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Permakultur-Landwirtschaft in der Schweiz
Hans Balmer, permakultur-Landwirtschaft.chVorstellung beim Bundesamt für Landwirtschaft am 30. Januar 2019
Bundesamt für Landwirtschaft BLW
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Was ist Permakultur?
• Permakultur kommt von «permanent agriculture»
• 1974 als Begriff von den Australiern Bill Mollison und David Holmgren
geprägt als Antwort auf offensichtliche Schädigung von Landschaft und
Ökosysteme durch falsche Landwirtschaftspraxis
• Bill Mollison erhält 1981 dafür den alternativen Nobelpreis
• Heute: weltweite Permakultur-Bewegung mit Hunderttausenden von
Engagierten und Zentausenden von Projekten.
• Also eine «permanent culture»: Kontextbezogene Lösungen basierend auf
lokalen Ressourcen für Herausforderungen unserer Zeit.
• Ethische Grundlage: Sorge für die Erde, sorge für die Menschen, kümmere
dich um die Zukunft
• Solche Werte finden sich auch in der Bundesverfassung – die Permakultur-
Bewegung arbeitet an ihrer konsequenten Umsetzung in die Praxis
• Permakultur-Design ist ein ganzheitliches zielorientiertes
Gestaltungssystem, nicht methodenorientiert weil stark vom Kontext
abhängig
• Permakultur ist in viele Bereichen im Besondern der Landwirtschaft für CH
nicht ausgereift, sondern befindet sich in einer sehr dynamischen
Entwicklung auf der Suche nach einer «best practice»
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Die Permakultur-Bewegung
in der Schweiz
• Verein Permakultur Schweiz:
ca. 500 Mitglieder, 100 Neumitglieder im 2017
• Bildungsangebote: 15 diplomierte Permakultur-Designer,
ca. 70 Permakultur-Design-Studenten, jährlich rund 300 Absolventen des
Permakultur-Basiskurses
→ Permakultur-Designer sind Moderatoren für Innovationsprozesse, die
den ethischen Grundsätzen entsprechen
• 7 Regionalgruppen, weitere in Gründung
• Fachgruppen zu den Themen Gesundheit, Garten, Siedlungsraum,
Bildung & Schule, Landwirtschaft…
• Vernetzt mit vielen anderen Nachhaltigkeitsbewegungen in der Schweiz
und im angrenzenden Europa – reger Austausch mit der deutschen
Permakultur-Bewegung
• Projekte in allen Landesteilen, Klimazonen und Höhenlagen
• Vision für die kommenden Jahre: Aufbau einer Best-Practice-Sammlung,
um basierend auf dem vorhandenen Erfahrungswissen kontextbezogene
Innovationsprozesse zu moderieren
→ www.permakultur.ch
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Verein Permakultur-Landwirtschaft
• Info-Drehscheibe für alle Interessierten
• Aktuelle Agenda für Veranstaltungen
• Netzwerk der Permakultur-Höfe
• Exkursionen und Besichtigungen
• Förderung der Beratung, Aus- und Weiterbildung von
Landwirtinnen und Landwirten; Zusammenarbeit mit
Landwirtschaftsschulen
• Impulstreffen, Starthilfe für Permakultur-Höfe
• Zusammenarbeit in der Permakultur-Forschung mit
FIBL, HAFL, ZHAW, Agroscope, ETH, …
• Engagement in der Agrarpolitik (BLW, AP22+)
• Öffentlichkeitsarbeit: Konsumentinnen + Konsumenten!
→ www.permakultur-landwirtschaft.org
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Wie erkennt man Permakultur-Landwirtschaft vor Ort?
Gewerbliche LW Bodenbewirtschaftende bäuerliche Landwirtschaft
ÖLN Bio Agroforst Permakultur
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SlowGrow - Regenerative Landwirtschaft im Mittelland
• 15 ha Landwirtschaftliche Nutzfläche
• Familienbetrieb mit vielen Helferinnen und Helfern = gelebte Hofkultur
• Regenerative Landwirtschaft: Flächenkompostierung, Mulchsaat,
Transfermulch, Zwischenfruchtanbau, vielfältigen Mischkulturen usw.
• Getreidemischkulturen mit Untersaat im Dauergrünland;
Teilnahme an FIBL Weizensorten Streifenversuch 2019
• 100 % Direktvermarktung; gewerbliche solidarische Vertragslandwirtschaft
mit Bäckerei, Bioläden, Spitzengastronomie, Pflegeheime u.a.
