+ All Categories
Home > Documents > Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot...

Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot...

Date post: 07-Feb-2018
Category:
Upload: duongnga
View: 217 times
Download: 3 times
Share this document with a friend
8
Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von Rendite, Marktanteil und Ressourceneinsatz Werner Adelberger und Nicole Haft-Zboril Dipl. Ing. Dr. techn. Werner Adelberger ist Senior Vice President bei der BMW AG, Mün- chen, und verantwort- lich für den Bereich Controlling Produktpro- jekte. Dr. Nicole Haft-Zboril ist Senior Vice President bei der BMW AG, Mün- chen, und verantwort- lich für das betriebs- wirtschaftliche Kompe- tenzzentrum für Her- stellkosten und Investi- tionen. Stichwörter Automobilindustrie Fahrzeugarchitekturen Portfoliomanagement Produktdifferenzierung Risikobewertungen Für die Produktportfoliosteuerung wird ein Ansatz vorgestellt, der an- schaulich die Wirkungen von Entscheidungen in Bezug auf Rendite, Marktposition und Ressourcenallokation zeigt. Damit können Fragestel- lungen wie z. B. Volumenpotenziale und Produktaufwände bei unter- schiedlicher Produktdifferenzierung, Effekte übergreifender Fahrzeugar- chitekturen und auch at chance/at risk-Betrachtungen für eine zielgerich- tete Diskussion aufbereitet werden. ........................................................ 1. Methodischer Ansatz der Portfoliosteuerung als Kernaufgabe des strategischen Produktmanagements ........................................................ Die Frage nach der optimalen Gestaltung und Weiterentwicklung des Produktport- folios stellt sich Premiumherstellern der Automobilindustrie permanent (vgl. Hab/Wagner , 2010, S. 3 ff. sowie S. 19 ff.). Wesentliche Herausforderungen sind da- bei das Ausbalancieren der verschiedenen Zielgrößen, um geforderte Renditen zu erreichen, die Marktposition und den Markenwert auszubauen, neue Marktpo- tenziale zu erschließen sowie die Innova- tionskraft des Unternehmens zu stärken. Für diese Aufgabenstellung gelten in der Automobilindustrie spezifische Randbe- dingungen wie hoher Einmalaufwand für die Entwicklung und Produktion neuer Fahrzeuge, lange Produktlebenszyklen, aktuelle technologische Herausforderun- gen wie Hybrid- oder Elektroantriebe, sich ständig verschärfende, gesetzliche Auflagen und hohe Substitutionsraten beim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von Marktanteilen im Premiumbereich ist im Wesentlichen über neue Produktkonzep- te mit erhöhtem Nutzen für spezifische Kundengruppen und hoher Emotionali- tät möglich. Der Einsatz übergreifender Fahrzeugarchitekturen erlaubt, durch Baukastenansätze unterschiedlichste Fahrzeugkonzepte in geringen Stückzah- len zu realisieren und trotzdem das not- wendige Maß an Skaleneffekten für ein profitables Erschließen von Marktni- schen zu erreichen. Im folgenden Artikel soll ein zur klassischen BCG Matrix (vgl. Bruhn, 2010, S. 70 ff.) ergänzender An- satz vorgestellt werden, der sich in der Praxis bewährt hat, um die genannten Entscheidungszusammenhänge gut zu strukturieren und notwendige Entschei- dungsprozesse transparent zu unterstüt- zen. ........................................................ 2. Klassische Ansätze der Portfoliodarstellung von BCG, McKinsey , Arthur D. Little ........................................................ Der klassische Ansatz für das strategische Management des Produktportfolios wur- de von der Boston Consulting Group ent- wickelt und soll den Zusammenhang von Produktlebenszyklus und Kostenerfah- rungskurve verdeutlichen. Dabei wird in einem Diagramm auf der Ordinate das erwartete Marktwachstum („Umweltdi- mension“, „Wachstumspotenziale“) und auf der Abszisse der relative Marktanteil („Erfahrungskurve“, „Economies of Sca- le“) dargestellt (vgl. Hungenberg/Wulf, 2007, S. 116 ff. sowie Abb. 1). Für jeden Bereich der Matrix gibt es nun eine soge- nannte Normstrategie, nämlich „selek- tieren“ der Question Marks, „investieren“ in die Stars, „abschöpfen“ der Cash Cows sowie „desinvestieren“ bei den Poor Dogs (vgl. Olbrich, 2006, S. 86 ff.). Da der typische Lebensweg eines Produk- tes von Question Mark über Star und Cash Cow zu Poor Dog verläuft, ist vor allem die Ausgewogenheit des gesamten Portfolios von großer Bedeutung. Ohne Nachwuchsprodukte (Stars und Question 41 25. Jahrgang 2013, Heft 1
Transcript
Page 1: Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von

Portfoliomanagement als Aufgabe derOptimierung von Rendite, Marktanteilund RessourceneinsatzWerner Adelberger und Nicole Haft-Zboril

Dipl. Ing. Dr. techn.Werner Adelberger istSenior Vice Presidentbei der BMW AG, Mün-chen, und verantwort-lich für den BereichControlling Produktpro-jekte.

