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PROSEMINARARBEIT - edu.uni-klu.ac.at · Pädagogische Theorien des Lehrens und Lernens 813.010 - PS...

Date post: 02-Sep-2019
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Pädagogische Theorien des Lehrens und Lernens 813.010 - PS Mag. Barbara Hanfstingl PROSEMINARARBEIT „Prüfungsangst“ Name: Martina Allesch Matrikelnummer: 05 6 0369
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Pädagogische Theorien des Lehrens und Lernens

813.010 - PS

Mag. Barbara Hanfstingl

PROSEMINARARBEIT

„Prüfungsangst“

Name: Martina Allesch

Matrikelnummer: 05 6 0369

Proseminararbeit - Prüfungsangst

Seite 2 von 26

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich versichere ehrenwörtlich, dass ich den vorliegenden Text selbst verfasst habe,

dass ich außer den angegebenen Quellen keine anderen benutzt habe, dass jede

Quelle gekennzeichnet ist, und dass ich diese Arbeit an keiner anderen Stelle

eingereicht habe.

___________________________________

Unterschrift aller Verfasser/ Verfasserinnen

Proseminararbeit - Prüfungsangst

Seite 3 von 26

Inhaltsverzeichnis:

1. Angst ..............................................................................................4

1.1. Definitionen ........................................................................................................... 4

1.2. Angstforschung...................................................................................................... 5

1.3. Symptome der Angst ............................................................................................. 5

1.4. Angstbewältigung / Abwehrmechanismen ............................................................. 6

2. Prüfung...........................................................................................8

2.1. Die Bedeutung der Prüfung ................................................................................... 8

2.2. Prüfungsformen..................................................................................................... 9

2.3. Die Problematik der Prüfungen.............................................................................10

3. Prüfungsangst..............................................................................10

3.1. Prüfungsangst – was ist das? ...............................................................................10

3.2. Auslösende Faktoren und Reaktionen der Prüfungsangst ....................................11

3.3. Wie lässt sich Prüfungsangst messen? ................................................................13

3.4. Leistungsangst .....................................................................................................14

3.5. Schulangst............................................................................................................15

3.6. Ursachen der Prüfungsangst ................................................................................16

3.7. Leistung................................................................................................................16

3.8. Leistungsbeurteilung.............................................................................................17

3.9. Einstellung zur Prüfung.........................................................................................18

3.10. Die Angst des Prüfers.......................................................................................19

4. Bewältigungsstrategien / Copings / Vorbeugung von

Prüfungsangst..............................................................................19

4.1. Vorbereitung zur Prüfung......................................................................................20

4.2. Therapeutische Ansätze .......................................................................................21

4.3. Maßnahmen zur Verringerung der Angst ..............................................................22

4.4. Montessori Pädagogik als Beispiel ohne Notengebung ........................................23

5. Zusammenfassung ......................................................................25

6. LITERATURVERZEICHNIS...........................................................26

Proseminararbeit - Prüfungsangst

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1. Angst

Angst ist ein Grundgefühl des Menschen, sie gehört zur menschlichen Existenz und wird als

psychische Grundfunktion betrachtet. Angst lässt unsere Grenzen erkennen und erleben.

Gefühle der Angst treten in Situationen auf, in welchen die Sicherheit und Integrität einer

Person bedroht sind und eine adäquate Reaktion nicht möglich erscheint. Die Person fühlt

sich hilflos und orientierungslos, die Kontrolle und Steuerung des eigenen Ichs droht zu

entgleiten.

Angst beengt den Menschen, erregt und lähmt seinen Willen und ist mit körperlichen

Begleiterscheinungen verbunden. Sie tritt dort auf, wo der Mensch im Verlauf seiner

Entwicklung einer Situation nicht oder noch nicht gewachsen ist. Angst zeigt Gefahren und

Bedrohungen und ist ein sinnvolles Warnsignal für das Individuum.

1.1. Definitionen

Den Versuch eine einheitliche Definition für Angst zu finden war sehr schwierig. Allerdings

gibt es keine Einigkeit darüber, deshalb stelle ich einige vor, die von bedeutsamen

Forschern genannt wurden und für mich zu diesem Thema passend sind.

Angst ist ein durch negative Gefühle gekennzeichneter Zustand, der oft mit körperlichen

Symptomen wie Zittern, Schweißausbruch, erhöhter Puls, und Vermeidungstendenzen wie

Abwehr, Flucht, Bewegungslosigkeit und Aggression einhergeht (vgl. Böhm, 2000).

„Angst ist ein unangenehmes Gefühl, das in Situationen auftritt, die als bedrohlich

eingeschätzt werden. Eine Vielfalt unterschiedlicher Gefahrensituationen kann Angst

auslösen“ (Schwarzer, 2000, S. 88).

Schwarzer (2000, S. 118) beschreibt weiter: „Unter sozialer Angst versteht man die

Besorgnis und Aufgeregtheit in sozialen Situationen, die als selbstwertbedrohlich erlebt

werden“.

In der Interaktion mit anderen Menschen, riskiert man sein Ansehen, wenn etwas nicht

gelingt und man sich lächerlich macht. Die soziale Ängstlichkeit hängt mit dem

Selbstkonzept zusammen. Wer sich nicht zutraut, andere Menschen zu beeindrucken, hält

sich leicht für minderwertig. Die soziale Ängstlichkeit lässt sich in vier Arten unterteilen:

Verlegenheit, Scham, Publikumsangst und Schüchternheit (vgl. Schwarzer, 2000).

mallesch
Notiz erstellt zum Thema Prüfungsangst
mallesch
Den Versuch eine einheitliche Definition für Angst zu finden war sehr schwierig. Allerdings gibt es keine Einigkeit darüber, deshalb stelle ich einige vor, die von bedeutsamen Forschern genannt wurden und für mich zu diesem Thema passend sind.

Proseminararbeit - Prüfungsangst

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Während Angst soziologisch aus den gesellschaftlich bedingten Schwierigkeiten heraus

erklärt wird, unterscheidet die Existenzphilosophie zwischen dem Affekt der Furcht und

Angst als menschliche Grundbefindlichkeit. Nach Heidegger wird Angst nicht als

wissenschaftliches Konstrukt, sondern als Phänomen behandelt, das Aufschluss über das

Verhältnis des Menschen zu seiner Lebenswirklichkeit gibt (vgl. Böhm, 2000).

1.2. Angstforschung

Die physiologischen Messmethoden basieren auf zahlreichen Auswirkungen der Angst auf

den menschlichen Organismus. Mit physikalisch technischen Apparaten werden die

psychosomatischen Symptome der Angst, wie Erhöhung des Blutdruckes, der Herz- und

Atemfrequenz oder die Verstärkung der Gehirnströme objektiv erfasst. Diese Messverfahren

weisen jedoch Nachteile auf, da die beschriebenen Affektzustände auch als Folge von

anderen emotionalen Erregungszuständen auftreten, wie z.B. Freude, Ärger oder Wut. Eine

Trennung der verschiedenen Gefühle ist nur ungenau möglich. Häufig werden als geeignete

Verfahren zur Messung der situativen Angst Fragebogentests verwendet. Als Grundlage für

die Befragungen dienen so genannte Angstskalen, die von Angstforschern entwickelt

wurden. Die meisten Fragebogen der letzten Jahrzehnte sind auf allgemeine Ängstlichkeit

bezogen und vornehmlich auf soziale und leistungsfördernde Anlässe gerichtet (vgl.

Schwarzer, 2000).

1.3. Symptome der Angst

Wir wissen meistens, welche Ängste wir haben, wie wir in Situationen reagieren, wie sich die

Angst zeigt und können auch die Qualitäten der verschiedenen Ängste unterscheiden. Die

Angstsymptome, die wir in diesem Kapitel beschreiben, gelten gleichermaßen für die

Prüfungsangst.

