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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im ...

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum Projektbericht 15.12.2010 Auftraggeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 86179 Augsburg Bearbeitung: Institut für Umweltplanung und Raumentwicklung Amalienstraße 79 80799 München
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Perspektiven naturverträglicher Sport- und

Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

Projektbericht

15.12.2010

Auftraggeber:

Bayerisches Landesamt für Umwelt

Bürgermeister-Ulrich-Straße 160

86179 Augsburg

Bearbeitung:

Institut für Umweltplanung und Raumentwicklung

Amalienstraße 79

80799 München

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Projektleitung: Gernot Lutz (LfU)

Bearbeitung: Stefan Marzelli, Florian Lintzmeyer (ifuplan) und Sigrun Lange (E.C.O. Deutsch-land GmbH)

Zitiervorschlag: Marzelli, S. / Lintzmeyer, F. / Lange, S. (2010): Perspektiven naturverträgli-cher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum. Hrsg.: Bayerisches Landesamt für Umwelt. Augsburg.

Bildquelle soweit nicht anders angegeben: ifuplan

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum Inhalt

I

Inhaltsverzeichnis

1 Aufgabenstellung und Zielsetzung 1

2 Ausgangssituation im bayerischen Alpenraum 3 2.1 Die Bedeutung des bayerischen Alpenraums für den Naturschutz 3 2.2 Die Landwirtschaft im bayerischen Alpenraum 7 2.3 Die Tourismusdestination bayerischer Alpenraum 7 2.3.1 Rahmendaten 7 2.3.2 Touristische Infrastruktur 15 2.3.3 Tourismuspolitische Rahmenbedingungen in Bayern 17 3 Wohin steuert die Entwicklung des bayerischen Alpenraums? 19 3.1.1 Intensivierung versus Nutzungsaufgabe 19 3.1.2 Wachsender Einfluss der Metropolen auf den Alpenraum 19 3.1.3 Klimawandel – Anpassungen und Gegenmaßnahmen 20 3.1.4 Trends im Alpentourismus 20 4 Konflikte Freizeitnutzung - Naturschutz 24 4.1 Das Beeinträchtigungspotenzial von Sport- und Freizeitnutzung im bayerischen

Alpenraum 24 4.2 Störwirkungen einzelner Sportarten im Alpenraum 24 4.2.1 Sommersportarten 26 4.2.2 Wintersportarten 29 4.2.3 Wassersportarten 32 4.2.4 Luftsport 34 4.2.5 Großveranstaltungen 35 5 Regelungen zur naturverträglichen Freizeitnutzung im Alpenraum 36 5.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen 37 5.1.1 BNatSchG 37 5.1.2 BayNatSchG 37 5.2 Strategien und Konzepte 37 5.3 Das Tourismusprotokoll der Alpenkonvention 38 5.4 Nutzungsregelung im bayerischen Alpenraum durch den „Alpenplan“ 38 5.5 Kooperative Entwicklung von Maßnahmen 39 5.5.1 Freiwillige Vereinbarungen 39 5.5.2 Kooperativ entwickelte Formen der Besucherlenkung 41 5.5.3 Nutzerinformationen durch Verbände 41 5.6 Temporäre Betretungsverbote 41 5.7 Integrierte Gesamtkonzepte für den bayerischen Alpenraum 41 5.7.1 Das Pilotprojekt in Bad Hindelang 42 5.7.2 Naturpark Nagelfluhkette 42 6 Arbeitstagung 43 6.1 Themenkreis 1: Die Bedeutung des bayerischen Alpenraums für Sport- und

Erholungsnutzung 44 6.1.1 These: Stärken im ganzjährigen Wander- und Gesundheitstourismus 45 6.1.2 These: Quantitativ gute Ausstattung im bayerischen Alpenraum 46 6.1.3 These: Alpenlandschaft kostet 47

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II

6.2 Themenkreis 2 Störungs- und Schädigungspotenzial von Sport- und Erholungsnutzung 49

6.2.1 These: Fest im Griff - Standortgebundene Einrichtungen 49 6.2.2 These: Die „Problem-Abenteuerer“ 51 6.2.3 These: Problemursache Erschließung sensibler Räume 52 6.3 Themenkreis 3 Ausgewählte Handlungsansätze für regionale und lokale Akteure 54 6.3.1 These: Honigtopf als Entlastungsventil 54 6.3.2 These: Fachplanung Sport und Erholung 56 6.3.3 These: Ausgestalten statt nur umsetzen 58 6.4 Themenkreis 4 Kommunikation und Nutzeransprüche 60 6.4.1 These: Einzelgänger-Kommunikation 60 6.4.2 These: Vom Einzelton zur Dreiklangmotivation 62 6.4.3 These: Von Anfang an im Boot 64 6.5 Synthese 66 7 Literaturverzeichnis 69

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum Inhalt

III

Abbildungen

Abbildung 1: Vorgehensweise zur Vorbereitung der Arbeitstagung .................................................. 2 Abbildung 2: Flächengrößen der Schutzgebietskategorien in den Zonen des "Alpenplans" in ha ........ 4 Abbildung 3: Erholungslandschaft Alpen und Schutzgebiete ........................................................... 5 Abbildung 4: Anteil an gesamtbayerischen Touristenankünften nach Regierungsbezirk ..................... 7 Abbildung 5: Anteil an gesamtbayerischen Touristenübernachtungen nach Regierungsbezirk ............ 8 Abbildung 6: Tourismusintensität auf Gemeindebene .................................................................... 9 Abbildung 7: Gemeinden innerhalb der Abgrenzung des Alpenplans mit

mittlerer bis hoher Tourismusintensität (ab 0,5 Gästebetten je Einwohner) .............................. 11 Abbildung 8: Urlaubsmotive inländischer Gäste in Bayern ........................................................... 12 Abbildung 9: Zunahme der beschneiten Pistenflächen (in ha) 2005 – 2007

in den Regierungsbezirken Oberbayern und Schwaben ......................................................... 16 Abbildung 10: Anzahl DAV-Hütten nach Gebirgsgruppe ............................................................. 17 Abbildung 11: Abgestufte Tourismus- und Naturschutzstrategien in Abhängigkeit

der Schutzwürdigkeit ......................................................................................................... 36 Abbildung 12 Pinnwand - Stärken im ganzjährigen Wander- und Gesundheitstourismus ................ 93 Abbildung 13 Pinnwand - Quantitativ gute Ausstatttung .............................................................. 94 Abbildung 14 Pinnwand - Alpenlandschaft kostet ........................................................................ 95 Abbildung 15 Pinnwand - Fest im Griff - Standortgebundene Einrichtungen .................................. 97 Abbildung 16 Pinnwand - Die „Problem-Abenteurer“ .................................................................. 99 Abbildung 17 Pinnwand - Problemursache Erschließung sensibler Räume ................................... 101 Abbildung 18 Pinnwand - Honigtopf als Entlastungsventil .......................................................... 103 Abbildung 19 Pinnwand - Fachplanung Sport und Erholung ...................................................... 104 Abbildung 20 Pinnwand - Ausgestalten statt "nur" umsetzen ....................................................... 105 Abbildung 21 Pinnwand - Einzelgänger-Kommunikation ............................................................ 106 Abbildung 22 Pinnwand - Vom Einzelton zur Dreiklangmotivation .............................................. 107 Abbildung 23 Pinnwand - Von Anfang an im Boot .................................................................... 109

Tabellen

Tabelle 1 Schutzgebietsflächen innerhalb der Zonierungen der Erholungslandschaft Alpen in ha ....... 4 Tabelle 2: Eckdaten der alpinen Tourismusregionen in Bayern (2009) .......................................... 12 Tabelle 3: Auflistung der drei wichtigsten Anreize für fünf Natursportarten ..................................... 22 Tabelle 4: Besucherzahlen touristischer Großveranstaltungen im bayerischen Alpenraum ............... 35

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IV

Anhang

Anhang 1  Grundprinzipien Kletterkonzeption DAV-Felsinfo 73 

Anhang 2  Naturparke in Südbayern 74 

Anhang 3  Faktenblatt Naturschutz, Sport und Erholung im bayerischen Alpenraum 75 

Anhang 4  Präsentation 77 

Anhang 5  Pinnwände 93 

Abkürzungen

BayNatSchG ___________ Bayerisches Naturschutzgesetz

BayStMUG _____________ Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit

BayStMWIVT ___________ Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

BayWG _______________ Bayerisches Wassergesetz

BNatSchG _____________ Bundesnaturschutzgesetz

FFH __________________ Fauna-Flora-Habitat

GPS __________________ Global Positioning System

LEP ___________________ Landesentwicklungsprogramm

LfStaD_________________ Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung

LfU ___________________ Landesamt für Umwelt

MTB __________________ Mountainbike

NSG __________________ Naturschutzgebiet

OECD ________________ Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

SPA ___________________ Special Protection Area

ü.NN _________________ über Normalnull

UVP __________________ Umweltverträglichkeitsprüfung

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

1

1 Aufgabenstellung und Zielsetzung Der bayerische Alpenraum ist mit seiner Vielfalt unterschiedlicher Standortbedingungen hinsichtlich Böden, Höhen- und Klimastufen und der daraus resultierenden Biotop- und Artenausstattung sehr bedeutsam für den Naturschutz. Gleichzeitig ist der bayerische Alpenraum Lebens- und Arbeitsraum der lokalen Bevölkerung und wird daher durch zahlreiche weitere Landnutzungen wie Land- und Forstwirtschaft, Verkehr, Siedlungswesen oder Wasserwirtschaft und deren Einflüsse auf Natur und Landschaft geprägt.

Die bayerischen Alpen bieten mit ihrer vielseitigen Kulturlandschaft außerdem eine wichtige Voraus-setzung, Anziehungspunkt und Kulisse für eine wachsende Zahl von Erholungs- und Sportaktivitäten. Mit der Erschließung für Sport und Erholung können Störungen oder Schädigungen von naturschutz-würdigen Lebensräumen, ihrer Pflanzen- und Tierwelt wie auch Störungen zwischen verschiedenen Freizeitaktivitäten (z.B. Wandern / Mountainbiking) verbunden sein. Zu beobachten sind darüber hin-aus eine jahreszeitliche Ausdehnung sportlicher Aktivitäten in die Übergangsjahreszeiten durch neue Sportarten (Schneeschuhwandern, Winterwandern), bessere Ausrüstung und Infrastruktur sowie klima-tische Veränderungen. Diese Aktivitäten nutzen zunehmend weitergehende technische Möglichkeiten der Ausrüstung und der Navigation (z.B. GPS-Routen für Mountainbiking und Wandern), erschließen dadurch mehr und mehr Gebiete des bayerischen Alpenraums und stellen neue Herausforderungen an Maßnahmen der Besucherlenkung.

Als Orientierung für das Wirkungsspektrum von Sport und Erholung wird die Definition von natur- und landschaftsverträglicher sportlicher Betätigung in der freien Natur verwendet, die 2001 vom Beirat für Umwelt und Sport beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erarbeitet wurde.1 Wesentliche Leitlinien sind dabei:

1. Einhaltung rechtlicher Vorschriften,

2. Keine erhebliche Beeinträchtigung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft sowie keine Minderung von deren Erlebnis- und Erholungswert,

3. Keine erhebliche Störung der Erholungsfunktion der Landschaft durch Lärm oder andere Einflüs-se,

4. Keine Stoffeinträge oder physikalische Belastungen, die die Selbstregulationskraft der betroffenen Ökosysteme übersteigen,

5. Keine Störung wildlebender Tiere, die Auswirkungen auf die Reproduktion und Stabilität der be-troffenen Populationen vermuten lässt,

6. Keine Veränderung der Lebensräume heimischer Tiere und Pflanzen, die diese in ihrem Fortbe-stand gefährdet,

7. Keine Verwendung von Verbrennungsmotoren für die unmittelbare Ausübung der sportlichen Ak-tivität.

Die Aufzählung verdeutlicht die Multidimensionalität des Begriffs der Natur- und Landschaftsverträg-lichkeit naturbezogener Sportaktivitäten, aber auch die Schwierigkeit, erhebliche von nicht-erheblichen Eingriffen und Belastungen zu unterscheiden. Beeinträchtigungen können dabei sowohl durch hohe Besucherfrequenzen z.B. im Rahmen von Großveranstaltungen oder mechanischer Auf-stiegshilfen mit großem Flächenanspruch als auch durch einzelne Personen entstehen, die in sonst störungsarme Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen eindringen. Fragen der Störungsempfindlichkeit einzelner Tierarten gehören somit ebenso zur Betrachtung wie Konzepte der Besucherlenkung wie beispielsweise das Honigtopf-Konzept.

1 Vgl. http://www.bfn.de/0323_beirat.html (Abruf 14.09.2010).

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2

Das freie Betretungsrecht der Landschaft steht bei der Ausübung von Sport und Freizeit im bayerischen Alpenraum teilweise im Widerspruch zur Verpflichtung zum pfleglichen Umgang mit Natur und Land-schaft – beides sind Festlegungen der bayerischen Verfassung. Wo Konflikte zwischen Sport und Frei-zeit und Naturschutz auftreten, stehen sich oft Verfechter von weichen, auf Kooperation setzenden Strategien, und harten, regulativen Maßnahmen, gegenüber.

Der aktuelle Stand dieser Entwicklungen wird durch eine Übersichtsrecherche wichtiger Literatur auf-gezeigt und Thesen zur Entwicklung des Verhältnisses von Sport, Erholung und Naturschutz entwickelt. Anhand dieser Thesen hat das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) am 29. November 2010 die Arbeitstagung „Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpen-raum“ mit Vertretern aus amtlichen Naturschutz, räumlicher Planung, Tourismus, Naturschutz- und Sportverbänden durchgeführt. Die Tagung setzte sich schwerpunktmäßig mit der Bedeutung des baye-rischen Alpenraumes für Sport- und Erholungsnutzung, den Störungs- und Schädigungspotenzialen der Freizeitnutzung sowie den Handlungs- und Steuerungsmöglichkeiten in Richtung Naturverträglich-keit der Sport- und Erholungsnutzung sowie den zukünftigen Handlungsperspektiven auseinander. Der vorliegende Bericht fasst die Übersichtsrecherche und die Ergebnisse der Arbeitstagung zusammen.

Vorgehensweise

Die Vorbereitung der Arbeitstagung baut auf der Recherche und fachlichen Fundierung von Thesen auf, die eine Diskussion möglicher Zielsetzungen und Handlungsleitlinien für Sport und Erholung im Alpenraum initiieren sollen.

Der Aufbau ist in der nachfolgenden Grafik schematisch dargestellt und wird nachfolgend genauer erläutert.

Abbildung 1: Vorgehensweise zur Vorbereitung der Arbeitstagung

1. Ausgangssituation Bayerischer Alpenraum

2. Auswirkungen relevanter Sport- und

Erholungsformen

3. Planungs- und Lenkungsbedarf

5. Workshopkonzeption und -durchführung

6. Auswertung und Bericht

4. Thesen

Ökologische Relevanz und Lenkungsbedarf von

Sport und Erholung

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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2 Ausgangssituation im bayerischen Alpenraum Im Folgenden wird die Ausgangssituation des bayerischen Alpenraums als gewachsene Kulturland-schaft, mit vielfältigen unterschiedlich intensiven Landnutzungen und der aktuellen Situation von Le-bensräumen und Arten auf Grundlage vorhandener Daten (z.B. Biotopkartierung, Schutzgebiete, Be-völkerung, Infrastruktur, Tourismusintensität) übersichtsartig dargestellt. Gleichzeitig wird, auch im Vergleich zu anderen Alpenländern, auf die in Bayern bestehende landesweite Planung durch den Abschnitt Erholungslandschaft Alpen im Landesentwicklungsprogramm Bayern („Alpenplan“) hinge-wiesen.

2.1 Die Bedeutung des bayerischen Alpenraums für den Naturschutz

Der Artenschutzbericht Bayern 2010 (BayStMUG 2010b, S.79) unterstreicht die Bedeutung des baye-rischen Alpenraums für die Artenvielfalt. Obwohl der bayerische Alpenanteil nur 6% der Landesfläche ausmacht, können dort 77% aller bayerischen Tier- und Pflanzenarten nachgewiesen werden. Von 91 europaweit nach der FFH-Richtlinie geschützten Lebensraumtypen Deutschlands sind 43 im Alpenan-teil anzutreffen, fünf davon nur dort.

Die Biotopkartierung Alpen (ABK) wurde vom Bayerischen Landesamt für Umwelt 1991 begonnen und 2008 abgeschlossen. Insgesamt wurden 7.100 Biotope mit 23.000 Einzelflächen kartiert.1 Der Biotopanteil an der Landkreisfläche ist in alpinen Landkreisen mit 16-33% wesentlich höher als in den außeralpinen Landkreisen Bayerns mit dort durchschnittlich 3,8 %.

Die flächenhaft größten Biotoptypen sind die alpinen Rasen, Fels, Schuttfluren und Latschengebüsche. Das LfU weist darauf hin, dass das im alpinen Bereich noch häufig anzutreffende Extensivgrünland von allen Biotoptypen am stärksten schleichenden Verlusten durch Nutzungsintensivierungen, Nut-zungseinstellungen oder Nutzungsänderungen unterworfen ist.

Der Anhang 5 des Landesentwicklungsprogramms (LEP) 2006 stellt die Abgrenzung der Erholungs-landschaft Alpen (= „Alpenplan“) mit insgesamt 4393,3 qkm dar.2 Insgesamt fallen 101 Gemeinden3 ganz oder teilweise in das Gebiet des Alpenplans und werden damit in der vorliegenden Untersu-chung als Alpengemeinden betrachtet. Neben den Gemeinden befinden sich fünf gemeindefreie Ge-biete im Geltungsbereich des Alpenplans. Das Gebiet des „Alpenplans“ ist in folgende Zonen unter-teilt (vgl. 5.4):

• Zone A, in der Verkehrsvorhaben landesplanerisch grundsätzlich unbedenklich sind,

• Zone B, in der Verkehrsvorhaben landesplanerisch nur nach Einzelfallüberprüfung der Verträg-lichkeit mit den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung zulässig sind,

• Zone C, in der Verkehrsvorhaben mit Ausnahme notwendiger landeskultureller Maßnahmen (d.h. Alm-/Forststraßen) unzulässig sind.

1 Vgl. Stand Biotopkartierung unter http://www.lfu.bayern.de/natur/fachinformationen/biotopkartierung_alpen/stand_ausblick/index.htm (Abruf: 23.11.2010).

2 Fließ- und Stillgewässer im bayerischen Alpenraum sind seit der ersten Abgrenzung der Erholungslandschaft Alpen 1970 keiner der drei Zonen A-C zugeordnet und gehen somit nicht in die Flächenbilanzierung ein. Neben dieser naturräumlichen Abgrenzung existiert die an Landkreisgrenzen orientierte Abgrenzung des bayerischen Alpenraums nach der Alpenkonventi-on. Der Geltungsbereich der Alpenkonvention umfasst im bayerischen Alpenraum eine Fläche von 11.151,58 qkm (vgl. Schönthaler et al. 2005, S.1).

3 Einige Gemeinden allerdings nur mit einer sehr geringen Teilfläche von unter einem Hektar.

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Tabelle 1: Schutzgebietsflächen innerhalb der Zonierungen der Erholungslandschaft Alpen in ha

NSG SPA FFH Nationalpark

Gesamtanzahl Gebiete innerhalb des Alpen-plans

23 12 60 1

Zone A 2.159 6228 14.042 25

Zone B 4.426 12865 17.201 16

Zone C 83.550 1.25562 126.550 20.217

SUMME 90.137 144.656 157.794 20.259

Die FFH-Gebietskategorie ist die flächenhaft größte Schutzgebietskategorie innerhalb des morpholo-gischen bayerischen Alpenraums, gefolgt von den Schutzgebieten nach der Vogelschutzrichtlinie (Spe-cial Protection Areas, SPA) und den Naturschutzgebieten (NSG).

Abbildung 2 illustriert die Anteile der Schutzgebiete in den Zonen A-C und verdeutlicht die ökologi-sche Wertigkeit der Zone C, in der sich die weitaus überwiegenden Anteile der alpinen Schutzgebiete befinden. Insgesamt sind 38% der Fläche des Alpenplans einer Schutzgebietskategorie zuzuordnen (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 2: Flächengrößen der Schutzgebietskategorien in den Zonen des "Alpenplans" in ha

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Abbildung 3: Erholungslandschaft Alpen und Schutzgebiete

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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2.2 Die Landwirtschaft im bayerischen Alpenraum Die landwirtschaftliche Nutzung des bayerischen Alpenraums findet außerhalb der Tallagen auf rd. 1.400 Almen und Alpen statt. Die Weidefläche der Almen und Alpen beträgt rd. 82.000 ha, davon 40.000 ha Almwiesen und 42.000 ha Waldweide. Etwa 50.000 Rinder, davon ca. 4.400 Milchkühe (diese vorwiegend im Allgäu) weiden jährlich während der Sommermonate. Die alm-/alpwirtschaftlichen Nutzung, der Tourismus und die Ökologie stehen laut Ringler in einem Dreiecks-verhältnis (2009, S.110). Obwohl die touristische Nutzung oftmals eine Störung der landwirtschaftli-chen Nutzung darstellt, ist der Anteil der aufgelassenen Almen in Tourismusgebieten geringer als außerhalb.

2.3 Die Tourismusdestination bayerischer Alpenraum

2.3.1 Rahmendaten Abbildung 4 und Abbildung 5 verdeutlichen die Bedeutung des bayerischen Alpenraums als Destina-tion im gesamtbayerischen Kontext. Der Regierungsbezirk Oberbayern ist die mit Abstand bedeu-tendste, der Regierungsbezirk Schwaben die zweitbedeutendste bayerische Tourismusregion. Zwischen den Regierungsbezirken Oberbayern und Schwaben fällt auf, dass Oberbayern mit 2,5 Tagen eine deutlich kürzere durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste aufweist als Schwaben mit 3,4. Dies schlägt sich in dem im Vergleich zu den Ankünften höheren Anteil des Regierungsbezirks Schwaben bei den Übernachtungsanteilen nieder.

Abbildung 4: Anteil an gesamtbayerischen Touristenankünften nach Regierungsbezirk

Anteil an gesamtbayerischen Touristenankünften in % (1. Halbjahr 2010, Quelle: StMWIVT, Tourismus in Bayern)

45

14

9

6

6

11

8

Oberbayern Schwaben Niederbayern Oberpfalz Oberfranken Mittelfranken Unterfranken

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Abbildung 5: Anteil an gesamtbayerischen Touristenübernachtungen nach Regierungsbezirk

Alpenweit ist von einer durchschnittlichen Tourismusintensität von ca. 0,5 Gästebetten je Einwohner auszugehen (Bätzing 2005, S. 158). Abbildung 6 verdeutlicht, dass sich die Tourismusintensität und damit die regionalökonomische Bedeutung des Tourismus sehr heterogen im bayerischen Alpenraum darstellt. Der Großteil der Gemeinden im bayerischen Alpenraum weist eine geringe bis mittlere Tou-rismusintensität auf.

In Abbildung 7sind die 24 Gemeinden innerhalb der Abgrenzung des Alpenplans enthalten, die eine mindestens mittlere (0,5-1,0 Gästebetten je Einwohner) bis hohe (> 1 Gästebett je Einwohner) Tou-rismusintensität aufweisen. Touristische Schwerpunkte bestehen vor allem im Oberallgäu, Berchtesga-dener Land und mit Abstrichen im Chiemgau. Der zentrale bayerische Alpenraum – auch wenn er keine hohe Tourismusintensität aufweist – ist jedoch stark vom Tagesausflugsverkehr geprägt.

