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Date post: 18-Oct-2020
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1 DIHK-Newsletter Steuern |Finanzen | Mittelstand (Ausgabe August/2020) Inhaltsverzeichnis Editorial Seite 2 BMF legt Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) vor Seite 3 Kassen: Nichtbeanstandung bei fehlender tSE-Aufrüstung durch 15 Bundesländer Seite 4 BMF lehnt Verschiebung der Meldefrist zur Anzeige grenzüberschreitender Seite 6 Steuergestaltungen ab Änderungen bei der betrieblichen Altersvorsorge im Rahmen der Seite 7 Grundrente beschlossen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien Seite 7 sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG) Finanzgericht Köln zur Nachforderung von Lohnsteuer aus der Übernahme Seite 8 von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung Umsatzsteuer: BMF äußert sich zur postalischen Erreichbarkeit des Seite 10 Rechnungssteller sowie zur Identität von Rechnungssteller und Leistungserbringer Umsatzsteuer: BMF zum maßgeblichen Zeitpunkt der Lieferung als Seite 10 Voraussetzung des Abzugs der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer Umsatzsteuer: BMF-Schreiben zu den Auswirkungen der sog. Seite 11 Missbrauchsrechtsprechung des EuGH auf die Steuerbefreiung bei Ausfuhren Steuereinnahmen im Juni weiter rückläufig Seite 12 Soforthilfen des Bundes – eine Bilanz Seite 12 EU-Gipfel beschließt Wiederaufbauprogramm für Europa Seite 15 EU-Gipfel einigt sich auf Mehrjährigen Finanzrahmen bis 2027 Seite 17 EU-Kommission veröffentlicht umfassendes „Steuerpakets zur Seite 18 Betrugsbekämpfung Europäisches Gericht: Apple erhielt von Irland keine Beihilfe Seite 19
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Page 1: rE Á o ^ µ v n& ] v v Ì v n D ] o v ~ µ P µ P µ l î ì î ì · Title: Microsoft Word - 2020-08 Author: vk Created Date: 8/19/2020 11:32:18 AM

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DIHK-Newsletter Steuern |Finanzen | Mittelstand

(Ausgabe August/2020) Inhaltsverzeichnis Editorial Seite 2 BMF legt Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) vor Seite 3 Kassen: Nichtbeanstandung bei fehlender tSE-Aufrüstung durch 15 Bundesländer Seite 4 BMF lehnt Verschiebung der Meldefrist zur Anzeige grenzüberschreitender Seite 6 Steuergestaltungen ab Änderungen bei der betrieblichen Altersvorsorge im Rahmen der Seite 7 Grundrente beschlossen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien Seite 7 sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG) Finanzgericht Köln zur Nachforderung von Lohnsteuer aus der Übernahme Seite 8 von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung Umsatzsteuer: BMF äußert sich zur postalischen Erreichbarkeit des Seite 10 Rechnungssteller sowie zur Identität von Rechnungssteller und Leistungserbringer Umsatzsteuer: BMF zum maßgeblichen Zeitpunkt der Lieferung als Seite 10 Voraussetzung des Abzugs der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer Umsatzsteuer: BMF-Schreiben zu den Auswirkungen der sog. Seite 11 Missbrauchsrechtsprechung des EuGH auf die Steuerbefreiung bei Ausfuhren Steuereinnahmen im Juni weiter rückläufig Seite 12 Soforthilfen des Bundes – eine Bilanz Seite 12 EU-Gipfel beschließt Wiederaufbauprogramm für Europa Seite 15 EU-Gipfel einigt sich auf Mehrjährigen Finanzrahmen bis 2027 Seite 17 EU-Kommission veröffentlicht umfassendes „Steuerpakets zur Seite 18 Betrugsbekämpfung Europäisches Gericht: Apple erhielt von Irland keine Beihilfe Seite 19

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Editorial

Was lange währt, wird – hoffentlich – gut, ganz sicher aber teuer. Unter dieser Überschrift lassen sich die Ergebnisse des EU-Gipfels Mitte Juli 2020 zusammenfassen. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich bei ihrem zweitlängsten Gipfeltreffen der Geschichte auf eine EU-Finanzierung für die kommenden Jahre geeinigt. Der Mehrjährige EU-Finanzrahmen von 2021-2027 fällt dabei ähnlich hoch aus wie der noch laufende bis Ende des Jahres. Wesentlich mehr Aufmerksamkeit hat der auch auf diesem Gipfel beschlossene Wiederaufbauplan zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie bekommen. Hinter dem Titel „Next Generation EU“ verbirgt sich ein historisch einmaliger Vorgang: Erstmals gestatten die Mitgliedstaaten der EU eine Schuldenaufnahme in Höhe von maximal 750 Mrd. Euro bis 2026. Durch eine lange Tilgung reichen die haushalterischen Folgen weit in die Zukunft: bis zum Jahresende 2058.

In jedem Fall hängt die wirtschaftliche Durchschlagskraft des Pakets nun von dessen Umsetzung ab! Im Einzelnen bedeutet das: Die von den Mitgliedstaaten für „Next Generation Europe“ vorgeschlagenen Investitionsprojekte müssen solide geplant und kalkuliert sein sowie möglichst auf einen gesamteuropäischen Mehrwert zielen. Die EU-Kommission muss die nationalen Wiederaufbaupläne kritisch prüfen und, wo immer möglich, verbessern. Die Staatenvertreter im Rat sollten ihre „EU-Brille“ aufsetzen und im Notfall auch einmal bereit sein, die rote Karte zu zeigen, wenn Projekte die gestellten Anforderungen zu reißen drohen.

Zugegeben, im Vergleich zu den Kommissionsvorschlägen haben die Staatschefs einige wichtige Verbesserungen vereinbart. So sollen mit 70 Prozent nun etwas mehr als zwei Drittel der Wiederaufbau-Mittel in den Jahren 2021 und 2022 fest verplant werden. Das ist gut so, denn je mehr Zeit nach dem Ausbruch der Krise verstreicht, desto weniger lassen sich hohe schuldenfinanzierte Ausgaben für die Krisenbeseitigung rechtfertigen.

Die zur Gegenfinanzierung vorgeschlagenen Maßnahmen – Plastikabgabe, CO2-Ausgleichsabgabe an den EU-Grenzen, Digitalsteuer, Finanztransaktionssteuer, Ausweitung EU-Emissionshandel – wiederum können zu erheblichen Belastungen der Wirtschaft führen. Dem muss zwingend ein wirtschaftlicher, sozialer und klimapolitischer Mehrwert gegenüberstehen. Sonst geht die Rechnung für die EU nicht auf. Der genaue Einsatz der beschlossenen Summen ist daher aus Wirtschaftssicht mindestens genauso bedeutend wie die aufgerufenen Summen oder die Frage „Zuschuss oder Kredit“.

Wir wünschen eine angenehme Lektüre.

Ihre

Dr. Kathrin Andrae und Malte Weisshaar

Referatsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand

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Aktuelle Steuerpolitik und Steuerrecht

BMF legt Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) vor

Das BMF hat am 17. Juli 2020 den Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) vorgelegt. Mit dem Gesetzentwurf soll notwendiger Änderungsbedarf bei Gesetzen aufgrund von EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie Reaktionen auf Rechtsprechung des BFH umgesetzt werden. Darüber hinaus bestehe ein Erfordernis zur Umsetzung eines unvermeidlich entstandenen technischen Regelungsbedarfs. Hierzu gehören Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen, Folgeänderungen, Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und Fehlerkorrekturen.

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 sollen laut Begründung des Entwurfs folgende Regelungen umgesetzt werden:

Die Neugestaltung der Investitionsabzugsbeträge des § 7g EStG (insbesondere Erhöhung der begünstigten Investitionskosten von 40 Prozent auf 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Flexibilisierung der Nutzungsvoraussetzung und Vereinheitlichung der Gewinngrenze). Die Änderungen dienen der Verbesserung und der zielgenaueren Ausrichtung der Steuervergünstigung.

Die Erweiterung der steuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwendungen bei der verbilligten Wohnraumvermietung in § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG. Mit der Änderung soll dem Umstand der vielerorts steigenden Mieten und des hohen Mietniveaus in Deutschland Rechnung getragen werden.

