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PSP Newsletter 3 2019 korr5 · news PSP letter DORA NAT 2019 MAI/ JUNI 0 Quick Fixes zur...

Date post: 15-Sep-2019
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news PSP letter EDITORIAL INHALT 2019 MAI/ JUNI 03 Quick Fixes zur Umsatzsteuer werden umgesetzt Änderungen bei der Grunderwerb- steuer – Gesetzgeber verschärft Regelungen bei Share-Deals Umsatzsteuerbefreiung von Bildungs- leistungen Neues zu Verlusten aus dem Ausfall privater Darlehen Vertrauensarbeitszeit ade? Das Bundesministerium der Finanzen hat am 08.05.2019 den Referen- tenentwurf eines Jahres- steuergesetzes 2019 ver- öffentlicht. Besonders be- merkenswert sind dabei die geplanten Neurege- lungen zum sogenannten umsatzsteuerlichen Rei- hengeschäft, so etwas wie Hochreck-Turnen für die Liebhaber der Mehrwert- steuer. Dabei sind die Änderungen nicht wirklich neu und entsprechen im Kern den Vorschlägen von PSP zur Vereinfachung und Entbürokratisierung die- ses steuerlichen Dickichts. Die Unternehmen werden es dem Gesetzgeber danken, geht damit doch eine weitaus höhere Rechtssicherheit einher, auch wenn noch gewisser Korrekturbedarf besteht. Um in den Genuss der Neuregelung zu kommen, bedarf dies in vielen Unternehmen und Steuerabteilungen jedoch einer grundlegenden Anpassung der eingerichteten Steuerfindungsregeln sowie der korrespondierenden ERP-Systeme, ansonsten kommt es rasch zu Fehlein- schätzungen und es droht Ärger mit dem Fiskus. Stefan Heinrichshofen Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht Steuerberater
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newsPSP

letter

E D I T O R I A L I N H A L T

2019

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Quick Fixes zur Umsatzsteuer werden umgesetzt

Änderungen bei der Grunderwerb-steuer – Gesetzgeber verschärft Regelungen bei Share-Deals

Umsatzsteuerbefreiung von Bildungs-leistungen

Neues zu Verlusten aus dem Ausfall privater Darlehen

Vertrauensarbeitszeit ade?

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 08.05.2019 den Referen-tenentwurf eines Jahres-steuergesetzes 2019 ver-öffentlicht. Besonders be-merkenswert sind dabei die geplanten Neurege-lungen zum sogenannten umsatzsteuerlichen Rei-hengeschäft, so etwas wie Hochreck-Turnen für die Liebhaber der Mehrwert-steuer. Dabei sind die Änderungen nicht wirklich neu und entsprechen im Kern den Vorschlägen von PSP zur Vereinfachung und Entbürokratisierung die-ses steuerlichen Dickichts. Die Unternehmen werden es dem Gesetzgeber danken, geht damit doch eine weitaus höhere Rechtssicherheit einher, auch wenn noch gewisser Korrekturbedarf besteht. Um in den Genuss der Neuregelung zu kommen, bedarf dies in vielen Unternehmen und Steuerabteilungen jedoch einer grundlegenden Anpassung der eingerichteten Steuerfindungsregeln sowie der korrespondierenden ERP-Systeme, ansonsten kommt es rasch zu Fehlein-schätzungen und es droht Ärger mit dem Fiskus.

Stefan HeinrichshofenRechtsanwalt, Fachanwalt für SteuerrechtSteuerberater

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Mit dem Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2019 (vgl. https://www.psp.eu/artikel/554/jah-ressteuergesetz-2019/) sollen auch grundlegende Änderungen (sogenannte „Quick Fixes“) im Bereich der Umsatzsteuer in nationales Recht umgesetzt wer-den. Erfreulich für die Wirtschaft, finden sich dort wesentliche Erleichterungen bzw. Vereinfachungen zu grenzüberschreitenden Lieferungen in einer Liefer-kette (sogenannte „Reihengeschäfte“).

