+ All Categories
Home > Documents > Reise & eRlebnis - fliegermagazin.de · erreichen. Als sich am nächsten Morgen die meisten der...

Reise & eRlebnis - fliegermagazin.de · erreichen. Als sich am nächsten Morgen die meisten der...

Date post: 09-Oct-2019
Category:
Upload: others
View: 2 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
3
www.fliegermagazin.de #7.2011 89 REISE & ERLEBNIS 88 www.fliegermagazin.de #7.2011 Abflugbereit: Aus Trier, Luxemburg und Freiburg sind die Piloten nach Worms gekommen, um von hier mit zwei C42 und einer CT gemeinsam loszufliegen ULTRALEICHT ZUM BOSPORUS Ziel Istanbul Mit dem Jet in drei Stunden in die Türkei? Langweilig! Sechs UL-Piloten aus Rheinland-Pfalz und Luxemburg schaen die 5400-Kilometer-Strecke von Worms bis zur türkischen Hauptstadt und zurück in 43 Stunden TEXT Michael Brückner FOTOS Bernhard Heller K urz vor der türkischen Metro- pole wird es richtig eng. Bevor die beiden C42 und die CT im griechischen Kavala starten, hat die Wetterberatung für die Strecke bis Istanbul durchaus gut geklun- gen: Steigen auf 8000 Fuß bis zur Haupt- wolkenuntergrenze kein Problem. Doch die Bewölkung zwingt die Piloten rasch wieder auf 6000 Fuß. »Dann begann es sogar zu schneien. Schlechter hätte sich das Wetter in der kurzen Zeit kaum entwickeln können«, erinnert sich Addi Traub, der zusammen mit Jan Harlfinger eine der C42 steuerte. Die UL-Piloten sehen noch knapp zwei Kilo- meter weit: »Stufenweise sind wir auf die Si- cherheitsmindesthöhe von 500 Fuß gesun- ken. Auch der geplanten Route konnten wir nicht mehr folgen und wichen auf Täler aus«, erzählt Heiko Johé, der mit dem Luxembur- ger Gilbert Schildermans in der zweiten C42 saß. »Da fragt man sich schon, ob es nicht Wahnsinn ist, mit Ultraleichtflugzeugen von Worms nach Istanbul zu reisen.« Bernhard Heller und Gerd Mayländer an Bord der CT empfinden ähnlich. Doch die drei Crews erreichen die Küste des Marma- rameers – und werden mit einem weiteren Problem konfrontiert: Wegen der niedrigen Höhe ist die Funkverbindung schlecht. Sol- len die Piloten wirklich auf dem Istanbuler Großflughafen Atatürk landen? »Eine brenz- Sextett vor der Hagia Sofia: von links Jan Harlfinger, Gerd Mayländer, Addi Traub, Gilbert Schildermanns, Heiko Johé und Bernhard Heller Letzter Strecken- abschnitt: Vom griechischen Kavala nach Istanbul sind es rund 300 Kilometer
Transcript
Page 1: Reise & eRlebnis - fliegermagazin.de · erreichen. Als sich am nächsten Morgen die meisten der rund 11 000 Einwohner noch den Schlaf aus den Augen reiben, sind die Orientflieger

www.fliegermagazin.de #7.2011 89

Reise & eRlebnis

88 www.fliegermagazin.de #7.2011

Duis autem vel: eum iriure dolor in Hendrerit in vulputate lit esse Molestie consequat, vel illum dolore eu Feugiat

Abflugbereit: Aus Trier, Luxemburg und Freiburg sind die Piloten nach Worms gekommen, um von hier mit zwei C42 und einer CT gemeinsam loszufliegen

Ultraleicht zUm bosporUs

ziel istanbulMit dem Jet in drei Stunden in die Türkei? Langweilig! Sechs UL-Piloten aus Rheinland-Pfalz und Luxemburg schafften die 5400-Kilometer-Strecke von Worms bis zur türkischen Hauptstadt und zurück in 43 Stunden

TexT Michael BrücknerFoTos Bernhard Heller

Kurz vor der türkischen Metro-pole wird es richtig eng. Bevor die beiden C42 und die CT im griechischen Kavala starten, hat die Wetterberatung für die

Strecke bis Istanbul durchaus gut geklun-gen: Steigen auf 8000 Fuß bis zur Haupt-wolkenuntergrenze kein Problem. Doch die Bewölkung zwingt die Piloten rasch wieder auf 6000 Fuß. »Dann begann es sogar zu schneien. Schlechter hätte sich das Wetter in der kurzen Zeit kaum entwickeln können«, erinnert sich Addi Traub, der zusammen mit Jan Harlfinger eine der C42 steuerte.

