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QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET · Visus lag im Durchschnitt bei 0,375 ±...

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101 QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET A. Händel, A. Jünemann, B. Bachmann, H. U. Prokosch, A. Beyer, T. Ganslandt, D. Kraska, S. Beyaz, J. A. Wobbe, F. E. Kruse Hintergrund Wettbewerbsstrukturen im Gesundheitssystem, die durch die aktuellen gesetz- lichen Rahmenbedingungen wie das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) und das Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) weiter ausgebaut werden, sollen zu mehr Effektivität und Effizienz in der medizinischen Leistungserbringung führen [2, 5]. Dabei wird auf der einen Seite der Ökonomie Rechnung getragen, auf der anderen Seite steigt der Anspruch an die Qualität. Die neuen Gesetzesinitiativen fordern daher Maßnahmen, die Qualität der Leistung transparent darzustellen [7, 13, 17]. Dieser Kurs erfordert neue strategische und operative Partnerschaften, die ein Umdenken der Beteiligten als Grundlage für neue Formen der Zusammenarbeit notwendig macht. Das Augenärztenetz VISTANET Die gesundheitspolitische Entwicklung war ausschlaggebend dafür, dass sich in den vergangenen Jahren zunehmend Ärzte zu Gruppierungen und Verbünden zusammengeschlossen haben [3, 4]. Eine Gruppe von zwölf niedergelassenen konservativ und operativ tätigen Augenärzten aus dem nordbayerischen Raum ergriff im Juli 2007 die Initiative, um eine strategische Kooperation von rechtlich und wirtschaftlich weiterhin selbstständigen Augenärzten in Verbindung mit einer Universitätsaugenklinik zu bilden. Der daraus entstandene augenärztliche Quali- tätsverbund VISTANET weist aktuell 110 Mitglieder auf und erstreckt sich mittler- weile über den gesamten süddeutschen Raum. Die beiden Hauptziele von VISTANET sind zum einen eine integrierte qualitätsgesicherte Behandlung von Patienten mit Augenerkrankungen über alle Leistungsbereiche hinweg. Zum anderen soll dieser Zusammenschluss von Leistungserbringern, der eine flächendeckende und die ge- samte Breite des Faches Augenheilkunde umfassende Versorgung beinhaltet, einen Beitrag zur Zukunftssicherung der augenärztlichen Praxis leisten. Das Augenärzte- netz VISTANET legt dabei besonderen Wert auf die Eigenständigkeit der einzelnen Arztpraxen. Darüber hinaus bietet diese vertikale, in Deutschland bislang einzig- artige Kooperationsstruktur niedergelassener Ärzte mit Universitätskliniken die Möglichkeit, im Rahmen klinischer Forschung neue Behandlungsmethoden zu eva- luieren. Mitglieder des Augenärztenetzes sollen sich somit am Prozess der klinischen Forschung der Universitätsaugenkliniken in Bayern beteiligen.
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QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET

A. Händel, A. Jünemann, B. Bachmann, H. U. Prokosch, A. Beyer, T. Ganslandt, D. Kraska, S. Beyaz, J. A. Wobbe, F. E. Kruse

HintergrundWettbewerbsstrukturen im Gesundheitssystem, die durch die aktuellen gesetz-

lichen Rahmenbedingungen wie das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) und das Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) weiter ausgebaut werden, sollen zu mehr Effektivität und Effizienz in der medizinischen Leistungserbringung führen [2, 5]. Dabei wird auf der einen Seite der Ökonomie Rechnung getragen, auf der anderen Seite steigt der Anspruch an die Qualität. Die neuen Gesetzesinitiativen fordern daher Maßnahmen, die Qualität der Leistung transparent darzustellen [7, 13, 17]. Dieser Kurs erfordert neue strategische und operative Partnerschaften, die ein Umdenken der Beteiligten als Grundlage für neue Formen der Zusammenarbeit notwendig macht.

