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Praxisbuch Prozessoptimierung - Einleitung

Date post: 12-Jun-2015
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Management- und Kennzahlensysteme als Basis für den GeschäftserfolgErnst Jankulik, Roland Piff; Publicis, Erlangen, 2009
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Geleitwort 5

Geleitwort

Das wirtschaftliche Umfeld konfrontiert uns fast täglich mit der Heraus-forderung zur ständigen Veränderung. Dies führt in weiterer Folge zu kür-zeren Produktlebenszyklen, zu flexibleren Auftragserfordernissen undneuen Marktanforderungen wie kurzfristiger Lieferfähigkeit, kürzerenProjektabwicklungszeiten und kleineren Losgrößen in der Produktion.

Die zunehmende Vernetzung der Märkte, mit steigendem Dienstleis-tungsanteil (auch für „klassische Produktion“) sowie massiven Verände-rungen der Informationstechnologie mit vielfältigen neuen Möglichkei-ten der Kommunikation und Information, erfordert ein immer höheresAusmaß an Selbstorganisation mit veränderten Ansprüchen, Integrationder Systeme, der Organisation, des Wissens und der Kultur, sowie profes-sionelles Projektmanagement.

Viele Organisationen haben noch immer eine stark hierarchische Gliede-rung nach Funktionen, einen wenig ausgeprägten Markt- bzw. Kundenfo-kus, Innenorientierung (Beschäftigung mit sich selbst), zu wenig Energiefür Innovation, Konzentration auf Bestehendes, träge und bestandsorien-tierte Informationssysteme, kulturhistorisch bedingte geringe Einbin-dung der Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse und ungenügend kon-sequente Umsetzung von Verbesserungs- bzw. Veränderungsmaßnah-men.

Das Denken und Handeln in den Organisationen ist noch immer starkgeprägt durch die Orientierung am Abteilungsziel (also an Teilzielen),vorrangig vor dem Gesamtunternehmensziel. Bezogen auf die einzelnenAbteilungen bedeutet das: uneffiziente Prozessübergänge mit Informati-onsverlust an Abteilungsgrenzen, unterschiedliche Prioritäten für die Be-arbeitung eines Auftrages bzw. Projektes, mangelndes Vertrauen zwischenden Bereichen, mangelhafte Kommunikation, zu lange Durchlaufzeiten,unnötige Prüfschritte, lange Liegezeiten, zu viele Schnittstellen zum Kun-den aus unterschiedlichen Abteilungen und Geschäftsgebieten (statt„One Face to the Customer“).

Das vorliegende Buch von Ernst Jankulik und Roland Piff, die es geschaffthaben, einige Kollegen von befreundeten Unternehmungen zu motivie-ren, ihre Prozessmanagementerfahrungen darzulegen, soll Ihnen einenEinblick in die Praxis des Prozessmanagements anhand von Best-Practice-

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Beispielen aus ganz verschiedenen Geschäftssparten geben, und Ihnensomit Anregungen zu Optimierungspotenzialen in Ihrer Organisation zurVerfügung stellen.

Univ.-Ass. Prof. Ing. Peter Markovic, PhD.Fakultät für Betriebsmanagement der Wirtschaftsuniversität in Bratislava

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1 Einleitung

Prozessmanagement ist in aller Munde, und viele sind der Überzeugung,sich dem Thema bereits ausreichend gewidmet und eine effiziente Lö-sung in ihrem Unternehmen umgesetzt zu haben. Dass dies nicht immerso der Fall ist, zeigen die Ergebnisse der Studie „Status Quo Geschäftspro-zessmanagement 2006/2007“, die vom Kompetenzzentrum für Ge-schäftsprozessmanagement und der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg inDeutschland durchgeführt wurde. Diese Umfrage wurde im Zeitraum Ok-tober bis Dezember 2006 im gesamten deutschsprachigen Raum durchge-führt. Insgesamt haben sich 185 Unternehmen aus Deutschland, Öster-reich, der Schweiz, Lichtenstein und Luxemburg an der Online-Umfragebeteiligt, die bereits zum vierten Mal durchgeführt wurde.

