Date post: | 29-Mar-2016 |
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Ein etwas anderer Blick auf die
Rechtswissenschaften,vorgelegt durch die kritischen Jurastudierenden der Universität Hamburg
Grundlagen des Weges weg vom „Jura-Repititorium“ zur kritischen Rechtswissenschaft
aus Studentischer Perspektive
Sowie Stellungnahme zu den Vorschlägen des Weißbuchs – Novelle zu Studium und
Schwerpunktbereich des Studiengangs Erste Juristische Prüfung von Prodekan Prof. Dr. Schmehl
I. Grundsätzliches
Die Gruppe der kritischen Jurastudierenden möchte die aktuelle Diskussion um eine Studienreform und die
Vorschläge des Weißbuchs von Prof. Dr. Schmehl als Anlass nehmen, um den Blick auf das Studium der
Rechtswissenschaft im Ganzen und ihre Grundsätze zu werfen. Die Rechtswissenschaft kann auf eine
zweitausendjährige Geschichte zurückblicken, die zahlreiche denkbare Höhen und Tiefen erlebt hat. Nicht
umsonst ist die deutsche juristische Ausbildung mit ihren Staatsexamina weltweit geschätzt, so hoch ist ihr
Anspruch doch an den Studenten und seine systematische Kenntnis des Rechts. Wir fragen uns jedoch, ob
das heutige Jurastudium sich nicht zu sehr der Ausbildung eines „Paragraphenreiters“, eines mechanischen
Rechtstechnikers, verschrieben hat und die Fakultät eher einer Karriereschmiede als einer Universität gleicht.
- Was bedeutet uns Bildung ? -
1911 stiftet ein Reeder und Kaufmann das Hauptgebäude der Universität und widmete es der Forschung, der
Lehre und der Bildung. Er hoffte auf die Schöpfung großer, zukunftsbedeutsamer Kulturarbeit1. Was heißt
Bildung für uns heute nach den berühmten PISA-Studien, wie gedenken wir sie umzusetzen? Bildung ist die
Formung des Menschen hinsichtlich seiner geistigen, seelischen, kulturellen und sozialen Fähigkeiten, in
weiterem Sinne die lebenslange Eigentätigkeit und Selbstbestimmung des sich gezielt bemühenden
Menschen. Wilhelm von Humboldt definierte Bildung als die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit
diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und
Persönlichkeit führen. Die Hamburger Universität verschreibt sich selbst der Bildung mündiger Menschen,
der wissenschaftlichen Freiheit in gesellschaftlicher Verantwortung, der fächerübergreifenden Kooperation
und der Offenheit des Zugangs zu Bildung und Wissenschaft. „Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in
der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung
auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein
1 http://webopac0.hwwa.de/DigiJPG/P/16525/P165250003000000H.jpg
öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung.“2
Die Einführung des Bachelor-Master-Systems, die in gewisser weise auch in den Rechtswissenschaften
mittels der Zwischenprüfung Einzug gehalten hat, sowie eine Prüfungskultur, die zunehmend nur noch auf
das massenhafte Abprüfen von auswendig gelerntem Wissen ausgerichtet ist, widerstreben diesem Anliegen
von Bildung.
- Was bedeutet uns Rechtswissenschaft ? -
Angelehnt an den klassischen Begriff von Bildung fordern wir von der rechtswissenschaftlichen Fakultät,
oben genannte Grundsätze ernst zu nehmen und die Studien-Reform an ihnen auszurichten: die Idee eines
interessegeleiteten Studiums sollte gelten, das den Studenten zu einem verantwortungsbewussten Juristen,
einem kritischen Entscheidungsträger reifen lässt, der sowohl die Rechtstechnik systematisch anwenden
kann, aber auch das Recht im Zusammenhang und in seiner Bedeutung erkennt. Es bedarf dabei vor allem
einer Stärkung der nichtexegetischen Fächer, die in den vergangenen Jahrhunderten einen wesentlich
höheren Stellenwert als heute hatten. Der gegenwärtige Studienrahmen ist im Angesichte historischer
Geschehnisse und geistiger Errungenschaften von Werten in hohem Maße bedenklich (s. Prof. Dr. Christoph
Möllers 3).
Die Vorgabe des Hamburger Juristen Ausbildungsgesetzes, den universitären Teil des Examens vor dem
staatlichen ableisten zu müssen, und auch die finanzielle Ausstattung in dieser Hinsicht stellen einen Eingriff
in den angestrebten Lernprozess des Studenten, seine Mündigkeit, und vor allem in die Offenheit des
Zugangs zu Bildung dar.
Um den Ansprüchen an eine solche Bildungsauffassung gerecht zu werden, darf das Argument des
eingeschränkten finanziellen Rahmens nicht ins Felde der Diskussion geführt werden. Bei der Ausarbeitung
eines Reform-Vorschlags dürfen keine „Denk-Verbote“ herrschen, sondern es müssen Probleme und
Lösungen benannt werden. Hinter Zielen und Erfolgen steht die Idee an sich, nicht ihre Finanzierbarkeit.
