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Populationsökologische Untersuchungen zum · Die Kartierung der Brutvorkommen im UG erfolgte...

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Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in Schleswig-Holstein - Bericht 2018

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Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in Schleswig-Holstein

Untersuchungen 2018

Projektbericht für das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und

Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein

Michael-Otto-Institut im NABU, Bergenhusen

November 2018

Anne Evers

Jan Sohler

Dr. Hermann Hötker

Michael-Otto-Institut im NABU, Goosstroot 1, 24861 Bergenhusen, [email protected]

Titelfoto: Jan Sohler

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Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in Schleswig-Holstein - Bericht 2018

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Inhalt

Zusammenfassung ................................................................................................................................... 4

1. Einleitung ......................................................................................................................................... 5

2. Untersuchungsgebiet ...................................................................................................................... 6

3. Methodik ......................................................................................................................................... 7

3.1 Revierkartierungen .................................................................................................................. 7

3.2 Brutbiologische Untersuchungen ............................................................................................ 7

3.3 Nahrungsökologie.................................................................................................................... 7

4. Ergebnisse........................................................................................................................................ 8

4.1 Revierkartierungen .................................................................................................................. 8

4.2 Brutbiologische Untersuchungen ............................................................................................ 9

4.3 Nahrungsökologie.................................................................................................................. 10

4.4 Einfluss der Intensität der Landnutzung auf den Bruterfolg ................................................. 14

5. Diskussion ...................................................................................................................................... 15

5.1 Bestandsgrößen & Bruterfolg ................................................................................................ 15

5.2 Nahrungsökologie.................................................................................................................. 15

6. Schutzmaßnahme „Brachestreifen“ .............................................................................................. 16

7. Expertentreffen 2018 .................................................................................................................... 18

Danksagungen ....................................................................................................................................... 19

Literatur ................................................................................................................................................. 20

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Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in Schleswig-Holstein - Bericht 2018

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Zusammenfassung

Im Jahr 2018 wurde das Projekt „Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in

Schleswig-Holstein“ im Auftrag des MELUND im vierten Jahr am Michael-Otto-Institut im NABU

weitergeführt. Es wurden auf 2511 ha Probefläche in der Eider-Treene-Sorge-Region (ETS)

Untersuchungen durchgeführt.

Insgesamt konnten nur 26 Reviere des Braunkehlchens festgestellt werden. Damit verringerte sich der

Bestand im Untersuchungsgebiet auf einen neuen Tiefstwert seit Projektbeginn. Verglichen mit den

Ergebnissen der SPA-Kartierung von 2008-2012 bedeutet dies eine Abnahme um etwa 75 % in etwa 10

Jahren. Von den 26 Revieren konnte bei 11 Brutpaaren eine erfolgreiche Brut festgestellt werden.

Neun Brutpaare verblieben ohne Bruterfolg und weitere sechs Reviere wurden von unverpaarten

Männchen besetzt.

Eine Betrachtung der Daten aller Untersuchungsjahre ergab, dass die Wahrscheinlichkeit, in Revieren

mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung flügge Jungvögel zu erzeugen, signifikant geringer war als

in Revieren mit extensiver Nutzung. Auch der Anteil unverpaarter Männchen war in Revieren mit

intensiver Nutzung höher als in Revieren mit extensiver Nutzung.

Einen Schwerpunkt der Untersuchungen stellte die Erfassung der zum Nahrungserwerb genutzten

Habitate, der notwendigen Flugdistanzen, sowie der Dauer der Nahrungssuche während der

Jungenaufzucht dar. Daten aus den Jahren 2017 und 2018 wurden für insgesamt 16 Brutpaare

ausgewertet. Die Untersuchungen hinsichtlich der zurückgelegten Distanzen während der

Nahrungsflüge ergaben im ersten Untersuchungsjahr teils deutliche Unterschiede in Abhängigkeit zur

Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung in der Nestumgebung. Dabei legten Brutvögel an

landwirtschaftlich intensiv genutzten Standorten signifikant längere Distanzen zur Nahrungssuche

zurück als solche an extensiv genutzten / ungenutzten Standorten. Trotz erneut großer Unterschiede

hinsichtlich der Habitatausstattung an den Neststandorten konnten diese Diskrepanzen im Jahr 2018

nicht bestätigt werden. Weder hinsichtlich der Flugdistanzen noch der Dauer der Nahrungsflüge

ergaben sich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Neststandorten. In beiden

Untersuchungsjahren war erneut eine starke Bindung an lineare Saumstrukturen festzustellen. Diese

wurden vor allem von den Vögeln an landwirtschaftlich genutzten Standorten während der

Nahrungssuche stark frequentiert.

