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Peter Kropotkin: Die Eroberung des Brotes - Einwürfe -

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Die Eroberung des Brotes - Einwürfe - Peter Kropotkin
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D ie Eroberung des Brotes- E inw ilrfe -

Peter Kropotkin

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EINWURFE.

L~~-:·-: : : : ; ' - : .~,~'-T / : - # . riifen wir jetzt die haup~sachlkhsten Einwiirfe, dieb~ l " : ~1 : t , " ' l ! f ~ u l!1an gegen den Kommunismus erhebt. Die meisten~ " , ~ ' n _ ~ i V :~ ~ers~~ben.b~ruhen offenbar auf einem. ~inf~chen MiB-~ . , , 1 : '4 > - 1 . , _ , verstandm.s, .aber eimge betreffen zu wichtige Fragen

1 ,\' ~V' A""~,'~~~", .,~ als daB wir Ihnen nicht unsere ganze Aufmerksamkeif

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I~p '\.:' '.~ I:';'~ . ~ , y _ ' zuwen .....n mu en.

t ~I ~~, /.. 'f , : : , p "Es ist keineswegs ~~sere Pflicht, die Einwiirfe,i ~ , ' .~ ;"",,t:i:::''':'Ii' w~l~he man, dem autoritaren ;Kommumsmus macht,,"",_ -.~.- ' zuriickzuweisen: wir machen sie selbst. Die zivilisier-ten Nahon~n haben zu vI~1~n de m Kampfe Iiir die Befreiung des Indivi-d uum s g el itt en . al~ daB sr e ihre Vergangenheit verleugnen un d eine Re-gierung ~ulden konnten, welc~e Iiir die kleinsten AeuBerungen des ge-

sells.chafthcheI_lLebens Vorschnften erlassen wiirde, - auch wenn dieseRegierung kein ande:es Ziel,als das Wohl der Allgemeinheit im Augehaben. soll te. Wenn Je~als erne autoritare kommunistische Oesellschaftda,s LI~ht d~r Welt erblicken ~ollte, so wird sie nicht von langer Dauerse~n, sre wird ~ald durch .. die allgemeine Unzufriedenheit gezwungensem, entwe.d~r sich aufzulosen oder sich nach freiheit lichen Prinzipienzu reorgarnsieren.

Wir ~ab~n es mit einer anarchistisch-kommunistischen Oesellschaftzu tun" ~It emer Oesellschaft~ die die volle und unumwundene Freiheitd~s Individuums anerkennt, keine Autoritat zulliBt und auf jedes Zwangs-mittel, u~ den Menschen zu Arbeit zu zwingen, verzichtet. Indem wiruns .~un m unseren Studien auf di~ okonomische Seite dieser Frage be-schranken, wollen wir sehen, ob diese Oesellschaft sich aus einem Men-

schenmaterial ~ie das h~utige, nicht besserem, nicht schlechterem, nichtm~hr .oder mm~er arbeitsamen zusammensetzend, Aussichten fUr einegluckhche Entwickiung hat.

Folgender Einwurf ist wohl bekannt. - Wenn die Existenz einesJeden gesichert ist und wenn die Notwendigk~it, einen Lohn zu verdie-nen, :- sa.gt man nun - de.n Menschen nicht mehr zwingt, zu arbeiten,so ~Ird niemand mehr arbeiten. Jeder wird auf den Anderen die Arbeitabwalzen, welche er nicht zwangsweise verrichten muB." Heben wir zu-erst he:vo~, mit welcher unglaublichen Leichtfertigkeit man diesen Ein-wurf hinwirft, ~an denkt ~ar nicht da~an, ?aB. die~es so viel besagt, alsob man. emer~Its durch die LohnarbeIt wirklich jene giinstigen Resul-tate erreicht hatte, und als ob anderseits die freiwillige Arbeit soweit sie

heute. besteht,. unproduktiv~r sei, als die durch einen Lohn a~gestachelteArbeit, - DIes 1St a ber erne ifoBe Frage, weIche ein ernsthaftes Stu-

dium erfordert. jedcch, wahrend man sich in den exakten Wissenschaf-ten iiber viel weniger wichtige und komplizierte Oegenstlinde nur nachden gewissenhaftesten Forschungen ausspricht, sorgsam und fieiBig Be-lege sammelt, die Tatsachen sorgsam priift - begniigt man sich hiermit einem beliebigen Faktum - z. B. mit dem Fehlschlagen des Planeseiner kommunist ischen Oemeinde in Amerika,und zieht daraus die wich-tigsten SchluBfolgerungen. Man macht es wie der Advokat, der in demAdvokaten der Oegenpartei nicht den Reprasentanten einer Ansicht sieht,sondern nur einen einfachen Oegner im Redestreit, und wenn man nurgliicklich genug ist, eine Parade zu finden, dann bekiimmert man sich

nicht weiter darum, was wahr oder unwahr ist.Dies ist auch der Grund, weswegen das Studium, auf dem die gesamte

politische Oekonomie beruht, - das Studium der giinstigen Bedingun-gen, unter welchen der Oesellschaft die grofsmogl ichste Menge niitz-licher Outer bei einem moglichst geringen Verlust von menschlichenKralten gesichert sein kann - keine Fortschri tte macht. Man beschranktsich auf diesem Oebiete dami t, Gemeinplatze zu wiederholen, oder manschweigt sich aus.

Was diese Leichtfertigkeit urn so frappierender macht , das ist de rUmstand, daB man selbst schon in der biirgerlichen politischen Oeko-nomie Schriftsteller findet, die durch die Macht der Tatsachen dazu ge -fiihrt werden, jenes Axiom der Begriinder ihrer Wissenschaft, [enes

Axiom, nach welch em die Furcht vor dem Hunger das starkste Mittelsei, urn den Menschen zu produktiver Arbeit zu veranlassen, in Zweifelziehen. Sie fangen an, einzusehen. daB in der Produktion ein gewisseskollektives Moment mehr und mehr Oeltung gewinnt, ein Moment. dasbis heute wenig beriicksichtigt geblieben ist, das aber von groflerer Wich-tigkeit und Triebkraft als die Aussicht auf personlichen Oewinn werdenkann. Die schlechte Qualita t der Lohnarbeit , der erschreckende Verlustmenschlicher Arbeitskraft bei den Arbeiten der modernen Landwirtschaftund Industrie, die immer wachsende Anzahl von MuBiggangern, welcheden Anderen wieder zur last fallen, das Fehlen jedes frischen Lebens-hauches in der Produktion, - alles dieses beginnt schon die Oekono-misten der "klassischen Schule" zu beschaftigen und stutzig zu machen.Einige von ihnen fragen sich schon, ob sie nicht einen Fehlschluf rna-chen, wenn sie auf den Menschen als ein Wesen schlie Ben, das ein Idealvon Hafilichkeit ist, welches ausschlieBlich durch die Hoffnung auf Ge-winn und Lohn geleitet wird. Diese Ketzerei dringt selbst schon in dieUniversitaten: man wagt sie schon in den Biichern der okonomistischenOrthodoxie zu auBern. Doch alles dieses verhindert eine sehr groBe An-zahl sozial istischer Reformatoren keineswegs, Anhanger der individu-ellen Entschadigung zu bleiben und die alte Zitadelle des Lohnsystemszu verteidigen, selbst in dem Augenblick, wo die friiheren Verteidigersie schon Stein fUr Stein den Sti irmenden iiberlassen.