Diese Entwicklung – weg von anerkannten Prinzipien hin zu Effizienz und Ökonomie – durchzieht seit
längerer Zeit und in zunehmender Weise sämtliche Felder, so auch die Rechts: zu denken ist mitunter an das
Strafrecht mit seinen Urteilsabsprachen und die Privatisierung von Haftanstalten. Es handelt sich dabei um
eine in der Jurisprudenz wohlbekanntes Totschlag-Argument, dessen Berechtigung sehr bedingt ist.
Hier muss das Weißbuch bspw. in einem Vorwort deutlichere Worte dafür finden, wie ideale Bedingungen
aussehen und in wie weit der bestehende Zustand an der Fakultät diesem nicht gerecht wird (Unser jährliches
Defizit aufgrund von eklatanten Kürzungen ist nicht hinnehmbar und degradiert zum fremd-geschaffenem
Mängel-Verwalten). Wir wünschen uns in diesem Sinne auch mehr Geld für mehr Professuren, Personal,
Lehrmittel, Mitwirkung an der Finanzmittelverteilung. Kostspielige Umbauten der Fakultät sollten keinen
Vorrang haben.
2 http://www.uni-hamburg.de/UHH/leitbild1.html3 http://verfassungsblog.de/acht-thesen-zur-juristerei-als-wissenschaft/
II. Leitbild
Als wichtigen Meilenstein einer Reform, die ihren Namen verdient, erachten wir daher aus dieser Vorstellung
von Bildung, wie sie auch der akademische Senat wiederholt artikuliert und das Leitbild der Uni festschreibt
(s.o.), ein Leitbild der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zu entwickeln.
Dies erscheint beim Erarbeiten von „konkreten Lösungen und Änderungen“ vielleicht nachrangig und
überhöht, ist es jedoch keinesfalls. Damit die Reform nicht nur ein weiteres kurzsichtiges Umgraben des
universitären Gartens wird, wie es der Dekan vor kurzem nannte, sondern Grundstein einer positiven
Entwicklung der Fakultät, muss eben diese Entwicklung als Vision der Rechtswissenschaften in einem
Leitbild umrissen werden.
Dies ist ein ernst zu nehmender Prozess, der auf breiter Basis und demokratischen Verfahren (auch)
außerhalb des Fakultätsrates beruhen muss. Daher möchten wir vorliegend nur in Ansätzen unsere Vision
schildern und fordern im Übrigen, dass der Fakultätsrat diesen Prozess anstößt.
Warum ein rechtswissenschaftliches Leitbild?
Seit Anbeginn der „Juristerei“ begleitet Sie (auch) ein negatives Bild des gerechtigkeitsfernen, tendenziell
unmenschlichen Paragraphen-Technikers der für genügend Geld wohl in „jedem Sattel reiten kann“ (Kant).
Das erschreckende historische Beispiel vom nahtlosen Übergang und Funktionieren des Rechtsapparats der
Weimarer Republik in die Diktatur der Nationalsozialisten bestätigt die Berechtigung dieser Kritik zutiefst.
Das Grundgesetz wurde geschaffen um einen solchen Fehler für immer zu verhindern und gab dem Recht
eine vollkommen neue Basis. Die Kontinuität von faschistischen Hochschullehrern, Richtern und
gesellschaftlichen Eliten verhinderte jedoch über Jahrzehnte, dass diese Grundsätze auch zu voller Geltung
gelangten (wie bspw. die Kommunisten-Verfolgung zeigte) was somit ein weiteres historisches Beispiel
dafür ist, wie sehr Recht in den Händen seiner Anwender liegt.
Doch auch die aktuelle Situation ist bedenklich. Die Bildung von Großkanzleien, deren Macht so weit reicht,
dass sie mitunter Gesetze der Regierung mit-formulieren, der Umgang mit Flüchtlingen, die Disposition der
Gerechtigkeit in „Deals“ und Verfahren nach § 153 a StPO nur um einige Entwicklungen zu nennen, machen
Recht immer offener zum Recht des Stärkeren.
Als Konsequenz muss daher die Ausbildung der Rechtsanwender ins Zentrum der Aufmerksamkeit der
Bemühungen rücken, die dem Grundgesetz zur Geltung zu verhelfen wollen. Es ist die Basis des Rechts und
sollte dies dementsprechend auch im Rechtswissenschaftlichen Studium sein. Die enorme Verantwortung die
Juristen und Juristinnen in Gerichtssälen, Parlamenten und Firmen tragen, kann im Studium nicht
ausgeblendet bleiben. Die Lehren der Geschichte müssen auch auf die weitgehend unverändert gebliebene
Juristische Ausbildung angewandt werden.