Das Augenärztenetz VISTANETDie gesundheitspolitische Entwicklung war ausschlaggebend dafür, dass sich

in den vergangenen Jahren zunehmend Ärzte zu Gruppierungen und Verbünden zusammengeschlossen haben [3, 4]. Eine Gruppe von zwölf niedergelassenen konservativ und operativ tätigen Augenärzten aus dem nordbayerischen Raum ergriff im Juli 2007 die Initiative, um eine strategische Kooperation von rechtlich und wirtschaftlich weiterhin selbstständigen Augenärzten in Verbindung mit einer Universitätsaugenklinik zu bilden. Der daraus entstandene augenärztliche Quali-tätsverbund VISTANET weist aktuell 110 Mitglieder auf und erstreckt sich mittler- weile über den gesamten süddeutschen Raum. Die beiden Hauptziele von VISTANET sind zum einen eine integrierte qualitätsgesicherte Behandlung von Patienten mit Augenerkrankungen über alle Leistungsbereiche hinweg. Zum anderen soll dieser Zusammenschluss von Leistungserbringern, der eine flächendeckende und die ge-samte Breite des Faches Augenheilkunde umfassende Versorgung beinhaltet, einen Beitrag zur Zukunftssicherung der augenärztlichen Praxis leisten. Das Augenärzte-netz VISTANET legt dabei besonderen Wert auf die Eigenständigkeit der einzelnen Arztpraxen. Darüber hinaus bietet diese vertikale, in Deutschland bislang einzig-artige Kooperationsstruktur niedergelassener Ärzte mit Universitätskliniken die Möglichkeit, im Rahmen klinischer Forschung neue Behandlungsmethoden zu eva-luieren. Mitglieder des Augenärztenetzes sollen sich somit am Prozess der klinischen Forschung der Universitätsaugenkliniken in Bayern beteiligen.

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Material und MethodenQualitätssicherungsmodule des Augenärztenetzes VISTANET

Voraussetzung für eine qualitätsgesicherte, sektorenübergreifende Behandlung sind gemeinsame Patienten- bzw. Behandlungspfade, die Vorhaltung eines profes-sionellen Qualitätsmanagementsystems (QM-System) und sogenannte Standard Operating Procedures (SOP) [6, 10, 13]. Das Kernstück bildet die einrichtungsüber-greifende, elektronische Patientenakte (eEPA) zum gemeinsamen Zugriff auf die Pa-tientendaten; sie dient gleichzeitig zum Monitoring des Leistungsgeschehens [8, 12]. Die subjektive Patientenzufriedenheit beispielsweise nach Kataraktoperation wird mittels spezieller Fragebögen ermittelt [11].

Qualitätsmanagementsystem: Basis des augenärztlichen Qualitätsverbundes VISTANET ist die Vorhaltung eines praxisinternen Qualitätsmanagementsystems, das nach DIN EN ISO 9001 oder dem QM-System der Kassenärztlichen Bundesver-einigung QEP (Qualität und Entwicklung in Praxen) zertifiziert ist. Hier hat sich im Augenärztenetz ein Qualitätszirkel etabliert, bei dem die jeweiligen Augenarztpraxen Hilfestellung beim Aufbau eines QM-Handbuches erhalten. In diesem Zusammen-hang finden auch regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen speziell für Arzthelfe-rinnen statt.

Standard Operating Procedures (SOP): Eines der wesentlichen Elemente im Qualitätsmanagement ist das Prozessmanagement, das heißt die Strukturierung und – soweit möglich – die Standardisierung aller relevanten Abläufe einer Klinik bzw. Arztpraxis. Man unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen Kern- und Stützprozes-sen. Zu den Kern- bzw. wertschöpfenden Prozessen gehören die Aufnahme bzw. der Empfang der Patienten, die Untersuchung und Diagnostik, die Therapie sowie der Abschluss der Behandlung [6, 10]. Zu den Stützprozessen, die zwar nicht wertschöp-fend, aber unabdingbar zur Ausführung der Kernprozesse sind, gehören beispiels-weise das Lager- und Bestellwesen.