Die Einführung eines Datenaustauschs zwischen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern, der im Lohnsteuerabzugsverfahren die bestehenden Verfahren mittels Papierbescheinigungen vollständig ersetzt und bürokratischen Aufwand mindert, §§ 39 ff. EStG

Die Umsetzung des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets, insbesondere die Erweiterung des bestehenden Mini-One-Stop-Shops zum One-Stop-Shop und Einführung eines Import-One-Stop-Shops, Neuregelung sog. Fernverkäufe, insbesondere durch Abschaffung der bisherigen Versandhandelsregelung sowie der derzeitigen Lieferschwellen, Einführung der Steuerschuldnerschaft der Betreiber elektronischer Schnittstellen bei Lieferungen aus dem Ausland sowie Abschaffung der 22-Euro-Grenze für Kleinsendungen mit geringem Wert aus Drittstaaten und damit der entsprechenden Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer.

Die Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG (Reverse-Charge-Verfahren) auf Telekommunikationsdienstleistungen an sog. Wiederverkäufer und

die erstmalige gesetzliche Regelung des Besteuerungsverfahrens für die Umsatzsteuer für die Gebietskörperschaften von Bund und Ländern selbst als Steuerpflichtige (sogenannte „dezentrale Erfassung“) für die Zeit der Anwendbarkeit des § 2b UStG.

Darüber hinaus sollen Maßnahmen zur Gestaltungsbekämpfung und Sicherung des Steueraufkommens erfolgen:

Erweiterung des Tatbestandes des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG auf Sachleistungschuldverschreibungen.

Beschränkung der Verrechenbarkeit von Verlusten aus Kapitalvermögen mit tariflich besteuerten Einkünften, § 32d Abs. 2 EStG.

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In Reaktion auf BFH-Rechtsprechung seien folgende Maßnahmen besonders hervorzuheben:

Klarstellung, dass nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt sind in § 8 Abs. 4 EStG (Definition des Kriteriums „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“).

Danach soll zusätzlicher Lohn vorliegen, wenn:

1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet

2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt

3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits

vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und

4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht

wird.

Das Kriterium „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ ist Voraussetzungen in mehreren Steuerbefreiungsvorschriften: u. a. bei der steuerfreien Überlassung von Jobtickets nach § 3 Nr. 15 EStG, von Fahrrädern zur privaten Nutzung nach § 3 Nr. 37 EStG oder bei Zahlung von Kinderbetreuungszuschüssen nach § 3 Nr. 33 EstG, aber auch bei der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG und neu bei der Gewährung von Gutscheinen im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 11EStG ist das Kriterium von Bedeutung.

Bisher war keine gesetzliche Definition vorhanden. Aufgrund von Rechtsprechung zu diesem Kriterium ist es nunmehr für die Rechtssicherheit notwendig, eine gesetzliche Definition einzuführen. Im Rahmen eines BMF-Schreibens vom 5. Februar 2020 hat die Finanzverwaltung das Kriterium bereits definiert und die gesetzliche Regelung angekündigt.

Steuererstattungsansprüche des Erblassers als steuerpflichtiger Erwerb in § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG

Kürzung des Schuldenabzugs bei wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbefreitem Vermögen in § 10 Abs. 6 Satz 3 bis 6 ErbStG

Festlegung, dass die Berichtigung einer Rechnung kein rückwirkendes Ereignis i. S. d AO ist, § 14 Abs. 4 Satz 4 UStG-E

Regelung zur Änderung der Bemessungsgrundlage bei Preisnachlässen, § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG-E

Aktuell können die Wirtschaftsverbände Stellung nehmen. Ein konkreter Zeitplan für das Verfahren ist noch nicht bekannt. Das Gesetzgebungsverfahren soll aber am Ende des Jahres abgeschlossen sein, damit die Regelungen zum 1. Januar 2021 in Kraft treten können.

Kassen: Nichtbeanstandung bei fehlender tSE-Aufrüstung durch 15 Bundesländer

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 (kurz: Kassengesetz) wurden Unternehmen verpflichtet, ihre elektronischen Kassen(systeme) ab dem 1. Januar 2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) aufzurüsten. Angesichts der erheblichen Verzögerungen bei der Zertifizierung von tSE-Lösungen durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der verspäteten Verfügbarkeit am Markt hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) auf Grund der

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Intervention des DIHK und anderer Verbände mit Schreiben vom 6. November 2019 eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum 30. September 2020 erlassen.

Durch die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen und der sich daraus ergebenden Belastungen der Unternehmen einerseits und der weiterhin ausbleibenden Zertifizierung von Cloud-Lösungen andererseits hatte der DIHK gegenüber dem BMF eine weitere Verlängerung der Nichtbeanstandungsregelung über den 30. September 2020 hinaus angemahnt. Das BMF hatte jedoch in einem Schreiben an die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft – trotz eines gegenteiligen Mehrheitsvotums der mit dem Steuervollzug befassten Bundesländer – eine Anpassung der Frist abgelehnt.

Mit Stand 28. Juli 2020 haben nunmehr alle Bundesländer bis auf Bremen ihrerseits mit landesweiten Erlassen an ihre untergeordneten Finanzbehörden die Frist zur Aufrüstung von elektronischen Kassen(systemen) bis längstens 31. März 2021 verlängert. Voraussetzung für eine Fristverlängerung ist jedoch u. a., dass die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen umgehend durchzuführen sind. Die Landesregelungen weichen teilweise voneinander ab, insbesondere bei der Frage, ob eine entsprechende Meldung durch das Unternehmen gegenüber dem Finanzamt erforderlich ist. Unternehmen sollten daher die genauen Voraussetzungen ihres Bundeslandes prüfen:

Baden-Württemberg

Bayern

Hamburg

Hessen

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Saarland

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Schleswig-Holstein

Thüringen

Berlin

Brandenburg

Nachdem zuletzt Berlin und Brandenburg entsprechende Anweisungen hinsichtlich einer Fristverlängerung veröffentlicht haben, verbleibt Bremen als einziges Bundesland, welches keine entsprechenden Billigkeitsmaßnahmen ergriffen hat (Sachstand 28. Juli 2020). Unternehmen müssen in diesem Bundesland ausführlich begründete Anträge gem. § 148 Abgabenordnung beim Betriebsstättenfinanzamt stellen. Weitergehende Informationen sind bei der Handelskammer Bremen erhältlich.

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Hinweis: Das BMF hat mit Blick auf die von den Ländern individuell vorgenommenen Maßnahmen diese Ende Juli 2020 angeschrieben und aufgefordert, ihre Lösungen nicht umzusetzen. Ob und inwieweit die Länder auf das BMF zugehen und von ihren Lösungen abrücken, ist fraglich. Offen ist auch, inwieweit die länderspezifischen Lösungen untereinander abgeglichen werden.

BMF lehnt Verschiebung der Meldefrist zur Anzeige grenzüberschreitender Steuergestaltungen ab

Intermediäre und Unternehmen müssen ab dem 1. Juli 2020 die Vorschriften zur Meldepflicht grenzüberschreitender Gestaltungen befolgen. Gestaltungen, die ab diesem Zeitpunkt umgesetzt werden, sind innerhalb einer Frist von 30 Tagen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln. Gestaltungen, die bereits nach dem 24. Juni 2018 und bis zum 30. Juni 2020 umgesetzt wurden, sind bis zum 31. August 2020 zu melden. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hatte sich der DIHK gemeinsam mit anderen Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft für einen Aufschub der Meldefristen auf Brüsseler und Berliner Ebene eingesetzt. Auf diese Intervention hin wurde von der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union einstimmig eine Änderungsrichtlinie (Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU) verabschiedet, die am 27. Juni 2020 in Kraft getreten ist. Danach werden die Fristen für die Abgabe der Meldungen unter der sog. DAC-6-Richtlinie (EU) 2018/822 über den Informationsaustausch über grenzüberschreitende Steuergestaltungen um sechs Monate verschoben. Der deutsche Gesetzgeber hatte bereits in Erwartung der Änderung des höherrangigen EU-Rechts im Rahmen des ersten Corona-Steuerhilfegesetzes „grünes Licht“ gegeben und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zur zeitnahen Umsetzung der Reaktionen auf die Corona-Krise ermächtigt (Art. 97 § 33 Abs. 5 EGAO in Artikel 4). Das BMF hat sich – entgegen seiner Zustimmung auf Brüsseler Ebene – gegen eine Verschiebung der Meldefristen in Deutschland ausgesprochen und konterkariert damit nicht dem Willen des Parlaments. Selbst die bislang in dem Entwurf eines BMF-Schreibens vom 2. März 2020 enthaltene Nichtbeanstandungsregelung für den Fall, dass die Meldungen bis zum 30. September 2020 übermittelt werden, soll nicht mehr aufrechterhalten werden. Auf Europäischer Ebene haben mittlerweile 21 Mitgliedstaaten angekündigt, eine Verlängerung der Meldefristen in ihr nationales Recht zu übernehmen. Auch Österreich strebt eine 3-monatige Nichtbeanstandungsregelung an. Eine Verschiebung der Meldefristen würde betroffene Unternehmen in Deutschland erheblich entlasten, da diese zurzeit mit Personalengpässen und einer erhöhten Arbeitsbelastung aufgrund der Hilfsmaßnahmen aus den Corona-Maßnahmepaketen und der Reorganisation von Geschäftsprozessen zu kämpfen haben. Der DIHK hat sich daher nachdrücklich für eine Verlängerung der Meldefrist um 6 Monate ausgesprochen und wirbt gegenüber der Politik um eine Umsetzung der EU-rechtlichen Möglichkeiten. Auch einige Bundesländer fordern vom BMF eine entsprechende Verlängerung.