Aus diesem Grund erscheint das Ausweiten der vorhandenen Säume zu breiten Brachestreifen als eine

zielführende Schutzmaßnahme für Braunkehlchen im Wirtschaftsgrünland, um geeignete Strukturen

zur Nestanlage sowie ein gutes Nahrungsangebot in direkter Nestumgebung zu schaffen. Erste

Erfahrungen mit alternierenden Brachestreifen auf Flächen der Stiftung Naturschutz SH werden

diskutiert.

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1. Einleitung

Die Bestandsrückgänge des Braunkehlchen (Saxicola rubetra) sind in weiten Teilen Europas dramatisch

(BirdLife International 2015). Der Verlust der Lebensräume wird insbesondere in einer zunehmenden

Intensivierung der Landwirtschaft gesehen (z.B. Bastian & Bastian 1996, Koop & Berndt 2014,

Oppermann & Süsser 2015, Reuter & Jacob 2015, Uhl 2015). In Deutschland wird das Braunkehlchen

inzwischen in der Kategorie 2 „stark gefährdet“ geführt (Grüneberg et al. 2015). Die Art weist sowohl

kurz- als auch langfristig stark rückläufige Bestände auf (BirdLife International 2015, Grüneberg et al.

2015).

In Schleswig-Holstein, wo Braunkehlchen als „gefährdet“ eingestuft wurden (Knief et al. 2010), hatten

sich die Bestände zur Zeit der durch die EU veranlassten obligatorischen Flächenstilllegung stabilisiert

(Koop & Berndt 2014). Seit der Einstellung dieses Agrarprogramms im Jahr 2009 befinden sich die

Brutvorkommen in deutlichem Rückgang.

Dies gilt auch für die Vorkommen in der Flussniederung Eider-Treene-Sorge (ETS), einem Kern-

Verbreitungsgebiet der Art in Schleswig-Holstein. Nachdem hier die Bestände im letzten SPA-

Monitoringbericht noch als „wahrscheinlich stabil“ angegeben wurden (Jeromin & Scharenberg 2012),

zeigen die Ergebnisse der Untersuchungsjahre 2015 bis 2017, dass viele der ehemals besetzten

Braunkehlchen-Reviere inzwischen verwaist sind. Neben einem deutlichen Bestandsrückgang der Art

wurde zudem ein geringer Bruterfolg festgestellt. Bruten auf landwirtschaftlichen Flächen waren fast

ausschließlich in ungenutzten Grenzsäumen und streifenförmigen Hochstaudenfluren entlang der

Entwässerungsgräben und Weidezäune zu finden, die von den Landwirten nicht bearbeitet werden

konnten. Braunkehlchen-Vorkommen werden vor allem durch kleinräumige Mosaike

unterschiedlicher Vegetationsausprägungen begünstigt (z.B. Oppermann 1999, Oppermann & Süsser

2015). Großräumig monotones Intensivgrünland wird ebenso gemieden, wie zusammenhängende

homogene Flächenkomplexe von sehr extensiv genutztem Grünland (Sohler et al. 2015).

Angesichts dieser Habitatansprüche wurden Brachestreifen auf Grünlandflächen der Stiftung

Naturschutz Schleswig-Holstein als zu erprobende Schutzmaßnahme eingerichtet. Auf den

Projektflächen wird in Zusammenarbeit mit der Stiftung über mehrere Jahre sichergestellt, dass immer

ein mindestens 6 m breiter Vegetationsstreifen aus dem Vorjahr zur Ansiedlung verfügbar ist.

Detaillierte Methodenbeschreibungen finden sich in Sohler et al. (2015) und Evers et al. (2017).

Um die Ursachen der Bestandsrückgänge sowie des geringen Bruterfolges weiter zu identifizieren und

die Umsetzung und Weiterentwicklung der Schutzmaßnahmen voranzutreiben, bewilligte das

MELUND die Fortsetzung des Projektes im Jahr 2018. Neben den fortlaufenden Untersuchungen zum

lokalen Bestand und Bruterfolg stellte die Erfassung der zum Nahrungserwerb genutzten Habitate, der

notwendigen Flugdistanzen, sowie der Dauer der Nahrungssuche während der Jungenaufzucht einen

Schwerpunkt dar. Diese Parameter können wichtige Hinweise hinsichtlich der Qualität des

Bruthabitats und des Bruterfolgs geben (Stauss & Glück 1995, Stauss et al. 2005).

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2. Untersuchungsgebiet

Die Untersuchungen fanden im Bereich der Flusslandschaft Eider-Treene-Sorge (ETS) statt, die nach

Koop & Berndt (2014) einen Verbreitungsschwerpunkt des Braunkehlchens in Schleswig-Holstein

darstellt.