Dr. Nicole Haft-Zboril istSenior Vice Presidentbei der BMW AG, Mün-chen, und verantwort-lich für das betriebs-wirtschaftliche Kompe-tenzzentrum für Her-stellkosten und Investi-tionen.

Stichwörter� Automobilindustrie� Fahrzeugarchitekturen� Portfoliomanagement� Produktdifferenzierung� Risikobewertungen

Für die Produktportfoliosteuerung wird ein Ansatz vorgestellt, der an-schaulich die Wirkungen von Entscheidungen in Bezug auf Rendite,Marktposition und Ressourcenallokation zeigt. Damit können Fragestel-lungen wie z. B. Volumenpotenziale und Produktaufwände bei unter-schiedlicher Produktdifferenzierung, Effekte übergreifender Fahrzeugar-chitekturen und auch at chance/at risk-Betrachtungen für eine zielgerich-tete Diskussion aufbereitet werden.

........................................................

1. Methodischer Ansatz derPortfoliosteuerung alsKernaufgabe des strategischenProduktmanagements........................................................

Die Frage nach der optimalen Gestaltungund Weiterentwicklung des Produktport-folios stellt sich Premiumherstellern derAutomobilindustrie permanent (vgl.Hab/Wagner, 2010, S. 3 ff. sowie S. 19 ff.).Wesentliche Herausforderungen sind da-bei das Ausbalancieren der verschiedenenZielgrößen, um geforderte Renditen zuerreichen, die Marktposition und denMarkenwert auszubauen, neue Marktpo-tenziale zu erschließen sowie die Innova-tionskraft des Unternehmens zu stärken.Für diese Aufgabenstellung gelten in derAutomobilindustrie spezifische Randbe-dingungen wie hoher Einmalaufwand fürdie Entwicklung und Produktion neuerFahrzeuge, lange Produktlebenszyklen,aktuelle technologische Herausforderun-gen wie Hybrid- oder Elektroantriebe,sich ständig verschärfende, gesetzlicheAuflagen und hohe Substitutionsratenbeim Angebot zusätzlicher Derivate ingesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010,S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn vonMarktanteilen im Premiumbereich ist imWesentlichen über neue Produktkonzep-te mit erhöhtem Nutzen für spezifischeKundengruppen und hoher Emotionali-tät möglich. Der Einsatz übergreifenderFahrzeugarchitekturen erlaubt, durchBaukastenansätze unterschiedlichsteFahrzeugkonzepte in geringen Stückzah-len zu realisieren und trotzdem das not-wendige Maß an Skaleneffekten für einprofitables Erschließen von Marktni-

schen zu erreichen. Im folgenden Artikelsoll ein zur klassischen BCG Matrix (vgl.Bruhn, 2010, S. 70 ff.) ergänzender An-satz vorgestellt werden, der sich in derPraxis bewährt hat, um die genanntenEntscheidungszusammenhänge gut zustrukturieren und notwendige Entschei-dungsprozesse transparent zu unterstüt-zen.

........................................................

2. Klassische Ansätze derPortfoliodarstellung von BCG,McKinsey, Arthur D. Little........................................................

Der klassische Ansatz für das strategischeManagement des Produktportfolios wur-de von der Boston Consulting Group ent-wickelt und soll den Zusammenhang vonProduktlebenszyklus und Kostenerfah-rungskurve verdeutlichen. Dabei wird ineinem Diagramm auf der Ordinate daserwartete Marktwachstum („Umweltdi-mension“, „Wachstumspotenziale“) undauf der Abszisse der relative Marktanteil(„Erfahrungskurve“, „Economies of Sca-le“) dargestellt (vgl. Hungenberg/Wulf,2007, S. 116 ff. sowie Abb. 1). Für jedenBereich der Matrix gibt es nun eine soge-nannte Normstrategie, nämlich „selek-tieren“ der Question Marks, „investieren“in die Stars, „abschöpfen“ der Cash Cowssowie „desinvestieren“ bei den Poor Dogs(vgl. Olbrich, 2006, S. 86 ff.).

Da der typische Lebensweg eines Produk-tes von Question Mark über Star undCash Cow zu Poor Dog verläuft, ist vorallem die Ausgewogenheit des gesamtenPortfolios von großer Bedeutung. OhneNachwuchsprodukte (Stars und Question

41

25. Jahrgang 2013, Heft 1

Page 2: Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von

Question Marks

Dogs Cash Cows

Stars

Relativer Markt-bzw. Segmentanteil

Ma

rktw

ach

stu

m %

Produkt 3

Produkt 4

Produkt 6

Produkt 5

Produkt 2

Produkt 1

10

5

0

0 1,0 2,0

Abb. 1: BCG Matrix (in Anlehnung an Bruhn, 2010, S. 71)

Marks) wird ein Unternehmen mittelfris-tig nicht erfolgreich sein, ohne CashCows ist der statische Finanzausgleich,d. h. die Finanzierung der Nachwuchs-produkte, nicht möglich. Die Produktedes Portfolios müssen sich gegenseitigstützen und finanzieren können.