In Situationen, wie z.B. Prüfung, stellen wir eine schnelle Anspannung fest. Eine leichte

Spannung, so genanntes Lampenfieber, erhöht unsere Konzentration und setzt ungeahnte

Kräfte frei, die durchaus nützlich sein können. Bei der Bearbeitung dieses Themas, erkannte

ich, wie ich in Prüfungssituationen oft selbst über meine Kräfte hinausging. Allerdings kann

eine zunehmende Spannung schnell unangenehm werden. Auch diese Situation ist mir

bekannt. Es macht sich das Gefühl breit, blockiert zu sein. Im Laufe meiner Ausbildung kann

ich mich an eine solche Situation erinnern. Es ist durchaus möglich, dass sich diese

Angstspannung bis zur Panik steigern kann.

Der körperliche Ausdruck von Angst kann sich unter anderem äußern in Blässe, Röte, Zittern

am ganzen Körper, Schwäche in den Knien, Herzklopfen, Atemnot, Übelkeit, Durchfall, die

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Stimme wird künstlich hoch oder tief, manche spüren einen Kloß im Hals, bekommen

feuchte Hände oder einen Schweißausbruch um einige körperliche Symptome zu nennen

(vgl. Kast, 2003).

Zu den Emotionen der Angst zählen z.B. Wut, Trauer, Zorn, Aggression, Ungewissheit,

Kummer, Scham, Bedrohung, Schuld, Unsicherheit, Furcht, Ärger und noch viele mehr (vgl.

ebda.).

Wenn wir uns genau mit der Emotion Angst befassen, sind viele Ansätze zu entdecken, die

den Umgang mit der Angst ermöglichen.

1.4. Angstbewältigung / Abwehrmechanismen

Zwischen dem zeitlichen Auftreten, den Verlaufsformen von Angstaffekten und den

Techniken der Angstabwehr durch das Individuum besteht ein Zusammenhang.

Grundsätzlich ist das Ausmaß der Angst von der Wirksamkeit der

Verarbeitungsmechanismen abhängig.

Die bekanntesten Bewältigungsstrategien / Abwehrmechanismen, die genannt werden sind:

1. Distanzieren

Wenn wir von einer panischen Angst ergriffen sind, versuchen wir uns selbst zu beruhigen.

Wir sagen uns: „jetzt ganz ruhig, tief durchatmen, zähle bis zehn“, usw., wir können uns von

dem was uns ängstigt distanzieren.

2. Rationalisieren

Wir machen uns Mut, bevor die Angst eintritt.

3. Projektion

Wenn wir eine diffuse Angst haben und gar nicht wissen warum, beziehen wir z.B. die Angst

auf ein Verhalten eines bestimmten Menschen oder an die Außenwelt, die dann natürlich

feindlich wird.

4. Entwerten

Entwerten ist eine Angstabwehr. Wenn wir Angst vor einer Kritik haben und befürchten, sie

könnte Scham auslösen, versuchen wir den potentiellen Kritiker zu entwerten, indem wir z.B.

seine Kompetenz in Frage stellen.

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5. Prävention

Ist eine bewusste Form des Vermeidens von Angst. Wir schützen uns, wenn wir eine Gefahr

voraussehen. Der Schutz setzt voraus, dass wir Angst wahrnehmen und akzeptieren, aber

auch kontrollieren. Wenn wir etwas unter Kontrolle haben, sind wir nicht mehr ausgeliefert.

6. Somatisierung

Hier werden Angsterregende Impulse in körperliche Symptome umgesetzt, z.B.

Dauerkopfschmerz, Migräne, Müdigkeit, Kreislaufprobleme. Durch die Krankheit wird eine

verstärkte Zuwendung erfahren.

(vgl. Kast, 2003).

Hiermit habe ich nur einige Abwehrmechanismen genannt, die sofort einsetzen wenn Angst

auftritt und helfen, mit der Angst umzugehen und Angstsituationen zu bewältigen. Es geht

nicht darum, Angst zu vermeiden, sondern den Sinn zu erfahren, um sie zu nutzen.

Angstfreiheit gibt es nicht. Sie ist ein existentielles Gefühl.

Es wird immer wieder berichtet, wie viele angstlösende Medikamente geschluckt werden.

Man gewinnt den Eindruck, dass die Menschen heute sehr viel Angst haben oder der

Ansicht sind, keine Angst haben zu dürfen.

Ich führte im Rahmen dieser Arbeit eine Beobachtung bei Studenten vor einer Prüfung

durch. Dabei stellte ich fest, je mehr über die Prüfung gesprochen wurde, desto nervöser

wirkten die Studenten. Sobald ein Student von der Prüfung kommt, wird er sofort über den

Verlauf der Prüfung befragt. Aufgrund dieser Erkenntnis wäre eine Empfehlung von mir,

dass sich die Prüflinge vor der Prüfung nicht in Gruppen aufhalten, um die Prüfungsangst

nicht zusätzlich zu erhöhen.

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2. Prüfung

Im Bildungssystem ist Prüfung folgendermaßen festgelegt. Prüfungen sollen Lernabschnitte

beenden und feststellen, wieweit der Kandidat den jeweiligen Lernstoff beherrscht und

ausreichende Kompetenz für ein bestimmtes Aufgabengebiet besitzt (vgl. Prahl, 1977).

Unterscheidungen gibt es zwischen Aufnahme-, Zugangs-, Eignungs-, Zwischen- und

Abschlussprüfungen, sowie Gesellen-, Meister-, Diplom- und Doktorprüfungen, etc. (vgl.

Böhm, 2000).

2.1. Die Bedeutung der Prüfung

Ich fand bei meiner Literaturrecherche in diversen Lexika der Pädagogik eine große Anzahl

an Beschreibungen von Prüfung, zurückreichend bis in die 50er Jahre. Ich stellte fest, dass

Prüfung bereits damals und bis heute ein großes Diskussionsthema darstellt.

Prüfungen sind eine bewusste Herausforderung zur Leistungsbeurteilung. Zugleich dienen

sie als Kontrolle der angestrebten Lernziele im jeweiligen Ausbildungsabschnitt. Sie werden

als Qualifikationsnachweis verstanden, verbunden mit einem Schulabschluss, der den

weiteren Aufstieg in der Schule oder den Eintritt in eine bestimmte Berufslaufbahn erlaubt.

Das Prüfungsergebnis ist zugleich Diagnose und Prognose und soll zur Verbesserung des

Lehr- und Lernverhaltens beitragen. Unter didaktischem Aspekt ist die Prüfung eine

Rückmeldung von Lernerfolg und Lehrereffizient und kann als eine Möglichkeit zur

Selbstkontrolle des Lernenden, aber auch des Lehrenden angesehen werden. Jedes

Anlernen und Unterrichten schließt eine Art von Prüfen mit ein und gehört zum Wesen der

Belehrung. Der Lehrende muss sich überzeugen, ob der Lehrstoff verstanden und behalten

wurde (vgl. Lexikon der Pädagogik, 1971).

Wir leben heute in einer so genannten Leistungsgesellschaft, in der berufliche und soziale

Positionen vorwiegend aufgrund von Leistung vergeben werden. Die Leistung einer Person

wird durch Prüfungen ermittelt. Die Ergebnisse sind wesentlich mitentscheidend für einen

beruflichen Einstieg bzw. Aufstieg und häufig der Schlüssel zum beruflichen Weiterkommen

und Erfolg. Die Menschen haben gelernt, sich mit anderen zu messen und zu vergleichen.

Das gilt im Bildungsbereich genauso wie beim Sport. Die gesellschaftliche Wertung und die

Bedeutung der erreichten Prüfungsergebnisse setzt Lernende immer wieder einem starken

Leistungsdruck aus. Ein Bildungserfolg wird erst dann anerkannt, wenn am Ende einer

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Ausbildung eine Aussage zur Leistungsfähigkeit, in Form einer Note steht. Durch einen

erfolgreichen Abschluss steigt der Status in der Gesellschaft.