Anteil an gesamtbayerischen Übernachtungen in % (1. Halbjahr 2010, Quelle: StMWIVT, Tourismus in Bayern)

41

17

15

6

6

8

8

Oberbayern Schwaben Niederbayern Oberpfalz Oberfranken Mittelfranken Unterfranken

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Abbildung 6: Tourismusintensität auf Gemeindebene

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Abbildung 7: Gemeinden innerhalb der Abgrenzung des Alpenplans mit mittlerer bis hoher Tourismusintensität (ab 0,5 Gästebetten je Einwohner)

Urlaubsmotive der inländischen Gäste in Bayern

Von der Bayern Tourismus GmbH werden die inländischen Gäste Bayerns regelmäßig nach ihren Urlaubsmotiven befragt (vgl. Abbildung 8). Innerhalb des letzten Jahrzehnts haben sich dabei interes-sante Verschiebungen ergeben. Die Städtereise hat als Reisemotiv zwar seit 2000 an Popularität ver-loren, bleibt aber dennoch das führende Reisemotiv. Gefolgt wird sie vom gesundheitsorientierten Urlaub und dem Erholungsurlaub in den Bergen (nicht Winter). Auffallend ist, dass der Winterurlaub im Schnee / Skiurlaub mit 5% bayernweit eine relativ untergeordnete Rolle spielt, die allerdings regio-nal in den Wintersportgebieten sicher höher ausfällt.

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Abbildung 8: Urlaubsmotive inländischer Gäste in Bayern

Tabelle 2 enthält eine Übersicht der touristischen Eckdaten der bayerischen Tourismusregionen mit Alpenanteil. Die am stärksten touristisch geprägte Region ist das Allgäu, mit Abstand gefolgt von der Zugspitzregion, der Alpenregion Tegernsee-Schliersee und dem Berchtesgadener Land.

Tabelle 2: Eckdaten der alpinen Tourismusregionen in Bayern (2009)

Tourismusregion Gemeinden Geöffnete Be- herbergungs-

betriebe

Angebotene Gästebetten

Gästeankünfte insgesamt

Gäste- übernachtun-

gen insgesamt

Auslastung der angebotenen

Betten in Prozent

Durch- schnittliche

Aufent-haltsdauer der Gäste in Tagen

Allgäu 147 2.257 73.545 2.390.430 10.498.300 36,9 4,4

Pfaffenwinkel 34 85 3.286 150.864 513.056 41,0 3,4

Zugspitz-Region 22 634 20.494 723.361 2.941.097 36,2 4,1

Tölzer Land 21 242 8.549 328.330 1.091.730 34,1 3,3 Alpenregion Tegernsee Schliersee 17

454 15.838 566.247 1.980.823 34,1 3,5

Rosenheimer Land 31

210 8.717 416.877 1.222.555 37,4 2,9

Chiemsee 22 368 12.351 389.720 1.675.017 34,3 4,3

Chiemgau 29 628 17.793 414.465 2.084.761 28,0 5,0 Berchtesgadener Land 15 635 18.807 509.231 2.626.459 37,2 5,2

SUMME 338 5.513 179.380 5.889.525 24.633.798

DURCHSCHNITT 35,5 4,0

Quelle: LfStaD unter http://www.statistik.bayern.de/statistik/tourismus/ (Abruf: 09.11.2010)

Eigene Darstellung auf Grundlage Zahlen und Fakten 2008/2009, Hg. Bayern Tourismus GmbH

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Neben dem Übernachtungstourismus ist der bayerische Alpenraum aufgrund der Nähe des Verdich-tungsraumes München und der guten Verkehrsanbindung aus dem süddeutschen Raum stark vom Tagestourismus geprägt. Verlässliche Zahlen für den Gesamtraum gibt es hierzu nicht. Müller et al. (1995) haben für stark vom Tagestourismus geprägte Regionen des Schweizer Kantons Bern einen Multiplikator von 3-5 verwendet, d.h. je Gästeübernachtung ist ein 3-5-faches Tagestourismusauf-kommen anzunehmen. Das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr e.V. (DWIF) geht für die Tourismusregion Oberbayern von 6,8 Tagesgästen je Gästeübernachtung aus (vgl. Zeiner 2010, S.10). Legt man diese Annahmen des Verhältnisses Übernachtungs- zu Tagesgäs-ten von 1:3 bis 1:6,8 auch für den bayerischen Alpenraum zugrunde1, so wäre aktuell von einem jährlichen Tagestourismusaufkommen in der Größenordnung von mindestens 75 Mio. Personen aus-zugehen.2

Wo liegt der deutsche Alpentourismus im alpenweiten Kontext?

Das volkswirtschaftliche Forschungsinstitut BAK Basel erstellt anhand eines selbst entwickelten Indexes, der die Faktoren Nachfrageentwicklung, Auslastung und Ertragskraft berücksichtigt, ein Benchmarking der nach diesem Index erfolgreichsten Tourismusdestinationen im Alpenraum (vgl. BAK Basel 2010, S.10).

Auffallend an dem aktuellen Benchmark ist, dass die Destination Garmisch-Partenkirchen 2009 im Vergleich zu 2007 (vgl. BAK Basel 2007, S.6) vom 11. Platz der erfolgreichsten Wintertourismusdesti-nationen aus dem Ranking gefallen ist, während es im Benchmark der Sommertourismusdestinationen neu hinzugekommen ist.

Dem bayerischen Alpenraum wird für die Urlaubsarten Ski-/Wintersporturlaub im Vergleich zu den benachbarten Alpenländern Österreich und Schweiz eine weitaus geringere Kompetenz zugewiesen, (Bausch 2010, S.14). Die Kundenbefragung verdeutlicht, dass dem bayerischen Alpenraum in Bezug auf den Ski- bzw. Wintersporturlaub eine lediglich durchschnittliche Attraktivität beigemessen wird und er in diesem Segment der Schweizer und insbesondere der österreichischen Konkurrenz hinterherhinkt.

Modifiziert werden muss diese Einschätzung durch die Nähe zum Großraum München und die damit verbundenen Vorteile der bayerischen Skigebiete gegenüber der österreichischen oder schweizeri-schen Konkurrenz (kurze Anfahrten, geringere Fahrtkosten, billigere [und damit familienfreundlichere Tagespässe], vergleichsweise gute Erreichbarkeit mit Bus und Bahn). Diese Nähe zum Großraum München stellt ein Alleinstellungsmerkmal dieser Skigebiete für Tagesausflügler dar, das ihnen von der österreichischen oder italienischen Konkurrenz nicht streitig gemacht werden kann.

Anders stellt sich die „Kompetenz“ des bayerischen Alpenraums hinsichtlich des Wander-, Gesund-heits- und Wellnessurlaubs dar. In diesen Segmenten ist er der alpinen Konkurrenz beinahe ebenbür-tig oder sogar überlegen.

1 Diese Annahme befindet sich auch in der Größenordnung des Anteils der Tagesgäste am Gesamtgästeaufkommen von 75%, das im Rahmen einer Wertschöpfungsstudie für den Nationalpark Eifel anhand Gästebefragungen festgestellt wurde (vgl. Job et al. 2007, S.31).

2 Meyer et al. (2008, S. 43) gehen für die Jahre 2004/2005 von im Mittel 73,5 Mio. Tagesgästen im bayerischen Alpen-raum aus.

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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2.3.2 Touristische Infrastruktur Die folgenden Eckdaten sollen einen Überblick über die touristische Infrastruktur im bayerischen Al-penraum vermitteln.

Skigebiete

Das Bayerische Landesamt für Umwelt (2005) hat im Rahmen des Aufbaus eines Skigebietskatasters Eckdaten zur Art und zum Ausmaß der Nutzung des bayerischen Alpenraums für Skigebiete erstellt (ebd. S. 7ff):

• Die 52 erfassten größeren Skigebiete mit mehr als drei Aufstiegsanlagen umfassen eine Ski-gebietsfläche von 3.700 ha, darunter 2.400 ha Gesamtpistenfläche, sowie 346 Aufstiegsan-lagen.

• Mit 176 ha ist das Sudelfeld das flächenmäßig größte bayerische Skigebiet, gefolgt von der Zugspitze (157 ha) und Alpspitz/Hausberg/Kreuzeck (147 ha).

• 50% der Pistenflächen liegen unter 1295 m ü.NN.

Eine Kartendarstellung der bayerischen Skigebiete ist im behördeninternen FIN-View des BayStMUG abrufbar.

Künstliche Beschneiungsanlagen

Im Zeitraum von 2 Jahren, zwischen 2005 und 2007, haben sich die beschneiten Pistenflächen im Regierungsbezirk Oberbayern nahezu verdoppelt, in Schwaben haben sie um ein Viertel zugenommen (vgl. Abbildung 9). Nach Art. 35 BayWG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung erst ab einer zu be-schneienden Fläche von über 15 ha (bzw. ab einer Höhe von 1800 m ü.NN) durchzuführen. Werden gesetzlich geschützte Biotope nach Naturschutzrecht betroffen, so gilt eine UVP-Pflicht bereits ab 7,5 ha. Im Zeitraum zwischen 1995 und 2005 ist in knapp 97% der Fälle somit die Genehmigung eines Beschneiungsantrages in Bayern nicht mit einer UVP verbunden (Döring et al. 2007). 2005 wurden im Rahmen der „Grundsätze für die Genehmigung von Beschneiungsanlagen“ (BayStMUGV 2005) folgende Gebiete nicht mehr als grundsätzlich ungeeignet für die künstliche Beschneiung erachtet:

• ökologisch besonders wertvolle Flächen i. S. des Art. 23 Abs. 1 (vormals 13 d Abs. 1) des BayNatSchG,

• Schwerpunktgebiete störempfindlicher Tierarten,

• Bereiche mit lückiger Vegetation,

• erosionsgefährdete und vernäßte Bereiche,

• sowie Gebiete oberhalb der Baumgrenze.

Es ist anzunehmen, dass die künstlich beschneite Fläche auch in Zukunft zunehmen und es zu einer flächendeckenden künstlichen Beschneiung der bayerischen Skigebiete kommen wird. Die „Grunds-ätze für die Genehmigung von Beschneiungsanlagen“ (BayStMUGV 2005) sind mit dem 31. Dezem-ber 2009 außer Kraft getreten.

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Eigene Darstellung nach LfU 2005, LfU 2006, LfU 2009 und Bund Naturschutz e.V. 2007.

Abbildung 9: Zunahme der beschneiten Pistenflächen (in ha) 2005 – 2007 in den Regierungsbezirken Oberbayern und Schwaben

Zur Wasserversorgung der Beschneiungsanlagen mit insgesamt 681 ha beschneiter Fläche wurden 34 Speicherseen (LfU 2009, Stand 08/2009) errichtet.

Hütten- und Wegeinfrastruktur im bayerischen Alpenraum

Insgesamt befinden sich im bayerischen Alpenraum 65 der insgesamt 327 DAV-Hütten (bewirtete Hütten und Selbstversorgerhütten), davon ist der Hauptteil mit 44 Hütten der Kategorie I7, 20 Hütten der Kategorie II8 und eine Hütte der Kategorie III9 zuzuordnen. Der Hauptteil der Hütten liegt in den Regionen mit der stärksten touristischen Nutzung, den Bayerischen Voralpen, dem Allgäu, der Zugspitzregion mit dem Wettersteingebirge und dem Berchtesgadener Land (vgl. Abbildung 10 und Tabelle 2). Darüber hinaus gibt es eine Reihe privatwirtschaftlich betriebener Hütten, die den Katego-rien II und III zuzuordnen sind.

Die Erschließung des bayerischen Alpenraums für Wanderer, Bergsteiger und Kletterer erfolgt über ein Netz von rund 10.000 km10 ausgeschilderten Wanderwegen und Klettersteigen.

7 Eine Hütte der Kategorie I ist eine Schutzhütte, die ihren ursprünglichen Charakter als Stützpunkt für den Bergsteiger und Bergwanderer bewahren muss. Ihre Ausstattung ist schlicht, einfache Verköstigung ist ausreichend. Sie ist Stützpunkt in einem bergsteigerisch bedeutsamen Gebiet und für den Besucher nur in Ausnahmefällen mit mechanischen Hilfen erreichbar; der Aufstieg erfordert in der Regel mindestens eine Gehstunde. Sie kann bewirtschaftet, bewartet, unbewirtschaftet oder ein Biwak sein (DAV 2010).

8 Eine Hütte der Kategorie II ist eine Alpenvereinshütte mit Stützpunktfunktion in einem vielbesuchten Gebiet, die sich wegen ihrer besseren Ausstattung und Verköstigung für mehrtägigen Winter- und/oder Sommeraufenthalt, zum Skilauf und Famili-enurlaub besonders eignet. Sie kann mechanisch erreichbar sein und ist in der Regel ganzjährig bewirtschaftet (DAV 2010).

9 In die Kategorie III fällt eine Hütte, wenn sie mechanisch erreichbar, vorwiegend Ausflugsziel für Tagesbesucher ist und nur wenige Nächtigungen aufweist. Ihr gastronomischer Betrieb entspricht dem landesüblichen Angebot (DAV 2010).

10 Vgl. SZ vom 19.01.2005 unter http://www.sueddeutsche.de/reise/deutscher-alpenverein-klamm-am-berg-1.520149-2 (Abruf 08.12.2010).

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Quelle: Deutscher Alpenverein 2010 (Hüttensuche des DAV auf www.alpenverein.de, Stand 12/2010).

Abbildung 10: Anzahl DAV-Hütten nach Gebirgsgruppe

2.3.3 Tourismuspolitische Rahmenbedingungen in Bayern

Tourismuspolitisches Konzept

Im Oktober 2010 wurde von der Bayerischen Staatsregierung ein tourismuspolitisches Konzept verab-schiedet (BayStMWIVT 2010), das einige relevante Aussagen zum Spannungsfeld Naturschutz und touristische Nutzung und zur Inwertsetzung des bayerischen Alpenraums liefert. Die Bayerische Staats-regierung bekennt sich darin zum Ausgleich von Ökologie und Ökonomie und hält den Faktor Öko-logie für eine Trumpfkarte der zukünftigen touristischen Entwicklung (vgl. BayStMWIVT 2010, S.3). Dem Alpenraum wird dabei für die Positionierung der bayerischen Tourismuswirtschaft innerhalb Deutschlands die Rolle eines Alleinstellungsmerkmals zugewiesen (ebd., S. 13).

Vor diesem Hintergrund werden die Möglichkeiten einer umweltverträglicheren touristischen Nutzung im bayerischen Alpenraum durch Förderung sanfter Mobilität (S.18), Besucherlenkung, durch Schutz-gebiete (S. 30) und die „Vermeidung von ökologisch und ökonomisch unsinniger Übererschließung im besonders sensiblen Bereich des bayerischen Alpenraums“ angesprochen.

Allgemein ist in Bayern von einer Intensivierung des Aktiv-, Natur- und Gesundheitstourismus auszu-gehen. Konflikte mit der lokalen Bevölkerung bei der Umsetzung sog. touristischer Leuchtturmprojekte sind aus Sicht der Bayerischen Staatsregierung primär durch frühzeitige Partizipation und Stärkung des Bewusstseins der regionalökonomischen Effekte des Tourismus zu lösen (vgl. S. 15 und 18).

Tourismusförderung

Die Förderung touristischer Einrichtungen durch den Freistaat Bayern lässt sich in gewerbliche und öffentliche Einrichtungen unterteilen.

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Gewerblichen Tourismuseinrichtungen stehen die Angebote der LfA Förderbank Bayern zur Verfü-gung, die folgende Investitionen im Zuge von Unternehmensgründungen und –erweiterungen mit zinsgünstigen Darlehen fördert:11

• Immobilienkosten wie Grunderwerb, Erschließungskosten, Sanierung, Renovierung, Neu- oder Umbau

• Anschaffungskosten, z.B. für Maschinen und Einrichtungen, Kaufpreise bei Erwerb von Betrieben.

Fördervoraussetzung für touristische Unternehmen ist, dass sie dem tourismuspolitischen Konzept der Bayerischen Staatsregierung nicht widersprechen.

Die Grundlage für die Förderung ist die Richtlinie zur Durchführung des bayerischen regionalen För-derprogramms für die gewerbliche Wirtschaft (BRF) des BayStMWIVT vom 27.08.2008 (Nr. III/2-3541/189/3). Darin ist festgelegt, dass der Freistaat Bayern für gewerbliche, regionalwirtschaftlich bedeutsame Vorhaben u.a. im Tourismus Zuwendungen in Form eines Investitions- oder Zinszuschus-ses gewährt. In Tourismusgebieten sollen diese Finanzmittel die Durchführung von Vorhaben der ge-werblichen Tourismuswirtschaft erleichtern, die Wirtschaftskraft der Gebiete stärken und die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Tourismuswirtschaft festigen und erhöhen (BRF, I.1). Im Bereich des Tourismus werden vorrangig Maßnahmen gefördert, welche die Qualität des bayerischen Tourismusangebotes verbessern. Hierzu zählen etwa Vorhaben zur Modernisierung von Beherber-gungs- und Gastronomiebetrieben sowie zur Verbesserung bzw. Erweiterung ihrer Angebotspalette, insbesondere im Rahmen der Saisonverlängerung. Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der Beherber-gungskapazität führen, werden nur gefördert, sofern neue bzw. nicht ausgeschöpfte Nachfragepoten-tiale vorhanden sind (BRF, I. 2.1.2). Insgesamt muss an der Durchführung der Vorhaben ein volks- und regionalwirtschaftliches sowie struktur- und arbeitsmarktpolitisches, bei touristischen Vorhaben auch ein tourismuspolitisches Interesse bestehen (BRF, I. 4.1). Im Zuge dieser Regionalförderung wur-den im Jahr 2009 ca. 300 touristische Projekte in Bayern mit rund 51 Mio. EUR gefördert.12

Hinsichtlich des Ausbaus der bayerischen Skigebiete besonders relevant ist die Richtlinie des zur För-derung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten vom 06.03.2009 (BayStMWIVT, Nr. III/2a - 3300/524/2). Zweck der Förderung ist die Erhöhung des technischen Standards, des Komforts und der Qualität von Seilbahnen in kleinen bayerischen Skigebieten (I. 1). Neben den Auf-stiegshilfen werden dabei explizit Anlagen zur künstlichen Beschneiung zum Gegenstand der Förde-rung hinzugezählt (I 2.1.1). Die Förderung kann bei kleinen Unternehmen bis zu 35%, bei mittleren Unternehmen bis zu 25% des Investitionsvolumens betragen.

Förderfähig im Rahmen dieser Richtlinien sind nur Vorhaben in kleinen bzw. (Kleinst-)Skigebieten, die über maximal drei Pisten und eine Gesamtpistenlänge von weniger als 3 km verfügen oder in deren Gemeinde eine maximale Hotelzimmerkapazität von 2.000 nicht überschritten wird und deren skitou-ristische Nutzung hauptsächlich von Tagesgästen geprägt ist (I. 4).

Tourismuswirtschaftliche Förderanträge sind bei den zuständigen Regierungsbezirken einzureichen, die über eine Förderbewilligung entscheiden. Aussagen zur Mindesthöhenlage oder Schneesicherheit der förderfähigen Gebiete sind in keiner der Richtlinien enthalten.

Fremdenverkehrseinrichtungen öffentlicher Körperschaften (Informationszentren, kurbezogene Einrich-tungen, aber auch sonstige Einrichtungen, die nicht nach anderen Förderrichtlinien förderfähig sind) werden im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von Fremdenverkehrseinrichtungen öffentlicher Kör-perschaften (RÖFE) vom 10.12.1999 (Nr. 3305-III/2a-56577) gefördert.

11 Http://www.lfa.de/website/de/foerderangebote/gruendung/index.php (Abruf 10.12.2010).

12 Vgl. Rede des Staatsministers Zeil anlässlich der Jahrespressekonferenz Tourismus 2010 unter http://www.stmwivt.bayern.de/fileadmin/Web-Dateien/Dokumente/reden/2010/Rede_100218_JPK_Tourismus-DB_Statement.pdf (Abruf 12.12.2010).

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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3 Wohin steuert die Entwicklung des bayerischen Al-penraums?

3.1.1 Intensivierung versus Nutzungsaufgabe Folgende Entwicklung lässt sich im gesamten Alpenraum feststellen:

• Intensivierung der Bewirtschaftung auf Gunstflächen in Talböden sowie Ausdehnung der Sied-lungs- und Verkehrsflächen;

• Nutzungsaufgabe der weniger rentablen Hangflächen und damit verbunden eine Ausdehnung des Waldes auf ehemaligen Almflächen. Je nach alpinem Teilraum ist dieser Prozess unter-schiedlich stark fortgeschritten (vgl. WaSAlp-Projekt13 in der Schweiz), wobei besonders die Alpensüdseite und die Seealpen mit ihren traditionellen Acker-Alp-Betrieben eine starke Wie-derbewaldung aufweisen. Weil die Strukturförderung derartiger Berggebiete immer teurer wird, ist in der Schweiz eine Diskussion um den Rückzug staatlicher Unterstützung (Stichwort „alpine Brache“) aus peripheren alpinen Schrumpfungsregionen in Gange (vgl. Borsdorf 2010).

Veränderungen in der Landschaft werden je nach Perspektive unterschiedlich bewertet. Wenn ein Landwirt die Nutzung einer Bergwiese am Hang einstellt, gehen Produktionsflächen verloren. Urlauber beklagen dann, dass gute Aussichtspunkte zuwachsen. Naturschützer beklagen die Verarmung der Tier- und Pflanzenwelt. Förster denken eher daran, dass der aufkommende Wald - allerdings erst nach einer unter Umständen kritischen Übergangsphase - zusätzlichen Schutz vor Muren und Lawinen bieten kann, Holz produziert, Kohlendioxid und Niederschläge speichert.

Der Rückzug aus den Ungunstlagen sowie eine Intensivierung der Gunstlagen führen meist zu einer Verminderung des kulturhistorischen, ökologischen und ästhetischen Werts der Kulturlandschaft - zum Bedauern von Tourismus, Naturschutz und Heimatschutz.

3.1.2 Wachsender Einfluss der Metropolen auf den Alpenraum Laut Bätzing (2010) ist seit den 1980er Jahren die zunehmende Verstädterung der Alpen zu beobach-ten. Entlang der großen Transitrouten wachsen die Alpenstädte. Zwischen den Städten findet eine bandartige Siedlungsverdichtung statt (z.B. Inntal zwischen Kufstein und Innsbruck). Der Alpenrand wird als Wohnstandort für Arbeitnehmer außeralpiner Großstädte genutzt, auch Tourismuszentren wie Davos, St. Moritz oder Chamonix durchlaufen einen Prozess der Verstädterung. Die beschriebene Form der Verstädterung findet allerdings nur auf etwa 15 Prozent der gesamten Alpenfläche statt, alle anderen Gebiete sind überwiegend wirtschaftsschwach, verlieren Einwohner oder verzeichnen im bes-ten Fall eine Stagnation der Bevölkerung.