Integrierte Patienten- und Behandlungspfade: Im Gegensatz zu den Prozess-beschreibungen, die einzelne organisatorische Abläufe umfassen, geht es bei den Patienten- bzw. Behandlungspfaden um die Beschreibung, wie ein Patient mit einem definierten Krankheitsbild nach einem vorgegebenen Ablauf diagnostiziert und be-handelt wird [15, 18]. Der gesamte Behandlungsprozess, beispielsweise der ambu-lanten Kataraktchirurgie wird einschließlich der Ein- und Ausschlusskriterien exakt dargestellt und ist damit für das gesamte Behandlungsteam (Ärzte, medizinische Fachangestellte, Mitarbeiter des Pflegedienstes) transparent. Neben dem Bereich der Kataraktchirurgie wurden im Augenärztenetz VISTANET für die Netzhautglaskörper-chirurgie und die intravitreale Injektion einrichtungsübergreifende Patientenpfade erarbeitet, um dem Kernziel, eine integrierte intersektorale Patientenbehandlung nach neuesten medizinischen Grundsätzen, gerecht zu werden (Abb. 1).

Datenerhebung im Bereich der Kataraktchirurgie: Auf Grundlage der defi-nierten Behandlungspfade wurden in einem nächsten Schritt standardisierte Erfas-sungsmodule für die prä-, intra- und postoperative Befunderhebung im Rahmen der Kataraktchirurgie entwickelt (Abb. 2–4). Die präoperative Datenerhebung umfasst neben den Patientenstammdaten die Diagnose, den ophthalmologischen Befund,

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Abb. 1: Patientenpfad ambulante Kataraktchirurgie: Gesamtübersicht Anamnese

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Abb. 2: Qualitätssicherungsdokumentation Katarakt-OP: Präoperative Untersuchung

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Abb. 3: Qualitätssicherungsdokumentation Katarakt-OP: Chirurgischer Eingriff

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Abb. 4: Qualitätssicherungsdokumentation Katarakt-OP: Postoperative Untersuchung

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OP-relevante Augen- und Allgemeinerkrankungen, Augenvoroperationen sowie die ASA-Einstufung der American Society of Anaesthesiology als Messgröße für den Grad einer beeinträchtigenden Nebenerkrankung. Der ophthalmologische Befund beinhaltet die Sehschärfe, den Augeninnendruck sowie den Trübungsgrad der Lin-se. Im Rahmen der OP-Dokumentation werden Parameter wie Augenlänge, Zielre-fraktion, Nennung des Operateurs sowie Angaben zur implantierten Kunstlinse und aufgetretene Komplikationen erfasst. Postoperativ sind vier Kontrollen in einem defi-nierten Zeitraum bis zu sechs Wochen nach dem Eingriff zu erbringen.

In einer viermonatigen Pilotphase wurden die Qualitätssicherungsbögen zunächst in Papierform evaluiert. Danach erfolgte die Implementierung der Dokumentations-bögen in standardisierte elektronische Eingabemasken, und die Daten werden seit-dem in der web-basierten einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte (eEPA) gespeichert [8]. Nach der Erfassung werden in der eEPA die Daten für den jeweils beteiligten weiterbehandelnden Augenarzt freigeschaltet, sodass sie nur von den berechtigten Partnern im jeweiligen Behandlungskontext eingesehen und be-arbeitet werden können. Zur Gewährleistung einer hohen Datenqualität sind Voll-ständigkeits- und Plausibilitätskontrollen in den einzelnen Dokumentationsmodulen hinterlegt.

Einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte (eEPA): Die einrich-tungsübergreifende elektronische Krankenakte (eEPA) ist das zentrale Element zum gemeinsamen Zugriff auf Patientendaten und dient gleichzeitig zur Dokumentation des Leistungsgeschehens [1, 9, 14, 16]. Im Augenärztenetz VISTANET wurde diese gemeinsam entwickelt und schrittweise in den Augenarztpraxen etabliert. Als Platt-form für die Datenerhebung und gleichzeitig als einrichtungsübergreifende EDV-gestützte Patientenakte ist das webbasierte Kommunikationssystem Siemens Soa-rian Integrated Care etabliert worden. Diese Telemedizinlösung ermöglicht einen sicheren Daten- und Informationsaustausch zwischen den jeweiligen an der medizi-nischen Leistungserbringung beteiligten Einrichtungen. Die wesentliche Komponen-te bildet eine im Netzwerk zentral abgelegte elektronische Patientenakte mit Befund-berichten und -bildern, Laborwerten sowie medizinischen Daten. Die an Soarian Integrated Care angebundenen Praxen geben die Daten – nach Zustimmung des Patienten – in das System ein und können diese jederzeit abrufen. Die prä-, intra- und postoperativen Daten werden nach festen Standards erfasst und in einer ge-meinsamen, sektorenübergreifenden Patientenakte abgelegt. So kann beispielsweise der überweisende Augenarzt bereits am Tag nach der Operation den OP-Bericht online einsehen. Alle in diesem Kontext anfallenden Daten werden auf einem sowohl vom Praxis- als auch vom Kliniksystem unabhängigen Server unter Einhaltung der strengen datenschutzrechtlichen Richtlinien gespeichert (Abb. 5).