2.2. Prüfungsformen

Prüfungen sind vielfach in einen theoretischen und praktischen Teil aufgegliedert. Im

theoretischen Teil werden meist zwei Prüfungsformen kombiniert: eine schriftliche Prüfung

(Klausurarbeit, Fachbereichsarbeit, etc.) und eine mündliche Prüfung, in der entweder

Fragen gestellt und beantwortet werden, oder ein so genanntes Prüfungsgespräch

stattfindet.

Schriftliche Prüfungen umfassen ein in sich abgeschlossenes Teil-Stoffgebiet. Formen

schriftlicher Prüfungen können z.B. Diktate oder Schularbeiten oder auch schriftliche

Mitarbeitskontrollen beinhalten. Hierbei ist es wichtig zu beachten, dass die Fragen und

Aufgabenstellungen präzise formuliert sind. Ein Vorteil bei schriftlichen Prüfungen ist, dass

bei Unklarheiten die Möglichkeit des Nachfragens besteht, vorausgesetzt der Vortragende

(Prüfer) ist bei der schriftlichen Prüfung selbst anwesend. Sehr häufig ist es der Fall, dass

Lehrer den Beisitz bei schriftlichen Prüfungen externer Lehrer übernehmen, und somit bei

Nachfragen keine gezielte Auskunft geben können.

In vielen Fällen werden mündliche Prüfungen als Form der Einzelprüfung oder auch in

Gruppen abgenommen. Wenn eine Gruppe einer Gesamtprüfung unterworfen ist, stellt dies

auch hohe Anforderungen an den Prüfer. Vor allem in Bezug auf die Beobachtung und

Bewertung der Antworten.

Sehr viele Weiterbildungen schließen heute mit einer Abschlussarbeit ab. Die Kriterien wie

Umfang der Arbeit, erforderlicher empirischer Teil, formale Richtlinien, Zeitpunkt der Abgabe,

werden von der Lehrgangsleitung festgelegt.

Im Fall offener Lernformen, im Rahmen derer sich die SchülerInnen selbst bewerten sollen,

ist festzulegen, wer die Beurteilungsstandards festlegt. Hier besteht ein Gegensatz zu den

Qualitätskriterien, die sich sachlogisch ergeben. Denn Standards bedürfen einer

(begründeten) Festlegung. Die LehrerInnen müssen im Vorhinein bekannt geben, welcher

Teil nach Qualitätskriterien und welche Beurteilungsstandards sie festgelegt haben möchten,

damit sich die Lernenden während ihres Arbeitsprozesses daran orientieren können.

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2.3. Die Problematik der Prüfungen

Prüfungen wollen bestimmte Leistungen feststellen. Sie erfassen aber niemals die Vielfalt

der Leistungsmöglichkeiten. Eine Prüfung ist künstlich herbeigeführt und das Ergebnis der

Leistung sagt nur für die Stunde in der sie erbracht wird etwas aus. Abgesehen davon, dass

Prüfungen nur Teilbereiche von Wissen und Können erfassen, ist die Objektivität der

Beurteilungskriterien ein Problem. Vielfach erscheinen Prüfungen als moralische Bewertung

oder Abrechnung von Seiten des Prüfers. Trotz Bemühens einer objektiven Beurteilung und

Gerechtigkeit kann es zur Benachteiligung einzelner Prüflinge kommen, besondere Vorzüge

bleiben häufig unbeachtet (vgl. Lexikon der Pädagogik, 1971).

Problematisch ist die Bewertung der Leistungsnachweise von prüfungsängstlichen

Personen. Ihre Leistungen hängen nicht allein vom Wissen und den Fähigkeiten ab, sondern

werden durch prüfungsirrelevante Faktoren beeinträchtigt. Als wesentlicher Faktor ist hier

die Prüfungsangst zu nennen. Die aus der Examenssituation entstehende Prüfungsangst

kann beim Prüfling psychische Folgen nach sich ziehen.

3. Prüfungsangst

In unserer Gesellschaft werden berufliche und soziale Positionen nach Leistung vergeben.

Prüfungsangst ist deshalb ein weit verbreitetes Phänomen, dem wir im Alltag immer wieder

begegnen. Prüfungen haben für viele Menschen eine große Bedeutung, dementsprechend

erzeugen sie oft starke Prüfungsangst und stellen unterschiedliche psychische Belastungen

dar.

3.1. Prüfungsangst – was ist das?

„Unter Prüfungsangst versteht man die überdauernde Bereitschaft einer Person, in

Situationen, die als leistungsthematisch wahrgenommen werden, mit einem

charakteristischen Muster motorischer, subjektiver erlebnismäßiger und physiologischer

Prozesse zu reagieren.“ (Andreas, 1976, zitiert nach Winklehner-Latzelperger, 1998, S. 43).

Angst in Prüfungssituationen ist der Prototyp von Schülerängsten, mit Symptomen wie

Schwitzen, Magenschmerzen, Zittern, Herzklopfen und vor allem Denk- und

Gedächtnisstörungen. Angst beeinträchtigt die Funktionstüchtigkeit des psychischen

Apparates, sie vermindert die intellektuelle Leistung (vgl. ebda).

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Prüfungsangst ist eine Form der Angst. „Prüfungsangst ist zunächst einmal das Gefühl wie

Depressionen, Ärger, Wut, Trauer, Resignation, Zorn, Mitleid, Dankbarkeit, Freude oder

Stolz. Gefühle, die im menschlichen Handeln alltäglich auftreten und die unser Denken,

Erleben und Verhalten wesentlich mitbestimmen“. (Weiß, 1997, S. 13).

3.2. Auslösende Faktoren und Reaktionen der Prüfungsangst

Es hat sich laut Untersuchungen gezeigt, dass ein überhöhtes Maß an Prüfungsangst zu

einer Beeinträchtigung des psychischen und physischen Wohlbefindens und

Leistungsvermögen führen kann (vg. Schachl, 1992).

Prüfungsangst ist ein psychischer Belastungszustand vor und während Prüfungen und in

ähnlichen Kontrollsituationen. Die Prüfungsangst ist gekennzeichnet durch

psychomotorische Störungen und psychischen Beeinträchtigungen:

Psychosomatische Störungen: Durch die Freisetzung der Hormone Adrenalin und

Noradrenalin aus dem Nebennierenmark entstehen Stressmerkmale wie z.B.

Schlafstörungen, Muskelzuckungen, Schweißausbruch, vermehrter Ausscheidungsdrang.

Psychische Beeinträchtigungen: Sind gekennzeichnet durch Konzentrationsschwäche,

psychische Lähmungen oder Denkblockaden.

Als beängstigende Prüfungsbedingungen werden u. a. Machtausübung des Prüfers, die

willkürliche Themenwahl und die eigene Prüfungsangst des Prüfers genannt.

Die neurotischen Reaktionen können durch Panikattacken, Selbstkontrollverlust,

überhöhten Selbst- und Fremdanspruch, Gefühl des ausgebrannt sein, ausgelöst werden

(vgl. Brockhaus Enzyklopädie, 1992).

Leistungs- und Prüfungsängsten liegt als gemeinsame Grundlage die Angst vor Beurteilung

und negativer Bewertung zugrunde. Es handelt sich dabei oft um den Ausdruck sozialer

Ängste. Die Angst vor kritischer Beurteilung durch andere Menschen stellt ein zentrales

Merkmal sozialer Ängste dar. Prüfungsangst ist eine Form der Angst. Sie ist oft Ausdruck

sozialer Ängste.

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Soziale Phobien werden in zwei Arten unterschieden:

- Soziale Phobie vom Leistungstyp: Angst vor Beobachtung, Kritik und Ablehnung in

Leistungssituationen.