Die UL-Piloten sehen noch knapp zwei Kilo-meter weit: »Stufenweise sind wir auf die Si-cherheitsmindesthöhe von 500 Fuß gesun-ken. Auch der geplanten Route konnten wir nicht mehr folgen und wichen auf Täler aus«, erzählt Heiko Johé, der mit dem Luxembur-ger Gilbert Schildermans in der zweiten C42 saß. »Da fragt man sich schon, ob es nicht Wahnsinn ist, mit Ultraleichtflugzeugen von Worms nach Istanbul zu reisen.«

Bernhard Heller und Gerd Mayländer an Bord der CT empfinden ähnlich. Doch die drei Crews erreichen die Küste des Marma-rameers – und werden mit einem weiteren Problem konfrontiert: Wegen der niedrigen Höhe ist die Funkverbindung schlecht. Sol-len die Piloten wirklich auf dem Istanbuler Großflughafen Atatürk landen? »Eine brenz-

Sextett vor der Hagia Sofia: von links Jan Harlfinger, Gerd Mayländer, Addi Traub, Gilbert Schildermanns, Heiko Johé und Bernhard Heller

Letzter Strecken-abschnitt: Vom griechischen Kavala nach Istanbul sind es rund 300 Kilometer

Page 2: Reise & eRlebnis - fliegermagazin.de · erreichen. Als sich am nächsten Morgen die meisten der rund 11 000 Einwohner noch den Schlaf aus den Augen reiben, sind die Orientflieger

www.fliegermagazin.de #7.2011 9190 www.fliegermagazin.de #7.2011

Kurs Heimat: Die beiden C42 auf dem Rückweg über Griechenland (oben) und in 500 Fuß über Italien (unten)

lige Situation, denn Umkehren nach Grie-chenland wäre ebenfalls riskant gewesen«, so Hans-Adolf »Addi« Traub.

Doch nach zehn Minuten ist der Funk-kontakt in gewohnter Qualität wieder da. Zur Landung auf Atatürk, einem der größ-ten Flughäfen in Europa, bekommen sie zu-nächst die Landebahn 05 zugewiesen. Doch dann geht es zur »35L«. Gleichzeitig wundert sich im Cockpit eines Airbus der Pilot über die drei fliegenden Winzlinge. Ob es denn le-gal sei, dass sich diese ULs über der Piste be-finden, fragt er. Doch der Lotse bleibt cool: »Yes, it’s legal. It’s a VFR flight.«

Bei strömendem Regen setzen die drei Maschinen auf und parken ganz in der Nähe der Boeing- und Airbus-Jets. Stolz machen es sich die Sechs erst einmal in der VIP-Lounge bequem und informieren ihre Partnerinnen über die gelungene Ankunft.

Drei Tage waren seit ihrem Start in Worms vergangen. Begonnen hat-te alles routinemäßig: Während Addi Traub – der Organisator des

Trips – knapp zwei Stunden vor Beginn der Reise letzte Vorbereitungen traf, landeten Bernhard Heller und Gilbert Schildermans aus Trier kommend in der Nibelungenstadt. Wenig später trafen Gerd Mayländer und Jan

tärisch genutzte Airport stand mehrfach im Fadenkreuz der NATO-Luftangriffe.

Über Nacht verschlechtert sich das Wetter erheblich. Wieder den-ken die Piloten über Alternativen nach, doch bald steht fest: Der

Flug soll wie geplant über Bulgarien gehen. Ziel ist die nordgriechische Hafenstadt Ka-vala. »Wir blickten in die Schluchten des Bal-kans, eine wirklich bizarre, atemberaubende Landschaft. Nach 242 Nautischen Meilen er-reichten wir den Platz. Dort hatten wir mit starken Böen zu kämpfen und landeten mit einer Seitenwindkomponente von 22 Kno-ten«, blickt Addi Traub zurück.