Die Datenübertragung erfolgt verschlüsselt. Systemvoraussetzung für die Nutzung von Siemens Soarian Integrated Care sind ein handelsüblicher PC mit Microsoft-Windows-Betriebssystem sowie ein Internetanschluss mit ISDN oder (zu empfehlen) DSL. Als Browser ist der Internet Explorer von Microsoft zu verwenden. Es muss zu-sätzlich keine Software auf dem verwendeten PC installiert werden. Als Viewer-Soft-ware für die elektronischen Dokumente wird der kostenlos verfügbare Adobe Acro-

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bat Reader verwendet. Darüber hinaus besitzt die elektronische Patientenakte auch ein Modul zum Übertragen von Bildmaterial. Damit hat beispielsweise ein Augenarzt die Möglichkeit, in der eigenen Praxis Aufnahmen des Augenhintergrundes in den gebräuchlichen Formaten (z. B. jpg, tif, gif, avi, dicom) an einen Spezialisten der Uni-versitätsaugenklinik online zu übermitteln. Dies erspart dem Patienten eine zum Teil weite Anreise zu einer Untersuchung.

Ermittlung der Lebensqualität nach Kataraktoperation: Ein etablierter Frage-bogen zur Messung der funktionellen Beeinträchtigung der Sehschärfe durch den Grauen Star (Katarakt) ist der Visual-Function-14-Test (VF-14), der vom National Eye Institute (USA) entwickelt wurde und bei diesem Krankheitsbild allgemein verwen-det wird. Dieser Patientenfragebogen besteht aus 18 Fragen, die den Schwierigkeits-grad verschiedener, von der visuellen Funktion abhängiger Tätigkeiten des alltäg-lichen Lebens messen. Er enthält Fragen zu gebräuchlichen visuellen Tätigkeiten wie Lesen von Kleingedrucktem, Zeitungen und Büchern, Fernsehen, Ausfüllen von Formularen, Erkennen von Gesichtern, die die Patienten nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung in fünf Grade von „keine Schwierigkeiten“ bis „unmöglich aus-zuführen“ einteilen sollen. Der Fragebogen VF-14, der ausschließlich auf die funk-tionelle Beeinträchtigung durch die Katarakt abzielt, wurde für den Gebrauch im Ärztenetz VISTANET hinsichtlich der Sehveränderung durch die Kataraktoperation und den Gewinn der Lebensqualität erweitert. Darüber hinaus wurden auch Fragen zur Freundlichkeit der Mitarbeiter und dem Gesamteindruck im OP-Zentrum sowie Angaben zum Alter und Geschlecht erweitert.

Datenschutz

Datensicherheit

OP-Zentrum

Niedergel. Augenarzt

Ergebnis

Niedergel. Augenarzt

Patient

Weitere Untersuchungen chirurg. Eingriff

Postoperative Kontrollen

Diagnose/Indikation präop. Befunde

Fragebogen Zufriedenheit

Lebensqualität

Daten- sicherung

Datenanalyse Evaluation

Sektoren- übergreifende

Versorgung

Elektronische Patienten-

akte

Abb. 5: Workflow einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte (eEPA) im Ärztenetz VISTANET

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ErgebnisseDatenevaluation Kataraktoperation

Da Soarian Integrated Care (wie alle bekannten Telemedizinsysteme) noch kein eigenes Auswerteprogramm enthält, werden die Daten mittels eines sogenannten Data-Warehouse-Systems aufbereitet und mithilfe eines OLAP-Würfel (Online Ana-lytical Processing) analysiert [14].