- Generalisierte soziale Phobie: Angst in vielen sozialen Situationen, oft in Verbindung

mit mangelnden sozialen Fertigkeiten.

Bei beruflich erfolgreichen Menschen mit Angststörungen findet sich oft folgendes Dreieck:

Sozialphobie - Panikattacken - Erschöpfungsdepression

Der Behandlungsanlass sind oft Panikattacken. Wenn diese „überfahren“ werden, d.h. als

Zeichen für eine Überlastungsreaktion ignoriert werden, entwickelt sich nach einiger Zeit oft

eine Erschöpfungsdepression. Häufig bildet eine Sozialphobie den Hintergrund der

Überlastungsreaktion. Man möchte alles super machen aus dem Bedürfnis, durch Leistung

anerkannt und in seinem Selbstwertgefühl bestätigt zu werden, überfordert sich im Laufe der

Zeit und verstärkt durch die überhöhten Ansprüche an sich selbst dann jenen Stress, der von

den Umweltbedingungen her ohnehin gegeben ist.

Man kann zwei Arten von Prüfungsängsten unterscheiden:

- Angst in der Zeit der Prüfungsvorbereitung:

Die Angst verhindert die optimale Aufnahme des Lernstoffes und beeinträchtigt die

Lernphase. Die Angst wird häufig durch negative Vorstellungsbilder aufgeschaukelt.

Sie stellen sich z.B. ganz plastisch vor, wie Ihnen bei einer mündlichen Prüfung etwas

nicht einfällt, Ihr Gesicht ganz rot wird, Ihre Hände zu zittern beginnen, Ihre Knie ganz

weich werden, Sie zu stottern beginnen, bis Ihre Stimme ganz versagt, die Zuschauer

zu lachen anfangen, der Professor Sie kritisch anschaut und negativ beurteilt, die

Eltern Sie als Versager bezeichnen. Derartige Vorstellungen beschäftigen Sie so stark,

dass Sie sich nicht mehr auf das Lernen konzentrieren können. Sie lenken sich von

dieser Angst durch Musikhören, ständiges Essen und Trinken oder Beschäftigung mit

anderen Dingen ab. Sie überlegen vielleicht auch, durch welche Krankheit Sie der

Prüfung entkommen können.

- Angst während der Prüfung:

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Die Angst beeinträchtigt die Wiedergabe des gelernten Wissens und wird häufig durch

massive körperliche Angstsymptome und deren ständige Beobachtung sowie durch die

negative Bewertung des Prüfungsverhaltens verursacht bzw. verstärkt. Sie erleben

genau jene körperlichen Symptome, die Sie gefürchtet haben und finden Ihre

Versagensängste bestätigt, sodass Sie sich sicher sind, ein Versager zu sein.

Körperliche Angstreaktionen in Leistungs- und Prüfungssituationen sind völlig normal,

weil es sich um persönlich bedeutsame Gelegenheiten handelt, die noch dazu von den

Betroffenen niemals völlig kontrollierbar sind. Das Ziel, dabei völlig „cool“ und

kontrolliert zu bleiben, ist unrealistisch und kann das Gegenteil bewirken. Das

Bemühen, die Angst und Anspannung zu überspielen und zu unterdrücken, kann erst

recht einen verkrampften und unnatürlichen Eindruck vermitteln.

Die Angst und innere Aufregung in Leistungssituationen ist für andere Menschen meistens

gar nicht so deutlich erkennbar oder wird nicht so negativ bewertet, wie die Betroffenen oft

glauben, sodass Unterdrückungsaktionen schon deshalb nicht nötig sind. Dies kann durch

die Videoaufzeichnung eines Auftritts leicht überprüft werden. Wenn die innere Anspannung

doch zu stark ist, kann sie durch Bewegung rasch abgebaut werden (z.B. den Körper im

Sitzen bewegen, kurz aufstehen, einige Schritte auf und ab gehen).

3.3. Wie lässt sich Prüfungsangst messen?

Angst und Prüfungsangst wird häufig auf der subjektiv erlebten Ebene gemessen. Zumeist

mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens. Die Einschätzung der Angst / Prüfungsangst

ist deshalb rein subjektiv. Die Einzelsymptome der Prüfungsangst sind prinzipiell mit

Methoden bzw. Verfahren messbar durch:

- Selbsteinschätzung

Die Person versucht ihre eigene Prüfungsangst bzw. Symptome hinsichtlich ihrer

Stärke und Vorhandenseins einzuschätzen. Die Selbsteinschätzung bezieht sich auf

die Wahrnehmung der eigenen motorischen-, kognitiven- und physiologisch

biochemischen Reaktionen.

- Fremdeinschätzung

Eine andere Person beurteilt die Angst eines Menschen, indem sie ihn nach

bestimmten Kriterien beobachtet und beurteilt.

- Apparative Messung

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Diese erfassen meist die physiologisch biochemischen Symptome wie z.B. die

Herzfrequenz mittels Elektrokardiogramm, Blutdruckmessung, Messung der

Schweißdrüsenaktivität mit dem Psychogalvanometer. Die Spannung der

Bewegungsmuskulatur kann genauso gemessen werden, und zwar mit dem

Elektromyogramm

(vgl. Weiß, 1997).

Für die Messung der Einzelsymptome gibt es in der Literatur zahlreiche Beispiele an

Fragebögen, die in der Forschung mehrmals erprobt und angewendet wurden.

Prüfungsangst stellt eine gut untersuchte leistungsbezogene Emotion dar, wobei sie

keineswegs die einzige Emotion in Bezug auf Leistung ist. Nach Pekrun (1996) wurde in

mehr als vier Jahrzehnten intensiver Forschung festgestellt, dass Prüfungsangst sich häufig

bereits in der Grundschulzeit entwickelt. Diese Entwicklung wird durch schulische

Wettbewerbsstrukturen, Misserfolgserfahrungen und Überforderung durch Eltern und Lehrer

begünstigt. Prüfungsangst beeinträchtigt die Lernleistungen und trägt zu Misserfolg bei, weil

sie die Ausführung bei kognitiv komplexeren Aufgaben reduziert. Therapeutisch kann

effizient gegen die exzessive Prüfungsangst vorgegangen werden.

Bei den vielen durchgeführten Forschungen in Zusammenhang mit Prüfungsangst und

Leistung wurde festgestellt, dass Lern- und Prüfungsemotionen mit Lernmotivation in engem

Zusammenhang stehen. Dabei scheinen Lernemotionen mit Lern- und Leistungsvariablen

enger verknüpft zu sein als Prüfungsemotionen. Prüfungsangst ist aber nicht diejenige

Emotion, welche die deutlichsten Lern- und Leistungsbezüge aufweist (vgl. Pekrun, 1996).

3.4. Leistungsangst

Die Leistungsangst ist die Angst, etwas falsch zu machen und bestimmt jede Aufgabe.

Durch Zensuren sorgt die Schule für Normierungen, die unabhängig von der Anstrengung

und den Fähigkeiten der Personen die Leistungsschwächeren aussondert. Dadurch fühlt

sich jeder bedroht (vgl. Winklehner-Latzelperger, 1998).