• Durchschnittlich 75 verschiedene Produkte, ganzjährige Lieferung
• Eigene Saatgutaufbereitung und vieles mehr → www.slowgrow.ch
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Schritte in Richtung Permakultur-Landwirtschaft
1. Förderung Bodenfruchtbarkeit: Permakultur = regenerative Landwirtschaft
dauernde Bodenbedeckung, minimale Bodenbearbeitung, Humusaufbau,
Gründüngung, Mulchen, Flächenkompostierung, Mischkulturen usw.
→ Ziel = gute landwirtschaftliche Praxis, Best Practice
2. Standortangepasste und ressourceneffiziente Produktion
(Art. 104a der BV!): Permakultur-Design als Planungsmethode
3. Dauerkulturen mit Bäumen + Sträuchern: Permakultur = Dauerkultur
4. Konsequenter Verzicht auf Mineraldünger, Pestizide und Kraftfutter:
Permakultur = Bio (oder Demeter), nicht unbedingt zertifiziert
5. Diversifizierung + Vielfalt in jeder Hinsicht: Vielfalt als Permakultur-Prinzip
→ vielfältige Kreislaufsysteme mit hoher Stabilität und hoher Resilienz
6. Artgerechte Tierhaltung und optimales Weidemanagement (GMF)
7. Höhere Wertschöpfung durch Verarbeitung auf Hof, Direktvermarktung,
solidarische Landwirtschaft: Permakultur-Landwirtschaft = Wirtschaft
8. Dienstleistungen auf Hof, Hof als Treffpunkt: gelebte Permakultur = Kultur
9. Phantasie und Freude walten lassen! Permakultur = Innovation
10.Soziale + faire Arbeitsbedingungen für alle Beteiligten; Kooperation mit
Nachbarn und weiteren Beteiligten: soziale Permakultur
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Permakultur-Höfe Netzwerk Schweiz
Ende 2018 gestartet
• Betriebe mit ähnlichen Vorstellungen
miteinander vernetzen
(ÖLN, Bio, Demeter, Permakultur)
• Kompetente Auskunft und Praxiserfahrung
an verschiedene Interessierte weitergeben:
Forschung, Bäuerinnen und Bauern,
KonsumentInnen, Politik, Medien,
Studierende, Lernende, Umweltschutz-
und Landwirtschaftsverbände...
• Verein Permakultur-Landwirtschaft
funktioniert als «Drehscheibe»
➢ 6 Höfe mit spezifischem Betriebsspiegel aufgenommen
➢ weitere 30 in Planung
➢ nächster Besuch am 15. Februar auf dem Eulenhof Möhlin (AG)
➢ Permakultur-Höfenetz Kanton Luzern im Aufbau → Beat Rölli
➢ Analyse der Wirtschaftlichkeit geplant
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Permakultur-Landwirtschaft in der CH im Trend!
Permakultur an universitären Hochschulen (Uni Bern, Uni Basel, ETHZ u.a.)
• Eigentlicher Boom bei Semester-, Bachelor- und Masterarbeiten
Permakultur an Fachhochschulen
• HAFL Zollikofen: Planung + Bewirtschaftung Permakultur- + Agroforstsysteme
• ZHAW Wädenswil: Arbeiten zu PK in Biologischer Landwirtschaft und Hortikultur
Permakultur an Landwirtschaftsschulen
• 11.01.19 Bioschule Schwand, 14.02.19 Humustag Liebegg, 02.07.19 Inforama Rütti
Permakultur bei landwirtschaftlichen Beratungsdiensten
• AGRIDEA: dreitägige Studienreise 2018 «Permakultur - ein Gesellschaftsprojekt»
• FIBL: Diverse Weiterbildungsangebote, z.B. auf «BioDiVerger» in Marcelin, u.a.
• www.agroforst.ch; Agridea, in Zusammenarbeit mit Agroscope
Kurse für Permakultur-Praktiker, z.B.
• Hof Morgarot, www.hof-morgarot.ch ab 2019
• Trainingswoche syntropische Landwirtschaft Ernst Götsch 01.-05.04.2019 im Tessin
Klassische Permakultur-Ausbildung PDC + Diplom auf Permakulturbetrieben
• Auenhof (ZH), Balmeggberg (BE), Schweibenalp (BE), Chuderboden (LU) u.a.
Tagungen und Kurse
• Bodenkurs im Grünen 2019 (ausgebucht); Kompost+Humussymposium 28./29.09.2019
Verein Permakultur-Landwirtschaft, www.permakultur-landwirtschaft.org
• Netzwerk Permakultur-Höfe, Hofbesichtigungen, Exkursionen usw.
