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Gesunde Entwicklung für Unternehmen – Prävention, die sich lohnt præview für die Praxis Zeitschrift für innovative Arbeitsgestaltung und Prävention 10,- Euro | ISSN 2190-0485 Nr.1 | 2012
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Page 1: præview für die Praxis - zeitschrift-praeview.de€¦ · beim Employer Branding Sabine Nitsche Wer hat’s erfunden? Erfolgreiche Wiedereingliederung durch Case-Management in der

Gesunde Entwicklung für Unternehmen – Prävention, die sich lohnt

præview für die Praxis

Zeitschrift für innovative Arbeitsgestaltung und Prävention 10,- Euro | ISSN 2190-0485 Nr.1 | 2012

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gesund heitliche Risiken so individualisiertwerden, dass eine Verantwortungsüber-nahme für Erkrankungen durch die Betriebeoder durch die Institutionen des präven -tiven Arbeits- und Gesundheitsschutzesnicht mehr gewährleistet ist.

æ Zunehmend werden Hochleistungen vonMitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwartet,die ihre Kinder betreuen und ihre Elternpflegen.

æ Und all dies spitzt sich durch den demo -grafischen Wandel Jahr für Jahr für Unter-nehmen und Beschäftigte auch noch zu.

Angesichts dieser Herausforderungen gehört eszu unserer Pflicht, immer wieder auch Themendes Arbeitsschutzes, der Prävention und Gesund -heitsförderung auf die Agenda der præview zusetzen und immer wieder neu nachzudenkenüber die Erfolgsfaktoren eines modernen betrieb -lichen Gesundheitsmanagements, über neueFormen gesundheitsförderlicher betrieblicherOrganisation, über die Frage, wie besonderskleine und mittlere Unternehmen die gesund-heitlichen Ressourcen ihrer Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter angesichts dieser neuen He-rausforderungen durch salutogenetisch orien-tierte Konzepte stärken können.

Mit den Veränderungen der Arbeitswelt mussder präventive Arbeits- und Gesundheitsschutzpermanent Schritt halten, ihnen möglichst so-gar vorausgehen.

Darin steckt auch die Anforderung, Präventiondes Öfteren neu zu denken, anzupassen an ver-änderte Rahmenbedingungen in Betrieb undGesellschaft, auch wenn die mittlerweile be-währten Instrumente und Strategien weiter inden Unternehmen verankert werden müssen.

Dortmund, im Mai 2012

Rüdiger KlattHerausgeber

Die aktuellen Kennzahlen der Bundesrepublikim internationalen Vergleich bezeugen, dass diedeutschen Unternehmen ihre Leistungs- undWettbewerbsfähigkeit erheblich gesteigert ha-ben. In Sachen Produktionsrationalität, Inno-vationsfähigkeit und Dienstleistungseffektivitätstehen wir so gut da, dass selbst FrankreichDeutschland zum Vorbild nimmt. Unternehmenund Beschäftigte haben nach jahrelanger Glo-balisierung, Flexibilisierung und Dezentralisie-rung ein ohnehin schon recht leistungsfähigesSystem noch leistungsfähiger machen können.

Mehr Anerkennung und Wertschätzung für dasin den vergangenen Jahren geleistete kommtbei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern inden Unternehmen erst sehr langsam an, aberimmerhin zeigt der eine oder andere aktuelleLohnabschluss in diese Richtung.

Die „Erfolge“ der vergangenen Jahre habenpraktisch überall, aber auch und gerade in den„Hochleistungs- und Innovationstreiberbran-chen“ wie etwa im Bereich der Informations-technologien und -dienstleistungen nicht nurpositive Konsequenzen. Verschiedene Studienaus dem Kontext der BMBF-geförderten Arbeits -forschung haben herausstellen können, wiehoch das gesundheitliche Gefährdungspotenzialder neuen Arbeitswelt ist:

æ Psychische Belastungen, die sich zu Er -schöp fungszuständen aufkumulieren kön-nen, nehmen erhebliche Ausmaße an.

æ Neue Muster arbeitsbedingter Erkrankungengrassieren angesichts veränderter erwerbs-biografischer Verläufe, in der auch Brüchezur Normalität gehören.

æ „Freie“ Mitarbeiter und Selbstständige lebendauerhaft in Arbeitsformen, in denen

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Gesunde Arbeit fördern –eine Daueraufgabe

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inhalt

„Wenn mir alles über den Kopf wächst, muss ich zum Sport!“Mareen Koch über den Stellenwert von Gesundheit in ihrem Leben und ihrem Betrieb

Antonia von Fürstenberg, Babette Halbe-Haenschke

Personalentwicklung und gesundes Arbeiten in Arbeitgeberzusammenschlüssen

Veit Hannemann im Gespräch mit Thomas Hartmann und Andreas Petschik

Blickwinkel Krankenkasse Netzwerke für Betriebliches Gesundheitsmanagement sind der Pluspunkt

für kleine und mittlere Unternehmen Okyta A'Walelu

Gesundheitsmanagement als kompetitiver Arbeitgebervorteil beim Employer Branding

Sabine Nitsche

Wer hat’s erfunden? Erfolgreiche Wiedereingliederung durch Case-Management in der Schweiz

Hildegard Nibel, Severin Stadtmann

Krankheiten im Schatten des Burn-outHeute: Das Fed-up-Syndrom

Kurt-Georg Ciesinger

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Gesunde Arbeit fördern – eine DaueraufgabeRüdiger Klatt

Wertschätzung, Transparenz, Kontinuität Erfolgsfaktoren des Betrieblichen Gesundheitsmanagements

Franziska Cüppers

Führung – Ressource oder Belastung für den Mitarbeiter?Wie Führungskräfte die Gesundheit und Leistungsfähigkeit stärken können

Sabine Reszies

Lust auf den Weg zu mehr GesundheitMitarbeitermotivation als Voraussetzung erfolgreichen Gesundheitsmanagements

Babette Halbe-Haenschke

Salutogene Kommunikation in der Mitarbeiterführung Nährboden für ein gesundes Unternehmen

Antonia von Fürstenberg

Eine Frage des Stils Persönliches Energiemanagement am Arbeitsplatz

Susanne Langer, Peter Haas

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præview für die PraxisGesunde Entwicklung für Unternehmen

– Prävention, die sich lohnt

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Wertschätzung, Transparenz, KontinuitätErfolgsfaktoren des Betrieblichen Gesundheitsmanagements Franziska Cüppers

Die AutorinDipl.-Gesundheitswirtin Franziska Cüppers istGeschäftsführerin der c-amp Coaching-Agentur für Management und Prävention. IhreTätigkeitsfelder sind Seminare und Workshopszu gesundheitsrelevanten Themen, Beratungvon Unternehmen bei allen Fragen des Betrieb-lichen Gesundheitsmanagements und Beglei-tung von Gesundheitsmanagementprozessen. [email protected], www.c-amp.de

Unter Beachtung dieser Vorgaben wird Gesund-heitsmanagement eine lohnende Investition,die dem Unternehmen auf Dauer einen hohenNutzen stiftet. Absentismus wird vorgebeugt,also werden Fehlzeiten reduziert. Außerdemwird die Bindung an das Unternehmen gestärkt,besonders gute Fachkräfte bleiben im Unter-nehmen und lassen sich nicht abwerben. Ins-gesamt wird das Betriebsklima verbessert, wenndie Belegschaft motiviert zur Arbeit kommt. Al-les in allem werden das gesamte Image und dieAußenwirkung des Unternehmens aufgewertet.Wenn das kein Erfolgsfaktor ist!

LiteraturBAuA (2007). Mit Sicherheit mehr Gewinn – Wirtschaftlichkeitvon Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit, 3. Auflage. Baut-zen: Lausitzer Druck- und Verlagshaus.Kreis, J. & Bödeker, W. (2003). Gesundheitlicher und ökonomischerNutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention. Zu-sammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz. IGA-Report 3.Essen: BKK Bundesverband.Sockoll, I., Kramer, I. & Bödeker, W. (2008). Wirksamkeit und Nut-zen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention Zusam-menstellung der wissenschaftlichen Evidenz 2000 bis 2006. IGA-Report 13. Essen: BKK Bundesverband.geva-Institut (2009). Andere Länder, andere Sitten. Internat. Studiedes geva-instituts zeigt Unterschiede bei Arbeitszufriedenheit, Füh -rung und Motivation in 25 Ländern auf. geva Magazin, 8, S. 17.Matyssek, A. K. (2011). Wertschätzung im Betrieb. Impulse für einegesündere Unternehmenskultur. Norderstedt: Books on Demand.Badura, B. & Hehlmann, T (2003). Betriebliche Gesundheitspolitik.Der Weg zur gesunden Organisation. Berlin: Springer.

durchgeführt, ohne dass das Grundbedürfnisder Wertschätzung hinreichend erfüllt ist, wirddie Reaktion seitens der Belegschaft eher ab-lehnend sein. „Die wollen ja nur, dass wir nochlange für sie arbeiten können!“ ist ein häufigesStatement von Mitarbeitern, die sich auch auf-grund von Wertschätzungsdefiziten ihrem Un-ternehmen nicht wirklich zugehörig fühlen. Dies gilt im Übrigen auch für Einzelmaßnahmender Prävention und Gesundheitsförderung, diehin und wieder nach dem Gießkannenprinzipim Unternehmen angeboten werden. Von ein-maligen Aktionen ist also dringend abzuraten.Fehlt nämlich der Kontext, wird das Bemühenerst gar nicht ernst genommen.

Laut einer Umfrage des geva-Instituts 2009 hatnur die Hälfte der Arbeitnehmer das Gefühl,dass ihre Arbeit ausreichend wertgeschätzt wird.Eine mangelnde Wertschätzung kann in derFolge sogar zu höheren Fehlzeiten führen. Wererlebt, dass die Leistung, die erbracht wird, so-wieso nicht anerkannt und gewürdigt wird,bleibt eher mal zuhause! Echte Wertschätzungist ein menschliches Grundbedürfnis (Matyssek,2011). Dazu gehört auch ein gesundes Selbst-wertgefühl als Basis, um andere wertschätzenzu können.

Im Unternehmen bedingen sich Wertschätzungund Gesundheitsmanagement gegenseitig.Denn Wertschätzung erzeugt bei der Beleg-schaft die Bereitschaft, sich auf den Gesund-heitsmanagementprozess einzulassen. Weil dieBeschäftigten an die positive Absicht in diesemZusammenhang glauben, wird der Erfolg derMaßnahmen erhöht.

In Zeiten des immer schärfer werdenden globalen Wettbewerbs stehen Unternehmen vor

enormen Herausforderungen. Denn nicht mehr moderne Technik allein gilt als nachhal -

tiger Wettbewerbsvorteil, vielmehr sind gesunde, leistungsfähige Mitarbeiter die wich-

tigste Ressource innerhalb eines Unternehmens. Gerade auch vor dem Hintergrund der

demografischen Entwicklung gilt es, umfassend und sinnvoll in diese Ressource zu inves-

tieren. Dann erhält das Thema Gesundheit einen herausragenden Stellenwert innerhalb

der Unternehmensphilosophie, wird Teil der Unternehmenspolitik und trägt entscheidend

zu einer erfolgreichen Unternehmensentwicklung bei.

in Deutschland bei etwa 35 Milliarden € proJahr. Bereits im Jahre 2003 wurde mit der Ver-öffentlichung „Gesundheitlicher und ökono -mischer Nutzen betrieblicher Gesundheitsför-derung und Prävention“ (Kreis & Bödeker, 2003,in späteren Untersuchungen auch Sockoll, Kra-mer & Bödeker, 2008) der Beweis für die Wirk-samkeit betrieblicher Gesundheitsförderungs-maßnahmen erbracht. Ein umfassendes BGMgilt als geeignetes Instrument, um sowohl Ge-sundheitsrisiken als auch Krankheitskosten zusenken. Der Return on Investment liegt, die Ein-sparungen bei den Krankheitskosten betreffend,bei 1:2,3. Das heißt, jeder in die Gesundheit derBeschäftigten investierte Euro bewirkt Einspa-rungen bei den Krankheitskosten in einer durch-schnittlichen Höhe von 2,30 €. Im Hinblick aufdie Kostenersparnis durch verringerte Fehlzeitenliegt der Wert sogar bei beeindruckenden 1:10,1.Hinzu kommen die „weichen Faktoren“, wieMitar beiterzufriedenheit und Einschätzung desWohlbefindens am Arbeitsplatz, die ebenfalls vonentscheidender wirtschaftlicher Relevanz sind.

Wertschätzung – ein oft unterschätzterGesundheitsfaktorHat ein Unternehmen die Zeichen der Zeit er-kannt und wird im Hinblick auf die Gesund -erhaltung der Beschäftigten aktiv, gilt es dieUmsetzung von Anfang an als Gemeinschafts-aufgabe zu gestalten. In diesem Zusammenhangspielt die aufrichtige Wertschätzung der Füh-rungskräfte und Mitarbeiter eine herausragendeRolle. Wer sich innerhalb eines Unternehmensnicht angenommen fühlt, betrachtet gesund-heitsförderliche Maßnahmen eher skeptisch.Wird z. B. ein Gesundheitstag organisiert und

Zur konkreten Lage in DeutschlandDer Betriebsalltag vieler Unternehmen wirdmittlerweile massiv durch die drastischen Ver-änderungen der nationalen und internationalenMärkte bestimmt. Mehr denn je müssen Unter-nehmen dynamisch, flexibel und schnell aufVeränderungen reagieren, um am Markt mit-halten zu können. Dieser Wettbewerb wird be-gleitet von einer rapiden Entwicklung der In-formationstechnologie, enormen Veränderun-gen der Beschäftigungsverhältnisse und istgekennzeichnet durch ständigen Zeitdruck.Gleichzeitig ändert sich die Altersstruktur inden Unternehmen. Der Altersdurchschnitt derBeschäftigten steigt stetig an. Das bedeutet,dass die Fehlzeiten aufgrund längerer Erkran-kungsdauer steigen. Es ist zu erwarten, dass inden kommenden Jahren die Leistungsfähigkeitder Arbeitskräfte sinkt. Dennoch muss die Pro-duktivität, auch bei einem hohen Anteil ältererBeschäftigter, erhalten bleiben.Unter diesen Bedingungen ist es nicht verwun-derlich, wenn sich bei Führungskräften undMitar beitern zunehmend gesundheitliche Be-einträchtigungen bemerkbar machen. Um lang-fristig erfolgreich zu sein, ist ein Unternehmenaber auf eine physisch und psychisch gesundeBelegschaft angewiesen. Ohne einen aktivenEinsatz zur Verbesserung der Gesundheit unddes Wohlbefindens der gesamten Belegschaftlässt sich kaum eine positive Bilanz erzielen.