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Änderungen bei der betrieblichen Altersvorsorge im Rahmen der Grundrente beschlossen

Der Deutsche Bundestag hat den ursprünglichen Regierungsentwurf zur Grundrente am 2. Juli 2020 verabschiedet. Im Gesetz sind auch Regelungen zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge enthalten. Die Förderbeträge für betriebliche Altersversorgung an geringverdienende Arbeitnehmer nach § 100 EStG wurden angehoben.

Im Gesetz zur Einführung einer Grundrente sind auch Regelungen zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge enthalten. Demnach wird die geltende monatliche Einkommensgrenze für den Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung bei Geringverdienern nach § 100 EStG von 2.200 auf 2.575 Euro angehoben. Dies soll einen zusätzlichen Anreiz für den Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge schaffen und gilt bereits ab 1. Januar 2020. Zudem wird der Förderbetrag selbst von höchstens 144 auf höchstens 288 Euro angehoben. Dadurch können Arbeitgeber höhere Beiträge in eine betriebliche Altersversorgung eines Geringverdieners einzahlen.

Zur Grundrente:

Ab 1. Januar 2021 profitieren rund 1,3 Millionen Rentner vom Grundrentenzuschlag. Die Bedingungen sind: der Rentner hat mindestens 33 Jahre gearbeitet und während dieser Zeit verpflichtend Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt sowie nur wenig verdient (über die gesamte Zeit höchstens 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes im Jahr). Ob ein Anspruch auf Grundrente besteht, wird automatisch geprüft. Ein Antrag ist nicht erforderlich. Die Grundrente soll so zielgenau wie möglich ausgestaltet werden. Deshalb findet eine automatisierte Einkommensprüfung statt. Einkommen wird angerechnet, wenn es den Freibetrag von 1.250 Euro für Alleinlebende und 1.950 Euro für Paare übersteigt. Maßgeblich ist das zu versteuernde Einkommen. Kapitalerträge und ausländische Einkünfte werden ebenfalls angerechnet. Einkommen über 1.250 Euro (1.950 Euro bei Paaren) wird zu 60 Prozent, Einkommen über 1.600 Euro (2.300 Euro bei Paaren) wird voll angerechnet.

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG)

Das Bundeskabinett hat am 29. Juli 2020 einen Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz) beschlossen. Mit dem Zweiten Familienentlastungsgesetz soll die Überprüfung und Anpassung von steuerlichen Freibeträgen und die Beseitigung der kalten Progression erfolgen. Ziel des Gesetzes ist die finanzielle Entlastung und Unterstützung von Familien. Der Entwurf erfüllt damit eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag von 2018.

Um Familien wirtschaftlich weiter zu fördern und zu stärken, werden die Regelungen zur angemessenen Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit von Familien bei der Bemessung der Einkommensteuer nunmehr für die Jahre 2021 und 2022 angepasst.

Grundlage sind der alle zwei Jahre vorgelegte Bericht über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern (Existenzminimumbericht) sowie über die Wirkung der kalten Progression im Verlauf des Einkommensteuertarifs (Steuerprogressionsbericht). Im Vorgriff auf die im Herbst 2020 zu erwartenden Ergebnisse dieser Berichte zielt das Gesetz darauf ab, Familienleistungen zu verbessern, mit steigenden Preisen verbundene höhere Existenzminima steuerpflichtiger Personen und ihrer Kinder zu berücksichtigen und die Wirkung der kalten Progression auszugleichen.

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Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, werden in einer weiteren Stufe das Kindergeld pro Kind ab 1. Januar 2021 um 15 Euro pro Monat erhöht und die steuerlichen Kinderfreibeträge entsprechend angepasst. Das Kindergeld steigt für das erste und zweite Kind auf 219 Euro pro Monat, für das dritte Kind auf 225 Euro und ab dem vierten Kind auf 250 Euro. Außerdem werden mit der Anhebung des Grundfreibetrags die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums der steuerpflichtigen Bürgerinnen und Bürger sichergestellt. Zum Ausgleich der kalten Progression werden die übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs für die Veranlagungszeiträume 2021 und 2022 nach rechts verschoben.

Der Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 33a Absatz 1 EStG wird wie der Grundfreibetrag ab Veranlagungszeitraum 2021 ebenfalls angehoben.

Darüber hinaus werden auf Basis der bisherigen Praxiserfahrungen Aktualisierungen zum automatisierten Kirchensteuereinbehalt bei Kapitalerträgen vorgenommen.

Das Gesetzgebungsverfahren soll rechtzeitig abgeschlossen werden, so dass die Änderungen in den Lohnsteuerabzugsprogrammen für die Arbeitgeber zum Jahreswechsel rechtzeitig umgesetzt werden können und keine Rückrechnungen vorgenommen werden müssen.

Finanzgericht Köln zur Nachforderung von Lohnsteuer aus der Übernahme von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung

Das Finanzgericht Köln hat mit Urteil vom 24. Januar 2020 zum Aktenzeichen 1 K 1041/17 erörtert, ob die Übernahme von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung im Rahmen der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG zu weiterem Arbeitslohn führt. Das Finanzgericht urteilte hier, dass kein geldwerter Vorteil vorliegt, der versteuert werden muss.

In dem Urteil des Finanzgericht Köln vom 24. Januar 2020 zum Aktenzeichen 1 K 1041/17 geht es um die Frage, ob übernommene Arbeitnehmeranteile in der Sozialversicherung im Rahmen der Pauschalversteuerung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer nach § 37b EStG steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.

Sachverhalt: Die Arbeitgeberin besteuerte seit 2007 Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer auf ihren Antrag hin pauschal nach § 37b EStG. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um Kosten für Veranstaltungen der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin ging zunächst davon aus, dass es sich bei den pauschal besteuerten Sachzuwendungen nicht um sozialversicherungspflichtiges Entgelt der Arbeitnehmer handelte und führte hierauf keine Sozialversicherungsbeiträge ab. Auch in Kenntnis der Ergänzung von § 1 Abs. 1 Satz 1 der Sozialversicherungsentgeltsversicherungsverordnung (SvEV) zum 1. Januar 2009 änderte die Arbeitgeberin ihr Vorgehen nicht. Um eine konzerneinheitliche sozialversicherungsrechtliche Behandlung pauschal versteuerter Sachzuwendungen an Arbeitnehmer herbeizuführen, traf die Konzernmutter der Arbeitgeberin mit der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) eine schriftliche Vereinbarung, wonach die Zuwendungen nicht individuell den betroffenen Lohnkonten zugerechnet werden, sondern die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge über pauschalierte Summenbeitragsbescheide gemäß § 28f Abs. 2 SGB IV erfolgt. Aus den entsprechenden Summenbeitragsbescheiden der DRV Bund ermittelte die Lohnsteueraußenprüfung Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Diese Beträge unterwarf sie der Nachversteuerung gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit einem Nettosteuersatz von 43 Prozent. Hiergegen wandte sich die Arbeitgeberin mit Einspruch und begründete diesen, dass es am erforderlichen Zufluss eines geldwerten Vorteils i. S. von § 11 EStG fehle und damit kein Lohn gemäß § 38 EStG vorliege. Vielmehr bestehe die „Bereicherung“ alleine darin, dass die Arbeitgeberin ihren gegenüber dem Arbeitnehmer

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bestehenden Aufrechnungsanspruch aufgrund von § 28g Satz 3 und Satz 4 SGB IV nicht mehr durchsetzen könne. Dies stelle keine eigenständige Lohnzahlung dar.