Anders als in den meisten anderen Mitgliedstaaten enthält das nationale deutsche Umsatzsteuergesetz bereits dezidierte Regelungen zum Reihengeschäft. Hierbei handelt es sich um Umsatzgeschäfte mehre-rer Unternehmer über denselben Gegenstand, also um ein Kettengeschäft, wobei der Gegenstand vom ersten Unternehmer unmittelbar an den letzten Abnehmer transportiert wird. Unmittelbarkeit bedeu-tet dabei, dass beim Transport der Ware vom Abgangsort zum Bestimmungsort nur ein Unterneh-mer in der Kette die Transportverantwortung inneha-ben kann. Gelangt der Liefergegenstand von einem Mitgliedstaat in den anderen, spricht man von einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft. Die Krux: Nach der Rechtsprechung des EuGH kann dabei nur eine der (beiden) Lieferungen als innergemeinschaft-liche Lieferung (sogenannte „bewegte Lieferung“) steuerfrei sein. Deshalb musste der Gesetzgeber ein Regelwerk aufstellen, auf Basis dessen die am Liefer-geschäft beteiligten Parteien möglichst unkompliziert feststellen können, bei welcher der Lieferungen es sich um die bewegte handelt. Zur Zuordnung der warenbewegten innergemeinschaftlichen Lieferung zu einer dieser Lieferungen wird regelmäßig auf die Transportveranlassung abgestellt. Allerdings finden die bestehenden nationalen Regelungen nur auf Sachverhalte Anwendung, bei denen die Transport-veranlassung über die Ware beim Zwischenhändler liegt. Um insoweit für Abhilfe zu sorgen, sieht der Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz nun typi-sierende Zuordnungsregelungen für sämtliche der am Liefergeschäft Beteiligten vor. Dabei sind folgen-de Fallkonstellationen zu unterscheiden:

Quick Fixes zur Umsatzsteuer werden umgesetzt• Erfolgt der Warentransport durch den ersten

Unternehmer in der Lieferkette, so ist die Waren-bewegung seiner, d. h. der ersten Lieferung zu-zuordnen.

• Erfolgt der Warentransport durch den letzten Abnehmer in der Kette, so ist die Warenbewe-gung der letzten Lieferung zuzuordnen.

• Verwendet der transportierende Zwischenhänd-ler gegenüber seinem Vorlieferanten hingegen die ihm im Abgangsmitgliedstaat der Ware zugeteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder dessen nationale Steuernummer, so führt (ausnahmsweise) er die warenbewegte, grenz-überschreitende (umsatzsteuerfreie) Lieferung aus. Damit vermeidet der Zwischenhändler regelmäßig eine umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsland der Ware.

• Weitergehend als die europäische Regelung sieht der Gesetzesentwurf auch eine Typisierung im Falle der Ausfuhr vor, d. h. bei einem Trans-port der Ware in ein Drittland (Nichtgemein-schaftsgebiet). Verwendet z. B. der transportver-antwortliche Zwischenhändler in diesen Fällen die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die nationale Steuernummer des Abgangsmitglied-staates der Ware, so ist unter den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere sogenannter Buch- und Belegnachweis) die von ihm ausgeführte Lieferung als steuerfreie Aus-fuhrlieferung anzusehen.

• Schließlich enthält der Gesetzesentwurf auch eine Regelung in Bezug auf die Einfuhr der Ware aus dem Drittland in das Gemeinschafts-gebiet. Dabei sieht die geplante Novellierung vor, dass die durch den transportverantwortli-chen Zwischenhändler ausgeführte Lieferung die sogenannte warenbewegte Lieferung ist, wenn die Ware in seinem Namen oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung für seine Rechnung

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Kon tak t : IN

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S Stefan Heinrichshofen ([email protected])

zum zoll– und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird. Dies sollte insbesondere dann zu einer Erleichterung führen, wenn die in Deutschland vom Zwischenhändler eingeführte Ware im Rahmen des Reihengeschäftes in ein anderes Gemeinschaftsgebiet gelangt.