Dieser Ansatz bietet eine gute Visualisie-rung der Problematik und liefert nach-vollziehbare Indikationen für strategischePositionen und notwendige Handlungs-bedarfe im Lebenszyklus eines Produktes.Auch McKinsey (vgl. Hungenberg/Wulf,2007, S. 121 ff.) und Arthur D. Little (vgl.Hungenberg, 2004, S. 434) haben ähnlicheDarstellungen zum Portfoliomanagemententwickelt. McKinsey spannt eine Matrixmit neun Feldern und den Achsen Markt-attraktivität (Marktwachstum, Marktgrö-ße, Eintrittsbarrieren, Rendite, Wettbe-werbsstärke etc.) und Relativer Wettbe-werbsvorteil (Marktposition, F&E Poten-zial etc.) auf. Es werden ebenfalls klareNormstrategien vorgeschlagen, aber unterBerücksichtigung quantitativer und qua-litativer, also auch subjektiver Einschät-zungen. Die Normstrategien lassen sichmit den Schlagworten „expandieren“, „se-lektieren“, „abschöpfen“ beschreiben.Auch Arthur D. Little beschreibt eine Di-

mension über die Wettbewerbsposition,fokussiert jedoch bei der zweiten Dimen-sion explizit die Lebenszyklusphase desProduktes. In allen 20 Feldern der Matrixwerden klare Handlungsempfehlungenüber empfohlene Normstrategien gege-ben (vgl. Abb. 2).

Die ausgeführten Darstellungen liefernkeine anschaulichen Aussagen, ob dieRessourcen im richtigen Ausmaß in dieeinzelnen Produkte investiert werden, obunter den Produkten Substitutionsbezie-hungen bestehen und ob mit dem aktuel-len und zukünftigen Produktportfoliobefriedigende Renditen erwirtschaftetwerden können. Es sind Portfolien, mitderen Hilfe man die Ausgewogenheit desGesamtportfolios in Bezug auf den aktu-ellen Umsatz beurteilen und strategischeHandlungsempfehlungen ableiten kann.Aussagen über die aktuelle und zukünftigerwartete „Stärke“ des Portfolios könnennicht direkt abgeleitet werden. Dazukommen noch die in der Einleitung er-wähnten Spezifika der Automobilindus-trie, die eine Adaption der klassischenPortfoliodarstellungen als angebracht er-scheinen lassen.

Im Premiumsegment der Automobilher-steller besteht im Wesentlichen ein Oligo-

pol aus wenigen Herstellern, die alle sehrähnliche Marktanteile haben. In einzel-nen Konzeptsegmenten gibt es zwardurchaus Unterschiede, aber trotzdemliefert eine Differenzierung nach Markt-anteil „größer oder kleiner als stärksterWettbewerber“ kaum zusätzliche Er-kenntnisse, da durch Komponentenbau-kästen und übergreifende Fahrzeugarchi-tekturen der Gesamtabsatz die bestim-mende Größe für Lernkurven und Ska-leneffekte ist. Das Marktwachstum alszweite Dimension der üblichen Portfoliosist zwar unterschiedlich für einzelneKonzeptsegmente, es ist aber sehr oftauch „angebotsinduziert“, d. h. mit derMarkteinführung neuer Modelle wächstein spezifisches Marktsegment undschrumpft auch wieder über den Lebens-zyklus dieser Produkte. Das Wachstumdes Gesamtmarktes ist aber i.d.R. lang-fristig relativ stabil. Der Umsatz pro Pro-dukt oder Produktgruppe ist für dieWettbewerber nur sehr beschränkt ver-fügbar und auch kaum ermittelbar, dadie offiziellen Listenpreise der Fahrzeugeweder Erlöse für Sonderausstattungennoch Erlösschmälerungen widerspiegeln.Sehr gut und detailliert verfügbar sinddagegen Absatzzahlen. An diesen Kritik-punkten setzen die Kernüberlegungen

42 CONTROLLING-CASE STUDY

CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG

Page 3: Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von

Lebenszyklusphase

Wettb

ew

erb

sp

ositio

n

Entstehung Wachstum Reife Alter

- Marktanteile

hinzugewinnen oder

mindestens halten

- Investitionen, um Position zu

verbessern

- Marktanteilgewinnung

- Position halten

- Wachstum mit der

Branche

- Position halten

- Investieren, um Position

zu verbessern

- Marktanteilgewinnung

(intensiv)

- Investieren, um Position zu

verbessern

- Marktanteilgewinnung

- Position halten

- Wachstum mit der

Branche

- Position halten

oder „Ernten“

- Selektiv oder volle

Marktanteilgewinnung

- Selektive Verbesserung

der Wettbewerbsposition

- Versuchsweise Position

verbessern

- Selektive

Marktanteilgewinnung

- Minimale Investitionen

zur Haltung

- „Ernten“ oder

stufenweise

Reduzierung des

Engagements

- Selektive

Verbesserung der

Wettbewerbsposition

- Aufsuchen und

Erhaltung der Nische

- Aufsuchen einer

Nische oder

stufenweise

Reduzierung des

Engagements

- Stufenweise

Reduzierung des

Engagements

oder

- Liquidieren

- Starke Verbesserung oder

aufhören

- Starke Verbesserung oder

- Liquidierung

dominant

stark

günstig

haltbar

schwach

Abb. 2: ADL Matrix

des nachfolgenden Ansatzes an, der imRahmen der Portfoliosteuerung bei derBMW AG entwickelt wurde.

