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Report Psychologie 6/11 Leseprobe

Date post: 10-Mar-2016
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Soldatenalltag in Afghanistan
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6|2011 G 3777 FACHZEITSCHRIFT DES BDP ZEITSCHRIFT DES BERUFSVERBANDES DEUTSCHER PSYCHOLOGINNEN UND PSYCHOLOGEN E.V. 36. JAHRGANG JUNI 2011 Selbstdarstellung und Persönlichkeit 300 Psychologiestudenten beim BV-Kongress WWW.BDP-VERBAND.DE reportpsychologie Soldatenalltag in Afghanistan
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6|2011

G 3777FACHZEITSCHRIFT DES BDPZEITSCHRIFT DES BERUFSVERBANDES DEUTSCHERPSYCHOLOGINNEN UND PSYCHOLOGEN E.V.36. JAHRGANGJUNI 2011

Selbstdarstellung undPersönlichkeit

300 Psychologiestudentenbeim BV-Kongress

W W W . B D P - V E R B A N D . D E

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Selbstdarstellung und Persönlichkeit: Ergebnisse eines anwendungsorientierten Forschungsprogramms

Karl-Heinz Renner, FernUniversität in Hagen

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Selbstdarstellung als diagnostisches Problem?Immer dann, wenn ein Persönlichkeitspsychologe seinemroutinemäßigem Tagewerk nachgeht und versucht, Per-sönlichkeitsmerkmale zu erfassen, muss er sich nolens vo-lens auch mit Selbstdarstellung befassen. Selbstdarstel-lung wird nämlich nicht nur diagnostisch durch entspre-chende Skalen erfasst, sondern kann auch die diagnosti-sche Situation beeinflussen (vgl. zur Übersicht Schütz &Marcus, 2004). Da die Vermittlung von Bildern der eige-nen Person sowohl in authentischer als auch in täu-schender Absicht erfolgen kann, besteht prinzipiell na-türlich auch bei der Selbsteinschätzung von Persönlich-keitsmerkmalen im Fragebogen die Möglichkeit, die eineoder andere Form der Selbstdarstellung einzusetzen.Wenn zudem vermutet werden kann, dass Probanden imAllgemeinen dazu neigen, ihre Antworten im Fragebogengerade in Bewerbungssituationen in Richtung sozialerErwünschtheit zu verzerren, dann stellt sich die Frage: Istdas wirklich ein Problem? Marcus (2003) hat gezeigt,dass sozial erwünschte Selbstbeschreibungen in Persön-lichkeitsfragebögen im Rahmen der Eignungsdiagnostiknicht so problematisch sind, wie gemeinhin angenom-men wird. Vielmehr zeugt es von rezeptiver Selbstdar-stellungskompetenz, wenn ein Bewerber die Anforde-rungen der Situation und die Erwartungen der relevan-ten Entscheidungsträger zutreffend erkennt und sich(auch) im Fragebogen oder Interview dementsprechenddarstellt. In Berufen, die viel Kundenkontakt und Emo-tionsbewältigung erfordern (z.B. Verkäufer, Flugbeglei-ter), ist Selbstdarstellungskompetenz eine zentrale An-forderung. Wenn ein Bewerber oder eine Bewerberin

beim Ausfüllen eines Fragebogens in der Lage ist, die re-levanten Anforderungen zu erkennen, dann indiziert dasmöglicherweise, dass er oder sie auch außerhalb desFragebogens dazu in der Lage ist. Diese Hypothesekönnte den empirischen Befund erklären, nach demSelbstdarstellung – obwohl das gemeinhin angenommenwird – die Validität verfälschbarer Persönlichkeitsfrage-bogen in der Personalauswahl nicht beeinträchtigt (Mar-cus, 2003). Studien von Blickle, Momm, Schneider, Gan-sen und Kramer (2009) gehen sogar noch einen Schrittweiter: Sie zeigen, dass akquisitive Selbstdarstellung dieKriteriumsvalidität von Personalentscheidungen nichtverringert, sondern verbessert. Blickle et al. schlagen da-her vor, die Bearbeitung eines Persönlichkeitsfragebogensin der Eignungsdiagnostik als Arbeitsprobe zu konzep-tualisieren.

