Date post: | 06-Apr-2016 |
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Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Übersicht- Räumliche Orientierung der menschlichen Wahrnehmung
im Zusammenhang mit GIS
- Was ist eigentlich Navigation
- Wodurch wird die Navigation beeinflusst
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Bedeutung für GIS (I)• Motivation:
Aktuelle Wegbeschreibungen sind für menschliche Bedürfnisse
der Wegfindung nicht ausreichend konzipiert.
Was heißt das???
Routen-/Navigationsanweisungen bestehen nur aus
Strecken-/Richtungsangaben
Lösung:
Zusätzliche Orientierungspunkte (Landmarks) einfügen Beispiel
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Bedeutung für GIS (II)• Datenquellen:
Daraus Selektion von Objekten, die- die Route kreuzen- oder direkt benachbart zu ihr liegen - und für Wiedererkennung der graph. Wegbeschreibung in der Realität dienlich sind.
Objekte mit geogr. Namen können mit Textelementen beschriftet werden Beispiel
Potenzielle Landmark-Kandidaten können aus dem ATKIS Basis DLM (Objektartenkatalog) entnommen werden.
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Bedeutung für GIS (III)• Datenquellen:
Beispiel
Möglichkeit der Selektion öffentlicher Gebäude, derenFunktion durch Schriftzusatz gegeben ist
Zusätzlich können Gebäude aus dem ALK hinzugezogen werden.
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Wayfinding
Erinnerung: Bedeutung für die Navigation
Definition:
• Prozess des Entscheidens und Folgens einer Route zwischen Start und Ziel.
• Es ist eine gerichtete und motivierte AktivitätArten des Wayfinding:
- von bekanntem zu neuem Punkt- Erforschung
- von bekanntem zu bekanntem Punkt
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Wayfinding• Kriterien zur Routenauswahl:
• Längster, kürzester Fußweg• Wenigste Ampeln, wenigste Stop-Schilder• Minimierung der Segmente in einer Route• Maximale Ästhetik• Schnellste Route• Geringste Anstrengung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Cognitive Karte (I)
Erinnerung: Bedeutung für die Navigation
Definition:
• Bezeichnet das Wissen über Plätze, Stellen, Ortecognitives Kartieren:
Verwendung:
• Schließt Regeln zum Wissen über räumliche Beziehungen zwischen diesen mit ein.
• menschliches Reisen
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Cognitive Karte (II)• Geometrische Komponenten des räumlichen Wissens:
• Punkte:Landmark als Organisationskonzept, Position des Landmark
• Linien:Linien als Grenzen (z.b. Gemeindegrenzen), Linien als Routen
• Flächen:Regionen, Nachbarschaften, Gemeinden
• Oberflächen:Physikalische Topographie, Neigung, Steigung, Höhe
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Landmarks (I)
Erinnerung: Bedeutung für die Navigation
Definition (abstrakt):
• Sie sind bezeichnend in der physikalischen Umwelt
• Sie haben Schlüsselcharakteristiken, die sie in der Umgebung
wiedererkennbar und merkbar machen
• Sie können in 3 Typen klassifiziert werden:
visuelle, cognitive und strukturelle Landmarks
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Landmarks (II)
Landmark-Typen:
Landmark-Charakteristiken (Lynch):
• Visuelle Landmarks• Cognitive Landmarks• Strukturelle Landmarks
• weithin sichtbare Orientierungspunkte• Bedeutung, von vielen Stellen sichtbar, signifikante Stellen• Einzigartigkeit, scharfer Kontrast zur Umgebung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Landmarks (III)
Rolle der Landmarks:
Es gibt verschiedene Konzepte:
• Organisationskonzept (Anker-, Referenzpunkte)• Navigationskonzept (Werkzeug, Entscheidungspunkte)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Räumliche Exploration• Definition: Erkunden räumlicher Darstellungen mit dem
Ziel des Erlernens räumlicher Informationen, in der Umgebung selbst
• Stadientheorie (Piaget)• aktives räumliches Lernen (Tu-Effekt)• Bauen zum räumlichen Lernen (z.B. bei Blinden)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Objektwahrnehmung• Definition Objekterkennung: Wahrnehmung von
3 dimensionalen Gegenständen • Wahrnehmungsprozess komplexer Vorgang, läuft
unbewusst und ohne Anstrengung ab• Erklärungsansätze, wie Elemente wahrgenommen werden:
1. Gestaltungstheoretischer Erklärungsansatz2. Algorithmischer Erklärungsansatz
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Fragen?