Die geplanten Neuregelungen zum umsatzsteuerli-chen Reihengeschäft sind uneingeschränkt zu begrü-ßen -- auch wenn die Vornahme minimalinvasiver Korrekturen wünschenswert ist --, lassen sich doch damit viele Sachverhalte rechtssicherer und einfa-cher als bislang lösen. Unternehmen, die grenzüber-schreitende Liefergeschäfte durchführen, sollten das

Gesetzgebungsverfahren und die weitere Umset-zung des Jahressteuergesetzes im Auge behalten und frühzeitig ihre Datenverarbeitungssysteme sowie vertraglichen Regelungen (AGBs) validieren. Gleich-zeitig sollten auch die steuerverantwortlichen Perso-nen sowie die mit der Rechnungsstellung betrauten Vertriebsmitarbeiter entsprechend geschult werden.

Nicht nur der Erwerb eines (unbebauten oder bebauten) inländischen Grundstückes unterliegt der Grunderwerbsteuer. Auch der Erwerb von Anteilen an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft (soge-nannte Share-Deals), die über im Inland belegenen Grundbesitz verfügt, kann Grunderwerbsteuer aus-lösen. Änderte sich bisher innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand einer Personengesell-schaft dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter (d. h. solche, die bisher nicht oder noch keine fünf Jahre an der Gesellschaft beteiligt waren) übergehen, so unterlag dieser Gesellschafterwechsel grundsätzlich der Grunder-werbsteuer. Bei Kapitalgesellschaften war bisher der grunderwerbsteuerbegründende Tatbestand dann erfüllt, wenn ein Gesellschafter mindestens 95 % der Anteile auf sich vereinigt, also zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft unmit-telbar oder mittelbar beteiligt ist.

Entsprechend dieser 95 %-Grenze bzw. Fünfjahres-frist konnte beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen

bisher die Grunderwerbsteuer dadurch vermieden werden, dass nicht 100 % der Anteile, sondern weni-ger als 95 % erworben wurden bzw. es mussten zwischen dem Erwerb von 94,9 % der Personenge-sellschaftsanteile und den verbleibenden 5,1 % mehr als fünf Jahre liegen. Dieses Modell wurde insbeson-dere von Immobilieninvestoren und Immobilienfonds bei dem Erwerb von großen Objekten genutzt.

Mit dem nunmehr vorliegenden Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2019 reagiert der Gesetz-geber auf diese Gestaltungsmöglichkeiten. Der Gesetzesentwurf sieht dabei folgende Änderungen sowie Neuregelungen vor:

• Die Grenze, die zum Entstehen von Grunderwerb-steuer beim Erwerb von grundbesitzenden Personen- und Kapitalgesellschaften führt, soll von derzeit min-destens 95 % auf zukünftig 90 % gesenkt werden; damit könnten Neugesellschafter nur noch weniger als 90 % der jeweiligen Gesellschaftsanteile erwer-ben, ohne Grunderwerbsteuer auszulösen.

Änderungen bei der Grunderwerbsteuer – Gesetz-geber verschärft Regelungen bei Share-Deals

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• Zudem soll die Frist, die zwischen dem Erwerb von – bislang – weniger als 95 % der Anteile einer grundbesitzenden Personengesellschaft und den restlichen 5 % liegen muss, von derzeit fünf auf nunmehr zehn Jahre verlängert werden.

• Neu eigeführt werden soll darüber hinaus eine Regelung, die den steuerfreien Erwerb von Antei-len an einer grundbesitzenden Kapitalgesell-schaft vermeiden soll. Nunmehr sollen Anteilseig-nerwechsel einer Kapitalgesellschaft mit inländi-schem Grundbesitz der Besteuerung unterliegen, sofern innerhalb einer Frist von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile – unmittelbar oder mittelbar – auf neue Gesellschafter übertragen werden (z. B. Investor und Co-Investor).