In ihrem Urteil gaben die Richter des Finanzgericht Köln der Arbeitgeberin Recht.

In der streitigen Zahlung aus dem Summenbeitragsbescheid der Arbeitgeberin sehen die Richter keinen Arbeitslohn. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zum Arbeitslohn alle Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst dem Arbeitnehmer zufließen.

Durch die Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung haben die Arbeitnehmer nach Auffassung der Richter keinen solchen Vorteil erlangt. Hierzu hätte es beim Arbeitnehmer zu einer objektiven wirtschaftlichen Bereicherung kommen müssen.

Nach Ansicht der Richter liegt aufgrund der Besonderheit eines Summenbeitragsbescheides nach § 28f Abs. 2 SGB IV jedoch keine Bereicherung vor. Hier ist wegen der (pauschalen) Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge anhand der gezahlten Arbeitsentgelte (Lohnsummen) keine individuelle Zuordnung der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte auf die einzelnen Arbeitnehmer möglich.

Da sich aber gerade nach den Arbeitsentgelten teilweise die Höhe der späteren Leistungen an den Arbeitnehmer richten, führt die Zahlung auf Summenbeitragsbescheide bei ihm zu keinem wirtschaftlichen Vorteil, so die Richter.

Dieser rechtlichen Beurteilung steht auch die BFH-Rechtsprechung nicht entgegen, nach der die Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile auf Seiten der Arbeitnehmer zu einem zusätzlichen geldwerten Vorteil führt (BFH-Urteil vom 13. September 2007 VI R 54/03). In dem dort entschiedenen Fall erfolgte die Nachentrichtung nicht aufgrund eines Summenbeitragsbescheides nach § 28f Abs. 2 SGB IV. Vielmehr stellt der BFH in seinem Urteil darauf ab, dass dem Arbeitnehmer nicht anders als nach einem ordnungsgemäßen Beitragsabzug ein eigener Anspruch auf Leistung zustehe.

Der Vorgang stelle sich damit wirtschaftlich so dar, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt habe und der Arbeitnehmer sie zum Zwecke der Zukunftssicherung verwandt habe. Dies ist aber mangels eines eigenen Leistungsanspruchs des Arbeitnehmers bei einem Summenbeitragsbescheid gerade nicht der Fall.

Die Frage, ob bereits im Zeitpunkt der Gewährung des Sachbezuges dem Arbeitnehmer der hierauf zu entrichtende Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung als Arbeitslohn zugewendet wird, wenn die Arbeitgeberin von Beginn an plante diesen mittels Summenbeitragsbescheid zu übernehmen und ein anderes Erhebungsverfahren objektiv nicht möglich ist, bedurfte keiner Entscheidung.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen. Die hier entscheidende Rechtsfrage ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt. Die Revision ist unter dem Az. VI R 27/20 beim Bundesfinanzhof anhängig. In vergleichbaren Fällen kann Einspruch erhoben werden und der Antrag auf Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung gestellt werden.

Umsatzsteuer: BMF äußert sich zur postalischen Erreichbarkeit des Rechnungssteller sowie zur Identität von Rechnungssteller und Leistungserbringer

Die Finanzverwaltung hat mit dem BMF-Schreiben vom 13. Juli 2020 die Anforderungen an die Prüfung des Rechnungsmerkmals „vollständige Anschrift“ konkretisiert. Gleichzeitig ergänzt sie die Abschnitte 14.5 (Pflichtangaben in Rechnungen) sowie 15.2 (ordnungsmäßige Rechnung für Zwecke

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des Vorsteuerabzugs) im Umsatzsteuer-Anwendungserlass. Sie schließt sich dabei der BFH-Rechtsprechung vom 5. Dezember 2018, XI R 22/14, sowie vom 14. Februar 2019, V R 47/16 an. Die beiden Urteile sollen nunmehr im BStBl. II 2020 veröffentlicht werden. Die Grundsätze des Schreibens gelten in allen offenen Fällen.

Ausgangspunkt der erneuten Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses in den Abschnitten 14.5 und 15.2 sind zwei Vorabentscheidungsersuchen des V. Senats sowie des XI. Senats des BFH, die der EuGH mit seinem Urteil in der Rechtsache Geissel und Butin (Urteil vom 15. November 2017, RS C-374/16 und C-375/16) entschieden hatte.

Im Nachgang dazu hatte der BFH mit Urteilen vom 13. Juni 2018 (XI R 20/14) und vom 21. Juni 2018 (V R 25/15, V R 28/16) entschieden, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftliche Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt wird, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Es reicht jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist. Das Urteil des BFH vom 22. Juli 2015 (V R 23/14) ist insoweit nicht mehr anwendbar; der BFH änderte damit seine bisherige Rechtsprechung.

Nunmehr hat der BFH in zwei weiteren Urteilen seine Rechtsprechung konkretisiert:

Mit Urteil vom 5. Dezember 2018 (XI R 22/14) hat der BFH diese Aussage insoweit präzisiert, dass für die Prüfung des Rechnungsmerkmals „vollständige Anschrift“ der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich ist. Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den Leistungsempfänger, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen möchte.

Mit Urteil vom 14. Februar 2019 (V R 47/16) hat der BFH entschieden, dass für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug die Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer erforderlich ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH. Nach dieser soll die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen.

Umsatzsteuer: BMF zum maßgeblichen Zeitpunkt der Lieferung als Voraussetzung des Abzugs der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer

Mit Schreiben vom 16. Juli 2020 hat das BMF bekannt gegeben, dass aus Sicht der Finanzverwaltung sich der Zeitpunkt der Lieferung für Zwecke des Vorsteuerabzugs der Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG nach der umsatzsteuerlichen Ortsbestimmung des § 3 Abs. 6 bis 8 UStG richtet. Lieferklauseln wie z. B. Incoterms sind insoweit unbeachtlich.

Eine Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer ist, dass der Unternehmer im Zeitpunkt der Überführung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besessen hat.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2020 hat das BMF die Sicht der Finanzverwaltung nochmals bekräftigt und Abschnitt 15.8 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) insoweit ergänzt. Aus umsatzsteuerlicher Sicht regeln die §§ 3 Abs. 6 bis 8 UStG den Lieferort und damit zugleich auch den Zeitpunkt der Lieferung (vgl. bereits Abschnitt 3.12 Abs. 7 UStAE). Auch für den Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer ist danach maßgeblich, wer im Zeitpunkt der Einfuhr Verfügungsmacht über den Gegenstand hat. Die der Lieferung zu Grunde gelegten Lieferklauseln (z. B. Incoterms) sind nach

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Auffassung der Finanzverwaltung als lediglich zivilrechtliche Verpflichtungen anzusehen und insoweit unbeachtlich. Diese Kriterien gelten auch für die Zuordnungsentscheidung im Rahmen von Reihengeschäften. Die Grundsätze des Schreibens gelten in allen offenen Fällen.

Umsatzsteuer: BMF-Schreiben zu den Auswirkungen der sog. Missbrauchsrechtsprechung des EuGH auf die Steuerbefreiung bei Ausfuhren

Mit Schreiben vom 25. Juni 2020 hat das BMF die Rechtsprechung des EuGH zur Frage, wann die Nichteinhaltung formeller Anforderungen den Verlust des Rechts auf Umsatzsteuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen nach sich zieht, in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass übernommen.

Ausfuhrlieferungen sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 4 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Der Nachweis der Voraussetzungen obliegt dem leistenden Unternehmer. In der Vergangenheit hat der EuGH mehrfach entschieden, dass für die Umsatzsteuerbefreiung letztlich das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen maßgeblich ist. Verstöße gegen die Erfüllung einzelner formeller Kriterien des Buch- und Belegnachweises durch den Unternehmer treten im Einzelfall dahinter zurück.

Allerdings gilt dies auch nach Ansicht des EuGH nicht uneingeschränkt. Vielmehr hat auch er sich mit der Frage auseinandergesetzt, wann die Nichteinhaltung formeller Anforderungen den Verlust des Rechts auf Umsatzsteuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen nach sich zieht. Dieser Rechtsprechung schließt sich das BMF mit Schreiben vom 25. Juni 2020 an und übernimmt sie in die die Abschnitte 6.5, 6.6 sowie 6.11 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses.

