Pareto-Optimierung komplexer
thermo-fluiddynamischer Systeme auf
der Basis numerischer Berechnungen
Der Technischen Fakultat der
Universitat Erlangen-Nurnberg
zur Erlangung des Grades
Doktor-Ingenieur
vorgelegt von
Mirjam Altendorfner
Erlangen, 2008
Als Dissertation genehmigt von
der Technischen Fakultat der
Universitat Erlangen-Nurnberg
Tag der Einreichung: 24.08.2008
Tag der Promotion: 05.12.2008
Dekan: Prof. Dr.-Ing. habil. J. Huber
Berichterstatter: Prof. Dr. Dr. h.c. F. Durst
Prof. Dr.-Ing. D. Trimis
Prof. Dr.-Ing. habil. K.-E. Wirth
Danksagung
Die vorliegende Arbeit entstand wahrend meiner Tatigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Lehrstuhl fur Stromungsmechanik der Friedrich-Alexander Universitat Erlangen-Nurnberg.
Ein Großteil der beschriebenen Arbeiten wurden von der Europaischen Union im Integrated
Project”MC WAP - Molten Carbonate Fuel Cells for Waterborne Applications“ im sechsten
Rahmenprogramm finanziell gefordert, was hiermit dankend erwahnt werden soll.
Mein besonderer Dank gilt dem ehemaligen Lehrstuhlleiter, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Franz
Durst fur die Forderung und Unterstutzung dieser Arbeit und die Moglichkeit an seinem Insti-
tut tatig zu sein. Sein Engagement und seine Freude, stromungsmechanisches Wissen wahrend
der Sarntaler Ferienakademie 2002 an Studenten weiterzugeben, entzundete in mir den großen
Wunsch, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an seinem Lehrstuhl mit durchzufuhren.
Ferner mochte ich Prof. Dr.-Ing. Dimosthenis Trimis, meinem ehemaligen Gruppenleiter
und jetzigen Inhaber des Lehrstuhls fur Gas- und Warmetechnische Anlagen der Bergakademie
Freiberg fur die Ubernahme der Zweitbegutachtung und seine Denkanstoße sowie die stets
gute Zusammenarbeit herzlich danken.
Ganz besonders mochte ich mich bei Prof. Dr.-Ing. habil. Karl-Ernst Wirth fur die Erstel-
lung des dritten Gutachtens bedanken, welches er mir ohne Zogern und mit sichtlicher Freude
versprach.
Ein ebenso großer Dank gilt dem ehemaligen Gruppenleiter der Verbrennungsgruppe Dr.-
Ing. Franz von Issendorff, der Anstoß und Grundlage dieser Arbeit legte, sowie dem neuen
Gruppenleiter Dr. Jovan Jovanovic fur seine Unterstutzung und seinen Zuspruch.
Eine wichtige Unterstutzung waren mir stets die Mitarbeiter aus der Mechanik- wie auch
Elektronikwerkstatt. Besonders zu nennen sind hierbei Heinz Hedwig und Josef Svedja, sowie
Rolf Zech und Horst Weber, ohne deren engagierte und ideenreiche Zusammenarbeit der ex-
perimentelle Teil dieser Arbeit nicht so hatte durchgefuhrt werden konnen.
Daruber hinaus mochte ich allen Kollegen und Mitarbeitern des LSTM-Erlangen fur die
angenehme Arbeitsatmosphare danken sowie fur alle inspirierende Diskussionen. Auch allen
Studenten, die einen Anteil an dieser Arbeit hatten, soll an dieser Stelle gedankt sein. Insbe-
sondere mochte ich Thomas Zeiser danken, der mir eine große Hilfe war, modeFRONTIER am
I
II
Cluster zum Laufen zu bringen.
Schließlich mochte ich meinem Mann Florian einen großen Dank aussprechen, fur seine
großartige Unterstutzung und fur alle wertvollen Diskussionen und sein großes Verstandnis.
Ferner mochte ich meiner Schwester Renata fur ihren immer wahrenden Zuspruch und ihre
liebevolle Unterstutzung danken. Ein großer Dank gilt auch meinem Vater, meinen Schwieger-
eltern, meinen Schwestern Elisabeth und Katharina, meinen Brudern Friedrich und Thomas
sowie deren Ehepartern und Kindern, die sich stets interessiert nach dem Verlauf der Arbeiten
erkundigten, und so eine große Stutze waren. Auch meiner Mutter und meinem Stiefvater
mochte ich danken, da sie mir durch ihre Unterstutzung und Forderung diesen akademischen
Weg ermoglichten.
Erlangen, Mai 2008 Mirjam Altendorfner
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit beschreibt eine neuartige Auslegungsstrategie mittels automatischer Op-
timierungsmethoden mit mehreren Zielfunktionen im Bereich komplexer thermo-fluiddynami-
scher Systeme. Anders als bei Optimierungen mit nur einer Zielfunktion, haben Optimierungen
mit mehreren Zielfunktionen nicht eine, sondern viele Losungen, die die so genannte Pareto-
Front aufspannen. Die Losungen auf dieser Pareto-Front sind untereinander indifferent, dass
heißt, eine Losung ist bezuglich eines Zieles besser als eine andere Losung, jedoch mindestens
in einem anderen Ziel schlechter. Nur durch ubergeordnete Informationen kann eine Auswahl
einer Losung erfolgen. Genetische Algorithmen stellen hierbei eine Methode dar, Optimierun-
gen mit mehreren Zielfunktionen gleichzeitig zu behandeln. Diese haben ein großes Potential
in der Ingenieurtechnik, da viele Problemstellungen von Interesse mehrere Ziele verfolgen.
Um einen großen Praxisbezug herzustellen, wird die Auslegungsstrategie basierend auf
Mehrzieloptimierungsalgorithmen am konkreten Beispiel der Auslegung eines komplexen Warme-
tauschersystems, das von einem Porenbrenner beheizt wird, durchgefuhrt (sog. Heat Cell),
deren Aufgabe es ist, die Stoffstrome Wasser-Dampf, Luft und Diesel fur die Umsetzung in
einem autothermen Reformer auf die unterschiedliche Temperaturniveaus zu erwarmen. Dieser
autotherme Reformer soll Wasserstoff- und Kohlenmonoxid-reiches Gas fur die Umsetzung in
einer Schmelzkarbonat (Molten Carbonate) Brennstoffzelle bereitstellen, die als Hilfstriebwerk
(Auxiliary Power Unit, APU) auf einem Schiff im Hafenbereich elektrische Energie erzeugen
soll, um den hohen Abgasanforderungen in Hafennahe gerecht zu werden.
Die Warmequelle der Heat Cell soll in diesem Fall durch einen Porenbrenner realisiert wer-
den, der durch seine einzigartigen Merkmale fur den Einsatz besonders geeignet ist. Durch die
hohe Verbrennungsstabilitat selbst bei großen Leistungs- und Luftzahlmodulationen sowie der
hohen Strahlungswarme konnen hocheffiziente, leichte und kompakte Warmetauschersysteme
konstruiert werden, deren Regelung extrem prazise erfolgen kann.
Die Arbeit untergliedert sich in drei Teile. Einerseits die stationare Optimierung der Warme-
tauscherrohrbundel, bei der in ausgiebigen quasi-zweidimensionalen Analysen die besten Algo-
rithmen fur die Optimierung und die Erstellung der Startpopulation ermittelt werden, welche
fur die Optimierung von aufwandigen dreidimensionalen Modellen herangezogen werden. Ziel
dieser Optimierungen ist hierbei die Bestimmung der optimalen Rohranordnung und -geometrie
der Warmetauscher unter besonderer Berucksichtigung der Porenbrennerstrahlung mit auto-
matischen Mehrzieloptimierungsalgorithmen. Die verfolgten Optimierungsziele stellten dabei
die Minimierung des Druckverlustes und Maximierung des Warmeubergangs dar. Ergebnisse
dieser stationaren Optimierung werden andererseits fur die Erstellung eines instationaren Mo-
dells herangezogen, welches das transiente Verhalten der gesamten Heat Cell betrachtet. Die
III
IV
durchgefuhrte Optimierung zielt darauf ab, eine optimale Kombination aus Porenbrennerlei-
stung, Luftverhaltnis und Warmetauscherflachen zu bestimmen, mit einer maximalen Effizienz,
minimalen Aufheizzeit und minimalem Gewicht und Große. Abschließend wird die Auslegung
und Konstruktion eines experimentellen Aufbaus beschrieben, der ein verkleinertes Modell der
Heat Cell darstellt. Zudem werden statt Wasserdampf, Luft und statt Diesel, Wasser als auf-
zuwarmende Strome eingesetzt. Ein Vergleich zwischen dem instationaren Modell (ebenso fur
die anderen Fluidstrome und Große angepasst) und den experimentell ermittelten Daten wird
zum Schluss durchgefuhrt. Die Ergebnisse fur den Volllastbetrieb decken sich fast vollstandig
mit den Modelldaten. Im Teillastbetrieb ergeben sich abweichende Temperaturen, was auf
einen erhohten Anteil an Warmeverlusten zuruckzufuhren ist.
In dieser Arbeit wird gezeigt, dass mit der Verwendung von automatischen Optimierungs-
algorithmen signifikant die Warmetauscherflachen reduziert werden konnen, was zu enormen
Einsparungen bezuglich der Masse und der Investitionskosten fuhrt. Daruber hinaus wird die
Effizienz des Gesamt-Systems optimiert durch die Identifizierung der besten Kombination aus
Porenbrennerleistung, Luftzahl und der Warmetauscherflachen. Dies wird durch den Vergleich
mit experimentellen Untersuchungen an einem verkleinerten Modell und der daraus erhalte-
nen hohen Genauigkeit der Simulationen mit der Wirklichkeit bestatigt. Zusatzlich wird durch
eine detaillierte Analyse des Systemverhaltens der Heat Cell herausgearbeitet, wie Porenbren-
nerleistung und Luftuberschuss eingesetzt werden mussen, um die Auslasstemperaturen fur
Wasser-Dampf, Luft und Diesel zu regeln.
Abstract
This work describes a novel design strategy using automatic multi-objective optimisation algo-
rithms for complex thermo-fluid-dynamical systems. In contrast to single-objective optimisation
problems, multi-objective optimisation problems have several solutions which form the so cal-
led Pareto-front. The solutions of this Pareto-front are indifferent amongst each other, i.e. a
solution is better concerning one objective but worse in at least one other. Genetic algorithms
are a method to solve those multi-objective optimisation problems, so that they have a great
potential for the engineering technique, because most problems deal with several contradicting
objectives.
For a highly practical component, this design strategy based on multi-objective optimisation
algorithms will be used on the concrete example of the design of a complex heat exchanger
system (so called heat cell) which is heated by a porous burner. The main objective of this
heat exchanger system is to heat up the process fluids water steam, air and diesel which will
be used in an auto-thermal reformer to produce hydrogen and carbon-monoxide-rich gas for
a Molten Carbonate Fuel Cell. This fuel cell is supposed to be installed on a ship to produce
electricity as an auxiliary power unit in or close to harbours where regulations for combustion
emissions are extremely strict.
This work is divided in three parts. Firstly, the optimisation of the stationary heat transfer
is described. In this chapter, a quasi-two dimensional abstract model of the stationary pro-
cesses will be used to investigate the optimal DOE and optimisation algorithms for this kind
of problem. Following this, extensive investigations are carried out with a three dimensional
model to determine the influence of the porous burner radiation heat flux on the heat transfer
coefficients of different geometries. The objectives of this optimisation are the minimisation of
the pressure drop and the maximisation of the heat transfer. Those results are used to define
an instationary heat transfer model which is used in the second part of this thesis to examine
the transient behaviour of the complete heat cell. The optimisation of the instationary model
is supposed to identify optimal combinations of porous burner power and excess air ratio as
well as heat exchanger areas with a maximum efficiency, minimum time to reach steady state
and minimum mass and size. Finally, a smaller scaled experimental set up is designed and
extensively investigated.
This work shows that with the application of automatic multi-objective optimisation al-
gorithms in combination with numerical simulation tools significant reductions in the heat
transfer areas are possible resulting in enormous cost and weight reductions. Moreover, the
overall efficiency of the system is increased by identifying the best combination of porous
burner power, excess air ratio and heat exchanger areas. This is proven by the comparison
V
VI
of the experimental investigation with simulation results which show very good agreement.
Additionally, with a detailed analysis of the system behaviour of the heat cell it is possible to
define how the porous burner power and excess air ratio have to be used to control the outlet
temperatures of steam, air and diesel.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Ziel der Arbeiten 1
1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Die Porenbrennertechnik als Basis neuer thermischer Verfahren . . . . . . . . 2
1.3 Optimierungsverfahren und deren Anwendung in der thermischen Verfahrens-
technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.4 Struktur der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2 Grundlagen der Pareto-Optimierung 15
2.1 Einfuhrung in die Pareto-Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.1.1 Optimierungsprobleme mit mehreren Zielfunktionen . . . . . . . . . . 15
2.1.2 Grundsatze und Ziele von Vektoroptimierungsproblemen . . . . . . . . 16
2.2 Optimierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.2.1 Klassische Losungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.2.2 Evolutionare Algorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.3 Spezielle genetische Algorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.3.1 MOGA-II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.3.2 NSGA-II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.3.3 ARMOGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.3.4 FMOGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
2.3.5 Vergleichsgroßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
2.4 Das Programm”modeFRONTIER“ und seine Anwendung . . . . . . . . . . . 31
3 Anwendung der Pareto-Optimierung am stationaren Warmetauschermodell 35
3.1 2-D Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.1.1 Modell-Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.1.2 Variablen, Zielfunktionen und Definitionen in modeFRONTIER . . . . 38
3.1.3 Bestimmung der wahren Pareto-Front . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.1.4 Start-Populationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.1.5 Optimierungsalgorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.2 3-D Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.2.1 Variablen, Zielfunktionen und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.2.2 3-D Modell mit Porenbrennerstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
3.2.3 3-D Modell ohne Porenbrennerstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
VII
VIII INHALTSVERZEICHNIS
4 Anwendung der Pareto-Optimierung am instationaren Warmetauschermodell 69
4.1 Darstellung der Heat Cell in Matlab/Simulink zur Simulation des dynamischen
Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.1.1 Annahmen und Vereinfachungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.1.2 Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.1.2.1 Konvektive Warmeubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.1.2.2 Porenbrenner und Strahlungswarmeubertragung . . . . . . . 75
4.2 Optimierung des dynamischen Verhaltens der Heat Cell . . . . . . . . . . . . . 76
4.2.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4.2.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.3 Prinzipielles dynamisches Verhalten der Heat Cell . . . . . . . . . . . . . . . . 80
5 Experimentelle Untersuchungen 89
5.1 Skalierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
5.2 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
5.3 Versuche zum Warmeubergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
5.4 Vergleich der experimentellen Untersuchungen mit Simulations-Ergebnissen . . 98
6 Zusammenfassung und Ausblick 103
Literaturverzeichnis 117
Abbildungsverzeichnis 119
Tabellenverzeichnis 121
Verwendete Formelzeichen und
Abkurzungen
Lateinische Buchstaben
Zeichen Einheit Bedeutung
A m2 Flache
~a − binares Individuum des Individuenraumes eines
genetischen Algorithmus
b m Schichtdicke
cp J/kgK Warmekapazitat
f − Ordnungszahl der Generation
H W/s Enthalpiestrom
Hu kW/kg unterer Heizwert
k W/m2K Warmedurchgangskoeffizient
Lmin kg/kg Mindestluftmenge
l − Lange der binaren Zeichenfolge eines Individuums
lc m charakteristische Lange
lx − Lange der binaren Zeichenfolge eines Segments
eines Individuums
m − Anzahl an Zielfunktionen
m kg Massenstrom
mWand kg Masse der Warmetauscherrohre
mP − Anzahl an Individuen
n − Anzahl an Designvariablen
P W Leistung
P (t) − Population
p Pa Druck
pm − Mutationswahrscheinlichkeit
IX
X INHALTSVERZEICHNIS
Zeichen Einheit Bedeutung
Q W/s Warmestrom
RX m Horizontale Halbachse
RY m Vertikale Halbachse
s − Selektionsoperator
s1 m horizontaler Rohrabstand
s2 m vertikaler Rohrabstand
t s Zeit
T K Temperatur
U m/s Stromungsgeschwindigkeit
V m3 Volumen
x − Variablengrenze
Griechische Buchstaben
Zeichen Einheit Bedeutung
α W/m2K Warmeubergangskoeffizient
β − Anzahl an Nachkommen
µ − Anzahl an Elternindividuen
ǫ − Emissionsgrad
Ω − Menge an propabilistischen genetischen Operatoren
ω − propabilistische Operatoren
Φ − Fitnessfunktion
Ψ − vollstandiger Prozess zur Umwandlung von einer
Population in die nachste
σ W/(m2K4) Stefan Boltzmann Konstante (=5, 67 · 10−8)
ρ kg/m3 Dichte
η Pas dynamische Viskositat
λk W/mK Warmeleitfahigkeit eines Stoffes k
λ − Luftverhaltnis
INHALTSVERZEICHNIS XI
Dimensionslose Kennzahlen
Zeichen Bedeutung
Nu Nusselt-Zahl
Pr Prandtlzahl
Re Reynoldszahl
V er R − Dimensionslose Kennzahl zur Beschreibung der Rohrform
X Abstand − Dimensionslose Kennzahl zur Beschreibung
des horizontalen Rohrabstandes
YAbstand − Dimensionslose Kennzahl zur Beschreibung
des vertikalen Rohrabstandes
Indizes
Zeichen Bedeutung
a Außen
ad adiabat
h Heiße Fluidstrome
i Innen
m Mittelwert
k Kalte Fluidstrome
s Feststoff
0 Bezugspunkt
Kapitel 1
Einleitung und Ziel der Arbeiten
1.1 Motivation
Im Zuge der Globalisierung und des weltweit wachsenden Energie- und Rohstoffbedarfs stei-
gen der Innovations- und Kostendruck fur Unternehmen stark an. Zudem verscharft sich der
Technologiewettbewerb, Forschung und Entwicklung werden noch mehr als heute zur Voraus-
setzung von Markterfolgen der Industrie [51]. Durch den wachsenden Konkurrenzdruck vor
allem aus Landern mit niedrigen Arbeitskosten und geringen Umweltauflagen wird die effizien-
tere Nutzung von Energie und Rohstoffen in industriellen Prozessen immer wichtiger. Zudem
steigen die Bestrebungen, Schadstoffemissionen immer weiter zu senken. Aus diesem Grund,
den steigenden Energiebedarf zu decken, hohe Wirkungsgrade zu erreichen und niedrige Schad-
stoffemissionen zu generieren, ergibt sich die Notwendigkeit grundlegend neuer Ansatze fur die
Auslegung neuer Prozesse und Anlagen wie auch fur die Anpassung bereits bestehender. Ein
moglicher Losungsansatz stellt hierbei die die Verwendung automatischer Optimierungsmetho-
den dar, die in der Lage sind kombiniert mit dreidimensionalen Stromungssimulationen oder
komplexen transienten Modellberechnungen, mehrere Zielfunktionen gleichzeitig zu behandeln,
um so optimale Bauteile und Prozesse auszulegen.
Im Allgemeinen hat sich das Gebiet der Optimierung in den letzten 25 Jahren von einer
akademisch interessanten Methode zu einer Technologie entwickelt, die enormes Potential in
der industriellen Entwicklung aufweist. Dabei wuchs die Forschung in der Formulierung, Losung
und Analyse von mathematischen Optimierungsprogrammen ungemein an [12]. Die rasanten
Entwicklungen von leistungsstarken Computer-Systemen und Clustern ermoglicht heutzuta-
ge die Integration von automatischen Optimierungsverfahren in den Prozess der Ingenieur-
Entwicklung. Dafur ist es notwendig, detaillierte mathematisch-physikalische Modelle aufzu-
stellen, die mit einem passenden Optimierungsalgorithmus gekoppelt werden. Im Vergleich zu
den im Ingenieurwesen normalerweise ublichen”trial and error“ Verfahren, die auf einem in-
tuitiven Erfahrungsansatz beruhen, ist das Auffinden von optimalen Losungen mit Hilfe von
mathematischen Optimierungsalgorithmen zuverlassiger und leistungsfahiger, wenn sie korrekt
angewendet werden.
Die modernen Anforderungen, die an die Optimierungsverfahren gestellt werden sind viel-
faltig. Einerseits muss es moglich sein, eine große Anzahl an Design-Variablen vorzugeben,
1
2 KAPITEL 1. Einleitung und Ziel der Arbeiten
ohne signifikant an der Leistungsfahigkeit des Algorithmus zu verlieren. Daruber hinaus soll-
ten diese Methoden automatisch nach Start der Applikation ohne weitere Einflussnahme des
Bedieners die optimale Losung bzw. optimale Losungen berechnen. Eine weitere Anforderung
an die Optimierungsmethode ist das Auffinden von globalen Optima, auch wenn im Losungs-
raum mehrere lokale Maxima oder Minima vorhanden sind. Eine besondere Herausforderung
stellen hierbei die Optimierungsprobleme mit mehreren in Konflikt stehenden Zielfunktionen
dar. Anders als bei Problemen mit einer Zielfunktion, die eine optimale Losung hat, gibt es
viele verschiedene optimale Losungen (Pareto-Losungen). Mit ubergeordneten Informationen
kann aus dieser Losungsmenge der beste Kompromiss gefunden werden.
Aus diesen Grund zielt die vorliegende Arbeit darauf ab, eine neuartige Auslegungsstrategie
fur komplexe thermo-fluiddynamische Systeme basierend auf Mehrziel-Optimierungsalgorith-
men in Kombination mit numerischen Simulationen darzustellen. Dabei werden sowohl die
unterschiedlichen Moglichkeiten, als auch die Grenzen dieser Methoden aufgezeigt. Um einen
großen Praxisbezug sicherzustellen, wird die vorliegende Arbeit an dem konkreten Beispiel der
Auslegung der so genannten Heat Cell durchgefuhrt, die eine Hauptkomponente der Refor-
mereinheit fur ein Brennstoffzellensystem darstellt. Dieses hat die Aufgabe als so genannte
Auxiliary Power Unit (APU) den elektrischen Energiebedarf eines großen Schiffes im Hafen
zu decken, da hier besonders hohe Anforderungen an Abgasemissionen gestellt werden. Die
Aufgabe der Heat Cell besteht darin, die Prozessfluide Wasserdampf, Luft und Dieselol auf die
geforderten unterschiedlichen Temperaturniveaus mit dem Abgas eines Porenbrenners aufzu-
heizen.
Die Porenbrennertechnologie weist mit ihren speziellen charakteristischen Eigenschaften
große Vorteile in vielen industriellen Prozessen auf. Im Bereich der thermischen Verfahren,
wo elektrische Heizsysteme nur bedingt einsetzbar sind, konnen Porenbrenner beispielsweise
exakt homogene Temperaturprofile, eine große Modulierbarkeit und kompakte Bauteilgroßen
realisieren, was mit konventionellen Verbrennungstechniken haufig nur unzureichend erreicht
werden kann.
Im folgenden Abschnitt soll die Funktionsweise und die Merkmale der Porenbrennertechno-
logie im Vergleich zu konventionellen Verbrennungstechniken aufgezeigt werden. Zudem wird
auf die moglichen Anwendungsgebiete und die sich ergebenen Vorteile naher eingegangen.
Anschließend wird das Brennstoffzellensystem, das die Optimierungsgrundlage dieser Arbeit
darstellt, und seine Anforderungen beschrieben. Daruber hinaus wird die Vorgehensweise bei
der Optimierung ausfuhrlich erklart.
1.2 Die Porenbrennertechnik als Basis neuer thermischer
Verfahren
Die Porenbrennertechnik ist eine hoch moderne Verbrennungstechnik fur gasformige vorge-
mischte Brennstoff-Luft-Gemische. Die vielschichtigen Anwendungsgebiete reichen vom Ein-
satz in Haushaltsheizgeraten uber Industrie-Strahlungsbrenner bis zu Industrieanwendungen
unter erhohtem Druck (Gasturbinen, Partikelerzeugung). Daruber hinaus wurden Reaktoren
1.2. Porenbrennertechnik 3
zur HCl-Synthese und FCKW-Verbrennung mit porosen inerten Medien realisiert. Ein beson-
deres Merkmal dieser Brenner liegt an dem hohen Anteil an Warme, die uber Strahlung an
die Umgebung abgegeben wird, was bis zu 45 % der gesamten Brennerleistung betragen kann.
Zusatzlich ergibt sich durch die thermische Tragheit der porosen Struktur eine sehr hohe Ver-
brennungsstabilitat, die sogar die von nicht-vorgemischten Flammen ubertreffen kann. Durch
die spezielle Stabilisierung im Porenbrenner konnen Leistungsmodulationen von 1:20 realisiert
werden. Dies macht die Porenbrennertechnologie zu einer interessanten Alternative in der in-
dustriellen thermischen Verfahrenstechnik.