• Damit unterlägen zukünftig – unabhängig von der Gesellschaftsform der grundbesitzenden Gesellschaft – Gesellschafterwechsel grundsätz-lich der Grunderwerbsteuer, sofern innerhalb der Zehnjahresfrist mindestens 90 % der Anteile unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschaf-ter übertragen werden.

• Im Hinblick auf die Umsetzung der geplanten Änderungen und Neuregelungen sieht der Geset-zesentwurf umfangreiche, detaillierte sowie teil-

weise komplexe Übergangsfristen vor. Dies ist insbesondere auch aus verfassungsrechtlicher Sicht geboten.

Die vorgenannten Neuregelungen sollen erstmalig auf Erwerbsvorgänge Anwendung finden, die nach dem 31.12.2019 verwirklicht werden.

Die geplante, weitreichende Änderung des Grunder-werbsteuergesetzes wird die – bereits derzeit beste-hende – Komplexität hinsichtlich der Grunderwerb-steuer bei Anteilsübertragungen noch weiter ver-schärfen. Zudem ist zu erwarten, dass (betriebswirt-schaftlich sinnvolle) Anteilsübertragungen zu erhebli-chen Grunderwerbsteuerbelastungen bei Unterneh-men, die Eigentum an Immobilien innehaben, führen werden. Damit geht der Gesetzesvorschlag weit über das Ziel – Gestaltungen mit Immobiliengesellschaften zu unterbinden – hinaus und trifft auch sämtliche operativen und gleichzeitig grundbesitzenden Unter-nehmen.

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Benedikt Wiedmann ([email protected])

Wird die Umsatzsteuerbefreiung im Zusammenhang mit Bildungsleistungen im Nachhinein versagt, erge-ben sich hierdurch häufig erhebliche Steuernachzah-lungen. Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2019 plant der Gesetzgeber nun eine Neuregelung. Ziel ist die Anpassung an die Mehrwertsteuersystemricht-linie sowie die Umsetzung der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung.

Bisher war die Umsatzsteuerbefreiung von Bildungs-leistungen von gewerblichen Bildungsanbietern von

Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungeneiner Bescheinigung der zuständigen Landesbehör-de abhängig. Diese Bescheinigungen konnten – auch mit Rückwirkung – von der Finanzverwaltung angefordert werden. Bildungsleistungen von gemein-nützigen Körperschaften wurden grundsätzlich dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn die Einnahmen überwiegend der Deckung der Kosten dienten. Nach der geplanten Neufassung des Umsatzsteuer-gesetzes soll die Befreiung zukünftig nur noch von zwei Kriterien abhängig sein.

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Dr. Kristin Heidler ([email protected])

• Es muss eine Bildungseinrichtung vorliegen, die in ihrer Gesamtheit darauf gerichtet ist, Kenntnis-se und Fähigkeiten zu vermitteln, die geeignet sind, einen Schul- und Hochschulabschluss oder einen Berufsabschluss zu erwerben oder berufli-che Kenntnisse durch Fortbildung zu erhalten oder zu erweitern.

• Es werden Bildungsleistungen, d. h. Schul- und Hochschulunterricht, Ausbildung und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen erbracht.

Das bisherige Bescheinigungsverfahren soll hinge-gen entfallen. Fortbildungsleistungen sollen – im Unterschied zu Ausbildungsleistungen – außerdem nur unter der Voraussetzung befreit sein, dass mit den erbrachten Leistungen keine systematische Gewinner-zielung angestrebt wird bzw. die erzielten Gewinne reinvestiert werden.

Die Neuregelung soll sowohl für gewinnorientierte als auch für gemeinnützige Bildungsanbieter gelten. Eine Sonderregelung für gemeinnützige Bildungsan-bieter ist nicht geplant.