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«Hürden» für die Permakultur-Landwirtschaft
Betriebliche Hürden für «Quereinsteigerinnen» und «Quereinsteiger»
• Definitionen «Betrieb» und «BewirtschafterInnen» nach LBV
• Definition «Gewerbe» nach BGBB
• Berechtigung für Bauten + Anlagen in der Landwirtschaftszone nach RPG/RPV
Chancen und Potential von Permakultur-Landwirtschaftsbetrieben
• Auch kleine Höfe erfüllen die Ziele der Agrarpolitik (Art. 104 und 104a BV),
Permakultur-Betriebe sogar in hohem Mass
• Auch kleine Höfe können wirtschaftlich sein; gute Beispiele aus dem Ausland;
in der Schweiz noch Forschungsbedarf
• Permakultur-Landwirtschaftsbetriebe erzielen eine hohe Wertschöpfung auf
dem Hof; mittelfristig mit weniger oder ohne Direktzahlungen auskommen
• Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter von Permakultur-
Landwirtschaftsbetrieben sind in der Regel hoch motiviert und innovativ
Wünsche an die AP 22+
• Förderung der Betriebsvielfalt
• Erleichterungen für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger
• Förderung der Innovation in der Land- und Lebensmittelwirtschaft
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«Hürden» für die Permakultur-Landwirtschaft
Schwierigkeiten mit Vollzugsrichtlinien
Geltende Regelungen: Klar definierte Einzel-Kulturen räumlich
nebeneinander und zeitlich nacheinander: Produktionsflächen neben
Biodiversitätsförderflächen; geregelte Fruchtfolge (nacheinander)
Permakultur-Landwirtschaft: Vorwiegend Mischkulturen oder
Streifenkulturen nebeneinander; Produktion und Biodiversität kombiniert!
Schwierigkeiten:
• Kein Kulturcode für Mischkulturen im Flächenkatalog (keine DZ, keine SAK?)
• Biodiversität wird mit PK massgeblich gefördert, auch auf den Kulturflächen,
aber Abstände, Zurechnungsflächen usw. teilweise nicht eingehalten
• Bodenfruchtbarkeit wird massgeblich gefördert, aber Fruchtfolge funktioniert
mit Permakultur teilweise anders (z.B. doppelte Gründüngung)
Wünsche an die AP 22+
• Weiterentwicklung des ÖLN
• Vereinfachung und Flexibilisierung des Direktzahlungssystems
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Zusammenfassung:
Wünsche der Permakultur-Landwirtschaft an die AP22+
Weiterentwicklung des ÖLN
• in Richtung mehr ökologische Leistung (siehe Art. 25a DZV)
• Förderung der Bodenfruchtbarkeit (regenerative Landwirtschaft)
• standortangepasst + ressourceneffizient (Art. 104a BV)
• Lebensmittelproduktion, Ökologie und Biodiversität nicht als Widerspruch
• Mehr Zielorientierung, weniger Vorschriften → Projekt «3V»
Direktzahlungssystem vereinfachen und mehr Wirkung erzielen
• Direktzahlungen als Entgelt für nicht direkt marktfähige gemeinwirtschaftliche
Leistungen, z.B. Pflege der Kulturlandschaft
• Mehr Gesamtbetriebsbeiträge (mit Konzept), weniger Flächenbeiträge
• Förderung der Wertschöpfung auf den Betrieben
• Mehr Innovationsförderung, Bildung + Beratung, weniger «Giesskanne»
Förderung der Vielfalt und Innovation der Landwirtschaftsbetriebe
• Erleichterung des Quereinstiegs in die (Permakultur-)Landwirtschaft
• Anerkennung von kleinen Betrieben und neuen Betriebsformen
Förderung der Forschung (HAFL, ZHAW, FIBL, Agroscope, ETH, Uni …)
• Permakultur und Bodenfruchtbarkeit, regenerative Landwirtschaft
• Wirtschaftlichkeit der Permakultur-Landwirtschaft
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Permakultur-Landwirtschaft in der Schweiz
Herzlichen Dank für Ihre Einladung, für Ihr Interesse
und Ihre Aufmerksamkeit!
Wir freuen uns ausserordentlich auf eine weitere
fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für
Landwirtschaft und weiteren Partnern bei der
Weiterentwicklung der nachhaltigen Schweizerischen
Landwirtschaft!