Dieser Umstand hat uns als Herausgeber dazu bewogen, dem sehr aktuel-len Thema „Prozessoptimierung“ eine Buchpublikation zu widmen. Aus-gehend von den Ergebnissen der oben angeführten Studie und der darinaufgezeigten Verbesserungspotenziale hinsichtlich eines effizienten Pro-zessmanagementsystems, versuchen wir, mit Praxisbeispielen von ver-schiedenen Autoren eine Hilfestellung für Prozessverbesserungen im„Prozess“-Alltag anzubieten.

Die wesentlichen Erkenntnisse der Studie sind in dieser Einleitung zu-sammengefasst und als Ideenlieferant für mögliche Verbesserungspoten-ziale in Unternehmen dem weiteren Inhalt vorangestellt.

Um dem Leser einen Gesamtüberblick über das Prozessmanagement zuermöglichen, haben wir im ersten Abschnitt die geschichtliche Entwick-lung und die verschiedenen Zugangsformen zu diesem Thema zusam-mengefasst. Dieses Wissen ist eher von theoretischer Natur, aber nicht un-interessant im Zusammenhang mit den Beispielen, welche sich wie die„harte“ MTM-(Methods-Time Measurement)-Methode stark am tayloristi-schen Modell ausrichten, während andere Beispiele, wie die „Analyse ei-nes Sales-Prozesses“ sich wieder am „weicheren Modell“ von Mike Ham-mer und James Champy orientieren. Im nächsten Abschnitt geht es umdie Grundlagen der Prozesssteuerung und Prozessmessung im Allgemei-nen. Darüber gibt es bereits eine große Anzahl von Fachbüchern und Bei-trägen, wir haben jedoch wesentliche Grundlagen für den Leser dargelegt,um die nachfolgenden Praxisbeispiele besser interpretieren zu können.

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Für Spezialisten, die sich für eine Prozessmessung auf der Grundlage von„Soft Facts“ interessieren, bietet unser bereits 2005 erschienenes Buch mitdem Titel „Projektmanagement und Prozessmessung“ die wesentlichenGrundlagen.

Im Hauptteil dieses Buches, der aus zehn Praxisbeispielen besteht, be-schreiben die Autoren Prozesse aus ihrem beruflichen Umfeld:

• Optimierung der Qualitätsmanagementprozesse in einem Industrie-konzern (Ernst Jankulik)

• Prozessmanagement in einem Consultingunternehmen (Michael Stummer)

• Messung des Projektmanagementprozesses im Industrieanlagenbau (Roland Piff)

• Optimierung des Kennzahlensystems für das Systemgeschäft in der Sicherheitsbranche (Günter Schneider)

• Prozessoptimierung in der Hotelbranche (Günter Reiterlehner)

• Prozessmessung im betrieblichen Kontinuitätenmanagement (Peter Wörgötter)

• Bewertung der Prozesse mittels dem MTM-(Methods-Time Measure-ment)-Verfahren (Peter Kuhlang)

• Analyse eines Sales-Prozesses in einem Softwarehouse (Mattias Nussbaumer)

• Prozessoptimierung in einer Konditorei (Thomas Hagmann)

• Prozessmanagement in der Projektentwicklungsphase von Kranken-häusern (Florin Niculescu)

In diesen Kapiteln stellen sie Methoden und Beispiele zum Thema Pro-zessmanagementsysteme und Prozessoptimierung mit unterschiedlichenDetaillierungsgraden vor. Zielsetzung ist, eine breite Palette von Ideenund Anregungen anzubieten, die auch in ganz anderen Sparten oderBranchen umgesetzt werden können. Die unterschiedlichen Branchenund die durchaus gewollten, divergierenden Professionalitätsgrade imProzessmanagement zeigen, dass nicht für alle Unternehmen bzw. Bran-chen eine einzige Lösung existiert. Der Nutzen und die Effizienzsteige-rung eines funktionierenden Prozessmanagementsystems sind von einerspezifischen Lösung für das jeweilige Unternehmen abhängig. Entschei-dend ist das Know-how bei der Erarbeitung der Strukturen und Prozessesowie die richtige Einschätzung und Festlegung des erforderlichen Detail-lierungsgrades.

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Im Kapitel Management Summary werden die vorgezeigten Praxisbei-spiele nochmals analysiert, Aussagen zu den verwendeten Methoden undmöglichen weiteren Einsatzgebieten getroffen und es wird auf noch be-stehende Verbesserungspotenziale hingewiesen.