Man fUrchtete also daB die Masse ohne Zwang nicht arbeiten wird.Haben wir nicht in der Oeschichte schon zu wiederholten Malen

diese Befiirchtung aussprechen horen - seitens der Sk~avenhalter de!

Vereinigten Staaten vor der Befreiung der Neger, und seitens der rUSSl-schen Adligen vor der Befreiung der Leibeigenen? - "Ohne Peitsche

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wird der Neger nicht arbeiten" - sagten die Sklavenhalter. "Steht derVogt nieht mehr hinter ihnen, so wird der Leibeigne die Felder unbebautlassen", sagtendie russisehen Grafen. - Dasselbe Lied wurde von denIranzosischen Adligen im jahre 1789 gesungen, dasselbe Lied im Mittel-alter, dasselbe Lied, so alt wie die Welt, horen wir aueh heute jedesmal,wenn es sieh darum handeIt, eine mensehliehe Ungerechtigkeit aus derWelt zu sehaffen.

Und jedesmal hat die Wirkliehkeit ein schlagendes Dementi ge-geben. Der befreite Bauer vom jahre 1792 verriehtete seine Feldarbertmit einer Energie, die -seinen Vorfahren unbekannt war. Der befreite

Neger leistete mehr als seine Vater; und naehdem der russische Bauerden Honigmond seiner Befreiung dadureh gefeiert hatte, daB er den"Heiligen Freitag" in gleicher Weise als den Sonntag ehrte, hat er seineArbeit wieder aufgenommen und zwar urn so intensiver, je vollkomme-ner seine Befreiung gewesen war. Da, wo kein Mangel an Land war,bebaute er die Felder mit Leidenschaft .

Das alte Lied der Sklavenbarone kann wohl fiir die Besitzer derSklaven Bedeutung haben. Was die Sklaven selbst betrifft, so wissen sie,was es wert ist: sie kennen seine Motive.

*Uebrigens, haben denn nieht die Oekonomisten selbst gelehrt , daB,

wenn schon der Lohnsklave eine leidlich gute Arbeit liefert, eine wirklichintensive und produktive Arbeit nur von dem Manne erlangt werdenkann. der sein Wohlergehen im Verhaltnis zu seinen Anstrengungenwachsen sieht? AIle Lobgesange, die zu Ehren des Eigentums ange-stimmt werden, laufen auf dieses Axiom hinaus.

Denn - und dies ist sehr bemerkenswert - wenn die Oekonomistenin ihren Verherrl ichungen des Eigentums uns zeigen, wie ein unbebautesLand, ein Sumpf oder ein steiniger Boden sich mit reichen Ernten bedecktunter der harten Arbeit des Bauern als Eigentiimer, so beweisen sie da-mit keineswegs etwas zu Gunsten des Eigentums.

Mit der Voraussetzung, daB die einzige Garantie, urn nicht derFriichte seiner Arbeit beraubt zu werden, in dem Besitze der Arbeits-

instrumente besteht - was unbestreitbar ist -, beweisen sie einzig,daB nur der Mensch wirklich produziert, der in voller Freiheit arbeitet,der eine gewisse Auswahl in seinen Beschaftigungen hat, der nieht untereiner peinlichen und hinderlichen Ueberwachung steht, der da sieht , d a Bihm wie allen Anderen, die gleieh ihm tun, der Nutzen seiner Arbeit zu-fal lt und nieht dem ersten besten MiiBigganger.

Was die Form des Besitzes an den Arbeitsinstrumenten anbetrifft,so tauft dieses Moment in ihrer Beweisfiihrung nur indirekt und zu demZwecke mit unter, urn dem Bauer zu versichern, daB niemand ihm denGewinn an seinen Produkten und seinen Bodenverbesserungen raubenwird. Um ihre These zugunsten des Privat-Eigentums gegeniiberjeder anderen Form des Besitzes zu erharten, miiBten uns die Oekono-

misten den Beweis liefern, daB unter der Form des Gemeindeeigentumsdie Erde niemals ebenso reiche Ernten getragen hat, als in der Zeit, wo

ihr Besitz ein personlicher war. Doch dieses haben sie nie bewiesen:man kann sogar das direkte Gegenteil konstatieren. '

In der Tat, nehmen wir z. B. eine Kommune des Kantons Waadt zueiner Zeit, wo alle Dorfbewohner im Winter in. den Gemeindewald gehenund gemeinschaftlich das Holz schlagen. Gerade an diesen "Festen" derArbeit offenbart sich der intensivste Hang zur Arbeit und die hochsteEntfaltung menschlicher Kraft. Keine Lohnarbeit, nieht die harten Miiheneines Privat-Eigentiimers wiirden dagegen den Vergleich aushalten.

Oder nehmet auch ein russisches Dorf, dessen gesamte Bewohner-schaft eine der Kommune gehorige oder von dieser gepachtete Wiese zu

mahen geht, - da werdet Ihr erfahren, was der Mensch produzierenkann, wenn er in Gemeinschaft fii}:ein gemeinschaftliches Ziel arbeitet.Die Dorfgenossen wetteifern untereinander, wer von ihnen die brei testeSchwade zieht, die Frauen beeilen sieh, urn nur nicht beim Haufeln desGrases hinter den Mannern zuriickzubleiben. Wir haben es hier miteinem Iormlichen Fest der Arbeit zu tun, wahrend dessen hundert Per-sonen in einigen Stunden das vollbringen, was ihre Arbeit, getrenntgeleistet, nicht in mehreren Tagen zustande gebracht hatte. Welchentraurigen Kontrast bildet demgegeniiber die Arbeit des isolierten Eigen-tiimers!