Grundsätzlich hält das BMF aber daran fest, dass ein unvollständiger oder nicht zeitnah geführter beleg- und buchmäßiger Nachweis die Anwendung der Steuerbefreiung ausschließt. Die Nichteinhaltung dieser formellen Vorgaben führt „ausnahmsweise“ dann nicht zum Verlust der Steuerbefreiung, wenn nach objektiven Kriterien zweifelsfrei feststeht, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung vorliegen, insbesondere, wenn objektiv erkennbar ist, dass der Gegenstand der Lieferung das Gemeinschaftsgebiet tatsächlich verlassen hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unternehmer an einer Steuerhinterziehung beteiligt war oder der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt wurden.

Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Aktuelle Haushaltspolitik

Steuereinnahmen im Juni weiter rückläufig

Die Steuereinnahmen insgesamt (ohne Gemeindesteuern) sanken im Juni 2020 um 19,0 Prozent gegenüber dem Juni 2019. In der Jahresbetrachtung (Januar bis Juni 2020) ist das Steueraufkommen insgesamt um 9,1 Prozent gesunken. Die Einnahmen aus den Gemeinschaftssteuern haben sich im ersten Halbjahr um 10,6 Prozent und aus den Bundessteuern um 5 Prozent verringert. Die Ländersteuern zeigen einen Zuwachs von 8,8 Prozent, weil die (nachlaufenden) Einnahmen aus der Erbschaftsteuer im Juni erneut deutlich gestiegen sind. Damit liegt die Entwicklung aktuell etwas auf dem Niveau der Steuerschätzung von Mai, die für die Gemeinschaftssteuern ein Minus von 10,3

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Prozent und für die Bundessteuern ein Minus von 5,9 Prozent prognostiziert hat. Die Ländersteuern entwickeln sich aktuell deutlich besser als die Schätzung, die ein Minus von 1,8 Prozent erwartet.

Besonders drastisch bleibt der Aufkommensrückgang bei den Gemeinschaftssteuern um 20,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das Aufkommen der Steuern vom Umsatz verzeichnet im Juni 2020 weiterhin einen Rückgang von 17,9 Prozent gegenüber Juni 2019. Dabei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des Zeitverzugs zwischen Umsätzen und Kassenwirksamkeit nun erst die Umsatzrückgänge des Monats April sichtbar werden.

Im Juni verzeichnet die Lohnsteuer einen geringeren Rückgang als noch im Mai. Bei den „Unternehmensteuern“, also veranlagter Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, fallen die geringeren Einnahmen ebenfalls kräftig aus. Das ist nicht gleichzusetzen mit einer aktuellen Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen, denn infolge der verschiedenen steuerlichen Corona-Hilfsmaßnahmen ist es auch zu signifikanten Erstattungen und Stundungen von Steuern gekommen.

Die Einnahmen aus den Bundessteuern (-13,9 Prozent) verringerten sich im direkten Vergleich zu Juni 2019 ebenfalls deutlich, u.a. aufgrund steuerlicher Erleichterungen und konjunkturbedingter Minderverbräuche, so z. B. die Energiesteuer (-25,8 Prozent) oder auch die Luftverkehrsteuer (-98,5 Prozent).

Die Einnahmen aus den Ländersteuern wiesen einen Zuwachs um 16,5 Prozent auf – dies ist vor allem dem kräftigen Anstieg der Erbschaftsteuereinnahmen um +44,7 Prozent geschuldet. Diese entwickelt sich aber jeden Monat äußerst volatil. Deutlich wiederbelebt zeigen sich das Immobiliengeschäft. Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer sind im Vergleich zum Juni 2019 kräftig um 9 Prozent gestiegen.

Im September ist eine weitere Steuerschätzung geplant.

Soforthilfen des Bundes – eine Bilanz

Die von der Bundesregierung beschlossenen Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige wurden in den Monaten März bis Mai beantragt und ausgezahlt. Als Anschlussförderung wurde von der Bundesregierung die Überbrückungshilfe beschlossen, die finanziellen Mittel für die Monate Juni bis August zur Verfügung stellt. In der folgenden Zusammenfassung finden Sie einen aktuellen Stand.

Aktueller Stand zu den Soforthilfen

Die Soforthilfen des Bundes für Kleinstunternehmen für bis zu 10 Mitarbeiter und Soloselbstständige waren ein Programm mit breiter Wirksamkeit. Insgesamt wurden rund 2,3 Millionen Anträge gestellt und 1,9 Millionen bewilligt (Stand 28. Juli 2020). Nach den Zahlen des Bundes entspricht das einem bewilligten Volumen von ca. 14,3 Mrd. Euro an Bundesmitteln. Zuzüglich der teilweisen Berücksichtigung von Ländermitteln wurden insgesamt ca. 15,45 Mrd. Euro an Soforthilfen ausgezahlt. Die Länder finanzierten hierbei in unterschiedlicher Weise aufstockende Module. Der Bund hatte für die Soforthilfen 50 Mrd. Euro im Haushalt eingestellt.

Eine Auswertung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zeigt, dass insbesondere der Dienstleistungssektor und hier das Gastgewerbe, sowie der Handel und freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleister die meisten Anträge auf Soforthilfe gestellt haben und bewilligt bekamen.

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Die meisten Anträge wurden in Nordrhein-Westfalen (497.700), Bayern (393.300), Berlin (275.500) und Baden-Württemberg (261.200) gestellt. Hier wurden auch vom Gesamtvolumen her die meisten Beträge an Unternehmen ausgezahlt: in Nordrhein-Westfalen 3,9 Mrd. Euro, in Bayern 1,6 Mrd. Euro und Baden-Württemberg und Berlin jeweils 1,8 Mio. Euro.

Unterschiedlich gestaltet sich die Genehmigungsquote der gestellten Anträge in den Ländern. So hat Sachsen und Hamburg mit 94 Prozent Genehmigung den höchsten Anteil. Thüringen hingegen hat von den gestellten Anträgen nur 62 Prozent genehmigt.

Problematisch zeigt sich in der ersten Nachschau, dass während des Antragsverfahrens zur Auszahlung der Soforthilfen nicht alle Vorgaben und Regelungen präzise ausformuliert waren. Insbesondere zu Beginn des Verfahrens Ende März und Anfang April waren die Regelungen und Vorgaben nicht klar definiert. Manche Bundesländer starteten früh mit eigenen Programmen, die sie dann später an die mit dem Bund vereinbarten Bedingungen anpassen mussten. So war z. B. unklar, ob die Soforthilfen auch zur Deckung von Personalkosten genutzt werden dürfen. Einige Länder haben, allerdings über eigene Länderprogramme, auch Unternehmerlohn über die Soforthilfe erstattet. Aus den Bundesmitteln durfte der Unternehmerlohn hingegen nicht angesetzt werden.

Folge waren mehrfach geänderte Förderkriterien in den Ländern. Daraus ergeben sich nun Fragen in der Endabrechnung der Soforthilfen und eventueller Rückforderungen. Nordrhein-Westfalen hat den begonnenen Kontrollprozess zwischenzeitlich wieder ruhend gestellt. Zu dieser Thematik finden aktuell Abstimmungen zwischen den Bundesländern und dem Bundeswirtschaftsministerium statt.

Überbrückungshilfen gestartet

Mit dem Anfang Juni 2020 auf den Weg gebrachten Konjunkturpaket finanziert die Bundesregierung nunmehr Überbrückungshilfen als Nachfolgeprogramm zu den Soforthilfen. Unternehmen können direkte Zuschüsse für die Monate Juni bis August 2020 beantragen, um Liquiditätsengpässe auszugleichen. Hierfür sind rund 25 Mrd. Euro im Nachtragshaushalt (im Rahmen der bereits vorgesehenen 50 Mrd. Euro) vorgesehen. Das Programm soll betriebliche Fixkosten kompensieren und so den Unternehmen ermöglichen, Durststrecken zu überstehen, wenn ihnen im Extremfall weiterhin ein Großteil der Einnahmen ausfallen. Anders als bei den Soforthilfen gibt es nun nach oben keine Mitarbeitergrenze mehr. Auch der maximale Zuschuss von 150.000 Euro ist deutlich höher als bei den Soforthilfen (15.000 Euro). Dementsprechend sind die Angabepflichten beim Antrag und das Überprüfungsprozedere auch umfangreicher.