Den Abschluss des Buches bildet die Vorstellung eines generischen Pro-zessmodells, das als „Master“ in einem Konzern eingesetzt werden kann,um verschiedene Produktsparten bzw. Länderorganisationen unter einemDach und mit einheitlichen Standards zusammenzufassen. Trotzdem sollermöglicht werden, die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen voneinzelnen Organisationen zu berücksichtigen. Dieses Beispiel und diedarin gezeigten hierarchisch aufgebauten Detaillierungsgrade der Prozess-strukturen können in den unterschiedlichsten Organisationen und Bran-chen als Grundlage für ein spezifisches Prozessmodell herangezogen wer-den.

Prozessmanagement – aktuelle Zugänge

Prozessmanagement wird mit verschiedenen Inhalten, Methoden undWerkzeugen verbunden und aus unterschiedlichsten Ausgangspunktenbetrachtet:

• Für Qualitätsmanager stellt Prozessmanagement eine logische Weiter-entwicklung der Inhalte aus den vergangenen fünfzehn Jahren dar.

• Controller sehen immer stärker die prozessuale Gliederung der Leis-tungsstruktur und die entsprechende Planung und Steuerung als sinn-vollen Zugang.

• Markenexperten sprechen in zunehmendem Ausmaß von der Bedeu-tung der Gestaltung der Wertschöpfungskette zwecks optimaler Umset-zung des Leistungsversprechens.

• Logistiker und Planungsverantwortliche bearbeiten unternehmens-übergreifende Prozesse im Zuge von Supply Chain Management.

Kernfrage ist, inwieweit die Themenrelevanz der vergangenen Jahre wei-terhin in den Unternehmen gegeben ist.

Die nun dargestellten Ergebnisse der oben genannten Studie sollen auf-zeigen, wie aktuell und notwendig das Thema Prozessoptimierung in vie-len Unternehmensbereichen und -branchen noch immer ist.

Prozessorientierung

Die eigentliche Existenzberechtigung für jede Managementmethode istdas Argument der mit ihrer Anwendung verbundenen Vorteile. Die Un-

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terstützung des Geschäftsmodells durch Prozessmanagement wird vonvielen Unternehmern bereits als positiv beurteilt. Prozessmanagementträgt entscheidend zur Transparenz des Unternehmens bei, dadurch wirddie Identifikation der Mitarbeiter mit dem Geschäftsmodell verstärkt. Zu-sätzlich leistet Prozessmanagement einen Beitrag zur kontinuierlichenSteigerung der Qualität in den Unternehmen.

Nennenswerte Fortschritte konnten auch in der Reduktion der Durch-laufzeiten von Prozessen in Unternehmen erreicht werden. Angesichtsder in vielen Unternehmen vorhandenen zeitlichen Engpässe durch hö-here Kundenanforderungen und Wettbewerbsdruck trägt Prozessmanage-ment entscheidend zur Leistungssteigerung bei. Potenzielle Vorteile derProzessorientierung in zentralen Fragen der Unternehmenssteuerungwerden bestätigt.

Umsetzung der Unternehmensstrategie

Eine der wesentlichen Aufgaben des strategischen Prozessmanagementsist die Unterstützung zur Erreichung der langfristigen Unternehmens-ziele. Von einer intensiven Unterstützung des Prozessmanagements beider Umsetzung der Unternehmensstrategie sind derzeit nur wenige Un-ternehmen überzeugt. Mögliche Gründe dafür können zum Beispiel einezu starke operative Ausrichtung des Prozessmanagement-Ansatzes oderdie Beibehaltung der bestehenden Vorgehensweise ohne Verknüpfungmit dem Prozessmanagement sein.