Kurz, man konnte Tausende von Beispielen zitieren: Blicket nur aufdie Pioniere Amerikas, in die Dorfer der Schweiz, von Deutschland, RuB-

land und einigen Teilen Frankreichs; auf die Arbeiten, die in RuBlanddurch .Artelen' von Maurern, Zimmerleuten, Schiffern, Fischern usw.verrichtet werden, welche einen ganzen Auftrag iibernehmen, sich direktin die Produkte oder auch in die Entschadigung teilen, und zwar ohne zuder Vermittlung von Unternehmern ihre Zuflucht zu nehmen. Mankonnte noch die gemeinschaftlichen jagden der Nomadenstamme undeine unendliche Zahl von gemeinschaftlichen und herrlich ausgeschlagenenUnternehmen erwahnen, Ueberall wiirde man eine unbestreitbareUeberlegenheit der gemeinschaftlichen Arbeit, verglichen zu derdesLohnarbeiters oder des einfachen Besitzers, konstatieren konnen.

*Der Wohlstand, d. h. die Befriedigung der physischen, kiinstlerischen'

und geistigen Bediirfnisse und eine standigere Gewahrleistung dieserBefriedigung haben immer den machtigsten Stachel zur Arbeit gebildet.Und wahrend der Lohnsklave kaum dazu gelangt, das dringend Not-wendige zu produzieren, entfaltet der freie Arbeiter, welcher Wohlstandund Luxus fUr sich und die Anderen im Verhaltnis zu seinen Anstren-gungen wachsen sieht, unendlich viel mehr Energie und Intelligenz underzielt Produkte nicht nur erster Qualitat, sondern auch im UeberfluB.Oer Eine fiihlt sieh standig dem Elend iiberliefert, der Andere kann inder Zukunft auf MuBe und GenuB rechnen.

Und hier liegt auch das Geheimnis. Darin besteht auch der Grund,warum eine Gesellschaft, welche das Wohlergehen alIer zum Ziel hat

und Allen die Moglichkeit bietet, das Leben in seinen gesamten Mani-'estationen zu genie Ben , freiwillig eine unendlich bessere und hohere

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Arbeitsleistung zutage fardern wird, als man bisher unter dem Stachelder Sklaverei, der Leibeigenschaft und des Lohnsystems erreicht hat.

II.Wer heute die fUr seine Existenz unerlaflliche Arbeit irgendwie auf

Andere abwalzen kann, beeilt sich, dies zu tun; und man nimmt nunan, daB dem immer so sein wird.

Die fiir die Existenz unerlafil iche Arbeit ist aber wesentlich Hand-arbeit. Wir mogen Kunstler, Gelehrte usw. sein; doch keiner kann derProdukte, die im allgemeinen nur durch die Handarbeit hergestellt wer-den, des Brotes, der Kleidung, der StraBen, der Schiffe, des Lichtes, derWarme usw., entbehren. Und noch weiter: so hoher kiinstlerischerund so feiner metaphysischer Natur unsere Vergniigungen auch seinmogen , es gibt kein einziges unter ihnen, das nicht auf der Handarbeitberuht. Und gerade dieser Arbeit - dem L ebe nsfun dam en t -- suchtsich ein Jeder zu entziehen. .

*Wir begreifen dies vollkommen. Es muB sogar heute so sein.Eine Handarbeit verrichten, bedeutet gegenwartig, taglich 10 und

12 Stund.en in eine unges~nde Fabrik .eingesc.hlossen und zehn, dreiBig

Jahre, sem ganzes Leben hindurch an diese gleiche Qual gefesselt zu sein.Es bedeutet, sich zu einem elenden Lohn verdammt zu sehen, fort-

wahrend in Unsicherheit Iiir den nachsten Tag zu sein, standig das Ge-spenst der Arbeitslosigkeit unddes Elends vor Augen zu haben, haufigernoch de!ll Tode if!! Hospital . .geweiht zu sein, dies, nachdem man vierzigJahre hindurch sich abgemuht hatte, Andere zu ernahren zu kleidenAnderen anstat t sich und seinen Kindern Vergniigungen und Bildung z~schaffen.

Es bedeutet, sein ganzes Leben in den Augen Anderer den Stempelder Sklaverei zu tragen und auch selbst dieses BewuBtsein zu haben:denn - was auch alles jene klugen Herren reden mogen - der Hand~arbeiter .w~rd heute immer als dem Kopfarbeiter unterlegen angesehen,u~d de.f)emge,-der zehn Stunden in der Werkstatt geschafft hat, hat wederdl~ Zeit und noch weder die Maglichkeit, sich den hohen Geniissen derWissenschaft und der Kunst hinzugeben; er muB sich mit den Brockenbegniigen, die von dem Tische der Privilegierten fal len.

Wir begreifen also vol lkommen, daB unter diesen Umstanden dieHandarbeit als ein Fluch des Schicksals betrachtet wird.

Wir begreifen, daB sich Alle nur dem einen Traume hinzeben nam-lich fUr sich selbst oder wenigstens fUr ihre Kinder die un~rgeo~dneteLage zu iiberwinden, sich eine "unabhangige" Situation zu schaffen ---was heute so viel heiBt, als auf Kosten anderer zu leben.

So lange es eine KIasse von Handarbeitern und eine andere Klassev~!l .Kopfarbeitern" gibt - schwarze schwielige und weiBe zarteHande - wird es auch so bleiben.

*

Welches Interesse konnte diese abstumpfende Arbeit ffir den Arbeiterhaben? Er weiB, was seiner wartet von der Wiege bis zum Grabe:in Mittelmafligkeit, Armut und Unsicherheit zu leben. Wenn man jeneu~geheure Menge v~n Menschen [eden Morgen ihre traurize Tatigkeitwieder aufnehmen sieht, so kann man nur staunen wie beharrlich wiezugen~igt u~d g~wohnt sie .der Arbeit sind. Sons! ware es unmaglich,daB sie, gleich einer Maschme, welche nach einmal gegebenem AnstoBmechanisch weiterlauft, dieses Leben voller Elend I iih re n k on nt en einL.eben.ohne Hoffnu~~ f~r den nachsten Tag, ohne daB das Morg~nrot81Chemes Tages ankiindigte, an welchem sie oder wenigstens ihre Kinder

endlich einmal Mitglieder der Menschheit werden - der Menschheit dieso reich se!n konnte durch all die Schatze der freien Natur, so gliicklichdurch all jene Freuden, welche das Wissen, die wissenschaftliche undkiinstlerische SchOpfung in sich birgt , durch Geniisse, welche heute nurden Bevorrechteten zuganglich sind.

Gerade urn dieser Trennung zwischen Hand- und Kopfarbeitern einZiel zu setzen, wollen wir das Lohnsystem abschaffen wollen wir diesoziale Revolution. Dann wird die Arbeit nicht mehr als ein fIuch-wiirdiges Los betrachtet werden: sie wird werden, was sie sein sollte:die freie Betatigung der menschlichen Fahigkeiten,

Es wird iibrigens endlich einmal Zeit, die Legende, daf man unterd~r Fuchtel .des L~hnsystems die best- und grofltmoglichste Arbeits-leistung erreiche, einer ernsthaften Analyse zu unterziehen.