Eine allgemein akzeptierte Definition von Forschern lautet: „Leistungsangst ist die

Besorgtheit und Aufgeregtheit angesichts von Leistungsanforderungen, die als

selbstwertbedrohlich eingeschätzt werden. Diese Definition enthält Merkmale der

Auslösesituation (Leistungsanforderung), der subjektiven Einschätzungsprozesse

(Selbstwertbedrohung) und der sich daran anschließenden Kognitionsinhalte (Besorgtheit

und Aufgeregtheit).“ (Schwarzer, 2000, S. 105)

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Leistungsfähigkeit gehört zu den am meisten und längsten erforschten psychologischen

Konstrukten. Schon in den fünfziger Jahren begann man, die Zusammenhänge zwischen

Angst und Leistung zu untersuchen, z.B. in den sechziger Jahren durch Haber, Liebert &

Morris, später von Jeri Wine. Nach Wine (1980) richten leistungsängstliche Personen einen

Teil ihrer Aufmerksamkeit nicht auf die Aufgaben und deren Lösungen, sondern auf sich

selbst. Angst wird in der Forschung einerseits als leistungssteigernd, andererseits als

leistungsbeeinträchtigend gesehen. Diese Auffassung von den gegenläufigen Auswirkungen

der Angst wurde besonders von den Psychologen Mandler & Sarason, sowie Alpert & Haber

vertreten. Sie beruht auf einer Vielfalt von Untersuchungen, die Schüler und Studenten

durch Tests in zwei Gruppen bestätigen. Die Tests wurden unter zwei Bedingungen, in

entspannter Atmosphäre und unter Druck gesetzt, durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten

immer wieder die gleichen Resultate (vgl. Weiß, 1997).

3.5. Schulangst

Schulangst ist eine Angstreaktion auf schulische Situationen. Sie äußert sich häufig in

psychischen und psychosomatischen Symptomen wie Schlafstörungen, Kopf- und

Magenschmerzen, Essstörungen oder Übelkeit. Das Auftreten der Symptome führt oft zum

Schulschwänzen und Leistungsversagen. Als mögliche Ursachen werden Überforderung der

Schüler mit negativer Selbsteinschätzung, soziale Konflikte mit Mitschülern, Lehrpersonen

oder Eltern angenommen (vgl. Böhm, 2000).

In Leibold (1986) scheint die Schulangst ab dem zehnten Lebensjahr eine sehr hohe

Prägung aufzuweisen. Der Grund liegt darin, dass sich Kinder erstmals mit den in weiterer

Zukunft liegenden Konsequenzen ihrer schulischen Leistungen auseinandersetzen und

erkennen, dass ihre spätere Position stark von ihren schulischen Leistungen abhängt. Der

auf den Erwachsenen lastende Druck unserer Leistungsgesellschaft überträgt sich ebenso

auf die Heranwachsenden und führt bei diesen zu Versagensängsten.

Schulangst ist außerdem nicht nur Leistungsangst, sondern zugleich auch soziale Angst. Die

Schule stellt einen sozialen Kontext dar, in dem sich die Schüler ständig miteinander im

Hinblick auf ihre Leistungsergebnisse vergleichen. Schulangst bedeutet Furcht vor

Misserfolg gegenüber den Leistungsanforderungen in der schulischen Umwelt. Sie ist eine

Reaktion auf Gefahren oder Bedrohungen in Bezug auf Schule und Leistungsdruck. Sie

kann viele Ursachen haben. Ich zähle hier nur Beispiele ohne konkrete Beschreibung auf,

z.B. Angst vor schlechten Noten, Prestigeverlust, Strafangst, Personenangst (z.B. vor dem

Lehrer).

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3.6. Ursachen der Prüfungsangst

Die Ursachen der Prüfungsangst sind vielfältig. Als Ursache liegen oft mangelndes

Selbstbewusstsein, falsche Lernstrategien, hohe familiäre Erwartungen und Überforderung

zu Grunde. Ein Lehrer kann durch seinen Unterrichtsstil einen enormen Druck ausüben,

sodass die Klassenarbeit zur befürchteten Kontrollinstanz wird.

Das Anspruchsniveau eines Menschen ist für die Entstehung der Prüfungsangst ebenso

entscheidend. Unrealistische Ansprüche führen zu geringen Erfolgsaussichten und steigern

die negative Bewertung eines Misserfolges. Zusätzlich erhöhen sie sogar die

Misserfolgswahrscheinlichkeit. Als weitere Ursachen nicht zu unterschätzen sind die

sozialen Folgen eines Misserfolges, gekoppelt mit beruflichen und finanziellen Folgen. Wer

sich sein Studium oder seine Ausbildung selbst finanziert, setzt sich oft selbst unter Druck.

Der Lernende möchte möglichst schnell und mit guten Noten abschließen, um eine attraktive

Stelle zu bekommen. Ebenso spielen Rahmenbedingungen eine große Rolle, wie z.B. die

Anzahl der Prüfungen, die Vorbereitung, die Art der Prüfung, der Wert der Prüfung in der

Gesamtnote und die Wiederholbarkeit der Prüfung (vgl. Weiß, 1997).

3.7. Leistung

Die allgemeine Bezeichnung für Leistung ist: „Grad einer körperlichen oder psychischen

Beanspruchung sowie auch deren Ergebnis“ (Brockhaus Enzyklopädie, 1992, S. 244).

Leistung bedeutet ursprünglich einer Verpflichtung nachzukommen, etwas schaffen,

vollbringen. Hinter jeder Leistung stehen seelische Vorgänge, die mehr oder weniger gut

entwickelt und ausgebildet sind. Daraus ergeben sich Unterscheidungen wie Auffassungs-,

Gedächtnis-, Intelligenz-, Kritik- oder Willensleistungen.

Die Schule hat seit dem 19. Jahrhundert immer stärker den Charakter der Leistungsschule

angenommen. Der Leistungsdruck erhöhte sich entsprechend der gesteigerten Ansprüche

der Arbeitswelt. Die Schule orientierte sich am Leistungsprinzip durch die

Leistungsgesellschaft, da sie die Funktion der Zuteilung von sozialen Chancen, vor allem

des beruflichen Aufstiegs erhielt. Damit bewirkte die gesellschaftliche - ökonomische

Situation eine ständige Verstärkung des Leistungsdrucks, ohne dass dadurch die

Schulleistung wesentlich gesteigert wurde. Schulleistung wird nur als an eine Norm

gemessene Leistung des Schülers verstanden. Bei der Beurteilung in Bezug auf Erfolg und

Misserfolg wird keine Rücksicht auf die Leistungsbedingungen oder andere Faktoren

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genommen. Auch bei gleich bleibenden äußeren Bedingungen schwanken die Leistungen

von Schülern oder Arbeitenden erheblich, weil die Aufmerksamkeit, Arbeitsbereitschaft,

Wohlbefinden usw. wechseln. Besonders zu berücksichtigen sind die

Entwicklungsbedingten-, Tages- und Jahresschwankungen. Deshalb ist von Vorteil, die

Prüfungen auf mehrere Tage zu verteilen. Mehrere Wochenstunden desselben Faches sind

verteilt auf Tagesstunden festzulegen. Zu Jahresbeginn sollte bei der Stoffverteilung auf die

Jahresschwankungen der Leistung Rücksicht genommen werden (vgl. Lexikon der

Pädagogik, 1971 und 1962).

Ergebnisse der Unterrichtsforschung weisen darauf hin, dass Schulleistungen nicht nur von

der Intelligenz des Schülers abhängen. Es wurden Zusammenhänge mit endogenen

Faktoren festgestellt, die Einfluss auf den Leistungsstand ausüben. Dazu gehören u. a. der

Schülertyp, das Anspruchsniveau im Hinblick auf die Schwierigkeit der Anforderungen,

Erfahrungen in der Kommunikation und der soziale Status innerhalb der Bezugsgruppe (vgl.

Horney, 1970).

3.8. Leistungsbeurteilung

Der Begriff Beurteilung wurde im 18. Jahrhundert im deutschen Sprachraum geprägt und

besagt, dass zu etwas Stellung genommen wird. Beurteilungen sind ein Ausdruck der

Leistungsorientierung und ein Mittel der Erziehung. Um zu einer Aussage über die

Entwicklung und das Können eines Schülers zu kommen, wird nach bestimmten Normen

und Maßstäben gemessen und verglichen. Der Prozess der Beurteilung wird mit dem

Zeugnis abgeschlossen. Der eigentliche pädagogische Nutzen der Beurteilung sollte eine

Lernmotivation, Information und ein Anreiz über den Stand der Leistungen des Schülers sein

(vgl. Mensdorf, 2002).