Integration bestehender Methoden und Werkzeuge

In vielen Unternehmen kommen mehrere Managementmethoden zurAnwendung. Die Herausforderung besteht darin, diese Methoden zu ei-nem integrierten Managementsystem zusammenzuführen. Die häufig be-nutzten Methoden sind KVP, Balanced Scorecard und Benchmarking. DieReihenfolge von Balanced Scorecard und Benchmarking hat sich zuguns-ten der Balanced Scorecard verändert. Die steigende Bedeutung der Balan-ced Scorecard indiziert eine zunehmende langfristige Ausrichtung derProzessbetrachtung (z. B. durch Formulierung von Prozesszielen als Ba-lanced-Scorecard-Perspektive). Dies wird auch im Buch „Projektmanage-ment und Prozessmessung“ dargelegt, in dem ein entsprechendes An-wendungsmodell erläutert wird (Jankulik, Kuhlang, Piff 2005).

Hervorzuheben ist auch die stark zunehmende Bedeutung von Six Sigmaals eine weitere Methode. Hauptanwender dieser Methode sind Unter-nehmen aus der Fertigungsindustrie, bei welchen Produktqualität ein we-sentlicher Erfolgsfaktor im Wettbewerbsumfeld ist.

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Organisatorische Veränderungen durch Prozessmanagement

Entscheidend ist es, wie die Unternehmen ihre Organisation auf die An-forderungen des Prozessmanagements ausgerichtet haben. Viele Unter-nehmen haben bereits die Funktion eines Chief Process Officers einge-richtet. Bei der Zuordnung des Chief Process Officers zu einem Vorstands-bzw. Geschäftsführerressort (technisch bzw. kaufmännisch) zeichnet sichkein eindeutiger Trend ab.

Viele Unternehmen haben bereits Process Owner, Process Coaches undProcess Coordinator als weitere Rollen etabliert. Deutlicher Nachholbe-darf besteht bei jenen Rollen, die die Effizienzverbesserung begleiten sol-len, wie z. B. Process Auditor oder Process Controller. Die Rollen könnenauch durch ausgebildete Führungskräfte in einer Multirollenfunktionwahrgenommen werden. Durch diese Maßnahme wird einerseits dieWirtschaftlichkeit verbessert und andererseits die Schnittstellenproble-matik reduziert.

Zur budgetären Verantwortung wurde festgestellt, dass diese derzeit aus-schließlich bei den operativen Geschäftsverantwortlichen liegt. ProcessOwner werden weitestgehend ernannt, ihnen wird aber nur sehr einge-schränkt auch organisatorische Verantwortung übertragen.

Umsetzungsgrad des Prozessmanagements

Fast alle Unternehmen funktionieren auf der Grundlage von Leistungs-prozessen, viele haben bereits ein vollständiges Prozessmanagementssys-tem festgelegt, welches aus dem bestehenden Qualitätsmanagementsys-tem entwickelt wurde, und steuern damit ihre Prozesse. Die Partneran-bindung, z. B. mit einheitlichen Prozessen über Unternehmensgrenzenhinaus, wird aber nur in geringem Umfang bei wenigen Unternehmen er-folgreich durchgeführt.

Beispielhaft für eine erfolgreiche Partneranbindung wurde bei vielen Un-ternehmen der gemeinsame Beschaffungsprozess (E-Commerce) genannt.

Qualität und Effizienz der Prozesssteuerung

Die Frage nach diesem Thema zielt darauf, inwieweit wesentliche metho-dische und inhaltliche Anforderungen an die Prozesssteuerung in denUnternehmen umgesetzt werden. Derzeit werden vorrangig Aktivitätenden Prozessschritten zugeordnet und die Verantwortlichkeiten für Pro-zesse bestimmt. Die Prozessverantwortlichen haben daher in der Mehr-zahl eine eher koordinierende und motivierende Verantwortung. ProcessOwner sollten auch die Verantwortung für die Prozesssteuerung haben

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und damit verbunden auch mit den notwendigen Ressourcen ausgestat-tet werden.

Weiterhin deutlicher Nachholbedarf besteht auch in der Einführung ei-ner Prozesskostenrechnung als Basis für die Verfügbarkeit aussagekräfti-ger Prozesskostenwerte. Für den Aufbau der Prozesskostenrechnung istdas zentrale Controlling eines Unternehmens gefordert, die methodischeErweiterung der bestehenden Kostenrechnungssystematik vorzunehmenund diese als Führungsprozess zu etablieren.