Man besuche nur einmal, nicht eine jener Mustermanufakturen oderFabnken, welche sich hier und da ausnahmsweise finden, sondern einerechte Durchschnittsfabrik und man wird sich jener ungeheuren Ver-schw~ndung me~~chlicher Arbeitskraft, welche die gegenwartige In-dustne charakterisiert, bewuBt werden. Auf eine mehr oder wenigerrationell organisierte Fabrik gibt es hundert oder mehr welche dieArbeit des Menschen, diese kostbare Kraft, verschleudern u~d zwar ohne

ei n ernsteres Motiv als dem Besitzer viel leicht taglich ~wei Sous mehreinzutragen.

Hier sehet Ihr junge Manner von 20-25 jahren mit eingebogenerBrust, unter fieberhaft zittrigen Bewegungen von Kopf und Leib denganzen Tag auf ~iner Bank sitzen, urn mit der Geschwindigkeit einesTaschenspielers die Enden von Baumwollfaden zusammenzukniipfen, dieman aus der Spitzenwerkstatt zuriickgeschickt hat. Welche Generationwerden diese zitternden und schwindsiichtigen Korper der Erde hinter-lassen? Doch ... " sie nehmen wenig Raum in de r Fabrik fort und si ebringen mir taglich pro Kopf 50 Centimes ein", wird der Arbeitgeber~en. .

Doch sehet Ihr in einem ungeheuren Etablissement Londons Mad-

chen, die mit 17 jahren ihr Kopfhaar vertoren haben, wei! sie aus demeinen Saal in den anderen Tabletts mit Streichholzern auf dem Kopfe

 

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tragen miissen, die man eb~nso gut durch ~ineau~erst einfacheMaschi~enach den verschiedenen Tischen transportieren konnte. Aber ... "dieArbeit der Frauen, die kein Spezialhandwerk kennen, kostet so weniglWozu da eine Maschine! Wenn diese Madchen untauglich sein werden,so wird man sie eben durch andere ersetzen . . . es gibt deren so vieleauf der StraBe."

Auf dem Trottoir vor dem Hause eines Reichenfindet Ihr in eisigerNacht ein barfufiiges, schlafendes Kind mit einem Paket Zeitungen unterdem Arm . .. Sie kostet so wenig, die Kinderarbeit, so wenig, daBman sie sehr gut dazu verwenden kann, allabendlich fiir einen Franc

Ioumale zu verkaufen, Iiir welche Muhe dann jener arme Knabe viel-leieht 2 oder 3 Sous bezieht. Ihr sehet endlich den kraftigen Mann mituntatigen Armen einhergehen; ~r f~iert w~hrend. ganzer M~nate, wa~-rend seine jugendliche Tochter sich in der iiberheizten, dampfigen Fabnkbei der Appretur von Tuchen abqualt und wahrend sein Sohn mit derWiehskruke an der StraBenecke steht und ganze Stunden wartet, bisihn endlich ein Voriibergehender 2 Sous verdienen laBt.

Und so ist es iiberall, von San Franzisko. bis Moskau, von Neapelbis Stockholm. Die Verschwendung menschlicher Arbeitskrafte ist dervorherrschende und charakteristischste Zug unserer Industrie - desHanclels gar nicht zu erwahnen, wo sie noch unglaublichere Propor-tionen annimmt.

Welche traurige Satire liegt in dem Worte "politische Oekonomie",das man fiir eine Wissenschaft anwendet, welche die Verschwendungder Arbeitskraft unter dem Lohnsystem zum Ziel hat.

*Doch das ist nicht einmal alles. Wenn Ihr mit dem Leiter einer

wohlorganisierten Fabrik sprecht, so wird Euch dieser ganz naiv er-klaren, daB es heute schwierig ware, einen geschiekten, energischenArbeiter der sich seiner Arbeit wirklich mit Lust hingibt, zu finden. --"Wenn ~ieh ein solcher", so wird er sagen, "unter den zwanzig oderdreiBig, die jeden Montag kommen und urn Arbeit ~etteln, ~orstellt, s.ostellt man ihn sieher ein, selbst wenn man gerade im Begnff war, dieZahl der Arbeiter zu reduzieren. Man kennt ihn auf den ersten Blick

heraus und man gibt ihm stets Arbeit; man entlafit dann am IolgendenTage einen gealterten oder weniger tatigen Arbeiter." Und der Ent-lassene, wie aIle Diejenigen, die morgen entlassen werden, verstarkt dieZahl der ungeheuren Reservearmee des Kapitals, jener arbeitslosen Ar-beiter, die man zur Ausiibung ihres Berufes einstellt - in eiligen Mo-menten oder wenn es den Widerstand von Streikenden zu brechen gilt.Oder dieser Auswurf der besseren Fabriken, dieser "schlechtere ArbeiterschlieBt sich vielleicht der ebenso gewaltigen Armee der gealterten Ar-beiter oder der Arbeiter zweiten Ranges an, die fortwahrend zwischenden Fabriken zweiter Ordnung hin und her fluktuieren, den Fabriken,die kaum ihre Unkosten decken und sich durch Tricks und Fallen, die siedem Kaufer und namentlich dem Konsumenten ferner Lander stellen,

aus der Verlegenheit ziehen miissen.

'"

Und wenn Ihr mit dem Arbeiter selbst sprecht, so werdet Ihr er-lahren, daB es allgemeiner Brauch in den Werkstatten ist, n i ch t das zuleisten, was man zu leisten imstande ist. Wehe demjenigen, der in einerenglischen Fabrik nieht diesem Rate, den er von seinen Kameraden beimEiritritt in sie empfangt, Folge leistet!

Die Arbeiter wissen eben, daB, wenn sie in einem Augenblick vonGroBmut dem Drangen des Arbeitsherrn nachgeben und einmal inten-siver arbeiten, um vielleieht dringende Auftrage fertigzustellen, diesenervose Arbeit in Zukunft als Regel gefordert und als Durchschnitts-arbeit in der Lohnskala behandelt werden wird. In neun Fabriken auf

zehn zieht man es heute vor, nicht nach seiner Leistungsfahigkeit zuproduzieren. In gewissen Industrien setzt man auch die Produktionherab, urn hohe Preise zu erhalten, und bisweilen bedient man sich auchder Parole "ea-canny" (Sabot), welches bedeutet: "Fiir eine schlechteBezahlung eine schlechte Arbeit".

