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Reigen 032012

Date post: 30-Mar-2016
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Was ist Wadlorfpädagogik? “Die Erziehung des Kindes“ von Rudolf Steiner – Tatjana Kerl „Mit der physischen Geburt wird der physische Menschenleib der physischen Umgebung der äußeren Welt ausgesetzt, während er vorher von der schützenden Mutterhülle umgeben war. Was vorher die Kräfte und Säfte der Mutterhülle an ihm getan haben, das müssen jetzt die Kräfte und Elemente der äußeren physischen Welt an ihm tun. Bis zum Zahnwechsel im siebenten Jahre hat der Menschenleib eine Aufgabe an sich zu verrichten, die wesentlich verschieden von den Aufgaben aller anderen Lebensepochen ist. Die physischen Organe müssen in dieser Zeit sich in gewisse Formen bringen; ihre Strukturverhältnisse müssen bestimmte Richtungen und Tendenzen erhalten... November 2012 Fortsetzung im Blattinneren
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Page 1: Reigen 032012

Was ist Wadlorfpädagogik?

“Die Erziehung des Kindes“ von Rudolf Steiner – Tatjana Kerl

„Mit der physischen Geburt wird der physische Menschenleib der physischen Umgebung

der äußeren Welt ausgesetzt, während er vorher von der schützenden Mutterhülle

umgeben war. Was vorher die Kräfte und Säfte der Mutterhülle an ihm getan

haben, das müssen jetzt die Kräfte und Elemente der äußeren physischen

Welt an ihm tun. Bis zum Zahnwechsel im siebenten Jahre hat der

Menschenleib eine Aufgabe an sich zu verrichten, die wesentlich

verschieden von den Aufgaben aller anderen Lebensepochen ist. Die

physischen Organe müssen in dieser Zeit sich in gewisse Formen

bringen; ihre Strukturverhältnisse müssen bestimmte Richtungen

und Tendenzen erhalten...

November 2012

Fortsetzung im Blattinneren

Page 2: Reigen 032012

Es war eine lang gereifte Entscheidung von Sigrid Andres

nach 10 Jahren den Waldorfkindergarten zu verlassen. So

sehr sie ihren Arbeitsplatz auch schätzte und so sehr sie

die Kinder auch mochte, da war auch die Sehnsucht Zeit

für andere Dinge zu haben. So kam der Herbst 2012, die

Vorfreude der Kinder und Pädagoginnen war groß – ein

neues Kindergartenjahr – doch alle wussten, das neue

Jahr beginnt ohne Sigrid, denn ihr Abschied wurde bereits

vor den Sommerferien gefeiert. Der Vorstand und ihre

Kolleginnen verabschiedeten sich von Sigrid bei der letzten

Vorstandssitzung und Sigrid verabschiedete sich von den

Kindern mit „Erdbeereis für Alle“ vor den großen Ferien. Ich

durfte zum Abschied mit Sigrid ein Gespräch führen und

davon möchte ich euch erzählen.

Sigrids Sohn Alexander besuchte den Waldorfkindergarten.

Sigrid mochte den Kindergarten und hatte schon immer

einen guten Draht zu Kindern gehabt. Vierzehn Tage vor

Beginn des Kindergartenjahres 2002 brannte der Hut. Eine

Pädagogin, die neu beginnen sollte, hatte abgesagt. Eine

schwierige Situation für das damalige Team, doch Sigrid war

zur Stelle und half aus. Daraus wurde mehr: eine Arbeitsstelle

für zehn Lebensjahre, die Spielgruppenausbildung in

Dornach (CH) und so manche Fort- und Weiterbildungen.

Eine Zeit voller Lachen, Freude und Singen, erfüllt von

Schaffenskraft, Erleben und Begleiten, beseelt von Spiel,

Nähe und Austausch.