Status Quo & wie es sein sollte
Hier besteht ein fundamentaler Nachholbedarf: Nirgendwo auf der Website der Fakultät, im jährlich
herausgegebenen Studienführer, in keinem der einschlägigen Verordnungen/Gesetze (Studienordnungen ,
HmbJAG) und in auch sonst keiner einzigen verteilten Publikation ist ein Wort zur besonderen
Verantwortung der Juristen zu finden. Neben der Betonung dieser Verantwortung sollte auch der
übergeordneten Bedeutung der drei Grundprinzipien Demokratie-, Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip
mehr Raum gegeben werden. Diesem massiven Defizit der Juristenausbildung muss begegnet- und ein
Lernen der Systematik durch ein Verinnerlichen dieser Grundprinzipien erst vervollständigt werden. Das
einmalige Erlernen im Staatsorganisationsrecht und spätere bloße Erwähnen wird ihrer Tragweite nicht
gerecht.
So heißt es beispielsweise im Leitbild der Uni Hamburg4:„Sie wollen zur Entwicklung einer humanen,
demokratischen und gerechten Gesellschaft beitragen und Frauen und Männern gleichen Zugang zu Bildung
und Wissenschaft eröffnen.“ Die einzige Einrichtung der Fakultät die momentan ein Leitbild hat, ist der
Think Tank Lehre.5
Eine Studienreform, die nicht auch diese drei Grund-Prinzipien des Grundgesetz als zentrale Elemente eines
„fertigen“ Juristen formuliert, sondern das Ziel auf die Erlernung von Systematiken beschränkt, ist
unverantwortlich und mit den o.g. Lehren aus der Geschichte der Rechtsanwendung in Deutschland nicht
vereinbar. So sind die allermeisten Juristen nach dem Studium genauso nicht in der Lage wie vorher, den
Begriff des Rechts reflektierend zu problematisieren.6
Neben Rechtswissenschaft mit Staatsexamen sollte auch die Rechtswissenschaft als „echte“ voll-universitäre
Gesellschaftswissenschaft angeboten werden, um einen von den Ansprüchen des JAG unabhängigen eigenen
fruchtbaren Wissenschaftsraum zu bieten. Einen solchen Studiengang gibt es beispielsweise in Dresden an
der TU, genannt „Law in Context“, der durch seine interdisziplinäre Ausrichtung einen anderen Blick auf die
Rechtswissenschaft wirft.7 Dieser Fachbereich würde auch positiv dazu beitragen, die notwendige
Reflexion/Human-Wissenschaftlichkeit im Rechtswissenschaftlichen Studium mit Staatsexamen zu
erreichen.
Idee des „Hippokratischer Eid der Juristen“
Eine Art, die übergeordnete Bedeutung der Grundprinzipien und gesonderte Verantwortung für die
Studierenden greif- und erlebbar zu machen, könnte unserer Ansicht nach ein Eid sein.
4 http://www.uni-hamburg.de/UHH/leitbild1.html5 http://www.jura.uni-hamburg.de/think-tank-lehre/leitbild/6 http://www.jura.uni-passau.de/881.html7 http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/juristische_fakultaet/studium/bachelor_laws/konzept
Bei den Medizinern, die eine ähnlich hohe gesellschaftliche Verantwortung tragen wie die Juristen, ist die
Verpflichtung zur Verantwortlichkeit im Umgang mit dem so mächtigen Wissen in Form eines Schwurs
Jahrtausende alte Tradition. Vielleicht ist es an der Zeit, dass auch die Juristen sich ihrer aus ihrem
besonderen Wissen erwachsenen Macht verantwortungsvoll in einem Bekenntnis auf die drei
Grundprinzipien des GG bekennen.
III. Inhaltliche Ausrichtung
Dieses Leitbild müsste sich durch die Studienreform auf den konkreten Inhalt des rechtswissenschaftlichen
Studiums auswirken. Da aber eben dieses noch nicht besteht, wollen wir uns entlang der oben entworfenen
Richtlinien bewegen und schlagen folgende Änderungen vor:
Wenn man den Grundsatz eines interessegeleiteten Studiums ernst nimmt, müssen Verpflichtungen abgebaut
-und Angebote ausgebaut werden. Inhaltlich würde dies bedeuten, den Studierenden ein breiteres Angebot zu
unterbreiten. Zu überlegen wäre beispielsweise Lehrveranstaltungen in Grundlagen, Vertiefung und ggf.
Praxis/Kritik aufzuspalten und so den Studierenden eine Interesse geleitete Schwerpunktsetzung zu
ermöglichen. Dies würde das Lehrklima auch für die Lehrenden deutlich verbessern.
Die Grundlagenfächer und die Hausarbeiten müssen deutlich mehr Gewichtung finden, um das Studium
wieder wissenschaftlicher zu machen. Zudem ist die kritische Auseinandersetzung mit Prinzipen und ihren
Grundlagen ist Grundbedingung für Fortschritt und Weiterentwicklung. Querdenken und interdisziplinäre
Fächer müssen durch die Studienreform gestärkt werden, sowohl inhaltlich als auch methodisch.