Die Fakten zur Wirtschaftlichkeit des Betrieblichen Gesundheitsmanagements(BGM)Konservativen Schätzungen (BAuA 2007) zufol -ge liegen die durch Fehlzeiten bedingten Kosten

Unter welchen Voraussetzungen ge-deiht BGM im Unternehmen?Es kann nicht oft genug darauf hingewiesenwerden, dass Gesundheitsmanagement einständig weiterzuentwickelnder Prozess inner-halb eines Unternehmens ist. Mit Fug und Rechtkann auch gesagt werden, dass Gesundheit einErfolgsfaktor für Unternehmen ist, zu dem BGMeindeutig als Schlüssel dient. Um schließlich dieFrüchte dieses Erfolges auch ernten zu können,muss der gesamte BGM-Prozess strukturiertaufgebaut und kontinuierlich transparent be-gleitet werden. Grundvoraussetzung ist dabei dievolle Unterstützung der Unternehmensleitungund des Top-Managements, in Kooperation mitdem Personal- oder Betriebsrat. Gesundheitsmanagement muss als integralerBestandteil der gesamten Unternehmenskulturverstanden werden. Alle Unternehmensbereichemüssen gleichermaßen in den Prozess einbe-zogen werden. Die oberste Führungsebene mussGesundheit als ein zielführendes Mittel zumUnternehmenserfolg anerkennen und entspre-chend kommunizieren. Transparenz währenddes gesamten Prozesses und aktive Mitarbeiter -betei ligung sind dabei unerlässlich. Orientiertman sich bei der Umsetzung an den Kernpro-zessen für BGM (Badura & Hehlmann, 2003),dann beginnt der Prozess mit der Ist-Ana lyse,der die Planung geeigneter Interventi onen folgt,die dann umgesetzt werden. Schließlich werdendiese evaluiert und der Prozess geht in dienächste Runde. Gesundheitsmanagement imUnternehmen wird kontinuierlich weiter geführt,so wird Nachhaltigkeit am besten gewährleis -tet. Als fester Bestandteil gehört das Thema Ge-sundheit deshalb ins Unternehmensleitbild.

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Notwendigkeit, sich mit der Mensch-Mensch-Schnittstelle auseinanderzusetzen. Das erforderteine ungleich höhere Anstrengung als etwa eineoptimierte Ergonomie oder einen besonderenLärmschutz an einer Produktionsanlage. Die Ge-staltung und Beeinflussung dieser Schnittstelleerfordert einen ganzheitlichen Zugriff auf dasUnternehmen, das den Ausführenden, den In-halt, die Organisation, die Führung und die Un-ternehmenskultur der Arbeit gleichermaßen alspotenzielle Risiken und Ressourcen für die Ge-sundheit der Beschäftigten versteht.

Welche Faktoren kennzeichnen eine gute Füh-rung? Anne K. Mattysek beschreibt sechs Dimen -sionen gesunder Führung:1. Anerkennung, Lob, Wertschätzung2. Interesse, Aufmerksamkeit, Kontakt3. Gesprächsführung, Einbeziehen, Kommunikation4. Transparenz, Offenheit, Durchschaubarkeit5. Betriebsklima, Stimmung6. Stressbewältigung, Belastungsabbau, Ressourcenaufbau1

Die ersten drei Dimensionen betreffen die Personder Führungskraft – also die Führung an sich.Die letzten drei Dimensionen nehmen eine ge-sundheitsförderliche Organisation als Ganzes inden Fokus. Führung und Organisation sind also wesentlicheBestandteile eines ganzheitlichen Gesundheits-managements, das nicht nur auf das Verhaltender Mitarbeiter abzielt, sondern auch die Ver-hältnisse und damit die Bedingungen, unter de-nen die Beschäftigten ihre Leistung erbringen,verbessern will.

durch Anerkennung und Lob durch die Füh-rungskraft mentale Unterstützung geboten wer-den. Auf diese Art kann sie für den Mitarbeiterzu einer psychosozialen Ressource werden undgegebene Belastungen abmildern.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass eine Per-son, die anderen Menschen Anerkennung, In-teresse und Wertschätzung entgegenbringensoll, unbedingt auch das eigene Wohlbefindenim Blick behalten sollte. Eine gestresste undschmerzgeplagte Führungskraft kann sich nichthinreichend um die Mitarbeiter kümmern undsie mit den notwendigen Ressourcen für dieLeis tungserbringung ausstatten.

Während bis vor kurzem noch die Mensch-Ma-schine-Schnittstelle im Fokus von Arbeits- undGesundheitsschutz in Unternehmen stand, zei-gen die zunehmenden psychischen Beschwer-den und Erkrankungen der Beschäftigten die

Führung – Ressource oder Belastung für den Mitarbeiter?

wie der physikalischen Ausstattung des Ar beits -platzes und der Umgebung, gestaltet der Chefdie weichen Faktoren, wie Beziehungen, Ent-scheidungsspielräume, die Kultur im Unterneh-men und die Weiterentwicklung der Mitarbeiter.Sind diese Punkte für den Beschäftigten stim-mig und erhält er die von ihm erwartete sozialeUnterstützung, dann wird das Belastungsemp-finden des Mitarbeiters erheblich reduziert undsein Wohlbefinden gestärkt (s. Abb.).

Die Führungskraft ist also eine Arbeitsbedin-gung, die krank machen oder aber auch eineQuelle für eine bessere Arbeitsfähigkeit des Mit-arbeiters sein kann.

Dabei lassen sich die Belastungen einer Tätigkeitnur bedingt durch die Führungskraft ändern.So können unfreundliche Kunden bei einer Call-centertätigkeit nicht vermieden werden, wohlaber der Umgang mit ihnen trainiert oder aber

Arbeitnehmer verbringen normalerweise dengrößten Teil der Zeit, in der sie wach sind, aufder Arbeit, also mit den Kolleginnen und Kolle-gen und als Angestellte natürlich auch mit demChef bzw. der Chefin. Sie werden durch dieseMenschen beeinflusst und geprägt. Insbeson-dere das Verhalten der Führungskraft und diedadurch verursachte Stimmung wirken auf dasWohlbefinden des Mitarbeiters zum Teil bis indas Privatleben hinein. Ein gutes Klima im Jobist damit ein erster Schutzfaktor für den Erhaltder Gesundheit und damit der Arbeitsfähigkeitder Beschäftigten.

Es liegt auf der Hand: Von einem übellaunigenFührungsekel werden mehr Menschen krank alsz. B. durch falsche Beleuchtung des Arbeits -platzes. Führungskräfte gestalten die Rahmen-bedingungen, innerhalb derer die Beschäftigtenihre Leistung erbringen sollen, können und imbesten Fall wollen. Neben den harten Faktoren,

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Folgende Fragen sollten dabei betrachtet wer-den:1. Passt die Arbeitsaufgabe zu dieser/diesem

Beschäftigten, ist er ausreichend qualifiziert,kann die Aufgabe anspruchsvoller sein undkönnen Entwicklungsmöglichkeiten ange -boten werden? Hierbei geht es auch um dieerkennbare Sinnhaftigkeit der Aufgabe unddie Anerkennung/Wertschätzung durch Kun-den und/oder Vorgesetzte.

2. Passen die Werkzeuge, Hilfsmittel und Me-thoden zu den Aufgaben? Lassen sie sich ein-fach und fehlerfrei bedienen? Einen großenThemenkomplex bildet in diesem Punkt dieHard- und Softwareausstattung des Arbeits-platzes, die eine häufige Quelle für Fehlerund Arbeitsunterbrechungen darstellt.

3. Sind die Zuständigkeiten und Kompeten zenklar definiert und so die Basis für eine gesun -de Kommunikation im Unternehmen gelegt?Gibt es eine das Wohlbefinden fördernde Un-ternehmenskultur und Führungskräfte, dienicht nur die Funktion und die Leistung derMitarbeiter, sondern die ganze Person inihrer Individualität sehen? Hierbei geht esum die Entwicklung kooperationsförderlicherStrukturen und die Schaffung eines offenenBetriebsklimas. Beziehungsprobleme, die zuBurnout, Frustration und innerer Kündigungführen, schlagen sich unter dem Strich inharten Zahlen nieder.

In Arbeitszufriedenheitsuntersuchungen derVer gangenheit konnte herausgestellt werden,dass das Wohlbefinden der Beschäftigten in den

Mitarbeiter fühltsich herausgefordert

und motiviert

Mitarbeiter rea-giert mit seinenindividuellen Eigenschaften, Bewältigungs -strategien und seiner Gesund-heitskompetenz

Beanspruchungsfolgenunmittelbar• Aktivierung• Herausforderung

Positive Beanspruchung

Beanspruchung

Mitarbeiter fühlt sichüber- bzw. unterfordert

Negative Beanspruchung

Belastung/Beanspruchung (Quelle: Simon, Heger & Reszies 2011, S. 32)

Beanspruchungsfolgenunmittelbar• Monotonie• Ermüdung• Psychische Sättigung• Stress

Beanspruchungsfolgenlangfristig• Gesundheitliche

Beeinträchtigungen• Leistungsminderung• Krankheit

Beanspruchungsfolgenlangfristig• Trainingseffekt• Lerneffekt

+

positive und negative Einflussfaktoren = Belastungen

organisationaleRahmen-bedingungen

-

kleinen und mittleren Betrieben höher ist als ingroßen Unternehmen. Als Ursache hierfür konn -te die fast typische Unternehmenskultur dieserBetriebsgrößenklasse identifiziert werden. Oftgibt es zwischen Chef und Belegschaft eine per-sönlichere Umgangsweise, der Führungsstil istpersonal, der Person wird Vorrang vor der Or-ganisation gegeben und die Arbeit weist einerelativ große Selbstständigkeit auf. Außerdemwird der Lebenswelt der Beschäftigten oftmalsein größeres Verständnis entgegengebracht,etwa wenn es um die Kinderbetreuung geht(vgl. Kotthoff & Reindl, 1990, S. 354-393). ImGegensatz zur Anonymität des Großbetriebeslassen sich in einem solchen Arbeits- und Sozi-almilieu Belastungen offenbar leichter ertragen,was die geringere Anzahl der Fehlzeiten in klei-neren und mittleren Unternehmen zu belegenscheint.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wan-dels und des daraus resultierenden Mangels anjungen Fachkräften wird die Kompetenz einesUnternehmens, die Gesundheit seiner Mitarbei-ter zu erhalten und zu fördern, zunehmend überdie Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmensentscheiden. Das gelingt nur, wenn Gesundheitals Führungsaufgabe wahrgenommen, als einWert der Unternehmenskultur verstanden undzu einem integrativen Bestandteil des Manage-ments wird.

LiteraturKotthoff, H. & Reindl, J. (1990). Die soziale Welt kleiner Betriebe.Wirtschaften, Arbeiten und Leben im mittelständischen Indus-triebetrieb. Göttingen: Otto-Schwartz-Verlag.Simon, D., Heger, G. & Reszies, S. (2011). Praxishandbuch Be-triebliche Gesundheitsförderung. Stuttgart: Kohlhammer.

1 Quelle: Anne K. Mattysek (http://www.ergo-online.de/site.aspx?url=html/arbeitsorganisation/fuehrung/gesunde_fuehrung.htm,Zugriff am 02.02.2012)

Die AutorinDr. oec. Sabine Reszies ist Inhaberin der FirmaPro Salus – Consulting für gesunde Unter -nehmen. Sie beschäftigt sich seit Jahren mitder Erforschung und Erprobung von innovati-ven Modellen zum Betrieblichen Gesundheits-management in kleinen und mittleren Unter-nehmen und arbeitet aktuell gemeinsam mitder HTW Berlin, der KKH-Allianz und der VBG,an einem Projekt zur Entwicklung von Netz-werkstrukturen für Betriebliches Gesundheits-management im Land [email protected]

Wie Führungskräfte die Gesundheit und Leistungsfähigkeit stärken könnenSabine Reszies

Mitarbeiter

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Abläufe optimiert werden, müssen Transparenz,Respekt und Anerkennung die Unternehmens-kultur prägen, muss sich schließlich auch derChef auf den Weg machen. Erfolgreich ist einebetriebliche Gesundheitsförderung dann, wennjeder Einzelne neue Gewohnheiten, Abläufe,Einstellungen und Verhaltensweisen in seineLebenswelt aufnimmt. In die Welt, die überallist. Am Arbeitsplatz, zu Hause oder sonst wo.Über all dort, wo er gern gesund ist.

11præview Nr. 1 | 201210

Das Angebot von sogenannten Gesundheits -seminaren und Workshops für und gegen alles,was die Meisten im Alltag manchmal mitschlech tem Gewissen, aber trotzdem gern tun,löst traditionelle Fortbildungsmaßnahmen inden Betrieben ab. Der Beschäftigte wird einge-laden: Besser essen, mehr bewegen, nicht rau-chen, weniger trinken, Stress kompensieren, Er-holung optimieren und so weiter. Geplant undveranlasst werden diese Seminare von der Un-ternehmensführung, der man – nach Ansichtvie ler Mitarbeiter – zwar im Job gehorcht, diedoch aber im Privatleben nichts zu suchen hat.