Es ist nicht einfach zehn Jahre Arbeit am Waldrand mit

heranwachsenden Kindern zu beschreiben. Vielleicht

können Bruchteile aus unserem Gespräch vermitteln, wie

Sigrid die Jahre empfunden hat: Ich bin sehr dankbar für

diese Jahre, schnell sind sie vergangen. Die Arbeit war so

schön. Ich bin jeden Tag gerne zur Arbeit gegangen. Sigrid

erwähnt wie kostbar ihr die Zusammenarbeit mit ihren

Kolleginnen war und wie hilfreich über die Jahre hinweg,

weil nicht nur die Kinder einen Ort vorfinden, an dem sie

sein können, wie sie sind, sondern auch die Erwachsenen.

ZUM ABSCHIED VON SIGRID...

Page 3: Reigen 032012

ZUM ABSCHIED VON SIGRID...

Dreimal sei sie längere Zeit ausgefallen, doch es habe immer

eine Lösung und einen guten Zusammenhalt gegeben.

Auf mich macht Sigrid den Eindruck, als habe ihr die Gabe

„im Augenblick zu verweilen“ ermöglicht, ihre Arbeit derart

wahrzunehmen. Sie mochte den Ort und das Durchleben

der Jahreszeiten. Sie schätzte Arbeitstage nicht weniger

als Feste. Sie mochte das Drinnensein ebenso wie das

Draußenbleiben. Sie liebte es Stiefeleinlagen für die

Kinder zu filzen und sie schnitzte Wanderstöcke für die

angehenden Schulkinder, denn der Weg in die große Welt

ist wohl ein besonderer. So klang manches Lied durch den

Raum, welches von ihr angestimmt wurde. Die Nähmaschine

ratterte, die Stickarbeit nahm ihren Lauf, das Schnitzmesser

formte das Holz und erzählte den Kindern davon, dass Dinge

entstehen und Neues geschaffen werden kann.

Sigrid mochte es die Kinder in den Wald zu begleiten. Sie

trank gerne aus Blätterbechern und hörte aufmerksam zu,

wenn ihr erzählt wurde, hinter welchem Ast welcher Zwerg

wohnt. Sie ließ sich Schätze zeigen, welche kurz darauf in

Hosentaschen verschwanden.

Am Ende unseres Gespräches frage ich Sigrid, ob sie uns

etwas aus ihrem Erfahrungsschatz mitgeben möchte. Es ist

wesentlich Kinder ernst zu nehmen, ihnen zuzuhören. Für

ein Kind ist es unsagbar kostbar, wenn es eine unbeschwerte

Kindheit erleben darf, meint sie. Genau das wolle sie

den Kindern wünschen: eine unbeschwerte Kindheit.

Sigrids Beobachtung ist, dass Kinder nach den Jahren den

Kindergarten gestärkt verlassen. Aus meinem Gespräch

mit Sigrid glaube ich, dass auch sie den Kindergarten

gestärkt verlassen hat. Und da ich wissen wollte, was die

langjährigen Kolleginnen Sigrid wünschen, habe ich einfach

nachgefragt. Da bekam ich einen vielseitigen Wunschzettel

zugesteckt: sonnige Stunden in der Milli, kulinarische

Genüsse, musikalische Höhenflüge, neue Inspirationen und

das Allerwichtigste: eine gute Gesundheit.

Petra Pellini-Forcher

Page 4: Reigen 032012

Als Anregung zum eige-

nen Weiterlesen ein Aus-

zug aus „Die Erziehung

des Kindes“ von Rudolf

Steiner (1907):

...Später findet Wachstum statt, aber dieses Wachstum

geschieht in aller Folgezeit auf Grund der Formen, die sich

bis zu der angegebenen Zeit herausgebildet haben. Haben

sich richtige Formen herausgebildet, so wachsen richtige

Formen, haben sich Missformen herausgebildet, so wachsen

Missformen. Man kann in aller Folgezeit nicht wieder

gutmachen, was man in der Zeit bis zum siebenten Jahre

als Erzieher versäumt har. Wie die Natur vor der Geburt

die richtige Umge- bung für den physischen Menschenleib

herstellt, so hat der Erzieher nach der Geburt für die

richtige physische Umgebung zu sorgen. Nur diese richtige

physische Umgebung wirkt auf das Kind so, dass seine

physischen Organe sich in die richtigen Formen prägen.