Auf Grund der Zunahme der globalen Wirtschaftsverflechtungen werden Städte mit globaler oder zumindest europäischer Bedeutung wichtiger, alle anderen Städte sowie peripheren Räume werden deutlich entwertet. Da es in den Alpen keine Stadt von europäischer oder gar globaler Bedeutung gibt, werden die Alpenstädte in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung geschwächt. Sie werden zu „Vorstäd-ten“ von Wien, München oder Mailand. Damit einher geht ein Verlust der Kontroll- und Steuerungs-funktion, der Einfluss der außeralpinen Metropolen nimmt zu. Sie verlegen all jene Nutzungsformen in die Alpen, für die im städtischen Ballungskern zu wenig Fläche zur Verfügung steht, z.B. Wohnen, Erholung, Trinkwasserschutzgebiete, Speicherseen gegen Hochwassergefahr und in Zukunft wohl auch die Nutzung regenerativer Energiequellen. Es besteht die Gefahr, dass zukünftig wichtige Ent-

13 Vgl. http://www.wsl.ch/projects/WaSAlp/Blatt1.pdf (Abruf 10.12.2010).

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scheidungen zur Entwicklung des Alpenraums von den außeralpinen Metropolen gefällt werden (wie etwa die Bewerbung der Stadt München um die Austragung der Winterolympiade 2018 zeigt).

3.1.3 Klimawandel – Anpassungen und Gegenmaßnahmen Wissenschaftliche Beobachtungen zeigen, dass die Alpen zu den am meisten vom Klimawandel be-drohten Gebieten gehören (z.B. Gletscherschmelze, Anstieg der Schneegrenze, verändertes Abfluss-verhalten der Flüsse, erhöhtes Risiko von Naturgefahren durch extreme Wetterereignisse, Rückgang der biologischen Vielfalt). Mit dem Ziel, die Alpen zu einer Vorbildregion für die Prävention und An-passung an den Klimawandel zu machen, wurde im März 2009 bei der X. Alpenkonferenz im franzö-sischen Evian der „Aktionsplan zum Klimawandel in den Alpen“ beschlossen. Diskutiert wurde auch die Vision, die Alpen bis 2050 zu einem klimaneutralen Gebiet zu machen.

Allerdings kommt das aktuelle CIPRA-Projekt „cc.alps – Klimawandel“ zu dem Schluss, dass bisher 90 Prozent aller Maßnahmen, den CO2 Ausstoß zu senken bzw. sich an seine Auswirkungen anzupassen, als ökologisch nicht nachhaltig zu bewerten sind.14 Der zunehmende Einsatz von künstlichen Be-schneiungsanlagen oder der Ausbau erneuerbarer Energien (z.B. Wasser- und Windkraft) führen zu Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft im Alpenraum. Die Plattform „Wasserwirtschaft“ der Alpenkonvention arbeitet daher bereits an Richtlinien für die Nutzung von Wasser als Energiequelle.

3.1.4 Trends im Alpentourismus Der Alpentourismus steht vor der Herausforderung, sich einer Reihe von globalen und gesellschaftli-chen Prozessen anzupassen. Dabei gerät er in zunehmende Konkurrenz zu Fernreisezielen sowohl im Sommer- als auch im Wintertourismus. Nachfragerückgänge im Tourismus (z.B. aufgrund kürzerer Verweildauer) führen zu einer wirtschaftlichen Schwächung mancher Gemeinden, die ihre Entwicklung mit Schwerpunkt auf diese Einnahmequelle ausgerichtet haben. Eine besondere Herausforderung besteht für die Tourismusregionen des Alpenraums im sich immer weiter ausdifferenzierenden Reise-verhalten, das von Individualisierung, Erlebnisorientierung und steigenden Ansprüchen geprägt ist. Aber auch das sich ändernde Mobilitätsverhalten, sowohl der alpinen Bevölkerung selbst als auch der touristische Quell- und Zielverkehr, bringt für viele Alpentäler erhebliche Einschränkungen der Le-bens- und damit auch Erholungsqualität mit sich. Der Klimawandel setzt Wintersportorte im Bereich Schneesicherheit einerseits unter Druck, stellt für den Alpenraum im Sommertourismus allerdings auch eine Chance dar.

Der weit fortgeschrittene landwirtschaftliche Strukturwandel schlägt sich in Veränderungen der alpinen Kulturlandschaft nieder. Unter den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen weist die Rückkehr zur traditionellen vorindustriellen Landwirtschaft zur Konservierung touristisch erwünsch-ter Kulturlandschaft keinen Weg aus der Krise. Vielmehr bedarf es neuer alternativer Entwicklungskon-zepte, die ökonomische Sicherheit mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Tragfähigkeit verbin-den. Ziel einer zukunftsorientierten Tourismuspolitik muss es sein, die Alpen für all ihre Bewohner als stabilen Lebens- und Wirtschaftsraum im Herzen Europas zu sichern und als einzigartige, vielfältige Natur- und Kulturlandschaft nicht zuletzt für den Tourismus langfristig zu erhalten15.

3.1.4.1 Einbußen im Winter - potentielle Steigerungsraten im Sommer

Der Wettlauf gegen den Klimawandel: Strategien der bayerischen Bergbahnbetriebe

Der Alpenraum ist einer der touristisch am intensivsten genutzten Regionen weltweit. Etwa elf Prozent des weltweiten Tourismus bzw. ein Viertel des europäischen Tourismus findet in den Alpen statt. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei bisher der Wintertourismus. In den großen Wintersportorten findet

14 Information während des CIPRA-Workshops am 09.10.2010 im Rahmen des Forum Alpinum in München.

15 UBA – Alpen im Wandel: http://www.umweltbundesamt.de/ius/alpen/index.htm

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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ein bedeutender Anteil der Nächtigungen innerhalb weniger Monate statt. Schneesicherheit können wegen des Klimawandels aber immer weniger Wintersportorte gewährleisten (CIPRA 2006). Insbe-sondere Skigebiete im deutschen Alpenraum werden davon betroffen sein. Bei einem vergleichsweise geringen Temperaturanstieg um nur ein Grad würde sich in Deutschland – laut einer Studie der OECD von 2007 – die Zahl der schneesicheren Skigebiete um 60 Prozent verringern (in Oberbayern um 90 Prozent, in Schwaben/Allgäu um 47 Prozent) (vgl. OECD 2007).

Trotz des Klimawandels investieren bayerische Bergbahnbetreiber derzeit umfangreich in moderne Aufstiegshilfen und künstliche Beschneiungsanlagen. Beispiele sind die 8er-Kabinenbahn auf die Winklmoosalm, der neue "Kandahar-Express" in Garmisch-Partenkirchen sowie der ähnlich gebaute "Fluh-Express" in der "Skiarena Steibis" in Oberstaufen im Allgäu. In den nächsten Jahren stehen wei-tere Investitionen an, mit denen die bayerischen Skigebiete im immer härteren Wettbewerb um die Ski- und Snowboardfahrer mithalten wollen. Einer der Gründe für den Bauboom in den bayerischen Alpen ist die Senkung der Mehrwertsteuer für Skilifte und Sesselbahnen. Seit 1. Januar 2008 wird auf Lifttickets nur noch der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent aufgeschlagen. Dadurch können die Liftbetreiber mehr Mittel für Investitionen zurücklegen. Dazu kommt Geld aus der Staatskasse. Die maximale Grenze zur Förderung von Skigebietsmodernisierungen wurde von 15 auf 35 Prozent der Investitionssumme angehoben16.

Von diesen Maßnahmen könnten auch ausgewiesene Ruhezonen (Zone C Alpenplan) betroffen sein: Seit 2009 planen die Oberallgäuer Skigebiete Grasgehren und Balderschwang einen Zusammen-schluss durch neue Lifte über das Riedberger Horn. Die dafür erforderlichen Bahnen würden durch die Zone C des Bayerischen Alpenplans führen. Als Begründung für die geplante Erweiterung wird die enorme Aufrüstung der angrenzenden konkurrierenden Skigebiete in Vorarlberg und der Klimawandel aufgeführt. Derzeit läuft eine Machbarkeitsstudie zum geplanten Projekt.

Auf der anderen Seite gilt die Renaturierung des Skigebietes Gschwendner Horn als gutes Beispiel für einen aktiv geplanten Rückzug aus dem Skitourismus. Das 40 ha große Skigebiet wurde mit finanziel-ler Unterstützung der Allianz Umweltstiftung renaturiert. Die dem Ökomodell Achental e.V. angehö-rende Gemeinde Schleching hat sich vor ca. 10 Jahren entschlossen, das Skigebiet am Geigelstein nicht zu modernisieren, sondern den Pistenbetrieb einzustellen. Seitdem verkehrt ein kostenloser Ski-bus in das benachbarte Hochkössen.

Die neue Chance Sommertourismus

Prof. Dr. Peter Höppe von der Münchener Rückversicherungsgesellschaft prognostiziert einen Rück-gang des Tourismus in niedrig gelegenen Skigebieten, dafür bessere Bedingungen für den Sommer-tourismus im Alpenraum (CLIMALPTOUR 2009). Doch für die Entwicklung neuer Tourismusangebote stehen nicht unbegrenzt Räume zur Verfügung. Eine Zunahme von Flächennutzungskonflikten – und damit neue Herausforderungen für die Raumplanung – sind zu erwarten.

Outdoor-Sportarten gewinnen an Popularität und dringen mit zunehmender räumlicher und zeitlicher Ausdehnung und vermehrtem technischen Einsatz in bisher ungenutzte Räume vor (Bund Naturschutz e.V. 2006). Die bisherigen Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Alpenraums für den Sommertourismus reichen von umweltfreundlichen Angeboten in der Natur bis hin zu spektakulärer Infrastruktur, bei der die Alpen nur noch als Kulisse dienen:

- „Mehr“ an Bildung und Erlebnis (z.B. geplanter Naturerlebnispark mit Klimawandellehrpfad im bayerischen Grainau),

- Sanfte Mobilität (z.B. „Alpine Pearl Destinationen“, die jährlich von 2 Millionen Gästen bereist werden; Summe der Übernachtungen ca. 11 Millionen pro Jahr),

- Ausbau von Trendsportarten (z.B. Canyoning), 16 Vgl. Kapitel 2.3.3 und Meldung unter http://muenchen.business-on.de/bayerische-skigebiete-schneekanonen-sudelfeld-investitionen-klimawandel-_id5266.html (Abruf 19.09.2010).

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- Funsport-Arten und entsprechende Installationen der Freizeitindustrie wie Ganzjahresrodel-bahnen oder Flying-Fox (z.B. Planungen in Nesselwang),

- Veranstaltungen von Sportevents (z.B. Osterfelder Berglauf, Zugspitzlauf) und internationalen Großereignissen (z.B. Ski-WM 2011 und Olympia-Bewerbung 2018),

- Spektakuläre Infrastruktur (z.B. Aussichtsplattform AlpspiX an der Bergstation Alpspitzbahn; Al-penwelt Karwendel in Form eines Fernrohrs an der Bergstation der Karwendelbahn).

3.1.4.2 Wertewandel – Fun in der Kulisse Natur oder bewusstes Naturerlebnis?

Nach Einschätzung der Teilnehmer eines 2009 im Rahmen des Alpine-Space-INTERREG-Projektes CLIMALPTOUR durchgeführten Workshops beinhaltet der Klimawandel eine große Chance für nach-haltige Entwicklungskonzepte im Tourismus (vgl. Kolbeck et al. 2009). Der Trend zu mehr Klasse statt Masse kann dieser Entwicklung förderlich sein. Derzeit wird dieser Trend noch überwiegend von ei-nem kleinen, aber einkommensstarken Nachfragesegment aufgegriffen (Stichwort: LOHAS17). Die Mehrheit der Gäste im Alpenraum sucht nach wie vor Eventcharakter im Urlaub und (noch) nicht (wieder) die Natur. Wenn neue Entwicklungskonzepte im Tourismus jedoch nicht in ein räumliches Gesamtkonzept eingebunden sind, droht eine weitere Verbauung der Alpen bis hin zu einer „Disney-landisierung“ einiger Regionen bei gleichzeitigem Brachliegen anderer. Insgesamt fehlt es an neuen, kreativen Alternativangeboten. Viele der Anpassungsstrategien sind momentan eher Verlegenheitslö-sungen bzw. ein Notfallprogramm für die schneelose Zeit. Die Workshop-Teilnehmer glauben, dass der Alpenraum, der lange v.a. als „Wintersportarena“ gesehen wurde, neue Anziehungskraft als au-thentischer und sanfter Erholungs- und Naturraum gewinnen wird.

Siegrist et al. (2009) stellen fest, dass in den vergangenen Jahrzehnten touristische Angebote immer weniger mit den Besonderheiten der alpinen Landschaften verbunden waren. Diese diente allenfalls noch als Hintergrund-Kulisse (Stremlow 1998). In jüngster Zeit scheint sich jedoch ein Gegentrend zu etablieren, in dessen Rahmen Werte wie „Natürlichkeit“ und „Authentizität“ wieder an Bedeutung gewinnen. Auch auf übergeordneter Ebene kann ein touristischer Mega-Trend „Natur pur“ beobach-tet werden (Siegrist et al. 2009). Intakte Landschaft und Natur werden hoch geschätzt.

Hinzu kommt die zunehmende Überalterung der Bevölkerung in den meisten Quellmärkten, die dazu beiträgt, dass Ruhe und Erholung wieder mehr Bedeutung beigemessen wird als dem kurzfristigen Adrenalin-Kick. Ältere Gäste sind gemäß der CLIMALPTOUR Workshop-Teilnehmer der Natur mehr verbunden. Sie schätzen ruhigere Wintererlebnisse wie Spaziergänge und Schneeschuhwandern, als Gegenpol zum hektischen Alltag. Ihre zentralen Reisemotive sind „Gesundes Klima“ und „Natur erle-ben“. Darüber hinaus werden klimafreundliche Reiseformen zur An- und Abreise, aber auch bei der Fortbewegung im Zielgebiet an Bedeutung gewinnen.

Befragungen belegen, dass das Naturerlebnis in vielen Sportarten einen oft großen Stellenwert hat (vgl. Tabelle 3). Natur und Landschaft können also als „Kapital des Tourismus“ bezeichnet werden.

Tabelle 3: Auflistung der drei wichtigsten Anreize für fünf Natursportarten

Verändert nach Beier 2001

17 Lifestyle of Health and Sustainability, Infos unter http://www.lohas.de/

Klettern Mountainbiken Skifahren Snowboarden Skitourengehen

Schönheit der Natur Fitness verbessern

Schönheit der Na-tur

Physische Fähigkei-ten verbessern Schönheit der Natur

Durchhalten, Selbstüberwindung

Körper- erfahrung Geselligkeit Fließende

Bewegungen Natürliche Geräu-sche

Konzentration, Selbstvergessenheit Schönheit der Natur Fließende

Bewegungen Bewegungserfahrung Abschalten

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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3.1.4.3 Zunehmende Individualisierung der Natursportler

Mit dem Wertewandel und den Trendsportarten einher geht ein zunehmend geringerer Organisati-onsgrad der Natursportler. Waren in der Anfangszeit des alpinen Breitensports in den 60er und 70er Jahren ein Großteil der Bergsteiger und -wanderer in Sektionen des Deutschen Alpenvereins organi-siert, so zeichnen sich insbesondere die vergleichsweise jungen Bergsportarten wie Mountainbiking, Snowboard fahren, Bouldern, Freeride, Bikepark, Berglauf durch einen geringen Organisationsgrad ihrer Ausübenden aus. Auch die Freizeitausübung selbst erfolgt nicht mehr in dem Maße wie früher in Gruppen organisiert (gemeinsame Anreise und Tour), sondern nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Mobilität und der Ausdifferenzierung der Arbeitszeiten zunehmend individuell. Dadurch entfällt der hohe Grad der sozialen Kontrolle, der im Rahmen einer Gruppenaktivität die Regel ist, u.a. auch hinsichtlich des umweltverträglichen Verhaltens. Dem steht allerdings ein zunehmend höheres Um-weltbewusstsein und Wissensstand um ökologische Zusammenhänge und Konfliktbereiche seitens der Bergsportler gegenüber.

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4 Konflikte Freizeitnutzung - Naturschutz

4.1 Das Beeinträchtigungspotenzial von Sport- und Freizeit-nutzung im bayerischen Alpenraum

„Die Alpen sind nicht die Idylle einer Naturlandschaft, in die dann im 20. Jahrhundert der ‚Sündenfall‘ in Form des Tourismus einbricht, sondern die Alpen wurden seit etwa 6.000 Jahren vom Menschen fundamental verändert und tiefgreifend ökologisch umgestaltet. Die modernen Nutzungsformen – Tou-rismus, Wasserkraft, Transitverkehr – treffen nicht auf eine mehr oder weniger unberührte Natur, son-dern auf eine zutiefst vom Menschen geprägte Kulturlandschaft“ (Bätzing 1991:9).

Durch die landwirtschaftliche Nutzung entstand eine große landschaftliche Vielfalt mit blumenreichen Wiesen, die heute teils über die Natura2000-Richtlinien (FFH und SPA) unter Schutz stehen18. Bereits mit der Mechanisierung der Alpwirtschaft gingen zahlreiche Kleinstrukturen verloren. Die ab der zwei-ten Hälfte des 20. Jahrhunderts beginnende Intensivierung der Berglandwirtschaft in Gunsträumen, sowie die Einstellung der Bewirtschaftung in abgelegenen Gebieten führte zu einem weiteren Rück-gang der Kleinstrukturen und damit der Artenvielfalt. Der Alpenraum ist heute geprägt von einem engen Netz an alm- und forstwirtschaftlichen Erschließungsstraßen, von stark befahrenen Transitrou-ten in großen, bereits urban anmutenden Alpentälern, von begradigten Flüssen und standortfremden Forsten. Dennoch bieten die Alpen noch heute faszinierende Landschaften und Rückzugsgebiete für seltene Tier- und Pflanzenarten – und damit die entscheidende Grundlage für den Tourismus und die Freizeitnutzung. Besteht die Gefahr, dass Tourismus und Freizeitnutzung ihr „Kapital“ unwiederbring-lich zu Grunde richten?

Für viele Wildtiere ist die Zerschneidung und Fragmentierung der Landschaft (Bahnen, Straßen, Sied-lungen, intensive Landwirtschaft, touristische Infrastruktur) das größte Problem (Ingold 2005). Dringen Freizeitnutzer immer weiter und öfter in bisher noch ungenutzte Lebensräume ein, schrumpfen die Räume, in denen lebensfähige Populationen erhalten werden können und ein Austausch der Individu-en stattfinden kann. Einzelne Sportausübungen mögen eine relativ geringe Störwirkung entfalten, in der Summe der Landnutzungsformen im Alpenraum (Land- und Forstwirtschaft, Siedlungs- und Ver-kehrsinfrastruktur, Ausweitung der Erholungsnutzung auf immer abgelegenere Gebiete) kann sich jedoch ein enorme Bedrohung für Wildtiere ergeben. Da Tourismus und Erholungsnutzung auf eine intakte Natur- und Kulturlandschaft angewiesen sind, sollte es im Interesse der Sport- und Tourismus-verbände liegen, sich für den Erhalt der Tier- und Pflanzenwelt sowie einer vielfältigen Kulturland-schaft im Alpenraum einzusetzen.

4.2 Störwirkungen einzelner Sportarten im Alpenraum Die deutschen Alpen sind das wichtigste Ferien- und Freizeitgebiet Deutschlands. Jedes Jahr strömen viele Millionen Urlauber und Tagesausflügler in die Alpen. Die bayerische Verfassung gewährt ein freies Betretungsrecht für alle, doch die Erholungslandschaften im Alpenraum stellen gleichzeitig un-verzichtbare Rückzugs- und Überlebensräume für Tiere und Pflanzen dar. Die zeitliche und räumliche Präsenz des erholungssuchenden Menschen ist gestiegen. Die Besucher kommen in größerer Zahl, häufiger, kommen früher am Morgen und bleiben länger am Abend. Damit sind die Räume, in denen sich Tiere störungsarm bewegen können, sehr eingeschränkt. Auf Grund der gemeinsamen Rauman-sprüche ergeben sich Konflikte zwischen dem Bedürfnis des Menschen nach Erholung und Aktivität und dem im Bundesnaturschutzgesetz in §1 gesetzlich anerkannten Eigenwert der Natur.

18 Bei der Erweiterung einer Beschneiungsanlage im Bereich der Skisprunganlage und des Slalomhangs and Gudiberg war der Randbereich einer „Berg-Mähwiese“ betroffen, einem ausgewiesenen Natura 2000 Gebiet. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung musste durchgeführt werden, bevor die Anlage wie beabsichtigt gebaut werden konnte (BfN, BOKU, UBA et al. 2009).

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Die Auswirkungen der Freizeitnutzung im Alpenraum umfassen u.a. folgende Aspekte:

• Zerstörung und Zerschneidung von Lebensräumen durch den Bau infrastruktureller Einrichtungen,

• Beschädigung der Pflanzendecke durch Trittschäden mit den Folgen der Erosion und der Degra-dierung von Lebensstätten,

• Bodenverdichtung auf Skipisten durch Pistengeräte und Beschneiungsanlagen,

• Störung der Tierwelt durch Lärm und/oder Bewegung,

• Verschmutzung von Böden, Wasser, Luft und Landschaft durch Kfz-Verkehr, Infrastruktur-Einrichtungen und Müll.

Zudem können Nutzungskonflikte mit traditionellen Landnutzungsformen, wie Land- und Forstwirt-schaft auftreten. Eine integrierte Sichtweise dieser verschiedenen Nutzergruppen und Nutzungszeit-räume wurde im Rahmen des Nationalparkplans 2001 vom Nationalpark Berchtesgaden erstellt (vgl. Nationalpark Berchtesgaden 2001; Hennig et al. 2007).

Nachfolgend werden die wichtigsten Sport- und Erholungsnutzungen kurz mit ihren spezifischen Aus-wirkungen19 auf Natur und Umwelt skizziert. Dabei wurden (soweit nicht anders gekennzeichnet) ins-besondere vier Informationsquellen herangezogen:

BayStMUG: Ratgeber Freizeit und Natur zur umweltgerechten Freizeitausübung

(http://www.BayStMUG.bayern.de/umwelt/naturschutz/freizeit/index.htm)

Bundesamt für Naturschutz: NaturSportInfo (http://www.bfn.de/natursport/info/)

Landesamt für Umwelt (2006): Freizeitaktivitäten in der Landschaft: Handreichung für Tourismusge-meinden zur naturverträglichen Lenkung

Ingold, P. (2005): Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Alpentiere

19 Nicht Bestandteil der Betrachtung ist die vorwiegend im motorisierten Individualverkehr erfolgende An- und Abreise zu Freizeitaktivitäten im Alpenraum mit ihren oft erheblichen negativen Umweltauswirkungen.