Dem Lohnarbeiter geht es wie dem Leibeignen: er kann und darfnieht das leisten, was er leisten k6nnte. Und es ware endlich an der Zeit,dieser Legende, daB der Lohn das beste Mittel mr eine produktive Arbeitist, ein Ende zu machen. Wenn die Industrie gegenwartig hundertmalmehr leistet, als zu Zeiten unserer Groflvater, so verdanken wir das demAufschwung der Chemie undPhysik, nicht indes der kapitalistischenOrganisation der Lohnarbeit; man ist zu diesen Erfolgen gelangt, trotz

jener Organisation.

III.Diejenigen, we1cheernsthaft die Frage studiert haben, leugnen auch

keinen der Vorteile des Kommunismus - unter der Bedingung wohlver-standen daB dieser ein vollkommen freier, ein anarchistischer Kommu-nismus'ist. Sie erkennen an, daB die Arbeit, solange sie mit Geld, selb~tunter der versteckten Form von .Bons" entlohnt wird, und wenn sieselbst in Arbeiterassoziationen die unter der Leitung des Staates stehen,geleistet wird, doch stets den Stempel des Lohnsystems und seine Nach-teile bewahren wird. Sie verstehen, daB das ganze System darun~erleiden miiBte selbst wenn die Oesellschaft auch wieder in den Besitzder Produkti~nsmittel treten soUte. Und sie meinen, daB dank de~ gutenErziehung, die allen Kindern zuteil werden wiirde, d~nk.der .arbettsam.~nTugenden einer zivilisierten Oesellschaft, bei ~er Frelh~lt, seme.Bescha!-tigungen zu wahlen und zu wechseln, und bet dem Reiz, d~!1die Arbeiterhalt, wenn sie in Oemeinschaft mit Gleichzes tel l ten und .fur das WohlAller verriehtet wird, eine kommunistische Gesel1sc~aftkemesweg~ pro-duzierender Menschen ermangeln wiirde, welche die Fr?ch~barkelt de~Bodens bald verdrei- und verzehnfachen und der Industrie einen gewaltigen Aufschwung siehern wiirden.

Nachdem unsere Gegner dies.es vielfach einge~au~t..haben,F~~:sie jedoch: Aber die Oefahr wird von jener Mmontat derd'

. " .' h ten Be mgun-k ommen , die nieht arbeiten wollen, trotz der ausgezeic nle..B " keit dgen, welche die Arbeit so angenehm machen; Unrege II_IaII; ei uinUnbestandigkeit werden die Folge sein, Heute zwingt die Perspektive

 

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des Hungers selbst die Widerspenstigen, mit den Andem Schritt zuhalten. Derjenige, welcher heute nieht zur festgesetzten Stunde erscheint,ist sofort entlassen. Doch kann ein raudiges Schaf die ganze Herdeanstecken, und drei oder vier lassige Arbeiter werden aIle andem ver-derben und in die Werkstatt den Geist der Unordnung und Emporungtragen, der die Arbeit unmoglich macht; man wird schieBlich wiederzu einem Zwangssystem, das die Arbeiter an ihre Arbeitsstatte fesselt,greifen mussen , Das einzige System nun, welches erlaubt , diesen Zwangauszuiiben, ohne das Unabhangigkeitsgefuhl des Arbeiters zu verletzen,ist das, welches sie entsprechend der geleisteten Arbeit entschadigt,

jedes andere Mittel wiirde die Iortwahrende Intervention einer Autoritl iteinschlieBen, was demfreien Manne bald widerstreben miifite."

Hiermit glauben wir diesen Einwurf in seiner ganzen Gewichtigkeitwiedergegeben zu haben.

*Er gehort augenscheinlich in die Kategorie der Raisonnements,

durch we1che man auch den Staat, das Stralgesetz, die Notwendigkeit derRiehter und des Kerkermeisters rechtfertigt.

"Da es Menschen gibt, - eine schwache Minoritat - welche sichnieht den gesellschaftlichen Brauchen unterwerfen", sagen die Autoritats-anbeter, "so ist es notwendig, den Staat, so kostspielig es auch sein mag,

die Autoritat, das Tribunal und das Gefangnis aufrecht zu erhalten,selbst wenn diese Institutionen auch die Quelle neuer Uebel aller Artsein mogen."

Wir konnten uns nun darauf beschranken, das zu antworten, waswir schon so viele Male gegenuber der Autoritat im allgemeinen ge-sagt haben: "Um ein mogliches Uebel zu vermeiden, nehmt Ihr Eu.reZuflucht zu einem Mittel, welches an sich selbst ein grofieres Uebel 1Stund gerade wieder die Quelle jener MiBbrauche wird, den~n Ihr ~~eu.emwollt. Denn, vergesset nieht, daB es das Lohnsystem - die Unmoglich-keit anders zu leben als daf man seine Arbeitskraft verkauft - ge-we~en ist, welches da~ gegenwartige kapitalistische System, dessen Man-gel ihr jetzt allmahlich anerkennt, geschaffen hat."

Wir konnten auch sagen, daB dieses hinterherhinkende Raisonnementnichts weiter, als ein Plaidoyer zur Entschuldigung des Bestehenden ist.Das gegenwartige Lohnsystem ist nicht ein&"esetztworden:, u~ den Nach-teilen des Kommunismus zu begegnen. Sein Ursprung ist em ganz an-derer eben so wie der des Staates und des Eigentums. Es ist geboren inder durch Gewalt aufgezwungenen Sklaverei und Leibeigenschaft, vondenen es nur eine moderne Modifikation ist. Dieses Argument hat alsonicht mehr Gewicht, als aIle jene, mittels deren man das Eigentum undden Staat zu entschuldigen sucht,

Wir wollen indes trotzdem diesen Einwand priifen und sehen, wasan demselben Wahres ist.

*Erstlich ist noch nicht erwiesen, da B sich eine Gesellschaft, die

wirklich auf dem Prinzip der freien Arbeit begriindet ist und durch

MuBigganger in ihrem Bestehen bedroht wird, sich nicht gegen dieseschiitzen konnte, ohne sich eine autoritare Organisation zu geben undohne auf das Lohnsystem zuriickzugreifen.

Nehmen wir eine Oruppe Freiwilliger an, die sich zu einer Unter,nehmung vereinigt haben und fUr ihr Oeli~g~n zusa~men arbeiten. finOenosse bildet eine Ausnahme und Iehlt haufIg an seinem Posten. Sollteman nun seinetwegen die freie Oruppierung aufgeben, ~inen Prasidentenwahlen welch em das Recht zustande, Straien zu verhangen, oder, wiees in d~r Akademie Brauch ist, Besuchsmarken zu verteilen? Es ist augen-scheinlich daB man weder das Eine noch das Andere tun wird, sonderndaf man ~ines Tages zu dem Kameraden, der die Unternehmung' zu ge-lahrden droht, sagen wird: "Mein Freund, wir wiirden gerne mit Dirzusammenarbeiten; aber wenn Du so hauiig an Deinem Posten fehlstoder Deine Arbeit nachlassig verriehtest, so miissen wir uns trennen.Oeh Du und suche Dir andere Kameraden, die sich Deine Lassigkeit ge-fallen lassen."