Der Flugplatz

Istanbul AtatürkKennung LTBAFrequenz 118.10/121.80 MHz

Höhe 163 ftKoordinaten N 40 58' 37''

E 28 48' 53''Pisten 05/23, 2300 m Beton;

17L/35R, 3000 m Beton;17R/35L, 3000 m Beton

Treibstoff 100LL, Jet A1Landegebühren UL-Lande- und

Abwicklungsgebühren für drei Nächte:300 Euro je Maschine

Adresse Istanbul Atatürk International Airport 34149 YesilköyTR – Istanbul

Telefon 0090 (212) 463 30 00Internet www.ataturkairport.com

Harlfinger ein. Gilbert Schildermans warn-te: »Über Luxemburg hängen dicke Wolken. Geregnet hat es auch schon.« Schnell nä-herte sich die Schlechtwetterfront. Die Pilo-ten diskutierten eine alternative Route: Die ursprüngliche über Italien und Griechen-land war angesichts der Front nicht mehr realistisch. Es blieb nur, dem schlechten Wetter nach Osten davonzufliegen – über Österreich, Ungarn, Serbien, Bulgarien und Griechenland in die Türkei. Kurz vor 12 Uhr startete das Flying Sextett, knapp eine halbe Stunde vor den ersten kräftigen Schauern über Worms.

An Bord hätte die Stimmung nicht bes-ser sein können: »Wir flogen der Sonne

entgegen, wollten es am ersten Tag min-destens bis in den Großraum Wien schaf-fen, vielleicht sogar bis Ungarn. Wegen der Planung der alternativen Route waren wir allerdings mit erheblicher Verspätung ge-startet«, so Addi Traub über die ersten Stun-den des Orientflugs. Nach 296 Nautischen Meilen landen die Piloten bei herrlichem Wetter in Vilshofen. Doch bis Sunset muss die Crew noch einmal eine ähnlich weite Strecke zurücklegen: Auftanken, ein kurzer Imbiss – schon starten die UL-Flieger wie-der gen Südosten. Sie steigen auf 8500 Fuß, überqueren Linz und fliegen westlich am Neusiedlersee vorbei mit Kurs auf Ungarn. »Wir wollten am Plattensee die erste Nacht

verbringen. Also funkten wir zwei kleinere Flugplätze an, bekamen jedoch keine Ant-wort. So entschieden wir uns für einen pri-vaten Graslandeplatz in der Nähe des unga-rischen Städtchens Siofok.«

Der zweite Tag beginnt mit einem fliege-rischen Hüpfer von Siofok in die Grenzstadt Szeged, wo die Zollformalitäten erledigt werden, denn die nächste Station ist Nis in Serbien, etwa 250 Kilometer südöstlich von Belgrad – außerhalb der Europäischen Uni-on. Nach drei Stunden Aufenthalt startet der lose Verbund und erreicht kurz vor 18 Uhr Ortszeit den Flughafen »Konstantin der Große«, der während des Balkankriegs trau-rige Berühmtheit erlangte: Der früher mili-

Reise & eRlebnis

1

3 42

1 | Farbenfroh: Der Große Basar in der Altstadt bietet auf 31 Hektar über 4000 Geschäfte

2 | Wehrhaft: Eingang zum Topkapi-Palast, jahrhundertelang der Regierungssitz der Sultane des osmanischen Reichs

3 | Traditionell: Herstellung von Fladenbrot, das je nach Geschmack bestreut wird, zum Beispiel mit Sesam und Schwarzkümmel

4 | Ausflugsziel: alte Holzhäuser auf den Prinzen-inseln, einem beliebten Ausflugsziel der Istanbuler. Hier gibt es keine Autos, man fährt mit Kutschen

Page 3: Reise & eRlebnis - fliegermagazin.de · erreichen. Als sich am nächsten Morgen die meisten der rund 11 000 Einwohner noch den Schlaf aus den Augen reiben, sind die Orientflieger

erreichen. Als sich am nächsten Morgen die meisten der rund 11 000 Einwohner noch den Schlaf aus den Augen reiben, sind die Orientflieger schon wieder in der Luft. Die Reise führt über die Toskana und die Mar-morberge von Carrara zunächst zum Flug-platz in Castelnuovo Don Bosco in Piemont, wo Mogas getankt wird. Von dort führt die Route über das Aosta-Tal und die Mont-blanc-Region Richtung Besançon, dann nach Mulhouse. Klar ist: Worms können sie nicht mehr erreichen, also Landung in Freiburg. Am nächsten Tag dann nur noch ein Katzensprung: Um 10.25 Uhr findet das Abenteuer ein glückliches Ende.