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4.2.1 Sommersportarten

4.2.1.1 Bergsteigen / Wandern

Relevante Organisationen: DAV, Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine, Naturfreunde Räumliche Verteilung: entlang von markierten Routen im bayerischen Alpenraum; Routen auf bekannte Gipfel vor allem an Wochenenden stark frequentiert Aktivitätszeitraum: Jahresgang Hauptsaison zwischen Mai und Ende Oktober, v.a. an Wochenenden Tagesgang Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Störung von Wildtieren entlang von Wegen (v.a. bei Mitführen von Hunden ohne Leine); bei Ver-

lassen der Wege Übergang von linearer zu flächiger Störwirkung; • Stellenweise Erosion und Trittschäden, v.a. bei Abkürzungen oder Ausweichen; • Zurücklassen von Müll in der Landschaft; • Pflücken von geschützten Blumen; • Entsorgungsprobleme von Berghütten (Abfälle und Abwässer); • Indirekte Wirkung durch Anreise (Luftverschmutzung, Lärm, wildes Parken) Zeitlich • Stärkere Störwirkung in der Morgen- und Abenddämmerung Bewertung: • Wird als sanfte Form der Freizeitnutzung angesehen; • Gewöhnungseffekte der Wildtiere bei Verbleib auf den markierten Wegen; • Markiertes Wegenetz hat Funktion als Besucherlenkungssystem. Gesetzliche Regelungen: In besonderen Schutzgebieten teilweise Wegegebot, (temporäre) Betretungsverbote, Verbot, Blumen zu pflücken oder Leinenzwang für Hunde Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: Tipps des DAV zur umweltfreundlichen Anreise und zum umweltfreundlichen Verhalten in den Bergen (z.B. auf den Wegen bleiben, nicht abkürzen, kleine Blumen pflücken, Müll wieder mit nach Hause nehmen) Einfluss der Gemeinde: Steuerung durch Beschilderung und das Einrichten ausgewiesener Wander-Parkplätze Spezielle Literatur: BayStMUGV & DAV (2002): Bergwandern - sicher und umweltbewusst (Broschüre)

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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4.2.1.2 Mountainbiking

Relevante Organisationen: Deutsche Initiative Mountainbiking (DIMB); Deutscher Alpenverein; Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC), Landesverband Bayern; Bund Deutscher Radfahrer (BDR) Räumliche Verteilung: auf Straßen, Forst- und Wanderwegen bzw. auf ausgewiesenen Mountainbike-Routen Aktivitätszeitraum: Jahresgang nach Schneefreiheit bis Ende Oktober Tagesgang Sonnenaufgang bis -untergang; Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Störung von Wildtieren entlang der Wege (die höhere Geschwindigkeit führt zu einer höheren Be-

lastung); • Bodenerosion und -verdichtung, Beschädigung der Wege durch Bremsmanöver • Zurückgelassene Abfälle • Mögliche Konflikte mit Wanderern sofern beide die gleichen Wege benutzen • Indirekt durch Anreise mit Auto, wildes Parken, etc. Zeitlich • auf Grund der höheren Geschwindigkeit bergabwärts ist ein längerer Verbleib in höheren Lagen

(z.B. auf Hütten) möglich; längere Belastung in der Abenddämmerung Bewertung: • wegen der höheren Geschwindigkeit und den Überraschungseffekten höhere Belastung als durch

Wanderer; • In ökologisch besonders sensiblen Gebieten sollte auf Routen verzichtet werden; • Querfeldeinfahren kann zu erheblichen Schäden führen, ist aber auch bei Bikern verpönt. Gesetzliche Regelungen: Sperrung von Wegen für Mountainbiker (z.B. im Nationalpark Berchtesgaden ist MTB mit Ausnahme einiger Forstwege verboten) Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: Wegeregeln der Deutschen Initiative Mountain Bike (wollen als verantwortungsbewusste Naturnutzer wahrgenommen werden); DAV-Tipps zum Mountainbiken naturverträglich; 10 Tipps für Wanderer und Mountainbiker der Initiative „Fair am Berg“ Einfluss der Gemeinde: Steuerung durch ausgewiesene Mountainbike-Routen Spezielle Literatur: Landesamt für Umwelt (2008): Natursport - Mountainbiking. UmweltWissen. Umweltbundesamt (2002): Ökologisch bewusste Durchführung von Großveranstaltungen. Teilbe-reich Mountainbiken. Forschungsbericht 299 94 123.

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4.2.1.3 Klettern

Relevante Organisationen: Deutscher Alpenverein, Bundesverband Interessensgemeinschaft (IG) Klettern, private Kletterschulen Räumliche Verteilung: An Einzelfelsen, Felswänden oder Klettersteigen in den Alpen Aktivitätszeitraum: Jahresgang Je nach Temperatur und Exposition vom Frühjahr bis Ende Oktober Tagesgang Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Trittschäden von Pflanzen im Zugangsbereich aber auch entlang der Routen; • Störung felsbrütender Vogelarten; • Indirekte Störung durch Verkehr, Parken, Müll, Fäkalien um die Felsstandorte etc. Zeitlich • Störwirkung v.a. zu Brut- und Aufzuchtzeiten felsbrütender Vogelarten • Verstärkte Störwirkung in der Morgen- und Abenddämmerung Bewertung: • Auf Grund der Konzentration in räumlich eng begrenzten, bekannten Gebieten teils starke Konflik-

te zwischen Naturschützern und Kletterern; Felsen sind empfindliche Lebensräume vieler seltener Spezialisten (Farne, Moose, Wanderfalke, Uhu); Konfliktlösung durch Vereinbarungen zwischen Behörden, Kletter- und Naturschutzverbänden; teilweise (zeitlich begrenzte) Sperrungen bestimmter Gebiete

Gesetzliche Regelungen: (Temporäre) Sperrung von Felswänden für Kletterer (v.a. bei potentieller Störung von felsbrütenden Vogelarten); aktuelle Regelungen sowie Ge- und Verbote unter: http://www.dav-felsinfo.de/

Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: 10 Regeln zum naturverträglichen Klettern des Deutschen Alpenvereins; Vereinbarung der Bayerischen Staatsregierung mit dem Deutschen Alpenverein und der IG Klettern zum Klettern in den außeralpinen Felsgebieten in Bayern von 1998; Einführung einer einheitlichen Beschilderung (Kreuz und Pfeil weisen den richtigen Weg); Gemeinschaftliche Erarbeitung von Kletterkonzeptionen zwischen Behörden, Kletter- und Natur-schutzverbänden (z.B. Kletterkonzeption Allgäu, http://www.ig-klettern-allgaeu.de/regelungen/kletter-regelungen-im-allgaeu.html)

Einfluss der Gemeinde: Steuerung über Bewerbung, Anlage der Parkplätze, Beschilderung Spezielle Literatur: Landesamt für Umwelt (2010): Natursport - Klettern. UmweltWissen.

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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4.2.2 Wintersportarten

4.2.2.1 Eisklettern

Relevante Organisationen: Deutscher Alpenverein Räumliche Verteilung: an gefrorenen Wasserfällen Aktivitätszeitraum: Jahresgang Wintersaison; zeitlich sehr begrenzt, da Wasserfälle zugefroren sein müssen. Tagesgang Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Störung von Wildtieren auf dem Weg zur Kletterstelle Zeitlich • Störungswirkung in der Morgen- und Abenddämmerung größer Bewertung: • Störungswirkung bei häufig frequentierten Routen möglich; Wildtiere im Winter besonders störan-

fällig. Gesetzliche Regelungen: Das Eisklettern an gefrorenen Wasserfällen fällt in Bayern nicht unter den allgemein zulässigen Ge-meingebrauch von Gewässern. Die Kreisverwaltungsbehörden können aber durch Rechtsverordnung oder Allgemeinverfügung geeignete Gewässerabschnitte für das Eisklettern zur Ausübung des Ge-meingebrauchs widmen. Im Hinblick auf das besondere Ruhebedürfnis der Tierwelt im Winter soll eine entsprechende Widmung allerdings nur in besonderen Ausnahmefällen erfolgen. Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: Keine bekannt Einfluss der Gemeinde: Bewerbung von Eisklettermöglichkeiten Spezielle Literatur: Keine bekannt

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4.2.2.2 Skitourengehen / Schneeschuhgehen

Relevante Organisationen: Deutscher Alpenverein Räumliche Verteilung: In den geeigneten Skitouren- und Winterwandergebieten (je nach Lawinenlage) Aktivitätszeitraum: Jahresgang Je nach Schneelage von November/Dezember bis März/April Tagesgang bei Tageslicht; aber auch teilweise nachts (bei Vollmond), insbesondere auf Skipisten Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Störung von Wildtieren (v.a. Schalenwild und Raufußhühner); beim Aufstieg Wirkung eher linear

entlang von Aufstiegsrouten, bei der Abfahrt flächige Wirkung; • Vegetationsschäden durch scharfe Skikanten bei unvorsichtigem Abfahren; Zeitlich • V.a. Störung in der Morgen- und Abenddämmerung sowie im Frühjahr während der Balzzeit prob-

lematisch; • durch populäre „Abend- oder Mondscheintouren“ sind Tiere auch in der Nacht nicht mehr unge-

stört; Bewertung: • Große Störwirkung (der beiden boomenden Sportarten) für Wildtiere, da

- Tiere im Winter störanfälliger sind als im Sommer (reduziertes Nahrungsangebot, niedrige Temperaturen, weniger Verstecke, erschwerte Bewegung, Lawinengefahr); bei Flucht im Schnee wird viel Energie verbraucht, die für die Fortpflanzung im Frühjahr fehlt;

- eine automatische Lenkung (wie im Sommer) schwierig ist, da sich Touren- oder Schnee-schuhgänger unabhängig von Wegen durch das Gelände bewegen;

- mit Schneeschuhen auch noch Gebiete erreicht werden können, die für Skitouren unattraktiv sind;

• Aktivitäten im Bereich oberhalb der Waldgrenze weitgehend unproblematisch; Störungspotenzial im Bereich der oberen Waldgrenze sowie im Wald aber viel größer;

Gesetzliche Regelungen: Sperrung sensibler Gebiete für Tourengeher (z.B. ist in der Kernzone des Nationalparks Berchtesga-den Skitourengehen bis auf wenige Ausnahmen untersagt) Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: Zonierungskonzept „Skibergsteigen Umweltfreundlich“ mit Beschilderung im Gelände; teilweise auch „Ranger“ im Einsatz (siehe auch Kapitel 5.5.1.1) Einfluss der Gemeinde: Steuerung durch Instandhaltung der Infrastruktur (z.B. Räumen von Parkplätzen im Winter); Beschil-derung, Bewerbung. Spezielle Literatur: Landesamt für Umwelt (2009): Natursport – Schneeschuhwandern. UmweltWissen. DAV-Tipps für naturverträgliches Schneeschuhgehen. Scheuermann, M. (2005): Projekt des DAV – Skibergsteigen umweltfreundlich. In: Ingold, P.: Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Alpentiere.

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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4.2.2.3 Pistenskilauf / Snowboarden

Relevante Organisationen: Bayerischer Ski Verband (BSV), Deutscher Ski Verband (DSV), Freunde des Skisports (FdS), Internatio-naler Skiverband (FIS), Deutscher Alpenverein, Bergwacht Bayern Räumliche Verteilung: Konzentration auf erschlossene Skigebiete Aktivitätszeitraum: Jahresgang abhängig von Schneelage, von etwa November/Dezember bis März/April Tagesgang etwa von 8:00 bis 17:00, teilweise Flutlichtbetrieb Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Zerstörung der Natur und Landschaft durch Erschließung und Erhaltung von Skigebieten (z.B.

Waldrodungen; Bodenverdichtung, Beeinträchtigung der Pflanzendecke und Artenschwund durch Pistenplanierung; Lärmbelastung, sowie Wasser- und Energieverbrauch durch Einsatz von Schnee-kanonen; Störung des natürlichen Wasserhaushalts, Vegetationsschäden und Nährstoffeintrag durch Einsatz von Kunstschnee; hoher Landschaftsverbrauch durch Infrastruktur mit enormer äs-thetischer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes im Sommer)

• Störung von Wildtieren durch Variantenfahrer (abseits der ausgewiesenen Pisten) • Indirekte Störung durch hohes Verkehrsaufkommen (An- und Abreise) und Flächenverbrauch durch

Großparkplätze Zeitlich • Störung von Wildtieren durch abendlichen Pistenraupeneinsatz; im Sommer Störung durch Repa-

raturarbeiten, Modernisierungsmaßnahmen und Erweiterungen Bewertung: • Die Erschließung von Skigebieten greift massiv und teilweise irreversibel in das Landschaftsbild ein

(oberhalb der Waldgrenze besteht kaum Hoffnung für eine standortgerechte Wiederbegrünung von ehemals planierten Skipisten; unterhalb von 1500-1700 m dagegen kann eine vollständige Renaturierung möglich sein, die allerdings bis zu 20 Jahren dauern kann); Skigebiete sind jedoch tragende Säulen des Wintertourismus und damit eine feste Einrichtung der Erholungslandschaft in den Alpen.

Gesetzliche Regelungen: Für die Erschließung und den Betrieb von Skigebieten ist stets die Zustimmung des Grundstücksbe-rechtigten erforderlich. Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: FIS-Umweltregeln für Skisportler und Snowboarder; Tipps für Skifahrer und Skilangläufer für das richtige Verhalten und einen pfleglichen Umgang mit der Natur des Bayerischen Umweltministeriums Einfluss der Gemeinde: Bewerbung der Skigebiete, Ausbau der Infrastruktur Spezielle Literatur: Landesamt für Umwelt (2009): Beschneiungsanlagen und Kunstschnee. UmweltWissen. Stiftung „pro natura – pro ski“ (2003): Auditing in Skigebieten. Leitfaden zur ökologischen Aufwer-tung.

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4.2.3 Wassersportarten

4.2.3.1 Canyoning

Relevante Organisationen: Deutscher Canyoning Verein e.V. (DCV); Internationaler Berufsverband Professioneller Canyonführer (CIC); Verein Deutscher Outdoortrainer und Schluchtenführer (VDOS), Deutscher Canyon- und Trekkingführerverband; Räumliche Verteilung: Linear entlang von Schluchtläufen (Sonderstandorte); Beispiele im bayerischen Alpenraum: Allgäu (z.B. Reichenbachklamm, Ostertalbach), das Karwendel (z.B. Pitzbach, Hühnerbach) und das Berchtesgadener Land (z.B. Almbachklamm, Strubklamm); Aktivitätszeitraum: Jahresgang von Juni bis September Tagesgang Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Trittschäden an der Vegetation (Quellfluren, Felsstandorte, Moosgesellschaften)

v.a. lokal an Zu- und Ausstiegsstellen; • Beunruhigung von Tierarten (z.B. Wasseramsel, Fledermäuse) und Störung von Fischlaichplätzen

(z.B. Bachforelle) bzw. Larvenentwicklungsräume möglich; Zeitlich Die Durchführung ist vor Anfang Juli (Brutsaison für Fische und Vögel) und im Herbst (nach Ende September) problematisch (Leuthold 2001) Bewertung: • Schluchten mit geringem Geschiebetrieb sind störanfälliger als geschiebeführende; • Flache und sonnige Abschnitte sind empfindlicher als enge und schattige; • Neben Begehungshäufigkeit und -intensität ist vor allem eine Durchführung im Frühling und

Herbst problematisch wegen potentieller Störung von Vögeln und Fischen. Gesetzliche Regelungen: Canyoning fällt nicht unter den Gemeingebrauch von Gewässern; es ist genehmigungspflichtig; zu-ständige Behörden sind die Untere Naturschutzbehörde (Landratsämter) bzw. im Fall von NSG die Obere Naturschutzbehörde (Bezirksregierungen); Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: Der DCV empfiehlt, sich an Wege halten und auf Pflanzen und Tiere zu achten20. Einfluss der Gemeinde: Steuerung durch Zugänglichkeit von Ein- und Ausstiegsstellen Spezielle Literatur: DAV - DEUTSCHER ALPENVEREIN E.V. (Hrsg.) (2001): Kritische Hinterfragung der Sportart „Canyon-ing“ aus ökologischer Sicht im Bayerischen und Tiroler Alpenraum. LEUTHOLD (2001): Lebensraumstudie Canyoning. Mountain Wilderness Schweiz. Zürich

20 http://www.deutschercanyoningverein.de/topos/anmerkungendb.php

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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4.2.3.2 Kajakfahren und Rafting

Relevante Organisationen: Bayerischer Kanuverband (BKV); Deutscher Kanuverband (DKV), vertritt auch Raftingbelange; Bayeri-scher Landessportverband (BLSV); Bundesverband Kanutouristik (BKT); Verband Deutscher Kanu- und Outdoorschulen (VDKS) Räumliche Verteilung: Linear entlang von Flussläufen; bevorzugt naturnahe Gewässerabschnitte; Beispiele im bayerischen Alpenraum: Isar, Saalach, Iller, Lech, Bregenzer Aach Aktivitätszeitraum: Jahresgang von April/Mai bis September/Oktober (je nach Wasserführung) Tagesgang Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Trittbelastung der Ufervegetation an den Zu- und Ausstiegsstellen; • Schädigung von Unterwasserpflanzen oder Fischlaichzonen durch Paddel; • Beunruhigung von störempfindlichen (z.B. Eisvogel, Wasseramsel) und kiesbrütenden Vogelarten

(z.B. Flussuferläufer), aber auch von Fischen möglich; • Intensivierung des PKW-Verkehrs • Abfall an Lagerstätten Zeitlich Erhebliche Störwirkung in den Brutzeiten von Vögeln Bewertung: • Gleichmäßiges, ruhiges Vorbeifahren von einzelnen Booten ist kaum problematisch. • Gehäuftes und lautes Auftreten kann bei Arten, die ihr Nest im Uferbereich haben, zu längeren

Unterbrechungen bei der Fütterung der Jungen führen; bei Betretung von Kiesinseln oder -bänken können Gelege von Kiesbrütern oder geschlüpfte Junge zertreten werden.

Gesetzliche Regelungen: Keine Genehmigungspflicht; Einschränkungen jedoch möglich (z.B. Betretungsverbote von Kiesinseln) Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: 10 goldene Regeln für das Verhalten von Wassersportlern in der Natur (BayStMUG); Naturbewusst Paddeln, Umwelttipps des Deutschen Kanuverbandes; Merkblätter für Ammersee, Chiemsee und Starnberger See. Einfluss der Gemeinde: Steuerung durch Zugänglichkeit von Ein- und Ausstiegsstellen; informative Lenkung Spezielle Literatur: INGOLD, P. (2005): Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Alpentiere. Konfliktbereiche zwischen Mensch und Tier, mit einem Ratgeber für die Praxis. Haupt-Verlag, Bern Strojec, R. & A. Bauer (?): Leitbild für natur- und landschaftsverträgliches Kanufahren. Im Auftrag des Deutschen Naturschutzrings.

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4.2.4 Luftsport

4.2.4.1 Drachenfliegen / Gleitschirmfliegen / Hängegleiten

Relevante Organisationen: Deutscher Areo Club (DAeC), Luftsportverband Bayern (LVB), Deutscher Hängegleiter-Verband (DHV), Bayerischer Landessportverband (BLSV) Räumliche Verteilung: Thermisch günstige, steile Hänge mit Start- und Landeplätzen; Beispiele im bayerischen Alpenraum: Brauneck, Kampenwand, Tegelberg, Jenner Aktivitätszeitraum: Jahresgang ganzjährig möglich (v.a. zwischen März und Oktober) Tagesgang von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Mögliche Auswirkungen: Räumlich • Mögliche Störung von Wildtieren in sonst unzugänglichen Lebensräumen; • Lokal begrenzte Trittschäden v.a. an stark frequentierten Startplätzen. Zeitlich • Während der Brut- und Aufzuchtphase reagieren Greifvögel sensibel auf Fluggeräte, die sich mehr

als 300 bis 500 m nähern; Steinadler "verteidigen" ihren Horstbereich z.B. durch Girlandenflüge. • Wiesenbrüter wie Brachvogel, Uferschnepfe und Kiebitz sind während der Brut- und Aufzuchtzeit

störungssensibel; ein Flug in Sicherheitsmindesthöhe von 150m über Grund kann während der Brutzeiten zu Störungen führen.

Bewertung: • Außerhalb des Brutbereichs und der Brutzeiten besteht meist friedliche Koexistenz zwischen Vögeln

und Hängegleitern. • Störungswirkung nur bei sporadischen zu tiefen Flügen und beim Überflug ansonsten ruhiger Ge-

biete Gesetzliche Regelungen: Starts und Landungen sind nur auf dafür genehmigten Flugplätzen zulässig Freiwillige Verpflichtungen / Leitlinien: DHV setzt sich laut seinem Leitbild für den Erhalt naturverträglicher Fluggelände ein; Verhaltenskodex der Luftsportler für umwelt- und naturbewussten Luftsport im Deutschen Aero Club21; in Kooperation mit dem BfN hat der DAeC 2007 luftfahrtrelevante Vogelgebiete (z.B. Vorkommen von Steinadler und Birkhuhn; Flugrouten von Kranich, Großtrappe, Gänsen) kartiert; Einfluss der Gemeinde: Informative Lenkung Spezielle Literatur: DEUTSCHER AERO CLUB E.V. U. BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (Hrsg.) (2003): Luftsport und Naturschutz. Maul Druck. Braunschweig. SCHEMEL, H.-J. & ERBGUTH, W. (2000): Sport und Umwelt. Meyer & Meyer Verlag. Landesamt für Umwelt (2009): Natursport – Gleitschirmfliegen. UmweltWissen.

21 http://www.daec.de/uw/downfiles/verhaltenscodex.pdf

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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4.2.5 Großveranstaltungen Neben den flächenhaft wirksamen Sportarten sind touristische Großveranstaltungen ein weiterer Be-standteil der Nutzung des bayerischen Alpenraums für Sport und Freizeit.

Ski-Weltmeisterschaft 2011

Im Februar 2011 fand in Garmisch-Partenkirchen die Ski-Weltmeisterschaft statt. Für den Ausbau der Skipisten (z.B. Kandahar-Abfahrt) wurden insgesamt - einschließlich der Flächen für den Beschnei-ungssee und Deponien - über 16 Hektar Berg- und Schutzwald gerodet. Dabei wurden Bäume mit bis zu einem Meter Durchmesser gefällt. Diese Rodungen stehen nach Ansicht von Projektgegnern22 im Widerspruch zu den Vorgaben des Bergwaldprotokolls der Alpenkonvention, das insbesondere in Art. 6 den Bergwäldern mit Schutzfunktion eine Vorrangstellung einräumt. Laut Protokoll sind diese „an Ort und Stelle zu erhalten“.

Regulär stattfindende Großveranstaltungen

Tabelle 4 enthält eine Abschätzung der Besucherzahlen der größten regelmäßig stattfindenden Gro-ßereignisse im bayerischen Alpenraum. In der Regel zeichnen sich diese Ereignisse durch eine starke Konzentration der Besucher aus, so dass die ökologischen Auswirkungen abgesehen von dem dadurch induzierten Verkehrsaufkommen weitgehend im Zuge der Veranstaltungsgenehmigung regu-liert sind.

Tabelle 4: Besucherzahlen touristischer Großveranstaltungen im bayerischen Alpenraum

Touristisches Großereignis Besucher Oberstdorf (Vierschanzentournee) 30.000 Garmisch-Partenkirchen (Vierschanzentournee) 25.000 Übersee a. Chiemsee (Chiemsee Reggae Summer) 22.000 Ruhpolding (Biathlon-Weltcup) 18.000 Ofterschwang (Frauen-FIS-Ski-Weltcup) 15.000 Garmisch-Partenkirchen (Männer FIS-Ski-Weltcup, Abfahrt und Slalom) 10.000 – 15.000

22 http://www.nolympia.de/grunde-gegen-olympia-2018/erfahrungen-mit-der-ski-wm-2011/ (Abruf 23.10.2010).