Selbstdarstellung ist ein zentraler und durchgängigerAspekt der menschlichen Persönlichkeit. In der Psy-chologie umfasst Selbstdarstellung sowohl den Aus-druck »wahrer« Persönlichkeitsmerkmale oder »echter«aktuell empfundener Emotionen als auch die strate-gisch positive Darstellung eigener Qualitäten sowie cle-veres Bluffen, Täuschungen bis hin zur Hochstapelei. Vordem Hintergrund theoretischer und empirischer Be-funde zu Mark Snyders Self-Monitoring-Konzeptionwird die Relevanz von Persönlichkeitsunterschieden inder Selbstdarstellung bei arbeits- und organisations-psychologischen Fragestellungen verdeutlicht. Insbe-sondere klinisch-psychologische Themen wurden in denForschungsarbeiten zum akquisitiven und protektiven,zum perfektionistischen und zum histrionischen Stil derSelbstdarstellung aufgegriffen. Ein dynamisch-transak-tionales Prozessmodell zur Veränderung von Persön-lichkeitsmerkmalen durch Selbstdarstellung wird skiz-ziert und am Beispiel von Trainingsprogrammen zur Re-duktion von Redeängstlichkeit veranschaulicht. Ab-schließend wird gezeigt, dass Selbstdarstellung sogarnotwendig sein kann, um authentische Selbstbilder zuvermitteln, und dass sozial erwünschte Selbstbeschrei-bungen in Persönlichkeitsfragebögen im Rahmen derEignungsdiagnostik nicht so problematisch sind, wiegemeinhin angenommen wird.

Z U S A M M E N F A S S U N G

Self-presentation is a core and pervasive feature of hu-man personality. In psychology, self-presentation en-compasses both the expression of «true« personalitycharacteristics and «real« emotions and also the strate-gically positive presentation of one’s own qualities,craftily bluffing, deceptions up to imposture. Based ontheoretical and empirical results on Mark Snyder’s self-monitoring concept, the relevance of individual diffe-rences in self-presentation for research questions in in-dustrial/organizational psychology is highlighted. To-pics in clinical psychology were particularly addressed inresearch on the acquisitive and protective, the per-fectionistic and the histrionic self-presentation style. Adynamic-transactional process model pertaining to per-sonality change via self-presentation is outlined and il-lustrated using the example of trainings for the re-duction of speech anxiety. At last, it is shown that self-presentation may even be necessary to convey authen-tic self images and that social desirability in personalityquestionnaires for personnel selection is not as big aproblem as is commonly believed.

A B S T R A C T

Klauer, Karl Josef: Transfer des Lernens – Warum wir oft mehr lernen als gelehrtwird; Stuttgart: W. Kohlham-mer; 2011;ISBN 978-3-17-021464-4; 26,80 €

Text auf demrückwärtigen Buchdeckel

Ein zentraler Zweck des Lernens be-steht in der Übertragung des Gelern-ten auf neue Herausforderungen. Da-her ist der Transfer des Lernens nichtnur im Rahmen der Lernforschung re-levant, sondern gerade auch im Be-reich des Denkens und des Problem-lösens. In jüngster Zeit wird der Trans-fer von kognitiven Strukturen, vonStrategien und metakognitiven Kom-petenzen intensiv erforscht, so ins-

besondere beim selbst gesteuertenLernen. Dementsprechend ist dieThematik sowohl theoretisch be-deutsam als auch hilfreich in der prak-tischen Anwendung, etwa in Erzie-hung und Bildung, in der beruflichenAusbildung, beim Training mittels Si-mulatoren und sogar beim Coaching.

Ziele des BuchesDer Autor will eine aktuelle umfas-sende Darstellung zur Thematik desLerntransfers geben und den Lesermöglichst nahe an die einschlägigeForschung heranführen. Dabei glie-dert er die zentralen Kapitel des Bu-ches nach den theoretisch bedeut-samen Modellen, die die Forschun-gen leiten. Ausgenommen sind da-von das Einführungskapitel und dasAbschlusskapitel. In der Einführungstellt er die wichtigsten methodolo-gischen Aspekte der Transferfor-schung dar. Das Abschlusskapitelthematisiert die Bedingungen, dieden Lerntransfer modifizieren, alsoauch solche, die negativen Transferbewirken können, bei denen sichalso das Lernen schädlich auswirkt.