PSP-Praxistipp

Im Rahmen der geplanten Neuregelung bleibt offen, was unter einer Bildungseinrichtung, die in ihrer „Gesamtheit darauf gerichtet ist“ Bildungsleistungen zu erbringen, zu verstehen ist. Zudem dürfte die geplante Unterscheidung zwischen Ausbildung und Fortbildung sowie die fortbestehende Abgrenzung von Bildungsleis-tungen und Leistungen, die der Freizeitgestaltung die-nen, (weiterhin) zu Rechtsunsicherheiten führen.

Anbieter von Bildungsleistungen sollten somit prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach Umsetzung der geplanten Neuregelung gege-ben sind und dies bei der Kalkulation zukünftiger Bildungsveranstaltungen und bei geplanten mit Vor-steuern belasteten Investitionen berücksichtigen.

Im PSP White Paper zur DSGVO gibt Datenschutz-Experte Dr. Axel-Michael Wagner anhand von konkreten Fallkonstellationen einen Überblick über Probleme und Herausforderungen bei der Anwendung der Datenschutz-grundverordnung in der Unternehmenspraxis.

Die aktuelle Version 4.0 des White Papers zur DSGVO beinhaltet 35 Praxisfälle und ist auf der Themenseite Datenschutz zum Download verfügbar: www.psp.eu/dsgvo

White Paper: DSGVOProblemfälle bei der Anwendung der DSGVO im UnternehmensumfeldAktuelle Version 4.0 verfügbar

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Seit der Einführung der Abgeltungsteuer in 2009 sind sämtliche Wertsteigerungen von Kapitalanlagen im Privatvermögen steuerpflichtig, Verluste wirken sich entsprechend steuermindernd aus. Zuvor waren Wertsteigerungen bzw. Wertminderungen nur dann steuerlich beachtlich, wenn sie innerhalb einer Spe-kulationsfrist von einem Jahr realisiert wurden. Die Einführung der Abgeltungsteuer ist mithin auch als Systemwechsel anzusehen, wonach im Privatvermö-gen nicht mehr lediglich die Ertragsebene (z. B. Zin-sen oder Dividenden), sondern auch realisierte Ände-rungen auf der Vermögensebene (Wertsteigerungen/-minderungen) der Besteuerung unterliegen.

Trotz des Systemwechsels sind nach Auffassung der Finanzverwaltung bestimmte Verluste, etwa aus dem Ausfall von privaten Darlehensforderungen, auch weiterhin steuerlich nicht anzuerkennen. Die Finanz-gerichtsbarkeit unter der Ägide des Bundesfinanzhofs (BFH) ist dieser Auffassung jedoch bereits in seinem Urteil vom 24.10.2017 entgegengetreten. Im bestrit-tenen Fall gewährte der Kläger ein verzinstes Darle-hen. Über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete die noch offene Forderung zur Insolvenzta-belle an und machte den Ausfall der Darlehensforde-rung als steuerlichen Verlust geltend. Das Finanzamt und das Finanzgericht versagten die steuerliche Anerkennung jedoch. Die Revision des Klägers hatte letztlich Erfolg. Der BFH erkannte den Verlust aus dem Darlehensausfall an, sofern endgültig feststeht, dass eine Rückzahlung nicht mehr erfolgen wird.

Der BFH begründete sein Urteil mit dem Systemwech-sel, wonach seit Einführung der Abgeltungsteuer auch realisierte Änderungen auf der Vermögensebe-ne steuerrelevant sind. Demnach ist auch eine Vermö-gensminderung einer privaten Darlehensforderung steuerlich anzuerkennen. Der endgültige Ausfall eines Privatdarlehens ist nach Auffassung des BFH einer Veräußerung gleichzustellen und führt daher zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust.