........................................................

3. Zielgrößen und Restriktionenals Basis einer spezifischenPortfoliodarstellung........................................................

Die wesentlichen Zielgrößen für ein er-folgreiches Portfolio sind: Rendite undMarktanteil, aus denen sich der Markter-folg ergibt (anschaulich durch ein klaresAbsatzziel, das sich aus der Gesamt-marktprognose und dem angestrebtenMarktanteil ableitet). Diese definierenauch die beiden Achsen des nachstehen-den Diagramms. Bei der Rendite sindzwei wichtige Grenzwerte zu beachten:die Mindesthürde der Profitabilität(Mindestrendite) stellen die Kapitalkos-ten dar, der unternehmensspezifischeRenditeanspruch (RoCE) das Kriteriumfür die Zielerreichung in Summe. Der li-mitierende Faktor für alle Portfolioüber-legungen sind die zur Verfügung stehen-den Ressourcen, v.a. das Kapital bzw. derverfügbare Free Cash-Flow. Damit ist diedritte Dimension für die Darstellung desPortfolios das in die Produkte investier-te Kapital, dargestellt über die Fläche der

Kreise. Die Allokation des Kapitals istauch ein Maß für die Ausgewogenheit desPortfolios (vgl. Abb. 3). Eine Differenzie-rung in Serienportfolio, d. h. alle aktuellam Markt angebotenen Produkte, undSteuerungsportfolio, d. h. die erwarteteSituation nach Einführung der nächstenProduktgeneration, bestimmt die Dis-kussion für Maßnahmen zur Optimie-rung.

........................................................

4. Kategorisierung des Portfoliosnach spezifischen Kriterien........................................................

Das Produktangebot wird stetig ausge-weitet, um hohe Marktanteile zu errei-chen, jedoch mit dem Ziel, maximaleSkaleneffekte von der Entwicklung bis zuden Händlerbetrieben zu realisieren. DerTrend zunehmender Differenzierung desProduktangebotes verlangt eine Portfo-liodarstellung, die auf einen Blick zeigt,welche Produkte/Produktgruppen wieviel Kapital binden, welche Renditen da-mit erwirtschaftet werden und welchenBeitrag sie zum Erreichen des Absatzziels(= Marktposition) leisten. Der rechtegroße Kreis stellt die Summe des einge-setzten Kapitals, das gesamte Fahrzeug-absatzvolumen und die Gesamtrendite

dar. Diese sind die wesentlichen Kenn-zahlen des Gesamtportfolios. Zur weite-ren Differenzierung wurde folgende Ka-tegorisierung von Produkten bei derBMW AG entwickelt (vgl. Abb. 4).

Substantials sind die tragenden Säulendes Portfolios. Sie sind der stabile und amMarkt gut etablierte Kern des Produktan-gebotes. Sie tragen den Großteil der Auf-wände für die Entwicklung des Backbo-nes ihrer Produktfamilie und die Kom-ponenten des Baukastens und erwirt-schaften trotzdem eine ausreichendeRendite. Ein Beispiel dafür ist die 3er Li-mousine bei BMW. Sie ist im übertrage-nen Sinne eine Cash Cow des Portfolios.

Growth Potentials entsprechen in etwaden Stars der BCG Matrix. Das sind Pro-dukte in stark wachsenden Marktseg-menten mit guten Margen und zukünfti-gen Volumenpotenzialen. In der Regelhandelt es sich um neue Produktkonzep-te, die sich meist über mehrere Produkt-lebenszyklen im Markt etablieren. AlsBeispiele der jüngeren Vergangenheitsind vor allem die SUV-Konzepte (z. B.:X1, X3, X5 von BMW) zu nennen.

Profitchampions sind von Kernproduk-ten (Substantials) eng abgeleitete Deriva-te, die mit vergleichsweise geringem Pro-

Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von Rendite, Marktanteil und Ressourceneinsatz 43

25. Jahrgang 2013, Heft 1

Page 4: Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von

Serienportfolio von morgen ist

das Steuerungsportfolio von heute

Serienportfolio

heute

Steuerungs-

portfolio

Zielrendite

Mindestrendite

Absatzziel

ø Volumen p.a.

Po

rtfo

liore

nd

ite

(%)

Zielrendite

Mindestrendite

ø Volumen p.a.

Po

rtfo

liore

nd

ite

(%)

Growth

Potentials

Substantials Steuerungsportfolio

Profit

Champions

Brandshaper

Abb. 3: Portfoliosteuerung abgebildet durch Zielrendite und Markterfolg

Abb. 4: Cluster im Produktportfolio

duktaufwand unter konsequenter Nut-zung von vorhandenen Architekturenund Baukastenkomponenten ganz spezi-fische Kundenbedürfnisse ansprechen.Sie erschließen damit eigene Segmenteund generieren entweder nennenswerteZusatzvolumina und/oder erlauben dasRealisieren höherer Margen. Beispiele da-für sind „Kombikonzepte“ (Touring beiBMW), alle Cabrios und auch die HighPerformance oder Sportversionen von

Fahrzeugen (M Fahrzeuge bei BMW).Diese Fahrzeuge können auch bei gerin-gen Stückzahlen und in stagnierendenMarktsegmenten hoch profitabel sein.Auch hier könnte man von einer ArtCash Cow sprechen.

