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Preussisches Gesetz, betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerungen. Vom 18. April 1900

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Preussisches Gesetz, betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerungen. Vom 18. April 1900 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 18. Jahrg., H. 1 (1901), pp. 285-291 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40905110 . Accessed: 12/06/2014 16:51 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.79.90 on Thu, 12 Jun 2014 16:51:49 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Preussisches Gesetz, betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerungen. Vom 18. April 1900Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 18. Jahrg., H. 1 (1901), pp. 285-291Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40905110 .

Accessed: 12/06/2014 16:51

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Preussisches Gesetz, betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerungen.

Vom 18. April 1900 ̂ (Gesetzsamml. Nr. 29 S. 259-)

§ 1. Der nebst dem Schlussprotokolle beigedruckte Vertrag mit der k. k. öster-

reichischen Regierung vom 21. Juni 1899 zur Beseitigung von Doppelbesteue- rungen, welche sich aus der Anwendung der für das Königreich Preussen bezw. für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder geltenden Steuer- gesetze ergeben könnten, wird genehmigt.

§2. Der Finanzminister ist ermächtigt, mit Bezug auf Personen und Steuer-

quellen, welche der Steuerhoheit mehrerer Staaten unterliegen, Vereinbarungen zu treffen und Anordnungen zu erlassen, durch die ihre Heranziehung zu den direkten Staatssteuern unter Wahrung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit auch abweichend von den in Preussen geltenden gesetzlichen Vorschriften ge- regelt wird.

Anlage A.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preussen, und

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc. und Aposto- lischer König von Ungarn,

geleitet von dem Wunsche, Doppelbesteuerungen zu beseitigen, welche sich aus der Anwendung der für das Königreich Preussen, bezw. für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder geltenden Steuergesetze ergeben könnten, haben beschlossen, zu diesem Behufe eine Konvention zu schliessen und zu Ihren Bevollmächtigten ernannt :

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preussen: den Dr. Freiherrn von Richthofe n, Allerhöchst Ihren wirklichen

Geheimen Legationsrat und Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amtes,

!) Vgl. Haus der Abg. li>. Legislaturper. II. Session 1800 Drucks. Nr. 12, 86; Verhandl. am 22. Januar 1900 S. 302 f., am 26. März 190ü S. 35öi f., am 28. März 1900 S. 3642 f. Herren- haus Drucks. Nr. 45, 49; Verhandl. am 31. März 1900 S. 140.

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286 Preuss Gesetz v. 18. April 1900, betr. die Vermeidung von Doppelbesteuerungen.

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc. und Apostolischer König von Ungarn:

den Herrn Ladislaus Szögyeny-Marich von Magyar-Szögyen und Szolgaegyháza, Allerhöchst Ihren Kämmerer und wirk- lichen Geheimen Rat etc. etc. ausserordentlichen und bevollmäch- tigten Botschafter bei Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, König von Preussen,

welche, nachdem sie ihre in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten sich mitgeteilt, über folgendes übereingekommen sind:

Artikel 1. ·

Preussische bezw. österreichische Staatsangehörige sollen vorbehaltlich der Bestimmungen in den Art. 2 - 4 zu den direkten Staatssteuern nur in dem Staate herangezogen werden, in welchem sie ihren Wohnsitz haben, in Er- mangelung eines solchen nur in dem Staate, in welchem sie sich aufhalten.

Preussische bezw. österreichische Staatsangehörige, welche in beiden Staaten einen Wohnsitz haben, sollen nur in ihrem Heimatsstaate zu den direkten Staatssteuern herangezogen werden.

Ein Wohnsitz im Sinne dieser Vereinbarung ist an dem Orte anzu- nehmen, an welchem jemand eine Wohnung unter Umständen inne hat, welche auf die Absicht der dauernden Beibehaltung einer solchen schliessen lassen.

Artikel 2. Der Grund- und Gebäudebesitz und der Betrieb eines stehenden Ge-

werbes sowie das aus diesen Quellen herrührende Einkommen sollen nur in demjenigen Staate zu den direkten Staatssteuern herangezogen werden, in welchem der Grund- und Gebäudebesitz liegt, oder eine Betriebsstätte zur Aus- übung des Gewerbes unterhalten wird. Als Betriebsstätten gelten Zweignieder- lassungen, Fabrikationstätten, Niederlagen, Comptoire, Ein- oder Verkaufs- stellen und sonstige Geschäftseinrichtungen zur Ausübung des stehenden Ge- werbes durch den Unternehmer selbst, Geschäftsteilhaber, Prokuristen oder andere ständige Vertreter.