Dieses Mittel ist ein so nati irliches, daf es heute schon Iiberall, inallen Industrien neben allen moglichen Strafmitteln, Lohnreduktionen,Ueberwachungen usw. angewendet wird. ~in Arb~iter kann stets. nochso piinktlich zur Stelle sein, wenn er aber. seme Arbeit schl.~cht verr~~h~et,wenn er seine Kameraden durch Lassigkeit oder andere Mangel schadigt ,wenn sie sich deswegen entzweien, so hat es ein Ende; er ist durch die

Kameraden selbst gezwungen, die Werkstatt zu verlassen.Man behauptet im allgemeinen, daf der allwissende Arbeitshe~r und

seine Aufpasser die Regelmafiigkeit un~ die. gute_ Besch~ffenhelt d~rArbeit in der Werkstatt garantieren. Nicht diese sind es 10 Wahrhelt,we1che in jeder Unternehmung - sei sie noch so einfacher ..Natur _-bei der das Produkt vor seiner Vollendung durch mehrere Hande geht,fiber die Beschaffenheit der Arbeit wachen; es ist die Werkstatt, die Oe-samtheit der Arbeiter selbst. Daher kommt es auch, daB die groBt.enenzlischen Fabriken so wenig Aufpasser haben - viel weniger, als unD;rchschnitt die Iranzosischen Fabriken oder die englischen Staats-

fabriken. .Es verhalt sich damit ebenso, wie mit der Aufrechterhaltung eines

bestimmten Moralniveaus in der Oesellschaft mittels der Maglstratur-Man behauptet sie dem Oensdarm, dem Riehter, dem Stadtsergeanten zusehulden, wah;end es in Wirklichkeit t rot z des Richters, des Schutz-

mannes und des Oensdarms besteht."Vie} Oesetze, viele Verbrechen" _ hat man schon lange vor uns

gesagt.

*Nieht aIle in fiir die industriellen Werkstatten gilt dieses, ~ ..z~ir

sich iiberall, taglich, in einem Umfange, von dem sieh die meisten ue e -

wiirmer nichts traumen lassen. . r -Wenn eine Eisenbahnkompagnie, die mit ander!l.Kompa~mensi~h

deriert ' ist,ihren Verpflichtungen nich! nachkomm~! mit 1hre~.~U~er;iegenstan dig verspatet und die Waren auf ihren Bahnhofen unbefor e 1 1 " renlaBt, drohen die andern Kompagnien nur, die Kontrakte zu annu re ,

 

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und dies geniigt gewohnlich schon. Man glaubt im allgemeinen __wenigstens lehrt man es -, daB der Handel nur mittels der Drohungmit den Oerichten zur Erfiillung seiner Pflichten angehalten werdenkann; nichts ist unwahrer als dies. Dort, wo der Verkehr am leb-haftesten ist, wie in London, geniigt die Tatsache aUein, einen OHiubigerzur Klage gezwungen zu haben, der ungeheuren Majori tat der Kaufleutehinfort jede Geschaftsbeziehung mit dem abzubrechen, der sie mit de~Advokaten in Beriihrung bringen konnte.

Warum sollte also das, was heute schon zwischen den Arbeiterneiner Werkstatt, zwischen den Kaufleuten und den Eisenbahnkompagnien

moglich ist, nicht auch in einer Oesellschaft moglich sein, die auf derfreiwilligen Arbeit basiert?

Man stelle sie sich doch nur einmal als eine Assoziation vor, diemit jedem seiner Mitglieder folgenden Kontrakt abschlosse: "Wir sindbereit, Euch unsere Hauser, Magazine, StraBen, Verkehrsmittel, Schulen,Museen usw. zur Verfiigung zu stellen - unter der Bedingung, daB IhrEuch Eurerseits vom zwanzigsten bis zum fUnfundvierzigsten resp.fiinfzigsten Jahre taglich vier oder Iiinf Stunden einer fUr die Lebens-erhaltung als notwendig anerkannten Arbeit unterzieht. Wahlet selbstdie Oruppen, denen Ihr Euch anschlieflen wollt, oderkonstituiert eineneue Oruppe, vorausgesetzt, daB sie sich nur die Aufgabe stellt, dasanerkannt Notwendige zu produzieren. Und fiir den Rest Eurer Zeit

vereinigt Euch zu .Oruppen, mit wem Ihr wollt - zum Zwecke derErholung in Vergniigungen, wissenschaftlicher oder kiinstlerischer Tatig-keit ganz nach Eurem Oeschmack.

,,1200-.-1500 Arbeitsstunden im Jahre, geleistet in einer der Grup-pen, welche die Nahrung, die Kleidung, die Behausung produzierenoder in der offentlichen Oesundheitspflege oder im Verkehrsgebiete usw.tatig' sind - das ist alles, was wir von Euch verlangen, um Euch dafiiralles das zu garantieren, was diese Oruppen produzieren oder nroduzierthaben. Doch wenn keine der Tausende von Oruppen unserer FoderationEuch aufnehmen will - aus we1chem Motive es auch sein moge -wenn Ihr absolut unfahig sein soll tet, etwas Niitzliches zu produzieren,oder Ihr Euch weizern solltet, es zu tun, nun, so Iebet als IsoIierte oderwie die Kranken. Wenn wir reich genug sein werden, so daB wir Euehnicht das Notwendige zu versagen brauchen, so werden wir erfreut sein,dieser Menschenpflicht geniigen zu konnen. Ihr seid Menschen und Ihrhabt ein Recht, zu Ieben. Da Ihr Euch aber unter besondere Bedingungenstellen und die Reihen der Oenossen meiden wollt, so ist sehr wahr-scheinlich, daB Ihr dies in Euren taglichen Beziehungen zu den andernBiirgern zu Iiihlen bekommen werdet. Man wird Euch betrachten wieein Oespenst aus der biirgerlichen Oesellschaft und Euch fliehen - wo-fern nicht Freunde, die in Euch ein Oenie entdeckt haben, sich beeilen,Euch von jeder moralischen Verpflichtung zu befreien, indem sie derOesellschaft die Euch zufallende, fUr die Lebenserhaltung notwendigeArbeit Iiir Euch mitleisten.

"Vnd wenn Euch auch dies nieht gefallt, so gehet und suchet, ob

Ihr anderswo in der Welt fiir Euch giinstigere Bedingungen findet, odersuchet Anhanger zu finden und bildet mit diesen andere Oruppen, die

sich nachneuen Prinzipien organisieren. Wir werden die unsrigen vor-ziehen."