Jetzt will der Chef auch noch, dass man gesundist. Für viele Beschäftigte geht das einen Schrittzu weit. Vor allem dann, wenn sie die Frage derVerantwortlichkeit für Gesundheit selbst nichtgeklärt haben. Noch immer macht ein Großteilaller Beschäftigten eher Lebensumstände alsLe bensgewohnheiten für ihr Wohlbefinden ver-antwortlich. Sie fordern Verbesserungen amArbeits platz, wenn es um betriebliche Gesund-heitsförderung geht. Änderungen gesundheits-feindlicher Lebensgewohnheiten rücken dage-gen eher weniger ins Blickfeld des Einzelnen.Das ist verständlich, werden Entscheidungendoch vor allem nach dem Lust-Schmerz-Prin -zip getroffen: Wir tun, was Lust verspricht undlassen, was Schmerz bewirkt. Und solange ge -glaubt wird, gesund sein sei eine Aufgabe, derenBewältigung mühsam ist, macht sich keiner auf.Aber: „Nicht weil es schwer ist, wagen wir esnicht. Weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“(Seneca)

Genau hier kann Mitarbeitermotivation anset-zen. Wenn es gelingt, Lust auf den Weg zu mehrGesundheit zu wecken, können Ziele erreichtwerden. Die Ziele der Geschäftsführung sindda bei vorrangig erhöhte Leistungsbereitschaftund Leistungsfähigkeit, Senkung der Fehlzeiten,höhere Produktivität und Qualität sowie bessereKommunikation und Kooperation im Sinne eineshohen Commitment. Darauf hat der Chef einenAnspruch, das sollte der Mitarbeiter verstehen.Aber muss der Beschäftigte auf seinem gesun-

Die AutorinBabette Halbe-Haenschke ist Inhaberin undGeschäfts leiterin der Gea-Gesundheits -management GbR. Als Gesundheitslehrerin,Motivationstrainerin und Coach entwickelt sieganz heit liche Konzepte und Maßnahmen desbetrieblichen Gesundheitsmanagements inUnternehmen und öffentlichen Einrichtungen.b.halbe@gea-gesundheitsmanagement.dewww.gea-gesundheitsmanagement.de

Lust auf den Weg zu mehr GesundheitMitarbeitermotivation als Voraussetzung eines erfolgreichen GesundheitsmanagementsBabette Halbe-Haenschke

den Weg dieselben Ziele haben? Nein. Jedenfallsnicht nur. Den gesünderen Weg wird der Mit-arbeiter nicht gehen, wenn der Lohn nur diegenannten Ziele des Betriebes sind. Interessantwird es für ihn, wenn er einen ureigenen Zuge-winn erahnt. Nun kann der Bogen gespanntwerden von der ersten Maßnahme im Rahmendes betrieblichen Gesundheitsmanagements bishin zu einem Leben, das man gern lebt – aucham Arbeitsplatz.

Weil Gesundheit in den meisten Unternehmenkeine Tradition hat, muss zunächst Vertrauengeschaffen werden, muss informiert und sensi -bi lisiert werden. Der Appell an die Fürsorge-oder besser Informationspflicht der Verant -wortlichen lautet dementsprechend: Veranstal-tungen, die den Blick auf Aspekte gesündererLebensweisen schärfen wollen, sollten möglichstwährend der Arbeitszeit und verpflichtend an-geboten werden. Dies ist übrigens auch ein Zei-chen der Wertschätzung dem Mitarbeiter ge-genüber. Die Programme sollten finanziell zumGroßteil auch vom Unternehmen getragen wer-den, zumal die Krankenkassen oft unterstützen.Die Hürde, Programme zu erleben, darf nichthoch sein und der Chef kann seinem Team beimSprung helfen. Man muss ihm glauben können,dass er sich für seinen Mitarbeiter als Leistungs-träger und als Mensch interessiert.

Es muss erkennbar sein, dass betriebliche Ge-sundheitsförderung dem Einzelnen als Teil desUnternehmens und als Privatperson zugutekommt. Und wenn Gesundheitstage, Informa-tionsveranstaltungen etc. neben Fachwissenauch Vergnügen bieten und die Idee wecken,dass Gesundheit nicht mit Verzicht, sondernmit Zugewinn und Spaß am Leben zu tun hat,geht vielleicht so mancher an den Start. Um sichdann auch auf den Weg zu machen, braucht erAusstattung, Strategie und Richtlinien. Er mussbegreifen, entscheiden und schließlich ma-chen.

Wissen allein führt nur selten zu neuem Ver-halten. Spannend wird die durch das Unterneh-

men angebotene Information für den Beschäf-tigten dann, wenn er eine Verbindung zu sichherstellen kann, kognitiv und emotional. Nur,wenn er einen Zusammenhang erkennt undspürt, wird er die Information als für ihn be -deutsam erkennen. Dann wird ihm klar sein,dass die im Unternehmen geplanten Maßnah-men allgemein mehr Lebensqualität verspre-chen. Der Mitarbeiter entwickelt eine Vorstel-lung von Folgen möglicher Verhaltensänderungund fühlt sich wohl. Er wird begreifen und diefür ihn richtigen Schlüsse ziehen.

Immer entscheidet Gegenwart über Zukunft.Im Job wie privat. Hier geht es um Verantwor-tung, Macht, Kompetenz und Handlungsfä -higkeit. Die Geschäftsleitung verantwortet dieEtablierung des Gesundheitsmanagements, istbemächtigt, Maßnahmen zu planen, verfügtüber eigene Kompetenzen oder kooperiert undwird somit handlungsfähig. Für den Beschäftig -ten bedeutet Verantwortung, sich seines eige-nen Einflusses auf die gesundheitliche Zukunftbewusst zu sein. Er hat die Macht, aufgrundder durch Infoveranstaltungen erworbenenKompetenz den richtigen Schluss zu ziehen: Erweiß, er muss x tun, um y zu errei chen. Er wirdsich entscheiden und sich auf y freuen.

Natürlich werden Entscheidungen erst in derUm setzung bedeutsam. Die Auswahl qualifizier -ter und motivierender Programme obliegt denVerantwortlichen bzw. dem Team des betriebli-chen Gesundheitsmanagements. Eine Beteili-gung der Beschäftigten an Organisa tion undDurchführung der Maßnahmen erhöht ganz si-cher das Maß der gelingenden Umsetzung. Ge-meinsam kann aus Erfahrungen an derer gelerntwerden, können Vorgesetzte und Kollegen alsVorbild agieren und inspirieren. Hier geht es umdie Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis.Jetzt wird gehandelt, Verhalten geändert. DerMitarbeiter wird gern neue Wege gehen. Er wirddas Richtige machen und seine Chance nutzen.Und wenn der Mitarbeiter realisiert, dass dasDrehen an eigenen Rädchen zu Veränderungenführt, darf er getrost erwarten, dass auch dieGeschäftsführung am Rad dreht.

Neben Maßnahmen der Verhaltenspräventionfür Fach- und Führungskräfte müssen im Rah-men der Verhältnisprävention Arbeitsplätze und

Stellen Sie sich vor, da gibt es einen Weg zu Gesundheit – und keiner

geht ihn. Weil er das Ziel nicht sieht. Weil er von Menschen an den Start

geschickt wird, für die er eh schon dauernd rennt.

Die Hürde, Gesundheitsprogramme

zu erleben, darf nicht zu hoch sein

und der Chef kann seinem

Team beim Sprung helfen.

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Die salutogene Kommunikation setzt diesemProzess der Selbst- und Mitarbeiterausbeutungetwas entgegen: Vertrauen und Wertschätzungstatt schleichender Klimavergiftung durch Zy-nismus und Intrigen, offene Kommunikationund Ressourcenorientierung statt Informati-onsdefizite und Fehlerhäufungen. Gerade kleineund mittlere Unternehmen haben die Chance,flexibel und schnell zu reagieren, wenn es umdie Gesundheit und um die Zukunftsfähigkeitihres Unternehmens geht. Die Hierarchien sindflach, man kennt sich persönlich und weiß umdie gegenseitigen Abhängigkeiten. Doch Wissen

und tatsächliches Verhalten am Arbeitsplatzsind nicht immer kongruent.

Die Grundlage, andere zu führen, ist die Fähig-keit, sich selbst zu führen. Wer seinem innerenAntreiber gehorcht, immer mehr leisten zu müs-sen, wer sich keine Pause gönnt, wer Familieund Freunde zugunsten der Arbeit vernach -lässigt, der wird nicht nur sich, sondern auchandere anstacheln und in den Burnout „führen“.Wahrzunehmen, wie die eigene Gesundheit undVitalität unterstützt werden kann, hält auch dasUnternehmen gesund und vital.

Doch wie entsteht Gesundheit? Wie kann einegesundheitsfördernde Kultur im Unternehmenetabliert werden, die die Employability der äl-teren Mitarbeiter und die Attraktivität des Un-ternehmens für junge qualifizierte Einsteigererhöht? Salutogenese ist die Wissenschaft von der „Ent-stehung von Gesundheit“. Gesundheit wird alsein Prozess verstanden, den jeder Mensch selbstmitgestalten kann. Das salutogene Modell wur -de von dem Medizinsoziologen Aaron Antonov-sky in den 1970er Jahren entwickelt. Es gründetauf Studienergebnissen, dass Menschen, die den

rausforderungen, Fortbildungen und zuneh-mend Führungsaufgaben.

Durch das Training in salutogener Gesprächs-führung können Führungskräfte die Selbstwahr-nehmung der Mitarbeiter verfeinern und aufdas Erleben von „Stimmigkeit“ in der Kommu-nikation mit sich und anderen ausrichten. DieMitarbeiter lernen, ihre Motivation zur Annä-herung an attraktive berufliche Ziele zu defi-nieren und Wunschlösungen zu formulieren,anstatt innerlich zu kündigen. Ressourcen wer-den entdeckt, wertgeschätzt und weiterentwi-ckelt, Schwächen in einen anderen Rahmen ge-setzt und als Stärken erkannt. So kann ein Mit-arbeiter, der als „Bedenkenträger“ gilt, im Teamdie wichtige Aufgabe übernehmen, ein Projektin allen Stadien auf seine praktische Anwend-barkeit und Finanzierbarkeit zu prüfen. Die „ver-rückten“ Kreativen treffen auf Führungskräfte,die im Ungewöhnlichen die Chance zur Inno-vation erkennen. Die Integration der unter-schiedlichen Kompetenzen schafft Vertrauenund Leistungsanreize.Die Mitarbeiter identifizieren sich mit dem Un-ternehmen und arbeiten gemeinsam an der Er-reichung der Unternehmensziele. Sie ziehen Bi-lanz, lernen aus Erfahrungen und äußern Ver-änderungswünsche. Wenn Führungskräfte dieseVeränderungsvorschläge ernst nehmen und indie Arbeitsabläufe und -vorgaben integrieren,bleibt ein Unternehmen gesund, weil es sich anunterschiedliche Umweltbedingungen anpas -sen kann. Produktivität, Flexibilität und Kreati-vität erhöhen sich und der Krankenstand sinkt,wenn die Mitarbeiter das Gefühl haben, aner-kannt und gefördert zu werden und ihre Arbeitihnen Sinn macht. Die Wahrscheinlichkeit, eineAufgabe erfolgreich umsetzen zu können unddie Motivation, Neues in Angriff zu nehmen,steigt mit der Überzeugung, selbstwirksam zusein. Mitarbeiter, die sich nichts mehr zutrauen,weil sie sich ständig kontrolliert und unter Druckgesetzt fühlen, werden krank und verweigerndie Leistung.

Es zahlt sich aus, wenn Führungskräfte sensibelfür das eigene Wohlbefinden und die eigenenEinstellungen werden. In der chinesischen Phi-losophie zeichnet sich ein Herrscher durch Of-fenheit, Ausgeglichenheit und Fairness aus. Erfördert und fordert Leistung aus diesem Geiste.

Auch in der salutogenen Kommunikation isteine solche Haltung Voraussetzung für das „Ver-bunden gesunden“, das als Maxime postuliertwird. Wenn die Interessen des Unternehmensauch die Interessen der Mitarbeiter sein sollen,bedeutet das eine Orientierung weg vom neo-liberalen Nützlichkeitsdenken, das Menschen in„Leistungsträger“ und „Schmarotzer“ unterteilt. Gerade Führungskräfte in kleinen und mittlerenUnternehmen können die Werte einer Subsi-diaritätskultur, die Fähigkeiten und Eigenver-antwortung des Einzelnen fördert, aber auchindividuelle Defizite mitträgt, mit neuem Lebenfüllen. Wenn sie ihre Mitarbeiter nicht nur alsbezahlte Leistungserbringer begreifen, sondernals für das Gedeihen des Unternehmens mit-verantwortliche Partner, ist das ein guter Nähr-boden für die Gewinnung von Fachkräften wieder allein erziehenden Produktdesignerin, demälteren Controller oder der Ideen sprühendenHochschulabsolventin, die sich langfristig andas Unternehmen binden und sich mit diesemgesund entwickeln wollen.

LiteraturAntonovsky, A. (1997). Salutogenese. Zur Entmystifizierung derGesundheit. Tübingen: DGVT.Petzold, T.D. (2010). Praxisbuch Salutogenese: Warum Gesundheitansteckend ist. München: Südwest Verlag.Grossarth-Maticek , R. (2002). Selbstregulation, Autonomie undGesundheit. Berlin: de Gruyter.

Die Autorin Antonia von Fürstenberg kommt vom Theaterund ist Kommunikationstrainerin mit demSchwerpunkt Salutogenese. Sie hat an der Uni -versität der Künste und an der Evange lischenHochschule Berlin als Dozentin ge arbeitet. Für Unternehmen entwickelt sie Konzepte undTheaterprojekte, um die salutogene Kommuni-kation und die Corporate Identity zu stärken.www.antonia-von-fuerstenberg.dewww.gesundheitfoerdern.eu

extremen Bedingungen eines KZ ausgesetztware n, überlebten und später gesund blieben,wenn sie ihr Leben als verstehbar, handhabbarund bedeutsam empfanden. Antonovsky nanntediese Fähigkeit von Menschen, sich trotz widri-ger Umstände selbst zu regulieren, Sense of Co-herence (SOC) und machte es zur Grundlageseiner Forschungen.

