Beispiel weiss genau bescheid, dass sie warten muss
bis die TOA bereit ist, danach wird es sehr eng, dennoch gibt es Teams, wo du jeden
Morgen der Anästhesie sagen musst, dass es noch nicht Zeit ist, der will einfach reinfahren,
der hat seinen Arbeitsplan, aber du bist noch nicht fertig, dann kommt noch die
Lagerungspflegende die auch schon reinfahren will......“
„.....die TOA will es gut machen, macht alles bereit, dann braucht sie z.B. einen ´Statler´
aber da gibt es verschiedene und wie soll sie wissen welchen der Chirurg bevorzugt, dann
ist er wütend wenn du ihn fragst, weil er im Stress ist, und noch gar nicht weiss ob er einen
braucht, und wenn es dann soweit ist, ist alles wieder viel zu eng.....“
„.......die Art und Weise ist es die es ausmacht, dass man einen Stress hat ist OK, da wird
jeder hektisch. Oft aber ist es nicht begründet, dann nämlich, wenn es nicht gemäss den
gemachten Vorstellungen läuft, das Leben des Patienten ist nicht gefährdet, aber der
Eingriff gelingt nicht grad aufs Erste. Der Frust wird dann weiter geleitet und das macht
dann die Stimmung aus.....“
„...Menschen arbeiten zusammen, stehen und stehen und stehen, dienen zu
(Instrumente reichen) und manchmal sind sie auch nervös, weil der Eingriff kompliziert
ist oder viel länger dauert als geplant. Am besten ist, wenn dir der Chirurg bekannt ist,
dann kennst du seine Art, aber wenn es ein externer Chirurg ist, dann stimmen die
Handgriffe nicht und dann braucht es Nerven aus Stahl. Für beide Seiten.......“
„....nein Supervision haben wir nicht, das Team ist gross und zum schwatzen haben wir
keine Zeit. Gut wäre es, aber ich wüsste nicht wann wir das durchführen sollten und
wer das bezahlen würde. Ausserdem haben wir teilweise eine hohe
Personalfluktuation oder externe Mitarbeiter/innen. Wie willst du diese einbinden? Mit
der Zeit kennt man einander, man gewöhnt sich oder gewöhnt sich nicht......“
EINDRÜCKE AUS DEN GESPRÄCHEN
Über einiges gab es starke Übereinkunft anderes konnte nicht
eingeordnet werden als gemeinsamer Nenner.
Wir haben engagierte und interessierte Menschen angetroffen. Da wir
uns vorwiegend mit schwierigen Situationen im Arbeitsalltag beschäftigt
haben für dieses Projekt, soll hier auf die vielen Arbeitssituationen
hingewiesen werden, in welchen die Kommunikation auch unter
schwierigen Umständen sehr gut funktioniert.
Insgesamt wurden 20 TOA´s befragt, aus Praxis, Lehr- und
Lernbereich, eine TOA – Klasse und fünf Personen, welche
einen Operativen Eingriff erlebt haben.
HOHE ÜBEREINKUNFT
Hohe Übereinkunft bestand darin, dass es wohl gut ist, sich eine dickere Haut zuzulegen, Dinge nicht zu
persönlich zu nehmen und sich seinen eigenen Teil zu denken. Diese Haltung berge nebst ihrer Nötigkeit
aber auch Gefahren. Spannungen werden dann nicht angesprochen und können unkontrolliert zum
Vorschein kommen. Überhaupt leide darunter die Feedbackkultur, auch etwas positives zu sagen!
Eine dickere Haut zulegen
Das Spannungsfeld zwischen der Routine, (eingeschliffene Abläufe ermöglichen eine enorme
Geschwindigkeit in der Erledigung der Aufgaben) und dem „Offen - Sein für Neues“ scheint für viele eine
Herausforderung zu sein. Einerseits soll bewährtes bewahrt, andererseits neues aufgenommen und
integriert werden. Solche Konsolidierungsprozesse vermindern jedoch die Geschwindigkeit durch Routine
(wie bei Spannungsfeld: Theorie-Praxis-Transfer).
Routine
Räume/Gefässe für die Kommunikation werden eher für den fachlichen Austausch oder zur Klärung
organisatorischer Fragen genutzt. Unklarheiten werden eher bilateral geklärt. Wie sich solches auf die
„Gerüchteküche“ auswirkt oder zu mehr Klarheit führt, konnte nicht herausgefunden werden.
Besprechungen
Freizeit, Psychohygiene
Der Beruf wird geliebt! Die Freundschaften, Hobbys und den Familienkontakt so gut wie möglich
(entsprechend der Dienstzeiten) zu pflegen, scheint sehr vielen befragten wichtig zu sein.
Personalfluktuation
DIAMETRAL
Der Einfluss durch die Personalfluktuation wird sehr unterschiedlich gewichtet. Eine Verminderung der
Solidarität unter den Mitarbeitenden aufgrund von „Fremd sein“ und dem Verlust von ´Teamwissen´
durch „Abgänge“ wird genau so erlebt wie die Verstärkung des Zusammenhaltes, weil man sich
zusammenrauft da man das Team sich neu bilden muss. Einerseits wird der Wechsel als
unangenehme Unruhe erlebt, für andere wird der Aspekt der Erneuerung von zwischenmenschlichen
Ablaufs- und Informationsaustauschbereichen positiv Bewertet.