Im Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2019 reagiert der Gesetzgeber nun auf die Rechtsprechung des BFH. So soll gesetzlich normiert werden, dass der Ausfall einer privaten Kapitalforderung steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden kann. Um Umgehungs-geschäfte zu vermeiden, gelten auch die Übertragung bzw. die Veräußerung nicht werthaltiger Darlehen steuerlich als unbeachtlich. Die Gesetzesbegründung negiert die Rechtsprechung des BFH geradezu und führt wie selbstverständlich aus, dass die Trennung zwischen der steuerlich unbeachtlichen Vermögens- und der Ertragsebene auch weiterhin den zentralen Aspekt der Besteuerung von Kapitalerträgen darstelle. Es wären jedoch immer neue Finanzprodukte auf dem Markt erschienen, die steuerpflichtige laufende Erträ-ge (z. B. Zinsen oder Dividenden) zu Wertsteigerun-gen umwandeln würden. Bei Wertpapieren, die vor 2009 erworben wurden, konnten diese Wertsteigerun-gen mit Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei realisiert werden. Um sicherzustellen, dass durch diese Finanz-produkte die Besteuerung laufender Erträge nicht umgangen werden könnte, wären gemäß der Geset-zesbegründung sämtliche Veräußerungsgewinne seit Einführung der Abgeltungsteuer steuerpflichtig.

Diese Begründung des Gesetzgebers erscheint jedoch höchst fragwürdig und am Ziel einer möglichst umfas-senden Besteuerung ausgerichtet. An realisierten Wert-zuwächsen der Vermögensebene bei Kapitalanlagen partizipiert der Fiskus ausnahmslos, wohingegen reali-sierte Wertminderungen teilweise nicht geltend gemacht werden dürfen. Der Gesetzesentwurf ist damit ein weiteres Beispiel dafür, wie die Finanzver-waltung unliebsame Rechtsprechung per Gesetz in ihrem Sinne korrigiert. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzesentwurf in der derzeitigen Form verabschie-det wird. Gerne werden wir Sie über den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens informieren.

Neues zu Verlusten aus dem Ausfall privater Darlehen

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Stefan Wein ([email protected])

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Am 14.05.2019 hat der EuGH eine umfassende Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung statuiert, die Auswirkungen auf alle Unternehmen, die Arbeitneh-mer beschäftigen, haben wird.

Im Kern hat der EuGH entschieden, dass Arbeitge-ber dazu verpflichtet sind, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit aller Mitarbeiter (nicht nur mögliche Überstunden) vollumfänglich und lückenlos erfasst wird. Der EuGH unterscheidet inso-weit nicht zwischen Art und Umfang der Tätigkeit oder zwischen unterschiedlichen Hierarchiestufen der Mitarbeiter im Unternehmen, sondern erfasst mit seiner Vorgabe alle Beschäftigten.

Dieses Urteil hat (zunächst) keine unmittelbare Wir-kung für die deutschen Arbeitgeber, da es sich zunächst an die Mitgliedstaaten richtet. Der EuGH fordert die Mitgliedstaaten – mithin auch die deut-sche Bundesregierung – jedoch auf, alle erforderli-chen Vorkehrungen zu treffen, damit die Arbeitneh-mer die zulässigen Arbeitszeiten (max. 10 Stunden pro Tag) nicht überschreiten und die Mindestruhezei-ten (11 Stunden zwischen Arbeitsende und erneutem Tatigkeitsbeginn) und Obergrenzen der durchschnitt-lichen wöchentlichen Arbeitszeiten (48 Stunden) tat-sächlich eingehalten werden. Es obliegt damit den Mitgliedstaaten eine Rechtslage zu schaffen, mit welcher sie den Arbeitgeber verpflichten können, ein objektiv verlässliches und zugängliches Zeiterfas-sungssystem für jegliche Arbeitnehmer des Unterneh-mens einzurichten, das die täglich geleistete Arbeits-zeit sämtlicher Beschäftigen erfasst.