Demnach ist das Kohärenzgefühl „eine globaleOrientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaßman ein durchdringendes, andauerndes unddennoch dynamisches Gefühl des Vertrauenshat, dass1. die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens

aus der inneren und äusseren Umgebung er-geben, strukturiert, vorhersehbar und erklär-bar sind,

2. einem die Ressourcen zur Verfügung stehen,um den Anforderungen, die diese Stimuli stel-len, zu begegnen,

3. die Anforderungen Herausforderungen sind,die Anstrengung und Engagement lohnen.“(Antonovsky 1997, S. 36).

Der Arzt Theodor Dierk Petzold entwickelte ausdiesem Modell, den gesundheitswissenschaft-lichen Forschungen des Medizinsoziologen Ro-nald Grossarth-Maticek (2002) und neuestenneurobiologischen Erkenntnissen die „saluto-gene Kommunikation“ (SalKom®, Petzold 2010).Diese Gesprächsführungsmethode, die ursprüng -lich die Arzt-Patient-Beziehung verbessern unddie Selbstheilungsfähigkeiten der Patientenstärken sollte, wird mittlerweile mit Erfolg insozialen Einrichtungen und in Unternehmeneingesetzt. Das Kommunikationstraining unterscheidet sichvon anderen, weil es sich konsequent auf positivbesetzte Ziele ausrichtet und die individuellenRessourcen und Motivationen stärkt, um sie zuerreichen. Für die Mitarbeiterführung heißt das,dass die Führungskraft im Gespräch mit demMitarbeiter herausfindet, was in beruflicher Hin-sicht „gut tut“. Das kann für den Einen genü-gend Freizeit für Familie, Sport und Hobby seinund Arbeitszeitkonten wären für ihn attraktiv.Die Andere braucht einen Freiraum für ihreKreativität und möchte Teile ihrer Arbeitszeitzu Hause oder in der Bibliothek verbringen. DerDritte will viel Geld verdienen, um sich Kind-heitsträume zu verwirklichen. Er braucht He-

In kleineren und mittleren Unternehmen stehen Führungskräfte unter hohem Druck, wenn das Unter -

nehmen viele Aufträge hat und die Deadlines sich häufen. Fallen jetzt Mitarbeiter durch Krankheit

aus, verzögern sich Lieferungen und drängen die Kunden, wird der Druck von oben nach unten weiter -

gegeben. Die Führungskräfte schrauben die Ansprüche, was Arbeitszeit und -volumen betrifft, für sich

und die verbleibenden Mitarbeiter höher und höher. Doch Dauerstress erzeugt nur kurzfristig mehr

Leistung. Langfristig droht der Burnout, der das ganze Unternehmens system bedrohen kann.

Salutogene Kommunikation in der MitarbeiterführungNährboden für ein gesundes UnternehmenAntonia von Fürstenberg

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Viele Dinge am Arbeitsplatz können wir nurweni g beeinflussen. Es werden bestimmte Leis-tungen erwartet, wir müssen mit bestimmtenMenschen im Umfeld klarkommen und vieleStrukturen und Abläufe sind vorgegeben. Wirtun unser Bestes, um allem gerecht zu werden.So sind wir daran gewöhnt, mehr auf äußereFaktoren zu achten als auf unseren inneren Mo-tor. Doch auch der leistungsfähigste Motorbraucht eine bestimmte Wartung. Der einebraucht regelmäßigen Ölwechsel, der anderemehr Kühlwasser. Energiemanagement am Arbeitsplatz befasstsich mit der Frage: Wie läuft Ihr Motor rund?Das Wissen um verschiedene Temperamenteund Präferenzen ist das Schmieröl, das für dieLeichtgängigkeit sorgt.

Kleine und mittlere Unternehmen habenoft eine starke ArbeitskulturWenn Menschen eng und lange zusammenar-beiten, wie es gerade in kleinen Unternehmender Fall ist, dann entsteht ein gemeinsamer Ar-beitsstil. In einigen Fällen ist das sehr hilfreich,in anderen Fällen nicht: Manchmal kommt es,um im Bild zu bleiben, zu Routineölwechseln, dieder Einzelne nicht braucht, während sein Kühl -wasserpegel in den kritischen Bereich rutscht. Arbeitsaufgaben bestehen oft aus vier Teilauf-gaben. Jede dieser vier Teilaufgaben kann in zweiverschiedenen Stilen umgesetzt werden:

1. Kontaktaufnahme: Wie komme ich zu meinerAufgabe? Außenorientierung oder Innen ori -en tierung!

2. Informationsbeschaffung: Was muss ich wis-sen und wo finde ich es? Details oder Visio-nen!

3. Entscheidungen: Wo setze ich bei der Lösungdie Prioritäten? Faktenorientiert oder Per so -nenorientiert!

4. Umsetzung: Wie gehe ich vor, um die Lösungin die Tat umzusetzen? Planvoll oder spontan!

Wir haben gelernt, flexibel nach Situation zuent scheiden, was angemessen ist. Dadurch ha-ben wir eine große Bandbreite an Kompetenzen

zur Verfügung, die es uns erlaubt, mal ins Detailzu gehen und mal das große Ganze zu betrach-ten, mal eine enge Planung aufzustellen undmal flexibel den Plan zu ändern. Wir brauchenund können beides. Doch auf unseren Motorhaben die Stile eine unterschiedliche Wirkung.Bei den meisten Menschen gibt es einen Stil,der ihrem Temperament entgegenkommt. Wennsie gemäß diesem Stil arbeiten, dann tankensie Energie. Wenn sie in dem anderen Stil ar-beiten (und dort oft hervorragende Ergebnisseerzielen), brauchen sie mehr Energie. Hat sichin einem Team erst einmal ein Stil gefestigt,dann fällt es den meisten Menschen schwer, sichnach ihren eigenen Arbeitsstilen zu richten.

Fall 1: Mehr Power in der KundenanspracheEin technisches Unternehmen für Spezialche-mikalien mit zehn Mitarbeitern hat schon etli-che Preise gewonnen durch seine innovativeund strukturierte Bearbeitung von individuellenKundenwünschen. Die Mitarbeiter rufen regel-mäßig Kunden und Interessenten an, um neueProdukte vorzustellen und sich nach der Kun-denzufriedenheit zu erkundigen. Jeder erfülltdiese Aufgaben, doch die Mitarbeiter stelltenfest, dass gerade diese Telefonate eine großeBelastung sind. In einem Workshop suchen sienach neuen Wegen, um mit mehr Energie andiese Aufgaben zu gehen.In dem Workshop wurden alle Kundenaktivitä-ten von der Kaltakquise über Fachgespräche vorOrt bis zur Präsentation beim Kunden nach denfolgenden Fragen in vier Felder eingeteilt: Wasfunktioniert gut, was hat nicht so viel gebracht?Was mache ich davon richtig gern und washemmt mich eher in meinem Energiefluss?Es stellte sich heraus, dass die Mitarbeiter sehrerfolgreiche Gespräche mit ihren Kunden führ-ten, wenn Kunden ihnen von sich aus ein Pro-blem schilderten. Es gelang dann oft, den Kun-den von den Produkten der Firma zu überzeugen.Diese Gespräche machten den Mitarbeitern vielSpaß. Umgekehrt waren die Kaltakquisegesprä-che in der Regel ohne Ergebnis und kostetendie Mitarbeiter viel Überwindung und Nerven.

Im Vergleich der beiden Situationen berichtetendie Mitarbeiter, dass sie gern anderen mit tech-nischen Fragen zuhören, aber nicht von sichaus eine Lösung anpreisen wollten. An dieser Stelle stellten wir als externe Trainerdas Modell der temperamentabhängigen Ar-beitsstile vor. Die Mitarbeiter konnten sich selbsteinschätzen, welcher Stil ihnen eher entgegen-kommt. Wichtig ist, dass es nicht darum geht,was jemand gut kann oder nicht, sondern da-rum, was ihm oder ihr leicht fällt. Anschließend überlegten wir, wie wir die Stärkedes Zuhörens (eine Energiequelle für innen -orientierte Personen) in den Erstakquisegesprä-chen nutzen können. Die Idee, auch in diesenSituationen eher Fragen zu stellen und Pausenim Gespräch zu machen, um dem anderen bes-ser zuzuhören, wurde gern aufgegriffen. DasEnergielevel der Beteiligten bei der Aussicht aufdie nächsten Telefonate war spürbar gestiegen.

Fall 2: Nie wird meine Leistung anerkannt!Fabian Halke (Name geändert) liebt die Heraus-forderungen in seinem Job als Produktmanagereines pharmazeutischen Unternehmens. In Ge-sprächen mit schwierigen Kunden findet er ein-fühlsam und kreativ Lösungen. Neue Wege derPatientenkommunikation über soziale Mediensind sein Spezialgebiet. Doch in letzter Zeit fühlter sich zunehmend unwohl, weil sein Einsatzvon seinem Chef und auch von Kollegen nichtrichtig anerkannt wird.Mangelnde Wertschätzung ist einer der Haupt-energiekiller an vielen Arbeitsplätzen. DochSchuld ist oft nicht zu wenig Wertschätzung,sondern verschiedene Auffassungen davon, wiesie aussehen soll. Personenorientierte Entschei-der wollen dafür anerkannt werden, dass sieandere unterstützen. Dafür erwarten sie öffent-liches Lob und ein gutes persönliches Verhältniszu den Anderen. Ein symbolisches Geschenk istsehr viel wert. Faktenorientierte Entscheider da-gegen wollen für ihre objektive Leistung aner-kannt werden. Allerdings ist ihnen öffentlichesLob ein Graus. Sie ziehen eine Gehaltserhöhungvor. Im Fall des Produktmanagers stellte sichheraus, dass der faktenorientierte Chef ihm eineGehaltserhöhung bot, jedoch nie ein Wort übergelungenen Aktionen zur Patientenbindung ver-loren hatte. Er zeigte dem Produktmanager da-mit seine Wertschätzung so, wie er sie selbergern hätte: in Cash und ohne Worte.

Eine Frage des Stils Persönliches Energiemanagement am ArbeitsplatzSusanne Langer, Peter Haas

Der erste Schritt – So starten Sie Auch wenn wir täglich viele Anforderungen ein-fach bewältigen müssen, lohnt es sich daraufzu achten, was wir mit mehr Energie tun undwas mit weniger. Wenn Sie in Ihrem Unterneh-men sehen, dass bei bestimmten Aufgaben dieEnergie Ihres Teams regelmäßig auf den Null-punkt sinkt, dann versuchen Sie ein Experiment:Teilen Sie ihre bisherigen Aktivitäten in die, diegut funktionieren, und in die, die nicht funk-tioniert haben. Aus beiden Gruppen filtern Sienun die Tätigkeiten, die die Beteiligten gern ge-macht haben, und die, die Stress auslösen. Dis-kutieren Sie mit ihren Mitarbeitern die verschie-denen Arbeitsstile. Sie werden erstaunt sein, wieviel sich neu und leichter organisieren lässt.

15præview Nr. 1 | 201214

Die AutorenSusanne Langer ist Diplom-Physikerin und Inte -graler Business-Coach. Sie berät kleine und mitt-lere Unternehmen in Fragen des Personals, desMarketings und der Organisation. Als Partner desForschungsprojektes InnoGema beschäftigte siesich mit Auswirkungen der Perso nalorganisationauf die Gesundheit der Mitarbeiter. Sie ist Dozen-tin für Management und Organisation an derHochschule für Technik und Wirtschaft in [email protected]

Peter Haas ist Coach für Unternehmen in Bewe-gung, Wirtschaftsingenieur und Integraler Busi-ness-Coach. Er unterstützt Unternehmer, Start-upsund Projektteams dabei, markt fähige Geschäfts-modelle und -strategien zu entwi ckeln und um -zusetzen, immer mit Fokus auf ein konstruktivesund gesundes Arbeiten. Er ist Vorstand des VereinsInnovatives Gesund heitsmanagement e. [email protected]

Die persönlichen Präferenzen und der persönliche Arbeitsstil entscheiden,was am Arbeitsplatz als Stress empfunden wird und was Energie erzeugt.Wenn wir nicht an unseren Energiequellen vorbei ziehen wollen, müssen wirlernen, unseren Stil zu erkennen und im Arbeitsalltag sinnvoll zu nutzen.

Wenn Menschen eng und lange

zusam menarbeiten, entsteht oft

ein gemeinsamer Arbeitsstil.

Hat sich ein Stil einmal gefestigt,

fällt es schwer, sich nach seinem

eigenen Arbeitsstil zu richten.

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17præview Nr. 1 | 201216

Unterstützung zu suchen, das hat sich MareenKoch für das kommende Jahr vorgenommen.Das wichtigste Ziel, die Gesundheit des Betrie -bes durch Steigerung des Rohgewinns zu erhal -ten, kann nur erreicht werden, wenn sie selbstgesund bleibt. Das bedeutet, sich durch Dele-gierung von Arbeitsaufgaben zu entlasten. Zeitfür sich, die Kinder und Freunde ist eine Kraft-quelle für den beruflichen Alltag. Frau Koch be-schreibt den inneren Zwang zum Präsentismus,dem viele Führungskräfte erliegen: „Ich habeständig das Gefühl, dass ich nicht genug arbeite.Ich bleibe bis spät allein im Büro, obwohl ich garnichts mehr schaffe, weil ich ausgelaugt bin.“

Jetzt gönnt sich Frau Koch gesunderhaltendeZeit. Sie verlässt konsequent das Büro um halbfünf. Für ihre Mitarbeiter hat sie Qualitätszirkeleingeführt und trifft sich alle drei Wochen mitihren Teamleiterinnen und -leitern, um Fragen,die die Produktion, Distribution und das Personalbetreffen, zu besprechen. So werden die interneKommunikation verbessert und Reibungsver-luste vermindert. Alle drei Monate nimmt siean einem „gut moderierten Workshop“ des ZiZ(Zentrum für Zukunft, eine Einrichtung des Be-zirksamtes) teil. Hier ist Zeit für ein Brainstor-ming, das zu Innovationen und Optimierungvon Arbeitsabläufen führt. Aber auch „Leichenim Keller“, die die zwischenmenschliche Atmo-sphäre vergiften, kommen zur Sprache. Dieseoffene, „salutogene“ Kommunikation führt zumehr Zusammenhalt und Vertrauen im Unter-nehmen. Und sie spart Zeit.