Brandshaper sind schließlich „Vorreiter“und „Botschafter“ der Marke. Es sindProdukte, die oft geringere Renditen er-wirtschaften, aber außerordentlich wich-

tig für das Image eines Unternehmenssind. Sie sind in gewissem Sinne „zu Pro-dukten gewordene Marketing- und For-schungsbudgets“, zeigen am Markt dieTechnologiekompetenz des Unterneh-mens (z. B. Elektrofahrzeuge) und erlau-ben es, Erfahrungen in neuen/zukünfti-gen Segmenten zu sammeln, oder sindwichtig für den emotionalen Kern unddie Identität einer Marke (z. B. Super-sportwagen). Diese Kategorie kommt in

44 CONTROLLING-CASE STUDY

CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG

Page 5: Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von

Zielrendite

Strateg. Plng.2011 – 2022

Strateg. Plng.2015– 2026

Strateg. Plng.2016 – 2027

Strateg. Plng.2014 – 2025

Strateg. Plng.2013 – 2024

Strateg. Plng.2012 – 2023

Effekte 2011:Nachfolgerbelegung

Derivat 1

Derivat 2

Angebotserweiterung

Neus Derivat 1

Effekte 2012:Nachfolgerbelegung

Derivat 3

Angebotserweiterung

Neues Derivat 2

Effekte 2013:Nachfolgerbelegung

Derivat 4

Derivat 5

Angebotserweiterung

Neues Derivat 3

Neues Derivat 4

Effekte 2014:Nachfolgerbelegung

Derivat 6

Derivat 7

Angebotserweiterung:

Neues Derivat 5

Effekte 2015:Nachfolgerbelegung

Derivat 8

Angebotserweiterung:

Neues Derivat 6

Po

rtfo

liore

nd

ite

(%)

Mindestrendite

Strateg. Plng. Strateg. Plng. Strateg. Plng.Strateg. Plng.Strateg. Plng.Strateg. Plng.

Abb. 5: Hochrechnung der Renditeentwicklung des Serienproduktportfolios

der klassischen Produktportfoliomatrixnicht vor.

Wenn man nun alle Produkte diesen Ka-tegorien bzw. Produktclustern zuordnetund entsprechend der Kriterien Absatz,Rendite und investiertes Kapital in dasoben beschriebene Schaubild einträgt, er-hält man eine sehr gute Übersicht überdie Ausgewogenheit und Stärke des Port-folios, ähnlich den Grundgedanken derBCG Matrix. Zur detaillierteren Analyseund Diskussion muss man in den einzel-nen Kategorien eine Stufe tiefer auf dieEbene der Einzelderivate gehen. Auchhier kann die Fragestellung veranschau-licht werden: welche Derivate hatten wel-che Bedeutung: früher, heute und – ausaktueller Einschätzung – in der Zukunft.

So kann auch die Renditeentwicklung desSerienportfolios über den Zeitraum derstrategischen Planung hochgerechnetwerden. Immer wenn ein bestehendesProdukt durch das Nachfolgeprodukt er-setzt oder ein neues Produkt in denMarkt gebracht wird, ergibt sich eineRenditeveränderung im Serienportfolio(vgl. Abb. 5). Es sei noch darauf hinge-wiesen, dass diese Portfoliorendite natür-lich nicht unmittelbar mit den RoCE-Kennzahlen einzelner Geschäftsjahre kor-reliert, aber ein guter Indikator für zu-künftige Cash Flows ist.

........................................................

5. Differenzierung, Substitutionund Volumenpotenziale........................................................

Eine weitere entscheidungsrelevante Fra-ge ist: Wie reagieren das Portfolio in einerbestimmten Fahrzeugklasse/Produktfa-milie und seine einzelnen Produkte aufdie Einführung neuer, zusätzlicher Deri-vate? Erfolgskritischer Faktor bezogenauf das Produktportfolio ist, ob ausrei-chend viele neue Kunden gewonnen wer-den können und nicht bestehenden Kun-den nur eine weitere Alternative gebotenwird. Die zusätzlichen Derivate sollensich vom bestehenden Portfolio deutlichgenug differenzieren, um andere Kun-denbedürfnisse befriedigen zu können(vgl. Hab/Wagner, 2010, S. 8). Es musseine Nische im Markt für diese Produkteexistieren. Genauso wichtig ist aber auch,dass sie zur Markenidentität des Unter-nehmens passen und im Rahmen der be-stehenden Fahrzeugarchitekturen undKomponentenbaukästen darstellbar sind.In einem entscheidungsorientierten Busi-nesscase ist für diese Derivate eine be-triebswirtschaftliche Bewertung durchzu-führen, die alle mit der Einführung ver-bundenen zusätzlichen Aufwände (Pro-duktentwicklung, Investitionen, Produk-tionskosten etc.) und Erträge, d. h. zu-sätzliche Deckungsbeiträge minus De-

ckungsbeitragsverluste durch Substitu-tionseffekte bei bestehenden Derivaten,berücksichtigt. Auch hier kann die Port-foliodarstellung nach Volumen, Renditeund investiertem Kapital sehr anschau-lich zeigen, wie das Portfolio in unter-schiedlichen Szenarien reagiert (vgl.Abb. 6).