Eher unzureichend wird daher die regelmäßige Messung von Prozesskos-ten und der Prozess-Performance vorgenommen. Beide Kriterien sind zen-trale Anforderungen zur Überprüfung, inwieweit die Prozessziele wirklicherreicht werden. Ohne eine systematische Messung der Prozessleistungbleibt die Prozesssteuerung im Kern eher dokumentationsorientiert undleistet keinen wesentlichen Beitrag zur Unternehmensperformance.

Die Festlegung von kundenorientierten Prozesszielen wird von den meis-ten Unternehmen als überdurchschnittlich wichtig eingestuft. Damitwird eine wesentliche Anforderung an die effiziente Steuerung einzelnerProzesse erfüllt.

IT-Unterstützung von Prozessen

Ein weiterer Erfolgsfaktor für die Umsetzungsfähigkeit von Prozessma-nagement in den Unternehmen ist die Unterstützung durch geeignete IT-Systeme. Derzeit gibt es aber noch große Defizite bei der IT-Unterstüt-zung. In knapp der Hälfte der Unternehmen wird der fachspezifische An-spruch, also der inhaltliche Anspruch an die IT-Systeme, in den Vorder-grund gerückt, und Anforderungen aus dem Prozessmanagement werdenunterbewertet.

Eine zusätzliche Frage stellt sich nach der Funktionalität der IT-Systeme.Meist werden hier Eigenentwicklungen und der Einsatz von ERP-Syste-men genannt. Auf einen ebenfalls signifikanten Anteil kommen Work-flow-Systeme. Damit hat sich letztlich eine Verschiebung der Bedeutungbei IT-Systemen ergeben. Eigenentwicklungen und ERP-Systeme gewin-nen an Bedeutung hinsichtlich des Prozessbezugs, CRM-Systeme undGroupware-Lösungen verlieren an Bedeutung.

Die Veränderung der IT-Systeme lässt sich differenziert betrachten. Einer-seits deutet eine Zunahme von Eigenentwicklungen das Bestreben an,Prozessanforderungen gezielt und unternehmensspezifisch in IT-Syste-men abzubilden. Andererseits zielt eine Standardisierung von Abläufen inERP-Systemen auf die Prozesseffizienz ab und ermöglicht in der Regelauch die systematische Messung der Prozessperformance.

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IT-Referenzmodell

Eine potenzielle Vereinfachung bei der Prozessmodellierung kann durchden Einsatz von Referenzmodellen erfolgen. In der Umfrage wurde abge-fragt, inwieweit Unternehmen Referenzmodelle verwenden. Insgesamtist der Einsatz von Referenzmodellen nicht sehr ausgeprägt. Viele der teil-nehmenden Unternehmen setzen im Rahmen einer ERP-Lösung SAP-Pro-zessmodelle ein. Im IT-Bereich werden weiterhin ITIL-Prozesse in einerspürbaren Anzahl verwendet. Einige Unternehmen setzen Referenzpro-zesse aus dem EFQM-Modell ein, um auf dieser Basis die Prozessmodellie-rung durchzuführen. Die signifikante Anzahl der Unternehmen, die keinReferenzmodell verwenden, zeigt, dass noch kein insgesamt tauglicherStandard für Referenzmodelle besteht bzw. der mögliche Nutzen nichtunbedingt so gesehen wird.

Prozessrisiken

Eine wesentliche Aufgabe der Unternehmensführung ist die systemati-sche Steuerung von Risiken sowie die entsprechende Handhabung vonprozessspezifischen Risiken.

Fast alle Unternehmen nehmen an, dass die Mitarbeiter über ein ausrei-chendes Risikobewusstsein verfügen und führen gezielte Aktivitäten zurRisikosteuerung durch. Eher unzureichend ist die Handhabung von Risi-kokennzahlen zur Steuerung der identifizierten Prozessrisiken in fast al-len Unternehmen. Handlungsbedarf besteht in der Definition von Risiko-strategien in Bezug auf die generelle Handhabung von Risiken (z. B. „Ri-siko akzeptieren“). Hier sind nur wenige Unternehmen aktiv, was ein er-hebliches Verbesserungspotenzial aufzeigt. Die systematische Durchfüh-rung von Risikotransfer als Instrument der Risikoreduzierung wird bishergleichfalls eher vernachlässigt. Nur wenige Unternehmen führen entspre-chende Maßnahmen systematisch durch. Da Prozessrisiken im Regelfallfür Unternehmen zu den wesentlichen Risikobereichen zählen und ins-besondere für kapitalmarktorientierte Unternehmen ein Risikomanage-mentsystem zwingend vorgeschrieben ist, sind die Ergebnisse deutlich zuniedrig.