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet in der ETS-Region.

Das Hauptuntersuchungsgebiet (im Folgenden „UG“) entsprach weitgehend dem der Vorjahre (Evers

et al. 2017) (Abb. 1).

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3. Methodik

3.1 Revierkartierungen

Die Kartierung der Brutvorkommen im UG erfolgte zwischen Ende April und Mitte Juli 2018

überwiegend vom Auto aus, wobei geeignet erscheinende Bereiche zunächst mehrfach kontrolliert

und alle Braunkehlchen mit ihren Verhaltensweisen flächenscharf in Feldkarten eingetragen wurden.

Der größte Teil des Heimzuges endet in der zweiten Maihälfte (Glutz von Blotzheim 1988). Bereiche,

die nach dieser Zeit Paare oder räumlich voneinander abgrenzbare Altvögel mit klarem Flächenbezug

aufwiesen, wurden als Revier gewertet (Südbeck et al. 2005).

3.2 Brutbiologische Untersuchungen

Der genaue Neststandort wurde aus der Distanz durch intensive Beobachtungen des nestbauenden

oder vom Nest abfliegenden Weibchens bzw. der fütternden Altvögel lokalisiert und mit einem

Bambusstecken markiert. Nur gut zugängliche Nester wurden dabei direkt eingesehen, um die

Vegetation in der unmittelbaren Nestumgebung nicht zu zerstören und die Bruten nicht zu gefährden.

Das Gelege- und Familienschicksal wurde regelmäßig und möglichst bis zur Auflösung des

Familienverbandes kontrolliert. Eine Brut wurde dann als erfolgreich gewertet, wenn Küken außerhalb

des Nestes beobachtet wurden. Verließen die Altvögel den unmittelbaren Bereich des Nestes jedoch

vorzeitig oder waren über einen längeren Zeitraum keine Brut- bzw. Fütterungsaktivitäten mehr zu

erkennen, wurden die Nester aufgesucht, um das Schicksal der Brut festzustellen.

3.3 Nahrungsökologie

Zur Untersuchung der Raumnutzung und als Maß für den Aufwand der Nahrungssuche zur

Jungenaufzucht wurden wie im Jahr 2017 Jagdflüge und Jagdzeiten erfasst. Das Verhalten beider

Altvögel wurde während der Fütterungsphase an zwei bis vier Terminen je 20 Minuten lang aus der

Distanz mit Spektiv und Fernglas dokumentiert. Die zur Nahrungssuche aufgesuchten Orte wurden

flächenscharf auf einem Luftbild markiert. Die Verhaltensweisen wurden simultan mit der App „Field

Notes“ erfasst, bzw. auf ein Diktiergerät gesprochen. Beim Verhalten wurde unterschieden zwischen

„Nahrungssuche“, wobei die Unterscheidung der Jagdstrategie nach Bastian & Bastian 1996 erfolgte.

Weiterhin wurden die Verhaltensweisen „Nestbesuch/Fütterung“, „Ruhen“ und „Revierverteidigung“

erfasst. An den untersuchten Neststandorten wurde in einem 300 m-Radius die Habitatausstattung

flächenscharf kartiert und anschließend in ArcMap (Vers. 10.6) digitalisiert. Durch einen Vergleich mit

automatisch generierten Zufallspunkten innerhalb des Radius konnten Präferenzen bei der

Habitatwahl zur Nahrungssuche ermittelt werden. Die zurückgelegte Strecke der Jagdflüge wurde

ebenfalls mit Hilfe von ArcGIS ermittelt. Die Analysen der Flugdistanzen und Dauer der Nahrungssuche

erfolgten mit Generalisierten gemischten Modellen (Zuur et al. 2009) in RStudio (Vers. 1.1.4, R Core

Team 2017). In diesen Modellen waren Flugdistanzen oder Dauer der Nahrungssuche die zu

erklärenden Variablen. Erklärende Variablen waren Geschlecht des nahrungssuchenden Vogels, das

Alter der Küken, die Habitatausstattung am Neststandort und das Jahr der Aufnahme. Die

zusammengefassten Aufnahmen stellen keine unabhängigen Beobachtungen dar, da von einzelnen

Nestern mehrere Beobachtungen stammen können. Deshalb wurde zusätzlich die Nestnummer als

zufälliger Faktor berücksichtigt.

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4. Ergebnisse

4.1 Revierkartierungen

Insgesamt konnten 26 Reviere des Braunkehlchens im UG festgestellt werden (Tab. 1 und Abb. 2). Dies

ist der geringste Wert seit Projektbeginn im Jahr 2015 (Abb. 3).