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5 Regelungen zur naturverträglichen Freizeitnutzung im Alpenraum

Grundsätzlich lassen sich die Handlungsansätze in Richtung einer umweltverträglicheren Freizeitaus-übung im bayerischen Alpenraum auf verschiedenen Ebenen verorten:

• Der Makroebene von Politik und Gesellschaft

• Der Mesoebene der Organisationen und Verbände

• Und der Mikroebene des Individuums.

Nach Adomßent (2010, S. 425f) geht es auf der individuellen Ebene um die Entwicklung neuen Wis-sens und neuer Kompetenzen, die die Person zu umweltverträglichem Handeln befähigt. Auf Me-soebene der Institutionen, d.h. der Sport- und anderer Nutzerverbände geht es um die Setzung von Prioritäten und die Optimierung eigener nachhaltigkeitsbezogener Strukturen während auf der gesell-schaftlichen Makroebene der Rahmen in Form von nationalen oder landesweiten Regelungen im Mit-telpunkt steht.

1

Eigene Bearbeitung nach von Haaren & Horlitz 2002.

Abbildung 11: Abgestufte Tourismus- und Naturschutzstrategien in Abhängigkeit der Schutzwürdigkeit

Abbildung 11 veranschaulicht die Notwendigkeit, je nach Schutzwürdigkeit eines Gebietes unter-schiedliche Tourismus- und Naturschutzstrategien zu verfolgen. Konflikte entstehen oft dann, wenn inadäquate Strategien in Bezug auf die Schutzwürdigkeit eines Gebietes seitens des Tourismus oder des Naturschutzes verfolgt werden. Diese können Erschließungen in der Nähe sensibler Gebiete z.B. für Schneeschuhwanderer ohne Besuchermanagementkonzept und –lenkungsmaßnahmen, aber auch strenge Gebietsschutzmaßnahmen in hochfrequentierten Räumen mit gewohnheitsmäßiger Nut-zung sein. Ein Beispiel hierfür ist der Rückbau eines isarnahen Fahrrad-Parcours an der Grünwalder Brücke im Landkreis München.23

23 Vgl. behördliche Stellungnahme unter http://www.landkreis-muenchen.de/startseite/5772.htm und Standpunkte der Nut-zer unter http://www.bike-magazin.de/?p=2224 (Abruf 03.12.2010).

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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5.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen

5.1.1 BNatSchG Das Bundesnaturschutzgesetz legt in §59 als allgemeinen Grundsatz fest, dass das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung allen gestattet ist.

5.1.2 BayNatSchG Das Bayerische Naturschutzgesetz (BayNatSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Feb-ruar 2011) legt ebenfalls in Artikel 26 Abs. 1 das freie Betretungsrecht der Landschaft fest: „Jeder-mann hat das Recht auf den Genuss der Naturschönheiten und auf die Erholung in der freien Natur.“ Einschränkend und unbedingt im Zusammenhang mit dem Betretungsrecht ist allerdings Artikel 26 Abs. 2 zu sehen, der festlegt: „Bei der Ausübung des Rechts nach Abs. 1 ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen. Dabei ist auf die Belange der Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten Rücksicht zu nehmen. Die Rechtsausübung anderer darf nicht verhindert oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden (Gemeinverträglichkeit).“

Das freie Betretungsrecht der Landschaft ist demnach durch die Rücksichtspflicht in dreierlei Hinsicht eingeschränkt:

• Rücksicht gegenüber der Natur und Landschaft,

• Rücksicht gegenüber den Belangen der Grundstückseigentümer,

• Rücksicht gegenüber anderen Nutzergruppen.

Das BayNatSchG Art. 31 sieht die Möglichkeit für untere oder höhere Naturschutzbehörden vor, die Erholung in Teilen der freien Natur u.a. aus Gründen des Naturschutzes zu untersagen oder zu be-schränken.

In Bezug auf Baumaßnahmen im Berggebiet z.B. für den Pistenbetrieb, ist nach BayNatSchG Art. 10, Abs. 2 ab einer Fläche von 10 ha bzw. im Fall von Schutzgebieten ab 5 ha oder falls wesentliche Teile der zu errichtenden Piste über 1800 m ü NN. liegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durch-zuführen.

5.2 Strategien und Konzepte Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung setzt sich unter der Überschrift Umwelt schützen – Natur genießen mit den negativen Begleiterscheinungen von Freizeitaktivitäten in der Natur unter besonderem Hinweis auf die Situation im Hochgebirge und die besondere Problematik von Outdoor-Sportarten auseinander (Bundesregierung 2002:16). Die Bundesregierung ruft die Verantwortlichen in den betroffenen Regionen zum Gegensteuern und zur Entwicklung eines naturverträglichen Tourismus auf. Dabei gehe es nicht darum, Erholung Suchende und Sport Treibende aus der Natur zu verban-nen, sondern Regeln zum Schutz sensibler Lebensräume durchzusetzen (ebd.).

Das Leitbild der bayerischen Biodiversitätsstrategie geht gezielt auf Steuerungsmaßnahmen von Sport- und Freizeitaktivitäten ein: „Die Gesellschaft wird umfassend über die Bedeutung der biologischen Vielfalt und die Notwendigkeit zu ihrem Erhalt informiert sein. Tourismus-, Sport- und Freizeitaktivitä-ten werden naturverträglich geplant, gesteuert und durchgeführt.“ (BayStMUG 2010b, S. 473). Als Handlungsschwerpunkt legt die Strategie fest, dass „...Tourismus, Sport und Erholung [...] angepasst an den Schutz von Natur und Landschaft erfolgen [müssen] (BayStMUG 2010b, S. 476).

Wie in Kap. 2.3.3 bereits dargestellt betont auch das tourismuspolitische Konzept der Bayerischen Staatsregierung die hohe Bedeutung der Ökologie für die touristische Entwicklung Bayerns, der För-

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derung sanfter Mobilität sowie der Vermeidung von Übererschließungen in besonders sensiblen Berei-chen des bayerischen Alpenraums (StMWIVT 2010).

5.3 Das Tourismusprotokoll der Alpenkonvention 1991 unterzeichneten die Umweltminister der Alpenländer die Alpenkonvention, ein völkerrechtlicher Vertrag über den umfassenden Schutz und die nachhaltige Entwicklung der Alpen. In Bayern reicht der Geltungsbereich der Alpenkonvention weit über den geomorphologischen Alpenrand nach Nor-den hinaus. Innerhalb der Alpenkonventionskulisse liegen 275 Gemeinden in zehn Landkreisen sowie die drei kreisfreien Städte Rosenheim, Kempten und Kaufbeuren (Bund Naturschutz e.V. 2004).

Das Protokoll ‚Tourismus‘ der Alpenkonvention hat zum Ziel, „durch einen umweltverträglichen Tou-rismus zu einer nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums beizutragen“. Nur möglichst „landschafts- und umweltschonende Projekte“ sollen gefördert werden. In Gebieten mit starker touristischer Nutzung soll „ein ausgewogenes Verhältnis zwischen intensiven und extensiven Tourismusformen angestrebt“ werden. Besucherströme sollen derart gelenkt werden, dass der Fortbestand der jeweiligen Gebiete gesichert ist. Darüber hinaus haben sich die Vertragsparteien verpflichtet, „Ruhezonen auszuweisen, in denen auf touristische Erschließungen verzichtet wird“. Der motorisierte Verkehr in den touristischen Zentren soll möglichst eingeschränkt werden. Der „Bau, Unterhalt und Betrieb der Skipisten“ soll „möglichst landschaftsschonend und unter Berücksichtigung der natürlichen Kreisläufe sowie der Emp-findlichkeit der Biotope erfolgen“.

Bei der Überprüfung der Umsetzung der Alpenkonvention im deutschen Alpenraum durch einen stan-dardisierten Fragebogen wird eine hohe Wirksamkeit der Maßnahmen angegeben (BMU 2005). Auch die erste europaweite Analyse zur Erhaltung von Lebensräumen und Arten ergab, dass im deutschen Alpenraum 54% der Arten und 60% der Lebensräume einen guten Erhaltungszustand aufweisen (Um-setzung der FFH-Richtlinie im Zeitraum von 2000 bis 2006)24. Im slowenischen, österreichischen und französischen Alpenraum ist dies jedoch nur durchschnittlich bei 20% der Arten der Fall.

5.4 Nutzungsregelung im bayerischen Alpenraum durch den „Alpenplan“

1972 wurde der Alpenplan als landesplanerisches Instrument für eine Steuerung des infrastrukturellen Ausbaus zu Tourismuszwecken im bayerischen Alpenraum beschlossen. Seit 1976 ist er unter der Rubrik „Erholungslandschaft Alpen“ in das Landesentwicklungsprogramm (LEP 2006) übernommen und regelt die Zulässigkeit von Verkehrserschließungen (z.B. Bergbahnen, Lifte, Skiabfahrten, Straßen und Wege). Der Alpenplan unterscheidet drei verschiedene Zonen: In der striktesten Schutzkategorie, der Zone C (43% der Fläche des Alpenplans), sind neue Verkehrserschließungen mit Ausnahme not-wendiger landeskultureller Maßnahmen (z.B. Alm- und Forstwege) unzulässig. Dies entspricht der Forderung der Alpenkonvention nach Ruhezonen ohne touristische Erschließung. In der Zone B sind Verkehrserschließungen nur unter Berücksichtigung eines strengen Maßstabs möglich. In der Zone A ist die Errichtung weiterer Erschließungsanlagen grundsätzlich möglich. Allerdings sind raumbedeut-same Vorhaben auch in der Zone A auf ihre Raum- und Umweltverträglichkeit zu überprüfen.

Prinzipiell hat der Alpenplan damit bereits eine gutachterliche Empfehlung des Sachverständigenrates für Umweltfragen von 2002 vorweggenommen (SRU 2002). Dieser schlägt in seinem Gutachten „Für eine Stärkung und Neuorientierung des Naturschutzes“ eine Differenzierung der Landschaft in drei Zonen mit unterschiedlichen Funktionszuweisungen vor und verfolgt damit ein Konzept der differen-zierten Landnutzung.

24 http://ec.europa.eu/environment/life/themes/animalandplants/features2009/biodiversity.htm (13.08.2010).

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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5.5 Kooperative Entwicklung von Maßnahmen Ein zentraler Bestandteil der kooperativen Entwicklung von Maßnahmen ist die Kommunikation. Diese kann auf unterschiedlichen Kommunikationspfaden erfolgen25.

Während die Pfade der internen Kommunikation, der Aus- und Weiterbildung und der kommerziellen Angebote vor allem für in Verbänden organisierte Sportler bzw. Kunden kommerzieller Angebote von Relevanz sind, ist die Kommunikation über Kommunikationsschleusen die einzige Möglichkeit, nicht-organisierte Individualsportler mit umweltrelevanten Informationen und Hinweisen zu erreichen.

5.5.1 Freiwillige Vereinbarungen

5.5.1.1 Skibergsteigen umweltfreundlich

Das Skitourengehen und Schneeschuhwandern hat in den letzten Jahren stark an Popularität gewon-nen. An Stellen, wo sich häufig begangene Routen mit Lebensräumen für Wildtiere überschneiden, sind Lenkungsmaßnamen notwendig. Mit dem DAV-Projekt „Skibergsteigen umweltfreundlich“, das bereits 1995 ins Leben gerufen wurde, werden Tourengeher durch freiwillig einzuhaltende Lenkungs-maßnahmen um die kritischen Bereiche herum geleitet. Es wird in enger Zusammenarbeit mit der Untersuchung "Wildtiere und Skilauf im Gebirge" des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit bzw. des Bayerischen Landesamtes für Umwelt durchgeführt.

Das DAV-Projekt basiert auf den Ergebnissen der Untersuchung "Wildtiere und Skilauf im Gebirge" des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Es bezog alle betroffenen Behörden und Verbände (Land-ratsämter, Forstbetriebe, Ämter für Landwirtschaft und Forsten, Bergwacht, Bund Naturschutz, Landes-bund für Vogelschutz, Deutscher Skiverband, Landesjagdverband, Bayerischer Bauernverband, Verein zum Schutz der Bergwelt, Naturfreunde etc.) sowie private Grundeigentümer mit ein, um gemeinsam die bestehenden Konflikte zwischen Wildtierschutz und Freizeitnutzung zu lösen. 26

Die Vorgehensweise ist wie folgt:

- Kartierung der üblichen Skirouten durch die örtlich zuständigen DAV-Sektionen, - Erfassung der Wildtier-Lebensräume (primär der Raufußhühner) nach Kern-, Brücken- und

Randgebieten durch einen Wildbiologen, - Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten für kritische Überlagerungsbereiche, - Konkretisierung der Lösungsmöglichkeiten und Festlegung von Routenempfehlungen bei Ex-

kursionen in allen betroffenen Teilgebieten, - Darstellung der Wald/Wildschongebiete in Karten 1:25.000, - Umsetzung der Regelungen und langfristige Gebietsbetreuung durch örtliche Arbeitsgruppen

(z.B. durch naturverträgliche Spuranlage, Informationstafeln, Beschilderung, Auslichtung von Routenabschnitten etc.),

- Erfolgskontrolle, Optimierung der Umsetzung und Steigerung der Akzeptanz, - Information und Öffentlichkeitsarbeit.

Mittlerweile wurden bereits für alle bayerischen Alpenregionen naturverträgliche Ski- und Schnee-schuhrouten erarbeitet. Als letzte Region wird im Winter 2010/2011 das Oberallgäu mit dem Klein-walsertal erfasst. Im Gelände weisen grüne Schilder mit großen Übersichtstafeln den richtigen Weg. Die Wald-Wild-Schongebiete und die entsprechenden Routenempfehlungen werden bis 2012 in die 22 neuen Alpenvereinskarten „Bayerische Alpen“ aufgenommen sein.

25 Vgl. BfN 2010 unter http://www.bfn.de/natursport/info/pdf/051104_Kommunikationspfaden.pdf (Abruf: 28.10.2010).

26 DAV-Seite zum Projekt unter: http://www.alpenverein.de/template_loader.php?tplpage_id=51 (Abruf 24.10.2010).

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Die Akzeptanz ist in vielen Regionen gut. Konfliktzonen gibt es beispielsweise am Brünnstein/Traithen (mdl. Auskunft UNB Lkr. Rosenheim) und im stark frequentierten Rotwandgebiet, wo sich etwa 20 Prozent der Tourengeher und Schneeschuhwanderer nicht an die Routenempfehlungen halten27.

5.5.1.2 DAV-Felsinfo

Das Internetportal DAV-Felsinfo28 des Deutschen Alpenvereins enthält Informationen zum naturver-träglichen Klettern für 28 Kletterregion, 250 Klettergebiete und detaillierte Informationen zu rund 3.000 Einzelfelsen. Während für den Großteil der enthaltenen Felsen keine Einschränkungen gelten, wurden für einige aus Naturschutzgründen räumliche oder zeitliche Einschränkungen in Zusammen-arbeit zwischen Kletterverbänden, Behörden und Naturschutzverbänden entwickelt und umgesetzt (vgl. Anhang 1).

Die Einschränkungen werden in Form einer freiwilligen, vertraglichen Vereinbarung festgesetzt. Falls die Felsen in Schutzgebieten liegen, finden diese kooperativ erarbeiteten Konzeptionen z.T. Eingang in die Verordnungen der jeweiligen Schutzgebiete.

5.5.1.3 Freiwillige Vereinbarungen – das richtige Instrument?

Die Erarbeitung von freiwilligen Vereinbarungen in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Akteuren wird oft als ideale Lösung zur Entschärfung von Nutzungskonflikten angesehen, da das Verständnis füreinander wächst und in der Regel beide Seiten davon profitieren: die Sportler können ihre Interes-sen weiterhin aktiv verfolgen (mit i.d.R. geringen Einschränkungen), die Naturschützer werden häufig von den Sportverbänden aktiv bei Naturschutzmaßnahmen (z.B. Bewachung von Brutvögeln) unter-stützt.

Das Beispiel „Skibergsteigen umweltfreundlich“ kann richtungsweisend sein für die systematische und mit allen Betroffenen abgestimmte Vorgehensweise bei anderen Bergsportarten, wie etwa Mountain-biken29, Klettern, Kajakfahren oder Gleitschirmfliegen. An viel besuchten Brennpunkten, in denen die Akzeptanz der freiwilligen Vereinbarungen schwer zu erreichen ist, könnte geschultes Fachpersonal („Ranger“) eingesetzt werden. Darüber hinaus scheint es sinnvoll, die Einzel-Konzepte zu einem alle Bergsportarten umfassenden Gesamtkonzept zu verbinden, und damit quasi ein „raumplanerisches Bergsportkonzept“ zu erstellen.

Dennoch sind freiwillige Vereinbarungen nicht immer das geeignete Instrument, um Konflikte zu lö-sen. Grundsätzlich können solche Vereinbarungen nur mit Nutzern getroffen werden, die in einer Gruppe organisiert sind und Vertreter benennen sowie mit Verhandlungsvollmachten ausstatten kön-nen. Ist davon auszugehen, dass in einen Verhandlungsprozess sehr viele Gruppen mit sehr unter-schiedlichen Interessen einbezogen werden müssten, besteht die Gefahr, dass das eigentlich zu lö-sende Problem in den Hintergrund gerät und v.a. anderweitige Konflikte zwischen den Gruppen aus-getragen werden. Schwierig wird es auch, wenn die Nutzungs- und Naturschutzansprüche auf einem sehr kleinen Raum zusammentreffen. Auch wenn bestimmte Gebiete aus der Sicht des Naturschutzes einen ganz außerordentlichen Wert haben, kann der Spielraum für Kompromisse enger werden (BfN 2004).

Hinweise zur Erarbeitung von freiwilligen Vereinbarungen gibt der Leitfaden des Bundesamt für Natur-schutz „Freiwillige Vereinbarungen Naturschutz Natursport“ von 2004.

27 Presseartikel in BR-Online vom 23.01.2010: http://www.br-online.de/bayern1/rucksackradio/skibergsteigen-umweltfreundlich-dav-ID1264160783867.xml

28 Vgl. http://www.dav-felsinfo.de/ajaxdav/ (Abruf 08.12.2010).

29 Im Frankenwald liegen bereits Erfahrungen mit der Errichtung eines abgestimmten Netzes an Mountainbikewegen vor, vgl. http://frankenwald.bayern-online.de/die-region/aktiv/sport/mountainbiking/ (Abruf 08.12.2010) und StMWIVT (Jahr unbe-kannt, S.8).

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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5.5.2 Kooperativ entwickelte Formen der Besucherlenkung In Zusammenarbeit mit Nutzergruppen können Formen der Besucherlenkung kooperativ entwickelt werden. Dies beinhaltet z.B. die Zonierung von Schutzgebieten oder die durch entsprechende Infra-strukturen (Wege, Parkplätze, Besucherzentren, Dienstleistungen) gesteuerte räumliche Konzentration von Erholungssuchenden (sog. „Honigtopf“-Strategie). Lenkungsmaßnahmen funktionieren besonders gut im Fall von auf Infrastrukturen angewiesene Sportarten wie Wandern und Mountainbiken. Laut BfN können derartig entwickelte Maßnahmen oft zu „innovativen, umsetzungsorientierten und gut akzeptierten Lösungen“ (BfN, 2009, S.54) führen. Schwieriger sind Besucherlenkungsmaßnahmen bei infrastrukturunabhängig im Gelände auszuübenden Sportarten wie Schneeschuhgehen, Tourenskilauf und allgemein dem Luftsport (vgl. Spittler 2002).

5.5.3 Nutzerinformationen durch Verbände Für diverse alpine Sportarten wurden Informationsmaterialien für die Nutzergruppen erarbeitet, die diese bei der möglichst umweltverträglichen Vorbereitung und Durchführung einer Tour unterstützen (Bsp. Planungshilfe umweltfreundliche Bergtour der DAV-Sektion Friedrichshafen 2010).

5.6 Temporäre Betretungsverbote Temporäre Betretungsverbote werden insbesondere ausgesprochen, um den Schutz von Vogelarten zu gewährleisten, die auf Kiesbänken (z.B. Flussuferläufer, Flussregenpfeifer) oder an Felswänden (z.B. Wanderfalke, Uhu) brüten. In Zusammenarbeit mit Behörden und Naturschutzverbänden erarbeitet der DAV Konzepte zum naturverträglichen Klettern. Dabei wird möglichst kleinräumig geregelt, wo Klettern naturverträglich möglich ist und wo die Grenze überschritten wird. Beispielsweise wird die Falkenwand bei Oberammergau immer von März bis Juli für Kletterer gesperrt, um den Wanderfalken nicht bei der Brut zu stören30.

Für den Erhalt der Kiesbrüter-Lebensräume am Unterlauf des Halblech zu sichern, wurde vereinbart, dass die Kiesbänke im Mündungsdelta und oberhalb der Schluchtstrecke im Zeitraum vom 15.04. bis 15.07. nicht betreten werden dürfen31.

5.7 Integrierte Gesamtkonzepte für den bayerischen Alpen-raum

Wie die vorhergehenden Kapitel zeigen, sind sportgruppenbezogen auf freiwilliger Basis schon geeig-nete Maßnahmen ergriffen worden, um Konflikte insbesondere mit der Tierwelt zu minimieren. Was jedoch fehlt ist die zusammenfassende Betrachtung und Koordination der heute bekannten vielfältigen und sich teils überlagernden Sport- und Freizeitaktivitäten, die auf Arten und Lebensräume in der Summe eine andere Störwirkung entfalten als eine für sich alleine betrachtete Einzelnutzung der Land-schaft. Zu dieser Betrachtung gehört auch die wegbereitende Infrastruktur, die zur Verbesserung der Sport- und Erholungsmöglichkeiten von touristisch orientierten Gemeinden bereitgestellt wird. Ohne diese Zusammenschau wird ein wirksamer Schutz von Lebens- und Ruheräumen trotz der vorhande-nen freiwilligen, gesetzlichen und ordnungsrechtlichen Instrumentarien in der Fläche nicht im mögli-chen Umfang erreichbar sein.

Für den bayerischen Alpenraum gibt es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, derzeit keine verant-wortlichen Stellen oder Einrichtungen, die eine gesamträumliche Bewertung und eine koordinierende

30 Informationen zu allen Regelungen unter: http://www.dav-felsinfo.de und http://www.kanu-bayern.de/freizeitsport/gewaesserinfo/bfr.

31 Schutzkonzept für Kiesbrüter am Halblech unter http://www.alpine-space.org/uploads/media/LSN_report_Halblech_protection_concept_DE.pdf

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Funktion zur Lösung der Probleme übernehmen könnten (LfU 2006a). Integrierte Gesamtkonzepte, wie in der Gemeinde Bad Hindelang oder im grenzübergreifenden Naturpark Nagelfluhkette, schei-nen jedoch vielversprechend, um gemeinschaftlich gute Lösungen für eine ausgewogene Entwicklung zwischen Naturschutz und Freizeitnutzung erzielen zu können.

5.7.1 Das Pilotprojekt in Bad Hindelang Das Pilotprojekt „Naturverträgliche Steuerung raumwirksamer Freizeitaktivitäten im Gemeindegebiet Bad Hindelang32“ wurde vom Bayerischen Landesamt für Umwelt initiiert und durchgeführt. Aktiv mit-gewirkt haben die Gemeinde, der DAV, die Jäger, Förster und Grundbesitzer. Es beinhaltet die Dar-stellung und Realisierung eines Zonenkonzeptes mit abgestuften Nutzungsintensitäten im gesamten Gemeindegebiet.