Der Verbrennungsprozess in einem Porenbrenner erfolgt in den Hohlraumen einer ke-
ramischen Struktur. Voraussetzung fur die mogliche Ausbreitung einer Flamme in solchen
Hohlraumen ist ein gewisses Mindestverhaltnis zwischen Warmezufuhr durch die Umsetzung
des Brennstoff-Luftgemisches und Warmeabfuhr an die Feststoffmatrix. Dies kann nach Babkin
[3], der seine Untersuchungen bei ruhenden Gasgemischen in kalten inerten porosen Medien
durchfuhrte, durch eine modifizierte Peclet-Zahl (Pe-Zahl) ausgedruckt werden:
Pe =sL · dp,eff · ρf · cpf
λf
=Warmeproduktion
Warmeabfuhr(1.1)
Mit dp,eff als effektiver Porendurchmesser und ρf , cpf und λf als die Fluid Dichte, Warme-
kapazitat bzw. Warmeleitfahigkeit. Nach Babkin ist oberhalb einer kritischen Peclet-Zahl von:
Pe ≥ 65
eine Flammenausbreitung moglich, wohingegen bei kleineren Werten der Peclet-Zahl thermi-
sches Quenchen auftritt. Dieses Kriterium wurde von Trimis [63] erfolgreich auch auf stati-
onar durchstromte heiße porose inerte Medien angewendet. Basierend auf diesen Erkenntnis-
sen, wurde der heute verwendete Aufbau eines typischen Porenbrenners entwickelt. Nach der
(a) Porenbrenner (b) laminare Flamme
Abbildung 1.1: Aufbau des Porenbrenners und laminare Flamme im Vergleich
Mischkammer, in der Brennstoff und Luft homogen miteinander vermischt werden, schließt
sich eine so genannte Zone A an, die mit einer Pe-Zahl kleiner 65 als Flammensperrenregi-
on fungiert. An diese schließt nahtlos die Zone C an, deren Porengroßen so gewahlt werden,
4 KAPITEL 1. Einleitung und Ziel der Arbeiten
dass sich eine Pe-Zahl großer als 65 ergibt, somit eine Flammenausbreitung moglich ist. Ab-
bildung 1.1 zeigt im Vergleich einen Porenbrenner mit seinem typischen Aufbau und eine
laminare (vorgemischte) Flamme. Durch das Einbringen eines Feststoffes in den Brennraum
treten beim Porenbrenner im Vergleich zu laminaren Flammen zusatzliche Grundprozesse auf,
die in Abbildung 1.2 und 1.3 zusammengefasst wurden. Die in laminaren Flammen auftreten-
den Grundprozesse konnen formell in Diffusion, Konvektion und Reaktion zusammengefasst
werden. Die Diffusion von Warme und Spezies kann als zweite Ortsableitung der Tempera-
tur bzw. Spezieskonzentration, die Konvektion als erste Ortsableitung der Temperatur bzw.
Spezieskonzentration und die Reaktion als Quellterm betrachtet werden. Die sich bei lami-
naren Flammen ergebenen Brenngeschwindigkeiten werden von diffusiven Effekten dominiert
und sind daher relativ langsam (Methan-Luftflammen mit λ = 1: sL ≈ 0.5ms). Bei der
Abbildung 1.2: Zusammenfassung der Grundprozesse in laminaren Flammen [22]
Verbrennung in porosen inerten Medien spielt die Dispersion von Warme und Spezies, die
ahnlich der Diffusion als Dispersionskoeffizient multipliziert mit der zweiten Ortsableitung der
Temperatur bzw. Spezieskonzentration ausgedruckt werden kann, eine bedeutende Rolle. Die
Dispersionsvorgange in der porosen Struktur verursachen eine intensive Ruckmischung und
damit eine Erhohung der Brenngeschwindigkeit. Zusatzlich wird das anstromende Brennstoff-
Luftgemisch durch die hohe Warmeleitfahigkeit und Warmestrahlung der porosen Struktur
signifikant vorgewarmt, so dass sich eine weitere Erhohung der Brenngeschwindigkeit ergibt.
Dieser charakteristische Effekt der Warmestrahlung an das anstromende Gemisch und die
Umgebung kann durch einen weiteren Quellterm neben der Reaktion berucksichtigt werden.
Werden die Warmetransportphanomene Diffusion/Dispersion, Konvektion und Strahlung zu
einer effektiven Warmeleitfahigkeit zusammengefasst, so ist diese im Vergleich zu freien Flam-
men um einen Faktor von 102−103 erhoht [68]. Dies fuhrt zu einer 20-30-fachen Erhohung der
1.2. Porenbrennertechnik 5
Abbildung 1.3: Zusammenfassung der Grundprozess im Porenbrenner
Brenngeschwindigkeit im Vergleich zu laminaren Flammen [63], was den Betrieb bei deutlich
erhohten Gasdurchsatzen im Vergleich zu konventionellen Verbrennungstechniken ermoglicht.
Ein Vergleich der Flammenausbreitungsprozesse von laminaren und turbulenten freien Flam-
men sowie der Verbrennung in porosen Medien kann Abbildung 1.4 entnommen werden.
Die Flammenfront im porosen Medium dehnt sich uber einen dreidimensionalen Bereich
aus, so dass fur Methan-Luft-Gemische Leistungsdichten von bis zu 3 MW/m2 (unter at-
mospharischen Bedingungen) realisiert werden konnen [46]. Ferner bewirkt die gleichmaßige
Temperaturverteilung und hohe Strahlung des Porenbrenners, dass sich ein Temperaturniveau
einstellt, bei dem einerseits die Bildung von Stickoxidemissionen deutlich verringert sind, wie
auch andererseits Kohlenmonoxid vollstandig abgebaut wird. Abbildung 1.5 zeigt einen Ver-
gleich zwischen dem Temperaturprofil einer laminaren freien Flamme und eines Porenbrenners
bestehend aus Zone A und Zone C.
Die Zonen Einteilung in Abbildung 1.5 (Zone A und C) gelten nur fur den Porenbrenner.
Der Beginn der freien Flamme fallt mit dem Beginn der Zone C zusammen. Die beiden qua-
litativen Temperaturprofile zeigen, dass bei dem Porenbrenner eine signifikante Vorwarmung
des Brennstoff-Luft-Gemisches bereits in der Zone A erfolgt. Der Temperaturanstieg in der
Verbrennungszone ist fur den Fall der freien Flamme deutlich steiler als im Porenbrenner, da
die Flammenfront in porosen inerten Medien verbreitert ist. Ebenso ist die maximale Tempera-
tur im Porenbrenner durch die intensive Warmeabstrahlung des Festkorpers deutlich niedriger
als bei der freien Flamme. Aus dem selben Grund sinkt die Temperatur im Porenbrenner nach
der Verbrennungszone starker ab.
Aufgrund des Stabilisierungskonzeptes eignen sich zur Verbrennung im Porenbrenner diverse
gasformige Brennstoffe, wie z.B. Methan, Propan, Erdgas und Wasserstoff. Daruber hinaus
konnen auch flussige Brennstoffe eingesetzt werden, wenn vor dem Eintritt in den Brenner eine
6 KAPITEL 1. Einleitung und Ziel der Arbeiten
Abbildung 1.4: Vergleich der Flammenausbreitungsprozesse und der sich dadurch ergebenen
Brenngeschwindigkeiten fur laminare und turbulente freie Flammen sowie der Verbrennung in
porosen Medien
Abbildung 1.5: Vergleich der Temperaturprofile einer freien Flamme und eines Porenbrenners
1.2. Porenbrennertechnik 7
Verdampferstufe eingebaut wird. So konnte beispielsweise ein Olbrenner mit vorgeschaltetem
Kalt-Flammen-Verdampfer fur eine Haushaltsheizung konstruiert und gebaut werden ([39],
[64]).
Da die wesentlichen Vorteile der Porenbrennertechnologie durch die Feststoffeigenschaften
der eingebrachten porosen Matrix bestimmt werden, hat die Werkstoffwahl eine immense Be-
deutung. Die meisten technisch relevanten Anwendungen weisen Verbrennungstemperaturen
von 1400 C und mehr auf. Aufgrund dieser hohen thermischen Belastungen kommen nur
keramische Bauteile fur den Einsatz im Porenbrenner in Frage. Da die Aufgaben der zwei
verschiedenen porosen Strukturen im Porenbrenner (Zone A und C) sehr unterschiedlich sind,
werden auch teilweise unterschiedliche Anforderungen an diese gestellt. Fur die Flammensper-
renregion (Zone A) wird eine niedrige Warmeleitfahigkeit verlangt, damit das anstromende
Gasgemisch nicht uber seine Zundtemperatur hinaus vorgewarmt wird. Zudem ist eine nied-
rige Mikroporositat vorteilhaft. Im Gegensatz dazu wird fur die Verbrennungsregion (Zone C)
eine hohe Warmeleitfahigkeit benotigt. Daruber hinaus wird die Zone C durch die oxidati-
ve Atmosphare der Verbrennungsprozesse stark belastet, so dass nur Materialien mit hoher
oxidativer Bestandigkeit eingesetzt werden konnen. Fur beide Zonen muss eine hohe Tempe-
raturwechselbestandigkeit vorliegen, um lange Betriebszeiten realisieren zu konnen.
Es wurden bereits verschiedenste Materialien im Porenbrenner getestet [49]. Zurzeit sind
die am meisten verwendeten Materialien keramische Schaume aus silizium-infiltriertem Silizi-
umcarbid (SiSiC) und Aluminiumoxid (Al2O3) Mischer-Strukturen (Abbildung 1.6).
(a) SiSiC-Schaum (b) Al2O3-Mischer
Abbildung 1.6: Meist verwendete Materialien fur den Porenbrenner
8 KAPITEL 1. Einleitung und Ziel der Arbeiten
1.3 Optimierungsverfahren und deren Anwendung in der
thermischen Verfahrenstechnik
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll das Anwendungspotential und die Durchfuhrungs-
moglichkeiten von Mehrziel-Optimierungsalgorithmen als neuartige Auslegungsstrategie fur
komplexe thermo-fluiddynamische Systeme untersucht werden. Als konkretes Beispiel wurde
hierbei die Auslegung eines komplexen Warmetauschersystems gewahlt, welches mittels den
Abgasen eines Porenbrenners drei verschiedene Prozessfluide auf unterschiedliche Tempera-
turniveaus aufheizt. Da der eingesetzte Porenbrenner mit Diesel-Ol betrieben wird, muss eine
Verdampferstufe vorgeschaltet werden. In diesem Falle handelt es sich um einen kalte Flammen-
verdampfer. Das betrachtete Warmetauschersystem (Heat Cell) stellt eine Hauptkomponente
der Reformereinheit dar, die mit einer Schmerzkarbonat (Molten Carbonate) Brennstoffzelle
kombiniert wird fur den Einsatz auf Schiffen. Dabei betragt die maximale elektrische Leistung
der Brennstoffzelle 500 kW. Mittels eines autothermen Reformers wird aus Diesel, Luft und
Wasserdampf ein Wasserstoff- und Kohlenstoffmonoxid reiches Gas erzeugt, was in der Brenn-
stoffzelle in elektrische Energie umgewandelt wird. Aufgabe der Heat Cell ist, die Prozessfluide
auf die benotigten Temperaturniveaus aufzuheizen. Der Aufheizprozess unterliegt dabei diver-
sen Limitierungen, die einerseits durch die Heat Cell selbst, benachbarte Komponenten und
den globalen Prozess auferlegt werden, zum anderen durch den Einsatzort der Anlage. So sind
beispielsweise die Große und Masse der Heat Cell begrenzt, um die Montage auf einem Schiff
zu ermoglichen. Fur einen großtmoglichen Gesamtwirkungsgrad der Anlage, wird ferner ein
moglichst geringer Druckverlust jeder einzelnen Komponente gefordert sowie eine moglichst
geringe notwendige Brennerleistung. Daruber hinaus sind Verbrennungstemperaturen von ma-
ximal 1560 C einzuhalten, um eine Materialschadigung der keramischen Strukturen im ver-
wendeten Porenbrenner zu vermeiden. Da Diesel-Ol in bestimmten Temperatur-Bereichen zu
Ablagerungsbildung neigt, aber auch eine Mindesttemperatur im anschließenden Entschwe-
feler notwendig ist, muss ein schmales Temperaturfenster nach dem Diesel-Warmetauscher
eingehalten werden. Abschließend ist die Mischungstemperatur der drei Prozessfluide vor dem
autothermen Reformer uber 420 C zu halten, um Kondensation im Reformer zu vermeiden,
was zu Effizienzverlusten fuhren wurde. Abbildung 1.7 zeigt eine schematische Darstellung der
wichtigsten Komponenten der Reformer-Einheit und die auferlegten Limitierungen, die sich
auf den Aufheizprozess der Heat Cell auswirken.
Da der Einsatzort auf einem Schiff deutliche mechanische (Wellen, Motorvibrationen) und
chemische (salzhaltige Luft) Beanspruchungen mit sich bringt, sind kleine und filigrane Kon-
struktionen wie beispielsweise Pins oder Fins aufgrund ihrer verminderten Robustheit zu vermei-
den. Daher werden die Warmetauscher der Heat Cell ausschließlich aus einfachen Rohrbundeln
bestehen. Die Untersuchungen an diesen Warmetauschern soll sich daher auf die Form der Roh-
re (elliptisch oder rund) sowie die horizontale und vertikale versetzte Anordnung konzentrieren,
um durch eine Beeinflussung der Stromung eine Erhohung der Warmeubertragung zu erzielen.
Da der Warmetauscher, der direkt uber dem Porenbrenner angeordnet ist, mit einem großen
Anteil an Strahlungswarme beaufschlagt wird, soll ferner die geometrische Optimierung des
ersten Warmetauschers in Abhangigkeit der Strahlung und Konvektion untersucht werden.
1.3. Optimierungsverfahren 9
Abbildung 1.7: Aufbau und Limitierungen der Heat Cell
Neben der Optimierung der Warmeubertragung im Allgemeinen soll eine moglichst prazise
und schnelle Regelung der Anlage gewahrleistet werden. Da zusatzlich zu der komplexen dreidi-
mensionalen thermo-fluiddynamischen Betrachtung eine transiente Untersuchung zu aufwandig
ist, wurde das in dieser Arbeit untersuchte Beispiel in drei Teilbereiche untergliedert. Einerseits
wurde in detaillierten stationaren dreidimensionalen Stromungssimulationen die geometrische
Optimierung der Rohre und ihre Anordnung durchgefuhrt. Anschließend wurde ein vereinfach-
tes Modell der Heat Cell erstellt, mit dem das instationare Verhalten untersucht und optimiert
wurde, um somit eine Regelungsstrategie fur die Heat Cell zu erarbeiten. Dabei wurde fur
den Warmeubergang und die Anordnung der Rohre auf Ergebnisse der Optimierung aus dem
stationaren Modell zuruckgegriffen. Die aus dem instationaren Modell gewonnenen Ergebnis-
se wurden abschließend mit experimentellen Untersuchungen zum Warmeubergang in einem
verkleinerten Modell der Heat Cell verglichen.
Abbildung 1.8 gibt graphisch den Aufbau dieser Arbeit wieder. Die Heat Cell ist mehre-
ren Limitierungen unterworfen, die als Eingangsgroßen die Grundlage der Auslegungen bildet.
Die Auslegung wiederum ist dreigeteilt, wobei die Limitierungen stets eine Einflussgroße sind.
Zwischen den Auslegungsschritten existieren Verbindungen, die wichtige Ubergabegroßen dar-
stellen.
Fur die Optimierung des stationaren Warmeubergangs, wurden die Berechnungen mit ei-
nem dreidimensionalen Finite Volumen Verfahren (ANSYS CFX 11) durchgefuhrt. Hierbei wur-
den als Optimierungskriterien ein minimaler Druckverlust bei einem maximalen Warmeuber-
gang gewahlt. Daruber hinaus sollte die Rohrquerschnittsflache konstant bleiben, um ahnliche
10 KAPITEL 1. Einleitung und Ziel der Arbeiten
Limitierungen:
- Druckverlust
- Masse
-Tbrenner
-Treformer
- TDiesel
- Wirkungsgrad
Standard
Auslegung
Heat Cell
Optimierung
Stufe 1
Heat Cell
Optimierung
Stufe 2
Heat Cell
Experimentelle
Validierung
Heat Cell
stationäres
Modell
instationäres
Modell
Abbildung 1.8: Strukturierung und Zusammenstellung der Arbeiten
Stromungsverhaltnisse der einzelnen Rohrgeometrien zu gewahrleisten. Eine schematische Dar-
stellung des stationaren Modells kann in Abbildung 1.9 betrachtet werden.
Bezuglich der instationaren Optimierung der Heat Cell wurde ein transientes Differenti-
algleichungssystem fur die drei Warmetauscher mit Porenbrenner aufgestellt. Dabei wurde
jeweils eine Differentialgleichung fur die Temperatur auf der heißen, kalten und Wand-Seite
berucksichtigt. Als Variablen wurden die Leistung und Luftzahl des Brenners variiert, wahrend
das Verhaltnis der kalten Massenstrome und deren Eintrittstemperaturen als konstant gesetzt
wurden. Die Zusammenhange des transienten Modells sind in Abbildung 1.10 zu sehen. Die
Anordnung der Rohre in den Warmetauschern wurde dabei basierend auf den Optimierungs-
ergebnissen des stationaren Modells ausgewahlt.
Die speziellen Herausforderungen bei den stationaren Untersuchungen sind die automati-
sche Erzeugung eines strukturierten Gitters, das in Abhangigkeit der vorgegebenen Variablen
automatisch angepasst wird und in allen Fallen die Dicken der Temperatur- und Stromungs-
grenzschicht berucksichtigt sowie eine ausreichende Auflosung des gesamten Rechengebietes
sicherstellt und die Berucksichtigung und Abbildung der Strahlung durch den Porenbrenner.
Fur die Berechnungen kamen vier Intel Dempsey-CPU’s1 (3.2 GHz, 2 MB L2 Cache, Dualcore)
mit NetBurst Architektur zum Einsatz. Die Berechnung der Rohrbundelgeometrien wurde auf
einen reprasentativen Ausschnitt begrenzt, um die Berechnungszeit pro Design auf maximal
1Xeon 5060 aus der”DualCore Xeon DP“-Reihe
1.3. Optimierungsverfahren 11
Abbildung 1.9: Schematische Darstellung des stationaren Modells
Abbildung 1.10: Schematische Darstellung des instationaren Modells
12 KAPITEL 1. Einleitung und Ziel der Arbeiten
zwei Stunden zu begrenzen.
Eine spezielle Herausforderung der instationaren Untersuchungen war die Formulierung
eines transienten Warmeubertragungsmodells mit Hilfe der zuvor durchgefuhrten dreidimen-
sionalen Simulationen. Zusatzlich wurde die Strahlung durch den Porenbrenner aus empiri-
schen Daten und theoretischen Uberlegungen in Abhanigkeit der Luftzahl und Flachenlast
eingebunden. Ferner stellt die gleichzeitige Aufheizung von drei verschiedenen Fluiden auf
unterschiedliche Temperaturniveaus eine ganz besondere Herausforderung dar, insbesondere,
da eine effiziente Regelbarkeit der Heat Cell gefordert ist. Durch die serielle Anordnung der
Warmetauscher besteht eine starke Abhangigkeit zwischen diesen, so dass bei Lastwecheseln zu
niedrigeren Leistungen der erste Warmetauscher droht, zu heiß zu werden, da der Warmeuber-
gangskoeffizient nicht direkt proportional zur Leistung abnimmt, und somit eventuell zu wenig
Warme fur die beiden letzten Warmetauscher zur Verfugung steht. Zudem ist eine separa-
te Regelung der einzelnen Warmetauscher nicht moglich, was eine genaue Untersuchung des
zeitlichen Verhaltens notwendig macht.
Die Anforderungen an das Warmetauschersystem sind vielfaltig. Lastwechsel, oder auch das
Anfahren der Anlage soll in moglichst kurzer Zeit von statten gehen. Ferner, um den Gesamt-
wirkungsgrad der Anlage zu erhohen, darf die Leistungsaufnahme des Systems nicht zu hoch
sein, wobei hier ein Kompromiss zu der benotigten Warmetauscheroberflache gefunden werden
muss, da auch die Gesamtmasse der Anlage eine wichtige Rolle spielt. Diese Kriterien wurden
in ein Mehrzieloptimierungsproblem zusammengefasst und mit einem genetischen Algorithmus
die dazugehorige Pareto-Front bestimmt. Die fur die Anwendung optimale Kombination aus
Leistung, Luftzahl und Warmetauscheroberflachen wurde anschließend genau bezuglich des
zeitlichen Verhaltens analysiert. Diese Ergebnisse konnen fur die Entwicklung einer geeigneten
Regelstrategie genutzt werden.
Abschließend wurde ein verkleinertes Modell der Heat Cell ausgelegt und konstruiert.
Ausfuhrliche experimentelle Untersuchungen bezuglich der Systemcharakteristik und zeitlichen
Verhaltens wurden zum Abschluss dieser Arbeit mit den Ergebnissen des instationaren Modells
verglichen.
1.4 Struktur der Arbeit
Kapitel 2 beschreibt eine Einfuhrung in die mathematischen Grundlagen der Pareto-Optimierung.
Dabei wird der Unterschied zwischen Einziel- und Mehrzieloptimierungsproblemen erlautert.
Insbesondere wird hierbei auf den Begriff der Dominanz eingegangen. Anschließend werden
klassische und evolutionare Optimierungsverfahren diskutiert, und speziell die Grundlagen, De-
finitionen und Vorgehensweisen von genetischen Algorithmen erklart. Abschließend wird das
Programm modeFRONTIER und seine Anwendung in dieser Arbeit behandelt.
Kapitel 3 befasst sich zunachst mit der Optimierung eines reduzierten und abstrakten
Warmetauschermodells, das verwendet wird, um den besten genetischen Algorithmus von vier
vorher ausgesuchten und die notwendigen Parameter-Einstellungen zu identifizieren. Anschlie-
ßend werden diese Erkenntnisse bei der automatischen Optimierung eines komplexen drei-
dimensionalen Warmetauschermodells verwendet, wobei speziell der Einfluss der Strahlung
1.4. Struktur der Arbeit 13
untersucht wird.
In Kapitel 4 wird zunachst ein transientes Modell des komplexen Warmetauschersystems
mit beheizendem Porenbrenner vorgestellt, wobei die Strahlung des Brenners mitberucksichtigt
wird. Verschiedene Faktoren wie Brennerleistung, Luftzahl und Last wurden mittels automa-
tischer Optimierung untersucht, um eine optimale Losung zwischen dem zeitlichen Verhalten,
der Gesamtmasse und dem Wirkungsgrad zu erzielen.
Kapitel 5 beinhaltet experimentelle Untersuchungen eines verkleinerten Warmetauschersy-
stems. Zunachst werden die Ahnlichkeitsbetrachtungen fur die Auslegung des Versuchsstandes
erlautert, um anschließend das experimentell ermittelte zeitliche Verhalten vorzustellen. Ab-
schließend werden diese Ergebnisse mit denen des transienten Modells verglichen.
Kapitel 2
Grundlagen der Pareto-Optimierung
2.1 Einfuhrung in die Pareto-Optimierung
Unter Optimierung wird das Auffinden von einer oder mehreren moglichen Losungen verstan-
den, die Extremwerte von ein oder mehreren Zielen darstellen. In diesem Kapitel werden Mehr-
zieloptimierungsprobleme (Vektoroptimierungsprobleme) vorgestellt und verschiedene Metho-
den zu deren Losung erklart. Dabei wird insbesondere auf den Unterschied zu Optimierungs-
problemen mit nur einer Zielfunktion (skalare Optimierungsprobleme) eingegangen. Daruber
hinaus werden genetische Algorithmen und ihre Funktionsweise als Methode zur Losung von
Vektoroptimierungsproblemen dargestellt. Zum Schluss soll auf das Programm modeFRON-
TIER und seine Anwendung sowie auf die in dieser Arbeit eingesetzten genetischen Algorithmen
eingegangen werden.