Befinden sich Betriebsstätten desselben gewerblichen Unternehmens in beiden Gebieten, so soll die Heranziehung zu den direkten Staatssteuern in jedem Gebiete nur nach Massgabe des von den inländischen Betriebsstätten aus stattfindenden Betriebs erfolgen.

Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Hypothekarforderungen und des Einkommens aus solchen bleibt es bei der uneingeschränkten Anwendung der in Preussen bezw. in Oesterreich bestehenden gesetzlichen Bestimmungen.

Artikel 3. Sofern im Sinne des österreichischen Gesetzes vom 25. Oktober 189(3

(Reichs-Gesetzbl. Nr. 220) die Besteuerung von Zinsen und Rentenbezügen im Abzugswege zu erfolgen hat, wird dieselbe uneingeschränkt zur Ausübung kommen.

Hierdurch soll jedoch das der preussischen Finanz ver waltung nach den preussischen Gesetzen zustehende Besteuerungsrecht in keiner Weise berührt werden.

Artikel 4. Aus einer Staatskasse (Kronkasse, Hofkasse) zahlbare Besoldungen, Pen-

sionen, Wartegelder sollen nur in dem Staate, der die Zahlung zu leisten hat, zu den direkten Staatssteuern herangezogen werden.

Artikel 5. Zwischen den vertragschliess enden Teilen besteht Einverständnis darüber,

dass die auf Grund des preussischen Gesetzes vom 14. Juli 1893 zu entrichtende 28G

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Preuss. Gesetz v. 18. April 1900, betr. die Vermeidung von Doppelbesteuerungen. 287

Ergänzungssteuer im Sinne des § 9 Abs. 2, und des § 127 Abs. 1 des öster- reichischen Gesetzes, betr. die direkten Personalsteuern, vom 25. Oktober 1896 als eine der allgemeinen Erwerbsteuer gleichartige, bezw. als eine spezielle direkte Besteuerung anzusehen ist.

Artikel 6. Die Bestimmungen im Art. 19 des Handels- und Zollvertrags vom 6. De-

zember 1891 bleiben unberührt.

Artikel 7. Ueber die zur thunlichsten Beseitigung der Doppelbesteuerung solcher

Personen, welche sowohl preussische als österreichische Staatsangehörige sind, und zugleich in beiden Gebieten ihren Wohnsitz haben, etwa noch erforder- lichen besonderen Bestimmungen werden die vertragschliessenden Teile sich vorkommenden Falles ins Einvernehmen setzen und der Vereinbarung ent- sprechende Anordnungen treffen.

Artikel 8. Falls die Kündigung dieses Vertrags, zu welcher jeder der beiden ver-

tragschliessenden Teile berechtigt ist, vor dem 1. Oktober eines Jahres erfolgt, verliert derselbe bereits für das dem Kalenderjahre der Kündigung nächst- folgende Steuerjahr seine bindende Kraft.

Findet die Kündigung nach dem genannten Zeitpunkte statt, so soll der Vertrag erst vom zweitfolgenden Steuerjahr angefangen als aufgelöst gelten.

Artikel 9. Gegenseitiger Vertrag soll beiderseits zur Allerhöchsten Genehmigung

vorgelegt und die Auswechselung der darüber auszufertigenden Ratifikations- urkunden sobald als möglich in Berlin bewirkt werden.

Zur Beglaubigung dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten die gegenwärtige Uebereinkunft in zwei Ausfertigungen unter Beifügung ihrer Siegel eigenhändig unterzeichnet.

Berlin, am 21. Juni 1899.

(L. S.) Richthofen. Szögyeny.

Anlage B. Schlussprotokoll.