Grundlagenfächer könnten in „Säulen“ wie Geschichtliche, Reflexive- und Gesellschaftswissenschaftliche
Behandlung des Rechts gegliedert werden. So könnte dann der Erwerb von 3 Scheinen aus mindestens 2
Säulen verpflichtend sein
Es sollte ein Schwerpunkt „Grundlagen des Rechts“ eingerichtet werden, um Studenten die Möglichkeit zu
geben, sich interdisziplinär mit dem Recht auseinanderzusetzen und „verantwortliche“ Rechtstechniker
auszubilden, die einen Blick für das Ganze haben. Einige Universitäten in Deutschland bieten einen solchen
Schwerpunkt erfolgreich an, so die Uni Passau8, FU Berlin9, HU Berlin10, Uni Bremen11, Uni Kiel12.
Es wäre ein großer inhaltlicher Gewinn, wenn Studenten selbst entscheiden könnten, ob sie den Schwerpunkt
vor- oder nach dem ersten Staatsexamen ablegen wollen. Das Erlernen der im Staatlichen Examen geprüften
Gegenstände endet nach dem Hauptstudium und muss nach dem Schwerpunkt mühsam wieder
aufgenommen werden. Unabhängig von konkreten Überlegungen kommt die Verpflichtung, den
8 http://www.jura.uni-passau.de/881.html9 http://www.jura.fu-berlin.de/studium/vorschriften/rechtswissenschaft/hauptstudium/sb_1/index.html10 http://www.rewi.hu-berlin.de/sp/sp/sp111 http://www.jura.uni-bremen.de/typo3/cms405/fileadmin/PDF_dateien/WISE2010/Schwerpunkt/
SchwerpunktGrundlagendesRechts.pdf12 http://www.jura.uni-kiel.de/StuPrue/StudiOrga/schwerpunkt/die-schwerpunktbereiche-stand-2011.pdf (SP 7)
Universitären Teil vor dem staatlichen zu prüfen, einem tiefen Eingriff in das Recht der Fakultät gleich, seine
Studienordnung selbst zu bestimmen. Im Ergebnis ist das Studium ab spätestens dem sechsten Semester vom
Gesetzgeber „fremd-bestimmt“.
Das WB sieht eine weitere Förderung von Eidra vor, was unterstützenswert ist. Diese sollte ergänzt
werden um eine weitere Stärkung der OE und Anregungen auch Vorlesungen einer anderen Fakultät
zu besuchen. Widersprüchlich ist hier, dass gerade im ersten Semester nach Studienplan der
Arbeitsaufwand größer ist als im Zweiten (s. Tabellen im Anhang des Weißbuchs). Wissenslust und
Interesse am Lernen sollte nicht durch ein überwältigendes Pflichtprogramm abgewürgt werden.
Reflektierenden Veranstaltungen zum Thema Recht, wie u.a. Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie
und Recht im NS-Staat sollten erweitert und in ihrer fundamentalen Bedeutung für einen
verantwortlichen, im Geiste des GG stehenden Umgang mit Recht gestärkt werden (siehe Leitbild).
Die Grundlagenscheine sollten, wie im Weißbuch vorgeschlagen auf zwei im Grundstudium, und
einem im Hauptstudium ausgebaut werden. Zusätzlich sollte der o.g. Vorschlag zur Gliederung in
Säulen eingeführt werden.
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass zwei Fächer in einer Prüfung zusammengefasst und so die
Zusammenhänge der Rechtsgebiete hervorgehoben werden. Besorgniserregend ist jedoch, dass die
pflichtmäßig abgeprüfte Stofffülle nicht reduziert wird, sich somit der Verdacht aufdrängt, dass hier
lediglich eine Entlastung der Professoren beabsichtigt wird. Diese Gefahr ist erst zu nehmen und
sollte im Weißbuch Erwähnung finden. Die Idee aus Punkt II b) bb) zwei vollwertige Klausuren
anzubieten ist daher sehr zu unterstützen und sollte darum ergänzt werden, auch jeweils einen der
beiden abgeprüften Fächer als Schwerpunkt der Prüfung anzukündigen, um die Studierenden in ihrer
Prüfungsvorbereitung zu entlasten.
Engagement befördern: Die Orientierungs-Einheit muss die Studierenden auch auf ihre Aufgaben als
Teil der der demokratischen, verfassten Studierendenschaft vorbereiten. Es müssen auch weitere
Wege gefunden werden um Studentisches Engagement und kritische Reflexion zu befördern,
Wahlbeteiligungen von um die 20% sind ein Schande für die Universität.
IV. Methodische Ausrichtung
Der Anspruch einer juristischen Ausbildung, die sich mehr an Verantwortung und kritischer
Auseinandersetzung orientiert, wirft unweigerlich die Frage nach methodischen Neuerungen auf.
- Orientierung geben -
Studenten kommen seit dem Abitur nach 12 Jahren und dem Wegfall des Wehr-/Zivildienstes mit weniger
Lebens- und Lernerfahrung an die Universität. Es ist unangemessen, ihnen Bildung nur mittels mehr oder
minder frontalen – abhängig von der Lehrfreiheit der Professoren – Vorlesungen zu vermitteln.
Es muss Wissenslust angeregt und Interesse zu wecken. In der Schulbildung sind verschiedene
Lernmethoden von weitaus größerer Wichtigkeit und gehören fest zum Lehrplan.