Gezielt geht es um Unternehmen, die weiterhin unter Einschränkungen ihrer wirtschaftlichen Betätigung leiden. Daher ist die Gewährung von Überbrückungshilfe nur möglich, wenn in einem ersten Schritt ein Umsatzrückgang von mindestens 60 Prozent in den Monaten April und Mai 2020 im Vergleich zu den entsprechenden Monaten des Vorjahres nachgewiesen wird. Ist dies der Fall, werden betriebliche Fixkosten in den Monaten Juni, Juli und August 2020 gefördert. Die Höhe der Förderung ist in einem zweiten Schritt davon abhängig, wie hoch der Umsatzrückgang in den Monaten Juni bis August 2020 im Vergleich zum Vorjahr ist. Bei einem Umsatzrückgang um 70 oder mehr Prozent werden Fixkosten bis zu 80 Prozent erstattet. Bei Rückgängen zwischen 40 und 50 Prozent sind noch 40 Prozent der Kosten förderfähig. Unternehmen mit einem Umsatzrückgang von weniger als 40 Prozent erhalten keine Förderung. Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg haben für die Berücksichtigung der Lebenserhaltungskosten bei Soloselbständigen noch eigene Programme aufgelegt.

Antragsberechtigt sind Unternehmen aller Branchen sowie Soloselbständige und Freiberufler im Haupterwerb mit einer Betriebsstätte in Deutschland, die bis zum 31. Oktober 2019 gegründet waren und zum 31. Dezember 2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren. Die Überbrückungshilfe

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richtet sich an kleine und mittelständische Unternehmen, die nicht unter den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundeswirtschaftsministeriums fallen.

Die Anträge können über Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer gestellt werden. Hierzu wurde vom Bundeswirtschaftsministerium eine eigene Plattform unter https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Navigation/DE/Home/home.html eingerichtet.

Die Steuerberater müssen sich hier registrieren und können dann die Anträge für ihre Mandanten entsprechend stellen. Rechtsanwälte können sich aller Voraussicht nach ab 10. August ebenfalls registrieren. Entsprechende Mitteilungen hat die Bundesrechtsanwaltskammer veröffentlicht.

Unternehmen, die bisher keinen Steuerberater oder Rechtsanwalt haben, können den Antrag nicht selbst stellen. Sie können aber über entsprechende Listen der Steuerberaterkammern in den Ländern einen Steuerberater finden, der sich bereit erklärt hat, diese Anträge zu stellen. Anträge können nunmehr einen Monat länger gestellt werden, bis zum 30. September 2020.

Sowohl Bundeswirtschaftsministerium als auch Bundessteuerberaterkammer haben hier https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Navigation/DE/Home/home.html bzw. https://www.bstbk.de/de/infothek?rid=831&cHash=26001d46418f15f2746b7d23e5865c35 entsprechende umfangreiche FAQ Kataloge zur Verfügung stellt. Diese werden laufend aktualisiert und ergänzt.

Wie so häufig, gibt es noch Nachbesserungsbedarf. Insbesondere die Anrechnung von Soforthilfen, die erst in den Monaten April und Mai von Unternehmen beantragt wurden, wird von Unternehmen kritisch beurteilt. Die Antrags- und Genehmigungsverfahren zu den Überbrückungshilfen sind nun gestartet. Im Juli wurden gut 17.000 Anträge mit einem Volumen von ca. 390 Mio. Euro verzeichnet. In den nächsten Wochen wird sich dann zeigen, wie dieses Programm von den Unternehmen angenommen wird.

Wirtschaftsstabilisierungsfonds – Unterstützung für größeren Mittelstand und Großunternehmen

Soforthilfen, Überbrückungshilfen, KfW-Kredite – die Politik stellt umfangreiche Gelder zur Unterstützung der Unternehmen in der Corona-Pandemie bereit. Doch für manche vor allem größere Unternehmen sind etliche Programme nicht gedacht, oder sie lohnen sich schlichtweg nicht aufgrund der festgelegten maximalen Förderhöhe (etwa bei der Überbrückungshilfe 150.000 Euro).

Hier kann der Wirtschaftsstabilisierungsfonds der Bundesregierung – kurz WSF – möglicherweise eine Unterstützung sein. Mittlerweile können Anträge zu diesem Programm online gestellt werden: https://wsf-antrag.pwc.de/.

Um Mittel aus dem WSF zu erhalten müssen zwei der drei folgenden Kriterien erfüllt sein: mehr als 43 Mio. Euro Bilanzsumme, mehr als 50 Mio. Euro Umsatz p.a., mehr als 249 Beschäftigte. Allerdings sind auch kleinere Unternehmen und sogar Start-ups nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sofern ihr Erhalt von besonderer Bedeutung ist. Darüber entscheidet dann ein Ausschuss mehrerer Bundesministerien.

Ziel des WSF ist die Stabilisierung von Unternehmen, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische Infrastruktur oder den Arbeitsmarkt hätte. Bausteine sind: Garantien bis zu einer Höhe von 500 Mio. Euro, sowie Rekapitalisierungen bis zu 200 Mio. Euro zur direkten Stärkung des Eigenkapitals. Der WSF ist subsidiär zu anderen Finanzierungsmöglichkeiten. Nur wenn diese keine wirtschaftlich

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tragfähige Lösung bieten oder nicht ausreichen, kommt eine Unterstützung durch den WSF in Betracht.

Weitere Informationen bietet die Bundesregierung, unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Coronavirus/WSF/wirtschaftsstabilisierungsfonds.html und in dieser Präsentation https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Coronavirus/WSF/wirtschaftsstabilisierungsfonds.html.

EU-Gipfel beschließt Wiederaufbauprogramm für Europa

Das Wiederaufbauprogramm der EU firmiert offiziell unter dem Namen „Next Generation EU“ (NGEU) und beläuft sich auf ein Volumen von 750 Mrd. Euro. Davon sollen nach tagelangen Diskussionen auf dem EU-Gipfel 390 Mrd. Euro als Zuschüsse und 360 Mrd. Euro als Kredite an die Mitgliedstaaten ausgereicht werden. Quasi als ungebundene Zuschüsse – weil nicht Bestandteil schon existierender EU-Programme – sind 312,5 Mrd. Euro vorgesehen. Im Zusammenhang mit dem NGEU erhält die EU die Ermächtigung, sich am Kapitalmarkt zu verschulden. Für die Rückzahlung dieser Kredite sind neue Eigenmittel geplant.

Nach tagelangen Diskussionen auf dem EU-Gipfel zwischen den Staatschefs der EU-Staaten sind folgende Ergebnisse vom 21. Juli 2020 getroffen worden:

Der EU-Gipfel hat sich sowohl auf den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) von 2021-2027 als auch auf den Umfang des Wiederaufbaufonds (RF) zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie geeinigt.

Der MFR umfasst nunmehr 1.074,3 Mrd. Euro. Die Kommission war mit einem Vorschlag in Höhe von 1.100 Mrd. Euro in die Verhandlungen gegangen. Das EU-Parlament muss dazu nach der Sommerpause noch final beraten.

Der Wiederaufbaufonds (Recovery Fund, RF) firmiert offiziell unter dem Namen „Next Generation EU“ (NGEU) und beläuft sich auf ein Volumen von 750 Mrd. Euro. Davon sollen 390 Mrd. Euro als Zuschüsse und 360 Mrd. Euro als Kredite an die Mitgliedstaaten ausgereicht werden. Quasi als ungebundene Zuschüsse – weil nicht Bestandteil schon existierender EU-Programme – sind 312,5 Mrd. Euro vorgesehen.

Finanziert werden soll der NGEU über eine Schuldenaufnahmen der EU. Die der EU-Kommission eingeräumten Befugnisse zur Kreditaufnahme sind in Bezug auf Dauer und Umfang stark begrenzt. Sie wird ermächtigt, Anleihen auf den Kapitalmärkten im Namen der EU bis zu einem Betrag von 750 Mrd. Euro aufzunehmen, und zwar längstens bis Ende 2026. Die EU verwendet die auf den Kapitalmärkten aufgenommenen Mittel ausschließlich für den Zweck der Bewältigung der Folgen der COVID-19-Krise.

Die Rückzahlung erfolgt gemäß dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung bis 31. Dezember 2058.

Die Ausgabe der Mittel im Rahmen von NGEU erfolgen über das Budget der EU und unterliegen damit der Kontrolle der Haushaltsbehörde. Genaues wird durch eine Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission festgelegt.

Angesichts der Notwendigkeit eines raschen Einsatzes der NGEU wird die EU-Kommission beauftragt, vor der Oktober-Tagung des Europäischen Rates Vorschläge zu einer Beschleunigung und Vereinfachung der Genehmigung von Investitionsprojekten in den Mitgliedstaaten vorzulegen. Die

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Genehmigung von Projekten aus dem NGEU sind bis zum 31. Dezember 2023 möglich. Entsprechende Zahlungen werden bis zum 31. Dezember 2026 geleistet.