Als wir fragen, ob die Mitarbeiter die Einführungeines betrieblichen Gesundheitsmanangementsmittragen, antwortet Frau Koch: „Sie merkenschon, dass sich etwas verändert und sind neu-gierig. Wir haben das Licht in den Büros verän-dert und Pflanzen in die Räume gestellt. Wirwerden Steharbeitsplätze einrichten und dem-nächst jemanden einstellen, der für unsere Mit-arbeiter kocht oder mit einem Cateringunter-nehmen zusammenarbeiten. Hier in der Gegendgibt es wenig Möglichkeiten, sich gesund zuernähren.“ Gemeinsam zu essen fördert zudemden Austausch untereinander und die CorporateIdentity, was dem Unternehmen einen Image-gewinn bringt.

Frau Koch achtet sehr auf die Einhaltung derArbeitsschutzvorschriften. So lässt sie die Ma-schinen abschalten, wenn „zuviel Krach in derWerkstatt ist“, bis alle ihren Ohrschutz aufge-setzt haben. Das Gleiche gilt für die Atemmas-ken, die bei Schleifarbeiten getragen werdenmüssen. Natürlich gibt es noch viel zu tun, umeinseitige Belastungen durch die Arbeit am PC,im Verkauf oder in der Werkstatt auszugleichen.Die Kooperation mit einem Fitnessstudio zuSonderkonditionen ist geplant. Mareen Koch istguten Mutes, Ende 2012 die Implementierungdes BGM mit allen Aspekten der Salutogenesein ihrem Betrieb abgeschlossen zu haben.

Mareen Koch ist Geschäftsführende Gesellschaf-terin der Koch Sanitätshaus GmbH in Berlin,www.koch-sanitaetshaus.de.

Das Gespräch mit Frau Koch führten Antoniavon Fürstenberg und Babette Halbe-Haenschke,GEA Gesundheitsmanagement, Berlin.

Mareen Koch ist der Prototyp einer modernen Frau. Die gelernte Bürokauffrau arbeitet

als alleinerziehende Mutter zunächst stundenweise im Sanitätshaus der Eltern mit,

schließt dann – nebenher – ein Fernstudium der Betriebswirtschaft ab, leiht sich Geld

und übernimmt zuerst die Mehrheitsanteile, später die alleinige Leitung des elterli-

chen Unternehmens. Trotz aller Widrigkeiten des Business fährt sie einen Erfolgskurs

und expandiert auf heute 40 Mitarbeiter. In ihren nunmehr drei Filialen in Berlin wer-

den orthopädische Hilfsmittel und Sanitätsartikel hergestellt, verkauft und geliefert.

„Wenn mir alles über den Kopf wächst, muss ich zum Sport!“Mareen Koch, Inhaberin eines Berliner Sanitätshauses, über den Stellenwert von Gesundheit in ihrem Leben und ihrem BetriebAntonia von Fürstenberg

Aber auch der starken Frau wird es manchmalzu viel. Mit ihrem Job und ihren zwei Kindernist sie ständig an ihrer Leistungsgrenze, in derVergangenheit hat sie diese sogar mehrfachüberschritten. Daraus hat sie aber gelernt – fürsich selbst und für ihr Unternehmen. „GesundeErnährung ist für mich ganz wichtig. Wenn ichnicht regelmäßig und gesund esse, bin ich nichtleistungsfähig.“ Sie treibt zweimal in der WocheSport, aber es fällt ihr schwer, regelmäßig Zeitdafür zu reservieren. Doch bei besonders stres-sigen Herausforderungen weiß sie, was ihr guttut: „Wenn mir alles über den Kopf wächst,muss ich zum Sport.“ Neben der körperlichenFitness gewinnt sie Distanz zu den betrieblichenAnforderungen und kann besser Entscheidun-gen treffen.

Auf der Basis dieser persönlichen Erfahrungenwill Frau Koch in ihren Betrieben im Laufe desnächsten Jahres das betriebliche Gesundheits-management etablieren. Sie ist sich ihrer Vor-bildfunktion für ihre Mitarbeiter bewusst: „Mei -ne Mitarbeiter dürfen krank sein, das müssenwir alle gemeinsam tragen.“ Sie erzählt, wie einMitarbeiter über Monate immer wieder fehlte,weil er seine schwerkranke Frau pflegen musste.Gegenüber den Mitarbeitern zu vertreten „Derkann jetzt nicht“, wenn Zahlen gebracht werdenmussten, war nicht einfach. Doch ihre Mitar-beiter wissen zu schätzen, dass sie die Arbeitfür alle so organisiert, dass Über stunden mög-lichst vermieden werden „und mehr Zeit für dieFamilie bleibt“.

Auf die Frage, ob auch sie manchmal aussteigenkann aus dem Hamsterrad von Terminen, Ent-scheidungen und Verpflichtungen, seufzt sie.Noch lastet zu viel auf ihren Schultern. Nötigwäre jemand, mit dem sie sich in Führungs -fragen beraten kann. Mit ihrem Vater pflegt sieeinen „wertvollen Austausch“. Er steht aber Ver-änderungen eher ablehnend gegenüber. Die Ein-führung eines betrieblichen Gesundheitsmana-gements? Davon erzählt sie ihm lieber nichts,das gäbe nur endlose Diskussionen. Sie brauchteine fähige Kraft, die mitdenkt, Struktur in diePapierberge bringt und ihre Chefin organisiert:„Am liebsten hätte ich jemanden, der meineGe danken lesen kann!“

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19præview Nr. 1 | 201218

Hannemann: Herr Hartmann, in welchen Be-reichen hat sich die Stärke der AGZ für die klei-nen und mittleren Betriebe bisher am meistengezeigt?Hartmann: Der Kernbereich ist die Sicherungdes Personals, die das einzelne Unternehmennicht auslasten kann, aber dennoch binden undentwickeln will. Das ist die Hauptmotivation fürUnternehmen, einen AGZ zu gründen bzw. sichan ihm zu beteiligen. Gegründet wird aber auchnur dann, wenn ein AGZ gegenüber den der-zeitigen Lösungen eine bessere und ökonomischeffektivere Alternative ist.Angesichts des Fachkräftemangels wächst derDruck auf die Unternehmen, im Bereich der Si-cherung von Personal von kurzfristigen „Not-lösungen“ zu strategischem Handeln überzuge -hen. Gerade für die kleinen Unternehmen, dieim Wettbewerb um gute Fachkräfte oft die Ver-lierer gegenüber Großunternehmen sind, wirdes immer wichtiger, sich als attraktivere Ar beit -geber zu präsentieren. Hierbei kommen sieschnell an strukturelle Grenzen. AGZ erhöhendie Sicher heit von Arbeitsplätzen, erweiternauch finanzi elle Spielräume durch eine effekti-vere Auslastung der vorhandenen Kompetenzen,kümmern sich eben auch aus diesem Grund umWeiterbil dung, eröffnen attraktive Perspektiven

für die Be schäftigten und unterstützen in ihrerinterme di ä ren Funktion zwischen Arbeitgebern,Beschäftigten aber auch weiteren beteiligtenAk teuren bei der Personalführung (neue Formendes sozi a len Dialogs), um nur einige Aspekte zubenennen.Hannemann: Personalentwicklung ist also einzentrales Thema, das die AGZ bisher gut orga-nisieren konnten?Hartmann: Die entscheidenden Vorteile gegen-über einzelbetrieblichen Maßnahmen liegen da-rin, dass das Management einer Kooperationdurch den überbetrieblichen Blick, die Bünde-lung von Ressourcen und auf Grundlage derentsprechenden Kompetenzen in Bezug auf Per-sonalplanung und -entwicklung antizipativ undstrategisch handeln kann und damit auch inder Lage ist, präventive Maßnahmen zu ergrei-fen sowie im Bedarfsfall geeignete Fachex per -ten/-innen einzubeziehen. Diese Vorteile könnenauch für den Aufbau eines betrieblichen Gesund -heitsmanagements im Verbund genutzt werden.Hannemann: Herr Petschick, was sind Ihre Mo-tive, die betriebliche Gesundheitsförderung aufdie Tagesordnung zu nehmen?Petschick: Zunächst sind das, wie bei den Mit-gliedsunternehmen auch, ökonomische, abernatürlich dann auch immer soziale Beweggrün -

Personalentwicklung und gesundes Arbeitenin ArbeitgeberzusammenschlüssenVeit Hannemann im Gespräch mit Thomas Hartmann und Andreas Petschik

de: Senkung des Krankenstandes und Verbes -serung des Gesundheitszustandes der Mitar -beiter/-innen, Vermeidung von Unfällen, höhereMitarbeiterzufriedenheit und Stärkung der Ar-beitsmotivation.Hannemann: Die Organisation des Betriebli-chen Gesundheitsmanagements ist für einzelneKleinbetriebe oft ineffektiv, deswegen wird zu-nehmend versucht, dazu in Netzwerken zu ko-operieren. Diese erfordern aber ein aufwändigesNetzwerkmanagement. Der AGZ Spreewald istin diesem Sinne bereits ein funktionierendesKMU-Netzwerk. Welche Rolle kann er für seineMitgliedsbetriebe übernehmen?Petschick: Der AGZ ist ein Unternehmen seinerMitgliedsunternehmen, d.h. auch er hat be-grenzte zeitliche und finanzielle Ressourcen.Zunächst wird der AGZ von seinen Mitglieds-unternehmen finanziert für die Koordinationder geteilten Arbeit. Er könnte mit seinem über-betrieblichen Blick und seinen zwischenbetrieb-lichen Funktionen ein sehr effektives (über-) be -triebliches Gesundheitsmanagement betreiben,das sich auch über den ökonomischen Nutzenfür die Betriebe tragen würde. Aber die Ressour - cen für den Aufbau eines solchen BGM sindeben begrenzt, so dass dieser derzeit nur in klei-nen Schritten erfolgen kann. Grundsätzlich agie -ren wir im Bereich Gesundheitsförderung aufzwei Ebenen: zunächst mit Blick auf die Beschäf -tigten des AGZ selbst, dann auch bei der Unter -stützung der Betriebe in Bezug auf ihre Stamm-belegschaften. D.h. konkret organisieren wir ge-sundheitsfördernde Angebote für die Mitarbeiter/-innen, wir beraten sie, und wir sprechen mitden Mitgliedsbetrieben über Möglichkeiten einergesundheitsförder lichen Arbeitsorganisationbzw. sorgen hier für ei nen Erfahrungsaustauschzwischen den Betrieben.Hannemann: Mit wem kooperieren Sie in derRegion bei der Umsetzung des Gesundheits -ma nagements?Petschick: Wir kooperieren derzeit sehr gut mitden Partnern im Bereich Arbeitsschutz, den Be-rufsgenossenschaften, den Betriebsärzten, aberauch mit Gesundheitsdienstleistern. Schwierigerist die Kooperation mit den Krankenkassen, dadiese ihre Leistungen nur für ihre Mitgliederoder allenfalls im Zusammenhang mit Mitglie-derwerbung anbieten. Es ist einfach schwierigmit etwa 15 unterschiedlichen Kassen zusam-menzuarbeiten.

intærview

Arbeitgeberzusammenschlüsse werden von Unternehmen gegründet, um Personal, dasein einzelnes Unternehmen nicht voll auslasten kann, gemeinsam zu beschäftigen. Durchdie Kombination von Teil-Arbeits bedarfen in den beteiligten Unternehmen entstehensiche re Arbeitsplätze, die es erlauben, qualifiziertes Personal weiterzuentwickeln – auchfür das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Dr. Thomas Hartmann, Geschäftsführerder tamen GmbH, der das Modell aus Frankreich nach Deutschland transferiert hat, undder Geschäftsführer des AGZ Spreewald, Andreas Petschick, sind die deutschen Pioniereauf dem Gebiet der Arbeitgeberzusammenschlüsse.

Dipl. Pol. Veit Hannemann, Ge -schäfts führer von WANDELge-stalten – Training und Coachingfür Veränderungsprozesse, berätkleine und mittlere Unternehmenzum Erhalt der Arbeitsfähigkeitund Arbeitszufriedenheit undcoacht Menschen zu Heraus for -derungen im Berufs leben. [email protected]

Dr. Thomas Hartmann, Ge schäfts -führer von tamen. Entwicklungs-büro Arbeit & Umwelt GmbH, istseit über 20 Jahren in der Bera-tung und Begleitung von Ko ope -rationen und Netzwerken im Be-reich Bildung und Lernen tätig. [email protected]

Andreas Petschick ist Geschäftsführer des AGZSpreewald. Die Unternehmen des Zusammen -schlusses beschäf tigen weit mehr als 900 Menschen, davon sind über 60 beim AGZ direktangestellt. [email protected]

Arbeitgeberzusammenschluss (AGZ)Das Modell ist in den 1980er Jahren in Frankreich im Bereich der Landwirtschaft entstanden undwurde 1985 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Ein Arbeitgeberzusammenschluss ist dort ein Ver-ein oder eine Genossenschaft, der für die Mitgliedsbetriebe gemäß ihrer zusätzlichen Bedarfe Arbeits-kräfte einstellt, sie weiterbildet und den Einsatz in den beteiligten Betrieben managt. In Frankreichexistieren derzeit etwa 4.500 solcher Zusammenschlüsse in allen Branchen, in denen mehr als 40.000Beschäftig te arbeiten. In Deutschland gibt es derzeit acht Arbeitgeberzusammenschlüsse. Vorreiter istder AGZ Spreewald, der Ende 2004 mit sechs Partnerunternehmen gegründet wurde und im April2005 mit acht Beschäftigten startete. Heute sind mehr als 40 Unternehmen Kooperationspartner undder AGZ beschäftigt derzeit über 70 Mitarbeiter/ -innen und 15 Auszubildende im Verbund. Bei größe-ren Zusammenschlüssen ab 25-30 Beschäftigten rechnet sich ein eigenes Management. Es geht ins-besondere um eine auf die Bedarfe der Betriebe und Beschäf tig ten ausgerichtete Personalentwicklungund um die Erhöhung der Flexibilität und der Sicherheit der Beschäftigung – im Sinne der Mitglieds-unternehmen wie der Be schäf tigten. AGZ sind so außerdem ein Instrument der regionalen Fachkräfte -sicherung. www.arbeitgeberzusammenschluesse.de

Hannemann: Herr Hartmann, die Gründungweiterer AGZ, nicht nur in Brandenburg, ist imGange. Sind Sie zuversichtlich, dass durch dieseauch das Betriebliche Gesundheitsmanagementin KMU vorankommt?Hartmann: Ich bin überzeugt davon, dass nurdurch feste Kooperationen im Bereich des Per-sonalmanagements gerade für die kleineren Un-ternehmen erst die Möglichkeiten geschaffenwerden, ein effektives Gesundheitsmanagementaufzubauen und durchzuführen. Ein Arbeitge-berzusammenschluss kann nicht nur das Ma-nagement für solche Aufgaben mit überneh-men, sondern es kann auch direkt Fachpersonalfür die Gesundheitsförderung beschäftigt wer-den, wie Beispiele aus Frankreich zeigen.