2.1.1 Optimierungsprobleme mit mehreren Zielfunktionen
Die meisten praktisch-relevanten Optimierungsprobleme bestehen aus mehreren widerspruchli-
chen Zielfunktionen. Da in der Vergangenheit keine Losungsmechanismen fur Optimierungspro-
bleme mit mehreren Zielfunktionen zur Verfugung standen, wurden diese meist umformuliert
und als Optimierungsprobleme mit einer Zielfunktion gelost [19]. Es bestehen jedoch funda-
mentale Unterschiede zwischen Optimierungsproblemen mit einer oder mehreren Zielfunktio-
nen. Im Falle von nur einer Zielfunktion, wird bei der Losung des Optimierungsproblems nur
ein Extremwert bestimmt, wobei sich im Falle von mehreren, widerspruchlichen Zielfunktionen
eine Menge an Kompromiss-Losungen ergibt (Pareto-Menge). Fur eine gegebene Menge an
Losungen kann mit dem Prinzip der Dominanz nach Vilfredo Pareto [48] eine Teil-Ordnung
bestimmt werden (Notation nach [70]):
a ≻ b, wenn ∀ i ∈ 1, 2, . . . ,m : fi(a) ≤ fi(b)
∧∃ j ∈ 1, 2, . . . ,m : fj(a) < fj(b)(2.1)
Eine Losung ist besser als bzw. dominiert eine andere Losung wenn sie besser oder gleich ist
bezuglich aller Zielfunktionen, jedoch besser bezuglich mindestens einer Zielfunktion. Anhand
dieses Prinzips kann die Menge an Kompromiss-Losungen bzw. Pareto-Losungen erhalten wer-
den, indem all diejenigen Losungen entfernt werden, die von mindestens einer anderen Losung
15
16 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
dominiert werden. Die ubrigen Losungen sind indifferent, d.h. zwei beliebige Losungen sind
immer besser oder schlechter in mindestens einem Ziel. Die Menge an indifferenten Losun-
gen wird auch als Pareto-Menge bezeichnet. Ausgehend von einer Pareto-Losung kann eine
Verbesserung einer Zielfunktion nur auf Kosten von mindestens einer anderen Zielfunktion
erhalten werden. Zusatzliche Praferenz-Informationen des Designers sind notwendig, um eine
weitere Auswahl zu treffen.
Das allgemeine Optimierungsproblem mit mehreren Zielfunktionen (engl.: multi-objective
optimisation problem (MOOP)) wird wie folgt formuliert [19]:
Min/Max fm(x), m = 1, 2, ...,M ;
in Abhangigkeit von, gj(x) ≥ 0, j = 1, 2, ..., J ;
hk(x) = 0, k = 1, 2, ..., K;
x(L)i ≤ xi ≤ x
(U)i , i = 1, 2, ..., n.
(2.2)
Die Losung x ist ein Vektor mit n Entscheidungsvariablen: x = (x1, x2, ..., xn)T . Diese Ent-
scheidungsvariablen sind die freien Parameter, die der Designer variieren kann (auch Designva-
riablen). Dabei konnen diese Variablen kontinuierlich (z.B. Koordinaten, Prozessvariablen)
oder diskret (z.B. Anzahl an Komponenten) sein. Die letzte Menge von Nebenbedingungen
aus Gleichung (2.2) wird als Variablen Grenzen bezeichnet. Diese beschranken jede Entschei-
dungsvariable auf einen Wert innerhalb der unteren x(L)i und oberen x
(U)i Grenze. Diese Grenzen
definieren den Entscheidungsvariablen Raum D. Das allgemeine Optimierungsproblem beinhal-
tet J Ungleichungs- und K Gleichungsnebenbedingungen. Nebenbedingungen sind diejenigen
Großen, die dem Projekt auferlegt sind, d.h. Beschrankungen und Grenzen, die der Designer
einhalten muss aufgrund von Normen, Funktionsweisen etc. Die Terme gj(x) und hk(x) werden
als Nebenbedingungsfunktionen bezeichnet. Eine Losung, die weder die (J + K) Nebenbedin-
gungen noch die 2N Variablengrenzen erfullt, heißt auch nicht machbare Losung (engl. infeasi-
ble solution). Daruber hinaus werden M Zielfunktionen in der obigen Formulierung betrachtet,
die entweder maximiert oder minimiert werden sollen. Ist M > 1, so handelt es sich um ein
Optimierungsproblem mit mehreren Zielfunktionen (Pareto-Optimierungsproblem). Eines der
fundamentalen Unterschiede zwischen einem Optimierungsproblem mit einer oder mehreren
Zielfunktionen ist der, dass im Falle von mehreren Zielfunktionen, diese einen mehrdimen-
sionalen Raum zusatzlich zum Entscheidungsvariablen Raum (X) bilden. Dieser zusatzliche
Raum wird als Zielfunktionen-Raum (Z) bezeichnet. Abhangig von der Form von fm(x), x,
gj(x), hk(x) konnen verschiedene Optimierungsprobleme unterschieden werden.
2.1.2 Grundsatze und Ziele von Vektoroptimierungsproblemen
Wie bereits beschrieben besteht die Losungsmenge bei Mehrzieloptimierungsproblemen aus
zwei nicht-uberlappenden Bereichen, dem optimalen Bereich, bestehend aus den indifferenten
Losungen, und dem nicht-optimalen Bereich, bestehend aus den dominierten Losungen. Es
ist ohne weitere Informationen nicht moglich, eine Losung einer Pareto-optimalen Menge zu
bevorzugen. Im Unterschied zu Optimierungsproblemen mit nur einer Zielfunktion ergeben
sich zwei Ziele fur die Losung von Mehrzieloptimierungsproblemen. Zum einen wird fur einen
2.2. Optimierungsverfahren 17
idealen Losungsalgorithmus gefordert, dass die gefundenen Losungen moglichst nahe an die
Pareto-optimale Front heran reichen (Konvergenz), und zum anderen, dass die Losungsmenge
so verschieden wie moglich sein soll, um einen moglichst großen Bereich der Pareto-optimalen
Front abzubilden (Diversitat). Ein Optimierungsproblem mit nur einer Zielfunktion hingegen
hat nur ein Ziel, das Auffinden des einzigen (globalen) Optimums.
Es sei darauf hingewiesen, dass nur zu einem Optimierungsproblem mit widerspruchlichen
Zielfunktionen mehrere Pareto-optimale Losungen existieren. Sobald die Zielfunktionen nicht
widerspruchlich sind, entspricht die Machtigkeit der Pareto-optimalen Menge gleich eins.
2.2 Optimierungsverfahren
Prinzipiell gibt es nach [5] drei Losungsansatze fur Mehrzieloptimierungsprobleme, die sich
in der Art des Entscheidungsprozesses von einander unterscheiden. Dabei wird die endgultige
Losungsmenge durch die Praferenzen des Designers entweder vor, wahrend oder nach dem
Optimierungsprozess durchgefuhrt. Bei der so genannten a priori Praferenzmethode wird die
Pareto-Menge dadurch bestimmt, dass die Zielfunktionen in eine einzige, parametrisierte Ziel-
funktion gebracht werden, so dass ein Mehrzieloptimierungsproblem in ein skalares uberfuhrt
wird. Daneben spricht man von der progressiven Praferenzmethode, wenn die Entscheidung
und Optimierung miteinander verknupft sind. Eine Teil-Praferenz wird verwendet, um anschlie-
ßend die Optimierung durchzufuhren. Diese Methode lieferte dem Designer eine”upgedatete“
Losungsmenge [67]. Auf der anderen Seite ergeben a posteriori Praferenzmethoden eine Men-
ge an Pareto-optimalen Losungen, von denen der Entwickler eine wahlen kann. Im Folgenden
werden die so genannten klassischen Losungsverfahren, die a priori Praferenzmethoden ver-
wenden und evolutionare Algorithmen, die Vertreter der a posteriori Praferenzmethoden sind,
naher erklart. Auf Losungsverfahren mit progressiver Praferenzmethode jedoch soll nicht weiter
eingegangen werden.
2.2.1 Klassische Losungsverfahren
Aufgrund von fehlenden Moglichkeiten in der Vergangenheit, Optimierungsprobleme mit meh-
reren Zielfunktionen zu behandeln, wurden Methoden entwickelt, um diese in Optimierungs-
probleme mit nur einer Zielfunktion umzuwandeln. Eine dieser Methoden stellt die so genannte
”Gewichtungsmethode“ dar, bei der die verschiedenen Zielfunktionen mit Gewichtungen ver-
sehen werden, um anschließend als Summe zu einer Zielfunktion zusammengefasst zu werden:
Maximiere y = f(x) = w1 · f1(x) + · · ·+ wm · fm(x)
in Abhangigkeit von x ∈ Xf
mit∑
wi = 1
(2.3)
Die Auswertung dieses abgewandelten Optimierungsproblems ergibt eine einzige Losung. Um
verschiedene Pareto-optimale Losungen zu erhalten, ist es notwendig, verschiedene Gewich-
tungen zu definieren und die Optimierung erneut durchzufuhren, wobei die verschiedenen
18 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
Gewichtungen nicht vom Designer vorgegeben werden mussen, sondern auch vom Optimie-
rer systematisch verandert werden konnen. Unter der Voraussetzung, dass ein exakter Op-
timierungsalgorithmus verwendet wird und dass alle Gewichtungen positiv sind, generiert
diese Methode nur Pareto-Losungen. Jedoch kann diese Methode bei einer nicht-konvexen
Pareto-Front nicht alle Pareto-Losungen bestimmen. Diese Methode, ein Vektoroptimierungs-
problem in ein skalares umzuwandeln, ist unabhangig vom verwendeten Losungsalgorithmus.
Das abgeanderte Optimierungsproblem kann sowohl mit klassischen Algorithmen, wie bei-
spielsweise der Gradienten-Methode, populations-basierten bzw. stochastischen (Genetische
Algorithmen) oder heuristischen Methoden (Simulierte Abkuhlung) gelost werden. Weitere
mogliche Methoden, aus einem Mehrzieloptimierungsproblem ein skalares zu machen, sind die
ǫ−Nebenbedingungsmethode, die gewichtete Matrizen-Methode, die gewichtete Zielprogram-
mierung und die Benson Methode. Eine genauere Beschreibung dieser Methoden kann [19]
entnommen werden.
Ein großer Vorteil bei den klassischen Methoden ist, dass jahrelang untersuchte Losungsal-
gorithmen eingesetzt werden konnen. Speziell das Konzept der Gewichtungsmethode ist eine
intuitive Vorgehensweise, die einfach zu verwenden ist. Jedoch zeigt die Empirie, dass sich
bei der Gewichtungsmethode keine gleichmaßig verteilte Pareto-Losungsmenge ergibt, obwohl
der Gewichtungsvektor aus einer gleichmaßig verteilten Menge besteht. Daher ist es schwie-
rig, diejenigen Gewichtungsvektoren auszusuchen, die die Pareto-optimalen Losungen in der
gewunschten Region ergeben. Gerade bei nicht-linearen Optimierungsproblemen konnen ver-
schiedenen Gewichtungsfaktoren zu der gleichen Pareto-optimalen Losung fuhren, was vor der
Auswertung nicht erkennbar ist. Nachteilig ist, dass die Methode von der Form der Pareto-Front
beeinflusst wird, da nicht alle Pareto-optimalen Losungen bei einer nicht-konvexen Pareto-
Front gefunden werden konnen.
Ein weiterer großer Nachteil von klassischen Losungsmethoden ist, dass diese fur viele
realistische Optimierungsprobleme, wo Zielfunktion und Nebenbedingungen nicht analytisch
behandelt werden konnen bzw. diese nicht in geschlossener Form vorliegen, nicht angewendet
werden konnen. Dies gilt insbesondere fur Optimierungsprobleme, in Kombination mit (nu-
merischen) Simulationen berechnet werden sollen. In solchen Fallen mussen Approximationen
der komplexen dreidimensionalen Simulationen entwickelt werden, die die Original-Funktion
annahern, um anschließend von traditionellen mathematischen Methoden gelost zu werden.
Diese vereinfachten Modelle konnen jedoch unter Umstanden manche entscheidende Effekte
nicht einschließen, so dass sie fur den Designer unentdeckt bleiben.
2.2.2 Evolutionare Algorithmen
Die direkte Optimierung mit mehreren Zielfunktionen ermoglicht die Losung von Vektoropti-
mierungsproblemen, ohne benutzerdefinierte Prozeduren anwenden zu mussen. Dabei werden
viele Pareto-optimale Losungen in einem Optimierungsschritt erhalten. Zwar sind die Vekto-
roptimierungsprobleme im Allgemeinen komplexer als solche mit nur einer Zielfunktion, aber
die Vermeidung von vielen Simulationsdurchgangen und Abanderungen fur die Umwandlung in
skalare Optimierungsprobleme, die Verfugbarkeit neuartiger Optimierungsalgorithmen und des
2.2. Evolutionare Algorithmen 19
Prinzips der Dominanz helfen diese Defizite zu kompensieren und ermoglichen dem Anwen-
der viele Zielfunktionen zu behandeln, was in der Vergangenheit nicht moglich war [19]. Im
folgenden soll auf evolutionare Algorithmen zur Losung von Mehrzieloptimierungsproblemen
eingegangen werden.
Wie bereits die Bezeichnung evolutionare Algorithmen vermuten lasst, ahmen diese die
naturliche Evolutionsprinzipien fur die Optimierung nach. Eine spezielle Eigenschaft dieser
evolutionaren Algorithmen ist, dass sie wahrend der Optimierung von Vektoroptimierungs-
problemen verschiedene Losungen finden, die unterschiedliche Bereiche der Pareto-Front ab-
decken.
Vereinfachend lasst sich Evolution als Ergebnis der Uberlagerung von Schopfung neuer
genetischer Information und ihrer Evaluierung und Selektion beschreiben. Die Reproduktion
von Individuen stellt einen nicht-deterministischen Prozess dar, bei dem die genetischen Infor-
mationen der Eltern-Generation zufallig rekombiniert werden. Dabei wird Nachwuchs erzeugt,
der neue genetische Informationen tragt. Ein Individuum einer Population wird durch andere
Individuen (Nahrungs-, Paarungskonkurrenten, Fress-Feinde etc.) wie auch durch Umweltbe-
dingungen (Klima, Nahrungsvorrate etc.) beeinflusst. Individuen, die vorteilhafte Merkmale
unter diesen Bedingungen tragen, leben langer und produzieren mehr Nachwuchs. Daher wer-
den vermehrt die vorteilhaften Merkmale weitergegeben, was zu einer Selektion der Individuen
mit einer uberdurchschnittlichen Fitness fuhrt.
Die Umsetzung der naturlichen Evolutionstheorie in einen mathematischen Algorithmus
soll im Folgenden skizziert werden. Dabei wurden die Notation von [6] gewahlt sowie versucht,
die Formulierungen moglichst allgemein zu halten.
Ein evolutionarer Algorithmus besteht aus den folgenden Komponenten: Einer Population
mit Individuen, die durch genetische Operatoren wie Rekombination und/oder Mutation (an-
dere Operatoren wie Crossing Over sind ebenso moglich) manipuliert werden und einer Fitness-
basierten Selektion unterzogen werden. Dabei ist die Fitness eines Individuums abhangig von
seiner Qualitat bezuglich der Optimierungsaufgabe. Die Basis fur die Fitnessfunktion bildet die
Zielfunktion, so dass zwar die Fitnessfunktion aus mehreren Berechnungs-Zwischenschritten
bestehen kann, aber eine von diesen muss immer die Auswertung der Zielfunktion sein 1. Es
sei darauf hingewiesen, dass die genetischen Operatoren rein probabilistisch sind, die Selektion
jedoch kann probabilistisch wie auch rein deterministisch sein. Das Abbruchkriterium kann von
verschiedenen Faktoren mit beliebiger Komplexitat abhangen (z.B. Erreichen einer bestimmten
Generationenzahl, Erreichen einer definierten Diversitat des Genotyps oder Phanotyps der Indi-
viduen 2). Ein kompletter Generationenwechsel beinhaltet somit die Anwendung verschiedener
genetischer Operatoren in einer definierten Reihenfolge und die Selektion.
Die Anfangspopulation kann durch Zufallsoperatoren bestimmt werden oder von einem
(bekannten) Start-Wert generiert werden.
Die genetischen Operatoren, wie sie hier beschrieben werden, sind makro-Operatoren, die
1Neben der Zuordnung von Fitnesswerten basierend auf den Zielfunktionen, ist auch ein so genanntes
Ranking der Individuen moglich, basierend auf dem Prinzip der Dominanz. Dies ist im spateren Abschnitt der
Selektion genauer erklart.2Eine Definition dieser Begriffe, wie sie in genetischen Algorithmen verwendet werden, kann dem Paragra-
phen uber Reprasentation und Fitness entnommen werden.
20 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
eine komplette Population in eine neue umwandeln. Eine genauere Spezifikation dieser Opera-
toren beinhaltet deren Beschreibung durch Operatoren auf niedrigerer Stufe. Von diesen gibt
es drei verschiedene, den asexuellen, den sexuellen und den panmiktischen genetischen Ope-
rator, die sich in der notwendigen Anzahl an Individuen fur die Durchfuhrung unterscheiden.
Dabei stellt Mutation beispielsweise einen asexuellen Operator dar, wahrend Rekombination 3
und Crossing Over sexuelle Operatoren sind (d.h. sie benotigen zwei Elternidividuen).
Diese generellen Definitionen konnen verwendet werden, um den folgenden einfachen all-
gemeinen evolutionaren Algorithmus anzugeben(Algorithmus 2.1).
Algorithmus 2.1: Programm des generellen Ablaufs eines evolutionaren Algorithmusf := 0;
initialize P (0) := ~a1(0), . . . ,~aµ(0) ∈ Iµ;
evaluate P (0) : Φ(~a1(0)), . . . , Φ(~aµ(0));
while (ι(P (t)) 6= true) do
recombine: P ′(f) := rΘr(P (f));
mutate: P ′′(f) := mΘm(P ′(f));
evaluate: P ′′(f) := Φ(~a′′1(f)), . . . , Φ(~a′′β(f));
select: P (f + 1) := sΘs(P ′′(f) ∪Q);
t : t + 1;
od
Mit rΘr, mΘm
und sΘsals Rekombinations-, Mutations- und Selektionsoperator.
Es gibt drei Hauptvarianten von evolutionaren Algorithmen: genetische Algorithmen, evolu-
tionare Programmierung und Evolutionsstrategien. Ausgehend von diesen anerkannten Metho-
den wurden unzahlige Varianten entwickelt [5]. Die Hauptunterschiede zwischen den Varianten
liegt in:
• Der Darstellung der Individuen
• Der Ausfuhrung der Variationsoperatoren (Rekombination und/oder Mutation)
• Dem Selektions-/Reproduktionsmechanismus
Die Anfange der genetischen Algorithmen (GAs) gehen auf John Holland von der University
of Michigan zuruck [37]. Seit den fruhen 1990er Jahren werden GAs ausfuhrlich als Opti-
mierungswerkzeug in Wissenschaft, Wirtschaft und im Ingenieurwesen verwendet [19]. Der
primare Grund fur ihren Erfolg bildet ihre breite Anwendbarkeit, einfache Verwendung und
globale Anwendungsperspektive [32]. Daher gehoren genetische Algorithmen zu den am weite-
sten verbreiteten evolutionaren Algorithmen, so dass Vertreter dieser fur die Optimierungen in
dieser Arbeit ausgewahlt wurden. Im Anschluss wird deshalb ausschließlich auf GAs eingegan-
gen. Zunachst wird die verwendete Reprasentation der Individuen beschrieben. Daraufhin wird
die Verwendung und Umsetzung der genetischen Operatoren Mutation und Rekombination
3Rekombination kann nach [6] in manchen evolutionaren Algorithmen auch auf eine panmiktische Form
ausgeweitet werden.
2.2. Evolutionare Algorithmen 21
dargestellt, sowie die Selektion genauer erlautert.
Reprasentation
Eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von genetischen Algorithmen ist die Darstel-
lung der Individuen als so genannte Chromosomen. Dadurch konnen die genetischen Ope-
ratoren (Rekombination, Mutation und evtl. Crossing Over) ahnlich wie bei der naturlichen
Vererbungslehre angewendet werden4. In Anlehnung daran werden die kodierten Individuen als
Chromosomen oder Genotyp bezeichnet, wahrend fur die originale Darstellung der Individuen
auch der Begriff Phanotyp verwendet wird.
Holland [37] verwendet in seiner Arbeit eine binare Zeichenfolge zur Kodierung der Indivi-
duen. Seitdem wurden weitere Methoden, wie beispielsweise die Kodierung mit reellen Zahlen,
die ganzzahlige Permutationskodierung (engl. integer permutation encoding) und die allgemei-
ne Datenstrukturkodierung entwickelt. Generell sollte jede Kodierung nach [43] die folgenden
Kriterien erfullen konnen:
• Eindeutigkeit: Die Abbildung von Individuum und Chromosom mussen eindeutig sein.
Somit ist weder erwunscht, dass ein Individuum mehrere Abbildungen im Chromoso-
menraum hat, noch umgekehrt ein Chromosom mehrere Individuen kodiert.
• Gesetzmaßigkeit: Jede Permutation eines Chromosoms muss einem Individuum entspre-
chen, um sicher zustellen, dass die (meisten moglichen) genetischen Operatoren auf die
Chromosomen angewendet werden konnen.
• Vollstandigkeit: Jedes Individuum hat eine korrespondierende Chromosomendarstellung,
wodurch jeder Punkt des Designvariablenraums fur eine genetische Suche zur Verfugung
steht.
• Lamarcksche Eigenschaft: Besitzt eine Kodierungstechnik die Lamarcksche Eigenschaft,
so kann die Nachkommenschaft gute Eigenschaften der Elterngeneration erben.
• Kausalitat: Kleine Anderungen im Genotypenraum (durch Mutation) bewirken kleine
Anderungen im Phanotypenraum.
Beispielhaft wird hier die Vorgehensweise der binaren Kodierung erklart. Hierbei werden
die Designvariablen des Optimierungsproblems als binare Zeichenfolge fester Lange l darge-
stellt (d.h. I = Bl, B = 0, 1). Fur pseudo-boolsche Zielfunktionen ist diese Reprasentation
direkt einzusetzen. Jedoch werden GAs in den meisten Fallen auf Optimierungsprobleme mit
kontinuierlichen Parametern angewendet, so dass eine Kodierung vorgenommen werden muss.
Ein Individuum ~a ∈ I besteht aus n binaren Segmenten 5 der Lange lx (d.h. l = n · lx).
Jede Designvariable x ist auf ein Intervall [x(L)i , x
(U)i ] beschrankt, wobei x
(L)i , x
(U)i die untere
bzw. obere Variablen Grenze definieren. Ebenso ist jedes Segment auf ein Intervall [0, 2lx − 1]
4In der Natur bestehen Chromosomen aus verschiedenen Genen, die durch eine Folge der vier organische
Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin kodiert sind.5entsprechend der Anzahl an Designvariablen
22 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
beschrankt, so dass sich die lineare Abbildung einer Designvariable auf ein binares Segment
mit Gleichung 2.4 beschreiben lasst.
xi = x(L)i +
x(U)i − x
(L)i
2lx − 1DV (si) (2.4)
Wobei DV (si) den kodierten Wert der Segment-Zeichenfolge si bezeichnet.
Aus dieser Art der Darstellung ergibt sich, dass der kontinuierliche Designvariablen Raum
auf diskrete Gitterpunkte abgebildet wird. Mit dieser Vorgehensweise lassen sich zwar beliebi-
ge Genauigkeiten erreichen, indem eine ausreichend lange Zeichenfolge gewahlt wird, jedoch
erhoht sich somit auch der Rechenaufwand immens. Eine andere Problematik stellt die kleine
Kausalitat der binaren Kodierung dar. Denn zwei nahe beieinander liegende Punkte im Indivi-
duenraum haben einen großen Hamming Abstand im Chromosomenraum (vergleiche 0111111
und 1000000). Um dieses so genannte Hamming Kliff zu uberschreiten, mussen alle Bits gleich-
zeitig geandert werden. Die Wahrscheinlichkeit jedoch, dass dies durch die Operatoren Crossing
Over oder Mutation erreicht werden kann, ist sehr klein. Daher wird die Chromosomenkodie-
rung in genetischen Algorithmen fortwahrend weiterentwickelt und verbessert.
Mutation
Holland [37] fuhrte den Mutationsoperator als einen im Hintergrund arbeitenden Operator ein,
der gelegentlich einzelne Bits der Chromosomen andert (bzw., wegen der binaren Darstellung,
umdreht). Analog zur biologischen Mutation werden sehr kleine Mutationswahrscheinlichkei-
ten (pm) angenommen (pm = 0.001 [21], pm = 0.01 [35], pm ∈ [0.005, 0.01] [59]). Aufgabe
der Mutation ist, so genannte”verlorene Allele“ wieder in die Population einzubringen. Diese
konnen entstehen, da Bitpositionen, die in der gesamten Population zu einem bestimmten
Wert konvergiert sind, nicht durch Rekombination zuruckgewonnen werden konnen.
Rekombination
Back [6] bezeichnet Crossing Over als den wichtigsten Suchoperator genetischer Algorithmen.
Ziel von Crossing Over ist, nutzliche Segmente von verschiedenen Eltern zu verbinden, um
ein neues Individuum zu erzeugen, das von den vorteilhaften Bit Kombinationen beider Eltern
profitiert. So ergeben sich immer langer werdende Segmente mit hohen Fitnesswerten, was
schließlich zu einer global guten Losung fuhrt [37]. Crossing Over wird immer als ein sexueller
Operator verwendet. Dabei werden mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit pc zwei Eltern-
Chromosomen ausgewahlt und rekombiniert, was zur Bildung von zwei neuen Chromosomen
fuhrt, von der eine zufallig eliminiert wird 6. Die einfachste und traditionelle Form von Crossing
Over ist das so genannte Einpunkt Crossing Over, das von Holland [37] eingefuhrt wurde.