Den Funktion der Diskussion und tiefergehenden Auseinandersetzung erfüllen teilweise die
Arbeitsgemeinschaften, das Ausbauen der Veranstaltung „Einführung in die Rechtswissenschaft“ ist in
diesem Zusammenhang sehr zu schätzen. Allerdings lässt die interdisziplinäre und vielfältige Methodik noch
zu wünschen übrig.
- Kooperation und Diskurs fördern -
Es sollte auf eine Zusammenarbeit statt eines Konkurrenzdrucks unter den Studenten hingearbeitet werden,
sodass ein Herausreißen der Seiten aus Büchern in der Bibliothek um dem anderen wichtiges Wissen
vorzuenthalten, als das gesehen wird was es ist, nämlich absurd. Der Jurist kommt als unverbesserlicher
Einzelkämpfer in der Berufswelt nicht weit.
Denkbar sind Seminare, wie sie in anderen Fächern üblich sind, die schon im Grund- und Hauptstudium
verpflichtend angeboten werden. Auch sind Vortrags- und Diskussionsrunden wünschenswert, damit sich
Studierende in Diskussionen üben und eigene Ergebnisse präsentieren und verteidigen lernen. Praxisausflüge
und Verhandlungssimulationen/Moot Court sollten ebenfalls feste Bestandteile des Studiums sein.
Die Schlüsselqualifikation ist ein erster Schritt, jedoch sollte ihre Bedeutung gestärkt werden und sie nicht in
einem nur dreitägigen konzentrierten Seminar abzuleisten sein. Vielmehr sollte sie das Studium regelmäßig
begleiten, so dass Zeit für bspw. Hausarbeiten und Vor- sowie Nachbereitung bleibt. Eine Möglichkeit wäre,
zum Erwerb mehrerer solcher Scheine zu verpflichten und deren Gestaltung flexibel zu ermöglichen, damit
der Student frei entscheiden kann, mittels welcher Projekte er sich methodisch anders bildet und neuartige
Fähigkeiten und Blickwinkel kennenlernt.
- Prüfungen neu Denken –
Das Problem des Überprüfens solcher Leistungen stellt dabei eine Herausforderung dar. Die für das Studium
typische Fall-Klausuren bereiten zwar auf das Staatsexamen vor, haben jedoch mit realistischen
Lebenssituationen sehr wenig zu tun. An keinem Arbeitsplatz dieser Welt müssen die Angestellten ein
Problem lösen, ohne dabei nicht auch jede nur erdenkliche Informationsquelle zu Rate zu ziehen zu können.
Dies sollte durch modernere Prüfungsformen wie der Open Book/Koffer Klausur kompensiert werden. Dies
könnte beispielsweise sehr leicht hergestellt werden, indem Kommentare in Prüfungen ausgegeben werden.
Allerdings lassen sich auch mündliche Diskussionsbeiträge mit Noten bewerten. Andererseits könnten auch
mündliche Prüfungen eine solche Funktion erfüllen. Zusammen erarbeitete Projekte/Gruppenarbeiten
könnten in Vorträgen vorgestellt werden. Insgesamt sollte in diesem Zusammenhang die Beziehung
Studierende/Lehrende in den Vordergrund rücken.
Eine methodisch und inhaltlich abwechslungsreichere Gestaltung des Studiums kann die Vermittlung von
Studieninhalten wesentlich effektiver machen und eine – wie in den Tabellen im Anhang des Weißbuchs für
das erste Semester beispielsweise vorgesehene – 41-Stunden-Woche tatsächlich ermöglichen. Anderenfalls
ist die tägliche Aufnahmefähigkeit eines Menschen für Wissen in einem solchen Pensum einfach nicht
gegeben und ebendiese Forderung überzogen.
- Freiraum -
Eine weitere Forderung ist die nach einem längst fälligen Freiraum im Rechtshaus. Unsere Fakultät ist die
einzige, in der Studenten kein selbstverwaltetes Café oder wenigstens ein nach ihren Vorstellungen
gestaltbaren Freiraum haben. Die steinernen Bänke sind für längeres Sitzen und Diskutieren nicht einladend.
Unterhaltungen werden im Flur, vor dem Infotresen oder den Toiletten geführt. Der FSR-Raum wird meist
nur für die Einsicht in Klausuren oder Hausarbeiten genutzt – während der beschränkten Öffnungszeiten.
Ein studentischer Freiraum ist für einen Wandel der Atmosphäre und an der Fakultät unerlässlich, da er
Raum für Diskussion gibt und so Begeisterung für das Fach weckt, sich dort studentische Initiativen bilden
und treffen könnten und er Begegnungen im sonst sehr anonymen Rechtshaus ermöglicht. Unser Konzept
beinhaltet:
einen Raum im Rechtshaus, der mindestens Platz für 15 Studierende bietet
eine Selbstverwaltung durch eine kleine Gruppe Studierender unabhängig vom FSR und anderen
Studentischen Gruppen.
Raum für Veranstaltungen wie Diskussionsrunden, Vorträge, Filmvorführungen etc.