Es gibt zwei Zauberworte, welche angeben, wie das Kind

in ein Verhältnis zu seiner Umgebung tritt. Diese sind:

Nachahmung und Vorbild. Der griechische Philosoph

AristoteIes hat den Menschen das nachahmendste der

Tiere genannt; für kein Lebensalter gilt dieser Ausspruch

mehr als für das kindliche bis zum Zahnwechsel. Was in

der physischen Umgebung vorgeht, das ahmt das Kind

nach, und im Nachahmen gießen sich seine physischen

Organe in die Formen, die ihnen dann bleiben. Man muss

die physische Umgebung nur in dem denkbar weitesten

Sinne nehmen. Zu ihr gehört nicht etwa nur, was materiell

um das Kind herum vorgeht, sondern alles, was sich in

des Kindes Umgebung abspielt, was von seinen Sinnen

wahrgenommen werden kann, was vom physischen

Raum aus auf seine Geisteskräfte wirken kann. Dazu

gehören auch alle moralischen oder unmoralischen, alle

gescheiten und törichten Handlungen, die es sehen kann.

Nicht moralische Redensarten, nicht vernünftige

Belehrungen wirken auf das Kind in der angegebenen

Richtung, sondern dasjenige, was die Erwachsenen in

seiner Umgebung sichtbar vor seinen Augen tun. (….)

Es ist ohne Zweifel richtig, was man in einem ausgezeichneten

pädagogischen Buche lesen kann, in Jean Pauls «Levana oder

Erziehlehre» dass ein Weltreisender mehr von seiner Amme

in den ersten Jahren lernt, als auf allen seinen Weltreisen

zusammen. Aber das Kind lernt eben nicht durch Belehrung,

sondern durch Nachahmung. Und seine physischen

Organe bilden sich ihre Formen durch die Einwirkung der

physischen Umgebung. Es bildet sich ein gesundes Sehen

aus, wenn man die richtigen Farben- und Lichtverhältnisse

in des Kindes Umgebung bringt, und es bilden sich in

Gehirn und Blutumlauf die physischen Anlagen für einen

gesunden moralischen Sinn, wenn das Kind Moralisches

in seiner Umgebung sieht. Wenn vor dem siebenten Jahre

das Kind nur törichte Handlungen in seiner Umgebung

sieht, so nimmt das Gehirn solche Formen an, die es im

späteren Leben auch nur zu Torheiten geeignet machen.

Wie die Muskeln der Hand stark und kräftig werden,

wenn sie die ihnen gemäße Arbeit verrichten, so wird das

Gehirn und werden die anderen Organe des physischen

Menschenleibes in die richtigen Bahnen gelenkt, wenn sie

die richtigen Eindrücke von ihrer Umgebung erhalten. Ein

Beispiel wird am besten anschaulich machen, um was es

sich handelt. Man kann einem Kinde eine Puppe machen,

indem man eine alte Serviette zusammenwindet, aus zwei

Zipfeln Beine, aus zwei anderen Zipfeln Arme fabriziert,

aus einem Knoten den Kopf, und dann mir Tintenklecksen

Augen und Nase und Mund malt. Oder man kann eine

sogenannte «schöne» Puppe mit echten Haaren und

bemalten Wangen kaufen und sie dem Kinde geben. Es

braucht hier gar nicht einmal davon gesprochen zu werden,

dass diese Puppe natürlich doch scheußlich ist und den

gesunden ästhetischen Sinn für Lebenszeit zu verderben

geeignet ist. Die Haupterziehungsfrage dabei ist eine

andere. Wenn das Kind die zusammengewickelte Serviette

vor sich hat, so muss es sich aus seiner Phantasie heraus das

ergänzen, was das Ding erst als Mensch erscheinen lässt.