Hierbei wird eine Crossing Over Position (χ ∈ [1, l−1]) zufallig bestimmt und die Ziffernfolge
rechts von dieser Stelle zwischen den beiden Elternchromosomen (~s,~v) ausgetauscht:
~s = (s1, . . . , sχ−1, sχ, vχ+1, . . . , vl)
~v = (v1, . . . , vχ−1, vχ, sχ+1, . . . , sl)(2.5)
6Vorgeschlagene Wahrscheinlichkeiten: pc = 0.6 [21] , pc = 0.95 [35], pc = [0.75, 0.95] [59]
2.2. Evolutionare Algorithmen 23
Das Einpunkt Crossing Over weist einige Nachteile auf, insbesondere die starke Abhanigkeit
der Bitposition von ihrer Crossing Over Wahrscheinlichkeit (Bits naher am Chromosomenende
erreichen eine Wahrscheinlichkeit von 1) schranken den Anwendungsbereich dieser Methode
ein. Eine Verallgemeinerung ergibt das so genannte Vielpunkt Crossing Over, das m Crossing
Over Positionen im Intervall χ ∈ [1, l − 1] zufallig auswahlt. Anschließend werden die Bits
zwischen aufeinander folgenden Positionen zwischen den beiden Eltern-Chromosomen ausge-
tauscht (siehe Abbildung 2.1). Der Bereich vor der ersten Crossing Over Position wird jedoch
nicht ausgetauscht. Dieser Methode liegt die Uberlegung zugrunde, dass die vorteilhaften Ab-
schnitte eines Chromosoms nicht unbedingt nebeneinander liegen. Daruber hinaus erhoht der
Vielpunkt Crossing Over Operator die Diversitat der Chromosomen, so dass ein großer Bereich
des Suchraums abgedeckt werden kann.
Abbildung 2.1: Vielpunkt Crossing Over nach [69]
Neben dem Crossing Over Operator existieren die intermediare und lineare Rekombination.
Bei der intermediaren Rekombination handelt es sich um eine Methode, neue Panotypen im
Phanotypenraum zwischen und um die Eltern herum zu kreieren. Dabei werden Nachkommen
mit der folgenden Vorschrift erhalten [69]:
O1 = P1 × α(P2 − P1) (2.6)
α bezeichnet hierbei einen Skalierungsfaktor, der zufallig uber einem definierten Intervall (typi-
scherweise [−0.25, 1.25]) gewahlt wird. P1 und P2 stehen fur die beiden Eltern-Chromosomen.
Jedes Segment des Nachkommen-Chromosoms wird durch Gleichung 2.6 bestimmt, wobei fur
jedes neue Segment ein neuer Wert fur α gewahlt wird. Im Vergleich dazu wird bei der linearen
Rekombination lediglich ein Wert fur α festgelegt.
Reproduktion und Selektion
Der Reproduktionsoperator hat in Anlehnung an die Darwinistische Selektionstheorie die Auf-
gabe, die guten Individuen zu vermehren und schlechte aus der Population zu eliminieren,
wobei im GA die Gesamtgroße der Population konstant bleiben soll.
Die Zielfunktionen charakterisieren wie ein Individuum im Rahmen des Optimierungspro-
blems abgeschnitten hat. Der jeweilige Wert wird verwendet, um mit einer Fitnessfunktion
jedem Chromosom einen Fitnesswert zuzuordnen. Dieser Fitnesswert stellt sicher, dass jedes
Individuum eine Reproduktionswahrscheinlichkeit besitzt, entsprechend seiner relativen Fitness.
In den vergangen Jahren wurden viele verschiedene Methoden zur Realisierung der Selektion
in genetischen Algorithmen entwickelt, untersucht und miteinander verglichen. Dabei konnen
die einzelnen Methoden durch die Art der Vorgehensweise (deterministisch, stochastisch) un-
terschieden werden. Der am besten bekannte Vertreter der stochastischen Vorgehensweise ist
die Roulette-Rad-Selektion nach Holland [43]. Die grundsatzliche Idee dieser Methode ist,
24 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
dass den Chromosomen basierend auf ihren Fitnesswerten eine so genannte Uberlebenswahr-
scheinlichkeit bzw. Selektionswahrscheinlichkeit zugeordnet wird. Abhangig von diesen Werten
wird ein entsprechendes Roulette-Rad erzeugt und gedreht, wobei die Anzahl der Drehungen
der Populationsgroße entspricht. Dabei wird bei jeder Drehung ein Chromosom fur die neue
Population ausgewahlt.
Auf der anderen Seite wurde von Back [6] die so genannte (µ+β)-Selektion vorgeschlagen,
die einen Vertreter der deterministischen Methoden darstellt. Bei dieser Vorgehensweise werden
basierend auf ihren Fitnesswerten die besten Individuen (bzw. Chromosomen) aus der Gruppe
von Eltern (Anzahl µ) und Nachkommen (Anzahl β) ausgewahlt, wobei die neue Population
µ Individuen enthalt.
Eine Mischform aus deterministischer und stochastischer Vorgehensweise stellt die so ge-
nannte Wettkampf-Selektion (engl.: tournament selection) dar, die von Goldberg, Korb und
Deb [33], [19] entwickelt wurde. Dabei wird zufallig eine Menge an Chromosomen gewahlt und
die besten fur die Reproduktion ausgewahlt. Dabei wird die Anzahl an gewahlten Chromoso-
men als die Wettkampfgroße bezeichnet (ublicherweise 2). Anders als bei der Roulette-Rad-
und (µ+β)-Selektion konnen bei dieser Methode Chromosomen mehrfach ausgewahlt werden.
Da jedoch die Zuordnung von Fitnesswerten fur negative Zielfunktionswerte versagt, wur-
den so genannte Skalierungsmechanismen eingefuhrt. Daruber hinaus ist eine Abbildung fur
Minimierungsziele notwendig, da in diesem Fall die niedrigsten Zielfunktionswerte einer hohen
Fitness zuzuordnen sind. Eine lineare Transformation einer Zielfunktion zur entsprechenden
Fitnessfunktion kann mit Gleichung 2.7 erzielt werden [69].
F (x) = af(x) + b (2.7)
mit F (x) als die Fitnessfunktion und f(x) als der Wert der Zielfunktion. a bezeichnet einen po-
sitiven Skalierungsfaktor, der positiv fur Maximierungsziele und negativ fur Minimierungsziele
ist. Der Offset b stellt sicher, dass die resultierenden Fitnesswerte stets positiv sind.
Neben dieser linearen Transformation gibt es die verschiedensten weiteren Skalierungsfunk-
tionen, die teilweise die Bestimmung einiger Populations-Kennwerte (z.B. Standardabweichung
der Zielfunktionswerte innerhalb der aktuellen Population) mit einschließen ([6], [69]). Ziel der
Skalierungsmethode ist, eine zu schnelle Konvergenz zu suboptimalen Losungen von einigen
so genannten Super-Chromosomen zu verhindern. Problematisch bei den Skalierungsmethoden
jedoch ist, dass die verwendeten Skalierungsparameter problemabhangig sind.
Eine weitere Methode, Fitness nicht basierend auf den Zielfunktionswerten zuzuordnen, ist
die so genannte Ranking-Methode bzw. das Pareto-Ranking. Die von Baker [7] vorgeschlagene
Methode verwendet keine Parameter wie der Fitness-Ansatz und ignoriert die Zielfunktions-
werte der untersuchten Chromosomen. Stattdessen werden die Individuen basierend auf der
Pareto-Dominanz geordnet und ihnen anschließend eine Reproduktionswahrscheinlichkeit zuge-
ordnet. Wobei die indifferenten Individuen die hochste Reproduktionswahrscheinlichkeit haben.
Das so genannte Fitness Sharing ist eine Technik, die verwendet wird, um die Diversitat
einer Population zu erhalten. Fitness Sharing wurde zuerst von Goldberg und Richardson [33]
fur multi-modale Funktionsoptimierung vorgeschlagen. Danach wurde diese Technik erweitert
2.2. Zusammenfassung 25
mit dem Ziel, Individuen entlang der gesamten Pareto-Front zu erhalten. Das Konzept be-
stimmt eine gewisse Degradation der Fitness eines Individuums wenn sich in einem bestimmten
Radius von σshare ein oder mehrere Nachbarn aufhalten. Dies dient dazu, die Reproduktions-
wahrscheinlichkeit von Individuen um einen vielbevolkerten Peak zu verringern, wohingegen
die andere Individuen in weniger besiedelten Gebieten unterstutzt werden, Nachwuchs zu pro-
duzieren ([19], [43]).
Wenn sich ein oder mehrere von den fittesten Individuen durch Verwendung deterministi-
scher Prozeduren an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden, so spricht man
von Elitismus.
Ein Elitismus-Operator hat das Ziel, die besten Losungen zu erhalten und an die nachsten
Generationen weiterzugeben. Ein großer Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass die Haufigkeits-
verteilung von besten Losungen der Population nicht schlechter werden kann. Daruber hinaus
kann eine deutliche Effizienz Steigerung des genetischen Algorithmus erzielt werden [19]. Eine
einfache Umsetzung von Elitismus ist, die besten ǫ% der Population direkt in die neue Gene-
ration zu kopieren. Die restlichen 100− ǫ% Individuen der neuen Generation werden erzeugt,
indem auf alle Individuen der vorangegangenen Generation die ublichen genetischen Operato-
ren angewendet werden. Dadurch wird nicht nur sichergestellt, dass die besten Losungen an
die nachfolgende Generation weitergegeben werden, sie beteiligen sich auch an der Erzeugung
anderer Individuen der neuen Generation.
Eine allgemeinere Form von Elitismus ist, die Selektion nicht auf die neue Generation zu
beschranken, sondern zusatzlich die Elterngeneration fur die Auswahl der besten Individuen
mit heranzuziehen (µ + β-Selektion).
Genetische Algorithmen mit reellen Parametern
Im Gegensatz zu den binaren genetischen Algorithmen werden bei den GAs mit reellen Para-
metern die Designvariablen nicht in binare Zeichenfolgen kodiert. Dies hat den Vorteil, dass
Variablen mit beliebiger Prazision verwendet werden konnen und auch die Problematik des so
genannten Hamming Kliffs umgangen werden kann. Auf der anderen Seite sind die genetischen
Operatoren Crossing Over und Mutation nicht so direkt auf die Designvariablen anwendbar,
wie im Falle der chromosomalen Darstellung von binaren genetischen Algorithmen. Eine de-
taillierte Zusammenstellung von verschiedenen Methoden zur Umsetzung von Mutation und
Crossing Over kann in [19] nachgelesen werden.
2.2.3 Zusammenfassung
Wie die Beschreibungen der Funktionsweise von genetischen Algorithmen zeigt, unterscheiden
sich die zugrunde liegenden Prinzipien deutlich von traditionellen Optimierungsmethoden.
Binare genetische Algorithmen verwenden eine Kodierung der Designvariablen anstatt die
Variablen selber. Daraus ergibt sich ein diskreter Suchraum (Gitter), auch wenn das Optimie-
rungsproblem auf kontinuierlichen Variablen basiert. Auf der anderen Seite, ist die Bestimmung
von Losungen auf diskreten Punkten im Suchraum dazu geeignet, diskrete oder diskontinuier-
liche Funktionen zu behandeln. Diese Eigenschaft ermoglicht es den genetischen Algorithmen,
26 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
auf eine große Vielfalt an Optimierungsproblemen anzuwenden. Ein Nachteil der Kodierung
ist die Notwendigkeit, eine geeignete Kodierungsmethode zu finden, um eine effiziente Funk-
tionsweise des genetischen Algorithmus zu gewahrleisten. Back [5] beispielsweise beschreibt
basierend auf seinen experimentellen Untersuchungen, welche Kodierungsmethoden am besten
geeignet sind.
Ein weiterer großer Unterschied zu klassischen Methoden stellt die Verwendung von Po-
pulationen anstatt einzelner Losungen dar. Da immer mehr als ein Chromosom gleichzeitig
bearbeitet und verwendet wird, um die anderen Chromosomen der Population zu verbessern,
ist es hochst wahrscheinlich, dass die Losung des genetischen Algorithmus ein globales Opti-
mum darstellt [19]. Ein enormer Vorteil von genetischen Algorithmen ist, dass sie außer den
Zielfunktionen keine weiteren Informationen fur die Optimierung benotigen (wie z.B. Informa-
tionen bzgl. des Gradienten).
Ein weiterer entscheidender Unterschied sind die propabilistischen Funktionen, die in gene-
tischen Algorithmen verwendet werden. Das grundlegende Problem von klassischen Methoden
liegt in deren festgelegten Regeln wie von einer Losung zur nachsten ubergegangen wird.
Da die Dichte dieser Methoden vordefiniert sind, konnen sie nur auf eine spezielle Art von
Optimierungsproblemen angewendet werden, insbesondere auf diese, bei denen der Ubergang
von einer Losung zur nachsten in Richtung des gesuchten Optimums verlauft. Dies bedeutet,
dass klassische Methoden nicht robust sind und sie daher nicht auf eine Vielzahl von Opti-
mierungsproblemen angewendet werden konnen [19]. Die probabilistische Vorgehensweise in
genetischen Algorithmen erlaubt eventuelle anfangliche”Fehler“, so dass sie zur Losung einer
breiten Klasse von Problemen eingesetzt werden konnen [19].
Obwohl eine Vielzahl von genetischen Algorithmen entwickelt wurden [6], haben alle diese
ihre Wurzeln in der Evolutionstheorie der Natur, weshalb die meisten Algorithmen die folgenden
Eigenschaften gemein haben 7:
Genetische Algorithmen basieren auf einer Population an Losungen, die mit einer zufalli-
gen Losungsmenge beginnt. Der Algorithmus modifiziert die aktuelle Population, so dass bei
jeder Iteration eine neue Population entsteht. Dies ermoglicht es, in einer Simulation mehrere
optimale Losungen zu einem Vektoroptimierungsproblem zu finden.
Um eine neue Population zu erzeugen, werden bestimmte Operatoren, die Selektion, Mu-
tation und Rekombination, verwendet. Aufgabe der Selektion, ist es, basierend auf definierten
Fitnessfunktionen oder Pareto-Ranking, die besten Individuen zu identifizieren und einem so
genannten Mating Pool zuzufuhren. Die Individuen dieses Mating Pools werden anschließend
rekombiniert (evtl. mit zusatzlichem Crossing Over), und mit einer Wahrscheinlichkeit pm
erfolgt zusatzliche Mutation. Bei diesen Operatoren sind keine Gradienten-Informationen not-
wendig, was sie zu (fast) universell anwendbaren Algorithmen macht [6]. Daruber hinaus basie-
ren die Operatoren auf stochastischen Prinzipien, so dass sie keiner spezielle Problemstruktur
angepasst sind [19].
7Einiges lasst sich auch auf evolutionare Algorithmen im Allgemeinen erweitern
2.3. Spezielle genetische Algorithmen 27
2.3 Spezielle genetische Algorithmen
Nachdem die Grundlagen der Pareto-Optimierung erlautert wurden, und die grundsatzlichen
Uberlegungen zu allgemeinen genetischen Algorithmen dargestellt wurden, sollen nun spezielle
genetische Algorithmen, wie sie in dieser Arbeit verwendet wurden, beschrieben werden. Dabei
handelt es sich um MOGA-II, NSGA-II, ARMOGA und FMOGA.
2.3.1 MOGA-II
Der Multi-Objective Evolutionary Algorithm (MOGA) wurde von Fonseca und Fleming [30]
vorgeschlagen. Dabei waren sie die ersten, die einen Algorithmus vorschlugen, der auf eine
nicht-dominierte Klassifikation der Population ausgerichtet ist.
Der Algorithmus verwendet eine Roulette-Rad-Selektion, Einpunkt Crossing Over und eine
bitweise Mutation, jedoch wird anstatt der Verwendung der Zielfunktionswerte ein Ranking
durchgefuhrt:
ri = 1 + ni (2.8)
Dabei wird jedem Individuum einer Population ein Rang zugeordnet, der gleich eins plus der
Anzahl an Losungen ni ist, die die Losung i dominieren. Abhangig vom Rang, werden den
Individuen Fitnesswerte zugeordnet, die auf einer einfachen Abbildungsfunktion beruhen (z.B.
lineare Abbildung) [19].
Um eine hohe Diversitat der Losungen zu unterstutzen, wurde außerdem eine Sharing
Funktion eingefuhrt, die den Abstand zwischen zwei Individuen eines Rangs mit den Zielfunk-
tionswerten bestimmt [19]:
dij =
√
√
√
√
M∑
k=1
(
f ik − f j
k
fmk ax− fm
k in
)
(2.9)
mit fmk ax und fm
k in als der maximale und minimale Zielfunktionswert des k-ten Ziels. Basie-
rend auf dem Wert von dij wird der Sharing Funktionswert bestimmt, dessen Summe ergibt
den so genannten Nieschenwert8. Dieser wird verwendet, um den Sharing Fitnesswert zu be-
rechnen, indem der Fitnesswert durch den Nieschenwert geteilt wird. Dadurch wird die Fitness
der Losungen verringert, die von vielen Nachbar-Individuen im Zielfunktionenraum umgeben
sind.
Ein großer Vorteil des MOGA ist sie einfache Fitnesszuweisung. Daruber hinaus liefert
dieser Algorithmus gut verteilte Pareto-optimale Losungen im Zielfunktionenraum .
Nachteilig wirkt sich die Tatsache aus, dass Individuen mit einem hoheren Rang durchaus
hohere Sharing Fitnesswerte zugeordnet werden konnen, wenn in einem besseren niedrigeren
Rang eine hohe Individuendichte herrscht. Dies kann zu langsamer Konvergenz und schlechterer
Diversitat fuhren [19].
Daruber hinaus ist der Algorithmus nach Deb [19] empfindlich auf die Form der Pareto-
Front und Dichte an Losungen im Suchraum.
8Eine ausfuhrliche Definition kann [19] entnommen werden
28 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
2.3.2 NSGA-II
Der Non-Dominated Sorting Genetic Algorithm II (NSGA-II) ist eine Erweiterung des ursprung-
lichen NSGA, der von Goldberg 1989 vorgeschlagen und von Srinivas und Deb 1994 etwas
abgeandert implementiert wurde ([33], [38], [61], [19]). Auch dieser Algorithmus weist nicht-
dominierten Losungen bessere Fitnesswerte zu. Daruber hinaus wird eine Sharing Funktion
verwendet, um die Diversitat der Losungen uber die gesamte Pareto-Front zu erhalten. An-
ders als bei MOGA II wird der Sharing Abstand dij nicht im Zielfunktionenraum, sondern im
Designvariablenraum bestimmt.
dij =
√
√
√
√
|P1|∑
k=1
(
xik − xj
k
xmk ax− xm
k in
)
(2.10)
Vor der Fitnesszuweisung werden die Individuen abhangig wie viele Individuen sie dominieren
in verschiedene Fronten sortiert. Da die nicht-dominierten Losungen am nachsten zur Pareto-
Front liegen, werden ihnen die hochsten Fitnesswerte zugeordnet, wahrend den Individuen der
restlichen Fronten progressiv schlechtere Werte zugewiesen werden. Dadurch wird ein hoherer
Selektionsdruck in Richtung der Pareto-Front aufgebaut. Der NSGA verfugt auch uber eine
Fitness-Degradation, um die Diversitat der Losungen sicher zustellen. Diese Sharing-Funktion
wird hierbei frontenweise durchgefuhrt, beginnend mit der Front, die die nicht-dominierten
Losungen enthalt. Mit dieser Funktion werden all diejenigen Individuen, die ein oder mehre-
re Nachbarn in einem Umkreis kleiner als σshare haben, degradiert. Nachdem den Losungen
der ersten Front die entsprechenden Fitnesswerte zugeordnet wurden, wird die nachste Front
herangezogen. Der schlechteste Fitnesswert der ersten Front wird hierbei gespeichert, um si-
cher zustellen, dass der beste Fitnesswert der nachfolgenden Front leicht darunter liegt. Die
Selektion der Individuen wird anhand der Roulette-Rad-Methode durchgefuhrt.
Der Haupt Vorteil des NSGA ist die Zuordnung der Fitness anhand von nicht-dominierten
Mengen. Somit wird ein standiger Fortschritt in Richtung der wahren Pareto-Front erreicht.
Daruber hinaus resultiert die Form der Sharing Funktion in phanotypisch verschiedenen Losun-
gen.
Auf der anderen Seite bewirkt die Art der Fitnesszuordnung und des Sharings einen kom-
plexen Berechnungsaufwand. Zusatzlich wird nicht sichergestellt, dass gute Losungen auch
wirklich weitergeben werden (fehlender Elitismus). Außerdem muss ein geeigneter Wert fur
σshare angegeben werden, der im hochsten Maße problemabhangig ist. Diese Nachteile wurden
von Deb 2002 [20] zum Anlass genommen, den ursprunglichen NSGA zu erweitern (NSGA II).
Der vorgeschlagene NSGA II verwendet eine abgewandelte Form der Sortierung der Losun-
gen abhangig von ihrer Dominanz (Fast Nondominated Sorting Approach [20]). Dabei werden
fur jedes Individuum zwei Werte bestimmt. Einerseits die so genannte Dominierungszahl np, die
angibt wie viele Losungen die untersuchte Losung dominieren, und andererseits die Losungs-
menge Sp, die von der untersuchen Losung dominiert werden. Diese Vorgehensweise wird
dazu verwendet, um eine Sortierung der Individuen durchzufuhren. Nicht-dominierte Losun-
gen haben eine Dominierungszahl von Null, so dass diese sofort ausfindig gemacht und einer
separaten Liste zugeordnet werden konnen. Anschließend wird deren Menge Sp herangezogen
2.3. SPEZIELLE GENETISCHE ALGORITHMEN 29
und die Dominierungszahlen der Individuen um eins verringert. Die Individuen, die nun eine
Dominierungszahl von Null haben, werden in die nachste Liste ubertragen. Dies wird solange
wiederholt, bis alle Individuen sortiert wurden.
Zusatzlich wurde die Sharing-Funktion in einen Crowded-Comparison Ansatz geandert, um
die Komplexitat der Sharing-Funktion zu reduzieren, indem weniger Vergleiche durchgefuhrt
werden. Dieser ermoglicht eine schnelle Suche nach Gebieten mit hoher Bevolkerungsdichte.
Zusatzlich wird ein so genannter Crowded-Comparison Operator eingefuhrt, der die Aufgabe
hat, die Selektion in Richtung einer gleichmaßig verteilten Pareto-Front zu leiten. Dabei wird
eine Losung einer anderen bevorzugt, wenn ihr Rang niedriger (besser) ist. Besitzen zwei
Losungen den selben Rang, so wird diejenige bevorzugt, die in einem weniger bevolkerten Gebiet
liegt. Das bedeutet, dass im Gegensatz zur Roulette-Rad-Selektion des NSGA beim NSGA II
nun eine Wettkampf-Selektion durchgefuhrt wird. Der Elitismus wird in diesem Algorithmus
so umgesetzt, dass die bereits gefundenen besten nicht-dominierten Losungen in einer Liste
gespeichert werden und von der Summe aus ihnen und der aktuellen Population die besten
ausgesucht werden.
Ein großer Vorteil des NSGA II ist, dass die Komplexitat des Rankings und der Sharing
Funktion deutlich reduziert sind im Vergleich zum NSGA [20]. Zusatzlich ist die Sharing-
Funktion unabhangig vom Sharing-Abstand σshare oder jedes anderen Parameters, der die
Losung des Optimierungsproblems entscheidend beeinflussen konnte. Die Einfuhrung von Eli-
tismus bewirkt, dass bereits gefundene beste Losungen nicht verloren gehen.
2.3.3 ARMOGA
Da in vielen realen Optimierungsproblemen die Anzahl an Evaluationen dadurch beschrankt
ist, dass die Auswertungsprozeduren sehr zeitaufwandig sind, wurde der so genannte ARMOGA
(Adaptive Range Multi-Objective Genetic Algorithm) entwickelt. Dieser grenzt basierend auf
vorangegangenen Losungen den Designvariablenraum ein und soll damit die Anzahl an Aus-
wertungen reduzieren, die benotigt werden, um die Pareto-Front abzubilden. ARMOGA basiert
auf dem so genannten ARGA, der von Arakawa und Haiwara vorgeschlagen wurde ([1], [2]).
Der ARMOGA verwendet die gleiche Ranking-Methode und Sharing-Funktion wie der MOGA
von Fonseca und Fleming. Die Selektion wird jedoch mit der so genannten stochastischen
universellen Selektion durchgefuhrt, welcher in [7] genauer beschrieben ist. Um zusatzlichen
Elitismus zu implementieren, wurden zwei Archivierungstechniken eingefuhrt. Hierbei werden
die letzten besten Losungen und die Elternindividuen in einer separaten Liste gespeichert.