In dem gezeigten Beispiel sinken zwarRendite und Volumen für zwei der beste-henden Derivate (durch Substitutionsef-fekte), in Summe verbessert sich jedochdie Marktposition des Unternehmensund auch die Rendite des Gesamtportfo-lios steigt. Über mehrere Generationenkönnen neue Produktkonzepte etablierteKonzepte völlig aus dem Portfolio ver-drängen, wie in den USA zum Beispiel inden 90er Jahren die aufkommendenSUV-Konzepte die Kombikonzepte(„Wagons“) fast völlig verdrängt haben.Diese SUV’s waren für die US-Automo-bilindustrie von Anfang an Profitchampi-ons, da sie mit geringem Aufwand vonbestehenden Light Duty Trucks abgeleitetwurden und vergleichsweise hohe Mar-gen erzielten.

Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von Rendite, Marktanteil und Ressourceneinsatz 45

25. Jahrgang 2013, Heft 1

Page 6: Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von

Neues Derivat

Derivat 2

Leadderivat

Derivat 1

Derivat 3

Produktlinie inkl. neuem Derivat

Zielrendite

Mindestrendite

ø Volumen p.a.

Po

rtfo

liore

nd

ite

(%)

Abb. 6: Effekte der Integration eines neuen Projekts im Produktportfolio

........................................................

6. Kommunalität, Skaleneffekteund Produktaufwand........................................................

Die Optimierungsaufgabe bei der Portfo-liofestlegung für eine Produktfamilie be-steht somit darin, in einem definiertenMarktsegment (z. B. Mittelklassewagenmit relativ stabilem Deckungsbeitragsni-veau pro Fahrzeug) eine möglichst hoheRendite zu erreichen. Es ist klar, dass manmit differenzierten Angeboten, d. h. mitmehr Derivaten, auch mehr Kunden mitmaßgeschneiderten Produkten anspre-chen und damit höhere Gesamtstückzah-len verkaufen kann, jedoch steigt damitauch der Produktaufwand.

Es sind daher zu Beginn jeder strategi-schen Planung einer Produktfamiliefrühzeitig die physikalischen Eckpunktefür die geplante Fahrzeugarchitektur(Länge, Breite, Höhe, Gewicht, maximaleMotorisierung, Spurweiten etc.) zu defi-nieren und danach die „ideale Anzahlund Differenzierung“ der Derivate zu be-stimmen (vgl. Abb. 7).

Weit gespreizte Fahrzeugarchitekturenerlauben zwar die Ausleitung einer grö-ßeren Anzahl ausreichend differenzierterFahrzeuge, erfordern aber einen ver-gleichsweise höheren Produktaufwandund erzwingen oft auch teurere Lösun-gen für die kleinen Fahrzeuge aus dieser

Produktfamilie. Wenige, stark differen-zierte Derivate decken mit geringeren ge-genseitigen Substitutionsraten und höhe-ren Stückzahlen pro Derivat ein größeresMarktsegment ab. Dagegen lassen sichviele, aber dafür wenig differenzierte,d. h. hoch kommunale Derivate mit ver-gleichsweise geringem Produktaufwandrealisieren. Sie decken dann aber nur eineingeschränktes Marksegment ab undstehen untereinander in direktem Wett-bewerb (z. B. 2- und 4-türige Coupes).Die damit verbundenen höheren Substi-tutionsraten limitieren sehr stark die er-zielbaren Stückzahlen pro Derivat. In dervorgestellten Produktportfoliodarstel-lung kann man diese unterschiedlichenSzenarien sehr anschaulich gegenüber-stellen, um das Szenario mit der bestenGesamtwirkung auf das Portfolio (Ren-dite und Volumen) auszuwählen. DieEckpunkte der Optimierungsaufgabesind somit primär Absatzvolumen (Seg-mentanteil), Differenzierung (AnzahlDerivate und Varianten) und Produkt-aufwand (Entwicklungsaufwand, Investi-tionen etc.). Um die geforderten Rendite-ansprüche erfüllen zu können, muss derDeckungsbeitrag der verkauften Fahrzeu-ge neben den projektübergreifenden Fix-kosten zunächst den projektspezifischenEinmalaufwand amortisieren. Als einfa-che Kennzahl zur Validierung unter-schiedlicher Szenarien und für Vergleiche

mit Vorgängermodellen eignet sich der„Produktaufwand pro verkaufter Ein-heit“. Dieser Wert ist sehr unterschiedlichfür jedes Marktsegment, da sich auch dieDeckungsbeiträge pro Fahrzeug von Lu-xuslimousinen und Kleinwagen stark un-terscheiden. Dabei ist es unerheblich, obder angestrebte Absatz einer Produktfa-milie mit mehr oder weniger Derivatenerzielt wird. Ziel ist es, das Optimum ausProduktaufwand und Ausschöpfung desdefinierten Segments zu finden. Wennman diese Kennzahl über Produktgenera-tionen hinweg verfolgt, kann man denFortschritt bei Produktdefinition und-entwicklung gut erkennen. Ein geringe-rer Kapitaleinsatz pro verkauftes Fahr-zeug reduziert aber auch die Risikoposi-tion des Unternehmens vor allem beimEintritt in neue Segmente, der mit hohenUnsicherheiten bei der Abschätzung er-zielbarer Absatzvolumina verbunden ist.