In einer ersten Auswertung wurden 1.390 Kataraktoperationen evaluiert, bei de-nen sowohl die prä-, intra- und postoperativen Daten vollständig erfasst wurden. Es handelt sich um 542 (39 %) männliche und 848 (61 %) weibliche Patienten. Das durchschnittliche Alter betrug 74,5 ± 9 Jahre (30 bis 101 Jahre). Der präoperative Visus lag im Durchschnitt bei 0,375 ± 0,179 (0,001 bis 0,6). Begleitende relevante Augenerkrankungen lagen bei 17 % der durchgeführten Kataraktoperationen vor. Dabei waren Glaukome mit 11,5 % die häufigste Begleiterkrankung. Bei knapp zwei Drittel der Patienten (65 %) lagen internistische Begleiterkrankungen wie Hypertonie (49 %), Diabetes mellitus (30 %) und kardiale Erkrankungen (19 %) vor. Eine medikamentöse Gerinnungshemmung erfolgte bei 13 % der Patienten (Tab. 1).

Analyse des operativen Eingriffs: 71 % der Patienten wurden mittels peribulbärer bzw. retrobulbärer Anästhesie, 29 % in Tropfanästhesie und ein Patient in Allgemein-narkose operiert. Alle Patienten konnten mit einer Hinterkammerlinse versorgt wer-den. Die Implantation erfolgte in 99,9 % in den Kapselsack, in zwei Augen in den

Art der Allgemeinerkrankung Anzahl %

keine 378 34,4

Hypertonie 539 49,1

Diabetes mellitus 332 30,2

Herzerkrankung 203 18,5

Medikamentöse Gerinnungshemmung 141 12,9

Broncho-pulmonale Erkrankung 51 4,7

Neurolog./psych. Erkrankung 52 4,7

Z. n. Apoplex 24 2,2

Rheumatische Erkrankung 18 1,7

Eingeschränkte Kooperationsfähigkeit (z. B. Demenz) 15 1,4

Metastasierende Tumorerkrankung 14 1,3

Dialyse 6 0,6

Schilddrüsenerkrankung 6 0,5

Sonstige (z. B. Z. n. Nierentransplantation, Alkoholismus, Adipositas)

34 3,1

Tab. 1: OP-relevante Allgemeinerkrankungen (Mehrfachnennungen möglich)

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Sulcus. Die mittlere Stärke der implantierten Kunstlinse betrug 21,4 ± 3,8 dpt (–2,0 bis +35,0). In 13 (0,94 %) der 1.390 in die Auswertung eingegangenen Augenopera-tionen kam es zu einer Ruptur der hinteren Kapsel.

Postoperative Ergebnisse: Die postoperative Sehschärfe stieg von 0,49 am ersten postoperativen Tag auf 0,75 bei der vierten postoperativen Verlaufskontrolle nach circa vier Wochen (Abb. 6). Ein regelrechter postoperativer Befund lag bei der ersten Kontrolle in 91,4 % (1.270 Augen) vor, bei der zweiten Kontrolle in 94,4 % (1.312 Augen), bei der dritten Untersuchung in 94,5 % (1.313 Augen) und bei der vierten Kontrolluntersuchung in 97 % (1.348 Augen). Die häufigste postoperative Komplika-tion war ein zystoides Makulaödem in zehn Augen (0,74 %).

Ergebnisse der PatientenbefragungIn einer Pilotphase wurde der modifizierte VF-14-Fragebogen an diejenigen Pa-

tienten nach Hause geschickt, bei denen eine Kataraktoperation an beiden Augen durchgeführt worden war und diese mindestens vier Monate zurücklag. Insgesamt wurden 230 Fragebögen versandt, die Rücklaufquote betrug mit 189 komplett aus-gefüllten Fragebogen 82 %. Es handelte sich um 99 (52,4 %) weibliche und 90 (47,6 %) männliche Patienten. Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug 72 Jahre (Standardabweichung ±12 Jahre). Sehr zufrieden oder zufrieden mit dem Ergebnis der Grauen-Star-Operation waren 91,2 %. Nur fünf (2,8 %) Patienten waren mit dem Ergebnis unzufrieden. Für die verschiedenen im Fragebogen aufgeführten gebräuchlichen visuellen Tätigkeiten sei exemplarisch das Ergebnis für Schwierig-keiten beim Fernsehen dargelegt (Tab. 2). Gaben 79,8 % der Patienten an, vor der OP Schwierigkeiten beim Fernsehen gehabt zu haben, so war nach der Operation bei

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0,0präop. 1. postop. 2. postop. 3. postop. 4. postop. Kontrolle Kontrolle Kontrolle Kontrolle

Visu

s

Abb. 6: Visusentwicklung nach Kataraktextraktion

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80,6 % eine Verbesserung der visuellen Funktion beim Fernsehen eingetreten. Sechs Patienten (3,3 %) gaben eine Verschlechterung an.