Die Leistungsbeurteilung dient aber auch der Aufdeckung von Lernschwierigkeiten und der

Kontrolle der Unterrichtsmethode. Sie wird durch den Grad der Objektivität des Beurteilers

und die Art der Prüfungsaufgaben beeinflusst (vgl. Böhm, 2000).

Die Leistungsbeurteilung ist die im Anschluss an die Leistungsfeststellung vorgenommene

Bewertung mit einem Beurteilungsmaßstab. Das Ergebnis wird durch die vom Gesetzgeber

definierten Beurteilungsstufen (Noten) ausgedrückt (vgl. Neuweg, 2000).

Grundlage der Leistungsbeurteilung bilden die in der Schule oder im Beruf anfallenden

Leistungen, besonders Haus- oder Schulaufgaben. Nicht alle Leistungen sind messbar nach

der Zahl der erreichten Punkte oder gebrauchten Zeit (z.B. Aufsätze, Handarbeiten,

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Zeichnungen usw.), dadurch ist die Objektivität nicht gewährleistet. Objektivität wird dadurch

angestrebt, dass kontrollierte Bedingungen wie Schwierigkeitsgrad, Zahl der Aufgaben,

Prüfungszeit, Zugriff auf Lösungshilfen bei der Gruppe konstant gehalten werden. Eine

Tatsache, die meist kaum bedacht wird ist, dass Schülerleistungen vom Unterrichtserfolg

des Lehrers abhängen. Der Leistungstand des Schülers wird nur als Ergebnis der

Anstrengungen des Einzelnen verstanden, Lehrerleistungen werden als konstant voraus

gesetzt (vgl. Horney, 1970).

3.9. Einstellung zur Prüfung

Untersuchungen belegen, dass es Unterschiede in den Einstellungen bei Personen mit

hoher und geringer Prüfungsangst gibt.

Hoch Prüfungsängstliche stehen der Prüfung sehr negativ gegenüber. Sie lehnen

Prüfungsanforderungen sowie die Prüfungsperson ab und sind mit den

Rahmenbedingungen unzufrieden. Die ablehnende Haltung nehmen sie in die Prüfung mit

hinein. Diese Haltung wirkt sich auf die Angst steigernd und auf die Motivation hemmend

aus. Hoch Prüfungsängstliche schätzen ihr Wissen und Können schlechter ein und erleben

die Prüfungssituation als Bedrohung. Sie fühlen sich schicksalhaft ausgeliefert und hilflos.

Die Einstellung ist aufgrund dieser subjektiv empfundenen Bedrohung passiv und

abwartend. Die physiologischen Symptome werden als hinderlich und leistungsdämpfend

angesehen. Der betroffene Mensch befürchtet in Panik zu geraten und bekommt Angst vor

der Angst

Die Wenig Prüfungsängstlichen stehen den Rahmenbedingungen der Prüfung positiv

gegenüber und nehmen sie als gegeben an. Sie betrachten die Situation als

Herausforderung und Chance, ihre Fertigkeiten und Kenntnisse voll auszuspielen. Sie

setzen sich aktiv mit den Fragen, dem Verlauf der Prüfung und den möglichen

Konsequenzen auseinander. Die Einstellung gegenüber den physiologischen Symptomen

der Angst ist positiv und wird als leistungsfördernd betrachtet (vgl. Weiß, 1997).

Attributionen

Unter Attributionen oder Überzeugungen versteht man in diesem Zusammenhang

Ursachenbeschreibungen, welche eine Person für die eigenen Erfolge bzw. Misserfolge in

Prüfungssituationen vornimmt. Ursachen für Erfolge können sein: Glück, Wohlwollen des

Prüfers, gute Vorbereitung, Begabung, hohe Anstrengung.

Ursachen eines Misserfolges dementsprechend: Pech, Abneigung des Prüfers, mangelnde

Vorbereitung, hohe Aufgabenschwierigkeit, usw.

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Werden die Ursachen der Erfolge und Misserfolge als kontrollierbar erlebt, wird die

Wahrscheinlichkeit eines Misserfolges gering sein. Es empfiehlt sich daher, die Ursachen als

veränderbar anzusehen (ebda).

3.10. Die Angst des Prüfers

Man geht davon aus, dass alle Prüfer selber Prüflinge und den gleichen Konflikten und

Ängsten ausgeliefert waren. Es kann aber auch andere Auswirkungen haben. Der Prüfer

kann die Angst, die er selber empfindet, auf den Schwächeren, damit auf den Schüler

abwälzen und dessen Angst steigern.

In der Prüfung werden nicht nur Lernerfolge des Prüflings, sondern auch Lehrerfolge des

Lehrenden festgestellt. Da aber für den Lehrenden immer eine relative Unsicherheit über

seine Qualitäten als Lehrer vorhanden ist, sieht der Lehrende in der Prüfung eine

Gefährdung. In der Prüfung wird ein Teil seiner Identität als Pädagoge problematisiert und

kann Angst auslösen. Die Lehrperson sieht sich subjektiv auch in anderer Hinsicht geprüft.

Die Rolle als Prüfer hat er durch die Rolle als Lehrperson erhalten und ist nicht systematisch

qualifiziert worden. Die erforderlichen Kompetenzen werden zumeist erst im Verlauf der

Prüfertätigkeit und durch Nachahmung von Kollegen unter Beobachtung angeeignet. In der

Prüfung sieht er sich dann als Prüfer geprüft. Der geängstigte Prüfer versucht seine Angst

durch autoritäres Verhalten gegenüber den Prüflingen abzuleiten. Dieses Verhalten kann

vom Prüfer unbewusst sein (vgl. Prahl, 1977).

4. Bewältigungsstrategien / Copings / Vorbeugung von

Prüfungsangst

Angstbewältigung ist ein Teil des umfassenden Konzeptes der Stressbewältigung (englisch:

coping), im engeren Sinne wird die Reaktion auf eine Bedrohung verstanden. Die

Handlungen sind darauf ausgerichtet, potentielle Bedrohung erst gar nicht entstehen zu

lassen, beziehungsweise den ausgelösten emotionalen Zustand mit verschiedenen

somatischen und kognitiven Kompetenzen zu regulieren. Coping bezieht sich auf einen

Prozess. Ziel von Coping Reaktionen ist die Aufhebung des erlebten Ungleichgewichtes

zwischen den Aufforderungen und den eigenen Kapazitäten (vgl. Schwarzer, 2000).

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4.1. Vorbereitung zur Prüfung

An dieser Stelle werden einige Tipps und Ratschläge für eine optimale Prüfungsvorbereitung

gegeben, die für Lernende und Lehrer gedacht sind. Weiß (1997) schreibt, dass viele aus

zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen abgeleitet sind, welche die Wirksamkeit der

Maßnahmen auf die Prüfungsleistung nachgewiesen haben.

Organisatorische Maßnahmen

- Je besser die Vorbereitung für eine Prüfung ist, desto stärker wird die Prüfungsleistung

ausfallen. Deshalb sollte genügend Vorbereitungszeit eingeräumt werden. Zu wenig

Zeit führt oft zu hoher Angst und geringen Leistungen.

- Der Prüfungsstoff sollte eindeutig und verständlich sein. Lehrer und Dozenten sollten

sich um eine klare und verständliche Form der Darstellung bemühen.

- Die Lernziele müssen klar formuliert werden, damit der Lernende weiß, welche

Leistungen am Ende einer Lerneinheit zu erbringen sind.

- Die Prüfungsanforderungen sollten ebenfalls möglichst klar und konkret umrissen

werden, damit erhöht sich die Treffsicherheit der Prüfungsvorbereitung. Dazu gehören

die Abgrenzung des Prüfungsstoffes, die Schwerpunktsetzung, die Prüfungsmethode,

die Prüfungsstruktur, die Prüfungsdauer sowie die Prüfereigenschaften.