Kaffeeverkauf zu Selbstkostenpreisen
eine alternative Jurabibliothek
gemütliche Sitzecken
Die methodischen Neuerungen bedeuten zusammengefasst:
die Orientierung der Studenten in den ersten Semestern zu stärken
Interesse und Wissenslust durch alternative Lehrveranstaltungen und Projekte zu fördern
Neue Prüfungsformen einzuführen und Prüfungen generell zu hinterfragen.
den Studenten Raum für Eigeninitiativen zu geben, u. a. mittels des Freiraums
V. Zeitliche Aspekte
Eine Abkehr von der bisherigen Zeitplanung im Jurastudium ist dringend notwendig: Grund- und
Hauptstudium sollen in fünf Semestern, sprich zweieinhalb Jahren, abgeleistet werden. In dieser Zeit soll der
Student alle wesentlichen Fächern der Rechtswissenschaft erlernen. Dies entspricht noch nicht einmal der
Zeit eines Bachelor-Studiums. Danach soll er in einem Jahr den Schwerpunkt studieren, der zumeist mit dem
bisher Erlernten wenig zu tun hat. In seinem letzten Studienjahr bereitet er sich dann auf das Examen vor,
wobei es an sich um eine systematische Wiederholung des Gelernten geht. Stattdessen aber muss der Student
vieles neu lernen, da er innerhalb eines Jahres sich mit anderem Stoff, nämlich seinem Schwerpunkt
beschäftigt hat, oder er hört einiges zum ersten Mal, da er in den zweieinhalb Jahren vorher keine Zeit hatte,
alles zu lernen. Eine tiefergehende Beschäftigung mit dem Stoff ist außerhalb des Schwerpunkts und der
Hausarbeiten gar nicht möglich.
- Zwischenprüfung und Prüfungsumfang -
Die Zwischenprüfung mit ihren 15 Scheinen, die gerade einmal 42% der Studierenden in Regelstudienzeit
schaffen muss deutlich in ihrem Prüfungs-Umfang reduziert werden. Das Weißbuch sieht vor im
Grundstudium die Anzahl der Prüfungen auf 10 zu reduzieren, was wir unterstützen. Auch ist im Punkt II. d)
2) davon die Rede, zwei Grundlagenscheine verpflichtend vorzusehen was wir, auch entgegen dem Ziel der
Prüfungsreduzierung, sehr begrüßen würden. Überlegenswert erscheint auch im Grundstudium zwei- und im
Hauptstudium einen Grundlagenschein vorzusehen (s.o.).
Allerdings ist eine Entlastung des Studenten nicht nur in Prüfungsanzahl, sondern -umfang notwendig. Das
Weißbuch sieht in seinen Tabellen im Anhang zum Weißbuch ein Workload pro Woche von 41 h vor (erstes
Semester) vor. Ein solches Vollzeitstudium ist unverhältnismäßig in seiner Ausgestaltung – eine
Aufnahmefähigkeit von 8 h am Tag bei Frontalunterricht plus Lesen besteht nicht. Keine Arbeit erfordert ein
solches Pensum. Wir fordern eine Reduktion dieses Umfangs - keineswegs , damit die Studenten eine dolce
vita genießen können, sondern vielmehr anderweitig sich engagieren können, mit kritischer
Auseinandersetzung, für die sonst wenig Zeit bleibt. Andererseits wäre eine 41-Stunden-Woche möglich,
wenn auch andere Lernformen integriert und nur das Pflichtprogramm verringert würden. So könnte sich der
Student mit dem Fach näher beschäftigen, das er sich aussucht und müsste nicht alle Rechtsgebiete in ihrer
Breite erlernen. Ein interessegeleitetes Studium, das nicht nur den späteren Schwerpunkt der freien
Disposition überlässt, würde so ermöglicht.
- Der universitäre Teil des Staatsexamens, insbesondere sein Zeitpunkt -
Die Reihenfolge der Schwerpunktsprüfung vor dem staatlichen Examensteil ist aus verschiedenen Gründen
zu kritisieren: zum einen wird Erlerntes in dem Schwerpunktsjahr wieder vernachlässigt und vergessen, dass
für das Staatsexamen von großer Bedeutung ist. Es muss sich dann mühsam im Vorbereitungsjahr vor dem
Examen wiedererarbeitet werden. Das Schwerpunktstudium fußt in vielerlei Hinsicht auf eine fundierte
Kenntnis der Rechtswissenschaft, die nach zweieinhalb Jahren – Grund- und Hauptstudium – so noch nicht
vorliegt. Es handelt sich dabei um eine „Unterbrechung“ des normalen Studiums, um den Schwerpunkt
abzuleisten, sodass man weiter studieren kann. Der Student wird gezwungen, diese Voraussetzung für das
Staatsexamen zu erfüllen, damit er zur staatlichen Prüfung zugelassen wird. Im Übrigen ist das
Schwerpunktstudium in den Weißbuch-Tabellen höchst unrealistisch dargestellt: Ein gleichzeitiges Ableisten
von Hauptstudium und Schwerpunkt ist laut der Erfahrung vieler Studenten so nicht möglich.