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personellen Ressourcen für die betriebliche Ge-sundheitsförderung begrenzt sind und somiteinmal mehr ein zielführender und bedarfsge-rechter Einsatz der Mittel erforderlich ist.

Ziel des Projektes von „InnoGema“ war es, ver-schiedene Akteure und Dienstleister, die spezielleAngebote für klein- und mittelständische Un-ternehmen haben, mit potenziellen Kunden zuvernetzen, so dass es auch in diesen Firmenmöglich ist, kostengünstig und effektiv ein be-triebliches Gesundheitsmanagement umzu -setzen. Dafür wurde eine Internet-Plattformaufgebaut (www.innogema.de) und ein Baukas-tensystem mit Beratungsangeboten entwickelt.Aber nicht nur die entwickelten Instrumente,sondern auch der Austausch mit Praxis undWis senschaft im Projekt waren für die KKH-Al-lianz entscheidend, um praxistaugliche Umset-zungsstrategien zu erarbeiten.

Vorteile des Netzwerks für alle Beteiligten Gesetzliche Krankenkassen haben mit dem „Leit-faden Prävention“ einen abgesteckten Hand-lungsbereich im Rahmen der betrieblichen Ge-sundheitsförderung. Der gesetzliche Rahmenist eine gute Basis, jedoch zeigt die Erfahrung,dass darüber hinaus zusätzliche Maßnahmenvon Akteuren im Netzwerk notwendig sein kön-nen, um die Effektivität zu steigern. Die unter-schiedlichen Blickwinkel der Akteure wie Wis-senschaftler, Ärzte, Praktiker aus den verschie-denen Disziplinen im Netzwerk führen zu neuenpassgenauen Angeboten und damit zu einemoptimierten Service für Unternehmen. Aus Sichtder Krankenkasse ergeben sich neben der Um-setzung des gesetzlichen Auftrags und der Er-weiterung des Serviceangebotes aber noch wei-tere Vorteile der Zusammenarbeit im Netzwerk:

æ Optimierung der Zusammenarbeit mitder Unfallversicherung:

Durch die Zusammenarbeit mit der Verwal-tungs-Berufsgenossenschaft (VBG) könnendie Angebote der Sozialversicherungen opti-mal miteinander kombiniert und Leitlinienfür die Zusammenarbeit entwickelt werden.Dadurch lassen sich Angebote und Zugangs-wege transparenter gestalten.

21præview Nr. 1 | 201220

Die AutorinDr. PH Okyta A'Walelu ist Gesundheitsökono-min und leitet den Fachbereich Präventionund Gesundheitsförderung bei der KKH-Allianz, eine der größten gesetzlichen Kassenmit rund 1,8 Millionen Versicherten. Nebendem Thema betriebliche Gesundheitsförde-rung zählen auch die Individualpräventionund die Gesundheitsförderung in den Lebens-welten Schule, Kita und Gemeinde zu ihremFachbereich. www.kkh-allianz.de

æ Austausch von Wissenschaft und Praxis: Durch die Kooperation nicht nur mit der

Wissenschaft, sondern auch mit der unter-nehmerischen Praxis in Netzwerken könnendie Angebote der gesetzlichen Krankenkas-sen kontinuierlich verbessert werden. DerBe darf der Praxis kann an wissenschaftlichfundierten Konzepten gespiegelt werden, umdaraus Angebote zu entwickeln.

æ Kontinuierliche Qualitätssicherung: Eine begleitende Evaluation im Verbund kann

Hin weise für die Qualitätssicherung der An-gebote liefern. Der Vorteil für Unternehmenliegt so in einer Optimierung der Maß nah -men für die besonderen Anforderungen vonkleinen und mittelständischen Unternehmen.

æ Etablierung eines kostengünstigen undnachhaltigen Ansatzes:

Das langfristige Ziel der Netzwerkbildung istes, mit der För derung trotz begrenzter Mitteleine große Anzah l von Unternehmen zu er-reichen, in denen langfristig und erfolgreichbetriebliche Gesundheitsförderung umge-setzt wird. Da von profitieren auch Arbeitge-ber und -nehmer, denn kleine Unternehmenkönnen oft nur in Kooperation und mit Un-terstützung erfolgreich bei der Etablierungeines BGM sein. Sie erhalten Kontakt zuGleichge sinn ten, Zugang zu umfangreichemund praxiserprobtem Wissen sowie Zugriffauf qua li fizierte und geprüfte Anbieter.

Zukunftsperspektive „Mikrozellen“Die erfolgreiche Zusammenarbeit im Netzwerk„InnoGema“ soll in Zukunft weiter ausgebautwerden. Mit der Hochschule für Technik undWirtschaft Berlin und der VBG wird die KKH-Allianz kleine und mittelständische Unter -nehmen aus den Branchen Kreativwirtschaft,Dienstleistungen und Verwaltung in einemGesund heits-Netzwerk organisieren. In soge-nannten „Mikrozellen“ koordinieren die dreiInsti tutionen Unternehmen und Anbieter, diedie Netzwerkidee vor Ort tragen und umsetzen.Es werden Serviceeinheiten vor Ort eingerichtet,die die regionale Netzwerksteuerung überneh-men, um die Kooperation zwischen Unterneh-men und Dienstleistern zu gewährleisten.

Netzwerke für Betriebliches Gesundheitsmanagementsind der Pluspunkt für kleine und mittlere UnternehmenOkyta A'Walelu

Jede Mikrozelle soll perspektivisch ein eigenesNetz bilden, das zunächst aus mindestens vierKMU als Nutzer und vier KMU als Anbieter vonGesundheitsdienstleistungen besteht. In dennächsten zwei Jahren sollen so 32 Unternehmenin Berlin und Brandenburg erreicht werden. Dieam Projekt beteiligten Unternehmen erhaltenfachliche Beratung und Begleitung bei der Ein-führung von Betrieblichem Gesundheitsmana-gement, Unterstützung bei der innerbetriebli-chen Kommunikation und die Möglichkeit zumErfahrungsaustausch.

Auch andere Unternehmen können profitieren:Alle Interessierten können Informationen zurGesundheit in kleinen und mittleren Unterneh-men auf dem Internetportal abrufen, ausge-wählte Maßnahmen buchen oder qualifiziertePräventionsanbieter kontaktieren. Abgerundetwird das Angebot durch fachbezogene Veran-staltungen.

Ziel des gemeinsamen Projektes von Berufs -genossenschaft, Krankenkasse und Universitätist es, nachhaltige Strukturen für die Betreuungvon kleinen und mittleren Unternehmen zuschaffen, die Erprobung und Anpassung derbeste henden Vorgehensweise auf eine breitereBasis zu stellen und die Wirtschaftlichkeit undNachhaltigkeit zu erhöhen.

Blickwinkel Krankenkasse:

Zu klein, zu wenig Zeit und Personal – dies sind die

wesentlichen Hemmnisse, warum kleine Unternehmen

kein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

einfüh ren. Jedoch lassen sich diese Hemmnisse ganz

leicht aus dem Weg räumen. Der Schlüssel dazu heißt

Netzwerk. Die Zusammenarbeit eröffnet kleinen und

mittelständischen Unternehmen (KMU) den Zugang zu

aktiver Unterstützung, passgenauen Angeboten und

wertvollen Informationen. Auch für gesetzliche Kran-

kenkassen sind Netzwerke interessante Partner, da

auf diese Weise mehr Unternehmen für das Thema

Gesund heit sensibilisiert und bei begrenzten Ressour-

cen optimal betreut werden können.

Das Projekt InnoGemaDie Grundlage für die aktuellen Konzepte derArbeit der KKH-Allianz mit KMU-Netzwerkenschuf das durch das Bundesministerium fürBildung und Forschung geförderte Projekt„Inno Gema“, das mit dem 2. Platz des Inno -vationspreises 2009 der KKH-Allianz ausge-zeichnet wurde. Dieses Projekt, das die Zusam-menarbeit von Wissenschaft und Praxis zumThemenbereich „Innovatives Gesundheitsma-nagement“ organisierte, wurde in den letztenJahren einer der „Sparringspartner“ der KKH-Allianz, um im Verbund bedarfsgerechte An -gebote für das einzelne (kleine) Unternehmenzu entwickeln.

Denn die klassischen Instrumente des betrieb-lichen Gesundheitsmanagements lassen sichnicht eins zu eins auf Unternehmen mit wenigerals fünfzig Mitarbeitern übertragen. Entspre-chendes gilt auch für die klassischen Angebotewie Gesundheitstage und -kurse der Kranken-kassen. Hinzu kommt, dass die finanziellen und

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23præview Nr. 1 | 201222

Positive Effekte auf die Bindung derMitarbeiter an das Unter nehmenNeben der erhöhten Attraktivität des Unter-nehmens für potenzielle Mitarbeiter hat dasEmployer Branding aber auch einen positivenEffekt auf die bereits im Unternehmen befind-lichen Mitarbeiter. Ein positives Unternehmens-image steigert die Motivation und das Com-mitment für das Unternehmen und trägtsomit zu einer längerfristigen Bindung andas Unternehmen bei. Dies ist notwendig,um langfristig die immer schwierigerwerdende Lage auf dem Arbeitsmarktauszugleichen und bei immer längerwerdenden Lebens arbeitszeiten dieLeistungs- und Arbeits fähigkeit derMitarbeiter sich erzustellen.

Somit hat neben der attraktivenAußenwirkung und dem positi-ven Marketingeffekt im Rah-men des Employer Branding einbetriebliches Gesundheitsmanagement zudemden Vorteil, dass es die langfristige Bindung derMitarbeiter an das Unternehmen erhöht. Es be-einflusst die Leistungs- und Arbeitsfähigkeit al-ler Mitarbei ter und bietet somit einen langfris-tigen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen.Um dies jedoch zu erreichen, ist es bereits heutenotwen dig, ein positives Unternehmensimageaufzubauen und ein betriebliches Gesundheits-management als festen Bestandteil des strate-gischen Personalmanagements der Zukunft zusehen.

Die AutorinProf. Dr. Sabine Nitsche ist Diplom-Psycholo-gin und promovierte Wirtschaftswissen-schaftlerin mit internationaler Berufserfah-rung. Sie ist Professorin für Personal und Organisation im Studiengang Wirtschafts -ingenieurwesen an der Hochschule für Wirt-schaft und Technik Berlin. Seit Sommer 2011leitet sie das Forschungsprojekt InnoGemaBerlin sowie seit Dezember 2011 InnoGemaBrandenburg im Rahmen der BrandenburgerInnopunkt-Initiative zur Entwicklung vonNetzwerkstrukturen für Betriebli ches Gesund-heitsmanagement – in Fortführung des vomBundesministerium für Bildung und Forschunggeförderten Projektes InnoGema – Entwick-lung und Erprobung von Methoden zur

Vorteile werden hiervon langfristig nur die Un-ternehmen haben, die durch erhöhte Attrakti-vität des Unternehmens die besten Mitarbeitergewinnen und diese langfristig an das Unter-nehmen binden und arbeitsfähig halten. DieImplementierung eines betrieblichen Gesund-heitsmanagements im Unternehmen bietet eineChance beide Ziele zu erreichen.

Aufbau einer attraktiven ArbeitgebermarkeUm unter den sich verändernden Bedingungenauf dem Arbeitsmarkt auch zukünftig Mitarbei -ter für das Unternehmen zu gewinnen, arbeitenmehr und mehr Unternehmen am Aufbau ihrerUnternehmensmarke, dem sogenannten Em-ployer Branding, um im bereits begonnenen„Fight for Talents“ mitspielen und gewinnen zukönnen. Ziel ist es, mit einem positiven Imagedas Unternehmen als attraktiven Arbeitgeberzu präsentieren und entsprechende Präferenzeneinzelner, zuvor identifizierter Zielgruppen posi -tiv hervorzuheben und sich somit den notwen-digen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt gegenüberden Wettbewerbern zu verschaffen.