Folgende Arbeitsschritte wurden durchgeführt:

- Erhebung der Freizeitinfrastruktur (z.B. Bahnen, Wanderwege, MTB-Routen etc.) - Recherche der durchgeführten Freizeitaktivitäten (Befragung von Veranstaltern und Gebiets-

kennern, sowie Auswertung von Veranstaltungskalendern) - Erhebung des naturräumlichen Potentials (ABK, ASK, Wildeinstandsgebiete, Sonderstandorte

Pflanzen, Schutzgebiete) - Abstimmung am „Runden Tisch“ mit allen, die als Grundbesitzer oder Nutzer von Flächen im

Gemeindegebiet auftreten - Erstellung eines Zonierungskonzeptes: Ermittlung von insgesamt 30 „wünschenswerten Ruhe-

zonen Sommer“ (auf 34% der Gemeindefläche) sowie 28 „wünschenswerten Ruhezonen Win-ter“ (auf 27% der Gemeindefläche). Zusätzlich wurden „gering bis nicht erschlossene Räume“ ermittelt, die mindestens 200 Meter Abstand zu Infrastruktur und raumgebundener Freizeitnut-zung haben, also einen geringen Zerschneidungsgrad aufweisen.

- Ermittlung des Handlungsbedarfs durch Verschneidung der Freizeitaktivitäten mit den wün-schenswerten Ruhezonen. Das Zonierungskonzept gibt auch eine planerische Entscheidungs-hilfe für vorgesehene Infrastrukturmaßnahmen oder Großveranstaltungen.

5.7.2 Naturpark Nagelfluhkette Der grenzüberschreitende „Naturpark Nagelfluhkette“, der im Mai 2008 gegründet wurde, umfasst sechs bayerische und acht Vorarlberger Gemeinden (Gesamtfläche 401 km², ca. 38.000 Einwohner). Die acht Gemeinden auf österreichischer Seite steuern jeweils ihre gesamte Fläche zum Naturpark bei, unter den bayerischen Gemeinden ist dies nur bei Balderschwang der Fall. Neben der Landwirt-schaft (ca. 400 Haupterwerbsbetriebe) ist der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle in der Region (ca. 20.150 Gästebetten).

Das Naturpark-Management übernimmt mit seiner Geschäftsführung eine zentrale Funktion bei der Koordination der Gemeinde- und länderübergreifenden Zusammenarbeit in der Region. Die Ge-meinden stellen ihre Region auf einer Webseite gemeinsam vor. Tourismusverbände und Wanderfüh-rer werden zum Thema Naturpark geschult. Für bestimmte Themenbereiche wie „Moore“, „Alpwirt-schaft“, „Energie“ oder „Tourismus“ wurden in der Region Arbeitsgruppen gebildet. Im Rahmen des INTERREG-IV-A Projektes „Nachhaltiger Tourismus im Naturpark Nagelfluhkette“ entwickeln die Na-turpark-Gemeinden gemeinsam touristische Qualitätsprodukte. Dazu gehören z.B. ein Naturpark-Premiumweg und das Netzwerk „Natürlich Genießen“. Zudem wird gemeindeübergreifend ein Besu-cherlenkungs- und Informationskonzept im Zusammenwirken mit der Vorarlberger Informationskam-pagne „Respektiere deine Grenzen“ erarbeitet, das fachlich fundierte Empfehlungen und Appelle ab-geben, aber keine Verbote aussprechen soll.

32 Information zum Bad Hingelanger Projekt „Naturverträgliche Steuerung raumwirksamer Freizeitaktivitäten“ unter LfU2006b, S. 47ff.

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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6 Arbeitstagung Zur Vorbereitung der Arbeitstagung „ Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum“ wurden aufbauend auf Literaturrecherchen und aktuellen Fragestellungen Themenkreise definiert, die die Rahmenbedingungen einer naturverträglichen Sport- und Erholungs-nutzung im bayerischen Alpenraum synoptisch zusammenfassen.

Zur Ermittlung dieser Perspektiven wurden folgende Themenkreise mit ihren Querbezügen ausge-wählt:

• Die Bedeutung des bayerischen Alpenraums für Sport- und Erholungsnutzung,

• Störungs- und Schädigungspotenzial von Sport- und Erholungsnutzung,

• Ausgewählte Handlungsansätze für regionale und lokale Akteure,

• Kommunikation und Nutzeransprüche.

Zu jedem Themenkreis wurden neben der Erläuterung des inhaltlichen Zusammenhangs in Abstim-mung mit dem LfU zugespitzte Thesen formuliert, die wichtige Aspekte des Themenkreises verkürzt zusammenfassen. Diese Thesen wurden im Zuge der Arbeitstagung von den Teilnehmern diskutiert. Angesprochen, aber nicht vertieft, wurde die Rolle der Land- und Forstwirtschaft als Träger und we-sentlicher Gestalter der bayerischen alpinen Landschaft.

Organisation Die Arbeitstagung fand am 29.11.2010 von 10-17 Uhr in den Räumlichkeiten des LfU in der Laza-rettstraße in München statt. Insgesamt nahmen 31 Experten aus Naturschutz, Tourismus und Regio-nalplanung an der Arbeitstagung teil.

Im Folgenden werden die Themenkreise mit ihren Thesen und möglichen Instrumenten vorgestellt. Wichtige Argumente und Thesen der Diskussion werden in Mindmaps strukturiert und die Diskussi-onsbeiträge synoptisch zusammengefasst.

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6.1 Themenkreis 1: Die Bedeutung des bayerischen Alpen-raums für Sport- und Erholungsnutzung

Hintergrund

Mit knapp 6 Millionen Übernachtungen und einer hohen Zahl von Tagestouristen stellen die bayeri-schen Alpen eine essentielle Grundlage für die ganzjährige Sport- und Erholungsnutzung dar. Gleich-zeitig weisen sie aufgrund unterschiedlicher geologischer, reliefbedingter, klimatischer und kulturbe-zogener Faktoren die reichste und großflächigste Naturausstattung Bayerns auf. Diese „Geschäfts-grundlage“ für Natur und Landschaft sowie Sport und Erholung gilt es in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Grundlagen zur freien Betretbarkeit der Landschaft, der Bewahrung ihres Erholungswertes und der Artenvielfalt zu erhalten. Dabei ist mit der Natur pfleglich umzugehen. Daraus ergibt sich eine große Verantwortung nicht nur der sportlich oder touristisch motivierten Akteure (Kommunen, Touris-musbetriebe, Bergbahnen, Sportverbände etc.). sondern prioritär und unverzichtbar der Forst-, Land- und Alm- bzw. Alpwirtschaft als wesentliche Gestalter der bayerischen Kulturlandschaft im Alpenraum.

Ungeachtet ihrer Bedeutung ist auch die bayerische Alpenlandschaft mit ihrer vergleichsweise gemä-ßigten Höhenausdehnung immer neuen Herausforderungen ausgesetzt. Triebkräfte dieser Herausfor-derungen sind u.a. das globale Phänomen des Klimawandels, der Strukturwandel und die förderpoli-tischen Rahmenbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft, der Strukturwandel in der Freizeitindust-rie sowie ein weiterhin zunehmendes Freizeitbedürfnis von Einheimischen, Tagesausflüglern und der in- und ausländischen Touristen. Dabei stellt die Ausdifferenzierung, Individualisierung, Technisierung und zahlenmäßige Intensivierung der Freizeitnutzungen die bisher angewandten Steuerungsinstrumen-te (Lenkungsmaßnahmen, Schutzgebiete, Öffentlichkeitsarbeit, Multiplikatoren) im bayerischen Alpen-raum vor neue Aufgaben.

Bedingt durch den hohen Tagestourismusanteil im bayerischen Alpenraum, insbesondere in der euro-päischen Metropolregion München, ist die regionale Wertschöpfung durch Freizeit und Erholung zwangsläufig geringer als es in ausgeprägten Mehrtagesdestinationen der benachbarten Alpenländer der Fall ist.

Foto: S. Lange

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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6.1.1 These: Stärken im ganzjährigen Wander- und Gesundheitstouris-mus

Die wesentlichen touristischen Stärken des bayerischen Alpenraums liegen, insbesondere auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels in der deutschen Bevölkerung und des geringen Hochgebirgsanteils, weniger beim winterlichen Pistenbetrieb als bei den ganzjährig möglichen For-men der Wander-, Touren- und Gesundheitsaktivitäten sowie der sonstigen sportlichen Betätigungen.

Potenzielle Instrumente: Förderschwerpunkt auf Stärkung des Wander-, Gesundheits- und Wellness-Sektors / Entwicklung anspruchsvoller Angebote für die Themen Naturerleben und Gesundheit.

Die Teilnehmer stimmten der These grundsätzlich zu, betonten aber die Notwendigkeit, sie regional zu differenzieren und auch die Nutzergruppen differenziert zu betrachten. Es sei zu vermuten, dass die These von einem Großteil der jüngeren Nutzergruppen anders gesehen würde.

Auch im Winter sei die wichtigste Aktivität der Gäste das Wandern. Daneben habe allerdings der Pistenbetrieb weiterhin seine Bedeutung, insbesondere im Tagestourismus, was z.T. zu Konflikten mit Mehrtagesgästen führe (Verkehrsbelastung). Eine Erweiterung von Skigebieten wird abgelehnt, aller-dings wird von Teilnehmern betont, dass ein qualitativer Ausbau zu tolerieren sei, um gegenüber der ausländischen Konkurrenz bestehen zu können. Im Vergleich zu den Winter- seien die Sommeraktivi-täten besser zu lenken, da sie stärker an das Wegenetz gebunden sind, während sich vor allem Ski-touren- und Schneeschuhgeher frei im Gelände bewegen.

Die Instrumente zur Stärkung des ganzjährigen Wander- und Gesundheitstourismus sehen die Work-shop-Experten in der Angebotsentwicklung, dem Marketing und der Schaffung von Strukturen. Dabei spielt die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure vor Ort, das Zusammenspannen strategischer Partner und die Betreuung durch ein lokal verankertes Regionalmanagement eine wichtige Rolle. Im Rahmen dieser Vernetzung kann z.B. auf Landkreisebene geklärt werden, welche Form von Tourismus verfolgt wird, welche Entwicklungen zugelassen und welche Investitionen getätigt werden. Die aktuelle Förderpraxis für Investitionen in Skigebiete wurde hinterfragt.

Auch bzw. gerade für naturnahe Formen des Tourismus sei es notwendig, qualitativ hochwertige Al-ternativangebote für die Themenfelder Kultur33/Natur/Gesundheit/Kulinarik zu entwickeln. Es wurde diskutiert, inwieweit das touristische Potenzial von Natur-/Kulturangeboten realistisch eingeschätzt wird. Während einige wesentlich höhere Potenziale in den Themenfeldern Fun/Sport verorten, sehen andere die Medienberichterstattung über die Alpen als Ausdruck eines großen Interesses an Natur und Kultur. In jedem Falle sei ein zeitgemäßes Marketing naturnaher Angebote von Bedeutung.

33 Beispiele: Historische Anlagen, Klöster, Rad- und Wanderweg von Baum zu Baum.

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Darüber hinaus können Informationszentren eine wichtige Rolle bei der u.a. auch sportartenspezifi-schen Information, Sensibilisierung und Lenkung der Gäste spielen. Dabei sei jedoch darauf zu ach-ten, dass nicht daraus selbst wieder problematische Eingriffe entstehen.

6.1.2 These: Quantitativ gute Ausstattung im bayerischen Alpenraum Gemessen an der Nutzungsintensität ist der bayerische Alpenraum bereits jetzt ein hochattraktiver Erholungsraum und bedarf daher außerhalb der bereits vorhandenen baulichen Infrastruktur keiner grundsätzlich neuen Einrichtungen.

Potenzielles Instrument: Qualitativer Ausbau gekoppelt an vorhandene Infrastruktur.

Der These wird grundsätzlich zugestimmt, wobei oftmals noch eine Doppelstrategie zwischen weiterem Ausbau und der Entwicklung naturnaher Angebote beobachtet wird. Für die bestehenden Anlagen spreche, dass sie ein hohes Bindungsvermögen für die Erholungssuchenden aufwiesen und es Ziel-gruppen gebe, für die das Angebot der bayerischen Skigebiete (vergleichsweise kurze Anfahrt, günsti-ge Tageskarten, entspanntes Skifahren) sehr attraktiv sei. In quantitativer Hinsicht könnten sie aller-dings nicht mit den ausländischen alpinen Gebieten konkurrieren. Teilweise seien die Anlagen an den “touristischen Zeitgeist” anzupassen, andererseits wurde betont, dass auch die Modernisierung beste-hender Anlagen und die damit verbundenen Kapazitätserweiterungen eine quantitative Dimension aufweise.

Als Alternative zum quantitativen Ausbau stellt sich für die Teilnehmer die Frage, wie die notwendigen Qualitätsverbesserungen im naturnahen Tourismus zu erreichen und wie dieser Perspektivwechsel zu finanzieren sei. Hinsichtlich der steigenden Anzahl von Individualsportlern erscheint der Vorschlag interessant, punktuell einen Rückbau von Infrastruktur zu diskutieren, um den Erholungssuchenden ein stärkeres Naturerlebnis zu ermöglichen.

Als geeignete Instrumente werden auf gesamträumlicher Ebene die Notwendigkeit eines touristischen Gesamtkonzepts Bayerischer Alpenraum und ein restriktiverer Umgang mit der Zone C der Erholungs-landschaft Alpen genannt. Statt über Abwehrmechanismen sollte über die Entwicklung attraktiver na-turnaher Angebote eine Alternative zum quantitativen Ausbau aufgezeigt werden. Die Eigenverantwor-tung der lokalen Bevölkerung für “ihren” Raum sei zu stärken.

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6.1.3 These: Alpenlandschaft kostet Der Rückzug der Land- und Forstwirtschaft aus den Ungunstlagen sowie eine Intensivierung in den Gunstlagen führen zu einer Verarmung der Kulturlandschaft im Alpenraum und damit zu einer Ver-schlechterung der „Geschäftsgrundlage“ für die Freizeitnutzung. Die attraktive Landschaft kann nur dann erhalten werden, wenn die Akteure der Sport und Erholungsnutzung die Multifunktionalität einer angepassten Bergland- und Forstwirtschaft finanziell honorieren.

Potenzielles Instrument: Ausgleichszahlungen des Tourismus an extensiv wirtschaftende Land- und Forstwirte, Modulation im Rahmen der EU-Agrarpolitik.

Der These wird von Teilnehmerseite grundsätzlich zugestimmt. Die Rahmenbedingungen denkbarer Transfers waren jedoch Gegenstand der Diskussion.

Für was ist Förderung gerechtfertigt Die Teilnehmer plädierten stark für fachliche Leitlinien derartiger Transferzahlungen und eine Einbin-dung in einen räumlichen Gesamtkontext und in ein überregionales Leitbild. Ein Mitteltransfer sei nur im Gegenzug für tatsächliche landschaftspflegerische und ökologische Leistungen zu rechtfertigen. Kritisch gesehen wird die fortgesetzte staatliche Förderung anlagengebundener touristischer Infrastruk-turen wie Skipisten oder Funparks.

Finanzierung durch Tourismus Eine Einbindung des Tourismus als Nutznießer der Alm-/Alpwirtschaft ist aus Teilnehmersicht grund-sätzlich wünschenswert und wichtig, nicht zuletzt als Ausdruck einer gegenseitigen Anerkennung. Die Umsetzbarkeit gestalte sich allerdings schwierig: Es stelle sich die Frage, welche touristischen Akteure in welcher Form zu beteiligen seien und ob der Tourismus auf freiwilliger Basis einzubinden ist.

Wer erhält Förderung Eine pauschale Subventionierung führt aus Teilnehmersicht nicht zum Ziel. Vielmehr sei eine Analyse der finanziellen Defizite in der Landschaftspflege notwendig, auf deren Grundlage die Förderung auf den unterschiedlichen räumlichen Ebenen auszugestalten sei.

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Nicht nur finanzielle Perspektive Aus Teilnehmersicht greift eine rein finanzielle Perspektive der Landschaftsentwicklung jedoch zu kurz. Neben der Finanzierung seien auch innovative Ansätze zur zukünftigen Landschaftspflege unter geän-derten Rahmenbedingungen notwendig. Eine stärker partizipative Diskussion innerhalb der unter-schiedlichen Landnutzungen, welches Leitbild für den bayerischen Alpenraum angestrebt wird, sei zudem unerlässlich und erhöhe die Identifikation mit zukünftigen Entwicklungen. Der Tourismus sei in derartige Diskussionen momentan noch ungenügend eingebunden.

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6.2 Themenkreis 2 Störungs- und Schädigungspotenzial von Sport- und Erholungsnutzung

Hintergrund

Im Spannungsfeld zwischen hoher Attraktivität für Sport und Erholungsnutzung einerseits und hoher naturschutzbezogener Bedeutung andererseits, besteht eine permanente Diskussion um mögliche Störungen und Schädigungen von Natur und Landschaft. Es ist in diesem Themenkreis auch die Rela-tion des Störungs- und Schädigungspotenzials im Vergleich zu Flächennutzungen, insbesondere der Land- und Forstwirtschaft zu würdigen, ohne dabei vorhandene oder potenzielle Naturschutzkonflikte durch Sport und Erholungsnutzung zu verharmlosen.

Foto: K. Lintzmeyer

6.2.1 These: Fest im Griff - Standortgebundene Einrichtungen Das direkte Störungs- und Schädigungspotenzial der größeren, standortgebundenen Sport- und Erho-lungseinrichtungen (z.B. Seilbahnen, Skipisten, Hütten) kann über die vorhandenen ordnungsrechtli-chen und planerischen Instrumente und freiwillige Maßnahmen (z. B. Öko-Auditing in Skigebieten) erfasst und bewältigt werden.

Potenzielles Instrument: Kein neues Instrument, eher Einigung darauf, dass vorhandene Instrumente ausreichen und konsequent anzuwenden sind.

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Die Mehrzahl der Teilnehmer konnte der These auf Basis des ordnungsrechtlichen Rahmens und der existierenden Instrumente zustimmen. Umweltrelevante Aspekte wie Lärm oder Wasserentnahme seien ausreichend geregelt, allerdings bestünden Mängel im Vollzug.

Defizite Defizite seien einerseits auf den Personalmangel im amtlichen Naturschutz, andererseits auf den poli-tischen Einfluss zurückzuführen, der sich z.T. auf die Genehmigungs- und Kontrollinstanzen im amtli-chen Naturschutz auswirkt. Die Stringenz, mit der der ordnungsrechtliche Rahmen umgesetzt würde, variiere entsprechend von Fall zu Fall. Daher sei eine konsequente Anwendung der Eingriffsregelung, insbesondere des artenschutzrechtlichen Ausgleichs notwendig.

Im Zuge sich ändernder Zielgruppenansprüche und Qualitätsstandards sei es wichtig, die Regularien an die aktuellen Entwicklungen anzupassen.

Akteure und Instrumente Als Hauptansprechpartner einer stärkeren Um-weltverträglichkeit standortgebundener Einrich-tungen sehen die Teilnehmer die Gemeinden, Behörden und die Betreiber. Die Gemeinden seien dabei in einer Schlüsselposition. Momen-tan liege auf lokaler Ebene allerdings im Zuge der Klimawandeldiskussion der Fokus auf der Sicherung von Nächtigungszahlen durch künst-liche Beschneiung. Zu befürchten sei daher ein Wettrüsten der Infrastruktur im Zuge der Kli-mawandelanpassung. Andere Teilnehmer plä-dierten dafür, die aktuellen Entwicklungen (künstliche Beschneiung, Skianlagen etc.) zu akzeptieren, da die damit ursprünglich verbundenen Befürchtungen nicht eingetreten seien. Auf Betreiberseite könnten finanzielle Anreize (Subventionen) zu einer Ökologisierung der Anlagen beitragen.

Die Teilnehmer plädieren allgemein für eine breitere, an Werten orientierten Diskussion mit langfristi-ger Perspektive. Diese könne allerdings nicht vom Naturschutz alleine geführt werden, sondern müsse in Form von Runden Tischen zwischen Gemeinden, Naturschutz, Tourismus und der Bevölkerung ge-führt werden. Es gehe darum, weitere Partner für diese Diskussion zu gewinnen, darunter auch die einheimische Bevölkerung. Dazu müsse der Naturschutz stärker mit dem Heimatbegriff verbunden werden; das Beispiel des Edelweißschutzes durch die Bergwacht im Oberallgäu34 oder der ablehnen-

34 Während der Blütezeit Naturschutzposten an der Höfats und dem Laufbacher Eck.

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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de Volksentscheid35 in Halblech zum Bauvorhaben einer Ganzjahresrodelbahn auf Schienen und Stel-zen („Alpine Coaster“) zeige, wie Einheimische sich für Naturschutzbelange begeistern lassen.

6.2.2 These: Die „Problem-Abenteuerer“ Wildtiere gewöhnen sich an zeitlich und örtlich kalkulierbare Störungen (z.B. Wanderer auf Wegen, Besucher an Aussichtspunkten, Beginn oder Ende vom Liftbetrieb). Schwer erfassbar und nicht mehr kompensierbar sind jedoch die raumzeitlich unkalkulierbaren Störungen von Wildtieren, die durch einzelne Personen oder Personengruppen im Gelände verursacht werden.

Potenzielles Instrument: Ausweisung und Kommunikation von geeigneten Lebensräumen als Ruhe- und Schongebiete wie beispielsweise beim Projekt “Wildtiere und Skilauf im Gebirge“ bzw. „Skiberg-steigen umweltfreundlich“ zusammen mit Ortskennern.

Störungsbegriff Die These, dass sich die Wildtiere an zeitlich und örtlich kalkulierbare Störungen gewöhnen, wurde von Teilnehmerseite bestätigt. Etwas differenzierter sei das Störungspotenzial zu betrachten, das vom Einzelnen ausgeht. Oftmals sei die Störungsempfindlichkeit von Arten nicht ausreichend genau quan-tifiziert, so dass nach dem Vorsorgeprinzip akustische Störungen oder Annäherungen weitgehend zu minimieren seien.

Problemfelder Die Akzeptanz von Maßnahmen auf freiwilliger Grundlage wie z.B. die Entflechtung von Skitouren und Schongebieten ist aus Sicht der Teilnehmer noch unzureichend. Zunehmend sei eine tageszeitliche Ausdehnung und Erhöhung der Nutzungsdichte – nicht zuletzt aufgrund des engen Wegenetzes – zu beobachten, die lenkende Eingriffe erforderlich machen. Es fehle das Problembewusstsein bei den Nutzern. Der Naturschutz habe Schwierigkeiten, mit seinen Inhalten die relevanten Zielgruppen zu erreichen.

Allerdings wurde von Teilnehmerseite betont, dass die von individuellen Erholungssuchenden ausge-henden Störungen immer in Relation zu Störungswirkungen anderer Landnutzungen zu sehen seien. Akkumulatorische Effekte würden oft vernachlässigt und die freizeitbedingte Störwirkung gegenüber den Störungen durch Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd stark überschätzt.

35 66,7% der Wähler sprachen sich gegen das Vorhaben am Buchenberg aus (vgl. http://www.br-online.de/bayerisches-fernsehen/rundschau/natur-tourismus-allgaeu-ID1290959390014.xml, Abruf 30.11.2010).