Diese Arbeit der Phantasie wirkt bildend auf die Formen des

Gehirns. Dieses schliesst sich auf, wie sich die Muskeln der

Hand aufschließen durch die ihnen angemessene Arbeit. Er

hält das Kind die sogenannte «schöne Puppe», so hat das

Fortsetzung WAS IST WALDORFPÄDAGOGIK?

Page 5: Reigen 032012

Fortsetzung WAS IST WALDORFPÄDAGOGIK?

Prof. Dr.

Gerald Hüther

Gehirn nichts mehr zu tun. Es verkümmert und verdorrt,

statt sich aufzuschließen ... Könnten die Menschen wie

der Geisteswissenschafter hineinschauen in das sich in

seinen Formen aufbauende Gehirn, sie würden sicher ihren

Kindern nur solche Spielzeuge geben, welche geeignet

sind, die Bildungstätigkeit des Gehirns lebendig anzuregen.

Alle Spielzeuge, welche nur aus toten mathematischen

Formen bestehen, wirken verödend und ertötend auf die

Bildungskräfte des Kindes, dagegen wirkt in der richtigen

Art alles, was die Vorstellung des Lebendigen erregt.“

Vor über 100 Jahren hat Rudolf Steiner hier eine Sicht

auf die kindliche Entwicklung eröffnet, die sich durch die

heutige Hirnforschung bestätigt.

Unser nächster Reigen erscheint im März 2013

Bitte gebt Eure Beiträge , Texte und Bilder bitte bis spätestens

18. Februar 2013 bei den Pädagoginnen im Kindergarten ab!

Impressum: Herausgeber Verein für Waldorfpädagogik Bregenz

Thalbachberg 1 . 6900 Bregenz . T 05574 48137

E [email protected] . www.waldorf-bregenz.at

Redaktionelle Beiträge: Petra Pellini-Forcher . Tatjana Kerl .

Gestaltung: Angelika Rübenak . Patricia Clemens

Unter diesen Gesichtspunkten ist es besonders wichtig, die

Wirkung elektronischer Medien auf Kinder im Vorschulalter

anzuschauen:

– Ist das dort gesehene nachahmenswert?

– Ist es moralisch oder unmoralisch, gescheit oder töricht?

– Regt es die Phantasie an oder wird sie überschwemmt?

– Bildet sich ein gesundes Sehen aus?

Aber auch die alltägliche Umgebung des Kindes sollte

unter diesen Gesichtspunkten angeschaut werden, hier

eröffnet sich ein weites Feld der Gestaltung.

„Die Erziehung des Kindes“ist ein relativ kurzer Text, der

das Menschenbild ,auf dem die Waldorfpädagogik aufbaut,

beschreibt - für interessierte Kindergarten - Eltern ein guter

Einstieg .... wenn Fragen auftauchen, kann man sich gerne

an uns wenden!

Tatjana Kerl

Ein Buch des Ulmer Neu-

rologen Manfred Spitzer

(„Digitale Demenz„) bestä-

tigt die extrem negativen

Auswirkungen, besonders

von frühem Medienkon-

sum, auf die Gehirnent-

wicklung.

Page 6: Reigen 032012

KOMMENDE TERMINE

Mit freundlicher Unterstützung von

Spar Markt – Pircher Rita GmbH Landstraße 13, 6900 Bregenz

VORANKÜNDIGUNG

Der Umgang mit Geburt und Tod

Wo kommen wir her, wo gehen wir hin?

Vortrag und Gespräch mit

Anton Kimpfler

Montag, 25. Februar 2013,

20 Uhr Im Kindergarten


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