92 www.fliegermagazin.de #7.2011

Herzliches Willkommen: In Worms werden die Piloten des völkerver-bindenden Flugs von ihren Familien und zwei Ver-tretern der türkischen Gemeinde empfangen

Rückreise-Impressionen: Alpenpassage über das Aosta Tal, vorbei am Mont Blanc (links). Zuvor liegt die griechische Seite der Adriaküste unter den Flügeln

Reise & eRlebnis

TiPPs & inFOs

Planung Aktuelle Karten besorgen! Ist das in

Deutschland schwierig, vor Ort an Flughäfen nachfragen.

Für Ungarn gibt es Flugplatz-Infos unter www.hungaryair-

port.hu sowie den Pilotenführer Ungarn von Helmut Stern

(www.up2sky.org), die AIP Italien unter http://www.enav.

it/portal/page/portal/PortaleENAV/Home_EN/AIP_EN. An

den Zollflughäfen im Voraus mit den Abfertigungsfirmen

alles Notwendige genau durchsprechen. Alle Original-

Flugzeugpapiere mitnehmen. Ein ELT ist ein Muss. Genug

Pausen machen, bis zur nächsten Zwischenlandung

maximal 270 Nautische Meilen einplanen.

gRuPPenFliegen Die ULs sollten auf ähnlichem

Leistungsniveau sein. Will man in der Gruppe zusammen-

bleiben, ist ein gründliches Briefing (etwa über die Reihen-

folge der Maschinen bei Start und Landung) Pflicht.

buch zum Flug Ausführlicher berichten Michael

Brückner und Hans-Adolf Traub im Buch »Ultraleichtflug an

den Bosporus« über die UL-Reise. 150 Seiten, ab Mitte Juli

in (Internet-)Buchhandlungen für 13,90 Euro, ProBusiness-

Verlag, ISBN 978-3-86805-911-3

Weiter geht es von Kavala nach Istanbul. In der 15-Millionen-Metropole gönnt sich die Crew trotz des schlechten Wetters einen dreitägigen Aufenthalt. Auf dem Programm stehen Blaue Moschee, Hagia Sophia, Top-kapi-Palast, Großer Basar und natürlich die pittoresken Prinzeninseln. Höhepunkt des dreitägigen Aufenthalts am Bosporus: ein Empfang im deutschen Generalkonsulat.

am Tag darauf verabschiedet die Stadt die Flieger, wie sie sie emp-fangen hat – mit starkem Regen. Ziel ist wieder Kavala, wo die Crews

eine eintägige Zwangspause einlegen müs-sen: »Wieder lag eine dunkle Wolkende-cke über der Stadt, an Starten war nicht zu denken. Immerhin sagten die Kollegen am Flughafen, dass Wetterbesserung in Sicht sei«, berichtet Addi Traub. Und wirklich: Am nächsten Tag strahlt Kavala, die auch die »blaue Stadt Makedoniens« genannt wird, in der Morgensonne. Gegen acht Uhr geht es

los, die ULs steigen auf 11 400 Fuß und über-queren den Olymp. »Wir flogen hoch und ziemlich schnell. Dank Rückenwind hatten wir eine Groundspeed von 200 Kilometern pro Stunde«, erinnert sich Heiko Johé.

Der Weg führt über die griechische West-küste und die Insel Korfu hinaus aufs offene Meer. Nach etwa 80 Kilometern erreicht die Gruppe den privaten Flugplatz des Landguts Supersano Macri, nahe des italienischen Städtchens Maglie in der Provinz Lecce. Die Piloten müssen erneut mit heftigem Sei-tenwind kämpfen. Nach vier Stunden und 20 Minuten Flugzeit sorgen der Besitzer des Flugplatzes, Manuel Meleleo, und seine Fa-milie für eine Stärkung.

Am Nachmittag geht es weiter, nach ei-nem mehrstündigen und bei starkem Ge-genwind recht bockigen Flug landen die Sechs kurz vor Sunset auf dem Flugplatz von Celano in den Abruzzen. Auch für den nächsten Tag haben sich die Piloten viel vor-genommen – sie wollen den Heimatplatz


Recommended