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Ansätze Insbesondere durch die Einschaltung der Medien versprechen sich die Teilnehmer eine Verringerung der Störwirkungen der Individualsportler. Hintergründe und Hinweise auf Lenkungserfordernisse seien über alle Medienkanäle (insbesondere auch neue Medien) in den touristischen Mainstream einzuspei-sen. Positiv wirke sich bei Kampagnen die Unterstützung durch Prominente/Sportler aus, wie das Bei-spiel Skibergsteigen umweltfreundlich und dessen Unterstützung durch den Extrembergsteiger Hans Kammerlander zeige. Es gebe bereits gelungene Ansätze wie beispielsweise das Projekt pandAction Snowdays36 des WWF in der Schweiz, wie Nutzergruppen spezifisch angesprochen werden können. Weitere positive Beispiele sind Gebietsbetreuungen wie die Isar-Ranger, die durch die persönliche Vermittlung für eine höhere Akzeptanz von Naturschutzaspekten sorgen.

Zur Reduzierung der akkumulatorischen Effekte schlagen die Teilnehmer Einschränkungen der jagdli-chen Nutzung in touristisch besonders intensiv genutzten Gebieten vor.

6.2.3 These: Problemursache Erschließung sensibler Räume Vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Fragmentierung durch intensive Landnutzung, Siedlung und Verkehr ist die Erreichbarkeit von Gebieten mit schutzbedürftigen Tier- und Pflanzenarten durch gebaute Infrastruktur (Hütten, Wege, Parkplätze, etc.) bzw. durch saisonale Maßnahmen (Loipen, Schneeräumung, Veranstaltungen) eine der Grundursachen für die von Sport und Erholung im bayeri-schen Alpenraum ausgehenden Probleme. (abgesehen von standortgebundenen Sport- und Erho-lungseinrichtungen, s. These1).

Potenzielles Instrument: Festlegung und Berücksichtigung sensibler Räume als Grundlage für Ent-scheidungen zur räumlichen und zeitlichen Einrichtung/Öffnung von Infrastrukturen mit Verbänden und Kommunen

Die These wurde von den Teilnehmern bestätigt.

36 Dieses mittlerweile abgeschlossene Projekt setzte sich die zielgruppengerechte Kommunikation von Naturschutzinhalten in Kombination mit Sicherheitshinweisen und attraktiven Tourentipps für snowboardfahrende Tourengänger zum Ziel (vgl. http://pandaction.wwf.ch/de/kontakt2/archiv/pandaction_snowdays/, Abruf 09.12.2010). Die Projektidee wird vom Schweizer Alpen-Club (SAC) im Rahmen der Jugendarbeit weitergeführt.

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Problematik Die bayerischen Alpen werden zunehmend besser erschlossen. Dies betrifft sowohl die Anfahrt als auch die Erreichbarkeit innerhalb des Gebiets z.B. durch Parkplätze und Forstwegebau. Dies hat zur Folge, dass das „Erlebnis Alpen“, also das Erlebnis weitgehend unbeeinflusster Naturräume immer weiter in die Kerngebiete und damit in immer sensiblere Räume verlagert werde. Ein positives Beispiel sei das Ammergebirge, in dem durch lange Anmarschwege die Belastung sensibler Gebiete niedrig gehalten wird.

Lenkungsansätzen entgegen steht aus Teilnehmersicht, dass viele Naturliebhaber auf der Suche nach Naturerlebnissen sich nicht über Kanäle oder Attraktionen lenken ließen, sondern von diesen vielmehr abgeschreckt und in andere Teilräume verdrängt würden. In dieser Hinsicht wurde angeregt, punktuell über den Rückbau bzw. die Auflassung von Infrastrukturen nachzudenken, um die „Wildnisqualität“ des bayerischen Alpenraums für Individualisten wieder aufzuwerten.

Auf konzeptioneller Ebene fehle ein regionales Gesamtkonzept und ein gemeinsames Leitbild, wie mit der Erschließung sensibler Räume umzugehen ist.

Ansätze Aus Sicht der Teilnehmer stehen mehrere Ansätze zur Verfügung. Die Erarbeitung von Fachgrundla-gen und die Erfolgskontrolle von Maßnahmen einerseits, andererseits aber auch der Einbezug der Nutzer in partizipative Prozesse. Natura2000-Gebiete könnten als Ausgangspunkte für eine Lenkung von Erholungsinfrastrukturen genutzt werden.

Die nicht genehmigungspflichtige Erschließung liegt im Zuständigkeitsbereich der Kommunen, wes-wegen die Teilnehmer auf die regionale bzw. lokale Verantwortung für die Erschließungsintensität sensibler Räume hinweisen.

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6.3 Themenkreis 3 Ausgewählte Handlungsansätze für regio-nale und lokale Akteure

Hintergrund

Neben Einzelpersonen und Personengruppen ist es von Bedeutung, auf private und öffentliche Akteu-re Einfluss zu nehmen, die mit ihren Entwicklungsideen und der Festlegung von Landnutzungen zwangsläufig Einfluss auf Natur und Landschaft ausüben.

Von Bedeutung ist dabei die räumliche Planung auf landesweiter, regionaler und lokaler Ebene. An-gesichts der immer vielfältigeren Formen von Sport und Erholungsnutzungsaktivitäten und diesen ge-genüber stehenden Anforderungen des Umweltrechts (z.B. Gebietsschutz, Artenschutz) stellt sich die Frage, ob diese Belange nicht besser in einer eigenen Fachplanung zusammengefasst werden sollten.

Foto: R. Eberhardt

6.3.1 These: Honigtopf als Entlastungsventil Ein verträgliches Miteinander von Naturschutz und Freizeitnutzung ist dann zu erreichen, wenn auf der einen Seite “Honigtöpfe“ (gut erreichbare, attraktive Sport- und Erholungseinrichtungen) angeboten werden, während auf der anderen Seite andere Gebiete wirkungsvoll und nachprüfbar entlastet wer-den (keine Infrastruktur, möglichst wenig Störwirkung für Wildtiere). Als Teil einer Fachplanung Sport und Erholung im bayerischen Alpenraum könnten z.B. Standorte für Einrichtungen der Freizeitindustrie vorgesehen werden.

Potenzielles Instrument: Entwicklung und gezielte Förderung von regionalen Zonierungskonzepten, Positivplanung für konzentrierte Einrichtungen, Informationsstellen in Schutzgebieten.

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Das Honigtopf-Konzept wurde von den Teilnehmern aus Sicht des Naturschutzes, aber auch aus der Nutzerperspektive sehr skeptisch beurteilt.

Schwachstellen des Instruments Aufgrund des regionalen und kommunalen Konkurrenzdenkens sehen die Teilnehmer erhebliche Schwierigkeiten einer auf überlokaler Ebene koordinierten Einrichtung von Honigtöpfen. Es bestehe die Gefahr, dass die Entwicklung von Honigtöpfen Gelder abzögen, die anderweitig für die Entwick-lung naturnaher Angebote notwendig seien.

Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob es durch die Einrichtung von massierten Anlagen zu einer Ent-lastung an anderer Stelle kommt - Untersuchungen dazu fehlten meist - oder ob diese lediglich zu einer weiteren Zusatzbelastung führen. Es stelle sich somit die Frage, wie eine entsprechende Entlas-tung zu überprüfen und verifizieren sei.

Es wurde betont, dass auch bereits vorbelastete Gebiete Empfindlichkeitsschwellen aufweisen und ökologische Funktionen (z.B. Trittsteinfunktion) erfüllen, die nicht weiter beeinträchtigt werden dürften. Die Gesamtkapazität der Nutzer in sensiblen Räumen dürfe durch die Etablierung von Honigtöpfen nicht gesteigert werden. Vor einer „Möblierung“ der Alpen im Zuge der Einrichtung von Honigtöpfen wurde gewarnt. Diese sollten bevorzugt im Talraum errichtet werden.

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Die Teilnehmer betonten, dass für viele Erholungssuchende Honigtöpfe ohnehin nicht befriedigend seien. Das Konzept spreche eher Event- als Individualtouristen an.

Ansätze Die Teilnehmer betrachten es als besonders wichtig, die Einrichtung von Honigtöpfen in ein überloka-les Gesamtkonzept einzubetten. Auf welcher räumlichen Ebene dies allerdings zu erstellen sei, wurde nicht abschließend geklärt. Es wurde vorgeschlagen, hierbei vom gesamten bayerischen Alpenraum im Sinne der Erholungslandschaft Alpen des LEP über die Landkreise bis hin zu Teilräumen hierar-chisch abzuschichten. Neben einem Gesamtkonzept seien regionale Differenzierungen notwendig, die auf untergeordneter Ebene zu leisten seien.

Ein Beispiel für eine mögliche räumliche Steuerung sei die Entwicklung von Alleinstellungsmerkmalen (Tourismusprofile) für alle Gemeinden, wie beispielsweise im Naturpark Nagelfluhkette. Zentral sei die Einbindung der Gemeindevertreter, da aus Sicht der Teilnehmer die Kommunen und nicht die Tou-rismusverbände die touristische Richtung vorgeben.

Anknüpfend daran ist es aus Teilnehmersicht wichtig, Honigtöpfe an Kriterien zu knüpfen und die Belastungs- bzw. Entlastungswirkung fortlaufend zu beobachten. Der Fokus sei dabei auf eine gezielte Entlastung in der Fläche zu legen. Wiederum plädierten sie für eine regionale Differenzierung mit Schwerpunkten, um die breite Einrichtung relativ gleichförmiger Anlagen zu verhindern.

Eine staatliche Förderung von Honigtöpfen sollte zwingend konzeptionell gesteuert werden in Rich-tung einer Auswahl und Gestaltung von Honigtöpfen unter Nachhaltigkeitskriterien. Ein Beitrag regte an, derartige Projekte kurzerhand dem freien Markt zu überlassen, d.h. nicht zu subventionieren und damit nur solche mit dauerhaft tragfähigem Konzept zu realisieren. Dies wiederum stieß auf Wider-stand, da dadurch ökologische Kriterien ausgehebelt würden.

Als Erfolgsfaktoren für eine regionale Koordination betrachten die Teilnehmer ein starkes Regional-management und eine vergleichbare Problemkonstellation der Gemeinden, die zu koordinierten Ziel-setzungen beitrügen.

6.3.2 These: Fachplanung Sport und Erholung Die Anpassungsmaßnahmen des Tourismus an die geänderten Nachfragestrukturen und die Unsi-cherheiten des Klimawandels erzeugen einen neuen Erschließungs- und Nutzungsdruck (v. a. im Um-feld der Bergbahnen). Im Rahmen einer Fachplanung Sport und Erholung, z.B. auf Ebene der Touris-musregionen, können die Nutzungsansprüche auf regionaler Ebene koordiniert werden.

Potenzielles Instrument: Räumliche Fachplanung Sport und Erholung für den bayerischen Alpenraum auf Ebene der Planungsregionen oder Fremdenverkehrsverbände oder als sachlicher Teilplan37 des Landschaftsplans. Regelmäßige „Erholungsfachgespräche“ zwischen Naturschutz, Gemeinden, Sport- und Fremdenverkehrsverbänden zur Entwicklung von Ansprechpartnern und Netzwerken.

37 Betrachtung der Inhalte Sport und Erholung auf großer Fläche des Gemeindegebiets.

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Die Teilnehmer waren bezüglich der Notwendigkeit einer Fachplanung zu Sport- und Erholungsnut-zung sehr unterschiedlicher Meinung.

Contra Die Ablehnung eines raumplanerischen Ansatzes lässt sich drei Kategorien zuordnen. Allgemein einer Skepsis gegenüber der Wirksamkeit räumlicher Planung, der fehlenden gesetzlichen Grundlage und Akzeptanz für ein derartiges Instrument und der inadäquaten räumlichen Verortung.

Da bestehende Pläne wie Landschaftspläne bereits unzureichend berücksichtigt würden, würde ein fachlicher Teilplan noch weniger Aussichten auf Berücksichtigung in der räumlichen Entwicklung ha-ben. Wiederum wurde das Konkurrenzdenken als Gegenargument aufgeführt, da einzelne Gebiets-körperschaften leicht Ausnahmen zu einer räumlichen Koordination fänden. Lösungen seien eher auf lokaler Ebene zu finden, das Hoffen auf den großen Wurf im Sinne eines Gesamtkonzeptes sei wenig zielführend.

Eine Verortung einer derartigen Fachplanung auf Regionalplanungsebene wurde skeptisch beurteilt. Diese sei zu wenig ortsproblembezogen, kleinere Einrichtungen darüber nicht steuerbar. Allgemein entsprächen überregionale Planungskonzepte nicht dem momentanen politischen Mainstreams der Dezentralisierung und Subsidiarisierung.

Pro Die Befürworter sehen die Notwendigkeit einer überlokalen Koordination in konzeptioneller, inhaltli-cher und institutioneller Hinsicht.

Zonierungskonzepte und auch ein Gesamtkonzept seien erforderlich, wobei allerdings zu unterschei-den sei, welche Inhalte auf welchen Ebenen am besten zu regeln seien. Eine räumliche Verortung z.B. auf einer Zwischenebenen zwischen der Regionalplanung (die als räumlich zu grob erachtet wurde) und den Kommunen wurde vorgeschlagen, z.B. in Form von Gemeindegruppen.

Inhaltlich wird auf einer unteren räumlichen Ebene eine planerische Ausweisung von Ruhezonen z.B. in Form von Besucherlenkungskonzepten als absolut notwendig erachtet. Ein derartiger konzeptionel-ler Ansatz sei im übrigen auch außerhalb von Schutzgebieten erforderlich.

Institutionell spricht für eine Fachplanung Sport und Erholung, dass dadurch dauerhafte Ansprech-partner verfügbar seien, die eine Koordination öffentlicher und privater Lenkungsmaßnahmen bewerk-

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stelligen können. Die bisherige Herangehensweise in der Genehmigungspraxis touristischer Einrich-tungen wurde von Teilnehmern als wenig konsistent bezeichnet.

6.3.3 These: Ausgestalten statt nur umsetzen Die regionale und kommunale Planungsebene kann durch die Regional- oder Landschaftsplanung den übergeordneten Rahmen – bestehend aus dem EU-Umweltrecht (Natura-2000), Alpenkonventi-on, LEP (Erholungslandschaft Alpen), BNatSchG und BayNatSchG – verfeinern.

Potenzielles Instrument: Differenzierte Entwicklungsziele für regionalplanerische Vorbehaltsgebiete und im Rahmen der kommunalen/interkommunalen Landschaftsplanung.

Die Zielrichtung dieser These wurde von den Teilnehmern angesichts der bestehenden Vollzugsdefizite als zu weitreichend empfunden. Bereits die reine Umsetzung der übergeordneten Vorgaben aus EU-, Bundes- und Länderrecht weise erhebliche Defizite auf, so dass man sich zuvorderst darauf konzent-rieren sollte.

Ansätze Ansätze zu einer weiteren Differenzierung der überörtlichen raumordnerischen und naturschutzrechtli-chen Vorgaben sehen die Teilnehmer inhaltlich in der Erarbeitung flächendeckender fachlicher Grundlagen, der Verknüpfung vorhandener Informationen und der Konkretisierung von Inhalten der Alpenkonvention und der Regionalpläne.

Als räumliche Ebene, auf der eine Ausgestaltung denkbar sei, nennen die Teilnehmer eine Stärkung der Mittelebene (z.B. der Regierungsbezirke).

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Die Landschaftsplanung (kommunal/interkommunal) wird von den Teilnehmern als geeignetes Ausge-staltungsinstrument erachtet. Das etablierte Natura2000-Netz könne als Grundstruktur dienen, Wild-nisgebiete könnten das Spektrum an Instrumenten erweitern.

Gegenargumente Analog zur Frage der Fachplanung Sport und Erholung spricht aus Teilnehmersicht die momentane politische Stimmungslage gegen planerisch-konzeptionelle Überlegungen. Lokale bzw. regionale Konkretisierungen seien zudem stark vom persönlichen Engagement der entsprechenden Akteure ab-hängig. Bemühungen einer Verfeinerung landschaftlicher Vorbehaltsgebiete seien angesichts deren aktuell geringen Stellenwerts wenig erfolgversprechend.

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6.4 Themenkreis 4 Kommunikation und Nutzeransprüche Hintergrund

Die Möglichkeiten, auf Beeinträchtigungen durch Sport und Erholung zu reagieren, gliedern sich grob in zwei Themenkreise: Die Ansprache einzelner Personen und Personengruppen einerseits sowie die Lenkung von öffentlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren andererseits (s. Themenkreis 3).

Dabei schließen sich öffentlich-rechtliche Regelungen, ökonomische und kooperative Instrumente nicht aus, sondern können komplementär ineinander greifen. Daraus kann ein Wechselspiel zwischen öffentlich-rechtlicher Regelung als Rahmensteuerung und einer Feinsteuerung durch Selbstverpflich-tungen oder ökonomische Instrumente entwickelt werden.

So können freiwillige Vereinbarungen und Kommunikationskonzepte zu einer erhöhten Akzeptanz des Naturschutzes bei gleichzeitig geringerem administrativem Aufwand führen. Dienen sie dem Schutz eines Gebietes, so sind sie nur in Zusammenhang mit einer Erfolgskontrolle sinnvoll. Wird festgestellt, dass mit diesem Instrument das gesteckte Ziel nicht erreicht wird, bieten sich klassische Gebietsschutz-instrumente an.

Foto: M. Scheuermann

6.4.1 These: Einzelgänger-Kommunikation Die Anzahl nicht in Verbänden organisierter Natursportler wächst (Zunahme der Mobilität und Indivi-dualisierung) und stellt damit ein zunehmendes Risiko für den Natur- und Artenschutz und eine Her-ausforderung für bisherige Kommunikationspfade dar.

Potenzielle Instrumente: Ansprache über Kommunikationsschleusen bei Vorbereitung (Kartenwerke und Gebietsführer, Internetportale und Communities), Ausrüstung, Anreise, Unterkunft, Aktivität im Gelände; Einsatz von Rangern im Gelände; Steuerung über Infrastruktur wie Parkplätze oder über Lenkungen, die „Nicht-Bewerbung“ bestimmter Gebiete.

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Der These wurde grundsätzlich zugestimmt, wobei die Teilnehmer nicht davon ausgehen, dass die Zunahme der Nichtorganisierten zwangsläufig bereits ein Problem aus Sicht des Naturschutzes dar-stellt. Die Individualisten seien u.U. sogar empfänglicher für Naturthemen als andere Nutzergruppen.

Herausforderung Als Herausforderungen der Ansprache von Einzelgänger sehen die Experten die gemeinsame Entwick-lung einer Kommunikationsstrategie, die die einzelnen, bereits bestehenden Ansätze (Informations-schilder, Medienberichte etc.) bündelt. Dabei sei eine professionelle Unterstützung unerlässlich, für die allerdings auch die entsprechenden Mittel bereitstehen müssten. Gerade diese Mittel würden je-doch oft aus den Projektbudgets gestrichen.

Besonderer Fokus sollte auf die Kommunikationsschleusen gerichtet werden, die sich für die Anspra-che besonders eignen, da sie von den meisten Nutzern frequentiert werden bzw. einen besonderen Nutzwert für die Erholungssuchenden darstellen (z.B. die alpine Auskunft), man sollte „rollende Räder“ nutzen, wie es ein Teilnehmer zum Ausdruck brachte.

Daran anknüpfend stelle das Nutzerverhalten eine besondere Herausforderung dar. Die Anzahl der Nutzer sowie deren Mobilität seien stark gestiegen. Gleichzeitig nehmen die Kapazitäten der Verbän-de und Naturschutzbehörden – also derjenigen Stellen, die als Mediatoren eines Interessenausgleichs geeignet wären – ab.

Konflikte entstünden auf der Suche der Einzelgänger nach der „unverfälschten Natur“. Allerdings wer-den Wechselwirkungen zwischen dem Informationsstand und dem Nutzungsverhalten gesehen. Von Teilnehmerseite wurde bezweifelt, ob ein Zusammenhang zwischen dem Organisationsgrad und dem

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Nutzungsverhalten der Erholungssuchenden besteht. Vielmehr wären weniger Ortskundige meist bes-ser steuerbar als die oft im Alpenverein organisierten Ortskundigen, die sich auf Gewohnheitsrechte stützen. Wichtig sei auch über Emotionen die Informationen zu vermitteln.

Ansätze Die Teilnehmer sehen eine Reihe von „weichen“, aber auch von „harten“ Ansätzen. Insgesamt sei ein Methodenmix notwendig, da sich z.B. im NSG Geigelstein herausstelle, dass Besucherlenkungsmaß-nahmen ohne lokale Akzeptanz keine befriedigenden Ergebnisse bringen. Als querschnittsorientierter Ansatz spielt wiederum die Kommunikation eine wichtige Rolle, sowohl in technischer Hinsicht über die neuen Medien (Webdienste, Internetportale, Smartphones, soziale Netzwerke, Communities) als auch über die traditionellen Medien und Kommunikationsformen (Flyer, Schautafeln), aber auch hin-sichtlich der nutzergruppenspezifischen Ansprache.

Es wurde für die Zertifizierung von Informationsmedien plädiert, wie es bereits in Form des DAV-Gütesiegels "Naturverträgliche Skitouren"38 geschehe. Das Label wird für Führer und Kartenmaterial vergeben, das auf die Gebietskonzepte von „Skibergsteigen umweltfreundlich“ Rücksicht nimmt. Be-sonders attraktiv seien Informationen aus Nutzersicht dann, wenn sie mit einem unmittelbaren Nutz-wert verbunden seien (z.B. Lawinenbulletin, attraktive Erlebnistipps auf naturverträglichen Wegen etc..). Allerdings wurde eingewendet, dass derartige Zertifizierungen sich auf die traditionellen Medien beschränken würden, die Informationsweitergabe im Internet jedoch inzwischen zu vielstimmig und dynamisch ist, um sie mit Umweltgütesiegeln beherrschen zu können.

Ein wesentliches Element ist aus Sicht der Diskutanten ein Wertediskurs. Dieser könne jedoch nicht aufgezwungen, sondern müsse im Zuge eines Dialoges unter Einbezug der örtlichen Bevölkerung entwickelt werden.39 Die städtisch geprägte Bevölkerung („urbane Individualisten“) sei für Natur-schutzinhalte oftmals empfänglicher als die örtliche Bevölkerung. Entsprechend wurde der starke Ein-bezug der Akteure vor Ort angeregt. Sowohl die Kommunen als auch die Bevölkerung seien von den Inhalten zu überzeugen, um letztlich ein Gefühl der Entmündigung der lokalen Bevölkerung zu ver-hindern. Der Naturpark Nagelfluhkette kooperiert in dieser Hinsicht mit der Gemeinde Oberstaufen und kommuniziert seine Inhalte u.a. über die kommunalen Kommunikationswege.

Ziel sei eine Identifikation mit Werten, die zu einer Sozialkontrolle naturverträglichen Verhaltens im positiven Sinne führen kann, indem z.B. die örtliche Bevölkerung Nutzer auf ihr Fehlverhalten hinweist. Als Beispiel hierfür wurde die „Respektiere deine Grenzen“-Kampagne40 im österreichischen Bundes-land Vorarlberg angeführt.