Hier ist ein erneutes, lauteres Einwirken auf die Justizbehörde zu fordern. Es handelt sich nicht nur um eine
„wechselseitige Befruchtung“ zwischen Schwerpunkts- und Pflichtstoff, die ein Ableisten des
Schwerpunktbereichs nach dem staatlichen Prüfungsteil nahe legt, sondern handelt es sich bei der jetzigen
Reihenfolge vielmehr um einen Bremsklotz für ein erfolgreiches Studium. Die Gründe für die Ablehnung der
Forderung sollten von der Justizbehörde offen gelegt werden.
- Freischuss -
Der Freischuss muss angepasst werden, um nicht als Druckmittel für den zügigen Studienabschluss und
konkurrenzverstärkend gegen die Studierende zu wirken, sondern wirklich eine „Vergünstigung“
darzustellen. Bei dem enorm vereinzelten Leistungsdruck in 6 Klausuren das Wissen von 5 Jahren
abzubilden, kann von einer wirklichen „Freiheit“ den Freischuss wahrzunehmen nicht die Rede sein.
Statt dem Studenten unter Scheindruck zu stellen, sollte der Zweck der Prüfungen, als Erlernung des
Handwerkzeugs und als Übung für die spätere staatliche Pflichtfachprüfung offengelegt werden und
demgemäß ausgestaltet werden. Die Bevormundung der Studentenschaft durch diesen Druck und der
Exmatrikulation nach dem zweiten Versuch verfehlt den Auftrag einer juristischen Fakultät mündige,
eigenverantwortliche Rechtswissenschaftler heranzubilden und geht zugleich über die im JAG genannten
Anforderungen hinaus. Ziel sollte es sein, aus den in den Klausuren gemachten Fehlern zu lernen und nicht
unter den Studenten „auszusieben“. Manch guter Jurist hat einen langen Anlauf gebraucht und wäre unter
diesen Bedingungen längst exmatrikuliert.
Eine angemessene Lösung wäre der Freischuss für alle Studenten, unabhängig von ihrer Studiendauer. Jeder
hat eine Verbesserungschance verdient.
- Finanzierung im Hinblick auf den Freischuss -
Dazu muss auch die Regelungen des Bafögs angepasst werden: Der Freischuss wurde auf 9 Semester
angehoben, die Regelstudienzeit blieb aber auch bei 9 Semestern. Alle Bafög Empfänger werden somit dazu
gezwungen den Freischuss zu machen, um überhaupt noch Bafög zu bekommen. Dies ist eine unzumutbare
Härte eben gerade für die Studierenden, die Bafög erhalten, "offiziell" als bedürftig gelten, meist nebenher
auch noch jobben müssen und daher erst Recht nicht das straffe Curriculum in der knappen Freischusszeit
(Regelstudienzeit) durchlaufen können.
Diese Studierende sehen sich am Ende der Freischusszeit (Regelstudienzeit) vor finanziellen
Schwierigkeiten, denn sie fallen durch das feinmaschige Netz der Studienförderung. Nicht nur sind sie
gezwungen in der Freischusszeit fertig zu werden, sondern sehen sich vor enormen finanziellen Belastungen,
wenn sie es nicht in dieser Zeit schaffen. So ist es den Studenten verwehrt, die nach dem BaföG folgende, als
letzer Anker vor dem Studienabbruch eingeführte "Hilfe zum Studienabschluss" (§ 15 Abs. 3a BaföG) in der
Examensvorbereitungzeit, zu erhalten. Diesen Förderanspruch besteht nach Ablauf der Regelstudienzeit erst
mit Anmeldung zur Abschlussprüfung, bei uns also mit der Anmeldung zur staatlichen Examensprüfung
(OVG Berlin/Brandenburg 23.01.2007-6 S 38.06).
Zwischen dem Ende der Freischusszeit (Regelstudienzeit) und der Anmeldung zur staatlichen
Pflichtfachprüfung vergehen jedoch meist 1-2 Semester in denen die Studenten sich auf die Prüfung sehr
intensiv vorbereiten. Genau in dieser Zeit erhalten sie jedoch kein Bafög mehr und haben auch noch keinen
Anspruch auf Studienabschluss-Hilfe. Konsequenz ist, dass diese Studierende sich Kredite auf dem freien
Kreditmarkt besorgen müssen und wegen der dort nicht vorhandenen Karenzzeit daher auch davor
zurückschrecken, nach dem Staatsexamen einen LL.M Abschluss anzustreben oder eine Doktorarbeit zu
verfassen. Eine, alle gesellschaftliche Schichten übergreifende fundierte Partizipation an den
Rechtswissenschaften, wird so entgegengewirkt. Hier ist ein Hinwirken auf Bundesebene erforderlich, dass
das BaföG eine für das Jurastudium passende Regelung schafft, aber auch eine vorübergehende Universitäts
interne Regelung zur Abhilfe zu schaffen.