Einerseits wird der stete Personalwechsel als Bestandteil des Berufes akzeptiert, andererseits ist man
auch stolz darauf in einem beständigen Team zu arbeiten. Dieser Stolz begründet sich aus der
Zuschreibung an die eigene Fähigkeit im Team die Teamkultur zu pflegen. Diese Pflege sei wichtig,
weil sich sonst eine Art Hackordnung, etablieren kann, so dass es schwierig wird die eigene Rolle
noch genügend zu gestalten.
Lagerungspflegende fühlen sich scheinbar von Diplomierten oft nicht sehr ernst genommen oder
gar belächelt.
Andere wiederum berichten, heutige Lagerungspflegende verfügen über eine eigene Berufsidentität
und sie treten sehr wohl auch selbstbewusst und mit Sinn für interdisziplinäres Zusammenwirken
auf.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Liebe zur eigenen Tätigkeit wird sichtbar in der Kreativität, die
aufgebracht werden kann um die eigene Rolle in diesem Beruf lebendig
zu gestalten. Dies scheint gleichzeitig mit der Möglichkeit
einherzugehen, ein potentielles Burnout aufzufangen.
(L. Sebos, Gedanken durch die Befragungen)
ZWEI EINDRÜCKE AUS DER
INTERVENTIOSPHASE IM
FORUMTHEATER
ZUSAMMENARBEIT IN STRESSSITUATIONEN
Es ist schon wahr, dass in der Hektik der Ton sehr scharf werden kann. Das gesamte OP-
Team besteht aber auch aus krisengeprüften Berufsleuten, welche umstellen können um der
Sache zu dienen. Konzentriert wird zusammengearbeitet.
Der Arzt und die TOA können aus der kommunikativen Stressspirale aussteigen.
Wir versuchten uns mit realistischen Interventionsmöglichkeiten aus der Sicht der TOA und
aus der Sicht des Arztes.
Gute Kommunikation soll nicht in der ´Reduktion auf Sachlichkeit´ verstanden werden. Die
Zusammenarbeit soll auf faire Art angesprochen werden.
Gute (klärende, menschliche) Kommunikation ist auch in
Stresssituationen möglich. Dazu braucht es beherzte TOA´s,
Anästhesisten und Ärzte. Natürlich kommt es auch auf den Status dieser
Person an.
INTERDISZIPLINÄRE ZUSAMMENARBEIT
Komplex scheint die Koordination der verschiedenen Arbeitsbereiche zu sein. Rein planerisch
kann sich das einfacher bewerkstelligen, als es dann in der Praxis geschieht. Der Alltag
besteht aus sehr vielen nicht planbaren Variablen, welche neben den klaren, eingeschliffenen
Abläufen und Strukturen stehen. Die Kommunikation steht auch hier im Zentrum. Diese ist
aber wiederum Abhängig von Persönlichkeit, dem Kommunikations- und Verhaltensstil, dem
Stresspegel, der verwendeten Bewältigungsmethode und dem systemischen Zusammen- und
Einwirken der gerade anwesenden Mitarbeiter/innen.
Wir versuchten uns in kommunikativen Ausstiegsmöglichkeiten, welche realistisch denkbar
wären.
Was es dazu braucht?
In der Anspannung der Emotionalität ist der gesamte Organismus (das gesamte System) auf
„Überlebenssicherung“ eingestellt. Die reflektorischen Fähigkeiten, welche aus der Metaebene
ansonsten sehr gut funktionieren, sind blockiert. Darüber braucht es ebenfalls Kenntnis
(Bewusstsein) und die Aktivierung von Selbstmanagement.
Das Wissen, dass Aussteigen möglich ist und das Erkennen das der/die Andere (Konfliktpartner)
dies nun scheinbar gerade versucht
´Das Gespräch danach´ zu suchen wäre sicher wichtig, es kann aber nicht immer genutzt
werden, da die Zeitressource dafür nicht vorhanden ist. Fast einfacher ist es sich die ´dicke Haut´
anzueignen, es nicht persönlich zu nehmen, zu lächeln und zu denken: „dass hier ist unser
Dschungel, ich arbeite gerne in diesem Beruf“.
WHO SHALL SURVIVE?
„...Na ja, wenn der Eingriff vorbei ist, dann
sind alle wie verändert. Vorher wurdest du
vielleicht plötzlich geduzt oder wurdest
heruntergekanzelt und am Schluss fällt der
Mundschutz und da sieht man einander als
Menschen und es heisst, super, das war
gute Arbeit. Man gibt sich die Hand und hat
ein gutes Gefühl. Es fühlt sich an wie ein
anderer Film. Dabei waren das die selben
Personen.
Wir sind schon ein spezielles Volk...“
AGORA TEAM FÜR
DIESE TAGUNG
Regie und Spielleitung:
Louisa Sebos (Zupan) (kein Bild)
Verena Poestgens
Gabriel Gugler
Nadia Zupan
Manuela Strelka
Andrea Bundi (kein Bild)
LINKS
http://www.toa.ch
http://www.toa-zh.ch
http://www.sbvtoa.ch
Forumtheater Agorã
www.forumtheater.com