Offenes Cluster-Forum: „Neue Trends in der
Energiewirtschaft – Zukunft oder Hype?“
Potsdam, 21. November 2017
Dr. Swantje Gährs
IÖW – Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung, Berlin
Prosumer in der Energiewirtschaft
Überblick, Potenziale und Erkenntnisse aus Projekten des IÖW
Dr. Swantje Gährs, IÖW, Übersicht Prosumer, Clusterforum, 21. November 2017
Hier relevante Projekte / Projektstränge des IÖW
– Projekte zur Grid-Parity der PV (2007ff)
– Beginn der Entwicklung des Prosumer-Modells EProM
– „PV-Nutzen“, 2012-2015
– zusammen mit ISEA und IFHT RWTH Aachen,
gefördert vom BMWi, www.pv-nutzen.rwth-aachen.de
– „Prosumer-Haushalte“, 2013-2016
– zusammen mit FCN/RWTH Aachen und GWS,
gefördert vom BMBF, www.prosumer-haushalte.de
– „Prosumer-Potenziale in NRW 2030“, 2017
– gefördert von der Verbraucherzentrale NRW
– „Speicherdienste für smarte Quartiere - Esquire“, 2017-2020
– Zusammen mit Fh IAO, KIT, Esquire und evohaus,
gefördert vom BMBF, www.esquire-projekt.de
– Daneben Vorhaben zu Prosumer im Wärmebereich (LowExTra, Urbane Wärmewende
Berlin) und Vorhaben mit Relevanz für Prosumer (Resilienz dezentraler Energiesysteme,
Designetz, WindNODE, Mieterstrom)2
Dr. Swantje Gährs, IÖW, Übersicht Prosumer, Clusterforum, 21. November 2017
Inhalt
1. Einführung und Definition
2. Motivation und Potenziale
3. Systemwirkungen
4. Fazit
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Dr. Swantje Gährs, IÖW, Übersicht Prosumer, Clusterforum, 21. November 2017
1. Was ist ein Prosumer?
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Producer Consumer
ProsumerEnergie wird im
Haushalt „verbraucht“
− Haushaltsgeräte
− Wärme
− Power-To-Heat
− Elektroauto
− …
− (Achtung: Rebounds)
Energie wird im
Haushalt produziert
− PV-Anlage
− BHKW
− Kleinwindkraft
− Wärme
− …
− E-HarvestingIntelligenter Verbrauch =
Anbieter von smarten
Dienstleistungen
- Lastverschiebung
- Regelenergie
- …
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1. Erweiterter Prosumer-/Eigenverbrauchsbegriff:
objektbezogener und nahräumlicher Verbrauch
– Beispiel Mieterstrommodelle (Eigentümer/Betreiber und Verbraucher nicht identisch, Strom geht nicht durch das öffentliche Netz)
– Hohes Nachfrage- und Akzeptanzpotenzial, hohe Identifikationsbedeutung für die Energiewende
– Mit Mieterstromgesetz Eigenverbrauch möglich, mit indirekt verringerter Umlage, trotzdem hohe Anforderungen an Abrechnung und Wirtschaftlichkeit
– Beispiel PV-Anlage auf nahegelegenem Dach (Eigentümer/Betreiber und Verbraucher (nicht) identisch, Strom geht durch ein öffentliches Netz)
– Derzeit kein Eigenverbrauch, volle Umlagenbelastung
– Beispiel „Balkon-PV“
– Überarbeitung von Norm VDE 0100-551, weitere Folgen bis Ende 2018, erleichtertes Anmeldeverfahren beim Netzbetreiber geplant
– Beispiel Eigenversorgung von größeren Objekten und Gewerbe
– Hemmnis Ausschreibungen
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Dr. Swantje Gährs, IÖW, Übersicht Prosumer, Clusterforum, 21. November 2017
2. Motivation und PotenzialeUnabhängigkeit als starkes Motiv
– Eigenverbrauch spielt
als Motiv für die
Anschaffung einer PV-
Anlage zunehmend eine
sehr wichtige Rolle
– Bei einer Befragung
gaben über 90 % der PV-
Anlagenbesitzer, die ihre
Anlage 2013
installierten, eine hohe
Wichtigkeit des
Eigenverbrauchs an
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Frage: Wie wichtig ist es Ihnen, möglichst viel des selbst erzeugten
Stroms aus Ihrer PV-Anlage auch selbst zu verbrauchen, anstatt ihn
für die Allgemeinheit gegen Vergütung ins Netz einzuspeisen?