Zielgruppen des BuchesAls Zielgruppen gibt der Autor imVorwort an: Studierende der Psy-chologie, Erziehungswissenschaftlerund Ausbilder von Ausbildern fürdie verschiedensten Berufe.

Wie liest sich das Buch?Das Buch liest sich für einen beson-ders forschungsnahen Text sehr gut.Alle zum Verständnis notwendigenAngaben werden rechtzeitig, klarund eindeutig ausgeführt.

Wie gut informiert das Buch die Zielgruppen?

Das Buch informiert die Zielgrup-pen sehr gut und besticht durch dieKlarheit der Gedankenführung beiallen Darstellungen. Der Autor legt

großen Wert darauf, möglichst vieleder wichtigen experimentellen Stu-dien in ihrem theoretischen Zusam-menhang mitsamt ihren Fragestel-lungen, Versuchsplänen und Ergeb-nissen vorzustellen.

Stärken des BuchesDie Stärke des Buches liegt in seinerOrientierung an den einschlägigenForschungen, die sinnstiftend dar-gestellt werden. Es werden die ver-schiedenen Forschungsparadigmaanhand ihrer zentralen Experimentebeschrieben und kenntnisreich dis-kutiert, sodass der Leser zahlreichewichtige Informationen sowohl fürmögliche eigene Forschungen alsauch zur Planung eigener Studienzum Lerntransfer erhält. Der Texteignet sich hervorragend als Lehr-text für das Studium der experi-mentellen Forschungen zum Thema»Transfer des Lernens«.Für das praktische Handeln als Aus-bilder von Ausbildern gibt das Buchviele systematisch geordnete undwohl fundierte Hinwese. Wer etwasanderes erwartet als den vom Autorim Vorwort angekündigten for-schungsnahen Text, der wird ent-täuscht. Der Autor bleibt bei dendargestellten Forschungen, die er an-regend und kenntnisreich diskutiert.

Schwächen des Buches Eine ansprechendere Ausstattung desBuches durch den Verlag hätte es fürdie Handhabung attraktiver gemacht.

Für wen lohnt es sich, das Buch zu kaufen?

Das Buch ist ein Muss für jeden, dersich kompetent mit dem Thema»Transfer des Lernens« befassen will,sei es als Studierender, als Forscheroder Ausbilder von Ausbildern.Prof. Dr. Karl Westhoff, DresdenE [email protected]

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Inhaltsverzeichnisseund weitere

Informationen zu denrezensierten Titeln

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Volbert, Renate & Dahle,Klaus-Peter: Forensisch-psychologische Diagnostik imStrafverfahren. KompendienPsychologische DiagnostikBand 12; Göttingen: Hogrefe; 2010;ISBN 978-3-8017-1460-8; 24,95 €

Text auf dem rückwärtigen Buchdeckel

Das Buch liefert einen Überblicküber die zentralen forensisch-psy-chologischen Fragestellungen imBereich des Strafrechts. Nach einerEinführung in die Rahmenbedin-gungen forensisch-psychologischerSachverständigentätigkeit werdendie methodischen Grundlagen fürdie verschiedenen Gutachtenfrage-stellungen erörtert. Ausführlich undpraxisbezogen wird das Vorgehenbei aussagepsychologischen Frage-stellungen, bei Fragen zur Krimi-nal- und Gefährlichkeitsprognose,zur Schuldfähigkeit, zur strafrechtli-chen Verantwortlichkeit sowie zurEntwicklungsreife erläutert. Die In-formationen berücksichtigen auchdie konkrete Vorbereitung undpraktische Durchführung der Un-tersuchungen sowie die Dokumen-tation und Auswertung der erho-benen Daten. Das Buch zeichnetsich durch eine hohe Informations-dichte bei gleichzeitig guter Les-barkeit aus. Es liefert Studierendender Psychologie einen umfassendenEinblick in zentrale rechtspsycho-logische Begutachtungsfragen undstellt für bereits gutachterlich tä-tige Psychologen einen praktischenLeitfaden dar. Auch für Juristen bie-

tet dieser Kompendienband einengut lesbaren Überblick über Me-thoden und Standards forensisch-psychologischer Gutachtentätigkeit

Ziele des BuchesEs soll einen Überblick geben überdie zentralen forensisch-psycholo-gischen Fragestellungen im Bereichdes Strafrechts: aussagepsychologi-sche Begutachtung, Begutachtungder Gefährlichkeits- und Kriminal-prognose des Rechtsbrechers undBegutachtung der Schuldfähigkeit,strafrechtlichen Verantwortlichkeitund Entwicklungsreife.