Bei der Unterzeichnung des am heutigen Tage zwischen Preussen und Oesterreich-Ungarn abgeschlossenen Staatsvertrags zur Vermeidung von Doppel- besteuerungen, welche sich aus der Anwendung der für das Königreich Preussen, bezw. für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder geltenden Steuergesetze ergeben könnten, haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende Erklärungen abgegeben, welche einen integrierenden Teil des Vertrags selbst bilden sollen:

I. Die vertragschliessenden Teile sind darüber einverstanden, dass die im ersten Satze des Art. 1 des Vertrags enthaltenen Worte „vorbehaltlich der Be- stimmungen in den Art. 2 - 4" auch auf die im zweiten Satze dieses Artikels besprochenen Fälle Anwendung zu finden haben.

II. Es wird der übereinstimmenden Anschauung der beiden vertrag- schliessenden Teile Ausdruck gegeben, dass die Bestimmungen des Art. 2 des gegenwärtigen Staat s vertrage bezwecken, einem jeden der vertragschliessenden Teile die Besteuerung des in dem eigenen Staatsgebiete belegenen Grund- und

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28g Begr. d. Gesetzentw. ν. 9. Jan. 1900, betr. die Vermeidung v. Doppelbesteuerungen.

Gebäudebesitzes sowie des inländischen Gewerbebetriebs ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit oder den Wohnsitz der betreffenden Steuerpflichtigen ausschliesslich vorzubehalten.

III. Ferner sind die vertragschliessenden Teile darüber einverstanden, dass die Bestimmungen dieses Uebereinkommens für Preussen vom 1. April 1898, für Oesterreich vom 1. Januar 1898 ab in Wirksamkeit gesetzt werden sollen.

IV. Es besteht Einverständnis darüber, dass unbeschadet des Vorbehaltes im Art. 6 mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Staatsvertrags die früheren Vereinbarungen über die steuerliche Behandlung von beiderseitigen Beamten ausser Geltung treten.

Das gegenwärtige Protokoll, welches durch den Austausch der Ratifika- tionen des Vertrags, auf welchen es sich bezieht, als von den vertragschliessen- den Teilen gebilligt und genehmigt anzusehen ist, wurde in doppelter Aus- fertigung zu Berlin am 21. Juni 1899 vollzogen.

(L. S.) Richthofen. (L. S.) Szögyeny. Der vorstehende Staatsvertrag ist ratifiziert worden. Der Austausch der

Ratifikationsurkunden hat am 9. Juli d. J. stattgefunden.

Begründung des Gesetzentwurfs vom 9. Januar 1900. Durch das am 1. Januar 1898 in Kraft getretene österreichische Gesetz

vom 25. Oktober 1896 ist für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder die direkte Staatspersonalbesteuerung neugeordnet, insbesondere neben einer Erwerb- (Gewerbe), Renten- und Besoldungssteuer eine Personaleinkommen- steuer eingeführt.

In dem österreichischen Gesetze einerseits, dem preussischen Einkommen- und Ergänzungssteuergesetze andererseits sind die Voraussetzungen der sub- jektiven und objektiven Steuerpflicht nach selbständigen Gesichtspunkten ohne Rücksicht auf die in dem anderen Staatsgebiete geltenden Grundsätze normiert und dies hat zur Folge, dass unter Umständen, sei es für dieselbe Person all- gemein, sei es für gewisse Einkommensquellen oder Vermögensteile, die Steuer- pflicht gleichzeitig sowohl in Preussen als auch in Oesterreich gesetzlich be- gründet ist.

Eine gleichzeitige Besteuerung in beiden Staaten kann nach Massgabe der geltenden Gesetze insbesondere eintreten,

1. wenn jemand sowohl die preussische als auch die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt,

2. wenn jemand gleichzeitig in beiden Staatsgebieten einen Wohnsitz hat, oder wenn er in dem einen Gebiete den Wohnsitz hat, während er in dem anderen sich aufhält,

3. wenn ein Angehöriger des einen Staates in dem Gebiete des anderen wohnt oder sich aufhält,

4. wenn jemand in dem einen Staate vermöge seiner Staatsangehörig- keit, seines Wohnsitzes oder Aufenthaltes mit Bezug auf seine ge- samten Verhältnisse , und daneben in dem anderen mit Bezug auf einzelne inländische Steuerquellen (Grundstücke, gewerbliche An- lagen u. dergl.) der Steuerhoheit unterworfen ist.