Die Freundlichkeit der Mitarbeiter im Augen-OP beurteilten 81 % der Patienten als sehr gut und 99 % als gut oder sehr gut. Die Frage, ob sie das OP-Zentrum weiter empfehlen würden, beantworteten 98,4 % der Patienten mit Ja.

DiskussionDie vorgestellte webbasierte Patientenakte erwies sich in ersten Analysen als ein

geeignetes Instrument, in der Praxis- bzw. Klinikroutine anfallende Patientendaten aus den verschiedenen Sektoren strukturiert zu erfassen und für alle Beteiligten zeitnah zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus bildet diese elektronische Kom-munikationsplattform die Datenbasis zur Sicherung der hohen Qualitätsansprü-che des Augenärztenetzes VISTANET. Jedoch ist zu bedenken, dass einige Praxen teilweise über kein bzw. nur über ein wenig modernes EDV-System verfügen. Für sie ist die Anschaffung eines entsprechend leistungsfähigen Computers erforder-lich. Darüber hinaus bestehen bei einem Teil der beteiligten Ärzte immer noch Vorbehalte gegen eine Datenübermittlung via Internet. Sie verfügen zwar über ein Praxis-EDV-System, haben aber aus Sorge vor eventuellen Computerviren einen separaten Internetzugang. Dies bedeutet, dass die Daten doppelt erfasst werden müssen.

Eine Hauptaufgabe von VISTANET besteht daher darin, die Datenerfassung für den Behandlungsablauf so umzusetzen, dass für die beteiligten Ärzte möglichst kein oder wenig Zusatzaufwand entsteht. Da ein Leistungserbringer dieselben Informa-tionen, die er schon in das eigene Praxis- bzw. EDV-System eingegeben hat, nicht noch ein weiteres Mal in eine webbasierte Patientenakte eingeben möchte, sind Schnittstellen zu den unterschiedlichen EDV-Systemen erforderlich. Damit können die jeweiligen Informationen per Mausklick oder Tastendruck in die einrichtungs-übergreifende elektronische Patientenakte exportiert werden.

Neben einer objektiven Messung von Qualitätsindikatoren spielt die subjek-tive Ergebnisqualität bzw. das individuelle Empfinden (Lebensqualität) nach einer medizinischen Intervention eine zunehmend wichtige Rolle. Dies zeigt sich an der Rücklaufquote von über 80 % von versandten Fragebogen an Patienten, die sich an der Universitätsaugenklinik Erlangen einer Operation des Grauen Stars unterzogen

„Inwiefern hat sich das Fernsehschauen nach der Operation verändert?“

Häufigkeit Prozent

besser geworden 145 80,6

gleich geblieben 29 16,1

schlechter geworden 6 3,3

Tab. 2: Beurteilung des individuellen Befindens nach dem Eingriff

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hatten. Es ist daher geplant, auch dieses Messinstrument bei allen an VISTANET beteiligten OP-Zentren bzw. Augenarztpraxen einzusetzen.

SchlussfolgerungZusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Ergebnisqualität der Kata-

raktchirurgie aufgrund der klaren Parameter bzw. Qualitätsindikatoren gut doku-mentierbar und somit auch gut darstellbar ist. Das aufgeführte Modell des Augen-ärztenetzes VISTANET hat sich bewährt und ist in der Routine fest etabliert. Neben einer objektiven Messung von Qualitätsindikatoren spielt die subjektive Ergebnis-qualität bzw. das individuelle Empfinden (Lebensqualität) nach einer medizinischen Intervention eine zunehmend wichtige Rolle.

Die hier vorgestellten Qualitätssicherungsmodule des Augenärztenetzes VISTANET und die darin implementierte sektorenübergreifende elektronische Patientenakte sind aufgrund der einfachen Handhabung und der zeitnahen Datenverfügbarkeit essenzielle Bausteine im Rahmen vernetzter Strukturen.

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