Neben dem Produktaufwand sind mitsteigender Variantenvielfalt die raschwachsenden Komplexitätskosten unbe-dingt zu berücksichtigen (vgl. Piller/Wa-ringer, 1999, S. 25–27; Dellanoi, 2006,S. 98 ff.). Vor allem dürfen dabei die indi-rekten Komplexitätskosten nicht ver-nachlässigt werden, die sich oft „schlei-chend“ in allen Teilen der Organisationaufbauen, im Einzelnen schwer greifbarsind und daher in Wirtschaftlichkeitsbe-

46 CONTROLLING-CASE STUDY

CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG

Page 7: Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von

„Spielfeld“ (Grenzen) einer Fahrzeugarchitektur

Derivat 4

Derivat 5

SUV

Derivat 3Limousine

SUV mit 3.Sitzreihe

Gesamtes Marktpotenzial

Abgedecktes Marktpotenzial

Coupe

AbgeMarktp

ecktestenzial

edpdeo

hoch/lang

kurz/ langkurz/ flach

hoch

Abb. 7: Spielfeld einer Fahrzeugarchitektur

trachtungen zu zusätzlichen Derivatenund Varianten oft unterschätzt werden.Als wesentliche Kostentreiber für die di-rekten Aufwände eines neuen Produktesund auch für den Zuwachs an Komplexi-tätskosten wurden in detaillierten inter-nen Analysen die Anzahl der Derivateund Antriebsvarianten und die Anzahlder verwendeten Sachnummern erkannt(vgl. Bohne, 1998, S. 24–29). Der Anzahlan Sachnummern kommt dabei eine be-sondere Bedeutung zu, da sie nicht nureinen großen Hebel für die Komplexi-täts-, Einkaufs- und Logistikkosten dar-stellen. Auch die Höhe der Entwicklungs-kosten und sogar der gesamte direkteProduktaufwand korrelieren sehr gut mitder Anzahl an Sachnummern. Die Anzahlneuer Sachnummern, die durch ein zu-sätzliches Derivat verursacht werden, istzugleich auch eine Maßzahl für die Diffe-renzierung dieses Derivats von bereits be-stehenden Derivaten. Sie ist so auch derstatistische Treiber für den damit verbun-denen Produktaufwand.

Auf Basis dieser Erkenntnisse werden fürdie betriebswirtschaftliche Bewertungvon Szenarien des ProduktportfoliosKostensätze für die Berücksichtigung derindirekten Komplexitätskosten angesetzt(sprungfix mit jedem weiteren Derivatund proportional mit der Anzahl der

notwendigen Sachnummern). Diese Kos-ten verändern die Renditen von Deriva-ten mit hohen Stückzahlen kaum, kön-nen aber bei Nischenfahrzeugen die Ren-dite durchaus um deutlich mehr als zehnProzentpunkte belasten.

........................................................

7. Risikobetrachtungen........................................................

Die langen Produktlebenszyklen und ho-hen Investitionen in der Automobilin-dustrie erfordern weiterhin Aussagenüber die Robustheit einzelner Produkt-entscheidungen gegenüber produktspezi-fischen und allgemeinen wirtschaftlichenRisiken (vgl. Hab/Wagner, 2010, S. 133–143). In den frühen Phasen einer Projekt-idee reichen dazu standardisierte Sensiti-vitäten für die Parameter Absatzvolumen,Erlösschmälerungen/Preise und Wechsel-kurse. Zur finalen Projektentscheidungsind allerdings differenziertere Betrach-tungen anzustellen.

Der Startpunkt der Bewertung sind Ziel-werte für jedes Projekt, die aus Bench-marks (Best Practice für Aufwandsposi-tionen) oder strategischen Ansprüchen(Segmentanteile, Preispositionierung, Ef-fizienzansprüche, Zielrenditen etc.) ab-geleitet werden. Das so ermittelte Zielge-rüst stellt den Anspruch des Unterneh-

mens an die Projekte und die Einzel-steuergrößen dar. Diesen Zielwerten wer-den zur Validierung Erwartungswerte ge-genüber gestellt, die die Einschätzung derExperten zum aktuellen Stand des Pro-jektes darstellen. Dabei ist zwischen Risi-ken der allgemeinen Projektprämissenwie Wechselkurse, Rohstoffpreise, Markt-segmententwicklungen und den spezifi-schen Projektrisiken, wie z. B. der Verfeh-lung von Zielen für Herstellkosten undEntwicklungsaufwand, zu unterscheiden.