Derartige Fälle kommen namentlich in den Grenzgebieten, in denen lebhafte Beziehungen zum Nachbarstaate aufrecht erhalten werden, nicht nur vereinzelt vor und haben bereits mehrfach Anlass zu Vorstellungen der betei- ligten Steuerpflichtigen gegeben, welche die zwiefache Besteuerung als eine unbillige Ueberlastung empfinden.

Der beigedruckte, auf Anregung der österreichischen Staatsregierung mit derselben vereinbarte Vertrag bezweckt, diese Härten durch Aufstellung ge-

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Begr. d. Gesetzentw. ν. 9. Jan. 1900, betr. die Vermeidung v. Doppelbesteuerungen. 289

meineamer Grundsätze für die Ausübung des beiderseitigen Besteuerungsrechts thunlichst zu beseitigen. Nach den Bestimmungen des Vertrages, dessen Zu- standekommen nach der Natur der Sache gegenseitige Zugeständnisse voraus- setzte, wird in den Kollisionsfällen zum Teil die Anwendung der sonst in Preussen geltenden gesetzlichen Vorschriften über die Steuerpflicht ausgeschlossen oder doch eingeschränkt. Mit Rücksicht hierauf bedarf das Abkommen der im § 1 des Entwurfs vorgesehenen gesetzlichen Sanktion.

Der sachliche Inhalt der Vereinbarung ist in der Hauptsache den im allgemeinen bewährten Vorschriften des Reichsgesetzes vom 13. Mai 1870 nach- gebildet, welches die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der deutschen Bundesstaaten zum Ziele hat. Der enge Anschluss an die Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit sie überhaupt auf das Verhältnis zu Oesterreich übertragbar sind, war schon durch die Erwägung bedingt, dass es nicht angezeigt erscheint, die preussische Steuerhoheit dem Auslande gegenüber weiter einzuschränken, als gegenüber den deutschen Bundesstaaten.

Zu den Einzelbestimmungen des Vertrages ist folgendes zu bemerken.

Zu Artikel 1. In Uebereinstimmung mit den Vorschriften § 1 und § 2 Abs. 1, 2 des

Reichsgesetzes vom 13. Mai 1870 soll für die Ausübung des Besteuerungsrechts gegenüber den beiderseitigen Staatsangehörigen in erster Reihe der Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen der Aufenthalt, bei doppeltem Wohnsitz die Staatsangehörigkeit massgebend sein. Die thatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme eines „Wohnsitzes" (Abs. 3) entsprechen ebenfalls der im § 1 Abs. 2 des angeführten Reichsgesetzes gegebenen Begriffsbestimmung.

Zu Artikel 2 Abs. 1, 2 und Schlussprotokoll 1 und II. Wie im § 3 des Reichsgesetzes ist in allen Fällen die Besteuerung des

Grundbesitzes, des Gewerbebetriebes sowie des Einkommens aus diesen Quellen ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit oder den Wohnsitz der betreffenden Steuerpflichtigen demjenigen Staat ausschliesslich vorbehalten, in welchem der Grund- und Gebäudebesitz liegt oder eine Betriebsstätte zur Ausübung des Gewerbes unterhalten wird. Die Fassung der hierauf bezüglichen Festsetzung entspricht der Auslegung, welche die gleichartige Vorschrift des deutschen Reichsgesetzes in der Praxis erfahren hat.

Zu Artikel 2 Abs. 3 und Artikel 3. Abweichend von den in Preussen geltenden Grundsätzen unterliegen nach

dem österreichischen Gesetze der Besteuerung ohne Rücksicht auf Staats- angehörigkeit, Wohnsitz oder Aufenthalt des Bezugsberechtigten, also objektiv, nicht nur die Einkünfte aus österreichischem Grundbesitz und Gewerbebetrieb, sondern auch

1 . das Einkommen aus den auf österreichischen Realitäten hypothekierten Forderungen,

2. diejenigen aus Kassen des Staates, der Länder, der Bezirke, Gemein- den und der öffentlichen Rechnungslegung unterworfenen Unter- nehmungen zahlbaren Zins- und Rentenbezüge, von denen die Renten- steuer im Wege des Abzuges durch den Schuldner erhoben wird.

lui Art. 2 Abs, 3 und Art. 3 des Vertrages ist die uneingeschränkte An- Avendung der hierauf bezüglichen Vorschriften ausdrücklich vorbehalten und iindererseits klargestellt, dass dadurch das preussische Besteuerungsrecht nicht berührt werden soll.