Zielgruppen des BuchesStudierende der Psychologie, gut-achterlich tätige Psychologinnenund Psychologen und Juristen.

Wie liest sich das Buch?Das Buch ist gut strukturiert undverständlich geschrieben und imTon sehr sachlich. Die Informationist sehr dicht; Marginalien, Kästenund Abbildungen erleichtern denÜberblick. Bei Begutachtungen, diemehrere Schritte erfordern, werdenSchrittfolge und Entscheidungen inSchemata dargestellt, die die Ab-läufe noch einmal anschaulich ma-chen.

Wie gut informiert das Buch die Zielgruppen?

Um die Inhalte des Buchs komplettnachvollziehen zu können, sind so-lide Grundkenntnisse in Psycholo-gie nötig und mehr als Grund-kenntnisse in psychologischer Di-agnostik. Aber auch für Personenmit geringeren Vorkenntnissen istdas Buch informativ. Juristen (undggf. andere Personen) können auchohne diese Grundkenntnisse nach-vollziehen, ob alle notwendigenSchritte in der Begutachtung statt-gefunden haben, wenn sie ein Gut-achten aus einem der drei darge-stellten Bereiche lesen.

Stärken des Buches� Das Buch ist gut strukturiert undgut lesbar.� Es ist eine gelungene und aktuelleZusammenstellung von rechtlichenAnforderungen, psychologischemGrundlagenwissen und Forschungs-ergebnissen zu den dargestelltenspeziellen Gebieten.� An einigen Stellen beschreibendie Autoren nicht nur das von ih-nen bevorzugte/empfohlene Vor-gehen, sondern auch gängige Al-

ternativen, die sie begründet ab-lehnen.� Im Kapitel zu Gefährlichkeits- undKriminalprognose werden verschie-dene standardisierte Verfahren, diein diesem Bereich relevant sein kön-nen, sehr knapp vorgestellt und ihreEinsatzmöglichkeiten und Grenzenkurz umrissen. Hier kommen auchdie Kombination statistischer undklinischer Urteilsbildung zur Spra-che und die Randbedingungen, diePrognosen erschweren.

Schwächen des Buches � Juristinnen und Juristen könnennach dem Lesen des Buchs zwareinschätzen, inwieweit das Vorge-hen des Gutachters dem Stand derWissenschaft entspricht, die Beur-teilung der Inhalte eines Gutach-tens wird sich aber weiterhin ihrerKenntnis entziehen. Da dafür al-lerdings ein Psychologiestudiumnotwendig ist, ist dies nicht zu um-gehen.� Die beiden Autoren arbeiten auchals Gutachter; das Buch hätte durchmehr Beispiele aus ihrer Praxis anAnschaulichkeit gewonnen.

Für wen lohnt es sich, das Buch zu kaufen?

Für Studierende, die überlegen, inder forensisch-psychologischen Di-agnostik im Strafverfahren zu ar-beiten, für Psychologen, die in die-sem Bereich tätig sind oder seinwollen, sowie für Juristen, die sicheine Meinung bilden möchten, obin einem Verfahren eine grundle-gend brauchbare Begutachtungstattgefunden hat, in der alle wich-tigen Aspekte berücksichtigt wur-den, und für Journalisten, die überein Strafverfahren berichten, in demsolch eine Begutachtung stattge-funden hat.PD Dr. Carmen Hagemeister Dresden E [email protected]

r e p o r t fachwissenschaftlicherteil

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Dass sich die Politik nun mitder Bedarfsplanung be-schäftigt, hat nicht mit ei-