Outsourcing von Prozessen

Outsourcing ist im Bereich der IT-Prozesse am häufigsten anzutreffen.Weitere Schwerpunkte sind die Logistik-Prozesse und das Fuhrparkma-nagement. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass nicht alle IT-Pro-zesse ausgelagert werden können, sondern Prozessschwerpunkte gesetztwerden müssen, da ein Teil der IT-Prozesse Kernprozesse der Unterneh-men sind. Der Anstieg von Logistik-Prozessauslagerungen kann mit der

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Fokussierung auf die Supply-Chain-Optimierungen in Zusammenhanggebracht werden, denen wiederum wirtschaftliche Zielsetzungen zu-grunde liegen. Im Regelfall geht mit der Optimierung der Zulieferstruktu-ren auch ein Abbau eigener Logistikkapazitäten einher, hin zum systema-tischen Einkauf von Logistikdienstleistungen (z. B. zum Aufbau von Kon-traktlogistikdienstleistungen). Beim outgescourcten Prozess Fuhrparkma-nagement ist hingegen eher von einer Gesamtauslagerung auszugehen,da hiervon im Wesentlichen Leistungsprozesse im Unternehmen nichtberührt werden.

Die Zufriedenheit mit den Outsourcing-Leistungen ist eher unterdurch-schnittlich. Dies betrifft alle wesentlichen Leistungsfaktoren wie Transpa-renz der Geschäftsbeziehung, die Kostenvorteile, die Qualität der Ver-tragsgestaltung sowie die eigentliche Leistungsqualität. Outsourcing-Part-ner müssen sich diesen Erwartungen stellen, wenn sie langfristige und er-folgreiche Geschäftsbeziehungen mit ihren Kunden etablieren wollen.Zielsetzung für das Outsourcing von Prozessen ist sowohl die Senkungvon Prozesskosten als auch die Verbesserung der Leistungsqualität.

Prozessmanagement der Zukunft

Hier steht für viele Unternehmen die Optimierung der Ressourcen undProzesskapazitäten im Vordergrund. Sie beschäftigen sich sehr direkt mitder eigentlichen Prozesssteuerung, da durch die Anpassung von Ressour-cen auch unmittelbar die Prozesseffizienz betroffen ist. Ein weitererSchwerpunkt ist die Verbesserung der Kundenorientierung und des Kun-denmanagements durch Prozessmanagement. Die Fokussierung auf dieKundenanforderungen in allen Prozessen und Prozessschritten machtauch den methodisch geforderten Marktbezug im Prozessmanagementdeutlich.

Weitere Anstrengungen im Prozessmanagement werden in Bezug auf dieErhöhung der Transparenz des Prozessmodells sowie auf die Integrationvon Prozessmanagement in die strategische Ausrichtung vorgenommen.Insbesondere die Integration in die strategische Steuerung ist für Prozess-management ein kritischer Erfolgsfaktor der Nachhaltigkeit.

Seltener werden Themen wie Engpassanalysen im Prozessmodell undkostenorientierte Themen genannt. Beide Bereiche sind im Regelfall spä-ter im Entwicklungsprozess von Prozessmanagement anzutreffen. Insbe-sondere hinsichtlich der Kostentransparenz von Prozessen ist aber eineraschere Umsetzung wünschenswert.

Eine große Anzahl von Unternehmen plant, auch in Zukunft das Prozess-management durch hierfür aufgesetzte Projekte zu verbessern und weiter-zuentwickeln.

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Erstaunlich ist im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Studie dieTatsache, dass es Prozessmanagement bereits seit Frederick Winslow Tay-lor (19. Jahrhundert) gibt und dennoch der Reifegrad in manchen Berei-chen stark verbesserungswürdig ist. Aus diesem Grund werden im folgen-den Abschnitt die Entwicklung des Prozessmanagements, beginnend mitAdam Smith, und die einzelnen Evolutionsschritte kurz beschrieben.


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