Abbildung 2: Revierverteilung des Braunkehlchens 2018 in den einzelnen Teilgebieten des UG.

Es war eine ähnliche räumliche Verteilung der Reviere wie in den Vorjahren festzustellen (vgl. Sohler

et al. 2015, Evers et al. 2016, Evers et al. 2017). Wie auch in Evers et al. (2016) beschrieben, befanden

sich die gefundenen Nester oftmals in unmittelbarer Umgebung eines Vorjahresneststandorts.

Tabelle 1: Anzahl der Braunkehlchen-Reviere aus der letzten SPA-Kartierung 2008-2012 (Jeromin & Scharenberg 2012) im Vergleich zu den Untersuchungsjahren 2015-2018. Angegeben ist weiterhin die prozentuale Bestandsentwicklung in Bezug zur SPA-Kartierung 2008-2012 (in rot).

2008-2012 2015 2016 2017 2018 2008-2012

Alte-Sorge-Schleife 17 7 9 9 10 -41%

Bergenhusen 9 1 6 2 1 -89%

Börm 26 11 10 5 2 -92%

Dacksee 16 8 13 7 3 -81%

Erfderfeld 14 8 14 12 10 -29%

Tetenhusen N 12 - 11 6 0 -100%

Tetenhusen S 12 - 4 3 0 -100%

Summe 106 35 67 44 26 -75%

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Abbildung 3: Bestandsentwicklung im Untersuchungsgebiet (ohne Teilgebiete Tetenhusen, in 2015 nicht erfasst).

4.2 Brutbiologische Untersuchungen

Für 20 der 26 in 2018 näher untersuchten Reviere im UG konnte ein Brutnachweis erbracht werden.

Bei 11 Brutpaaren wurde eine erfolgreiche Brut festgestellt. Neun Brutpaare verblieben ohne

Bruterfolg. In fünf Fällen war dies auf Prädation zurückzuführen, in einem Fall war das Revierpaar

offensichtlich nicht zur Brut geschritten. In drei Fällen verblieb das Schicksal unbekannt. Bei den

übrigen sechs Revieren handelte es sich um unverpaarte Männchen (23 % aller Reviere). Somit gab es

in 58 % der festgestellten Reviere keine Reproduktion (Tab. 2).

Tabelle 2: Anzahl und prozentualer Anteil der Reviere mit (blauer Haken) und ohne (rotes Kreuz) Reproduktionserfolg von 2015 bis 2018 („nicht reproduziert“ umfasst Brutpaare, welche die Brut verloren oder nicht gebrütet haben sowie unverpaarte Männchen).

Alte-Sorge-Schleife 4 3 5 4 6 3 7 3

Bergenhusen 1 0 2 4 1 1 0 1

Börm 3 8 2 8 2 3 0 2

Dacksee 3 5 4 9 1 6 2 1

Erfderfeld 3 5 2 12 5 7 2 8

Tetenhusen N - - 3 8 - - 0 0

Tetenhusen S - - 1 3 2 1 0 0

SUMME 14 21 19 48 17 21 11 15

Nur Brutpaare in % 52% 48% 40% 60% 61% 39% 55% 75%

Alle Reviere in % 40% 60% 28% 72% 45% 55% 42% 58%

20182015 2016 2017

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In einem Fall wurden Maßnahmen im Rahmen des Gemeinschaftlichen Wiesenvogelschutzes

vereinbart (vgl. Jeromin & Evers 2017). Ein Nest am Rand einer Rinderweide konnte so durch gezielte

Auszäunung erfolgreich vor Verbiss bzw. Viehtritt geschützt werden.

4.3 Nahrungsökologie

In den Jahren 2017 / 2018 wurden insgesamt 16 Nester hinsichtlich der zum Nahrungserwerb

genutzten Habitate, der zurückgelegten Flugdistanzen, sowie der Dauer der Nahrungssuche während

der Jungenaufzucht untersucht (Abb. 4). Es wurden insgesamt 151 einzelne Jagdflüge ausgewertet. 13

der untersuchten Reviere hatten Bruterfolg, drei keinen Bruterfolg.

Abbildung 4: Untersuchte Nester in 2017 (rot) und 2018 (blau).

Die Raumnutzung (Abb. 5) und Habitatwahl zur Nahrungssuche gestaltete sich unterschiedlich, in

Abhängigkeit von der Landnutzung.

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Abbildung 5: Raumnutzung fütternder Braunkehlchen in einem Radius von 150 Meter, bzw. 300 Meter (blaue Kreise) an einem extensiven Standort in der Alten-Sorge-Schleife (links) und im Wirtschaftsgrünland im Bereich Tetenhusen Süd (rechts) im Jahr 2017.