Demzufolge werden die gemäss Art. 1 des Vertrages mit ihrem Gesamt- einkommen in Preussen steuerpflichtigen Personen hinsichtlich der ihnen aus Oesterreich etwa zufliessenden Bezüge aus Kapitalien der bezeichneten Art auch künftig einer Doppelbesteuerung unterworfen sein.

Wenn es nicht gelungen ist, in diesem Punkte eine den Steuerpflichtigen günstigere Vereinbarung zu erzielen, so wird dadurch der Wert der übrigen

Finanzarchiv. XVIII. Jalirg. 289 19

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290 Begr· d· Gesetzentw. v. 9. Jan. 1900, betr. die Vermeidung v. Doppelbesteuerungen.

Bestimmungen des Vertrages nicht gemindert. Als eine besondere Härte wird eine solche partielle Doppelbesteuerung eintretenden Falles nicht gelten können, weil es regelmässig jederzeit vom freien Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich derselben durch anderweite Anlage der betreffenden Kapitalien zu entziehen.

Zu Artikel 4. Nach dem Vorbilde der Bestimmung im § 4 des Reichsgesetzes vom

13. Mai 1870 ist einem jeden Staat die Besteuerung der aus seinen Kassen zahlbaren Besoldungen, Pensionen und Wartegelder ausschliesslich vorbehalten.

Zu Artikel 5. Nach dem österreichischen Gesetze sind die im Auslande unterhaltenen

Zweigniederlassungen und sonstige Betriebsstätten österreichischer Unterneh- mungen von der Erwerbssteuer befreit, soweit von denselben im Auslande eine gleichartige Steuer erhoben wird. Ingleichen sind die aus dem Auslande fliessenden Bezüge der in Oesterreich wohnhaften Steuerpflichtigen von der Rentensteuer ausgenommen, wenn dieselben im Auslande einer speziellen direkten Besteuerung unterliegen. Art. 5 des Vertrages stellt klar, class die preussische Ergänzungssteuer als eine der allgemeinen Erwerbssteuer gleich- artige bezw. als eine spezielle direkte Besteuerung im Sinne jener Vorschriften anzusehen ist. Eine erhebliche praktische Bedeutung wird diese Bestimmung indessen voraussichtlich nicht erlangen, weil die in Preussen errichteten gewerb- lichen Betriebsstätten schon nach Art. 2 des Vertrages der österreichischen Er- werbssteuer entzogen sind, und andererseits in Preussen eine Besteuerung von Rentenbezügen der in Oesterreich wohnhaften Steuerpflichtigen in der Regel gemäss Art. 1 des Vertrages ausgeschlossen ist.

Zu Artikel 6. Art. 19 des Handels- und Zoll Vertrages zwischen dem Deutschen Reich

und Oesterreich Ungarn vom 6. Dezember 1891 (R.-G.-Bl. 1892 S. 2) enthält unter anderen auch Bestimmungen über die Heranziehung der beiderseitigen Staatsangehörigen zu den Angaben von Handel und Gewerbe. Art. 6 des vor- liegenden Vertrages stellt klar, dass diese Bestimmungen unberührt bleiben.

Zu Artikel 7. Die auf die objektive Besteuerung gewisser Einkommensquellen bezüg-

lichen Vorschriften in den Art. 2 - 5 des Vertrages finden allgemein Anwendung auf alle Steuerpflichtigen, insbesondere auch bei der Besteuerung derjenigen Personen, welche Angehörige beider Staaten sind und zugleich in beiden Gebieten ihren Wohnsitz haben. Dagegen regelt der Vertrag ebensowenig wie das Reichsgesetz vom 13. Mai 1870 die persönliche Steuerpflicht dieser Personen (sujets mixtes); vielmehr bleiben insoweit die beiderseitigen Landesgesetze unbeschränkt massgebend. Weil die thatsächlichen Verhältnisse in solchen, übrigens nicht häufigen , Fällen sehr verschieden liegen können , ist von der Aufstellung einer unterschiedslos geltenden Regel für die Verteilung des Be- steuerungsrechts zwischen beiden Staaten abgesehen und vorkommenden Falles besondere Verständigung darüber vorbehalten. Art. 7 des Vertrages gibt der Geneigtheit der beiden vertragschliessenden Teile zum Eintritt in diesbezügliche Verhandlungen Ausdruck.