Zusatzlich werden alle vorher evaluierten Individuen in einer weiteren Liste gespeichert. Die
erste Liste wird fur den Selektionsprozess gemeinsam mit den neu erzeugten Individuen heran-
gezogen, die zweite wird verwendet, um die erste Liste standig mit den besten Individuen zu
aktualisieren [57]. Die so genannte Range Adaption beginnt nach einer vorgegebenen Anzahl
an Generationen (Msa) und wird alle Mra Generationen wiederholt. Dabei wird ein neuer De-
signvariablenraum basierend auf der Statistik von ausgesuchten besseren Losungen bestimmt,
welche mit der Pareto-Ranking Methode ausgesucht wurden [57]. Fur diese Statistik wird die
Normalverteilung in Kombination mit einer Plateau Region verwendet.
30 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
Sasaki [57] konnte zeigen, dass die Eingrenzung des Designvariablenraums zu einer Ver-
ringerung der notwendigen Evaluationen gefuhrt hat und somit Rechenzeit gespart werden
konnte.
Auf der anderen Seite, jedoch mussen einige Parameter vom Designer vor der Optimierung
festgelegt werden (z.B. Msa, Mra), die einen großen Einfluss auf die Konvergenz und Kon-
vergenzgeschwindigkeit des Optimierungsproblems haben. Daruber hinaus besteht die Gefahr,
dass durch das Einschranken des Designvariablenraums auch die Diversitat der Pareto-Losun-
gen negativ beeinflusst wird.
2.3.4 FMOGA
FMOGA steht fur Fast Multi-Objective Genetic Algorithm. Ahnlich wie beim ARMOGA wird
mit diesem Ansatz versucht, den Rechenaufwand des Optimierungsproblems zu verringern. Da-
bei werden der MOGA II in Kombination mit einem so genannten Adaptive Response Surface
verwendet. Ein Response Surface stellt eine Approximation der eigentlichen Funktionsauswer-
tung dar, die basierend auf bereits ausgewerteten Losungen bestimmt wird. Ein vom Designer
vorgegebener Anteil an Individuen einer Population wird anschließend mit Hilfe des Response
Surface ausgewertet, wahrend der restliche Anteil der normalen Funktionsauswertung unterzo-
gen wird. Da die Auswertung eines Response Surface viel schneller ist, kann mit diesem Ansatz
die Berechnungszeit drastisch reduziert werden. Ein Response Surface ist jedoch immer eine
Approximation der eigentlichen Funktionsauswertung, die mit einer gewissen Anzahl an aus-
gewerteten Losungen”trainiert“ wird. Somit hat die Anzahl an Start-Individuen einen großen
Einfluss auf die Qualitat der Approximation. Zusatzlich haben Naherungslosungen immer die
nachteilige Tendenz, einen schwer dimensionierbaren Unsicherheitsfaktor in die Problemlosung
einzubringen, weshalb die gewonnenen Ergebnisse immer (teilweise aufwandig) uberpruft wer-
den mussen.
2.3.5 Vergleichsgroßen
Um verschiedene Optimerungsalgorithmen zu vergleichen, mussen Vergleichsgroßen eingefuhrt
werden. In Vektoroptimierungsproblemen werden meist zwei Kriterien zur Bewertung der Lei-
stungsfahigkeit herangezogen, die Konvergenz und Diversitat der Losungen.
Fur den Vergleich wird eine Kenngroße Π eingefuhrt, die den Abstand aller Pareto-Losun-
gen zu ihrer nachsten ausgewerteten Losung der Optimierung bestimmt. Um den Rechenauf-
wand zu minimieren, werden fur den Vergleich zehn gleichmaßig angeordnete Punkte entlang
der Pareto-Front ausgewahlt und deren Abstand zur nachstgelegenen Losung bestimmt. Der
Mittelwert dieser zehn Punkte ergibt die Kenngroße Π nach [70]:
Π =
√
√
√
√
1
10
10∑
k=1
mini=1,...,N(‖xi − xk‖)2 (2.11)
mit N ausgewerteten Losungen der Optimierung. Mit dieser Methode lassen sich beide Kri-
terien der Leistungsfahigkeit gleichzeitig bemessen, denn ein minimaler Wert von Π wird nur
2.4. modeFRONTIER 31
erzielt, wenn sowohl eine hohe Konvergenz wie auch Diversitat erreicht wurde.
2.4 Das Programm”modeFRONTIER“ und seine An-
wendung
modeFRONTIER ist eine kommerziell erhaltliche Software von ESTECO zur automatischen
Optimierung mit mehreren Zielfunktionen. Das Programm kann mit einer Vielzahl von ande-
ren Programmen kombiniert werden, z.B. CAD Programme (ProEngineer) zur Erstellung von
verschiedenen Geometrien oder Berechnungsprogramme (ANSYS CFX, Star CD, EXCEL oder
MATLAB) zur Auswertung der Designvariablen. Dabei verwendet das Programm ein intui-
tives graphisches Benutzer-Interface, in dem das Optimierungsproblem definiert wird, indem
die Eingabeparameter (Designvariablen), Ausgabeparameter (Zielfunktionswerte) und zu ver-
wendenden Auswerteprogramme festgelegt werden [45]. Daruber hinaus konnen zusatzliche
Hilfsvariablen verwendet werden. Anschließend werden die Ziele (bzw. das Ziel) der Opti-
mierung spezifiziert. Mit Hilfe der großen Auswahl an DOE-Algorithmen (engl.: design of
experiments) und Optimierungsmethoden ist es moglich, effizient in einem Durchlauf den
Entscheidungsvariablen-Raum zu durchsuchen, um die Pareto-optimalen Losungen zu erfas-
sen. Abschließend kann das Entscheidungs-Tool von modeFRONTIER genutzt werden, um aus
der Pareto-optimalen Menge die beste Kompromiss-Losung zu bestimmen.
Ein besonders interessantes Merkmal des Programms ist die Moglichkeit, kontinuierli-
che und diskrete Variablen zu verwenden, sowie lineare und nicht-lineare Response Surface-
Algorithmen, zur Datenmodellierung und Approximation. Daruber hinaus kann modeFRON-
TIER mit allen Simulations-, Berechnungs- und CAD-Programmen gekoppelt werden, die im
batch-mode ausfuhrbar sind. Wahrend der Optimierung kann der Optimierungsfortschritt beob-
achtet werden und uber eine Schnittstelle konnen externe Optimierungsalgorithmen integriert
werden.
Ein typisches modeFRONTIER Optimierungsproblem mit einer Zielfunktion ist in Abbil-
dung 2.2 zu sehen.
Nach der Definition der Eingabe- und Ausgabevariablen, sowie der Optimierungsziele, wird
die erste Generation vorgegeben. Hierbei gibt es in modeFRONTIER verschiedene Metho-
den, aus denen gewahlt werden kann, wobei zwischen propabilistischen, deterministischen und
benutzerdefinierten unterschieden werden kann.
Anschließend muss ein Optimierungsalgorithmus abhangig vom jeweiligen Optimierungs-
problem gewahlt werden. Seitdem der erste Optimierungsalgorithmus 1985 von Schaffer [58]
vorgeschlagen wurde, wurden viele weitere Optimierungsalgorithmen fur Mehrzieloptimierungs-
probleme entwickelt. modeFRONTIER bietet verschiedene evolutionare Algorithmen, jedoch
auch Algorithmen wie das Simulated Annealing und gradienten-basierte Algorithmen wie die
Simplex-Methode oder das Quasi-Newton Verfahren an. Dabei ist im Handbuch sowie im
Benutzer-Fenster bei der Algorithmen-Wahl angegeben, fur welche Falle der jeweilige Algo-
rithmus geeignet ist (Mehrziel- oder Einzieloptimierungsprobleme etc.) sowie eine kurze Be-
schreibung des Algorithmus selber.
32 KAPITEL 2. Grundlagen der Pareto-Optimierung
Abbildung 2.2: Beispiel eines Optimierungsproblems mit einer Zielfunktion in modeFRONTIER
Nachdem ein evolutionarer Algorithmus gewahlt wurde, muss zusatzlich angegeben werden,
wie viele Generationen die Optimierung beinhalten soll. Im Rahmen dieser Arbeit wurde unter
anderem der Einfluss der Generationenzahl untersucht.
Da nicht generell ein Mehrzieloptimierungsalgorithmus favorisiert werden kann, wurde im
Rahmen dieser Arbeit vor der Optimierung des eigentlichen Optimierungsproblems zunachst ein
vereinfachtes Modell erzeugt. Fur dieses wurden alle Punkte des Entscheidungsvariablenraums
und die dazugehorigen Abbildungen auf den Zielfunktionenraum untersucht. Dadurch lasst sich
der genaue Verlauf der Pareto-Front bestimmen. Anschließend wurde mit den verschiedenen zur
Verfugung stehenden Mehrzieloptimierungsverfahren jeweils mit identischer erster Generation
und Anzahl an Generationen die Optimierung durchgefuhrt und die jeweilig sich ergebene
Diversitat der Pareto-optimalen Losungen und deren Annaherung an die eigentliche Pareto-
Front bestimmt. Anhand dieser Ergebnisse wurde der jeweils beste Algorithmus ausgewahlt
und damit die Optimierung des eigentlichen Modells ausgefuhrt.
Abschließend sollen die Moglichkeiten und Limitierungen von Optimierungen komplexer Sy-
steme aufgezeigt werden, basierend auf der Forschung und Entwicklung, die bisher durchgefuhrt
wurden. Die Kriterien, die dabei eine entscheidende Rolle spielen sind die maximal mogliche
Anzahl an Zielfunktionen, die minimale Anzahl an Individuen der ersten Generation und die
minimale Anzahl an Generationen insgesamt. Daruber hinaus bestimmt die Komplexitat des
untersuchten Systems die notwendige Berechnungszeit fur die Auswertung der Zielfunktionen.
Diese Kriterien haben einen großen Einfluss auf die Konvergenz und den Rechenaufwand des
untersuchen Optimierungsproblems.
Eine wichtige Fragestellung in diesem Zusammenhang ist, wie viele Zielfunktionen notwen-
dig sind, um die Charakteristiken eines Mehrzieloptimierungsproblems adaquat darzustellen,
2.4. modeFRONTIER 33
und wie viele Zielfunktionen mit den vorhandenen Algorithmen behandelt werden konnen. Die
veroffentlichte Literatur zeigt, dass die meisten realistischen Mehrzieloptimierungsprobleme
effektiv mit zwei bis drei Zielfunktionen gelost werden [67]. Dabei stellt die Berechnungszeit
zur Bestimmung von mehreren komplexen MOEA Fitness-Funktionen, die relativ schnell un-
handlich werden, ein praktisches Limit dar. Eine theoretische Grenze existiert ebenso, wenn die
Pareto-Optimalitat betrachtet wird. Bei der Erhohung der Anzahl an Zielfunktionen erhoht sich
die Zahl an moglichen Pareto-Losungen, so dass nach [30] der Pareto-Selektionsdruck sinkt.
Nach [67] sollte daher zunachst ein Mehrzieloptimierungsproblem mit zwei Zielfunktionen mit
einem MOEA gelost werden, um ein prinzipielles Verstandnis uber die Abhangigkeiten der Zie-
le und die Form des Losungsraumes zu gewinnen. Anschließend sei es moglich andere Ziele
hinzuzufugen, um andere relevante Charakteristiken des Optimierungsproblems abzubilden. Im
Rahmen dieser Arbeit wurden fur die stationare Modellierung zwei Zielfunktionen gewahlt,
wo hingegen fur die instationare Modellierung vier Zielfunktionen verwendet wurden, da durch
eine eindimensionale Betrachtung der Heat Cell die Auswertung der verschiedenen Designs viel
weniger aufwandig war bezuglich der Rechenzeiten, so dass eine deutlich hohere Anzahl an
Individuen pro Population und Anzahl an Generationen bestimmt werden konnte.
Kapitel 3
Anwendung der Pareto-Optimierung am
stationaren Warmetauschermodell
Die Reglementierung von Schadstoffemissionen in Hafen bewirkt Bestrebungen, ahnlich wie
im Automobilbau, Auxiliary Power Units auf Basis von Brennstoffzellensystemen einzusetzen,
die die elektrische Energieversorgung auf Schiffen bereitstellen. Forschungsarbeiten befassen
sich dabei einerseits mit der Verbesserung der gegenwartigen Brennstoffzellentechnolgie wie
auch andererseits mit der Funktion der Reformereineit. Der in dieser Arbeit zugrundeliegen-
de Prozess besteht aus den folgenden Hauptkomponenten: Einer Entschwefelung, einer Heat
Cell zum Aufheizen der Prozessstrome (Wasserdampf, Luft und Diesel-Ol) und einem auto-
thermen Reformer, die Wasserstoff- und Kohlenmonoxidreiches Gas einer Molten Carbonate
Brennstoffzelle bereitstellen, mit einer elektrischen Leistung von 500 kW.
Da Nato-F76 Diesel als Brennstoff eingesetzt werden soll, muss vor der Zugabe in den
Reformer eine Entschwefelung des Diesel-Ols vorgenommen werden, um eine beschleunigte
Katalysator-Alterung im Reformer zu verhindern. Ferner muss sichergestellt werden, dass die
Gemischtemperatur der Stoffstrome mindestens 420 C betragen, um eine Kondensation im
Reformer und somit einen Effiziensverlust zu vermeiden. Dazu werden Wasserdampf, Luft und
Diesel-Ol in der so genannten Heat Cell durch Rohrbundel geleitet und von außen durch das
Abgas eines Porenbrenners beheizt. Dabei kann die hohe Warmestrahlung des Porenbrenners
effizient zur Aufheizung genutzt werden, um moglichst kleine und leichte Warmetauscher zu
konstruieren. Da der Porenbrenner mit Diesel betrieben wird, ist eine zusatzliche Verdampfer-
stufe notwendig, die in diesem Fall mit einem Kalte-Flammenverdampfer realisiert wird.
Abbildung 3.2 zeigt eine schematische Darstellung der Heat Cell mit den wichtigsten Pro-
zesstemperaturen.
Wie bereits in Kapitel 1.3 beschrieben, wurde aufgrund der notwendigen Komplexitat des
Heat-Cell Modells eine Zweiteilung der Optimierung vorgenommen. Hierbei sollen zunachst
ein geeigneter Algorithmus und die beste Definition einer Anfangspopulation anhand eines
vereinfachten Modells identifiziert werden, um anschließend eine komplexe dreidimensionale
Optimierung durchzufuhren. Ferner ist Ziel dieser Optimierung, den Einfluss der Porenbren-
nerstrahlung auf die optimale Geometrie der Warmetauscherrohrbundel zu erfassen.
35
36 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Abbild
ung
3.1:Sch
ematisch
eD
arstellung
der
Heat
Cell
3.1. 2-D Modell 37
Abbildung 3.2: Fließbild der MC Brennstoffzelle
3.1 2-D Modell
Wie bereits erwahnt, bietet das Programm modeFRONTIER verschiedene genetische Algo-
rithmen fur die Optimierung von Mehrzieloptimierungsproblemen an. In diesem Kapitel soll
zunachst untersucht werden, welcher dieser Algorithmen fur die Optimierung des stationaren
Modells am besten geeignet ist, d.h. welcher Algorithmus die Pareto-Front am besten approxi-
miert und zugleich eine hohe Diversitat der Losungen aufweist. Zusatzlich soll der Einfluss der
Große und Verteilung der Start-Population untersucht werden, die mit verschiedenen Methoden
generiert wurden.
Das in diesem Zusammenhang untersuchte Modell berucksichtigt nur die Stromung um
die Rohre herum, deren Einlasstemperatur 298 K betragt, und nimmt eine konstante Wand-
temperatur von 600 K an, um Rechenzeit zu sparen. Dadurch wird in diesem Unterkapitel ein
abstrahiertes und reduziertes Teilproblem behandelt, das lediglich die Warmeubergangskoeffi-
zienten auf der Rohraußenseite bestimmt.
Zunachst werden die Definitionen der numerischen Berechnungen und des Modells vorge-
38 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
stellt. Anschließend wird auf die Einbindung in das Programm modeFRONTIER eingegangen
und die Definitionen der Parameter und Zielfunktionen beschrieben. Abschließend werden die
erhaltenen Ergebnisse dargestellt und diskutiert.
3.1.1 Modell-Definitionen
Fur die automatische Optimierung der Rohrbundelwarmeubertrager wurde das Programm-
Paket Ansys CFX fur die Berechnung des Stromungs- und Temperaturfeldes eingebunden. Da-
zu wurde ein quasi-zweidimensionales Modell 1 eines Rohrbundel-Warmeubertragers erstellt,
wobei nur die Stromung um die Rohre herum berucksichtigt wurde, um den Rechenaufwand fur
das Testmodell zu minimieren. Somit wird das komplexe dreidimensionale Modell auf die Be-
stimmung der Warmeubergangskoeffizienten auf der Rohraußenseite reduziert. Die Berucksich-
tigung der Zweidimensionalitat erfolgt durch das Setzen von zwei Symmetrie-Randbedingungen
auf den Flachen der Front- und Ruckseite. Daruber hinaus bildet das Modell einen periodi-
schen Ausschnitt aus einem Rohrbundel-Warmeubertrager. Diesem Tatbestand wird Rechnung
getragen, indem den Flachen auf der rechten und linken Seite jeweils eine translatorische Pe-
riodizitat zugewiesen wird (siehe Abbildung 3.3).
Die Tabelle 3.1 gibt die gewahlten Randbedingungen wieder. Das zweidimensionale Modell
bestimmt den Warmetransport von den heißen Rohrwanden mit einer kostanten Temperatur
von 600 K an das kalte umstromende Fluid mit einer Einlasstemperatur von 298 K.
Tabelle 3.1: Randbedingungen des quasi-zweidimensionalen WarmeubertragermodellsFluid Ideales Gas
Warmeubergangs Modell Thermal Energy
Turbulenz Modell Shear Stress Transport (SST)
Wandfunktion Automatisch
Inlet Geschwindigkeit 10 m/s
Temperatur 298 K
Outlet Relativer Druck 0 Pa
Turbulenz: Kein Gradient
Rohrwand Wandrandbedingung
Temperatur 600 K
Periodische Randbedingung Translatorische Periodizitat
Symmetrie Symmetrie
3.1.2 Variablen, Zielfunktionen und Definition in modeFRONTIER
Fur die Optimierung in modeFRONTIER wurde das Programm ProEngineer Wildfire 3.0 von
PTC verwendet, um verschiedene Rohranordnungen und Geometrien vom Optimierer automa-
1Es ist in ANSYS CFX nicht moglich wirkliche zweidimensionale Modelle zu berechnen, so dass das Gitter
des quasi-zweidimensionalen Modells in die dritte Dimension nur aus einer Zellreihe mit einer Breite von 1 mm
besteht.
3.1. Variablen, Zielfunktionen und Definition 39
(a) Seite (b) Vorderansicht
Abbildung 3.3: Schematische Darstellung der Geometrie und Randbedingungen
tisch gesteuert zu erstellen. Diese Geometrie wurde als iges-Format exportiert und in ANSYS
ICEM 11 eingelesen und mit Hilfe eines automatischen Skriptes ein strukturiertes Rechengitter
erzeugt. Die Hilfsvariablen dienten dazu, die Gitterdichte zu steuern, da durch eine Vergroße-
rung des Rohrabstandes auch eine Erhohung der Gitterpunkte notwendig ist. Zusatzlich wurde
mit einer Abschatzung der Temperatur- und Stromungsgrenzschicht der Abstand der Gitter-
punkte zur Rohrwand festgelegt.
Das entstandene strukturierte Gitter wurde hierauf in CFX Pre 11 geladen und die Rand-
bedingungen sowie Definitionen gesetzt. Das Definitions-File konnte anschließend mit dem
CFX Solver berechnet werden, um schließlich in CFX Post ausgewertet zu werden. In dieser
Auswertung wurde eine Tabelle mit entsprechenden Werten fur den Druckverlust und den
Warmeubergangskoeffizienten exportiert. Diese Tabelle konnte abschließend von modeFRON-
TIER eingelesen und den Zielfunktionen zugeordnet werden. Das Optimierungsprojekt mit kur-
zen Erlauterungen zur Bedeutung der einzelnen Bestandteile kann Abbildung 3.5 entnommen
werden. Dabei gelten die in Abbildung 3.4 und Tabelle 3.2 angegeben Variablen-Definitionen.
Zusatzlich sind die verwendeten Zielfunktionen definiert: Einerseits soll der Warmeubergangs-
koeffizient maximiert werden, jedoch mit minimalem Druckverlust.
40 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Abbildung 3.4: Variablen-Definition
Tabelle 3.2: Variablen-Definitionen und Zielfunktionen
X Abstand =s1
R X
Y Abstand =s2
R Y
V erh R =R X
R Y
A Rohr =1
4R X ·R Y · π = 78.54mm2
R Y =A Rohr
π · V erh R
R X = R Y · V erh R
Zielfunktion 1 Max(Warmeubergangskoeffizient)
Zielfunktion 2 Min(Druckverlust)
3.1. Variablen, Zielfunktionen und Definition 41
Abbild
ung
3.5:
2-D
Optim
ieru
ng
inm
odeF
RO
NT
IER
42 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Um die Anzahl an Auswertungen etwas einzuschranken, wurden fur die Optimierung die
Variablen in bestimmte Intervalle eingegrenzt, welche Tabelle 3.3 entnommen werden konnen.
Dabei stellen der minimalen Werte des horizontalen und vertikalen Abstands einen Grenzwert
fur die Gittergenerierung dar. Werden diese Werte weiter unterschritten, wirkt sich das sehr
negativ auf die Gitterqualitat aus, da kleinere Abstande anders vernetzt werden mussen als
großere. Je weiter die Rohre auseinander stehen, um so geringer wird die Stromungsgeschwin-
digkeit zwischen den Rohren und die gegenseitige Beeinflussung. Daher wurden die maximalen
Grenzen auf die in Tabelle 3.3 angegebenen Werte festgelegt.
Tabelle 3.3: Zusammenstellung der Variablengrenzen und Schrittweiten
Variable untere Grenze obere Grenze Schrittweite
X Abstand 4.2 5 0.2
Y Abstand 2.1 4 0.1
V erh R 0.4 2.5 0.1
3.1.3 Bestimmung der wahren Pareto-Front
Um beurteilen zu konnen, welcher Algorithmus die Pareto-Front am besten approximiert und
wessen Pareto-Losungen die hochste Diversitat aufweisen, muss die eigentliche Pareto-Front
bekannt sein. Dazu wurden vor der eigentlichen Optimierung alle moglichen Geometrien in
einem fur jede Variable vorgegebenen Intervall (siehe Tabelle 3.3) berechnet. Abbildung 3.6
zeigt die Verteilung der Designs bezuglich der beiden Optimierungsziele minimaler Druckver-
lust und maximaler Warmeubergang. Dabei wurden die Designs der Pareto-Menge markiert.
Es ist deutlich zu sehen, dass im linken Bereich der Pareto-Front eine deutliche Steigerung
des Warmeubergangskoeffizienten bei kleinem Anstieg des Druckverlustes moglich ist. Nach
diesem steilen Anstieg des Warmeubergangskoeffizienten geht die Pareto-Front in eine deutlich
geringere Steigung uber, d.h. in diesem Bereich sind nur hohere Warmeubergangskoeffizienten
moglich, wenn gleichzeitig ein deutlicher Anstieg im Druckverlust in Kauf genommen wird. Da
fur die Auslegung der Warmetauscher in der Heat Cell der Druckverlust eine wichtige Rolle
spielt, liegen die besten Kompromisslosungen in diesem Fall im Ubergangsbereich zwischen
dem steilen Anstieg der Pareto-Front und dem flacheren Teil. Diese Designs sind in Tabelle
3.4 zusammengefasst.
Insgesamt wurden 2300 verschiedene Designs fur die Bestimmung der wahren Pareto-Front
in dem gewahlten Variablen-Bereich ausgewertet. An einem Tag konnten durch Parallelisierung
zwischen 50 und 60 Designs berechnet werden, so dass sich eine Gesamt-Berechnungszeit von
ca. 42 Tagen ergab. Fur diese Berechnungen kam eine Intel Dempsey-CPU2 (3.2 GHz, 2 MB
2Xeon 5060 aus der”DualCore Xeon DP“-Reihe
3.1. Pareto-Front 43
Abbildung 3.6: Wahre Pareto-Front
Tabelle 3.4: Kompromiss-Losungen des zweidimensionalen Modells
Nr. V erh R XAbstand YAbstand
1 1.4 4.2 2.2
2 1.4 4.2 2.1
3 1.5 4.2 2.3
L2 Cache, Dualcore) mit NetBurst Architektur zum Einsatz.
Die erhaltene Pareto-Front kann in vier verschiedene Bereiche untergliedert werden, die
in Abbildung 3.7 dargestellt sind. Die sich ergebenen Unterschiede der Geschwindigkeits- und
Temperaturprofile fur je ein ausgewahltes Design aus jedem Teilbereich sind in den Abbildungen
3.8 und 3.9 zu sehen.