An den Standorten mit einem hohen Anteil an intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen war die

Verfügbarkeit von Warten überwiegend auf lineare Randstrukturen (Grabenränder/Säume/Zäune)

beschränkt, während die Flächen selbst meist nur ein sehr geringes Angebot an Ansitzwarten

aufwiesen. Die Flächen selbst wurden hier entsprechend nur sehr wenig zur Nahrungssuche genutzt,

wo hingegen wartenreiche Säume gezielt aufgesucht wurden (Abb. 6a).

War die Nestumgebung flächenhaft von Biotoptypen mit einer hohen Dichte geeigneter Ansitzwarten

geprägt, fand die Nahrungssuche gleichmäßig um das Nest herum verteilt statt. Dies war vor allem an

„naturnahen“ extensiv oder gar nicht genutzten Standorten der Fall (vgl. Abb. 6b).

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a)

b)

Abbildung 6: Prozentuale Darstellung der von Braunkehlchen genutzten Habitate (blaue Balken) im Vergleich zu den im 300 Meter Radius verfügbaren Habitate (ermittelt durch Zufallspunkte, orange Balken) an den im Jahr 2018 untersuchten Neststandorten. Grafik a) zeigt zusammengefasst fünf Braunkehlchen-Reviere in landwirtschaftlich intensiv genutzten Bereichen. Grafik b) zeigt zusammengefasst drei Braunkehlchen-Reviere an extensiv genutzten Standorten im Moor-Randbereich.

Die Untersuchungen hinsichtlich der zurückgelegten Distanzen, sowie der Dauer der Nahrungsflüge

ergaben, über beide Jahre betrachtet, kein eindeutiges Bild. Zeigten sich im ersten Untersuchungsjahr

noch signifikante Unterschiede bezüglich der zurückgelegten Distanzen, die wahrscheinlich auf die

Habitatausstattung zurückzuführen waren, konnten solche Unterschiede in 2018 nicht festgestellt

werden. Flugdistanz und –dauer bei der Nahrungssuche variierten stark (Abb. 7, 8) und waren nicht

von den Faktoren Geschlecht des nahrungssuchenden Vogels, dem Alter der Küken, der

Habitatausstattung am Neststandort oder dem Jahr der Aufnahme abhängig, wenn das weit

verbreitete Signifikanzniveau von p<0,05 herangezogen wird (Tab. 3, Tab. 4). Eine Ausnahme bildet das

Kükenalter, das einen Einfluss auf die Varianz der Dauer der Nahrungsflüge hat: mit zunehmenden

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Kükenalter nimmt die Dauer der Nahrungsflüge ab. Allerdings ist dabei zu beachten, dass die hohen

se- Werte von ß in Tab. 3 und Tab. 4 anzeigen, dass sich die Ergebnisse kaum sinnvoll interpretieren

lassen. Der Grund dafür ist, dass die Anzahl der berücksichtigten Bruten relativ klein war (2017: n=9,

2018: n=7). Eine Erhöhung der Anzahl an Beobachtungen könnte hier zu aussagekräftigeren

Ergebnissen führen.

Tabelle 3: Abhängigkeit der Distanz der Nahrungsflüge von Geschlecht, Kükenalter, Habitat und Jahr der Aufnahme. Dargestellt ist das Ergebnis eines Gemischten Linearen Modells mit der Nestnummer als zufälligem Faktor.

Feste Faktoren ß ± se. df t p

Geschlecht -27,97 ± 18.05 133 -1,55 0,123

Kükenalter -8.77 ± 14.98 133 -0,59 0,560

Habitatausstattung 13,59 ± 25.37 13 0,54 0,601

Jahr -3,73 ± 45.25 13 -0,08 0,936

Tabelle 4: Abhängigkeit der Dauer der Nahrungsflüge von Geschlecht, Kükenalter, Habitat und Jahr der Aufnahme. Dargestellt ist das Ergebnis eines Gemischten linearen Modells mit der Nestnummer als zufälligem Faktor.

Feste Faktoren ß df t p

Geschlecht -26,48 ± 22.38 133 -1,18 0,239

Kükenalter -33,62 ± 16.92 133 -1,99 0,049

Habitatausstattung 6,54 ± 20.90 13 0,31 0,759

Jahr -30,46 ± 38.01 13 -0,80 0,437

Abbildung 7: Zurückgelegte Distanzen vom Nest bei Nahrungsflügen (♂ & ♀) an den 16 untersuchten Neststandorten. Nest 1-7 wurden in 2018 und Nest 8-16 in 2017 bearbeitet.