Befragt wurden 532 PV-Anlagenbesitzer im Mai 2014
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2010 2011 2012 2013
(6) überhaupt nicht wichtig (5) (4) (3) (2) (1) sehr wichtig
Installationsjahr der PV-Anlage
Wichtigkeit des Eigenverbrauchs
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2. Motivation und PotenzialeVielfältige weitere Motive
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Zukunftstechnologie/ZukunftsdenkenDachsanierung/Neubau
Gegen AtomkraftÖkostrom erzeugen
Geld verdienenEinspeisevergütung
Förderung/sichere InvestitionAltersvorsorge/Rente
Gute Lage des DachesEE und Energiewende unterstützen
RenditeStromverbrauch senken
steigende StrompreiseAutarkie/Unabhängigkeit
Eigenen Strom produzierenGeld sparen/Kosten senkenAllg. wirtschaftliche Gründe
Geldanlage/InvestitionEigenverbrauch
Allg. ökologische Gründe
0% 5% 10% 15% 20% 25%
Eigene Befragung von 532 PV-Anlagenbesitzern, Mai 2014,
Offene Abfrage der Beweggründe zur PV-Anlageninstallation
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2. Motivation und Potenziale vielfältige Optionen für Prosumer
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-10.000 -8.000 -6.000 -4.000 -2.000 0 2.000 4.000 6.000
PV-S
PV-OW
PV-S+BAT
PV-OW+BAT
PV-S+WP
PV-OW+WP
PV-S+EHZ
PV-OW+EHZ
PV-S+KWK
PV-OW+KWK
KWK
KWK+BAT
Strommenge (Verbrauch neg, Einspeisung pos) [kWh]
Eigenverbrauch Strombezug aus dem Netz Stromeinspeisung
Po
we
r-T
o-H
ea
t
Legende
PV Photovoltaik
S Süd-Ausrichtung
OW Ost-West-Ausrichtung
BAT Batterie
WP Wärmepumpe
EHZ Elektroheizstab
KWK Mikro-Kraft-Wärme-
Kopplungsanlage
Simulationsergebnisse mit
IÖW-Modell EProM
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3. SystemwirkungenTechnisch-infrastrukturelle Wirkung
– Prosumer können hohe Eigenverbrauchs- und Autarkiegrade
realisieren UND sich netzdienlich verhalten
– Insbesondere können zuverlässig die Spitzenlasten
(Erzeugung/Verbrauch) signifikant abgesenkt werden
– Sie können damit Netzausbau verringern bzw. einen signifikant
höheren EE-Zubau in der Niederspannung ermöglichen
– In vielen Netzen, insbesondere urbanen Netzen ist noch signifikanter
PV-Zubau uneingeschränkt möglich
– Zitat 50Hertz Energiewende Outlook 2035
– „In manchen Szenarien entsteht darüber hinaus langfristig Bedarf für zusätzliche
Netzausbaumaßnahmen. In einer prosumerorientierten Energiewende fallen
diese am geringsten aus.“
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3. Systemwirkungen Auswirkungen auf die Lastkurve (PtH & BAT)
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PV vs. PV mit Batterie
(Jahresmittelwerte)
Der Einsatz einer Batterie kann die
Leistungsspitzen sowohl im Verbrauch
als in der Einspeisung reduzieren
Sim
ula
tio
nse
rgeb
nis
se
mit IÖ
W-M
ode
ll E
Pro
M
PV vs. PV mit Heizstab
(Jahresmittelwerte)
Der Heizstab verringert die
Leistungsspitze deutlich und hat
damit eine netzdienliche Wirkung
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3. SystemwirkungenProsumer in der Stadt und auf dem Land
– Häufig kleine Anlagen, da weniger
Flächen vorhanden sind
– Zubau muss gefördert werden,
damit Flächenpotenziale
ausgeschöpft werden
– Wegen hohem Anteil an Mietern,
muss Prosuming vom Gebäude
hin zum Quartier gedacht werden
und Anlagenbesitz vom
Stromverbrauch entkoppelt
werden
– Große Anlagen, da viel Dachfläche
pro Person vorhanden ist
– Netze zum Teil schon mit viel EE
belastet, Prosumer können durch
Lastverschiebung und Eigen-
verbrauch Netzentlastung schaffen
– Speicher sollten für
Netzdienstleistungen genutzt
werden
– Sektorkopplung, um möglichst viel
des EE-Stroms vor Ort zu
verbrauchen
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Prosumer in der Stadt Prosumer im ländlichen Raum
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4. Fazit
– Es gibt vielfältige und starke Motive für private Energieerzeugung von
Haushalten als Eigentümer und Mieter – die Bürger wollen Motor der
(dezentralen) Energiewende bleiben
– Privates Prosuming kann zuverlässig systemdienlich erfolgen – der private
Erzeuger hat eine hohe Bereitschaft dazu und keine nennenswerten
Einbußen
– Privates Prosuming ist zunehmend wirtschaftlich (Batterieeinsatz, PtH) –
und weist auch regional- und volkswirtschaftlich (vermutl.) positive Effekte
auf (verändert allerdings die Landschaft und Profite der Energiewirtschaft)
– Urbanes Prosuming (insbesondere mit Solarenergie), kann
uneingeschränkt gefördert werden, da die städtischen Netze noch große
Mengen Solarstrom aufnehmen können
– Der gegenwärtige Rahmen/ die aktuelle Regierung schöpft dieses
Potenzial nicht ansatzweise aus (im Gegenteil)
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Vielen Dank.
Dr. Swantje Gährs
IÖW – Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung, Berlin
21. November 2017