Das ist, was man in einer kommunistischen Oesellschaft tun konntewenn die MiiBigganger so zahlreieh werden solIten daB man sieh ihre;zu erwehren hatte , .'

IV.

Doch wir zweifeln stark daran, daB man diese Eventualitat in einerOesellschaft, die auf der vollstandigen Freiheit des Individuums beruhtzu befiirchten hat. '

In der Tat, trotz des Vorschubs, der dem MiiBiggang durch denindividuellen Kapitalbesltz geleistet wird, ist jetzt schon der wahrhaftfaule Mensch auflerst seIten, in den meisten Fallen is! er ein Kranker.

Man sagt sehr haufig in Arbeiterkreisen, daB die Reichen MiiBig-g.anger sin~ .. Es gibt un!er ihnen deren allerdings genug, doch bildenste auch bel Ihnen nur die Ausnahme. 1m Oegenteil, in jeder industriel-len Unternehmung ist man sicher, einen oder mehrere Bourgeois zu fin-den, die viel, sehr vie I arbeiten. Es ist wahr, daB die groBe ZahI derReichen ihre giinstige Lage dazu benutzt, um sieh weniger unangeneh-men Arbe.iten hinzugeben, und daB sie unter gesunden Nahrungs-, Luft-usw. Bedmgungen arbeitet, die es ihr moglich macht, sich ihrer Arbeit

ohne groBe Ermiidung zu entledigen. Dies sind aber gerade auch dieBedingungen, die wir fiir aIle Arbeiter ohne Ausnahme anstreben. ManmuB auch sagen, daB dank ihrer privilegierten Stellung die Reichen hau-fig eine absolut unniitze und haufig sogar fiir die Oesellschaft schadlicheArbeit verrichten. Die Kaiser, Minister, hohen Beamten, Fabrikleiter,Kaufleute, Bankiers usw. verrichten auch taglich eine Arbeit, die sie alsmehr oder weniger lastig empfinden - AIle ziehen ihre MuBestundendenen der zwangsweisen Arbeit vor. Und wenn in neun Fallen auf zehndiese Arbeit eine verderbliche ist, so ist dieselbe deswegen nicht wenigerermiidend. Wenn die Bourgeois MiiBigganger waren, so wiirden sieschon seit langem nicht mehr existieren. Aber es ist eine Tatsache daBsi.e eine groBe Energie und Arbeitstatigkeit aufwenden, urn ihre p;ivile-gierte Stel lung zu verteidigen. Durch ihre Arbeitstatigkeit haben sie den

Orundadel gestiirzt, und damit fahren sie fort, die Masse des Volkes zubeherrschen.

In einer OeselIschaft, welche von ihnen taglich nur 4 oder 5 Stun-den niitzlicher, angenehmer und gesunder Arbeit fordern wiirde, wiir-den sie diese Miihe gern auf sich nehmen; abergewiB, sie wiirden siehnieht jenen furchtbaren Bedingungen unterziehen. unter welchen sie heutedie Arbeit durch Andere verrichten lassen. Wenn ein Pasteur nur 5 oder6 Stunden in den Abzugskanalen von Paris umherginge, glaubet mir, erwiirde bald ein Mittel gefunden haben, um sie ebenso gesund zu machen,wie .sein bakteriologisches Laboratorium.

*Was den MiiBiggang der ungeheuren Maioritat der Arbeiter betrifft,

so to.nnen nur Oekonomisten und Philanthropen dari iber predigen.

 

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Sprechet mit einem intelligenten Industriellen dariiber, und er wirdEuch sagen, daB, wenn die Arbeiter es sieh in den Kopf setzen wonten,lassig zu sein, es wurde nichts iibrig bleiben, als aIle Fabriken zuschliefien; denn keine Strenge, kein Spionagesystem konnte etwas da-gegen ausriehten. Man hatte nur den Schrecken sehen sollen, der unterden englischen Industriellen ausbrach, als einige Agitatoren die "Ca.canny'I-Theorie predigten und den Arbeitern sagten: "Fur schlechtenLohn liefert schlechte Arbeit, arbeitet langsam, qualt Euch nieht ab, undverderbet, was Ihr nur konnt!" - "Man demoralisiert den Arbeiter, manwill die Industrie vernichten"! schrieen da diejenigen, welche ehemalsgegen die Immoralitat des Arbeiters und die schlechte Beschaffenheit sei-ner Produkte gedonnert hatten. Wenn der Arbeiter das war, als was ihndie Oekonomisten hinstellen - ein Faulpelz, dem man unaufhorlich mitder Entlassung aus der Werkstatt drohen miisse - was hatte dann dasWort "Demoralisation" zu bedeuten?

*Wenn man also von einem etwaigen kunftigen MuBiggang spricht, .

so muB man bemerken, daB es sich um eine Minoritat, eine unendlichkleine Minoritat in der Gesellschaft handeln wird. Und bevor man gegendiese eventuelleMlnoritat Gesetze erlieBe, tate man gut, tiber ihren Ur-sprung klar zu werden. .

Wer mit vorurteilslosem Blick beobachtet, der wird wahrnehmen,daB das in der Schule als .faul" geltende Kind hauflg nur ein Kind ist,das schlecht begreift, was ihm schlecht gelehrt worden ist. Sehr hauligist die verrneintliche Faulheit auch niehts anderes, als Blutmangel imGehirn, eine Folge der Armut und einer ungesunden Erziehung.

jener Knabe, faul im Lateinischen und Griechischen, wiirde wie einNeger arbeiten, wenn man ihn in die Wissenschaften einzufiihren ver-stande, narnentlich wenn dies durch die Vermittelung der Handarbeit ge-schahe. Jenes Madchen, das als Null in der Mathematik gilt, wiirde dieerste Mathernatikerin ihrer Klasse sein, wenn sie zufallig J emandem be-gegnete, der sie durchschaut und ihr zu erklaren versteht, w~s sie in de~Anlangsgrunden der Arithmetik nieht begriffen hatte. Und j ener Arbei-

ter, lassig in der Fabrik, wird dagegen seinen Garten vom Aufgang derSonne bis in die sinkende Nacht hinein bestellen.Es hat [ernand einmal gesagt, daB der Schmutz Stoff ist, der s~ch

nieht an seiner riehtigen Stelle befindet. Die gleiche Erklarung tnfftIiir neun Zehntel derer zu, die man "Faule" nennt. Es sind Leute, die.aufeinen Weg geraten sind, der ihrem Temperament und ihren. Fi:ihi~keltennicht entsprieht. Wetm man die Biographien der groBen Meister liest, soist man von der lahl der .Faulen" unter ihnen betroffen. Sie waren faul,solange sie nicht den rechten Weg gefunden hatten; spater arbeitsaJ11bis zum Extrern. Darwin, Stephenson und so viele andere gehoren zudiesen ,.FauJen".. -b

Sehr haufig' ist der Faule nur ein Mann, dem es widerstrebt, \Va.jrend seines ganzen Lebens den 18. Teil einer Nadel oder den 100. Teleiner Uhr zu machen. Er wiirde UeberfluB an Energie haben, wenn e rsie auf etwas anderes verwenden konnte. Haufig ist er auch ein Rev'"

lutionar, der nicht die Idee fassen will, daB er sein ganzes Leben an denWerktisch geschmiedet sein soll und arbeiten mufs, urn seinem Arbeit-geber tausenderlei Geniisse zu verschaffen, - wahrend er sich kliigerals jener weiB und kein anderes Unrecht begangen hat, als in einerHutte anstatt in einem Palaste geboren zu sein.