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Abbildung 8: Dauer der Nahrungssuche pro Jagdausflug (♂ & ♀) an den 16 untersuchten Neststandorten. Nest 1-7 wurden in 2018 und Nest 8-16 in 2017 bearbeitet.

4.4 Einfluss der Intensität der Landnutzung auf den Bruterfolg

Die in den vergangenen Jahren gesammelten Daten erlaubten es zu untersuchen, ob die Intensität der

landwirtschaftlichen Nutzung in den Braunkehlchenrevieren einen Einfluss auf den Bruterfolg, das

Vorhandensein von Weibchen und auf die Wahrscheinlichkeit einer Wiederbesiedlung im nächsten

Jahr ausübte. Als landwirtschaftlich intensiv genutzt wurde ein Revier dann angesehen, falls mehr als

die Hälfte der Fläche aus Wirtschaftsgrünland ohne Naturschutzauflagen bestand beziehungsweise

falls das Nest sich in einem solchen Grünland befand.

Bezüglich des Bruterfolgs innerhalb der Reviere macht sich die Intensität der landwirtschaftlichen

Nutzung in den Revieren als Einflussfaktor bemerkbar. In den Jahren 2015 bis 2018 wurden insgesamt

90 Reviere an extensiv genutzten Standorten und 76 Reviere an intensiv genutzten Standorten

festgestellt. Jungvögel produziert wurden hierbei in 43 % der Bruten an extensiven und 26 % der Bruten

an intensiven Standorten. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (Exakter Fisher Test, p=0,024).

Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 65 Bruten an extensiv genutzten Standorten und 44

Bruten an intensiv genutzten Standorten festgestellt. Erfolgreich waren hierbei 60 % der Bruten an

extensiven und 45 % der Bruten an intensiven Standorten. Dieser Unterschied war jedoch nicht

statistisch signifikant (Exakter Fisher Test, p=0,17).

In allen Jahren war der Anteil an unverpaarten Männchen im UG auffällig. Über alle Jahre betrachtet

lag der Anteil unverpaarter Männchen bei etwa 25 %. Auch hier übte die Landnutzung einen Einfluss

aus. An intensiv genutzten Standorten betrug der Anteil von mit unverpaarten Männchen besetzten

Revieren 33 % und an extensiven Standorten 19 %. Auch dieser Unterschied ist statistisch signifikant

(Exakter Fisher Test, p=0,048).

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5. Diskussion

5.1 Bestandsgrößen & Bruterfolg

Der Braunkehlchen-Bestand erreichte mit nur 26 Revierpaaren in 2018 einen neuen Tiefstand und lag

wie auch in den Jahren zuvor weit unter den Werten der letzten SPA-Kartierung (-75 %). Für das

Projektgebiet ist daher von einer deutlichen Abnahme in nur wenigen Jahren auszugehen. Diese

Entwicklung erscheint erneut umso dramatischer, wenn man die Ergebnisse der Kartierungen

außerhalb der Natura 2000-Kulisse berücksichtigt, wo in den Jahren 2015/2016 nur noch sehr geringe

Bestandsdichten festgestellt wurden (Evers et al. 2016).

Es konnte gezeigt werden, dass offensichtlich ein Zusammenhang zwischen dem Bruterfolg und der

Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung bestand. In intensiv genutzten Bereichen blieben

besonders viele Männchen unverpaart. Der Umstand, dass in vielen Revieren keine Weibchen

vorkamen, ist bei der Interpretation von Bestandsangaben zu berücksichtigen, da reine Revierzahlen

häufig als Qualitätsmaß für den Zustand einer Population herangezogen werden. Bewertet man den

Bruterfolg jedoch auf Basis aller festgestellten Reviere, konnte jeweils nur in weniger als 50 % dieser

eine Reproduktion festgestellt werden. Vergleicht man zudem die Daten der Jahre 2016 (höchster

Bestand) mit den Jahren 2017/2018, lässt sich feststellen, dass die Standorte, an denen zuvor nicht

brütende Paare oder unverpaarte Männchen festgestellt wurden, in den Folgejahren meist nicht

wieder besiedelt waren. Bei den Standorten nicht brütender Paare waren 89 % in den Folgejahren

verwaist, bei denen mit unverpaarten Männchen waren es 77 %. Hier steht jedoch noch eine

gründlichere Auswertung aus.

5.2 Nahrungsökologie

Bei den in 2017 untersuchten Nestern zeigten sich signifikante Unterschiede hinsichtlich der

Flugdistanzen bei den Jagdflügen. Dabei legten Vögel, welche an überwiegend intensiv genutzten

Standorten brüteten, weitere Flugstrecken zurück als Vögel an überwiegend extensiv genutzten

Standorten (Evers et al. 2017). Angesichts einer geringen Stichprobe wurden die nahrungsökologischen

Untersuchungen im Jahr 2018 fortgeführt.