nem Einsehen in die Notwendigkeitder Verbesserung der psychothera-peutischen Versorgung zu tun. Vondaher ist in dem am 8. April veröf-fentlichten Eckpunktepapier (sieheunten) auch nur von Ärzten bzw.Ärztinnen die Rede. Dennoch müs-sen die angedachten Regelungen fürpsychotherapeutische Vertragsbe-handler und -behandlerinnen mit-bedacht werden.Der Anlass für eine Reform der Be-darfsplanung besteht in dem in dennächsten Jahrzehnten befürchteteneklatanten Arztmangel, insbesondereim hausärztlichen Bereich und inländlichen und strukturschwachenGebieten. Dem soll entgegengewirktwerden durch die Steigerung der At-traktivität des Arztberufes, die Auf-hebung der Budgetierung in unter-versorgten Gebieten, eine bessereVereinbarkeit von Familie und Berufsowie verbesserte Möglichkeiten, Fi-lialen aufzubauen, die Aufhebung der

Residenzpflicht, Möglichkeiten für dieKVen und die Länder, in unterver-sorgten Gebieten medizinische Ein-richtungen zu betreiben und dortÄrztinnen und Ärzte anzustellen, undden Abbau von Überversorgungdurch Aufkauf von Praxissitzen. Letzteres würde die psychothera-peutische Versorgung sehr treffen,wird doch hier fast flächendeckendeine Überversorgung behauptet, diede facto nicht vorhanden ist. Zahlrei-che Psychotherapeutensitze könntennicht weitergegeben werden undwürden ersatzlos wegfallen. Von ei-ner Änderung der Verhältniszahlennach epidemiologischen Kriterien,wie vom VPP und ausdrücklich auchvom BDP gefordert, ist in den Eck-punkten nicht die Rede. Der Begriff»Morbidität« kommt nicht vor. Wasvorkommt, ist die Forderung nachBerücksichtigung der Demografie.Die wirkt sich nun gerade im psy-chotherapeutischen Bereich negativaus, da Morbidität gleichgesetzt wirdmit Inanspruchnahme. Bisher nah-men über 60-Jährige kaum Psycho-

therapie in Anspruch. Folglich führtder Demografiefaktor bei der Psy-chotherapie zu einer Verringerungder Planzahl: in Westfalen-Lippe um9,71%, in Thüringen um 25,6% bis2025! Wie sich die benannten »sach-gerechten Kriterien« wie die Sozial-struktur und räumliche Gegebenhei-ten auf die psychotherapeutischeVersorgung auswirken können, istunklar. Die Abschläge bei Überversorgungsollen endgültig abgeschafft wer-den, bevor sie überhaupt jemalszum Einsatz kamen. Das ist jeden-falls zu begrüßen. Es hätte die Psy-chotherapeuten über die Maßen ge-troffen und hätte sicher zu vielenKlagen geführt.Interessant könnte die vorgeseheneverbesserte Möglichkeit für Kran-kenkassen zum Abschluss von Ein-zelverträgen mit nicht zugelassenenLeistungserbringern sein. Sollte dieZahl der Kassensitze nicht maßgeb-lich erhöht werden, wäre das even-tuell eine Möglichkeit für junge undalte Kolleginnen und Kollegen, diekeinen Kassensitz erhalten. Allerdingssollte hier kritisch geprüft werden,welche Bedingungen die Einzelver-träge vorsehen und ob sie eine qua-litätsgesicherte psychotherapeutischeTätigkeit tatsächlich ermöglichen.Eva Schweitzer-Köhn

Im Eckpunktepapier der Regie-rungskoalition zum Versorgungs-gesetz wird als Leitidee festge-

stellt, dass die Sicherstellung einerguten, flächendeckenden und be-darfsgerechten medizinischen Ver-sorgung der Bevölkerung ein zentra-les gesundheitspolitisches Anliegenist und zur elementaren Daseinsvor-sorge unseres Sozialstaats gehört.Eine weitere Leitidee ist die Verbes-serung bzw. der Erhalt der freiheitli-chen Ausübung des Arztberufes undder Diagnose- und Therapiefreiheit.Die gesetzlichen Vorgaben müssendaraufhin überprüft werden, wo esein Zuviel an Bürokratie gibt und wiedieses abgebaut werden kann. Dannfolgt ein Bündel an Maßnahmen, umden zu erwartenden negativen Fol-gen eines Ärztemangels in struktur-schwachen ländlichen und urbanenRegionen frühzeitig und nachhaltigzu begegnen:

� Dem Gemeinsamen Bundesaus-schuss (G-BA) wird vorgegeben, diePlanungsbereiche so zu gestalten,dass sie einer flächendeckenden Ver-sorgung dienen. Der GemeinsameBundesausschuss erhält damit einenweiten Entscheidungsspielraum, deres z.B. auch ermöglicht, bei der Struk-tur und Größe der Planungsbereichezwischen hausärztlicher, fachärztlicherund spezialisierter fachärztlicher Ver-sorgung zu differenzieren.� Dem Gemeinsamen Bundesaus-schuss wird aufgegeben, bei der An-passung der Verhältniszahlen die de-mografische Entwicklung zu berück-sichtigen. Darüber hinaus soll die An-

passung der Verhältniszahlen künf-tig nicht mehr stichtagsbezogen, son-dern allein nach sachgerechten Kri-terien erfolgen. Als sachgerechte Kri-terien für die Anpassung der Ver-hältniszahlen kommen über die ge-setzlich vorgegebene Demografie hi-naus solche Faktoren in Betracht, dieAuswirkungen auf den tatsächlichenVersorgungsbedarf haben. Hierzu ge-hören auf regionaler Ebene auch dieSozialstruktur der Bevölkerung, dieräumliche Ordnung im Planungsbe-reich sowie die vorhandenen Versor-gungsstrukturen. Dadurch kann denbesonderen Anforderungen sowohlländlicher als auch städtischer Regio-

KOMMENTAR

Eckpunkte zum Versorgungsgesetz ignorieren Morbidität

Regierung veröffentlichtEckpunktepapier

Leitideen und Maßnahmen im Versorgungsgesetz

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In Bonn fand vom 29. April bis 1. Mai 2011 der 15.Kongress der Psychologiestudierenden statt, zu

dem 300 Studentinnen und Studenten aus dem gesam-ten Bundesgebiet kamen. Im Rahmen der Veranstaltungwurde auch der Georg-Gottlob-Studienpreis verliehen(siehe Seite 280). Traditionell dient dieser Kongress derberuflichen Orientierung angehender Psychologen inder zweiten Hälfte ihres Studiums. Die alten Mauern derUni Bonn fanden an diesem Wochenende keine Ruhe,es ging laut und quirlig zu, auf dem Hof und in den Gän-gen wurde viel diskutiert. In Hörsälen und Seminarräu-men dagegen war es mucksmäuschenstill, es wurdekonzentriert zugehört und sehr viel gefragt. In der Cafeteria der Uni saßen Teilnehmer zusammen,berichteten von den bereits gehörten Vorträgen und dis-kutierten, wohin ihr Weg sie als Nächstes führen sollte.Die Vielzahl der Vorträge – insgesamt knapp 100 Refe-renten – machte diese Entscheidung nicht leicht. JanBier, der in Jena im zehnten Semester Psychologie stu-diert, nahm zum ersten Mal am BV-Kongress teil, hattevorher aber auch nie davon gehört. »Die Werbetrommelscheint nicht laut genug zu sein, oder die Kommunika-tionswege funktionieren nicht über die Mail-Verteilerder Unis«, vermutet er. Umso mehr freute er sich, bereitsam ersten Tag über eine sehr lebendige Darstellungschulpsychologischer Arbeit durch Jeanette Wuttke so-wie informative Vorträge zu Coaching (Heike Kuhl-mann) und zur Ausbildung zum Psychotherapeuten (Pe-ter Reinhart). Gleich nach dem Kongress beginnen seinePraktika in verschiedenen Bereichen, auf die er sichhier schon mal ein wenig vorbereiten kann. Auf wel-chem Gebiet er nach dem Abschluss schließlich arbei-ten will, wird sich erst danach entscheiden. Ein Vorge-schmack auf die Praxis hat ihm an der Uni bisher gefehlt,umso wichtiger seien solche Kongresse.