In Teilbereich I haben alle Designs den großten X Abstand und kleine Werte fur V erh R
(0.5-0.7). Diese Designs zeichnen sich mit ihrem großen Abstand zwischen den Rohren und
ihrer ovale Form in Stromungsrichtung durch ihren geringen Stromungswiderstand aus. Die
Ablosegebiete stromabwarts der Rohre sind relativ klein. Dadurch ergibt sich ein kleiner Druck-
verlust. Ferner ist durch den großen Rohrabstand die Stromungsgeschwindigkeit zwischen den
Rohren klein, so dass auch der Warmeubergangskoeffizient klein ist. Durch eine Erhohung
des V erh R wird die direkt angestromte Rohrflache vergroßert, was zu einem Anstieg des
Warmeubergangskoeffizienten fuhrt. Mit den großen Rohrabstanden und dadurch bedingten
44 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Abbildung 3.7: Teilbereiche der Parteo-Front
geringen Stromungswiderstandes wird andererseits der Druckverlust kaum beeinflusst.
In Teilbereich II befinden sich Designs mit kleineren X Abstand (4.2-5) und großeren
V er R (0.7-0.8). Mit steigenden Werten von V erh R wird der Stromungswiderstand der
Rohre großer, was eine Erhohung des Druckverlustes mit sich bringt. Durch kleinere Abstande
zwischen den Rohren wird die Stromung starker beschleunigt, wodurch der Warmeubergangs-
koeffizient steigt. Da die Rohrform nur kleine Ablosegebiete hinter den Rohren verursacht,
aber die Beschleunigung der Stromungsgeschwindigkeit im Rohrbundel durch die Verkleine-
rung der Rohrabstande signifikant ist, ergibt sich in diesem Teilbereich ein deutlicher Anstieg
des Warmeubergangskoeffizienten bei einer geringen Erhohung des Druckverlustes.
Teilbereich III zeigt die Pareto-Losungen, die fur den Einsatz in der Heat Cell besonders in-
teressant sind. Die Abstande zwischen den Rohren sind minimal X Abstand = 4.2. Ferner liegt
der Wert fur V erh R zwischen 1.3 und 1.4. Der sich dadurch ergebene Stromungswiderstand
ist großer als bei den Desings in Teilbereich I und II, so dass der Druckverlust dieser Geome-
trien großer ist. Deutlich ist dies an den großeren Rezirkulationsgebieten hinter den Rohren
zu erkennen. Der minimale Abstand der Rohre bewirkt eine hohe Stromungsgeschwindigkeit
und damit einen hoheren Warmeubergangskoeffizienten als in Teilbereich I und II. Daruber
hinaus wird die direkt angestromte Rohrflache durch die Erhohung von V erh R signifikant
vergroßert, was eine weitere Erhohung des Warmeubergangskoeffizienten verursacht.
Die Designs in Teilbereich IV weisen alle einen minimalen Rohrabstand auf (X Abst = 4.2),
wobei sich V erh R stetig erhoht (V erh R = 1.5 − 2.4). Abbildung 3.8 zeigt fur das Design
aus Teilbereich IV die großten Rezirkulationsgebiete hinter den Rohren, was den Stromungs-
widerstand ansteigen lasst und somit den Druckverlust erhoht. Die Stromungsgeschwindigkeit
zwischen den Rohren ist durch die großeren Ablosegebiete weiter deutlich hoher als fur die
3.1. Pareto-Front 45
Teilbereiche I - III. Durch den konstanten Rohrabstand wird die Erhohung des Warmeuber-
gangskoeffizienten nur dadurch verursacht, dass die direkt angestromte Rohrflache vergroßert
wird. Diese Erhohung ist jedoch im Vergleich zu einer Erhohung der Stromungsgeschwindigkeit
gering, so dass sich eine deutliche Abflachung des Verlaufs ergibt.
Der Verlauf der Pareto-Front kann somit wie folgt zusammen gefasst werden: Werden
neben der Rohrform auch der Rohr-Abstand verandert, so ergeben sich deutliche Anstiege im
Warmeubergangskoeffizienten bei einer geringen Erhohung des Druckverlustes. Wird jedoch
lediglich die Rohrform geandert bei gleichbleibendem Rohrabstand, so ergibt sich eine deutlich
flachere Steigung des Warmeubergangskoeffizienten.
Abbildung 3.8: Geschwindigkeitsprofile fur jeweils ein Design aus den vier verschiedenen Be-
reichen der Pareto-Front
46 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Abbildung 3.9: Temperaturprofile fur jeweils ein Design aus den vier verschiedenen Bereichen
der Pareto-Front
3.1.4 Start-Populationen
Die Start-Population ist ein wichtiger Parameter fur den Verlauf der Optimierung. Werden vor-
wiegend Individuen nahe oder sogar auf der Pareto-Front als Start-Werte gewahlt, so ergibt sich
eine schnelle Konvergenz des Optimierungsproblems. Auf der anderen Seite, wenn eine geringe
Diversitat der Start-Individuen im Zielfunktionenraum vorliegt, so ergibt sich zwar eine schnelle
Konvergenz, jedoch wird nur ein kleiner Teil der wahren Pareto-Front abgebildet. Das liegt
daran, dass Individuen auf entfernteren Positionen im Zielfunktionenraum nur durch Rekom-
bination und Mutation gewonnen werden konnen. Bei einem geringen Gen-Pool ergeben sich
durch Rekombination nur ahnliche Individuen. Ferner ist die Mutationswahrscheinlichkeit rela-
tiv gering, um einen geringen Gen-Pool mit neuen Individuen aufzufullen (Wahrscheinlichkeit
liegt bei 0.05). Beispielhaft wurde eine Start-Population von 8 Individuen mit nahe beieinander
liegenden Individuen gewahlt. Fur die Berechnungen wurde der MOGA-II ausgewahlt. Hierbei
handelt es sich um einen genetischen Algorithmus fur Mehrzieloptimierungsprobleme, der eine
Klassifikation der Individuen basierend auf der Pareto-Dominanz durchfuhrt. Ferner wird ver-
sucht, mit einer Sharing Funktion eine hohere Diversitat der Losungen zu erreichen. Durch die
Kombination aus Pareto-Ranking und Sharing Funktion werden den Losungen verschiedene
Fitnesswerte zugeordnet und anschließend eine Roulette-Rad-Selektion durchgefuhrt. Fur die
3.1. Pareto-Front 47
Optimierung einer wenig diversen Startpopulation wurden insgesamt 40 Generationen berech-
net, deren ausgewertete Designs in Abbildung 3.10 dargestellt sind.
Abbildung 3.10: Ergebnisse der Optimierung mit MOGA-II, 40 Generationen, Start-Population
mit niedriger Diversitat im Zielfunktionenraum
Es ist deutlich zu sehen, wie eine niedrige Diversitat der Start-Population im Zielfunk-
tionenraum, den Verlauf der Optimierung und damit die Abbildung der wahren Pareto-Front
beeinflusst. Daher ist bei der Definition einer Optimierung explizit darauf zu achten, eine
Start-Population mit moglichst großer Diversitat zu verwenden.
Die Definition der Start-Population kann in modeFRONTIER auf verschiedene Arten durch-
gefuhrt werden. Neben der benutzer-definierten Methode, gibt es u.a. einen Zufallsalgorith-
mus (Monte Carlo), der basierend auf verschiedenen (wahlbaren) statistischen Verteilungen
Designs erstellt, die in den vordefinierten Variablen Intervallen liegen. Ferner existiert ein so
genannter Sobol-Algorithmus, ein Vertreter der deterministischen DOE-Algorithmen (design
of experiments), der aus den Designvariablen, n-Tupel erstellt, die gleichmaßiger im Designva-
riablenraum verteilt sind als zufallig erstellte Designs. Dabei wird die gewunschte Anzahl an
Individuen so generiert, dass sie maximalen Abstand zueinander aufweisen. Der Full Factorial
Algorithmus, ebenfalls ein deterministischer Algorithmus, erzeugt jede Parameterkombination
der Designvariablen, basierend auf der zu definierenden Anzahl an Leveln. Werden zwei Level
pro Designvariable gewahlt, so werden jeweils der unterste und oberste Variablen-Wert gewahlt
und zu 2i−Tupeln kombiniert (wobei i fur die Anzahl an Designvariablen steht). Diese Me-
thode ist speziell dafur vorgesehen, den Einfluss jeder Designvariable auf die Zielfunktionen zu
bestimmen.
Neben dem so genannten DOE-Algorithmus hat die Populationsgroße einen Einfluss auf
den Optimierungsverlauf. Je großer der Gen-Pool ist (vorausgesetzt, es existiert eine gewisse
Diversitat zwischen diesen Individuen), um so schneller konnen vorteilhafte Gene identifiziert
werden und neue Individuen durch Rekombination gewonnen werden, was zu einer schnelleren
48 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Konvergenz zur wahren Pareto-Front fuhrt. Daruber hinaus ist die Anzahl an Mutationen in
einer großeren Anzahl an Individuen großer, so dass auch mehr neue Gebiete im Zielfunktio-
nenraum untersucht werden, was eine hohere Diversitat der Pareto-Front begunstigt.
Vor der Untersuchung zu den Unterschieden zwischen den einzelnen Optimierungsalgo-
rithmen, wurde zunachst der Einfluss der Populationsgroße und Definitionsmethode der Start-
Population untersucht. Dafur wurden mit der Monte Carlo-, der Sobol und Full Factorial-
Methode jeweils 8 Individuen erzeugt und mit dem MOGA-II Algorithmus eine Optimierung
mit 40 und 80 Generationen durchgefuhrt. Zum Vergleich wurden jeweils 16 Individuen der
Monte Carlo- und Sobol-Methode und 18 Individuen der Full Factorial-Methode3 verwendet,
um 40 und 80 Generationen ebenfalls mit dem MOGA-II Algorithmus zu berechnen. Die sich
ergebenen Diagramme sind in Abbildung 3.12 bis 3.17 zu sehen. Zudem wurde fur jede Op-
timierung eine Vergleichsgroße Π nach Gleichung 2.3.5 bestimmt, welche in Abbildung 3.11
dargestellt sind. Je kleiner der Wert von Π, um so hoher sind die Konvergenz und Diversitat
der Losungen.
(a) 40 Generationen (b) 80 Generationen
Abbildung 3.11: Vergleichsgroßen fur verschiedenen Startpopulationen
Einerseits ist zu erkennen, dass mit steigender Generationenzahl, der Wert fur Π sinkt.
Dies ist leicht ersichtlich, da mit steigender Anzahl an Generationen auch die Anzahl an insge-
samt ausgewerteten Designs zunimmt und die Optimierung weiter fortgeschritten ist, was die
Annaherung an die wahre Pareto-Front begunstigt. Dies wird durch die Tatsache unterstutzt,
dass die Anzahl an ausgewerteten Designs zwischen 160 Designs (Sobol 8 Individuen 40 Ge-
nerationen) und 534 Designs (Sobol 16 Individuen 80 Generationen) variiert, wobei die erstere
Optimierung den hochsten, die letztere den niedrigsten Π-Wert aufweist.
Ferner sinkt der Wert fur Π fur die Optimierungen mit 16 Individuen pro Population starker
als fur diejenigen mit nur 8 Individuen pro Population. Aufgrund des verwendeten Elitismus
3Bei der Full Factorial-Methode muss die Anzahl an Leveln pro Designvariable angegeben werden. Die
Multiplikation dieser Zahlenwerte miteinander ergibt die insgesamte Anzahl an Individuen. Werden jeweils
zwei Werte pro Designvariable gewahlt, so ergeben sich 8 Individuen, werden fur zwei Designvariablen je drei
und fur eine zwei Werte gewahlt, so ergeben sich 18 Individuen.
3.1. Pareto-Front 49
werden gute Designs an die nachfolgende Generation weitergegeben. Je mehr gute Designs
gefunden wurden, um so großer ist die Anzahl an festgelegten Individuen der nachfolgenden
Generation. Dadurch wird die Anzahl an neu berechneten Designs im Verlauf der Optimie-
rung kleiner. Ist die Populationsgroße insgesamt klein (8 Individuen), so kann dies zu einer
deutlich verlangsamten Konvergenz fuhren im Vergleich zu einer großeren Populationsgroße
von 16 Individuen. Zudem bewirkt der kleinere Gen-Pool, dass weniger Rekombinationen und
Mutationen pro Generation erzeugt werden, und somit die Anzahl an neu generierten Desings
kleiner ist, als bei großeren Populationen.
Auffallig ist, dass eine Erhohung der Individuen pro Population fur den Fall von Full Factorial
keine Verbesserung im Π-Wert ergibt. Das liegt vor allem an der Beschrankung der ausgewer-
teten Punkte fur die Berechnung von Π. Die Diagramme fur die Populationen mit 8 Individuen
zeigen Individuen, die uber dem gesamten Bereich deutlich weiter von der wahren Pareto-Kurve
entfernt sind als diejenigen mit 16 Individuen. Obwohl die großere Population wohl mit einer
großeren Anzahl an ausgewerteten Punkten kleinere Werte fur Π ergeben wurden, soll das
nicht daruber hinweg tauschen, dass der Full Factorial Algorithmus die schlechteste Appro-
ximation der wahren Pareto-Front fur beide Populationsgroßen und Anzahl an Generationen
ergibt. Speziell im Falle von 8 Individuen pro Population wird ein großer Teil des rechten
Abschnitts der Pareto-Front nur mangelhaft abgedeckt, obwohl in der Anfangspopulation ein
Individuum in diesem Bereich ausgewertet wurde. Dieses scheint jedoch relativ fruh im Ver-
lauf des Algorithmus ausselektiert zu werden. Die deutlich schlechteren Ergebnisse des Full
Factorial Algorithmus lassen sich durch einen Vergleich der Verteilung der Startpopulation im
Zielfunktionenraum erklaren. Abbildungen 3.12 bis 3.14 zeigen die jeweilige Startpopulations-
verteilungen der verschiedenen Algorithmen. Dabei ist zu erkennen, dass sowohl fur die Monte
Carlo wie auch fur die Sobol Startpopulation ein geringerer Abstand zur wahren Pareto-Front
vorliegt als im Falle der Full Factorial Startpopulation. Daruber hinaus ist die Verteilung im
Falle von 8 Individuen fur die Full Factorial Startpopulation eher inhomogen. Vier Individuen
am ganz linken Rand sowie drei im rechten Bereich genugen nicht, um eine hohe Diversitat zu
gewahrleisten. Im Vergleich dazu sind die Individuen der Startpopulationen fur Monte Carlo
und Sobol deutlich homogener verteilt.
Aus den Berechnungen lasst sich schließen, dass die Mindestanzahl an Desings fur die
Optimierung ca. 400-500 betragen sollte, um ein zuverlassiges Ergebnis zu erzielen.
Im Falle von 40 Generationen schneidet der Monte Carlo Algorithmus am besten ab, wo-
hingegen sich diese Uberlegenheit bei der Berechnung von 80 Generationen gegenuber dem
Sobol Algorithmus ausgleicht. Da der Monte Carlo Algorithmus auf einem Zufallsverfahren
basiert, somit die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse nicht unbedingt gewahrleistet ist, und
somit der Vergleich zwischen den verschiedenen Optimierungsalgorithmen eventuell nachteilig
beeinflusst wird, wurde im weiteren Verlauf dieser Arbeit die Startpopulationen mit dem Sobol
Algorithmus gebildet, welcher reproduzierbare Startpopulationen erstellt.
Ist es bei der Auslegung eines anderen thermo-fluiddynamischen Systems nicht moglich,
zunachst eine detaillierte Untersuchung bezuglich des Konvergenz Verhaltens verschiedener
DOE-Algorithmen durchzufuhren, so sollte darauf geachtet werden, dass die gewahlte Start-
population moglichst homogen im Zielfunktionenraum verteilt ist. Eine bereits laufende Op-
50 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
timierung kann auch unterbrochen werden, um eine neue Startpopulation vorzugeben, ohne
die bereits ausgewerteten Designs zu loschen, so dass auf deren Zielfunktionsauswertung di-
rekt zugegriffen werden kann, ohne eine erneute eventuell aufwandige Zielfunktionsauswertung
durchfuhren zu mussen.
3.1.5 Optimierungsalgorithmen
Basierend auf diesen Ergebnissen, wurde die Sobol-Methode mit 16 Individuen pro Populati-
on und 80 Generationen gewahlt, um verschiedene Optimierungsalgorithmen zu vergleichen.
Neben dem MOGA II, wurden der NSGA II, ARMOGA und FMOGA getestet. Ebenso wie
MOGA-II verwendet der NSGA-II eine Fitnesszuweisung basierend auf einem zuvor durch-
gefuhrtem Pareto-Ranking der Losungen. Die implementierte Sharing Funktion des NSGA-II
ist unabhangig vom so genannten Sharing Abstand, der im MOGA-II im Zielfunktionenraum
bestimmt wird. Ferner wird eine Wettkampfselektion durchgefuhrt.
ARMOGA verwendet die gleiche Ranking-Methode und Sharing-Funktion wie MOGA-II.
Mit einer Bereichsanpassung (Range Adaption) wird der Designvariablenraum nach einer vor-
definierten Anzahl an Generationen basierend auf der Statistik besserer Losungen bestimmt
und nach einer ebenso vordefinierten Anzahl an Generationen immer wieder wiederholt, um so
eine schnellere Konvergenz zu erzielen.
FMOGA basiert ebenso auf dem MOGA-II Algorithmus. Neben der eigentlichen Funkti-
onsauswertung wird basierend auf den bereits gewonnenen Auswertungen eine Approximation
der Funktionsauswertung durchgefuhrt (Response Surface), die eine deutliche Beschleunigung
der Rechenzeit bewirkt. Nach einer vordefinierten Anzahl an normal berechneten Generationen
wird ein definierter Anteil der Individuen uber die Response Surface Approximation ausgewer-
tet, wahrend der Rest die normale Funktionsauswertung durchlauft.
Die sich ergebenen Verteilungen der Individuen im Bezug auf die beiden Zielfunktionen
kann Abbildungen 3.18 bis 3.19 entnommen werden. Fur jeden Algorithmus wurde zusatz-
lich angegeben, wie viele verschiedene Designs ausgewertet wurden. Der Algorithmus mit der
hochsten Anzahl an verschiedenen ausgewerteten Designs ist ARMOGA. Trotz dieser großen
Anzahl ergibt sich eine relativ schlechte Approximation der Pareto-Front im Ubergangsbereich
zwischen der großen Steigung und der Abflachung im Warmeubergangskoeffizienten. Genau
dies ist der Bereich, der in dem untersuchten Fall besonders interessant ist. Dadurch wird ein
relativ hoher Wert fur Π berechnet.
Im Gegensatz zum ARMOGA wurden bei FMOGA im Verlauf der Optimierung die wenig-
sten Designs ausgewertet. Dies bewirkt unter anderem, dass der rechte Bereich der Pareto-
Front nur unzureichend abgedeckt wird. Daher ergibt sich hier ebenso ein deutlich hoherer
Wert fur Π. Interessanterweise weicht das Ergebnis der Optimierung mit FMOGA deutlich von
MOGA II ab, obwohl fur beide Optimierungen der Algorithmus gleich ist. Der Unterschied liegt
in der Auswertung der Zielfunktionswerte. Nachdem die erste Generation mit dem definierten
externen Solver bestimmt wurde (ANSYS CFX), werden im Folgenden in jeder Generation 50
% der Individuen mit einem intern erstellten Modell (Kringing Response Surface) berechnet.
Die ubrigen 50 % werden durch den externen Solver ausgewertet. Die Auswertungen des in-
3.1. Pareto-Front 51
ternen Modells weichen anscheinend deutlich von den Auswertungen mit dem externen Solver
ab, so dass die wahren Abhangigkeiten der Designvariablen nicht abgebildet werden und sich
dadurch die beobachtete Abweichung zwischen FMOGA und MOGA II ergibt.
Der Algorithmus mit der zweit großten Anzahl an ausgewerteten Desings ist der NSGA II.
Dabei wird eine sehr gute Approximation der wahren Pareto-Front im gesamten Bereich er-
zielt, was auch durch den niedrigsten Wert fur Π ausgedruckt wird. Im Vergleich zu MOGA II
wurden trotz der gleichen Anzahl an Generationen und der selben Anfangspopulation doppelt
so viele Designs ausgewertet, was auf die unterschiedliche Anwendung des Elitismus und der
abweichenden Umsetzung des Rankings zuruckzufuhren ist. Jedoch ist der Optimierungsauf-
wand doppelt so hoch wie fur MOGA II (die Optimierung mit NSGA II dauerte 8 Tage langer
als mit MOGA II), jedoch liegt der Wert fur Π nur unwesentlich niedriger.
Mit allen untersuchten Algorithmen konnte eine deutliche Verbesserung der Anfangspopu-
lation (Π = 150) erzielt werden. Der Zeitgewinn im Vergleich zur Bestimmung aller Losungen
betragt fur MOGA II 82,6 %, fur NSGA II 64 %, fur FMOGA 84,7 % und fur ARMOGA
62,5 %, basierend auf dem verwendeten Cluster.
Da der Zeitgewinn des MOGA II signifikant hoher liegt, als von NSGA II, jedoch die Appro-
ximation der Pareto-Front und Diversitat vergleichbar sind, wurde der Algorithmus MOGA II
fur die Untersuchungen des dreidimensionalen Modells herangezogen. Daruber hinaus wurde
die Sobol-Methode verwendet, um eine Startpopulation von 16 Individuen zu erstellen.
52 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
(a) Monte Carlo 8 Individuen 40 Gen. (b) Monte Carlo 8 Individuen 80 Gen.
Abbildung 3.12: Monte-Carlo-Methode - 8 Individuen
(a) Sobol 8 Individuen 40 Gen. (b) Sobol 8 Individuen 80 Gen.
Abbildung 3.13: Sobol-Methode - 8 Individuen
(a) Full Factorial 8 Individuen 40 Gen. (b) Full Factorial 8 Individuen 80 Gen.
Abbildung 3.14: Full Factorial-Methode - 8 Individuen
3.1. Pareto-Front 53
(a) Monte Carlo 16 Individuen 40 Gen. (b) Monte Carlo 16 Individuen 80 Gen.
Abbildung 3.15: Monte-Carlo-Methode - 16 Individuen
(a) Sobol 16 Individuen 40 Gen. (b) Sobol 16 Individuen 80 Gen.
Abbildung 3.16: Sobol-Methode - 16 Individuen
(a) Full Factorial 18 Individuen 40 Gen. (b) Full Factorial 18 Individuen 80 Gen.
Abbildung 3.17: Full Factorial-Methode - 18 Individuen
54 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
(a) MOGA II/ 401 Designs (b) NSGA II/ 828 Designs
Abbildung 3.18: MOGA II und NSGA II
(a) ARMOGA/ 862 Designs (b) FMOGA/ 353 Designs
Abbildung 3.19: ARMOGA und FMOGA
Abbildung 3.20: Π-Werte fur verschiedene Optimierungsalgorithmen
3.2. 3-D Modell 55
3.2 3-D Modell
Nach der ausfuhrlichen Optimierung des zweidimensionalen Modells der Heat Cell und der
Identifizierung der optimalen Algorithmen fur die Startpopulation und die Optimierung, soll
nun die Anwendung auf ein dreidimensionales Modell erfolgen. Da die notwendigen Dimen-
sionen in diesem Teil der Auslegung noch nicht feststehen, wurde ein Ausschnitt aus einem
Rohrbundel gewahlt. Um den Rechenaufwand zu verringern wurde die Lange der Rohre auf
100 mm beschrankt und der berechnete Ausschnitt im Vergleich zum zweidimensionalen Mo-
dell noch weiter verringert (siehe Abbildung 3.21). Ziel dieser Optimierung ist es, eine optimale
Anordnung und Geometrie der Rohre fur die Heat Cell zu finden, und zusatzlich den Einfluss
der Strahlung durch den Porenbrenner auf die optimale Geometrie zu identifizieren.
Die Berechnung der Modelle erfolgte mit 4 Intel Dempsey-CPUs4 (3.2 GHz, 2 MB L2
Cache, DualCore) mit NetBurst Architektur.
Im Folgenden werden die Modell-Definitionen beschrieben, wie auch die Variablen und
Zielfunktionen, wobei insbesondere auf die Unterschiede zum zweidimensionalen Modell einge-
gangen wird. Anschließend werden zwei Optimierungen durchgefuhrt. Die erste berucksichtigt
die Porenbrennerstrahlung auf die Rohrbundel, wobei die zweite Optimierung ohne Porenbren-
nerstrahlung vorgenommen wurde. Die Ergebnisse und Unterschiede zwischen diesen beiden
Optimierungen wird abschließend ausfuhrlich diskutiert.