Beim Employer Branding erarbeiten Unterneh-men ihre „Employer Value Proposition“, ihre fir-menspezifischen positiven Arbeitgebermerkmale(Trost, 2009). Dabei werden in einem detaillier-ten Analyseprozess die einzelnen Zielgruppenidentifiziert, die als potenzielle Arbeitnehmerfür das Unternehmen attraktiv sind und z. B.durch entsprechende Employer Branding Kam-pagnen angesprochen werden sollen. Ferner

Gesundheitsmanagement als kompetitiver Arbeitgebervorteil beim Employer BrandingSabine Nitsche

wer den ihre zielgruppenspezifischen „Wünsche“an den zukünftigen Arbeitgeber ermittelt, umauf diese entsprechend einzugehen und an diejeweilige Zielgruppe kommunizieren zu können. Aufgrund der Veränderung auf dem Arbeits-markt müssen Unternehmen sich jedoch zuneh -mend auf neue Zielgruppen einstellen, da sieaus der bestehenden Bewerberzielgruppe zu-künftig nicht mehr die ausreichende Anzahl anBewerbern generieren können. Mögliche Ziel -gruppen sind hier z. B. Hochschulabsolventender Generation Y1, Frauen und ältere Mitarbeiterauf dem Arbeitsmarkt. So werden z. B. die idea-len Arbeitsbedingungen für die Zielgruppe Frau -en identifiziert und mit Angeboten wie flexiblenArbeitszeitmodellen oder betriebseigenen Kin-dergärten seitens der Unternehmen beworben.

Insgesamt ist die Attraktivität des Arbeitgeber -images stark abhängig von den individuellenAnforderungen der jeweiligen Zielgruppen, unddiese können je nach zielgruppenspezifischenMerkmalen wie Geschlecht, Alter oder Fach-richtung durchaus unterschiedlich sein. Um dieVorteile einer positiven Arbeitgebermarke jedochvoll ausschöpfen zu können, sollte natürlich eingrößtmögliches Matching zwischen den posi-tiven Arbeitgebermerkmalen des Unternehmensund den Präferenzen der Zielgruppe stattfinden. Typische Faktoren, mit denen sich Unternehmenbisher im Rahmen des Employer Branding prä-sentiert haben, sind überwiegend unterneh-mensorientierte Faktoren wie das Produkt, derStandort oder der Unternehmenserfolg. Vieledieser Faktoren sind jedoch mittlerweile kein

Alleinstellungsmerkmal mehr und bieten vondaher nicht mehr den erwünschten kompetiti-ven Vorteil zu anderen Mitbewerbern auf demArbeitsmarkt. Somit gewinnen insgesamt im„Fight for Talents“ neben den „traditionellen“,unternehmensbezogenen Faktoren zunehmend„softere“, mitarbeiterorientierte Faktoren wiez. B. Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglich -keiten, Arbeitsplatzsicherheit oder auch die Exis-tenz eines betrieblichen Gesundheitsmanage-ments mit Work-Life-Balance oder flexiblen Ar-beitszeitmodellen an Bedeutung.

So kann vor allem bei der oben genannten Ge-neration Y ein Trend wahrgenommen werden,bei dem die Arbeit und die Karriere nicht mehrdas zentrale Thema darstellen, sondern zuneh-mend die Ausgewogenheit zwischen Arbeit undPrivatleben sowie Themen wie Gesundheit anWert gewinnen. Der „leistungsfähige, kreativ-in -novative, flexible und hoch motivierte Mit ar bei -ter der Zukunft erwartet von seinem Unterneh -men Lösungsansätze, die ihn bei der Gewinnungeiner optimalen Gesundheit unterstützen (…).“(Meifert & Kesting, 2004, S. 6).

Dieser Trend weist darauf hin, dass neue The -men wie Gesundheitsmanagement zunehmendauch als „Employer Value Proposition“, als kom-petitives Arbeitgebermerkmal, an Bedeutunggewinnen. So ermöglicht ein betriebliches Ge-sundheitsmanagement dem Unternehmen einendoppelten Effekt: die Vorteile eines betrieblichenGesundheitsmanagements sowohl für das Un -ter nehmen als auch für die Mitarbeiter undgleichzeitig die Steigerung des Unternehmens-images und somit der Arbeitgeberattraktivität.Bekannte Vorteile für das Unternehmen sind z. B.die Senkung des Krankenstandes, die Optimie-rung der Produktqualität sowie die Stärkungder Wettbewerbsfähigkeit. Vorteile für die Mit-arbeiter sind vor allem die Verringerung vonBelas tungen, ein verbesserter Umgang mit Ar-beitsanforderungen sowie eine Verbesserungdes Gesundheitszustandes. Damit einher gehendie Steigerung der Mitarbeitermotivation, derArbeitszufriedenheit und ein besseres Betriebs-klima.

Aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland müssen sich

die Unternehmen zunehmend den Herausforderungen des Fach- und Füh-

rungskräftemangels sowie den spezifischen Anforderungen an eine zu-

nehmend älter werdende Belegschaft stellen. So müssen Unternehmen

sich einerseits um die Gewinnung zukünftiger Mitarbeiter aus einem klei-

ner werdenden Angebot auf dem Arbeitsmarkt kümmern und andererseits

Arbeitsbedingungen schaffen, die die immer älter werdenden Mitarbei-

tenden leistungs- und arbeitsfähig hält.

LiteraturFauth, T., Müller, K. & Straatmann, T. (2011). Einheit von Selbst-und Fremdbild – der Ansatz des identitätsorientierten Emplo yerBranding. Wirtschaftspsychologie aktuell 2/201, S. 28-34.Meifert, M. & Kesting, M. (2004). Gesundheitsmanagement –Ein unternehmerisches Thema? In: Meifert, M. & Kesting, M.(Hrsg.), Gesundheitsmanagement im Unternehmen, S. 3-13. Ber-lin: Springer. Trost, A. (2009). Employer Branding. Arbeitgeber positionierenund präsentieren. Köln: Luchterhand.

1 Als Generation Y wird die Kohorte der heute 25- bis 35-Jährigen,gut ausgebildeten Nachwuchskräfte bezeichnet. Ihr werden be-stimmte Merkmale wie Technikaffinität, Multikulturalität, Selbst-bewusstsein und Weltoffenheit, aber auch eine Orientierung anindividueller, ungebundener Lebensgestaltung attribuiert.

Gestal tung von neuartigen Gesund-heitsdienstleistungen in der Region(FKZ 01FM07009)[email protected]

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25præview Nr. 1 | 201224

nisation: 76 % der befragten Personen warenzurück im Arbeitsprozess, allerdings mit einemum ca. ein Drittel reduzierten Pensum (dasdurchschnittliche Pensum vor der Erkrankunglag bei 76%, das durchschnittliche Pensum nachder Rückkehr in den Arbeitsprozess bei ca. 50%).Ungefähr die Hälfte der befragten Mitarbeiten-den fand den Weg zurück in den Arbeitsprozessüber erleichterte Arbeitsbedingungen. Allerdingswurde ca. einem Drittel der Befragten diese Mög -lichkeit nie angeboten, so dass hier noch eingro ßes Optimierungspotenzial besteht.Die subjektive Arbeitsfähigkeit wird mit einemDurchschnittswert von ca. sieben auf einerZehn punkteskala angegeben, die Arbeits- undLebenszufriedenheit liegt bei durchschnittlichacht Skalenpunkten, und der Großteil der Be-fragten ist sich sicher, auch noch in zwei Jahrenfit genug für die weitere Berufsausübung zu sein.Auch die Zufriedenheit mit dem Case-Manage-ment ist hoch: die Befragten fühlten sich in ih-rer Arbeits- und Lebenssituation gut verstandenund angenommen, haben viel Unterstützungin ihrer Problembewältigung erfahren und An-regungen für neue Denk- und Verhaltensweisenbekommen.

Die offenen Fragen zum Case-Managementwurden zu zwei Dritteln eher positiv beantwortet,ca. ein Drittel der Antworten waren aber kritischoder wünschten sich eine weitere Verbesserungdes vorhandenen Angebots. Die Verbesserungs-wünsche waren im Schwerpunkt folgenden Be-reichen zuzuordnen:

æ konkretere Vorschläge machen und mehrUn terstützung im Erarbeiten von neuenDenk- und Verhaltensweisen und für dieRückkehr in den Arbeitsprozess bieten

æ die vielen verschiedenen Möglichkeiten füreine erleichterte Rückkehr in den Arbeits -prozess aufzeigen, z.B. Arbeitsversuche, re -du ziertes Pensum, Assistenzaufgaben, admi-nistrative Arbeiten usw.

æ proaktiv auf die Vorgesetzten zugehen, berufliche Alternativen aufzeigen.

Darüber hinaus sollten Vorgesetzte und Mitar-beitende mehr und besser über die Existenz desCM und dessen Zweck und Möglichkeiten derZusammenarbeit informiert werden.

Überraschende KorrelationenZusammenfassend zeigten sich – neben der er-freulich hohen Rückkehrquote psychisch er-krankter Mitarbeitender in den Arbeitsprozess– die überraschend hohen positiven Zusammen -hänge zwischen den Wiedereingliederungsbe-mühungen des Arbeitgebers und der Dauer derArbeitsunfähigkeit sowie der Höhe der Kranken -taggeldzahlungen: Je mehr Arbeitserleichterun-gen angeboten werden, umso länger dauert dieKrankschreibung und umso höher sind die be-zogenen Taggeldleistungen. Böse Zungen könnten nun behaupten, dass pro-fessionelle Aufmerksamkeit durch das Case-Ma-nagement und das Entgegenkommen des Ar-beitgebers die Arbeitsaufnahme verzögern. Aberauch die umgekehrte Begründung ist denkbar:Diese besondere Aufmerksamkeit und Unter-stützung wird nur besonders kranken, koope-rativen und geschätzten Mitarbeitenden ge-währt, und möglicherweise wären die betrof-fenen Mitarbeitenden ohne diese Unterstützungbereits nicht mehr im Arbeitsprozess, sondernbezögen stattdessen eine Rente.

Organisatorische Konsequenzen der UntersuchungZur weiteren Verbesserung der Wiedereinglie-derungsquote wurde in der untersuchten Ver-waltung auf der Basis der Befunde beschlossen,dass die Vorgesetzten erkrankte Mitarbeitendezusätzlich direkt beim Case-Management an-melden. Die Vorgesetzten wurden über verschie-dene Kommunikationskanäle (interne Mittei-lungen, Führungskräftesitzungen) ermuntert,kranken und verunfallten Mitarbeitenden er-leichterte Arbeitsbedingungen für die zügigeRückkehr in den Arbeitsprozess anzubieten (vgl.Punkt 1 und 2 der eingangs genannten „SevenPrinciples“). Um die Kommunikation zwischen Gesundheits-system und Arbeitgeber zu erleichtern, wurdenzwei neue Instrumente eingeführt: die Arbeits-platzbeschreibung und das detaillierte Arztzeug -nis. So können vorhandene Fähigkeiten und ge-sundheitliche Einschränkungen genau erfasstund sinnvolle Einsatzmöglichkeiten gesucht

werden (vgl. Punkt 4 der „Seven Principles ofRe turn to Work“).

Erfolge nach einem JahrDer Erfolg dieser Maßnahmen spiegelte sichnach einem Jahr in einem deutlichen Rückgangder Krankentaggeldzahlungen um ca. ein Vier -tel wider. Die genauere Analyse dieser Zahlenzeigt, dass nicht die Fallzahlen zurückgegangensind, sondern der durchschnittliche Betrag proFall (in der Kontrollgruppe einer vergleichbarenVerwaltung mit 15.000 Beschäftigten in derSchweiz hingegen sind sowohl die Fallzahlenals auch die Fallkosten gleich geblieben).

Fazit: Die Studie kann einmal mehr bestätigen,dass das Angebot erleichterter Arbeitsbedin-gungen nach längerer krankheits- oder unfall-bedingter Abwesenheit vom Arbeitsplatz diewirksamste und kostengünstigste Maßnahmezur beruflichen Wiedereingliederung ist.Bemerkenswerterweise ist dieser Lerneffektohne explizites Curriculum, Lernzielformulie-rungen oder interne Verhaltensanweisungenfür die beteiligten Case-Manager/-innen undFührungskräfte erfolgt. Drei Projektsitzungenund zwei Ergebnispräsentationen haben genügt,um die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojektin konkretes erfolgreiches Handeln der Betei-ligten zu überführen.

Die AutorenDr. phil.-hist. Hildegard Nibel arbeitet seit ihrer Doktorarbeit über arbeitsbedingte Körper -beschwerden in diesem Bereich in unter -schied li chen Funktionen, derzeit als SeniorConsultant bei einem Schweizer Versicherungs -broker. Projektthemen: Fehlzeitenmanage-ment, insbesondere Datenanalyse und HR-Controlling sowie entsprechende Schulungenund Trainings.

M.Sc.Psy Severin Stadtmann arbeitet im Bereich Human Resources und Recruitment in New York City. Projektthemen: Casemana-gement für krank heitsbedingt ausgefalleneArbeit nehmer und Return to Work.

1 Dokumentiert in Stadtmann, S. (2010) Evaluation eines Case-managements für Lehrpersonen. Masterarbeit zur Erlangungdes akademischen Grades „Master of Science in Psychologie"der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich, Nr. 04-729-521, Lehrstuhl für Psychopathologie und klinische InterventionProf. Dr. med. Hans-Joachim Haug.

Wie ein dreimonatiges Low-Budget-Projekt zur Evaluation eines Beratungs -angebotes zur beruflichen Wiedereingliederung von gut qualifizierten Mit -arbeitenden – neben einigen anderen erwünschten positiven Nebeneffekten– zur Reduktion der Krankengeldzahlungen um ein Viertel führte.

Wer hat’s erfunden?Erfolgreiche Wiedereingliederung durch Case-Managementin der SchweizHildegard Nibel, Severin Stadtmann

higkeit, sich verstanden fühlen, Unterstützungbeim Entwickeln neuer Denk- und Verhaltens-muster usw.).

Aus der Gesamtzahl der in den beiden Jahren2007 und 2008 knapp 400 durch das Case-Ma-nagement betreuten Mitarbeitenden wurde eineStichprobe von 80 Personen gezogen; davonkonnten 52 Mitarbeitende befragt werden, meisttelefonisch, einige wenige auch persönlich oderschriftlich. Da bekannt ist, dass bei solchen Stu-dien v. a. die besonders gut oder besondersschlecht qualifizierten Mitarbeitenden nichtmitmachen, ebensowenig die besonders Kran-ken, wurde im Mai 2010 noch ein Kurzfragebo-gen mit den wichtigsten Ergebnisvariablen andie 28 Personen verschickt, die telefonisch nichterreicht werden konnten oder die nicht an dertelefonischen Befragung hatten teilnehmenwollen; davon haben 14 den Fragebogen beant -wortet und zurückgeschickt.