Zum Artikel 8 und Schlussprotokoll III und IV. Die Bestimmungen des Uebereinkommens sollen rückwirkend, in Preussen

vom 1. April 1898, in Oesterreich vom 1. Januar 1898 ab in Wirksamkeit ge- setzt werden. Der Zeitpunkt für das Inkrafttreten sowie für den Ablauf des Vertrages im Falle der Kündigung richtet sich aus Rücksichten der Steuer- verwaltung in jedem Staat nach dem Laufe des landesgesetzlichen Steuerjahres.

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Begr. d. Gesetzentw. ν. 9. Jan. 1900, betr. die Vermeidung v. Doppelbesteuerungen. 291

Unbeschadet des Vorbehalts im Art. 6 sollen mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Staatsvertrages die früheren Vereinbarungen über die steuer- liche Behandlung von beiderseitigen Beamten ausser Geltung treten. Soweit dabei preussische Beamte in Betracht kommen, wird hierdurch eine Aenderung in ihren bisherigen Besteuerungsverhältnissen nicht herbeigeführt.

Zu § 2 des Gesetzentwurfs. Es ist anzunehmen, dass im Laufe der Zeit das Bedürfnis der Verein-

barungen über die Ausübung des Besteuerungsrechts auch im Verhältnis zu anderen Nachbarstaaten hervortreten wird , insbesondere auch gegenüber deutschen Bundesstaaten in solchen Fällen, welche durch das Gesetz vom 13. Mai 1870 nicht oder nicht erschöpfend geregelt sind.

Die Vorschrift im § 2 des Gesetzentwurfs erteilt dem Finanzminister für die Zukunft allgemein die Ermächtigung, derartige zur Beseitigung von Doppel- besteuerungen dienende Vereinbarungen und Anordnungen unter Wahrung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit zu treffen. Vornehmlich im Interesse der Steuerpflichtigen liegt es, dass die entsprechenden Massregeln alsbald im Ver- waltungswege in Vollzug gesetzt werden können, ohne dass zuvor in jedem Einzelfalle der umständliche Weg der Gesetzgebung beschritten zu werden braucht.

Auf Grund dieser Ermächtigung wird der Finanzminister auch zum Ab- schlüsse und zur Ausführung der im Art. 7 des vorliegenden Vertrages vor- behaltenen Vereinbarungen befugt sein *).

i) Bei den Verhandlungen im Haus der Abgeordneten fand besonders der § 2 Beanstan- dung; man hielt es für bedenklich, den Finanzminister, und zwar für alle Zeiten, zu er- mächtigen, dass er mit anderen Staaten, namentlich mit auswärtigen, völkerrechtliche Ver- träge zur Beseitigung der Doppelbesteuerung ohne Genehmigung des Landtags schliessen dürfe. Die Mehrheit beruhigte sich jedoch , als von der Regierung betont wurde , dass die Befugnis nur auf Beseitigung der Doppelbesteuerung gehe, dass ferner unter allen Umständen der Grundsatz der Gegenseitigkeit gewahrt werden müsse , der preussische Staat also nicht mehr Rechte aufgeben dürfe , als ihm von der anderen Seite dafür zugestanden werden , dass es auch undenkbar sei, dass der Finanzminister eine Bestimmung vereinbare, die einen preussischen Staatsbürger schlechter stelle , als er früher stand. Die Regierung wies noch auf die viel raschere Erledigung hin, wenn man sich durch Ministerialerklärungen verständige, als wenn immer erst ein feierlicher Staatsvertrag abgeschlossen und durch Gesetz anerkannt werden müsse. Auch konnte sie geltend machen, dass schon jetzt in Oesterreich die Finanz- Verwaltung die gleiche Befugnis besitze, wie sie hier verlangt werde (vgl. § 285 des österr. Ges. v. 25. Okt. 1896 betr. die direkten Personalsteuern, Finanzarchiv 14 [1897] S. 193). Sie erklärte sich übrigens bereit, der Budgetkommission jeweils Auskunft über die Art und Weise zu geben, wie von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht werde.

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