Endlich kennt eine gute Zahl der .Faulen" nicht das Handwerk,durch welches sie gezwungen sind, ihr Leben zu verdienen. Indem sie indem Gegenstand, der der Arbeit ihrer Hande entstamrnt, etwas Unvoll-kommenes sehen und sich vergebens bemiihen, ihn besser herzustellen,und bemerken, daB ihnen dies niemals glucken wird wegen der schlech-ten Arbeitsmethoden, die sie sieh einrnal angewohnt haben, werden sievon HaB gegen ihr Handwerk, und da sie kein anderes kennen, gegen dieArbeit iiberhaupt erfiillt. Tausende von Arbeitern oder verfehlten Kunst-tern rechnen unter diese Kategorie.

Ganz anders verhalt es sieh mit dem, welcher in seiner Jugendgut Klavier spielen, gut den Hobel, die Schere, den Pinsel oder dieFeile zu handhaben lernte und dadurch das BewuBtsein hat, daB er etwasSch 0 n e s vollbringt, dieser wird niemals yom Piano, von der Schereoder der Feile lassen. Er wird ein Vergnugen in seiner Arbeit finden,die ihn nieht ermiiden wird, solange sie nieht zu jener Ueberarbeit wird.

*Unter der einen Bezeichnung F a u Ih e i t gruppiert man also eine

game Reihe von Resultaten, die den verschiedenen Ursachen geschuldetwerden, und von denen jede vielleiehteine Quelle des Nutzens fUr die Ge-sellschaftsein konnte, anstatt, wie heute, ein Uebel. Unter diesemBegriffhat man, wie bei der Kriminalitat, wie in allen Gebieten, welche dieFahigkeiten des Menschen betreffen, Tatsachen zusammen gebracht, diegewohnlich nichts mit einander gemein haben. Man spricht von Faul-heit oder Verbrechen, ohne sieh auchnur Miihe zu geben, ihre Ursachenzu analysieren. Man beeilt sieh, jene zu bestrafen, ohne sich zu fragen,ob die S t r a f e nieht selbst eine For d e run g der "F a u I h e i til oderdes "Ve r b r e chen s" sein konnte.

*Das ist der Grund, weshalb eine freie Gesellschaft, wenn sie die

Zahl der MiiBigganger in ihrem SchoBe wachsen sieht, ohne Zweifeldarauf denken wird, nach den Ursachen ihrer Faulheit zu forschen, undsie wird versuchen, sie zu beseitigen anstatt zu Zuchtigungsmittelnzugreiien. Wenn es sich, wie wir schon oben sagten, urn einen einfachenFall von Blutarmut handelt, so wird man sich sagen: .Bevor Ihr das.Gehirn des Kindes mit Wissenschaft voUpfropft, verschafft ihm erst Blut;kraltigt es, und damit es seine Zeit nieht verliere, fiihret es auf das Landoder an den Strand des Meeres. Dort in frischer Luft, nicht fiber Bii-chern.lehret ihm die Geometrie - indem Ihr beispielsweise mit ihm dieDistanzen bis zu den nachsten Felsen abmesset; - es wird dort dieNaturwissenschaften lernen, indem es Blumen sammelt oder auf 'demMeere fischt, die Physik, indem es sich das Boot erbaut, in we1chemes

 

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fischen fahren wird. Belastet aber sein Oehirn nicht mit hoblen Phrasenund toten Snrachen. Mac h t nicht erst aus demKinde einen "fautpelz".

*Ein anderes Kind mag keinen Sinn fiir Ordnung und RegelmaBigkeit

haben. Lasset die Kinder diesen sich nur selbst und gegenseitig ein-floflen. Spater werden das Laboratorium und die fabrik, die Arbeit aufeinem beschrankten Raum mit vielen Werkzeugen ihnen Methode gebenMachet Ihr sie nicht selbst zu unharmonischen Wesen durch Eure Schule,die keine andere Ordnung als die Symmetrie ihrer Banke kennt, die aber

in ihrem Unterricht ein wahrhaftes Bild des Chaos.ist. Sie wird niemalsjemandem Liebe zur Harmonie, Bestandigkeit und Methode Iiir die Ar-beit beibringen.

Sehet Ihr denn nicht, daB Ihr mit Euren Unterrichtsmethoden, aus-gearbeitet von einem Minister fUr 8 Millionen Schuler, die ebensovieleverschiedene Kapazitaten bedeuten, nur ein System schaffen konnt, das,vom Durchschnitt der Mittelmafiigkeiten erdacht, nur gut fiir Mittel-mafsigkeiten sein kann. Euere Schute ist eine Universitat der faulheit,wie Euer Gefangnis eine Universitat des Verbrechens ist. Oebet also dieSchule frei, schaffet Eure Universitatsgrade ab, appelliert an freiwilligeIiir den Unterricht, - dort beginnet, anstatt daB Ihr Oesetze gegen die

faulheit macht; Ihr konnt dadurch nur die faulen in Faulen-Regimenterbringen.

*Gebet dem Arbeiter, welcher sicb nicht dazu bequemen kann, einen

winzigen Teil irgend eines Artikels zu machen, der bei der kleinen Bohr-maschine sich solange abgequalt hat, bis er sie schlieBlich haBt, gebetDiesem die Maglichkeit, das Land zu bearbeiten, die Baume im Waldezu fallen, auf dem Meere gegen den Sturm anzukampfen, den Weltraumauf der Lokomotive zu durcheilen. Aber machet nicht erst aus ihm einen.Faulpelz" indem Ihr ihn zwingt, wahrend seines ganzen Lebens einekleine Maschine zu iiberwachen, die Schraubenkopfe furcht oder Oehrein Nahnadeln bohrt?

Unterdriicket nur die U r sa ch en, welche die "faulen" machenundglaubet mir, es wird kaum noch Individuen geben, welche wirklich dieArbeit hassen. Man wird keines Arsenals von Oesetzen mehr gegen siebediirfen.


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