Positive ErgebnisseInsgesamt zeigt sich ein

recht positives Bild zur„Wiedereingliederungs-kultur“ in dieser Orga-

Nach wie vor kontrovers diskutiert: Welchen Nutzen hat Case-Management?Die individuelle Betreuung von Langzeitkrankenim Rahmen des Case-Managements (CM) isteine zentrale Funktion beruflicher Wiederein-gliederung, deren Nutzen aber kontrovers dis-kutiert und von verschiedenen Seiten immerwieder infrage gestellt wird.

Um einen Beitrag zur Objektivierung dieser Dis-kussion zu liefern, wurde von Januar bis April2010 eine Studie der Universität Zürich in einergroßen Verwaltung durchgeführt.1 Ab dem Jahr2005 wurde in dieser Organisation mit 16.000Mitarbeitenden ein internes Case-Managementaufgebaut, als Teilprojekt im Rahmen eines ins-gesamt eher großzügigen Beratungs- und Bil-dungsangebotes zur Pflege des „Human Capitals“der Verwaltung. Im Rahmen der Studie wurdeeinerseits die Qualität des Case-Managementsselbst untersucht, andererseits aber auch dieorganisatorischen Rahmenbedingungen, diesich in internationalen Forschungsarbeiten überberufliche Wiedereingliederung am wirksamstenerwiesen haben. Demnach gibt es sieben Grund-prinzipien erfolgreicher Praxis („Seven Principlesof Return to Work“):

1. Eine integrative Organisations-kultur, die die Rückkehr von er-krankten und verunfalltenPersonen in den Arbeits-prozess unterstützt

2. Möglichkeiten zu erleichterten Arbeitsbedin-gungen nach der Rückkehr

3. Früher Kontakt des Arbeitgebers zum/zur ver-unfallten oder erkrankten Arbeitnehmer/-in

4. Kommunikation zwischen den involviertenInstanzen (Arbeitnehmer/-in, direkte Vor ge -setzte, Personalabteilung, Gesundheits system)

5. Keine Nachteile für andere durch die Wieder -eingliederung

6. Gesundheitspräventionsmaßnahmen7. Return to Work (RTW)-Koordinator bzw. Case-

Manager (CM)

Untersuchungsdesign und Methodik Als Ergebnisvariablen wurden sowohl „harteFakten“ (Dauer der Arbeitsunfähigkeit,Krankentaggeldleistungen, Pensums-differenz vor und nach der Krank-schreibung) als auch „weicheFaktoren“ untersucht (subjek-tiv eingeschätzte Arbeitsfä-

Hildegard Nibel, Severin Stadtmann

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27præview Nr. 1 | 201226

Psychische Erkrankungen sind – sofern arbeits-bedingt – gesellschaftsfähig geworden. Nochvor wenigen Jahren mussten sich Beschäftigte,deren psychische Widerstandsressourcen unterden zunehmenden Arbeitsverdichtungen ver-sagten, hinter somatischen Diagnosen verste-cken, um nicht ins Abseits des Arbeitslebens zugeraten. Noch vor wenigen Jahren wurde dasEinknicken unter permanenter Volllast als per-sönliche Schwäche angesehen und als Problemdes Einzelnen behandelt. Noch vor wenigen Jah -ren unterschied der gesellschaftliche Diskurs nurselten zwischen ausgebrannt und überspannt.

Heute ist nicht nur das mediale Bild und damitdas öffentliche Wissen über psychische Belas-tung differenzierter, auch die Ursachenzu -schreibung im Falle einer psychischen Erkran-kung hat sich umgekehrt. Wurde früher ver-mutet, der erkrankte Beschäftigte sei eben zuschwach gewesen oder gar „genetisch vorbe-lastet“, so werden die Ursachen heute in denArbeitsbedin gungen gesucht und gefunden.

An dieser zunächst begrüßenswerten Entwick-lung haben wir Arbeitswissenschaftler, so kön-nen wir in diesem Fall einmal selbstbewusst sa-gen, großen Anteil. Vielleicht haben wir nichtden medialen „Burn-out-Hype“ ausgelöst, dieswaren tragische Schicksale von Personen öffent -lichen Interesses. Wir haben aber durch unsereForschungen für genügend Munition zur An-feuerung der Diskussionen gesorgt – und letzt -

prævokation

Die fruchtbarsten Diskussionen entstehen durch den Austausch kontroverser

Ansichten. Die Kolumne prævokation ist ein Fo rum für die Formulierung von

pointierten Stand punk ten abseits der „herrschenden Meinung“.

endlich auch für Problemlösungen, die im Zugedes öffentlichen Interesses zunehmend in diePraxis eingingen. Gesunde Arbeit ist nun mehrals ein Schlagwort, sondern sie wird tatsächlichbetrieblich umgesetzt, weil das Wissen über diewirtschaftliche Bedeutung psychischer Gesund-heit nicht zuletzt im demografischen Wandelzum Allgemeingut geworden ist.

Und an dieser Stelle kippt nun allmählich derpositive Effekt der „Normalisierung“ arbeitsbe-dingter psychischer Erkrankungen ins Negative.Die Diagnose Burn-out ist zum Pars-pro-toto-Begriff für alle Formen psychischer Erkrankungoder auch nur psychischen Unwohlseins gewor -den. Im „Zeitalter des Burn-out“ drohen so an-dere arbeitsbedingte psychische Belastungenübersehen zu werden.

In loser Folge möchte die præview daher „Krank -heiten im Schatten des Burn-out“ vorstellen,d.h. unspektakuläre Mechanismen der Arbeits-welt, die aber das Wohlbefinden der Beschäf-tigten und die Leistungsfähigkeit der Betriebebeeinträchtigen.

„Ich habe es satt!“ – Das Fed-up-SyndromPersonen mit Fed-up-Syndrom weisen zunächstdie gleichen Oberflächensymptome auf wieBurn-out-Patienten: Lustlosigkeit, Gereiztheit,Gefühle der Sinnlosigkeit, Stimmungsschwan-kungen, Gleichgültigkeit, Zynismus, Interesse-losigkeit und Begeisterungsunfähigkeit, Müdig-keit, emotionale Erschöpfung und chronifizierteberufliche Demotivation.

und der Beschäftigte dieselben Prozesse in sei-ner Arbeit immer wieder erlebt. Wenn das Ar-beitsleben ein einziges Déjà-vu ist. Wenn derBetroffene dieselben Sachverhalte denselbenPersonen immer wieder erklären muss, weil dienie zuhören. Wenn die nächste Version von Mi-crosoft Word immer noch dieselben Fehler hat.Wenn das Unternehmen schon wieder umor-ganisiert wird. Wenn die Kollegen dieselbenWitze immer wieder erzählen. Wenn täglichMurmeltiertag ist.

Nach Siegrists Modell der Gratifikationskriseliegt erhebliches Krankheitspotenzial in der Stö-rung der Balance zwischen Arbeitseinsatz undBelohnung. Bei Fed-up-Betroffenen ist – andersals bei reinen Belastungsstörungen – vor allemder Belohnungsmechanismus problematisch:Das intrinsische Interesse an der Arbeit erlahmtzunehmend, wenn die Arbeitssituation stagniertund sich wiederholt. Die Arbeit wird schlichtlangweilig, weil sie das Neugiermotiv nicht mehranspricht. Der Erfolg wird mit zunehmenderRoutine und Erfahrung zum „Normalfall“ undhat damit keine belohnende (und motivierende)Wirkung mehr. Erfolg kann nur noch als Beloh-nung erlebt werden, wenn Anforderungen ge-meistert werden, deren Scheiternsrisiko sehrhoch ist – und das ist eben selten. Und schließ-lich sind selbst Neuerungen nicht mehr span-nend, denn Fed-up-Betroffene kennen das Er-gebnis von Veränderungsprozessen im Voraus:Sie werden nämlich scheitern.

Personen mit Fed-up-Syndrom sind genau wieBurn-out-Patienten Leistungsträger einer Or-ganisation, erfahren und versiert. Sie sind ten-denziell mittleren bis höheren Alters und längereZeit in ihrer aktuellen Beschäftigung. Sie sindin der Regel von ihren Kollegen fachlich ge-schätzt und erfolgreich, sie sind „alte Hasen“.

Personen mit Fed-up-Syndrom unterscheidensich aber in einem Punkt von Burn-out-Betrof-fenen: Sie sind nicht überlastet, leiden nichtunter steigender Arbeitsdichte, Hektik, ausge-dehnten Arbeitszeiten und ständiger Erreich-barkeit. Sie sind in keiner Weise überfordert, siehaben es einfach nur satt! Der Grund für dieSymptomatik ist einzig und allein die ständigeund unentrinnbare Wiederholung von unange-nehmen Begleiterscheinungen der Arbeit.

Fed-up entsteht, wenn sich beruflich nichts,aber auch gar nichts zum Positiven entwickelt

Die Belastungsseite hingegen ist weniger ge-prägt durch zu hohe Leistungsanforderungen,als vielmehr durch enorme Anforderungen andie psychischen Widerstandskräfte, die notwen-dig sind, intransparente Strukturen, ineffizienteProzesse und inkompetente Menschen zu er-tragen. Die schmerzlindernde Wirkung mate-rieller Anreize hat dabei aufgehört, weil die ver-ordnete Höchstdosis (z.B. Tarifendstufe) schonlange erreicht ist.

Das Erleben der eigenen Unfähigkeit, an der Ar-beitssituation, den Strukturen der Organisation,den Kollegen oder Vorgesetzten etwas zu än-dern, führt zum Gefühl von Hilflosigkeit undUnausweichlichkeit, aber ggfs. auch dem Gefühldes persönlichen Versagens. Die Siegrist’scheGratifikationskrise wächst sich hier also zur Le-bens- und Sinnkrise aus: „Warum tue ich mir dasalles immer noch und immer wieder an?“ Unddas macht genauso krank wie ein Burn-out.

Auch wenn das Fed-up-Syndrom vermehrt inden späten mittleren Lebensjahren auftritt, kor-reliert es stärker mit der Dauer der Organisati-onszugehörigkeit. Berufliche und persönlicheStagnation in der Arbeitssituation sind derideale Nährboden für Fed-up. Und so findenwir das Syndrom auch verstärkt in Organisati -onen mit langfristigen Beschäftigungsverhält-nissen: in öffentlichen Verwaltungen und Groß-unternehmen, an Schulen und Universitäten.

Bildnachweis: Porträts: Dagmar Siebecke, S. 2 (Klatt), S. 27 (Ciesinger); Susanne Kneifel, S. 9 (Reszies); Foto -studio Stefanie Zwisler, S. 11 (Halbe-Haenschke); KirstenOstmann, S. 13 (von Fürstenberg); Alexander Louvet, S. 19 (Hartmann); KKH Allianz, S. 20 (A'Walelu); HS Technik und Wirtschaft, S. 23 (Nitsche).fotolia: matttilda, Titel, S. 5; olly, S. 3; Nyul, vision images,Kzenon, Lichtmeister, S. 4; endostock, Mark Atkins, S. 5;Klaus Eppele, S. 7; iofoto, S. 8; frauke98 S. 12; Peter Atkins, S. 16; amelie, S. 20; Sergii Figurnyi, S. 23; RobertKneschke, S. 24; ArtmannWitte, S. 26; mamastock, q-snap, Gina Sanders, S. 28.photocase: froodmat, S.11; kallejipp, S.15; Mr. Nico, S.19.

Krankheiten im Schatten des Burn-out

Heute: Das Fed-up-Syndrom

Wir finden es seltener in Bereichen, die eigent-lich aus arbeitswissenschaftlicher Sicht für dieAusbildung psychischer Erkrankungen prädes-tiniert sind: Dynamische Arbeitsumfelder mitschnellen Veränderungs- und Innovationszyklenschaffen sicher andere Probleme, schützen abervor dem Fed-up. So ähnlich sich also Burn-outund Fed-up an der Oberfläche sehen, so grund-verschieden sind die pathogenetischen Muster:Hier Überforderung, dort Sättigung, hier Dyna-mik, dort Stagnation, hier Übermotivation, dortResignation.

Das Beispiel des Fed-up-Syndroms zeigt über-deutlich: So schön es ist, dass die Diskussionum psychische Gesundheit und deren Zusam-menhang mit Arbeitsbedingungen die Prime-Time ebenso wie die Stammtische und damitgesellschaftliche Bedeutung erreicht hat, mandarf nun nicht jede psychische Beeinträchtigungals Burn-out diagnostizieren und mit steigen-dem Arbeitsdruck erklären. Denn so einfach istdie Psyche des Menschen nicht gestrickt. Unddas meine ich ernst.

Lesen Sie das nächste Mal: „Glücksstress“ oder„Herr Doktor, bin ich krank, wenn ich keinen Spaßan der Arbeit habe?“.

Kurt-Georg Ciesinger

Bezugsadresse /Kontakt: Redaktion præviewgaus gmbh – medien bildung politikberatungMärkische Straße 86-88, 44141 Dortmund, fon 0231/47 73 79-30, fax [email protected], www.zeitschrift-praeview.de

impressum

præview – Zeitschrift für innovative Arbeits-gestaltung und Prävention3. Jahrgang 2012 – ISSN 2190-0485 – Erscheinungsort DortmundHerausgeber: Dr. Rüdiger Klatt, DortmundVerantwortlicher Redakteur: Kurt-Georg Ciesinger,DortmundOnline-Redaktion: Johannes JahnsLektorat: Ursula Meyer, BonnKorrektorat: Simone DanischDruck: Druckerei Schmidt GmbH & Co. KG, 44536 LünenLayout: Q3 design GbR, 44265 Dortmund, www.Q3design.de

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