Die 750 Mrd. Euro des NGEU enthalten neben den Zuschüssen und Krediten auf Basis nationaler Krisenbewältigungsprogramme auch Mittel, die zusätzlich zu im Mehrjährigen Finanzrahmen laufenden Programme bereitgestellt werden sollen. Diese Mittel kommen in allen Mitgliedstaaten zum Einsatz.

Recovery and Resilience Facility (RRF – der eigentliche Wiederaufbaufonds): 675,5 Mrd. Euro, davon 360 Mrd. Euro Kredite, 312,5 Mrd. Euro Zuschüsse

ReactEU: 47.5 Mrd. Euro - REACT-EU steht für „Recovery Assistance for Cohesion and the Territories of Europe“ (Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas) und ist Teil der Investitionsinitiative zur Bewältigung der Corona-Krise im Bereich der Kohäsionspolitik. Diese Mittel werden über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) wie auch den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD) bereitgestellt.

Horizon Europe: 5 Mrd. Euro – Hierbei handelt es sich um die Fortentwicklung des aktuellen Rahmenplans für Forschung und Innovation Horizon 2020. Das EU-Rahmenprogramm ruht auf drei Pfeilern. Diese Pfeiler sind „Wissenschaftsexzellenz“, „Globale Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas“ sowie „Innovatives Europa“. Ergänzt werden sie durch den Bereich „Erhöhung der Beteiligung und Stärkung des Europäischen Forschungsraumes“.

InvestEU: 5.6 Mrd. Euro - Im Programm „InvestEU“ werden die Instrumente der EU zur Risikofinanzierung zusammengefasst.

Ländliche Entwicklung: 7.5 Mrd. Euro – Diese Mittel im Rahmen der Kohäsionspolitik werden ebenfalls über EFRE, ESF, und ELER, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, ausgegeben.

Just Transition Fund (JTF): 10 Mrd. Euro – Er ist eigentlich Bestandteil des „Green Deal“ der Europäischen Kommission. Mittel des JTF sollen vor allem in jene Regionen fließen, deren Wirtschaft stark von Kohle oder anderen fossilen Brennstoffen abhängig ist und wo besonders viele Arbeitskräfte an diesen Industrien hängen. Gefördert werden sollen Innovationen zur CO2-Einsparung, sowie Unternehmen, die auf alternative Technologien umsteigen, aber auch Weiterbildung und Umschulungen von Arbeitskräften. Aufgestockt soll dieser Betrag durch Mittel aus EFRE sowie dem ESF. Ergänzt durch entsprechende nationale Kofinanzierungen soll das ausgelöste Gesamtinvestitionsvolumen europaweit 30 bis 50 Mrd. Euro ausmachen.

RescEU: 1.9 Mrd. Euro – ist die neue europäische Reserve von Katastrophenschutzkapazitäten. Die nationalen Kapazitäten sollen damit ergänzt werden. Alle Kosten und Kapazitäten von rescEU sollen vollständig von der Europäischen Union finanziert werden, wobei die Kommission die operative Kontrolle über die Ressourcen behält und auch über ihren Einsatz entscheidet.

Im Zentrum der Verhandlungen und des Beschlusses steht allerdings die Recovery and Resilience Facility (RFF) mit ihren Volumen von 675,5 Mrd. Euro. 70 Prozent der vom RRF bereitgestellten Zuschüsse sind auf die Jahre 2021 und 2022 beschränkt. Die restlichen 30 Prozent sollen bis Ende 2023 verausgabt werden. Das Volumen an Krediten aus dem RFF soll 6,8 Prozent des (Bruttonationaleinkommens) BNE eines Mitgliedstaates nicht überschreiten. Die Mitgliedstaaten erstellen dazu nationale Reformpläne für die Jahre 2021-23. Die Pläne werden im Jahr 2022 überprüft und gegebenenfalls angepasst, um die endgültige Zuweisung von Mitteln für 2023 festzulegen.

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Zur Schuldentilgung der am Kapitalmarkt aufgenommenen Mittel haben sich die Regierungschefs auf eine Reform des Eigenmittelsystems in den kommenden Jahren ebenso wie auf die Einführung neuer Eigenmittel verständigt. Erster Schritt soll eine Abgabe auf nicht wiederverwendete Kunststoffabfälle sein, die bereits zum 1. Januar 2021 eingeführt werden soll.

Außerdem wird die EU-Kommission im ersten Halbjahr 2021 Vorschläge zu einem CO2-Grenzausgleichsmechanismus und zu einer Digitalsteuer vorlegen, die bis spätestens zum 1. Januar 2023 eingeführt werden sollen. Außerdem legt die EU-Kommission einen Vorschlag für ein überarbeitetes ETS-System vor, das möglicherweise auch auf den Luft- und Seeverkehr ausgedehnt werden soll. Die Erlöse der neuen Eigenmittel, die nach 2021 eingeführt werden, sollen für die vorzeitige Rückzahlung von NGEU-Anleihen verwendet werden. Außerdem soll in Vorbereitung auf den folgenden MFR (nach 2027) das Projekt der Einführung einer Finanztransaktionssteuer geprüft werden.

EU-Gipfel einigt sich auf Mehrjährigen Finanzrahmen bis 2027

Die Staats- und Regierungschefs der EU-27 haben sich auf den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) von 2021-2027 geeinigt. Der MFR umfasst nunmehr 1.074,3 Mrd. Euro. Die Kommission war mit einem Vorschlag in Höhe von 1.100 Mrd. Euro in die Verhandlungen gegangen.

Mit dem neuen MFR soll die Finanzierung der EU sichergestellt werden.

Eine Vergleichbarkeit zum MFR 2014-2020 ist nicht unmittelbar gegeben, weil die 6 Hauptkategorien des Haushaltes verändert und Einzelpositionen zwischen den Hauptkategorien verschoben wurden. Es sind neue Aufgaben und neue Kategorien gebildet worden, wie zum Beispiel die jetzt 7. Hauptkategorie „Migration, Grenzmanagement“.

Insgesamt wurden Finanzierungsinstrumente und Haushaltsgarantien gestrafft. Die Rolle des EU-Haushalts bei der Umsetzung der politischen Ziele soll insbesondere durch eine stärkere Verknüpfung zwischen EU-Haushalt und Europäischem Semester ausgebaut werden. Das Europäische Semester wurde 2010 eingeführt. Jedes Jahr analysiert die EU-Kommission die geplanten haushaltspolitischen, makroökonomischen und strukturellen Reformen der Mitgliedstaaten. Sie gibt den EU-Ländern länderspezifische Empfehlungen für die kommenden 12 bis 18 Monate und überwacht die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung.

Insgesamt sollen im neuen MFR 30 Prozent des Gesamtbetrags (aus MFR und NGEU) zur Unterstützung der Klimaschutzziele verwendet werden. Die Ausgaben der EU sollen mit den Zielen des Übereinkommens von Paris und dem Grundsatz der Schadensvermeidung („do no harm“) des europäischen Grünen Deals in Einklang stehen. Die EU-Kommission erstattet jährlich über die Ausgaben für Klimaschutzmaßnahmen Bericht.

Das beschlossene Gipfel-Dokument unterstreicht die Bedeutung, die der Achtung der Rechtsstaatlichkeit zukommt. So sind die finanziellen Interessen der Union im Einklang mit den in den Verträgen der Union verankerten allgemeinen Grundsätzen, und insbesondere im Einklang mit den Werten gemäß Artikel 2 EUV, zu schützen. Die EU-Kommission wird im Fall von Verstößen Maßnahmen vorschlagen, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden müssen.

Das Europäische Parlament hat die Gipfelbeschlüsse auf einer Sondersitzung am 23. Juli 2020 beraten und dabei deutlich gemacht, dass es im August/September Nachbesserungen durchsetzen möchte. Diese betreffen höhere Ausgaben für Bildung, Forschung und Klimaschutz. Auch die Verbindlichkeit der Rechtsstaatlichkeitsklausel „Rule of Law“ will es dabei erhöhen. Das EP kann die

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MFR-Verordnung zwar nur im ganzen entweder annehmen oder ablehnen und besitzt kein Mitspracherecht im Detail. Allerdings entscheidet es über die für die Implementierung notwendigen Gesetzgebung gleichberechtigt mit, was ihm einen gewissen Hebel für seine Änderungswünsche an die Hand gibt.