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Wovon hängt die Navigation ab
Navigation wird beeinflusst von der Umgebung, dem Geschlecht u. Alter, und dem nervlichen Mechanismus
• Landmarks
• Räumliche Exploration
• Objektwahrnehmung/-erkennung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Definition von Navigation
Navigation wird definiert als Vorhandensein einer cognitiven Komponente, die auf „wayfinding“ zurückgeführt wird, und einer Motorkomponente
• „wayfinding“
• Cognitive Karten
(Fortbewegung)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Verschiedene Navigationssysteme
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
ATKISObjektbereich: Siedlung Nr.: 2000Objektgruppe: Baulich geprägte Fläche Nr.: 2100Objektart: HeizwerkNr.: 2133
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Route mit Straßennamen, wegkreuzenden u.
wegbegleitenden Objekten
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Route mit zusätzlichen öffentlichen Gebäuden
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Visuelle Landmarks
Objekt ist hauptsächilch Landmark wegen seiner visuellenCharakteristik
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Cognitive Landmarks
• Bedeutung hebt sich hervor, meistens persönlich
• Meistens unübliche oder prototypische Charakteristik, wichtiger Inhalt
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Strukturelle Landmarks• Wichtigkeit stammt von seiner Rolle oder Stelle in der
Struktur des Raumes• Sehr zugänglich und haben vielleicht eine prominente
Stellung in der Umgebung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Einzigartigkeit, scharfer Kontrast zur Umgebung
Macht die Landmark auffällig gegenüber seiner Umgebung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Bedeutung, von vielen Stellen sichtbar, Signifikante Stelle (I)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Bedeutung, von vielen Stellen sichtbar, Signifikante Stelle (II)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Weithin sichtbar
Werden meistens benutzt um Skylines zu identifizieren, selten aber zur Navigation zur benutzt („Distanz-Landmarks“)
Singapur Siebengebirge
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Organisationskonzept (Ankerpunkte)
Objekte, die eine höhere Stufe der Abstraktion darstellen, rerpräsentieren einen Anker
Einkaufen
HomeArbeit
HomeArbeit
Einkaufen
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Organisationskonzept (Referenzpunkte)
• Ein Objekt dient als räumlicher Referenzpunkt („nahe bei“)• Eigenschaften des Referenzpunktes können sein:
Vertrautheit, visuelle Dominanz, kulturelle Bedeutung• Beispiel: Das Beethoven Denkmal nahe dem Bonner Münster
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Navigationswerkzeug• Identifizierung Start-, Ziel- und Entscheidungspunkte• Unterstützen die Erkenntnis über den
Navigationsfortschritt
• Was passiert beim Fehlen von Erkennungszeichen?
• Herstellung von Relationen (Landmark-Ziel, Landmark-Landmark) zur Orientierung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Identifizierung von Start-, Ziel- und Entscheidungspunkten
Startpunkt: Universität
Zielpunkt: Bahnhof
Entscheidungspunkt: Münsterplatz
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Navigationsfortschritt• In der Ebene: z. B. Kilometerzähler
man kann daran erkennen, welche Strecke man schon zurückgelegt hat
• In der Vertikalen: z. B. Fahrstuhlanzeigeman kann daran erkennen, in welchem Stockwerk man sich befindet (dient hier auch besonders als Entscheidungspunkt)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Relationen zur Orientierung
• Landmark-Ziel Relation: durch Kilometerangaben auf Schildern bis zum Zielort
• Landmark-Landmark Relation: durch Kilometerangaben auf Schildern bis zum nächsten
Landmark (z.b. Autobahnkreuze)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Fehlen von Erkennungszeichen
Es entsteht Orientierungslosigkeit, zum Beispiel ein Hochhaus mit gleichaussehenden Fluren, Irrgarten
Beispiel: Viele Leute lieben es ein Irrgartenrätsel zu lösen, doch möchten nicht selber darin stehen
Beispiel
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Stadientheorie (Piaget) (I)• Sensumotorisches Stadium (0-2 Jahre): Objekte existieren
nur, wenn sie der direkten Wahrnehmung zugänglich sind• präkonzeptionelles Stadium (2-4 Jahre): (anschauliches
Denken) Objekte können klassifiziert, aber ähnliche nicht unterschieden werden, es kann nicht logisch gedacht werden