Zu jedem dieser Erwartungswerte erfolgtdann eine Betrachtung der Cashflows „atChance“ und „at Risk“. Die Ermittlungvon Chancen/Risiken in ihrer Höhe wieauch in ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiterfolgt teilweise durch allgemein gültige,statistisch hinterlegte Modelle (z. B. fürWechselkurse), teilweise über bekannteBandbreiten und aktuell erkennbareTrends (z. B. für Erlösschmälerungenoder Rohstoffpreise) und teilweise alsechte Experteneinschätzung auf Basissehr konkreter Projektumsetzungsszena-rien (z. B. für Aufwandsgrößen). Darüberhinaus sind immer auch spezifische The-men konkret zu bewerten, wie beispiels-weise aktuell die Unsicherheiten über dieArt und Geschwindigkeit der Ausbrei-tung von Hybrid- und Elektrofahrzeugenund die damit verbunden Kostenrisiken

Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von Rendite, Marktanteil und Ressourceneinsatz 47

25. Jahrgang 2013, Heft 1

Page 8: Portfoliomanagement als Aufgabe der Optimierung von ... · PDF filebeim Angebot zusätzlicher Derivate in gesättigten Märkten (vgl. VDA, 2010, S. 20). Wachstum bzw. der Gewinn von

Abb. 8: Projektspezifisches Chancen-/Risikenprofil und Einfluss der Parameter auf den Erwartungswert

und Preischancen (inkl. möglicher För-derungen durch die Politik). Als Ergebnisdieser Analysen entsteht dann eine Aus-sage zur Projektrendite in Bezug auf Ziel-wert, Erwartungswert, at Chance und atRisk mit einer entsprechenden Eintritts-wahrscheinlichkeit und Streubreite alswertvolle Zusatzinformation über dieRobustheit des Vorhabens bei der Ent-scheidungsfindung. Die in diesem Artikelbeschriebene Darstellungsform für dasProduktportfolio eignet sich sehr gut zurVeranschaulichung der Wirkungen vonChancen und Risiken auf Absatzvolu-men, Produktaufwand und Rendite; so-wohl für Einzelprojekte als auch für dasGesamtportfolio (vgl. Abb. 8).

........................................................

8. Fazit........................................................

Das vorgestellte Instrumentarium er-möglicht eine zielgerichtete und ganz-heitliche Diskussion von Entscheidungenzur Weiterentwicklung des Produktport-folios in der Automobilindustrie. Die be-schriebene Portfoliodarstellung eignetsich zur Veranschaulichung von Hand-lungsbedarfen (Plan-/Ziellücken) sowiedem Nachhalten der tatsächlichen IST-Werte im Vergleich zu den Zielwerten beiProjektverabschiedung. Nur so könnenZielvereinbarungen klar nachgehaltenund die Erfahrungen aus vergangenenProjekten systematisch in die zukünfti-

gen Bewertungen einfließen, um damiteine erfolgreiche Unternehmensentwick-lung wirksam zu unterstützen. Die Erfah-rungen bei der Einführung dieser Metho-den und Darstellungen haben gezeigt,dass die anschauliche Verknüpfung vonstrategischen Fragestellungen mit kon-kreten betriebswirtschaftlichen Bewer-tungen zu sehr konstruktiven und ziel-orientierten Diskussionen und vor allemEntscheidungen im Unternehmen führt.

Abschließend gilt es jedoch festzuhalten,dass selbst bei Vorliegen einer sehr strin-genten Portfoliosteuerung der Kern jedererfolgreichen Produktpolitik immer nochein hervorragendes Gespür für aktuelleund zukünftige Kundenerwartungen, einüberzeugendes Design, beste Produkt-qualität, technisch überzeugende Lösun-gen sowie eine starke und authentischeMarke ist.

Keywords� Automotive industry� Carline architectures� Portfolio management� Product differentiation� Risk assessments

SummaryTo determine an effective productportfolio mix, we can develop a con-cept that shows the downstream im-pact of decisions in terms of ROI, mar-ket share and resource allocation. This

can facilitate a goal oriented discus-sion, by looking at given productionpotentials, the investment needed toachieve different product characteris-tics, the effects of common vehicle ar-chitectures, and all underpinned by acorresponding at chance/at risk-analy-sis.

Literatur

Bohne, F., Komplexitätskostenmanagementin der Automobilindustrie, Wiesbaden 1998.

Bruhn, M., Marketing, 10. Aufl., Wiesbaden2010.

Dellanoi, R., Kommunalitäten bei der Ent-wicklung variantenreicher Produktfamilien,Bamberg 2006.

Hab, G./Wagner, R., Projektmanagement inder Automobilindustrie, 3. Aufl., Wiesbaden2010.

Hungenberg, H./Wulf, T., Grundlagen derUnternehmensführung, 3. Aufl., Berlin 2007.

Hungenberg, H., Strategisches Managementim Unternehmen, 3. Aufl., Wiesbaden 2004.

Olbrich, R., Marketing, 2. Aufl., Berlin et al.2006.

Piller, F. T./Waringer, D., Modularisierung inder Automobilindustrie – neue Formen undPrinzipien, Aachen 1999.

VDA, Verband der Automobilindustrie,Jahresbericht 2010, Berlin 2010.

48 CONTROLLING-CASE STUDY

CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG


Recommended