Die untersuchten Nester aus 2018 wiesen diese Unterschiede jedoch nicht auf, obwohl erneut

deutliche Unterschiede bei der Habitatausstattung der Standorte festzustellen waren. Auch eine

Betrachtung der Daten aus beiden Jahren zusammen ergab keine signifikanten Unterschiede

hinsichtlich der Flugdistanzen während der Jagdflüge. Ebenfalls keine signifikanten Unterschiede

ergaben sich bei der Dauer der Jagdflüge. Gemessen an diesen Einflussfaktoren scheint der benötigte

Aufwand zur Nahrungssuche an intensiv und an extensiv genutzten Standorten vergleichbar zu sein.

Es ist dabei jedoch anzumerken, dass die Anzahl der zur Untersuchung geeigneten Reviere erneut zu

gering war, obwohl die Suche auch auf Bereiche außerhalb des UG ausgeweitet wurde. Der Umfang

der Daten reicht trotz eines hohen Erfassungsaufwandes somit auch über beide Jahre betrachtet nicht

aus, um verlässliche Aussagen treffen zu können. Die Untersuchungen wurden vor allem hinsichtlich

möglicher negativer Auswirkungen der genannten Faktoren auf den Bruterfolg durchgeführt. Bei der

Interpretation der Daten wirkt sicher daher zudem schwierig aus, dass es bei nur drei der 16

untersuchten Nester keinen Bruterfolg gab.

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Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in Schleswig-Holstein - Bericht 2018

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Während der Jungenaufzucht flogen die untersuchten Brutpaare gezielt Bereiche mit einem

ausreichenden Angebot an Ansitzwarten (Hochstauden, Zäune) an, um dort nach Nahrung zu suchen.

Je nach Standort war dies flächenhaft um das Nest verteilt oder linienhaft entlang der ungenutzten

Grabenkanten. Neben den strukturellen Grundvoraussetzungen (Ansitzwarten) ist davon auszugehen,

dass diese ungenutzten Bereiche über ein großes Angebot an Nahrungsorganismen verfügen (Richter

& Düttmann 2004, Ottens et al. 2014).

In landwirtschaftlich intensiver genutzten Bereichen sind solche Strukturen nur in eingeschränktem

Maße vorhanden und sind als limitierender Faktor für das Vorkommen eines Braunkehlchens

anzusehen. Wir konnten feststellen, dass zu Beginn unserer Untersuchungen noch besiedelte

Teilbereiche inzwischen vielerorts aufgegeben wurden (z.B. Bereiche in Börm, Dacksee und

Tetenhusen Süd). Im Jahr 2016 (höchster Bestand) besiedelte Standorte mit überwiegend intensiver

Nutzung wurden in nur 31 % der Fälle in den Folgejahren wiederbesetzt (48 % an extensiv genutzten

Standorten). Hierbei handelte es sich in der Regel um Flächen, an denen sich die Vorkommen der

Braunkehlchen fast gänzlich auf schmale Säume beschränkte, deren Verfügbarkeit augenscheinlich

immer weiter abnimmt.

Eine Förderung, bzw. Ausweitung ungenutzter Bereiche ist daher für den Schutz von Braunkehlchen

als ein wichtiges Element anzusehen.

6. Schutzmaßnahme „Brachestreifen“

Als Schutzmaßnahme für Braunkehlchen wird die Einrichtung von brachliegenden Säumen

(„alternierende Brachestreifen“) auf Flächen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein erprobt

(Evers et al. 2017).

Abbildung 9: Brachestreifen am Rand einer Mähwiese im Bereich Erfderfeld SO (10.07.2017). (Foto: J. Sohler)

Die Flächenauswahl erfolgte möglichst in der Nähe bekannter Braunkehlchen-Reviere und in enger

Absprache mit der Stiftung Naturschutz sowie der Integrierten Station Eider-Treene-Sorge. Zwei der

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Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in Schleswig-Holstein - Bericht 2018

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Flächen werden als Weideflächen, elf als Mähwiesen bewirtschaftet. Die Flächen sind entweder

verpachtet oder Eigenbetriebsflächen der Stiftung Naturschutz. Diese werden in der Regel per

Mahdvertrag von örtlichen Landwirten gepflegt.