3.2.1 Variablen, Zielfunktionen und Definition
Fur die dreidimensionale Optimierung wurde ein ahnliches Modell wie fur die zweidimensionale
Optimierung verwendet. Aufgrund des deutlich hoheren notwendigen Rechenaufwandes wurde
ein minimaler Ausschnitt aus dem Rohrbundel und eine Modelllange von 100 mm gewahlt.
Ebenso, wie im zweidimensionalen Fall wurden in modeFRONTIER Hilfsvariablen definiert, die
eine geeignete Gitterdichte fur verschiedene Rohrabstande und Formen gewahrleistete. Somit
ergaben sich strukturierte Gitter zwischen 500 000 und 1,5 Millionen Zellen, die automatisch
in ANSYS ICEM 11.0 erstellt wurden.
Die Ergebnisse der zweidimensionalen Optimierung zeigten, dass eine Verringerung des
horizontalen Rohr-Abstandes zu einer deutlichen Erhohung des Warmeubergangskoeffizienten
fuhrte. Fur das dreidimensionale Modell wurde daher der Variablenbereich fur den X Abstand
zu kleineren Werten erweitert. Eine solche geometrische Anordnung jedoch muss anders ver-
netzt werden als fur großere Rohrabstande, so dass eine Fallunterscheidung in die Optimierung
eingebaut wurde, um hohe Gitterqualitaten zu gewahrleisten.
Fur die Wahl einer reprasentativen Anzahl an Rohrreihen fur das Modell gingen Uberlegun-
gen bezuglich der Strahlungwarmeubertragung ein. Da hoher liegende Rohrreihen durch die
darunter liegenden teilweise oder sogar ganz verdeckt werden, wird auf diese kaum Warme in
Form von Strahlung ubertragen, so dass fur das untersuchte Modell drei Rohrreihen gewahlt
wurden.
Um die Berechnungen zu vereinfachen, werden alle Rohrreihen gleichzeitig durchstromt,
4Xeon 5060 aus der”DualCore Xeon DP“-Reihe
56 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
ohne Umlenkung von Rohrreihe zu Rohrreihe, wie es in der praktischen Umsetzung reali-
siert werden wird, da Voruntersuchungen zeigten, dass eine Interface-Randbedingungen zur
Ubergabe der Temperatur- und Geschwindigkeitswerte von der einen Rohrreihe zur nachsten
unphysikalische Abweichungen verursachten.
Turbulente Rohrstromungen weisen einen deutlich hoheren Warmeubergang an die Wand
auf als laminare. Daher wurde fur die Durchstromung der Warmetauscherohre eine turbulente
Stromung gewahlt, und entsprechend die Stromungsgeschwindigkeit auf 30 m/s festgelegt.
Auf der Abgasseite wird andererseits versucht, eine große Strahlungsflache des Brenners zu
realisieren, so dass die Leerrohrgeschwindigkeit der Abgase deutlich niedriger ausfallen und
somit die Stromung laminar ist. Um den Zeitaufwand fur die Simulationen zu verkurzen und
die Modellierung zu vereinfachen, werden keine chemischen Reaktionen definiert, sondern eine
Einlassrandbedingung an der Abgasseite mit einer fixen Abgastemperatur gesetzt. Bei der
Simulation mit Strahlung wird zusatzlich ein Strahlungsquellterm berucksichtigt, wobei die
Abgastemperatur entsprechend der Energieerhaltung nach Gleichung 3.1 reduziert wird.
PBrenner = QStrahlung + HAbgas (3.1)
Fur beide berechnete Fluiddomanen (Abgasseite und aufzuwarmede Seite) wurde Luft mit
temperaturabhangigen Stoffwerten gewahlt. Diese Vereinfachung bewirkt zwar eine Verande-
rung des wirklichen Warmedurchgangskoeffizienten, jedoch ist dies fur das prinzipielle Modell-
verhalten und damit fur den prinzipiellen Verlauf der Pareto-Front irrelevant.
Die Variablen fur die Optimierung mussen in bestimmten Intervallen festgelegt werden.
Dabei wurden die Intervalle und Schrittweiten fur V erh R und Y Abstand von dem zweidi-
mensionalen Modell ubernommen. Durch die Verkleinerung des Modellauschnittes ergibt sich
eine Halbierung des Wertes fur den X Abstand, obwohl die effektiven Rohrabstande gleich
sind (siehe Abbildung 3.21).
Die Ergebnisse der zweidimensionalen Optimierung wiesen darauf hin, dass eine Verringe-
rung des horizontalen Rohrabstandes zu einer Erhohung des Warmedurchgangskoeffizienten
fuhrt. Daher wurde die untere Grenze fur die Variable X Abstand auf 1,5 verringert. Die
verwendeten Variablenintervalle und Schrittweiten konnen Tabelle 3.5 entnommen werden.
Tabelle 3.5: Zusammenstellung der Variablengrenzen und Schrittweiten
Variable untere Grenze obere Grenze Schrittweite
X Abstand 1.5 2.5 0.1
Y Abstand 2.1 4 0.1
V erh R 0.4 2.5 0.1
Da das Modell einen verkleinerten Ausschnitt des zweidimensionalen Modells abbildet,
wurden die Definitionen der Abstande modifiziert. Diese konnen Abbildung 3.21 entnommen
3.2. Variablen, Zielfunktionen und Definition 57
werden.
Abbildung 3.21: Definition der Abstande und Großen im dreidimensionalen Modell
Die Variablen und Zielfunktionen wurden wie schon im zweidimensionalen Fall definiert,
was in Tabelle 3.6 angegeben ist.
Wie bereits erwahnt, fuhrt die Verringerung des horizontalen Rohrabstandes dazu, dass die
Gittergenerierung anders durchgefuhrt werden muss als fur großere Abstande, um weiterhin
hohe Gitterqualitaten zu erhalten. Daher wurde das modeFRONTIER Skript mit einem Switch
erweitert, der abhangig vom horizontalen Rohrabstand die entsprechende Vernetzung wahlt.
Da das dreidimensionale Modell beide Fluidstrome und den Feststoff berucksichtigt, wird
in der Auswertung der numerischen Berechnungen nicht der Warmeubergangskoeffizient be-
stimmt, sondern der Warmedurchgangskoeffizient k. Dieser ist definiert als:
k =1
1
αi
+Ai
αa · Aa
+ Ai ·b
λ · Am
(3.2)
Mit αi und αa als die Warmeubergangskoeffizienten auf der Rohrinnen- bzw. Außenseite,
Ai und Aa als die Rohrinnen- bzw. Außenflache, b als Rohrwandstarke und Am als mittlere
Rohrflache:
Am = 2 · rm · π · L (3.3)
rm =ra − ri
lnra
ri
(3.4)
Wobei ri und ra fur den Rohrinnen- bzw. Außendurchmesser stehen.
Dadurch, dass beide Warmeubergangskoeffizienten in der Berechnung des Warmedurch-
gangskoeffizienten verwendet werden, stellt dieser eine umfassendere Kennzahl fur den Warmeuber-
gang dar. Ferner kann auf die Verwendung eines zusatzlichen Optimierungsziels verzichtet
58 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Tabelle 3.6: Variablen-Definitionen und Zielfunktionen des dreidimensionalen Modells
X Abstand =s1
R X
Y Abstand =s2
R Y
V erh R =R X
R Y
A Rohr =1
4R X ·R Y · π = 78.54mm2
R Y =A Rohr
π · V erh R
R X = R Y · V erh R
Zielfunktion 1 Max(Warmeubergangskoeffizient)
Zielfunktion 2 Min(Druckverlust)
werden. Die Bestimmung des Warmeubergangskoeffizenten aus den numerischen Ergebnissen
erfolgte basierend auf den Werten des ubertragenen Warmestroms auf der kalten Seite Qk und
der logarithmischen Temperaturdifferenz ∆Tlog:
Qk = k · Ai ·∆Tlog (3.5)
∆Tlog =(Thein
− Tkaus)− (Thaus
− Tkein)
ln
(
Thein− Tkaus
Thaus− Tkein
) (3.6)
3.2.2 3-D Modell mit Porenbrennerstrahlung
Die Wahl der Einlassrandbedingungen auf der heißen Seite (Abgasseite) erfolgte mit den fol-
genden theoretischen Uberlegungen. Aufgrund des Aufstellungsortes der Heat Cell ergibt sich
eine starke Reglementierung der Große. Diese wurde auf die Innenabmessungen 0, 5m x 1, 4m
beschrankt. Fur die Erwarmung der kalten Stoffstrome sind ca. 300 kW thermische Leistung
bei einer Luftzahl von λ = 1, 3 notwendig. Mit diesen Werten kann die Leerrohrgeschwindig-
keit fur Luft in der Heat Cell bestimmt werden, welcher den in Tabelle 3.7 angegebenen Wert
ergibt.
Da der Warmeubergang fur turbulente Stromungen deutlich erhoht ist im Vergleich zu lami-
naren Stromungen, jedoch der Druckverlust entsprechend stark ansteigt, wurde die Stromungs-
3.2. 3-D Modell mit Porenbrennerstrahlung 59
geschwindigkeit auf 30 m/s festgelegt, was einer Reynolds-Zahl von 40 000 entspricht.
Eine schematische Darstellung der dreidimensionalen Geometrie und die Art der gesetzten
Randbedingungen ist in Abbildung 3.22 zu sehen.
(a) Frontansicht
(b) Seitenansicht
Abbildung 3.22: Dreidimensionales Modell
Fur die Berechnungen wurden drei verschiedene Domanen definiert, die uber Interface-
60 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Randbedingungen miteinander gekoppelt wurden. Da die gekoppelten Flachen die gleichen
Gitter aufwiesen, konnte eine 1:1 Kopplung ausgewahlt werden, wodurch keine Interpolation
notwendig ist und somit die daraus resultierenden Ungenauigkeiten vermieden werden konnten.
Tabelle 3.7 zeigt die Randbedingungen, die fur das Modell mit Porenbrennerstrahlung ein-
gestellt wurden. Beispielhaft wurde eine Geometrie ausgewahlt und die Temperaturverteilung
in einem Querschnitt 50 mm vom Eintritt des kalten Fluids entfernt visualisiert.
(a) globale Temperaturverteilung (b) Temperaturverteilung fur Rohr und kal-
tes Fluid
Abbildung 3.23: Temperaturverteilung fur das dreidimensionale Modell mit Porenbrennerstrah-
lung in Querschnitt 50 mm vom Eintritt des kalten Fluids (k = 42, 2, ∆ph = 3, 2 Pa,
∆pk = 198 Pa)
Die Optimierung des dreidimensionalen stationaren Modells fuhrt zu den in Abbildung 3.24
dargestellten Ergebnissen. Im Vergleich zu dem zweidimensionalen Modell fallt die Pareto-
Front deutlich flacher aus. Dies liegt an den deutlich niedrigeren Stromungsgeschwindigkeiten
um die Rohre herum. Der Verlauf kann in drei verschiedene Teilbereiche unterteilt werden.
Teilbereich I weist einen relativ kleinen Anstieg auf, der in Teilbereich II etwas starker ausfallt.
3.2. 3-D Modell mit Porenbrennerstrahlung 61
In Teilbereich III wird die Steigung der Pareto-Front wieder flacher. Dieser Verlauf lasst sich
mit der Zusammenstellung der Parameter erklaren:
Abbildung 3.24: Ergebnisse der dreidimensionalen Optimierung mit Porenbrennerstrahlung
Teilbereich I hat einen mittleren horizontalen Abstand (2, 1−2, 2), einen großen vertikalen
Abstand (3, 8− 4, 0) und kleine Werte fur V erh R (0, 4− 0, 5). Der große vertikale Abstand
und relativ große horizontale Abstand der Rohre fuhren zu kleinen Stromungsgeschwindig-
keiten innerhalb des Rohrbundels, was einerseits einen geringen Druckverlust begunstigt, und
andererseits in einem geringen Warmedurchgangskoeffizienten resultiert. Zusatzlich fuhren die
kleinen Werte von V erh R zu einem sehr geringen Stromungswiderstand, welcher ebenfalls
zu dem beobachteten niedrigen Druckverlust fuhrt.
Teilbereich II weist steigende Werte fur V erh R auf (0, 6− 2, 5), wohingegen der vertikale
Abstand abnimmt (2, 2− 3, 4). Der horizontale Abstand liegt bei 2, 0. Durch die Verringerung
des horizontalen und vertikalen Abstandes wird die Stromungsgeschwindigkeit im Rohrbundel
erhoht. Gleichzeitig bewirkt eine Vergroßerung des V erh R einen großeren Stromungswider-
stand wie auch großere direkt angestromte Flache. Somit steigt der Druckverlust dieser Designs
zwar an, die Erhohung des Warmedurchgangskoeffizienten jedoch uberwiegt, so dass sich der
relativ steile Anstieg in der Pareto-Front ergibt. Dieser Trend wird zusatzlich begunstigt, da
durch die großere dem Einlass zugewandte Flache der Rohrwande ein großerer Strahlungsanteil
eingekoppelt werden kann (Sichtfaktor steigt).
Teilbereich III zeichnet sich durch steigende Werte von V erh R aus (2, 3−2, 5), wobei der
horizontale und vertikale Abstand weiter bis auf ein Minimum abnehmen. Durch die kleinere
Veranderung in den Rohrabstanden wird die Stromungsgeschwindigkeit weniger beschleunigt
als in Teilbereich II. Dadurch ergibt sich ein geringerer Anstieg im Warmedurchgangskoeffizi-
enten. Durch die weitere Erhohung von V erh R steigt der Stromungswiderstand und somit
der Druckverlust weiter an.
62 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Tabelle 3.7: Randbedingungen des dreidimensionalen Warmeubertragermodells mit Porenbren-
nerstrahlungAbgasseite
Fluid Luft Ideales Gas
Warmeubergangs Modell Thermal Energy
Turbulenz Modell kein, laminar
Inlet Geschwindigkeit 2 m/s
Temperatur 1620 K
Strahlungsquellterm 85700 W/m2
Outlet Relativer Druck 0 Pa
Rohrwand Interface Randbedingung
Conservative Interface Flux
Strahlungsmodell Discrete Transfer Modell
Symmetrie Randbedingungen Symmetry
Wand adiabat an Stirnflachen
Wandfunktion Automatisch
kalte Seite
Fluid Luft Ideales Gas
Warmeubergangs Modell Thermal Energy
Turbulenz Modell Shear Stress Transport (SST)
Vernachlassigung von Auftriebseffekten
Inlet Geschwindigkeit 30 m/s
Temperatur 293 K
Outlet Relativer Druck 0 Pa
kein Gradient
Rohrwand Interface Randbedingung
Conservative Interface Flux
Symmetrie Randbedingungen Symmetry
Wandfunktion Automatisch
Festkorper
Material Stahl
Rohrwand Interface Randbedingung
Conservative Interface Flux
Strahlungsmodell Monte Carlo
Symmetrie Randbedingungen Symmetry
Wand adiabat an Stirnflachen
3.2. 3-D Modell ohne Strahlung 63
3.2.3 3-D Modell ohne Porenbrennerstrahlung
Das dreidimensionale Modell, das keine zusatzliche Strahlung durch den Porenbrenner beruck-
sichtigt hat die Randbedingungen, die in Tabelle 3.8 zusammengefasst wurden. Der einzige
Unterschied zu dem Modell mit Porenbrennerstrahlung ist der fehlende Strahlungsquellterm
am Abgaseintritt und die hohere Abgastemperatur. Beispielhaft zeigt Abbildung 3.25 die Tem-
peraturverteilung in einem Querschnitt 50 mm vom Eintritt des kalten Fluids der heißen und
der kalten Seite sowie des Feststoffs. Trotz der deutlich hoheren Abgastemperatur von 1780 K
liegt die Wandtemperatur uber 100 K niedriger als im Falle der Porenbrennerstrahlung. So-
mit fallt auch der Warmedurchgangskoeffizient mit 30, 6 deutlich niedrieger aus, wobei die
Druckverluste auf der heißen und kaltend Seite vergleichbar sind.
(a) globale Temperaturverteilung (b) Temperaturverteilung fur Rohr und kal-
tes Fluid
Abbildung 3.25: Temperaturverteilung fur das dreidimensionale Modell ohne Porenbrenner-
strahlung in Querschnitt 50 mm vom Eintritt des kalten Fluids (k = 30, 6, ∆ph = 2, 6 Pa,
∆pk = 172 Pa)
64 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Tabelle 3.8: Randbedingungen des dreidimensionalen Warmeubertragermodells ohne Poren-
brennerstrahlungAbgasseite
Fluid Luft Ideales Gas
Warmeubergangs Modell Thermal Energy
Turbulenz Modell kein, laminar
Inlet Geschwindigkeit 2 m/s
Temperatur 1780 K
Outlet Relativer Druck 0 Pa
Rohrwand Interface Randbedingung
Conservative Interface Flux
Strahlungsmodell Descrete Transfer Modell
Symmetrie Randbedingungen Symmetry
Wand adiabat an Stirnflachen
Wandfunktion Automatisch
kalte Seite
Fluid Luft Ideales Gas
Warmeubergangs Modell Thermal Energy
Turbulenz Modell Shear Stress Transport (SST)
Vernachlassigung von Auftriebseffekten
Inlet Geschwindigkeit 30 m/s
Temperatur 293 K
Outlet Relativer Druck 0 Pa
kein Gradient
Rohrwand Interface Randbedingung
Conservative Interface Flux
Symmetrie Randbedingungen Symmetry
Wandfunktion Automatisch
Festkorper
Material Stahl
Rohrwand Interface Randbedingung
Conservative Interface Flux
Strahlungsmodell Monte Carlo
Symmetrie Randbedingungen Symmetry
Wand adiabat an Stirnflachen
Die Ergebnisse der Optimierung konnen Abbildung 3.26 entnommen werden.
Die Pareto-Front weist bei den Losungen ohne Porenbrennerstrahlung eine Zweiteilung auf.
In Teilbereich I befinden sich Designs mit den kleinsten Werten fur V erh R (0,4) und sehr
großen horizontalen (2,2-2,5) und vertikalen Rohrabstanden (3,3-4). Diese Konfigurationen
weisen durch die großen Rohrabstande und der ovalen Form der Rohre einen sehr geringen
3.2. 3-D Modell ohne Strahlung 65
Abbildung 3.26: Ergebnisse der dreidimensionalen Optimierung ohne Porenbrennerstrahlung
Stromungswiderstand auf, was zu kleinen Werten des Druckverlustes fuhrt. Gleichzeitig liegen
die Stromungsgeschwindigkeiten im Rohbundel relativ niedrig, so dass auch der Warmedurch-
gangskoeffizient klein ist. Mit kleiner werdenden horizontalen und vertikalen Abstanden nimmt
der Warmedurchgangskoeffizient deutlich zu. Teilbereich II dagegen zeigt wiederum kleinere
Anstiege in den Warmedurchgangskoeffizienten im Vergleich zu einem starkeren Anstieg im
Druckverlust.
Die Designs, die sich in Teilbereich II befinden haben jeweils einen minimalen Wert fur den
horizontalen wie auch vertikalen Rohrabstand, wobei die Werten fur V erh R stetig auf ihr
Maximum steigen. Somit steigt der Stromungswiderstand an, was die Erhohung des Druckver-
lustes erklart. Die Stromungsgeschwindigkeit zwischen den Rohren ist durch den konstanten
Rohrabstand vergleichbar, so dass die Erhohung des Warmeubergangskoeffizienten nur dadurch
verursacht wird, dass die direkt angestromte Rohrflache vergroßert wird. Diese Erhohung ist
jedoch im Vergleich zu einer Erhohung der Stromungsgeschwindigkeit gering, so dass sich eine
deutliche Abflachung des Verlaufs ergibt.
Werden die Pareto-Fronten der beiden Berechnungsmodelle mit und ohne Porenbrenner-
strahlung miteinander verglichen, so ergibt sich das in Abbildung 3.27 dargestellte Diagramm.
Die Pareto-Front der Optimierung ohne Porenbrennerstrahlung liegt ca. 20 % unterhalb
der Pareto-Front der Optimierung mit Porenbrennerstrahlung, wobei der Verlauf beider Fron-
ten ungefahr gleich ist. Daraus lasst sich schließen, dass der Warmeubergang in Systemen,
die einen Porenbrenner als Warmequelle nutzen, um ca. 20 % uber anderen Systemen liegt,
die keine so hohe Strahlungswarmeauskopplung besitzen, sofern die Porenbrennerstrahlung
vollstandig genutzt werden kann. Werden konventionelle Berechnungen fur die Bestimmung
des Warmedurchgangskoeffizienten herangezogen, welche weder die Rohrform noch die Po-
renbrennerstrahlung berucksichtigen, so liegt der Wert fur den Warmedurchgangskoeffizienten
um weitere 20 % unter dem Wert ohne Porenbrennerstrahlung, der mit Hilfe von numerischen
Simulationen gewonnen wurde. Dies bedeutet, dass bei der konventionellen Auslegung der
66 KAPITEL 3. Anwendung der Pareto-Optimierung - stationar
Abbildung 3.27: Vergleich der Pareto-Fronten der Modelle mit und ohne Porenbrennerstrahlung
Warmetauscher deutlich großere Flachen bestimmt werden, was zu einer enormen Erhohung
der Gesamtmasse fuhrt. Durch die Verwendung von numerischen Berechnungstools in Kom-
bination mit automatischen Optimierungsalgorithmen kann somit ohne Berucksichtigung von
Strahlungseffekten durch den Porenbrenner eine Reduzierung der benotigten Warmetauscher-
flache von ca. 20 %, bei der Berucksichtigung der Porenbrennerstrahlung sogar um 40 % erzielt
werden.
Bei der naheren Betrachtung der Designs, die die beiden Pareto-Fronten aufspannen, wird
ersichtlich, dass Rohrformen mit einem V erh R zwischen 0, 6 − 1, 6 nicht vorkommen. Das
bedeutet, dass stark elliptische Rohrformen unabhangig ob mit oder ohne Porenbrennerstrah-
lung einen deutlichen Vorsprung bezuglich Druckverlust und Warmeubergang aufweisen, als
runde oder nur leicht elliptische Rohre. Im Vergleich zwischen runden und stark elliptischen
Rohren (V erh R = 2), kann der Warmedurchgangskoeffizient um 14 % gesteigert werden,
wenn die elliptische Version eingesetzt wird. Zwar ist der Druckverlust dabei fast doppelt so
hoch, da aber die Absolutwerte des Druckverlustes sehr niedrig sind, kann dies ohne Probleme
in Kauf genommen werden.
Fur die Definitionen des instationaren Modells, das in folgenden Kapitel eingehend erlautert
wird, wurde aus den erhaltenen Pareto-Fronten der Modelle mit und ohne Porenbrennerstrah-
lung eine fur den Anwendungsfall optimale Geometrie ausgewahlt. Die Druckverluste der be-
rechneten Rohrbundel-Geometrien sind relativ klein. Abschatzungen fur die Druckverlustbe-
rechnung von querangestromten glatten Rohrbundeln nach Bergelin u.a. [9] und Gaddis und
Gnielinski [31] fur runde Rohre ergeben sehr ahnliche Druckverluste. Da die Heat Cell durch
ihre in Reihe angeordnete Warmetauscher aus deutlich mehr Rohrreihen insgesamt bestehen
wird (WT1 = 4, WT 2 = 6, WT3 = 2), kann ein hoherer Druckverlust der Heat Cell er-
wartet werden. Zudem kommen neben der Durchstromung der Rohrbundel die Druckverluste
im Porenbrenner und im vorgeschalteten Kalte-Flammen-Verdampfer hinzu. Daher wurde ei-
ne Geometrie am rechten Ende des Teilbereiches II der Designs mit Porenbrennerstrahlung
3.2. 3-D Modell ohne Strahlung 67
als der beste Kompromiss identifiziert. Die Parameter dieser Geometrie sind in Tabelle 3.9
zusammengefasst.
Tabelle 3.9: Ausgewahlte optimale RohrbundelgeometrieV erh R X Abstand Y Abstand
2 2 2,3
Kapitel 4
Anwendung der Pareto-Optimierung am
instationaren Warmetauschermodell
Nach der ausfuhrlichen Untersuchung der Optimierung des stationaren Warmeubergangs und
Druckverlusts soll nun auf die zeitliche Abhangigkeit des komplexen Warmetauschersystems
eingegangen werden, mit dem Ziel, eine genaue zeitliche Charakterisierung des komplexen
Warmetauschersystems zu erarbeiten, welche fur die Erstellung eines optimalen Steuerungs-
konzeptes eine bedeutende Rolle spielt.
Fur die Modellierung der Warmeubergangskoeffizienten auf der heißen und kalten Seite
wurden empirische Korrelationen von Gnielinski [66] fur runde Rohre verwendet aufgrund der
fehlenden Korrelationen fur elliptische Rohre. Die Verwendung von festen Werten fur αi und
αa, welche aus den Berechnungen von Kapitel 3 ubernommen werden konnten, fuhrt zu großen
Abweichungen insbesondere bei Lastwechseln der Brennstoffzelle.