Internationale und Europäische Steuerpolitik

EU-Kommission veröffentlicht umfassendes „Steuerpakets zur Betrugsbekämpfung“

Die EU-Kommission hat am 15. Juli 2020 ein „Steuerpaket zur Betrugsbekämpfung“ veröffentlicht. Das Paket besteht aus drei getrennten, aber miteinander zusammenhängenden Initiativen, um „Steuerbetrug und -hinterziehung zu unterbinden“ sowie „aggressive Steuerplanung“ sowohl in Europa als auch weltweit zu bekämpfen.

Am 15. Juli 2020 verabschiedete die Europäische Kommission ein ambitioniertes neues Steuerpaket, damit die wirtschaftliche Erholung und das langfristige Wachstum Europas durch die EU-Steuerpolitik unterstützt wird.

Mit dem Paket soll die Steuergerechtigkeit gefördert werden, indem die Bekämpfung von Steuermissbrauch, die Eindämmung des unlauteren Steuerwettbewerbs und die Erhöhung der Steuertransparenz intensiviert werden. Gleichzeitig sollen Steuervorschriften und -verfahren vereinfacht werden, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen in der gesamten EU zu verbessern. Dazu gehört auch die Beseitigung steuerlicher Hindernisse und des Verwaltungsaufwands innerhalb des Binnenmarktes.

Das Steuerpaket besteht aus drei miteinander zusammenhängenden Initiativen:

„Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie“

Der Steuer-Aktionsplan enthält 25 verschiedene Maßnahmen, mit denen die EU-Kommission die Besteuerung in den kommenden Jahren einfacher und fairer gestalten und modernisieren will. Das soll sich auf den gesamten Prozess von der Registrierung bis hin zur Steuererklärung, Zahlung, Überprüfung und Streitbeilegung beziehen. Darunter fallen u. a. Vorschläge zur Vereinfachung von Steuervorschriften und -verfahren. U. a. soll dies durch die Schaffung einer einheitlichen MwSt.-Registrierung sowie eine erleichterte elektronische Rechnungsstellung erreicht werden.

Die Kommission plant außerdem ein Pilotprojekt für einen „Cooperative Compliance“-Rahmen. Hier soll ein strukturierter Dialog zwischen Steuerverwaltungen und Unternehmen im Hinblick auf die gemeinsame Lösung von Fragen beim grenzüberschreitenden Steuervollzug initiiert werden.

Weitere Bestandteile sind Maßnahmen zur Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten im Bereich der direkten und indirekten Steuern (konkret bei der Mehrwertsteuer und im Rahmen der Beseitigung der Doppelbesteuerung von Einkommen und gegebenenfalls Vermögen). Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sollen durch eine verbesserte Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden durch mehr Transparenz und eine gemeinsame Nutzung von Daten bekämpft werden. Um steuerliche Hindernisse für grenzüberschreitende Investitionen abzubauen, soll u. a. auch die Möglichkeit eines gemeinsamen, standardisierten Systems für den Quellensteuerabzug geprüft werden.

„Aktionsplan für Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus“

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Im 2. Plan schlägt die EU-Kommission eine Reform der „Code of Conduct-Gruppe“ zur Unternehmensbesteuerung vor. Mit dem Verhaltenskodex haben sich die Mitgliedstaaten politisch dazu verpflichtet, bestehende steuerliche Maßnahmen, die einen schädlichen Steuerwettbewerb darstellen, zu überprüfen, zu ändern oder abzuschaffen und davon abzusehen, neue Maßnahmen dieser Art einzuführen.

Im Plan 2 wird eine mögliche Reform angesprochen, um bei der Beurteilung von verschiedenen möglichen Formen schädlicher Steuerregime weiter als bisher gehen zu können. Demnach sollen nicht nur spezifische Präferenzmaßnahmen geprüft werden, sondern auch allgemeine Merkmale der Körperschaftsteuerregelungen der Mitgliedstaaten, die ähnliche schädliche Auswirkungen haben können. Ebenso schlägt die EU-Kommission eine Bestandsaufnahme und Aktualisierung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke („Schwarze Liste“) vor. Dabei soll geprüft werden, ob es weiterer Regelungen und Kriterien bedarf, um die Wirksamkeit dieser Liste zu verbessern. Darunter könnten nach Ansicht der EU-Kommission, z. B. eine Ausweitung des geografischen Anwendungsbereichs der Liste fallen oder der Kriterien, anhand derer bestimmt wird, ob sich Jurisdiktionen an die Standards halten.

Legislativvorschlag samt Annex zur Überarbeitung der Richtlinie 2011/16/EU zur Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung („DAC7“)

Als dritten Teil des Steuerpakets hat die EU-Kommission einen Legislativvorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie zur Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden („DAC7“) vorgelegt. Mit der nunmehr sechsten Überarbeitung der EU-Amtshilferichtlinie sollen digitale Plattformen stärker in den Fokus gerückt werden. Der Legislativvorschlag soll sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten zukünftig automatisch Informationen über Einkünfte austauschen, die durch den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen auf digitalen Plattformen erzielt werden. Dies soll eine angemessene Steuererhebung gewährleisten und den Verwaltungsaufwand für die Plattformen begrenzen.

Die Überarbeitung zielt auf alle Plattformen gleichermaßen ab und soll die EU-Vorschriften zur Steuertransparenz auf digitale Plattformen ausweiten.

Der Richtlinienvorschlag dient daneben der Konsolidierung und Präzisierung der Vorschriften in anderen Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Steuermissbrauch zusammenarbeiten.

Europäisches Gericht: Apple erhielt von Irland keine verbotene Beihilfe

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 15. Juli 2020 in den Rechtssachen T-778/16 und T-892/16 entschieden, dass die von Irland an Apple gerichteten Steuervorbescheide – entgegen der Feststellung der EU-Kommission vom 30. August 2016 – keine unrechtmäßigen Steuervergünstigungen in Form einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe darstellen. Irland muss nach dem neuesten Urteil von Apple keine Steuerrückzahlung verlangen.

Die EU-Kommission war nach einer im Juni 2014 eingeleiteten beihilferechtlichen Prüfung im August 2016 zur Auffassung gelangt, dass Apple für seine Tochtergesellschaften zwei von Irland an Apple gerichtete Steuervorbescheide aus den Jahren 1991 und 2007 unzulässige Beihilfen von bis zu 13 Mrd. Euro erhalten habe. Die EU-Kommission vertrat weiterhin die Auffassung, dass Irland diese Beihilfen nebst Zinsen (für den Zeitraum von 2003 bis 2014) i. H. v. insgesamt 14,3 Mrd. Euro von Apple zurückfordern müsse.

Page 20: rE Á o ^ µ v n& ] v v Ì v n D ] o v ~ µ P µ P µ l î ì î ì · Title: Microsoft Word - 2020-08 Author: vk Created Date: 8/19/2020 11:32:18 AM

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Mit dem aktuellen Urteil des Gerichts der EU wurde die angefochtene Feststellung für nichtig erklärt. Das EU-Gericht in Luxemburg annullierte die Nachforderung der Kommission aus dem Jahr 2016. Die Kommission habe nicht nachweisen können, dass die Steuervereinbarungen von Apple in Irland aus den Jahren 1991 und 2007 eine ungerechtfertigte staatliche Beihilfe darstellten, wie die Richter erläuterten. Der EU-Kommission sei trotz des unvollständigen und zum Teil widersprüchlichen Charakters der angefochtenen Steuervorbescheide kein hinreichender Nachweis gelungen, wonach ein Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliege. Damit folgt das Gericht der EU der Argumentation von Apple, wonach die betreffenden Erträge nicht in Irland, sondern in den USA anfallen und demzufolge auch dort der Besteuerung unterliegen.

Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die EU-Kommission die Entscheidung vor dem EuGH anfechten wird. Die Kommission hat zwei Monate Zeit, Berufung einzulegen.

Die Kernfrage in dem Verfahren war, welcher Anteil des in Irland angesammelten Geldes in dem Land hätte versteuert werden müssen. Der iPhone-Konzern hatte vor dem EU-Gericht betont, dass die Erträge der zwei irischen Tochterfirmen, um die es geht, vor allem in den USA zu versteuern gewesen seien. Deshalb sah sich Apple doppelt zur Kasse gebeten. Der Kommission gelang es auch nicht, das Gericht davon zu überzeugen, dass Apple in Irland Sonderkonditionen bekam, die für andere Unternehmen nicht verfügbar waren.


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