- Die Strukturierung vom Prüfungsstoff besteht in der Gliederung und Organisation des

Stoffes.

- Prüfungen müssen sachlich sein. Die Reihung der Aufgaben empfiehlt sich von leicht

bis schwer.

- Des Weiteren zählen zu den organisatorischen Maßnahmen der Arbeitsplan sowie ein

Zeitmanagement. Die Erstellung eines konkreten Zeitplanes beugt dem unnötig

entstehenden Zeitdruck vor. Zu berücksichtigen ist die Schwierigkeit und Komplexität

des Stoffes.

- Lernpausen tragen ebenso wesentlich zur Behaltensleistung bei.

- Belohnungen sollten unabhängig vom Prüfungsergebnis ausgesetzt werden, egal ob

ein Erfolg oder Misserfolg erzielt wurde. Die Belohnung erfolgt für die Vorbereitungen

(vgl. Weiß, 1997)

Aufmerksamkeit

Eine bedeutende Rolle kommt der Selbstaufmerksamkeit zu, wenn es um Stress, Angst und

Handlungsregulation geht. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf unseren körperlichen oder

psychischen Zustand lenken, erfahren wir mehr über die inneren Vorgänge und die

Gefühlsstärke. Wird eine Aufgabe mit hoher Aufmerksamkeit gelöst, erhöht sich die

Lösungswahrscheinlichkeit (vgl. Schwarzer, 2000).

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Die Aufmerksamkeit ist notwendig, um Lernstoff wirksam im Gedächtnis aufzunehmen,

einspeichern und verarbeiten zu können. Beeinträchtigende Faktoren zur Aufmerksamkeit

können unter anderem sein: Medikamente und Drogen, die körperliche Verfassung,

Motivation, Eigenschaften des Stoffes, Ablenkungen und Störungen.

Mensdorf (2002) schreibt, dass die Aufnahmeleistung gesteigert werden kann, wenn

Lehrpersonen folgende Punkte beachten:

- Versuchen bei den Schülern Reize anzusprechen, die bereits im Gedächtnis

vorhanden sind. Durch die Wiederholung bekannter Inhalte kann das Neue vertieft

gespeichert werden.

- Sich präzise ausdrücken. Je genauer der sprachliche Ausdruck gewählt ist, desto

besser verstehen die Schüler.

- Für Wiederholungsmöglichkeiten des Gelernten soll gesorgt werden, um dem

Vergessen entgegenzuwirken.

- Es sollten möglichst viele Sinne angesprochen werden, damit unterschiedliche

Eingangskanäle erreicht werden. So werden möglichst viele Lerntypen erreicht.

- Zu beachten ist auch die Geduld mit der Aufnahmeleistung der Lernenden. Für den

Schüler ist vieles neu und braucht Zeit, bis er es lernt.

4.2. Therapeutische Ansätze

In den meisten Fällen lassen sich die Prüfungsängste durch eine gezielte

Prüfungsvorbereitung auf ein erträgliches Maß reduzieren.

- Psychoanalytische Ansätze:

Die Psychoanalyse widmet sich schwerpunktmäßig der Bearbeitung frühkindlicher

Konflikte, die in der Beziehung zu wichtigen Bezugspersonen entstanden ist. Im Falle

von Prüfungsangst können beispielsweise frühkindliche hohe Leistungsanforderungen

durch die Eltern beantwortet werden (vgl. Weiß, 1997).

- Verhaltenstherapeutische Ansätze:

Hier geht man davon aus, dass Verhalten generell, also emotionales Verhalten wie

Angst, gelernt ist. Dieses Verhalten ist oft eng an bestimmte Situationen (z.B.

Prüfungen) gebunden (vgl. Weiß, 1997).

Die Selbstwirksamkeitstheorie von Bandura baut auf Beobachtungen in der

Verhaltenstherapie auf. Wird eine Handlung durch Belohnung verstärkt (operantes

Konditionieren), so ergibt sich die Verhaltensänderung nicht so sehr aus der

Belohnung, sondern aus der Veränderung der Kognitionen bezüglich der eigenen

Kompetenzen. Es genügt nicht zu erwarten, dass eine bestimmte Handlung zum Erfolg

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führt. Der Betroffene muss sich die Ausführungen der Handlung auch zutrauen (vgl.

Winklehner-Latzelsperger, 1998).

- Kognitive Ansätze:

Diese Ansätze stellen die Gedanken, d.h. Kognitionen, die man in bestimmten

Situationen macht, in den Vordergrund. Im Zusammenhang mit Prüfungsängsten

spielen bestimmte Grundeinstellungen und Bewertungen gegenüber der

Prüfungssituation eine entscheidende Rolle.

- Gesprächstherapie:

Diese geht auf den amerikanischen Psychologen Carl Rogers zurück und geht davon

aus, dass dem Menschen neben einer Tendenz zur Befriedigung der Grundbedürfnisse

(Hunger, Durst, usw.) auch eine Tendenz zur Selbstverwirklichung innewohnt. Häufig

werden Personen in ihren tatsächlichen Bedürfnissen und Lebenszielen stark

eingeschränkt, deshalb entsteht eine Diskrepanz. Diese mangelnde Übereinstimmung

führt zur Angst (vgl. Weiß, 1997).

4.3. Maßnahmen zur Verringerung der Angst

- Soziale Unterstützung

Eine weitere Form im Umgang mit der Angst besteht in sozialen Kontakten zu

Freunden, Bekannten, Partner, Familie herzustellen und zu verstärken. Diese Kontakte

geben Trost, Ermutigung oder Ablenkung. Soziale Unterstützung hat sich in der Praxis

als eine wesentliche Komponente zur Belastungs- und Stressreduktion erwiesen und

hat neben einer günstigen Wirkung auf die Angst auch einen leistungssteigernden

Effekt (vgl. Weiß, 1997).

- Bewegung

Die physiologischen und biochemischen Prozesse, die bei Angst und Stress ablaufen,

sind so angelegt, dass der Körper auf Angriff oder Furcht vorbereitet wird, also auch

auf Bewegung. Will man Schulstress abbauen, so heißt das, Bewegung zulassen und

fördern. Vernünftige Programme zur Leistungssteigerung, mit gutem Übungsaufbau,

sind sehr zu empfehlen.

Eine Gefahr bei der sportlichen Betätigung liegt in einem übermäßigen sportlichen

Ehrgeiz, der wieder zu Stress führen kann. Möglichkeiten gibt es auch für eine

abwechslungsreiche Gestaltung des Unterrichtes, mit Betonung von Schüleraktivitäten

oder dem Einbau von Übungen zum Bewegen und Auflockern in den verschiedenen

Unterrichtsfächern. Zu dieser Form der Bewältigung gehören auch ausgedehnte

Waldspaziergänge, Atemübungen, Yoga usw. (vgl. Schachl, 1992).

- Vorbilder

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Personen bekommen eine Art Vorbildfunktion, besonders dann, wenn sie dem Prüfling

ähnlich sind (Mitschüler und Mitschülerinnen), besonders mächtig erscheinen (Lehrer)

oder ein enger emotionaler Bezug besteht (Eltern). Sie können bewirken, dass der

Prüfling ihr Verhalten, die Gefühle und Einstellungen übernimmt. Zu bedenken ist, dass

ängstliche Vorbilder die Angst des Prüflings fördern, ihn aus der Ruhe bringen oder

nervös machen können. Notfalls sollte der Kontakt zu diesen Personen in

Prüfungszeiten eingeschränkt werden. Angstfreie Modelle (Vorbilder) verringern die

Angst des Prüflings und können sehr wertvoll sein. Vorbilder mit mäßiger Angst können

zu einer gewissen Erleichterung beitragen und Trost sein, dass auch ein Mitschüler

Angst hat und nicht er der Einzige in dieser Situation ist. Diese Erfahrung führt aber

nicht unbedingt zu einer starken Reduzierung der Angst (vgl. Weiß, 1997).