Bislang sieht das deutsche Gesetz lediglich die Ver-pflichtung des Arbeitgebers vor, die über die werk-tägliche Arbeitszeit (in der Regel 8 Stunden) des § 3 Satz 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit des Arbeit-nehmers aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der

Vertrauensarbeitszeit ade?Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 ArbZG eingewil-ligt haben. Dies bedeutet, dass letztendlich derzeit nur eine Verpflichtung zur Aufzeichnung von Über-stunden, aber nicht, wie nunmehr vom EuGH gefor-dert, sämtlicher Arbeitszeiten besteht. Der Gesetzge-ber ist somit zum Handeln gezwungen.

Die Entscheidung des EuGH trifft auf großes Unver-ständnis in der Wirtschaft sowie teilweise auch in der Fachliteratur, konterkariert diese doch gerade die Digitalisierung der Arbeitswelt von heute sowie die von den Mitarbeitern gewünschte Flexibilität. Errungenschaften wie Home Office, mobiles und flexibles Arbeiten oder Vertrauensarbeitszeit werden damit wohl nicht mehr oder nur mit erheblichem Aufwand administrierbar und es steht zu befürchten, dass Unternehmen diese unter dem Regime einer entsprechenden Sichtweise des EuGH deutlich weni-ger angeboten werden. Der nunmehr geforderte administrative Aufwand führt im Ergebnis zu einem „Überwachungsstaat”, was wiederum erhebliche Akzeptanzprobleme zur Folge haben dürfte. Damit fällt die dringend erforderliche Flexibilisierung wie-der einmal den Bürokratiebestrebungen aus Luxem-burg zum Opfer. Es bleibt abzuwarten, wie nunmehr der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des EuGH umsetzen wird. Erkennbar ist jedoch bereits jetzt, dass zunehmend ein stärkeres Gewicht auf die Auf-zeichnung und Einhaltung der Vorgaben des Arbeits-zeitgesetzes gelegt werden dürfte.

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Dr. Christoph Wallner ([email protected])

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ImpressumDer PSP-newsletter gibt die gesetzlichen Neuregelungen, Rechtsprechung und Finanzverwaltungsanweisungen nur auszugsweise wieder. Für etwaige Informationsfehler übernehmen wir keine Haftung. Die Inhalte der einzelnen Beiträge sind nicht zu dem Zweck erstellt, abschließende Informationen über bestimmte Themen bereitzustellen oder eine Beratung im Einzelfall ganz oder teilweise zu ersetzen. Hierfür steht Ihnen PSP auf Wunsch gerne zur Verfügung.

Redaktionelle Auswahl und Kontakt: Roland W. Graf ([email protected]) und Stefan Groß ([email protected]); Peters, Schönberger & Partner mbB, Schackstraße 2, 80539 München,Tel.: +49 89 38172-0, E-Mail: [email protected], Internet: www.psp.eu; Layout: So much better now Design

Im Rahmen unseres Beratungsangebotes an der Schnittstelle zwischen Steuerrecht und Informationstechnologie gewinnt das Thema elektronische Rechnung zunehmend an Bedeutung. In diesem Kontext wird seit Kurzem ein spezielles Format, die sog. XRechnung eingeführt, um den Rechnungsaustausch zwischen Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung („B2G“) zu digitalisieren. Das Problem: Bei der XRechnung handelt es sich um einen reinen Datensatz, der für das menschliche Auge nicht ohne Weiteres sichtbar und prüfbar ist.

Abhilfe soll der von PSP entwickelte Online-Viewer für XRechnungen schaffen, der es ermöglicht, valide XRechnungs-Datensätze mit nur einem Klick hochzuladen und sichtbar zu machen. Ergänzt wird der XRechnungs-Viewer durch zahlreiche praktische Zusatzinhalte wie der „Leitfaden XRechnung“ sowie weitere hilfreiche Informationen in Form von White Paper oder Webinar-Videoaufzeichnungen rund um die Themen GoBD, DSGVO, Tax Compliance und Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand.

Aktuelle PSP-WebinareMehr zu den Inhalten unserer Webinare erfahren Sie unter: www.psp.eu/webinareDort fi nden Sie auch die Videoaufzeichnungen zu vergangenen Webinaren.

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