Information über den Kongress erreicht längst nicht alle StudentenAuch seine Freundin Johanna Paulat von der Uni Düs-seldorf hat über den Uni-Mail-Verteiler nichts über denKongress erfahren. Sie entschloss sich nach seinem An-ruf spontan, auch nach Bonn zu kommen. Sie will sichvor allem Vorträge anhören, mit deren Themen sie nochkeine konkreten Vorstellungen verbindet, und so den ei-genen Horizont erweitern. Obwohl sie bereits ent-

schlossen ist, die Psychotherapieausbildung zu absol-vieren, will sie sich über mehrere Berufsfelder infor-mieren. Sie hat gerüchteweise gehört, dass auch jenseitsder reinen therapeutischen Arbeit immer öfter eine Psy-chotherapieausbildung gern gesehen wird. »Das ist et-was, was viele Psychologiestudenten sehr frustriert.« Ka-tharina Klockethal studiert eigentlich in Wien, besuchtegerade ihre Eltern und erfuhr in Bonn aus der Zeitungvom Kongress. Sie ist am Ende ihres Studiums und er-wartet vom Kongress Inspiration für ihre Berufswahl. BeiVorträgen über Coaching und Training und anderes hatsie viele Details erfahren, von denen man im Studiumnichts hört. Gern würde sie im Bildungsbereich arbeiten,aber nach einem Praktikum in einer Klinik interessiertsie auch eine Therapieausbildung im Kinder- und Ju-gendbereich. Sascha Foerster treffe ich in einem mitrund 80 Teilnehmern völlig überfüllten Seminarraum, indem Steve Ayan von »Gehirn & Geist« über das Tätig-keitsfeld Wissenschaftsjournalismus spricht und in dengeplanten 45 Minuten längst nicht alle Fragen der Teil-nehmer beantworten kann bzw. im Interesse dieser Fra-gen sein ursprüngliches Workshopkonzept sehr flexibelden Realitäten anpasst.

Lust machen, ohne zu beschönigenSie fragen viel, die Studentinnen und Studenten: nachdem Tagesablauf, nach eventuell erforderlichen Zu-satzqualifikationen, nach dem Gehalt, aber auch nachKonflikten in der Arbeit, nach der Schweigepflicht undden Grenzen zwischen Beratung und Therapie und da-nach, was eigentlich politische Psychologen tun undwelche Chancen Psychologen im Wissenschaftsjour-nalismus haben. Die meisten Referenten können gutmit dieser geballten Neugier umgehen und haben ganzoffensichtlich Freude daran, angehenden jungen Psy-chologen Lust auf ihr eigenes Arbeitsfeld zu machen,ohne es zu beschönigen. So erfahren die Zuhörer beiden Schulpsychologinnen, dass es in Deutschland, ge-messen am europäischen Maßstab, noch immer viel zuwenige gibt und damit längst nicht Zeit ist für alles,was Schulpsychologen eigentlich leisten können. Sieerfahren bei der Kriminalpsychologin Dr. Ursula Gasch,dass es nicht zugeht wie in manchen Fernsehserien unddass man schon ziemlich hart im Nehmen sein muss,fit und nervenstark, um diese Arbeit bewältigen zu

Hungrigauf Praxis300 Psychologie-studenten beim 15. Kongress in Bonn

können. Aber sie hören auch, mit wie viel BefriedigungPsychologen und Psychotherapeuten ihre Arbeit tun.

70 neue Mitglieder mit großen Erwartungen an den VerbandManchen wird klar, dass sie später in den meisten Fäl-len nicht in Teams von Psychologen, sondern als Ein-zelkämpfer an der Seite anderer Berufsgruppen tätigsein werden und darum dringend den Erfahrungsaus-tausch in den Sektionen und Landesgruppen des BDPbrauchen. Sie vernehmen mit Interesse, was dieser Ver-band für ihre berufspolitischen Interessen alles tut, und70 von ihnen treten noch während des Kongresses demBDP bei. Sie erwarten vom BDP ein starkes Engagementfür mehr Master-Studienplätze, viele Informationenauch außerhalb eines Kongresses wie dieses, am liebs-ten regional, sehr gern als Teil des universitären Ange-bots, aber aus dem Mund von Praktikern. Sie erwarten,dass der BDP sich allen Bestrebungen entgegenstellt, für