Weitere, konkretere Ansätze betreffen den Ausbau der Gebietsbetreuung, die infrastrukturelle Steue-rung (z.B. erschwerte Erreichbarkeit sensibler Routen) und die Zuhilfenahme des Ordnungsrechts, falls alternative Kommunikationsansätze scheitern.

6.4.2 These: Vom Einzelton zur Dreiklangmotivation Die Weitergabe naturschutzbezogener Inhalte muss einen "Dreiklang" aus Emotion, Motivation und Information beinhalten. Bisher wurde der letzte Aspekte zu Lasten der ersten beiden zu stark betont. Wissen ist jedoch nur eine Voraussetzung, führt jedoch nicht zwangsläufig zum Handeln.

Potenzielles Instrument: Verstärktes gemeinsames Marketing von Naturschutz, Sport und Erholung; Verstärkte Gebietsbetreuung, Ranger als Ansprechpartner für Besucher, Vermittler für Umweltbildung; sie können emotionalen Bezug zur zu schützenden Landschaft und ihren Arten herstellen. 38 http://www.alpenverein.de/template_loader.php?tplpage_id=51 (Abruf 15.12.2010).

39 Hinsichtlich partizipativer Verfahren wurde allerdings eingewandt, dass sich die lokale Bevölkerung zunehmend von der partizipativ ausgerichteten Diskussion und deren Methoden (Runde Tische, Workshops, Gruppenarbeit) zurückziehe, da sie sich dadurch entmündigt fühle.

40 Vgl. www.respektiere-deine-grenzen.at (Abruf 02.12.2010).

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Die These fand unter den Teilnehmern deutliche Zustimmung. Die Vermittlung komplexer Inhalte in plakativer Form wird allgemein als das zentrale Kommunikationsproblem des Naturschutzes bezeich-net.

Informationen vermitteln Eine Evaluation der Kommunikation durch Informationsschilder im Rahmen der Gebietsbetreuung Obere Isar und Karwendel habe ergeben, dass diese nur von ca. 20% der Nutzer wahrgenommen werden, wovon wiederum nur ein Viertel in der Lage ist, die Inhalte auf Nachfrage richtig wiederzuge-ben. Dies verdeutliche die Notwendigkeit, neue Kommunikationsstrategien und –pfade zu entwickeln. In diesem Zusammenhang wurde die Überzeugungswirkung persönlicher Kommunikation (z.B. durch Ranger) betont.

Neben der bereits aufgeführten Notwendigkeit, sich aller Medienkanäle zu bedienen, erachten die Teilnehmer die Möglichkeiten der Smartphones (d.h. Mobiltelefone mit umfangreichen Schnittstellen u.a. in das mobile Internet) sowohl als Chance als auch als Risiko bei der Vermittlung von Natur-schutzinhalten. Neuralgische Stellen, die z.B. im Projekt Skibergsteigen umweltfreundlich identifiziert wurden, könnten dadurch den Nutzern im Gelände anwenderfreundlich vermittelt werden. Dazu seien allerdings die räumlichen Abgrenzungen sensibler Gebiete aktuell nicht vorhanden.

Auf der anderen Seite bergen diese Geräte auch das Risiko, dass in breitem Umfang private GPS-Tracks und „Geheimtipps“ ohne Rücksicht auf Lenkungskonzepte zur Orientierung im Gelände ver-wendet werden. Den Versuch, sensible Gebiete durch „Nicht-Bewerbung“ zu schützen, sehen die Teil-nehmer angesichts der neuen technischen Möglichkeiten und der zunehmend unübersichtlichen An-zahl an Informationsquellen als unrealistisch an.

In diesem Zusammenhang wurde eine Vereinheitlichung der GPS-Kartengrundlagen, z.B. in Abstim-mung mit dem Landesvermessungsamt, angeregt. Eine Nicht-Darstellung vorhandener Wege sei inso-fern schwierig, da für Erste-Hilfe-Einsätze und Rettungsmaßnahmen alle Wege in den amtlichen Kar-ten verzeichnet sein müssen.

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Bezüglich der Kommunikationsinhalte betonten die Teilnehmer, dass trotz einer stärkeren Berücksich-tigung emotionaler Aspekte der Informationsgehalt in der Kommunikation nicht vernachlässigt werden darf. Wissen wurde vielmehr als Vorbedingung für entsprechendes Verhalten genannt.

Emotionen vermitteln Um eine stärkere emotionale Bindung zum Thema herzustellen, schlagen die Teilnehmer vor, die Symbolik von Pflanzen und Tieren wesentlich stärker zu nutzen. Dies geschehe bereits intensiv in wenig naturverbundenen Branchen (Autobranche, Elektronik etc.), aber noch nicht professionell seitens des Naturschutzes. Darüber hinaus sollen Nutzer, insbesondere Kinder, an relativ wenig sensible Gebiete herangeführt und dadurch deren emotionale Betroffenheit zu ökologischen Aspekten gestärkt werden.

6.4.3 These: Von Anfang an im Boot Das Projekt „Skibergsteigen umweltfreundlich“ ist ein vielversprechender Ansatz, weil Sportverbände, lokale Akteure, Tourismusvertreter und andere Landnutzergruppen von vorneherein in die Bestands-aufnahme und Bewertung der Gebiete einbezogen wurden. Einseitige Festlegungen im Naturschutz wären dagegen zum Scheitern verurteilt.

Potenzielle Instrumente: regelmäßige „Runde Tische“

Allgemein waren die Teilnehmer gegenüber dem Konzept der runden Tische positiv eingestellt, das bereits einige gute Beispiele der Kooperation hervorgebracht habe.

Ansätze Zukünftige Ansätze wurden in einer stärkeren Verantwortungsübernahme der Skigebiete und der Selbstkontrolle von Nutzergruppen gesehen (Bsp. Pegeltelefon zu unterschrittenen Mindestpegeln oder Befahrungsverboten des Bayerischen Kanu-Verbandes e.V.). Im Rahmen eines regionalen Gebietsma-nagements könnten die einzelnen Nutzergruppen dauerhaft vernetzt und eine Kommunikation inner-halb der einzelnen Nutzergruppen gefördert werden.

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Erfolgsfaktoren Für die frühzeitige Einbindung der Akteure haben sich diverse Faktoren als förderlich herausgestellt. Idealerweise sollte diese vor der Entstehung von Problemen und der Verhärtung von Fronten stattfin-den. Die beteiligten Akteure sollen von Anfang an Ernst genommen, die Arbeitsaufträge von Runden Tischen klar umrissen werden. An der Schnittstelle zwischen Problemdiskussion und Umsetzung von Maßnahmen sei auf eine zeitnahe, konsequente Umsetzung der Beschlüsse und dessen Monitoring bzw. Erfolgskontrolle zu achten. Dabei seien Schlüsselakteure vor Ort wie Bergwacht, Jäger oder Förster zu beteiligen.

Grenzen des Ansatzes Allerdings weisen die hauptsächlich kooperativen Ansätze Grenzen auf. Sie böten oftmals nur den Rahmen für Selbstdarstellungen einzelner Akteure, seien nicht ergebnisorientiert und führten oftmals dazu, Probleme auszusitzen. Schließlich würden durch das Instrument nur die ohnehin Kooperations-bereiten erreicht.

Wie bereits oben angesprochen seien Einzelgänger/Individualisten auch im Rahmen Runder Tische nur schwerlich zu erreichen. Schließlich verursache das Instrument einen erheblichen Zeit-, Personal- und damit Kostenaufwand für die Einzelnen, insbesondere da viele Akteure zugleich in mehreren der-artigen Gremien säßen.

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6.5 Synthese Von ifuplan wurden die Diskussionen des Tages zusammengefasst und skizziert, welche zukünftigen Herausforderungen sich bezüglich naturverträglicher Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum abzeichnen.

Verantwortlichkeiten

Die Teilnehmer sahen die Verantwortlichkeiten für eine naturverträgliche Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum auf mehreren Schultern verteilt:

• Die Bayerische Staatsregierung ist für die förderpolitischen Schwerpunktsetzungen und die Sub-ventionssteuerung verantwortlich. Beispielsweise könnte die Umweltfreundlichkeit von Anlagen durch entsprechende Fördermittel weiter erhöht werden. Andere forderten, staatliche Förderung für bayerische Skigebiete einzustellen.

• Der amtliche Naturschutz ist in Bayern sehr leistungsfähig, mit hoher Kompetenz zum Themenfeld ausgestattet und wird auch zukünftig eine zentrale Rolle spielen. Eine wichtige Funktion hat der amtliche Naturschutz bei der Anwendung der ordnungsrechtlichen Instrumentarien, auf die auch dann nicht verzichtet werden kann, wenn kooperative, auf Konsens ausgerichtete Ansätze weiter an Bedeutung gewinnen. In den Diskussionen wurde bemängelt, dass es oftmals auf lokaler Ebe-ne zu einer starken Einflussnahme seitens der politischen Akteure auf Genehmigungsprozesse komme.

• Gemeinden sind die wichtigste Entscheidungsinstanz für alle Fragen der Tourismus und Freizeit-nutzung. Sie sollen dafür gewonnen werden, verstärkt interkommunal zusammenzuarbeiten. Für diese Kooperation müssen Ansprechpartner definiert werden, z.B. im Regionalmanagement oder durch die Schaffung neuer Strukturen (wie Naturpark- oder Biosphärenreservatsmanagement).

• Tourismusindustrie: In den unterschiedlichen Funktionen als Betreiber touristischer Einrichtungen, Reisebüros, Gastronomie, Beherbergungsbetrieben oder als Führer stehen die unterschiedlichen direkt vom Tourismus profitierenden Akteure in einer besonderen Verantwortung. Ihre unmittelba-re ökonomische Abhängigkeit von einer intakten Natur und Landschaft wurde wiederholt betont. Entsprechend seien diese Akteure auch vermehrt in die Verantwortung zu nehmen, sei es zum Er-halt der alpinen Kulturlandschaft, zur naturverträglichen Steuerung der Besucher oder zur Mini-mierung der negativen Auswirkungen touristischer Infrastruktur.

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• Nutzergruppen und deren Verbände: Ergänzt und unterstützt werden können die staatlichen Ak-teure durch die Beiträge von Verbänden, sowohl von Naturschutzseite als auch von Seiten der Nutzergruppen. Für eine umweltfreundliche Entwicklung des Alpenraums braucht es einen Wer-tewandel, der nicht alleine vom Naturschutz herbeigeführt werden kann; nur gemeinsame An-strengungen der verschiedenen Sektoren (Tourismus, Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz) können zu diesem Wertewandel führen.

• Einheimische: Sie erscheinen oft weniger aufgeschlossen als Gäste, wenn es darum geht, die ge-wohnte Nutzung der Landschaft für Sport und Freizeit neuen Ge- und Verboten anzupassen. Auf der anderen Seite können sie mit der Motivation, zum Erhalt der Heimat beizutragen, einbezogen und so zu Mitstreitern des Naturschutzes werden. Es erscheint jedoch schwierig, von einer pau-schalen Verantwortung der Einzelnen für die Art und Weise der Nutzung der natürlichen Ressour-cen ihrer Heimat auszugehen. Hier stehen die Promotoren der touristischen Entwicklung in der Hauptverantwortung.

Übergeordnetes Konzept

Auch wenn die Praktikabilität übergeordneter planerischer Konzepte von den Teilnehmern sehr unter-schiedlich gesehen wird, so wurde im Laufe der Arbeitstagung in unterschiedlichen Zusammenhängen die Notwendigkeit eines Zielkonzepts mit unterschiedlichen räumlichen Abstufungen (Alpenraum, Re-gion, Gemeindegruppen, Gemeindeebene) unterstrichen:

• Alpenraum: Der Alpenplan ist ein wichtiges Instrument zur abgestuften Entwicklung des bayeri-schen Alpenraums im Sinne der Alpenkonvention. Möglicherweise sind darüber hinaus bestimmte Gebiete innerhalb der Zone C weiter zu entlasten, um störungsfreie Räume für Wildtiere zu schaf-fen. Das Projekt „Skibergsteigen umweltfreundlich“ ist ein Beispiel für die Beruhigung sensibler Gebiete.

• Region / Landkreis: Um ein Wettrüsten an Infrastruktur zu vermeiden, ist auf regionaler Ebene abzustimmen, welche Investitionen in welchem Gebiet als sinnvoll zu erachten sind und welche Auflagen damit verbunden sein sollen. Falls Investitionen zu tätigen sind, stellt sich somit die Fra-ge, ob diese zur Stärkung der zentralen Kompetenzfelder verwendet werden oder eine Urlaubsart aufbauen, für die der deutsche Alpenraum bereits seit längerem aus der Perspektive der Nutzer Wettbewerbsnachteile gegenüber den alpinen Nachbarländern aufweist.

• Gemeindegruppen: Gemeinden mit ähnlichen Schwerpunkten, Zielen oder Problemlagen sollen stärker (auch länderübergreifend) kooperieren. „Kümmerer“, die diese Kooperation koordinieren müssen identifiziert werden, sei es im Bereich des Regionalmanagements oder durch Schaffung neuer Strukturen wie eines Naturparks oder Biospärenreservats.

• Gemeindeebene: Das Beispiel der Gemeinde Bad Hindelang zeigt, dass runde Tische mit Vertre-tern der verschiedenen Sektoren zu Gesamtkonzepten führen können, die als weitere Planungs-grundlage der Aktivitäten in der Gemeinde dienen und von allen Interessensgruppen akzeptiert werden, also die Belange der Wildtiere ebenso berücksichtigen wie die Interessen der Tourismus-vertreter.

Kommunikation

Kommunikation, Dialog und Vermittlung waren zentrale Begriffe der Arbeitstagung. Kommunikation sowohl bezüglich der konzeptionellen Zielformulierung, d.h. in Richtung Multiplikatoren in Ämtern, Politik und Verbänden, als auch in Richtung der einzelnen Nutzergruppen. Dazu sei eine Professiona-lisierung notwendig, die sich z.B. in der Einrichtung von Kommunikationszentren, aber auch in der dauerhaften Gebietsbetreuung äußern kann. Einzelne Maßnahmen müssten um ein Kommunikations-konzept und entsprechende Datengrundlagen ergänzt werden.

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Strukturen und Realisierungsmöglichkeiten / Finanzierung

Neben übergeordneten Konzepten und der richtigen Kommunikationsstrategie sind adäquate Struktu-ren und entsprechende Realisierungsmöglichkeiten durch eine dauerhafte Finanzierung zentrale Grundlagen. Hierbei besteht auch die Möglichkeit einer stärkeren Einbindung des Tourismus. Dadurch könnte z.B. eine langfristige Betreuung durch ein Regionalmanagement oder eine Gebiets-betreuung sichergestellt werden. Es stellt sich die Frage, ob durch eine interkommunale touristische Profilbildung der Weg zu einer stärkeren interkommunalen Kooperation geebnet werden könnte.

Als Querschnittsthema zieht sich durch alle Überlegungen angesichts der zunehmend angespannten Personaldecke des amtlichen Naturschutzes und der Arbeitsüberlastung seitens ehrenamtlicher Akteu-re die Frage der Realisierungsmöglichkeiten und Finanzierungsquellen von Maßnahmen.

Fazit aus Sicht des LfU

Herr Leicht fasste die Tagung aus Sicht des Landesamtes für Umwelt zusammen. Aus seiner Sicht tra-fen die Thesen die richtigen Probleme und sind als Grundlage für einen weiteren Dialog in manchen Punkten zu verfeinern. So sei etwa das Konzept der Honigtöpfe nur bezüglich bestimmter Nutzergrup-pen erfolgversprechend. Aus Sicht des Landesamtes für Umwelt wurden vier Punkte während der Ar-beitstagung besonders deutlich:

• Als ein grundsätzliches Problem nimmt der Bedarf an „Kümmerern“, d.h. Personen die per-sönlich für bestimmte Aufgaben zur Verfügung stehen, weiter zu, während das Personal im amtlichen Naturschutz auf Landes-, Regierungs- und Landkreisebene jedoch abgebaut wird.

• Neben der Besucherlenkung sind Steuerungsmöglichkeiten mittels finanzieller Förderung bis-her wenig ausgeprägt, entsprechende Rahmenvorgaben fehlen hierzu. Staatliche Förderungen könnten beispielsweise künftig an Nachhaltigkeitsgesichtspunkten orientiert werden.

• Es fehlen integrierte Gesamtkonzepte auf den verschiedenen räumlichen Ebenen des bayeri-schen Alpenraums, sowohl auf der Ebene des gesamten Alpenraums, einzelner Regionen, wie auch auf Ebene der touristischen Organisationen.

• Schlussendlich wurde aus Sicht von Herrn Leicht eines deutlich: Im Alpenraum ist für alle Nut-zergruppen – sowohl für Touristiker, Naturschützer als auch Landwirte – die Natur und Land-schaft die elementare, gemeinsame Geschäftsgrundlage. Ein Austausch in interdisziplinären Foren wie im Rahmen der Arbeitstagung bleibe daher auch in Zukunft notwendig.

In einem Ausblick auf die künftige Behandlung des Themas einer naturverträglichen Sport- und Erho-lungsnutzung befürwortete Herr Leicht eine weitere und intensivere Zusammenarbeit zwischen Natur-schutz und den Verantwortlichen in Sport, Freizeit und Tourismus.

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum

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Anhang 1 Grundprinzipien Kletterkonzeption DAV-Felsinfo Grundprinzipien der Kletterkonzeptionen (Quelle: http://www.dav-felsinfo.de/ajaxdav/,. Abruf 22.11.2010)

1. Beschränkung der Regelungen auf das notwendige Maß

Regelungen werden nur dort erwogen, wo dies das Ausmaß der Nutzung und die ökologischen Ge-gebenheiten erfordern. Es gibt viele Felsgebiete in Deutschland, in denen eine Nutzungsbeschränkung überflüssig ist, weil dafür keine ökologische Notwendigkeit besteht.

2. Beteiligung der Kletterer an der Erstellung und Umsetzung von Konzeptionen

Eventuelle Regelungsempfehlungen werden von den Ortskennern der zuständigen Sektion des DAV oder des Arbeitskreises Klettern & Naturschutz entwickelt. Die Beteiligung der Betroffenen an der Pla-nung ermöglicht nicht nur eine sachgerechte Lösung, sondern ist auch Voraussetzung für ihre Akzep-tanz und damit ihre Umsetzung.

3. Sicherstellung der ökologischen Verträglichkeit

Das Klettern darf in keinem Fall zum Auslöschen auch nur einer ökologisch bedeutsamen Art führen. Im Zweifelsfalle sollen wissenschaftliche Studien ermitteln, ob die vorgesehene bergsportliche Nutzung gravierend in die ökologischen Zusammenhänge eingreift.

4. Priorität des Prinzips der Freiwilligkeit

Die Lenkungsmaßnahmen haben grundsätzlich Empfehlungscharakter. In naturschutzfachlich begrün-deten Einzelfällen können in Gebieten mit hohem Schutzstatus auch ordnungspolitische Maßnahmen in Betracht gezogen werden, wenn dies aus ökologischen Gründen unerlässlich ist.

5. Ausschöpfung der sportlichen Nutzungsmöglichkeiten

Um ausreichende Freiräume für den Klettersport zu sichern, setzt sich der DAV dafür ein, daß das naturgegebene Potential an Felsen, die für eine verantwortbare Ausübung des Klettersports geeignet sind, in vollem Umfang ausgeschöpft wird.

6. Eindeutigkeit

Voraussetzung für das Funktionieren einer Regelung ist die eindeutige Grenzziehung zwischen beklet-terbarem und gesperrtem Bereich. Dies kann entweder großräumig oder kleinräumig geschehen. Im Falle von differenzierten, kleinräumigen Regelungen sind die zum Klettern freigegebenen sowie die gesperrten Bereiche zu bestimmen und, wo notwendig, durch Markierungen und infrastrukurelle Maßnahmen kenntlich zu machen.

7. Differenziertheit

Da sich das Biotop Fels in der Regel aus unterschiedlichen Teilbiotopen zusammensetzt, kann oft we-nige Meter entfernt von einem hochsensiblen Bereich im glatten Fels ökologisch unbedenklich geklet-tert werden. Dadurch sind häufig differenzierte Lösungen möglich. Ähnliches gilt für den Vogelschutz: Erfahrungen belegen die erfolgreiche Brut von Wanderfalken, auch wenn Teile ihres Horstfelsens wei-terhin ganzjährig beklettert werden.

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Anhang 2 Naturparke in Südbayern

Bayern verfügt über 18 Naturparke (Stand 01/2011), wovon der Naturpark Nagelfluhkette der einzi-ge im bayerischen Alpenraum ist. Unter folgendem Link ist eine Übersichtskarte der bayerischen Nautrparke zugänglich: http://www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/schutzgebiete/index.htm (Abruf 12.12.2010).

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Anhang 3 Faktenblatt Naturschutz, Sport und Erholung im bayerischen Alpenraum

Fläche Erholungslandschaft Alpen (naturräumliche Alpenabgrenzung) ____________ 439.330 ha

Geltungsbereich der Alpenkonvention in Deutschland _____________________________ 1.115.160 ha

Almfläche* ________________________________ 82.000 ha

* davon Almwiesen _________________________ 40.000 ha

* davon Waldweide _________________________ 42.000 ha

Anzahl Gemeinden innerhalb der Gebietskulisse des Alpenplans: ____________ 101

Anzahl Hütten _____________________________ 65

Wegelänge ausgeschilderter Wanderwege ______ rd. 10.000 km

Skigebiete (> Lifte) _________________________ 52

Skigebietsfläche_____________________________ 3.700 ha (0,8% der Fläche der Erholungslandschaft Alpen)

Gesamtpistenfläche _________________________ 2.400 ha

Aufstiegsanlagen ___________________________ 246

Beschneite Pistenfläche ______________________ 321 ha (Regierungsbezirk Oberbayern), 360 ha (Regierungsbezirk Schwaben)

Schutzgebiete41: ____________________________ 38% des bayerischen Alpenraums in der Gebiets-kulisse der Erholungslandschaft Alpen

Naturschutzgebiete _________________________ 23 Gebiete / 90.137 ha

FFH-Gebiete ______________________________ 60 Gebiete / 157.794 ha

SPA-Gebiete _______________________________ 12 Gebiete / 144.656 ha

Nationalpark ______________________________ 1 Gebiet / 20.259 ha

Biotope ___________________________________ 7.100

Biotop-Einzelflächen ________________________ 23.000

41 Gebiete weisen Überlappungen auf.

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Anhang 4 Präsentation

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Anhang 5 Pinnwände

Abbildung 12 Pinnwand - Stärken im ganzjährigen Wander- und Gesundheitstourismus

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Abbildung 13 Pinnwand - Quantitativ gute Ausstatttung

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Abbildung 14 Pinnwand - Alpenlandschaft kostet

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Abbildung 15 Pinnwand - Fest im Griff - Standortgebundene Einrichtungen

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Abbildung 16 Pinnwand - Die „Problem-Abenteurer“

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Abbildung 17 Pinnwand - Problemursache Erschließung sensibler Räume

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Abbildung 18 Pinnwand - Honigtopf als Entlastungsventil

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Abbildung 19 Pinnwand - Fachplanung Sport und Erholung

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Abbildung 20 Pinnwand - Ausgestalten statt "nur" umsetzen

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Abbildung 21 Pinnwand - Einzelgänger-Kommunikation

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Abbildung 22 Pinnwand - Vom Einzelton zur Dreiklangmotivation

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Abbildung 23 Pinnwand - Von Anfang an im Boot


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