Die im Umgang mit der Angst verwendeten Strategien verändern sich mit der Zeit und der

Situation. Es gibt individuelle Unterschiede. Manche Personen wählen pharmakologische

Maßnahmen, greifen zu Alkohol oder Tabletten (wovon besonders abzuraten ist), andere

bevorzugen Autogenes Training, Yoga oder sportliche Aktivitäten. Als besonders wichtig

erscheinen dem Psychologen (Weiß) und der Psychotherapeutin (Kast) die aktive

Auseinandersetzung mit der Prüfungssituation und die Beschäftigung mit der Prüfungsangst.

Jeder sollte für sich selbst entscheiden, welche Maßnahmen unterstützend sein könnten,

und diese auch weitergeben oder sie selbst konsequent durchführen.

4.4. Montessori Pädagogik als Beispiel ohne Notengebung

Wichtige Ziele der Montessori Pädagogik sind das Selbstgesteuerte Lernen, die

Selbstständigkeit und die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Ein Schwerpunkt liegt in

der Vermittlung von Lerntechniken, der Strukturierung von Lernmaterial, der Gestaltung des

Arbeitsplatzes, der Arbeitszeit sowie dem Einsatz von Gedächtnistechniken. Nach

Montessori bringen gesunde Kinder die Bereitschaft zur Leistung in die Schule mit und

müssen nicht gezwungen werden zu arbeiten (vgl. Montessori-Pädagogik Forchheim, 2003).

Wenn Kinder beim Lernen beobachtet werden, stellt man fest, dass sie sich so lange mit

einer Sache beschäftigen, bis sie es können. Kinder brauchen keinen Druck in der Schule,

denn sie haben den natürlichen Drang zum Lernen. Fällt auf, dass ein Kind Schwierigkeiten

mit der Konzentration, Lernmotivation oder Durchhaltevermögen hat, wird versucht, die

Gründe dafür zu verstehen und individuelle Unterstützung zu leisten (vgl. Freie Schule

Potsdam, 2003).

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Als eine mögliche Unterrichtsform wird die so genannte Freiarbeit im Sinne Montessori

angewendet. Hier kann der Schüler aus einem differenzierten Lernangebot den Gegenstand

seiner Tätigkeit, die Ziele, die Sozialform und die Zeit in einem vorgegebenen Rahmen

selbst bestimmen (vgl. Steenberg, 2003).

Wie werden Schüler benotet, wenn es keine Noten gibt?

Auf Leistungskontrollen und Noten wird in der Montessori Schule verzichtet. Durch die

verschiedenen Unterrichtsformen, gibt es genügend andere Möglichkeiten, die Leistung der

Schüler zu beurteilen. Da keine Klassenarbeiten geschrieben werden, entfällt der

demotivierende Druck (vgl. Montessori Schule Wiesbaden, 2003).

Die individuellen Leistungen der Schüler stellen Lehrkräfte durch die tägliche und intensive

Beobachtung fest, sie werden protokolliert und mit den Eltern regelmäßig besprochen.

Anstatt Zeugnisse, erhalten die Kinder und Eltern zum Halbjahr und am Ende des

Schuljahres Rückmeldungen über die individuellen Lernfortschritte und Lernerfolge in Form

eines Berichtes und Gespräches. Der eigene Entwicklungsplan und Lernen in Freiheit

vertragen sich nach Maria Montessori nicht einer einheitlichen Notengebung und Sitzen

bleiben.

Fehler / Fehlerkontrolle:

Fehler zu machen wird im Allgemeinen als beschämend empfunden und führt dazu, dass

Fehler oft verdrängt werden. Die allgemeine pädagogische Haltung ist, ohne Fehler zu

lernen ist möglich, wenn man sich nur genügend anstrenge. Menschen lernen so, sich vor

Kritik zu fürchten und Fehler zu verleugnen (vgl. Steenberg, 2003).

Dem entgegengesetzt, betrachtet Montessori den Fehler als Orientierungshilfe. Fehler

zeigen an, wieweit eine Sache beherrscht wird und können helfen, die eigenen Fähigkeiten

richtig einzuschätzen. Es muss nur die Bereitschaft bestehen, Fehler zu erkennen und deren

Ursache zu analysieren. Grundlegende Voraussetzung zur Fehlerkontrolle ist, Kinder sollen

von Anfang an lernen, die eigene Handlung auf Richtigkeit zu kontrollieren.

In der Montessori Pädagogik gibt es keine Benotung nach dem Notensystem, sondern eine

Leistungsüberprüfung durch den Lehrer und eine Selbstkontrolle durch das Kind. Versagen

wird nicht als Misserfolg erlebt, sondern ist eine Aufforderung zum Lernen. Wenn ältere

Kinder den Jüngeren etwas erklären, ist das ebenso eine Wissensüberprüfung. Der Grund

für keine Benotung ist: Die Folge einer Benotung ist bei Kindern unter 12 Jahren ein

Missverständnis in der Leistung. J. Piaget stellt fest, dass Kinder mit abstraktem Denken

nicht vor dem siebten oder achten Lebensjahr beginnen. Sie verstehen erst im Alter von

circa elf bis zwölf Jahren die Noten als Vergleichsmöglichkeit. Die Schüler haben für die

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Volksschule bzw. Oberstufe einen Lernzielkatalog. Die Lehrperson schreibt über die

täglichen Beobachtungen des Lernerfolges einen Bericht, der als Leistungsnachweis und zur

Information für die Eltern gilt.

5. Zusammenfassung

Die Problematik der Prüfungen ist bekannt, seit es Prüfungen gibt immer wieder Anlass zur

Kritik. Jede noch so sorgfältig durchgeführte Prüfung bleibt von subjektiven Faktoren

beeinflusst, die nie ganz ausgeschaltet werden können.

Die Frage, ob Noten noch zeitgemäß sind, sollte erneut zur Diskussion gestellt werden. Die

negativen Auswirkungen sind besonders der Leistungsdruck, Prüfungsangst und Stress. Die

Nachvollziehbarkeit der Notengebung ist schwierig und selten gegeben, obwohl sich jeder

Prüfer darum bemüht. Bei Wissensfragen (z.B. Aufzählungen) gelingt die

Nachvollziehbarkeit am ehesten, nicht aber bei Verständigungs- und Anwendungsfragen. Zu

hinterfragen wäre auch, wie aussagekräftig eine Note von eins bis fünf ist? Was bedeutet die

Note für den Lernenden und für welche Leistungen erhält er eine Rückmeldung. Bekäme der

Schüler nicht mehr Informationen und Orientierung über seine Leistungen mit einer

Beschreibung seiner Stärken und den Entwicklungspotentialen? Es wäre durchaus eine

Überlegung wert.

Dem Thema Prüfungsangst sollte in der Praxis mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden,

weil sie bei den Menschen in verschiedenen Lebenssituationen häufig auftritt. Es

beschäftigte sich seit vielen Jahrzehnten unter anderem Sozialwissenschaftler, Psychologen

und Mediziner mit diesem Thema. Immer wieder werden Bewältigungsstrategien erforscht

und als Gegenmaßnahmen angeboten.

Prüfungen und die damit verbundene Prüfungsangst nehmen in unserer (Leistungs-)

Gesellschaft einen zu hohen Stellenwert ein. Mit Prüfungen will man bestimmte Leistungen

feststellen. Sie erfassen aber niemals die Vielfalt der Leistungsmöglichkeiten, dessen sollten

sich die Prüfer/Lehrer stets bewusst sein.

Proseminararbeit - Prüfungsangst

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6. LITERATURVERZEICHNIS

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