Daher fordern wir hinsichtlich der Bafög-Finanzierung des Studiums:
erneutes Hinwirken auf Änderung der JAG (Reihenfolge von WSP/ Staatsexamen) mit der freien Wahl durch den Studenten, welche Prüfung zuerst abgelegt werden soll unter dem Gesichtspunkt, dass die Examensvorbereitungszeit von den Studierenden so gewählt werden kann, dass sie noch in die Bafög-geförderte Studienzeit fällt
Anheben der Regelstudienzeit auf mindestens 10 Semester
Hinwirken auf Bundesebene, dass eine einheitliche Regelung für die Bafög-Finanzierung hinsichtlich der Besonderheiten des Jurastudiums gefunden wird.
- „Echte“ zweite Klausur und Klausurdauer -
Eine „echte“ zweite Klausur, wie sie das Weißbuch vorsieht, befürworten wir. Übungsklausuren sind sehr
wichtig auf dem Weg zum Examen, um die Klausurtechnik zu verbessern und Prüfungsangst bzw. -stress
abzubauen. Dabei wäre es aber von Vorteil, jeweils offiziell einen Schwerpunkt in den Klausuren zu setzen,
damit die Studenten sich auf ein Thema konzentrieren können. Die Terminierung dieser zweiten Klausur
während des laufenden Semesters halten wir trotz der Gefahr, Vorlesungen zu versäumen, für gut, damit
einem Hinarbeiten einzig auf das Semesterende entgegengewirkt wird.
Eine Klausurdauer von drei Stunden begrüßen wir.
- Maximale Studiendauer -
Kontraproduktiv ist der Vorschlag des Weißbuch, eine maximale Studiendauer einzuführen. Die Kosten, die
Langzeitstudenten verursachen, sind als marginal anzusehen im Vergleich zu dem, was eine Exmatrikulation
für einen tiefen Einschnitt in die Leben der Betroffenen darstellt. Die Befürchtung besteht, dass hier eher
Ressentiments bedient werden, als wirklich eine Verbesserung für die Verwaltung erreicht wird, zumal sich
für die Studierenden keine direkten Verbesserungen hierdurch ergeben. Bevor nicht ausdrückliche Belege zu
den angeblichen Kosten/Zahlen usw. der Langzeitstudenten vorliegen und eine objektive Diskussion
garantiert ist, muss dieser Passus aus dem Reformvorschlag gestrichen werden.
- Dauer der Bewertungsverfahren -
Eine Beschleunigung der Bewertungsverfahren, wie sie das Weißbuch vorsieht, ist eine gute Idee. Allerdings
fehlt eine offizielle Anlaufstelle um sich zu beschweren im Falle, dass die Frist nicht eingehalten wird.
Schließlich führt eine Nichteinhaltung wiederum dazu, dass sich das Studium, möglicherweise die
Anmeldung zur Prüfung verzögert. Die persönliche Beschwerde beim Dekan wird nicht wahrgenommen, da
sich niemand vor der Prüfung unbeliebt machen möchte. Ein formelles Mahnverfahren wäre notwendig um
genügend Druck auf die Korrektoren auszuüben ohne Nachteile erleiden zu müssen.
Wir sprechen uns für eine Verbesserung des Studiums im Hinblick auf seine Zeitplanung aus, indem:
Prüfungszahl und -umfang der Pflichtstoffe im Zusammenspiel mit einem größeren Wahlbereich im
Sinne eines interessegeleiteten Studiums verringert werden
das Schwerpunktstudium nach dem Staatsexamen abgeleistet und die Justizbehörde unter
Erklärungsdruck gesetzt wird
der „Freischuss für alle“ eingeführt wird
die Regelstudienzeit an die Bafög-Finanzierung angepasst wird und umgekehrt, insbesondere auf
eine bundesweite einheitliche Regelung hingewirkt wird
die maximale Studiendauer nicht eingeführt wird
ein offizielles Mahnverfahren bei Überschreitung der Bewertungsfristen eingeführt wird.
VI. Ausblick
Es ist an der Zeit, an die Vernunft zu appellieren und dass sich jeder Einzelne fragt, welchen Weg wir gehen
möchten. Jeder an dieser Fakultät ist zu kritischer Reflexion fähig und sollte eine möglicherweise
beschwerliche, aber mutige Diskussion nicht scheuen, um sich seiner Ideale (wieder) bewusst zu werden.
Welche Bildung möchten wir erreichen? Welche Rechtswissenschaft wollen wir hervorbringen? Wie sehen
wir uns im historischen Kontext? Unsere Stellungnahme soll als Anregung zu einer grundlegenden
Diskussion dienen.
Das Weißbuch sieht bereits einige wertvolle Änderungen vor, die wir befürworten. Jedoch sollten die
zahlreichen weiteren bestehenden Verbesserungsmöglichkeiten wahrgenommen werden, um das Studium der
Rechtswissenschaft nachhaltig zu reformieren. Der Moment sollte genutzt werden, um einen größeren Schritt
in Richtung Verantwortlichkeit und Mündigkeit zu gehen.
Kritische Jurastudierende Hamburg,
Greta Luise Groffy, Janwillem van de Loo , Marinus J. Stehmeier, Teodora Stoyanova, Timm Schoof, Nikolaus Kalberlah, Thielo Groth, Andreas Dannwolf