immer mehr Felder eine psychotherapeutische Ausbil-dung zu fordern, denn schließlich sei das Psychologie-studium doch bereits sehr umfassend und qualifizierefür viele Aufgaben.Den Organisatoren aus der Bundesvereinigung der Psy-chologiestudentinnen und -studenten, den Vertreternder Fachschaften und vielen, die auch noch währenddes Kongresses spontan als Helfer rekrutiert wurden, ge-bührt großer Dank. Sie haben viel Talent bewiesen. DieUrsachen dafür, dass die Informationen über den Kon-gress an einigen Unis die Studenten nicht oder nurkümmerlich erreicht haben, sollten aufgeklärt werden.Aber das fällt bereits in den Aufgabenbereich des neuenBV-Vorstands, der während des Kongresses gewähltwurde und der sich sicher in einer der nächsten Ausga-ben von »report psychologie« in der Rubrik »Intern« per-sönlich vorstellen wird. Christa Schaffmann

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Dr. Ursula Gasch und JeanetteWuttke gehörten zu den rund 100 Referenten beimBV-Kongress (v.l.n.r.).

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W W W . P S Y C H O L O G E N V E R L A G . D EDeutscher Psychologen Verlag GmbH · Am Köllnischen Park 2 · 10179 Berlin · Tel. 030 - 209 166 410 · Fax 030 - 209 166 413 · [email protected]

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Expl. Das Erstinterview ISBN 978-3-942761-03-1, Bestellnr. 224, 19,80 EUR (16,80 EUR für BDP-Mitglieder)

Expl. Bericht abgelehnt – was nun? ISBN 978-3-931589-93-6, Bestellnr. 189, 28,90 EUR (24,90 EUR für BDP-Mitglieder)

Expl. Behandlungsfokus ISBN 978-3-931589-84-4, Bestellnr. 128, 16,90 EUR (14,90 EUR für BDP-Mitglieder)

Expl. Praktischer Leitfaden für tiefenpsychologisch fundierte Richtlinientherapie ISBN 978-3-931589-40-0, Bestellnr. 006, 19,50 EUR

Expl. Struktur und Psychodynamik ISBN 978-3-931589-75-2, Bestellnr. 070, 11,80 EUR

Expl. Wirksam behandeln ISBN 978-3-931589-68-4, Bestellnr. 058, 18,00 EUR (16,00 EUR für BDP-Mitglieder)

Expl. Berichte an den Gutachter schnell und sicher schreiben ISBN 978-3-931589-36-3, Bestellnr. 007, 40,00 EUR (30,00 EUR für BDP-Mitglieder)

Expl. Psychodynamische Therapie bei Kindern und Jugendlichen ISBN 978-3-931589-65-3, Bestellnr. 064, 39,80 EUR (29,80 EUR für BDP-Mitglieder)

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Praktischer Leitfaden für tiefenpsychologisch fun-dierte RichtlinientherapieGrundbegriffe, Diagnostik, Techniken und Supervision für psychodynamische Kassenpsychotherapie

5. Aufl age 2008, 244 Seiten, Broschur, ISBN 978-3-931589-40-0, Bestellnr. 006, 19,50 EUR

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Struktur und PsychodynamikMöglichkeiten und Grenzen der Veränderung durch Psychotherapie

2006, 95 Seiten, ISBN 978-3-931589-75-2, Bestellnr. 070, 11,80 EUR

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Berichte an den Gutachter schnell und sicher schreiben 10. Aufl age 2005, 192 Seiten, Broschur, ISBN 978-3-931589-36-3, Bestellnr. 007, 40,00 EUR (30,00 EUR für BDP-Mitglieder)

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Psychodynamische Therapie bei Kindern und Jugendlichen2. Aufl age 2005, 232 Seiten, Broschur, ISBN 978-3-931589-65-3, Bestellnr. 064, 39,80 EUR (29,80 EUR für BDP-Mitglieder)

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Das Erstinterview Praxis der psychodynamischen Anamnese erhebung, Diagnostik, Indikationsstellung und Therapieplanung

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