• intuitives Stadium (4-7 Jahre): Kind kann teilweise logisch schließen, orientiert sich aber vor allem an Wahrnehmung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Stadientheorie (Piaget) (II)• Konkrete Operationen (7-11/12 Jahre): Umgehen mit
Klassen,Serien, Zahlen; Wissen, das sich Mengen von Objekten nicht verändern, wenn sich nur ihre Form oder räumliche Anordnung verändert
• Vorrausetzungen zur Herausbildung von topogr. Vorstellungen:1. Wahl eines Blickwinkels und gewisser zeichnerischer
Konventionen (z.B. Süden unten auf Blatt, Plan kann Gebäude senkrecht von oben darstellen)
2. Koordinatensystem => Gerade, Parallele, Winkel3. Verkleinerung auf Maßstab => Ähnlichkeit, Proportionen
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Tu-Effekt• Wenn eine Person den selben Weg auf verschiedene Art
zurücklegt, erlangt er unterschiedliches Wissen über den Weg
• Je selbständiger sie einen Weg bewältigt, desto besser ist die Wahrnehmung
• Beispiele:Rad-, Autofahrer erfahren mehr als beim Bus fahrenAutofahrer lernen mehr Einzelheiten als BeifahrerPendler kennen mehr Landmarken als „Neuangekommene“
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Bauen zum räumlichen Lernen• Drahtgittermodelle (Blinde):
Dreiecke bilden, bei zwei vorgegebenen Seiten; Winkel, die eingeschlagen werden sollen, werden erlernt und in die reale Welt übertragen
• Magnetstücke:Eine abgegangene Route wird mit Magnetstücken erstellt, dies verstärkt das Wissen über die Route (Studie von Jacobsen)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Gestaltungstheoretischer Erklärungsansatz
• Eine Erscheinung in der Wahrnehmung weist als Ganzes andere Qualitäten auf, als dies seine Einzelteile tun würden
• Wahrnehmung eines Teils eines Reizmusters hängt also auch von der Wirkung, die von seinen anderen Teilen ausgeht, ab
=> 6 Gestaltungsregeln
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Gestaltungsregeln1. Gesetz der Nähe:
Elemente eines Reizelementes, die nicht weit voneinander entfernt sind, werden mit großer Wahrscheinlichkeit als zusammengehörige Teile innerhalb eines Ganzen wahrgenommen
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Gestaltungsregeln2. Gesetz der Ähnlichkeit:
Einander ähnlich sehende Elemente werden eher als zusammengehörig angesehen.
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Gestaltungsregeln3. Gesetz der Einfachheit:
Man sieht eher:
Reizelemente einer Abbildung werden meist so angeordnet, dass das Ergebnis eine möglichst einfache und einprägsame Reizkonfiguration ergibt
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Gestaltungsregeln4. Gesetz der fortgesetzt durchgehenden Linie:
Punkte, die in einer geraden oder sanft geschwungenen Linie angeordnet sind, sind als aneinander zugehörig zu erkennen
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Gestaltungsregeln5. Gesetz der Geschlossenheit:
Vor allem in geometr. Abbildungen; geschlossene Konturen werden eher als Figur wahrgenommen
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Gestaltungsregeln6. Gesetz des gemeinsamen Schicksals:
Elemente einer Reizvorlage, die sich in gleiche Richtung bewegen, werden als eine Einheit erkannt
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Algorithmischer Erklärungsansatz
• Das menschliche Wahrnehmungssystem scheint eine vom Blickwinkel unabhängige Objektpräsentation aus den gegebenen Reizbedingungen abzuleiten
=> Transformationsvorgang (nach Marr)
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Transformationsvorgang
1. Rohskizze: Elementarmerkmale werden identifiziert; Konturen, Kanten, Flächen aufgrund ihrer Helligkeits- und Intensitätsunterschiede erkanntUngeordnete Elementarmerkmale werden zueinander in Beziehung gesetztMit Hilfe der Gestaltungsgesetzte werden Globalstrukturen der Reizvorlage erstellt
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Transformationsvorgang
2. 2,5-D-Skizze: Globale Flächen werden bezüglich ihrer räumlichen Tiefe und ihrer Orientierung in der Photographie verarbeitet=> Es entstehen orientierte Flächen mit Richtungszuweisung
Räumliche Orientierung in der menschlichen Wahrnehmung Stephan Seiler 27.06.2002
Transformationsvorgang
3. 3-D-Skizze: Die nun vorhandene Reizstruktur muss gezielt in eine von der Betrachterperspektive unabhängige Objektpräsentation umgewandelt werdenZur endgültigen Identifikation des einzelnen Gegenstandes vergleicht das visuelle System des Menschen die 3-D-Skizze mit den imGedächtnis gespeicherten ObjektmodellenFindet eine Übereinstimmung statt, so wird das Objekt als solches erkannt
Beispiel