Die Flächenauswahl und Einrichtung der alternierenden Brachestreifen ist nach ersten Erfahrungen

mit einem vergleichsweise hohen Betreuungs- und Verwaltungsaufwand verbunden. Es benötigt viele

Absprachen per Telefon und vor Ort. Beispielsweise hatten einzelne Pächter vergessen, die Streifen im

Grundantrag für 2018 zu berücksichtigen, was zu einem deutlichen Mehraufwand führte. In anderen

Fällen musste in 2018 erneut das System der alternierenden Streifen erklärt und abgesprochen

werden. Langfristigere Lösungen wären hier aus Sicht der Pächter anzustreben.

Im Sommer 2017 wurden erstmals 13 Streifen (insgesamt ca. 2.750 m x 8 m, etwa 2,2 ha) bei der Mahd

ausgelassen, so dass hier zur Brutsaison 2018 strukturell attraktive Bereiche mit Altgras und

überständiger Vegetation als Nest- und Nahrungshabitat zur Verfügung stehen sollten (Abb. 10).

Abbildung 10: Lage der Randstreifen. Rote Streifen wurden im Jahr 2017 bei der letzten Mahd ausgespart (Teilkarte A+C), bzw. ausgezäunt (Teilkarte B). Blaue Streifen werden im Jahr 2018 bei der letzten Mahd ausgespart (Teilkarte A+C), bzw. ausgezäunt (Teilkarte B).

Die im Jahr 2018 im Rahmen der Revierkartierungen durchgeführte Erfolgskontrolle ergab keine neue

Ansiedlung unmittelbar in einem der Maßnahmenstreifen. Ein Paar siedelte sich jedoch in etwa 50 m

Entfernung an und nutzte den ausgezäunten Streifen zur Nahrungssuche (Abb. 10, B). In einem Streifen

konnte im Mai einmalig ein singendes Männchen festgestellt werden (Abb. 10, A). Hierbei ist

anzumerken, dass der Bereich Dacksee (Abb. 10, A), in dem sich ein Großteil der Streifen befand zwar

traditionell gute Vorkommen von Braunkehlchen aufwies, in diesem Jahr jedoch insgesamt sehr

schwach frequentiert war (Tab. 1).

A C

B

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Ein Ziel der Streifen mit vorjähriger Vegetation ist es, eine „Magnetwirkung“ für Braunkehlchen zu

schaffen. Die Streifen sollen sich bei Ankunft der Braunkehlchen im Frühjahr von der Umgebung

abheben und so strukturell besonders attraktiv für eine Ansiedlung sein. In den meisten Fällen war

dies jedoch nicht gegeben und die Streifen hoben sich kaum vom Rest der Fläche ab. Auch die

Vegetationsausprägung entsprach bisher überwiegend nicht der Zielvorstellung. Insgesamt fanden sich

in den von Gräsern dominierten Streifen nur wenig Überständer oder Hochstauden. Ein Hauptgrund

für die bisher ausbleibende Ansiedlung könnte daher ein fehlendes Angebot an Warten sein. Die

vegetationskundliche Einschätzung sollte in dieser Hinsicht zukünftig noch stärker in den Prozess der

Flächenauswahl integriert werden. Auch sollte geprüft werden, ob die jeweiligen

Standortbedingungen bei einer längerfristigen Laufzeit der Brachestreifen die gewünschte

Vegetationsausprägung erwarten lassen. Auf vielen Standorten in der ETS dürfte sich ein reiches

Angebot an Hochstauden nur in seltenen Fällen „von allein“ einstellen. Hier könnten z.B. Neueinsaaten

nötig sein, die jedoch rechtlich nur in Einzelfällen umzusetzen sind.

7. Expertentreffen 2018

Am 7.11.2018 fand ein Expertentreffen zum Braunkehlchenschutz im MELUND statt. Vertreter

folgender Einrichtungen nahmen teil: MELUND, LLUR, DVL, Stiftung Naturschutz SH, Kuno e.V., OAG-

SH und Michael-Otto-Institut im NABU.

Nach Vorträgen über die Ergebnisse der vom MELUND und der Stiftung Naturschutz SH finanzierten

Studien des Michael-Otto-Instituts im NABU zum Schutz des Braunkehlchens sowie über die

Möglichkeiten zur Integration von Braunkehlchen-Schutzmaßnahmen in bestehende

Förderprogramme durch den DVL wurde das weitere Vorgehen zum Braunkehlchenschutz im Land

ausführlich diskutiert.

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Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in Schleswig-Holstein - Bericht 2018

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Danksagungen

Wir danken dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung

des Landes Schleswig-Holstein für die Bereitstellung der finanziellen Mittel zur Realisierung dieses

Projektes und der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein für die enge Zusammenarbeit bei der

Erprobung der Brachestreifen.

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Populationsökologische Untersuchungen zum Braunkehlchen in Schleswig-Holstein - Bericht 2018

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