Neben der Berucksichtigung der Abhangigkeit der Warmeubertragungskoeffizienten von
den zu erwarmenden Massenstromen und der Brennerleistung muss zusatzlich die Abhangig-
keit der abgestrahlten Warmemenge des Brenners von der Luftzahl und Leistung eingebunden
werden. Diese Funktionen stutzen sich auf theoretische Uberlegungen. Da eine dreidimensio-
nale zeitabhangige Stromungssimulation in der Losung sehr zeitaufwandig ist, wurde ein rein
zeitabhangiges Modell der Heat Cell erstellt. Die Modellierung des Porenbrenners und der
Warmetauscher wird ausfuhrlich im folgenden Unterkapitel dargelegt. Anschließend wird das
dynamische Verhalten dieses Modells beschrieben und diskutiert, wobei insbesondere theo-
retische Uberlegungen bezuglich des Einflusses der Porenbrenner-Strahlungswarme auf das
dynamische Verhalten angestellt wurden.
Die Ziele, die bei der Auslegung und Konstruktion der Heat Cell verfolgt werden, sind
vielfaltig. Zum einen sollen die kalten Fluidstrome auf die notwendigen unterschiedlichen Tem-
peraturniveaus erhitzt werden. Dieser Prozess soll in einer moglichst kurzen Zeit und mit
moglichst geringer Brennerleistung erfolgen. Zusatzlich ist die Gesamtmasse der Heat Cell zu
minimieren, um den Einsatz auf einem Schiff Rechnung zu tragen. Auf der anderen Seite er-
geben sich gewisse Restriktionen bezuglich eines sicheren Betriebs, auf die geachtet werden
muss. Zum einen sind die Wandtemperaturen der Warmetauscher ein wichtiges Maß fur deren
Beanspruchung. Bei steigenden Temperaturen nehmen die Festigkeitswerte von Stahlen deut-
lich ab. Daher sollten die Wandtemperaturen der Warmetauscher unter 850 C bleiben. Zum
69
70 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
anderen kann Diesel unter ungunstigen Bedingungen zu Ablagerungsbildung neigen, was Rohr-
leitungen zusetzt und somit den Druckverlust erhoht und den Warmeubergang verschlechtert.
Um dies zu vermeiden, sollte der Diesel in der Heat Cell nicht uber 200 C erhitzt werden. Fur
die Auslegung und Berechnungen wird jedoch eine Toleranz von 2 % nach oben erlaubt.
Diese Ziele wurden mit dem aufgestellten transienten Modell der Heat Cell verwendet, um
eine Mehrzieloptimierung mit dem Programm modeFRONTIER durchzufuhren. Die Variablen
und Definitionen werden in Kapitel 4.1.2 genau beschrieben.
4.1 Darstellung der Heat Cell in Matlab/Simulink zur
Simulation des dynamischen Verhaltens - Original-
Modell
Matlab Simulink ist eine Software zum Modellieren, Simulieren und Analysieren von dynami-
schen Systemen. Meist handelt es sich um lineare oder nichtlineare zeitabhangige Prozesse,
die mit Differentialgleichungen oder Differenzengleichungen beschrieben werden. Die zugrunde
liegenden Gleichungen werden gelost, um die Systemantwort auf ein Storsignal zu simulieren.
Dieses Kapitel beschreibt die Modellierung des komplexen Warmetauschersystems zur Tem-
perierung der Stoffstrome fur einen autothermen Reformer. Dabei spielt die Entwicklung eines
geeigneten mathematischen Modells eine sehr wichtige Rolle fur die Auslegung. Zunachst
werden die einzelnen Komponenten des Systems definiert und zusatzlich die mathematischen
Modelle formuliert sowie notwendige Annahmen dargelegt. Im Folgenden werden die verwen-
deten Gleichungen fur den konvektiven Warmeubergang formuliert, da außer im Falle des
Warmetauschers, der direkt uber dem Porenbrenner installiert wird, die kalten Strome der
Heat Cell durch die Enthalpie des Abgases erwarmt werden. Anschließend wird die Modellie-
rung des Strahlungswarmetransports an den ersten Warmetauscher erlautert, da dieser durch
seine Positionierung direkt uber den Porenbrennern einem hohen Anteil an Strahlungswarme
ausgesetzt ist. Dies wird durch die Beschreibung der Modellierung des Porenbrenners erganzt.
Fur den Betrieb der Brennstoffzelle bei 500 kW elektrisch sind die in Tabelle 4.1 zusam-
mengefassten Stoffe, Stoffmengen und Temperaturen notwendig.
Fluid Warmetauscher Massenstrom Minimum Maximum
Temperatur Temperatur
in kg/h in C in C
Dampf CC100 588 550 600
Luft CC101 629 450 500
Diesel CC102 151 200 209
Tabelle 4.1: Stoffstrome und Temperaturen in der Heat Cell
Der Unterschied zwischen der Minimum-Temperatur und der Maximum-Temperatur wurde
festgelegt, um Warmeverlusten in der Heat Cell und den benachbarten Komponenten Rechnung
zu tragen.
4.1. Darstellung in Matlab/Simulink 71
4.1.1 Annahmen und Vereinfachungen
Fur die zeitabhangige Modellierung der Heat Cell wurden einige Annahmen und Vereinfachun-
gen getroffen. Vereinfachend wurde ein eindimensionaler Warmetransport simuliert, d.h. im
Modell wurden lediglich die Anfangs- und Endbedingungen jeder Komponente berucksichtigt.
Zusatzlich wurde die Warmeleitung der Rohre vernachlassigt. Daruber hinaus wurde eine ein-
dimensionale Temperaturverteilung fur das Abgas, die kalten Strome und die Wande zwischen
Einlass und Auslass der einzelnen Warmetauscher angenommen und fur die Bestimmung der
jeweiligen Stoffdaten herangezogen. Als Temperaturgradient diente die so genannten loga-
rithmische Temperaturdifferenz, die aus der Abgastemperatur bzw. Temperatur des kalten
Stromes und der Wandtemperatur gebildet wurde (siehe Gleichungen 4.4 und 4.5). Zudem
wurden Warmeverluste vernachlassigt. Es wurde angenommen, dass lediglich der Warmetau-
scher, der direkt uber den Porenbrennern installiert ist, durch zusatzliche Strahlungswarme
aufgeheizt wird. Die beiden stromabwarts positionierten Warmetauscher werden nur durch
konvektiven Warmetransport erwarmt. Die Temperatur des Abgases ist gleich der adiabaten
Flammentemperatur einer n-Heptan-Luft Flamme mit dem gleichen Luftverhaltnis wie das
vorgesehene Diesel-Luft-Gemisch. Durch die abgegebene Strahlungswarme des Porenbrenners
reduziert sich die Abgastemperatur, was entsprechend der Energieerhaltung berechnet werden
kann. Als Anfangsbedingung fur die Wande wurde die jeweilige Temperatur des kalten Stromes
gewahlt. Der Aufwarmprozess fur die Heat Cell muss gemeinsam mit den anderen Komponen-
ten der Reformereinheit ausgearbeitet werden und ist nicht Bestandteil dieser Arbeit. Fur die
Berechnung des Warmeubergangs wurden Korrelationen von Gnielisnki [66] verwendet , die die
vorherrschenden Stromungsverhaltnisse und Stoffdaten berucksichtigen und fur runde Rohre
aufgestellt wurden.
4.1.2 Modellierung
Das globale Modell der Heat Cell umfasst die in Abbildung 4.1 dargestellten Komponenten.
Jede Komponente wird im Modell durch Eingangs- und Ausgangsvariablen sowie durch ihre
Abbildung 4.1: Komponenten des Heat Cell Modells
zugrunde liegenden Gleichungen definiert. Die folgenden Abbildungen (4.2 bis 4.5) sollen die
Eingangs- und Ausgangsvariablen jeder Komponente beschreiben:
72 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
Die Eingangsgroßen fur den Porenbrenner (Abbildung 4.2) sind die Leistung des Brenners
(PBrenner) und die Luftzahl (λ). Die Ausgangsvariablen sind die Abgastemperatur (TAbgas),
der Abgasmassenstrom (mAbgas) und der Strahlungswarmestrom (QStrahlung), der direkt an
den ersten Warmetauscher ubertragen wird.
Abbildung 4.2: Porenbrenner Eingangs- und Ausgangsvariablen
Die Eingangsvariablen fur den ersten Warmetauscher (CC-100, Abbildung 4.3) sind der
Strahlungswarmestrom (QStrahlung), der Abgasmassenstrom des Porenbrenners (mAbgas), der
Massenstrom des zu erwarmenden Dampfes (mDampf ), die Abgastemperatur (TAbgas), die
Dampf Eingangstemperatur (TDampf Ein), die Wandtemperatur am Eintritt des Warmetau-
schers (TWand Ein), die gesamte Warmeubertragerflache (ACC100), der Rohraußendurchmesser
der Warmetauscherrohre (dCC100), die gesamt Masse der Warmetauscherrohre (mCC100), die
Warmekapazitat des Stahls (cp−Stahl) und die Warmeubertragungskoeffizienten fur die hei-
ße und die kalte Seite (αAbgas CC100, αDampf ). Die Warmeubertragungskoeffizienten werden
entsprechend den vorherrschenden Temperaturgradienten fur jeden Zeitschritt bestimmt und
stutzen sich auf Gleichungen von Gnielisnki [66]. Die Stoffdaten fur das Abgas und den Dampf
wurden mit entsprechenden Temperaturfunktionen hinterlegt, welche fur jeden Zeitschritt er-
neut ausgewertet werden.
Die Ausgangsvariablen des Warmetauschers CC-100 sind die Temperaturen des ausstromen-
den Abgases (TAbgas 100) und der ausstromenden Luft (TLuft Aus) und der Wand am Austritt
des Warmetauschers (TWand Aus).
Die Eingangsvariablen fur den zweiten Warmetauscher (CC-101, Abbildung 4.4) sind der
Abgasmassenstrom des Porenbrenners (mAbgas), der Massenstrom der zu erwarmenden Luft
(mLuft), die Abgastemperatur (TAbgas CC100), Die Luft Eingangstemperatur (TLuft Ein), die
Wandtemperatur am Eintritt des Warmetauschers (TWand Ein), die gesamte Warmeubertra-
gerflache (ACC101), der Rohraußendurchmesser der Warmetauscherrohre (dCC101), die gesamt
Masse der Warmetauscherrohre (mCC101), die Warmekapazitat des Stahls (cp−Stahl) und die
Warmeubertragungskoeffizienten fur die heiße und die kalte Seite (αAbgas CC101, αLuft). Die
Stoffdaten fur die Luft wurden mit entsprechenden Temperaturfunktionen hinterlegt, welche
fur jeden Zeitschritt erneut ausgewertet werden.
Die Ausgangsvariablen des Warmetauschers CC-101 sind die Temperaturen des ausstromen-
den Abgases (TAbgas CC101) und der ausstromenden Luft (TLuft Aus) und der Wand am Austritt
des Warmetauschers (TWand Aus).
4.1. Darstellung in Matlab/Simulink 73
Abbildung 4.3: CC100 Eingangs- und Ausgangsvariablen
Abbildung 4.4: CC101 Eingangs- und Ausgangsvariablen
Die Eingangsvariablen fur den dritten Warmetauscher (CC-102, Abbildung 4.5) sind der Ab-
gasmassenstrom des Porenbrenners (mAbgas), der Massenstrom des zu erwarmenden Diesel-Ols
(mDiesel), die Abgastemperatur (TAbgas CC101), die Diesel Eingangstemperatur (TDiesel Ein),
die Wandtemperatur am Eintritt des Warmetauschers (TWand Ein), die gesamte Warmeuber-
74 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
tragerflache (ACC102), der Rohraußendurchmesser der Warmetauscherrohre (dCC102), die Ge-
samtmasse der Warmetauscherrohre (mCC102), die Warmekapazitat des Stahls (cp−Stahl) und
die Warmeubertragungskoeffizienten fur die heiße und die kalte Seite (αAbgas CC102, αDiesel).
Die Stoffdaten fur Diesel wurden mit entsprechenden Temperaturfunktionen hinterlegt, welche
fur jeden Zeitschritt erneut ausgewertet werden. Fur die Stoffwerte des Diesels wurden hierbei
diejenigen von n-Heptan herangezogen.
Die Ausgangsvariablen des Warmetauschers CC-101 sind die Temperaturen des ausstromen-
den Abgases (TAbgas CC102), des ausstromenden Diesels (TWasser Aus) und der Wand am Aus-
tritt des Warmetauschers (TWand Aus).
Abbildung 4.5: CC102 Eingangs- und Ausgangsvariablen
4.1.2.1 Konvektive Warmeubertragung
Bei allen drei Warmetauschern der Heat Cell wird Warme konvektiv vom heißen Abgas an
die zu erwarmenden Strome ubertragen. Dabei ist der limitierende Schritt die Konvektion auf
der Abgasseite zwischen Wand und heißen Gasen, da durch die laminare Stromung um die
Rohre herum deutlich niedrigere Warmeubergangskoeffizienten erreicht werden, als auf der
kalten Seite. Die Beschreibung des konvektiven Warmeubergangs kann durch die Gleichungen
4.1 bis 4.3 erfolgen, die die Anderungen der Abgastemperatur, der Wandtemperatur und der
Temperatur des kalten Stromes definieren.
4.1. Darstellung in Matlab/Simulink 75
dTh
dt=
1
VAbgas · ρh · cp−h
(mh · cph· Tm−h − αh · A ·∆Th) (4.1)
dTWand
dt=
1
mWand · cpWand
(αh · A ·∆Th − αk · A ·∆Tk) (4.2)
dTk
dt=
1
Vk · ρk · cp−k
(mk · cpk· Tm−k + αk · A ·∆Tk) (4.3)
Dabei werden ∆Th und ∆Tk unter Verwendung von Gleichung 4.4 und 4.5 berechnet.
∆Th =(TAbgasein
− TWandaus)− (TAbgasaus
− TWandein)
ln
(
TAbgasein− TWandaus
TAbgasaus− TWandein
) (4.4)
∆Tk =(TWandein
− TKaltaus)− (TWandaus
− TKaltein)
ln
(
TWandein− TKaltaus
TWandaus− TKaltein
) (4.5)
Fur die Berechnung der temperaturabhangigen Stoffdaten fur die jeweiligen kalten Fluide und
das Abgas wurden mittlere Temperaturen verwendet, welche aus dem arithmetischen Mittel
aus Tieinund Tiaus
(mit i = Abgas, Kalt, Wand) gewonnen wurden.
4.1.2.2 Porenbrenner und Strahlungswarmeubertragung
Die vorgegebene Luftzahl des Porenbrenners wird dazu verwendet, die adiabate Flammen-
temperatur zu berechnen. Die entsprechende Funktion wurde aus zuvor berechneten Werten
approximiert, die mit Chemkin 3.7 und Chalmers Reaktionsmechanismus fur n-Heptane (mit
einer Vorwarmtemperatur von 450 C) als Ersatzbrennstoff bestimmt worden waren, wobei
Dissotiation berucksichtigt wurde.
Tad = −20, 723 · λ4 + 110, 24 · λ3 − 64, 938 · λ2 − 1414 · λ + 3474, 9 (4.6)
Daruber hinaus gehen die Luftzahl und die Leistung des Brenners in die Bestimmung des
Abgasmassenstromes ein:
mDiesel =PBrenner
Hu
mit Hu = 42800 [kJ/kg] (4.7)
mLuft = mDiesel · λ · Lmin mit Lmin = 14, 382 [kg/kg] (4.8)
mAbgas = mDiesel + mLuft (4.9)
Der Strahlungswarmeubergang von den Porenbrennern an den ersten Warmeubertrager
(CC100) beeinflusst die Funktionsweise des Warmeubertragers entscheidend. Ein theoretisch
maximaler Strahlungswirkungsgrad kann erzielt werden, wenn die Festkorpertemperatur gleich
76 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
der Abgastemperatur ist (mit ǫ = 1). In den transienten Simulationen wurde ǫ = 0, 9 gewahlt.
In der transienten Simulation der Heat Cell wurde daher ein funktioneller Zusammenhang zwi-
schen der Flachenlast und der Luftzahl der Porenbrenner programmiert, die auf dieser Uberle-
gung basieren. Zusatzlich geht die Wandtemperatur des ersten Warmetauschers (CC100) mit
ein. Fur die Bestimmung der Strahlungswarme wird zunachst die Energieerhaltung aus Glei-
chung 4.10 definiert. Iterativ kann anschließend die Abgastemperatur und die Strahlungswarme
des Porenbrenners berechnet werden.
PBrenner = QStrahlung + HAbgas (4.10)
PBrenner = mAbgas · cp−adiabat(Tad − T0) (4.11)
H = mAbgas · cp−Abgas(TAbgas − T0) (4.12)
Q = ǫ · σ · A · (T 4s − T 4
Wand) (4.13)
4.2 Optimierung des dynamischen Verhaltens der Heat
Cell
Fur die Auslegung der Warmetauscher gilt einerseits, eine moglichst kurze Zeit zum Erreichen
der Soll-Temperaturen zu gewahrleisten. Zudem ist fur einen moglichst großen Gesamtwir-
kungsgrad von Bedeutung, dass die thermische Leistung der Porenbrenner moglichst klein ist.
Speziell fur den Einsatz auf einem Schiff muss die Masse der Anlage mit berucksichtigt wer-
den. Daher ist ein weiteres Ziel, moglichst kleine Warmeubertragungsflachen und damit eine
minimale Warmetauschermasse zu realisieren. Diese Ziele sind wiederspruchlich, da sobald
beispielsweise die Leistung des Brenners minimiert wird, mussen die notwendigen Warmetau-
scherflachen erhoht werden, um dennoch die geforderten Temperaturniveaus zu erreichen. Dies
erhoht die Masse der Heat Cell und die Aufheizzeiten enorm. Wird auf der anderen Seite die
Summe der Warmetauscherflachen minimiert, so muss die Brennerleistung erhoht werden, was
den Gesamt-Wirkungsgrad der Brennstoffzellen-Anlage verringert. Somit wird in dieser Opti-
mierung eine Kompromisslosung mit dem Programm modeFRONTIER gesucht, die die beste
Kombination aller Ziele und Nebenbedingungen darstellt.
4.2.1 Definitionen
Da zunachst die Einflussgroßen nicht bekannt sind, wurden relativ große Variablenbereiche
gewahlt. Nach den ersten 100 berechneten Generationen wurden die Ergebnisse ausgewertet
und die Variablenbereiche angepasst, so dass der vielversprechendste Ausschnitt genauer un-
tersucht wurde. Anschließend wurden 300 Generationen berechnet. Fur beide Modelle wurde
jeweils eine Anfangspopulation von 40 Individuen mit dem Sobol-Algorithmus erstellt. Die
Variablenbereiche dieser Optimierungen sind in Tabelle 4.2 angegeben.
Die Zielfunktionen der Optimierungen waren die Minimierung der Leistung des Porenbren-
ners, die Minimierung der notwendigen Zeit zum Erreichen der Endtemperaturen der Warme-
tauscher, die Minimierung der Summe aus allen benotigten Flachen der Warmetauscher sowie
4.2. Dynamisches Verhalten 77
Tabelle 4.2: VariablenbereicheA1 in m2 A2 in m2 A3 in m2 PBrenner in kW λ
Optim. 1 3 . . . 10 5 . . . 20 4 . . . 15 250 . . . 320 1, 1 . . . 2, 0
∆x = 0, 1 ∆x = 0, 1 ∆x = 0, 1 ∆x = 5 ∆x = 0, 1
Optim. 2 3 . . . 4 7 . . . 8, 5 4 . . . 5 290 . . . 320 1, 3 . . . 1, 6
∆x = 0, 1 ∆x = 0, 1 ∆x = 0, 1 ∆x = 5 ∆x = 0, 1
die Minimierung der Abgastemperatur am Ende des letzten Warmetauschers (CC102). Zusatz-
liche Ausgabewerte waren die Temperaturen der kalten Strome am Auslass der Warmetauscher.
Diese Art der Definition ergibt Modelle, die nicht die geforderten Temperaturen der kal-
ten Strome bereitstellen. Bei der Auswertung der Ergebnisse musste demnach eine Filterung
durchgefuhrt werden, um die Designs ausfindig zu machen, die in den Soll-Temperaturbereich
fallen. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass im Falle einer Anderung der Soll-Temperaturen, die
Optimierungsergebnisse weiterhin fur die Auslegung herangezogen werden konnen. Dies kann
insbesondere notwendig sein, wenn die Warmeverluste der angrenzenden Bauteile der Heat
Cell genauer bekannt sind. Die Soll-Temperaturbereiche sind in Tabelle 4.3 zusammengefasst.
Tabelle 4.3: SolltemperaturbereicheMedium Tmin in K Tmax in K
Dampf 823 873
Luft 723 773
Diesel 473 482
Werden Nebenbedingungen im Optimierungsprogramm verwendet, um die geforderten
Temperaturen bereits wahrend der Berechnung ausfindig zu machen, so wird der Optimierungs-
verlauf stark beeinflusst. Daruber hinaus gehen durch unvorteilhaftes Setzen der Nebenbedin-
gungen eventuell Losungen verloren. Ferner muss bei einer Anderung der Soll-Temperaturen
die Optimierung erneut durchgefuhrt werden.
4.2.2 Ergebnisse
Durch die deutlich hohere Anzahl an Zielfunktionen als im stationaren Fall, spannt die Pareto-
Front einen mehrdimensionalen Raum auf. Dadurch ist die Darstellung der Paretofront in einem
zweidimensionalen Diagramm nicht einfach moglich. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt
daher in zwei Teilen. Im ersten Teil wird eine Filterung der Pareto-Losungen durchgefuhrt, um
diejenigen Kombinationen zu bestimmen, die die geforderten Temperaturniveaus fur Wasser-
Dampf, Luft und Diesel erreichen. In einem nachsten Schritt wird das genaue Systemverhalten
in Abhangigkeit der Porenbrennerleistung und Luftzahl bestimmt.
Optimale Desings gehoren einerseits der Pareto-Menge an, erreichen aber andererseits auch
die Soll-Temperaturbereiche der kalten Strome. Fur die Auslegung der Heat Cell wurde daher
eine Prioritatenliste angefertigt, um den großen Datensatz an Pareto-Losungen effizient bear-
beiten zu konnen. Das wichtigste Ziel der Optimierung ist, die Soll-Temperaturbereiche der
78 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
kalten Strome zu erreichen. Danach schließen die Ziele der minimalen Leistung und minimalen
gesamten Warmetauscherflache an, die untereinander gleichberechtigt sind. Daraufhin folgt das
Ziel der minimalen Aufheizzeit. Die niedrigste Prioritat hat die Minimierung der Abgastempe-
ratur, da sie großtenteils in der Minimierung der Leistung und gesamten Warmetauscherflache
enthalten ist. Sind zwei Losungen in diesen Kriterien gleich, unterscheiden sich aber in der ver-
wendeten Luftzahl, so wird die niedrigere Luftzahl bevorzugt, da dies die Leistungsaufnahme
des anzuschließenden Geblases verringert.
Tabelle 4.4: Beste Losungen der OptimierungLeistung λ A1 A2 A3 TkW T 1
TkW T 2TkW T 3
TAbgas
in kW − in m2 in m2 in m2 in K in K in K in K
290 1,3 3,3 7,0 4,3 855,6 751,7 477,9 496,5
290 1,3 3,4 7,0 4,2 861,0 745,6 474,0 496,2
290 1,3 3,2 7,0 4,0 850,5 758,4 473,8 503,7
290 1,3 3,2 7,0 4,1 850,5 758,4 475,9 501,9
290 1,3 3,2 7,1 4,3 850,5 760,5 478,5 497,1
290 1,3 3,1 7,0 4,2 845,3 765,2 480,2 502,3
290 1,3 3,1 7,0 4,0 845,3 765,2 475,9 505,8
290 1,3 3,1 7,1 4,0 845,3 767,4 474,5 504,3
290 1,3 3,1 7,1 4,3 845,3 767,4 480,7 499,2
290 1,3 3,1 7,2 4,0 845,3 769,6 473,0 502,8
290 1,3 3,0 7,0 4,0 839,9 772,2 478,1 508,0
290 1,4 3,5 7,4 4,2 848,2 753,2 476,7 499,3
290 1,4 3,9 7,3 4,6 866,8 728,2 478,1 487,4
290 1,4 3,5 7,1 4,1 848,2 747,0 478,7 505,0
290 1,4 3,4 7,0 4,0 843,4 751,0 479,9 510,1
290 1,4 3,6 7,6 4,6 852,9 751,0 479,8 489,0
290 1,5 4,1 7,5 4,2 859,2 726,6 473,8 496,8
290 1,5 3,9 7,3 4,3 850,8 733,3 481,9 501,3
290 1,5 4,0 7,6 4,4 855,0 733,7 478,3 494,5
290 1,5 3,9 7,4 4,2 850,8 735,3 478,6 501,6
290 1,6 4,2 7,5 4,2 848,1 725,6 480,6 503,8
295 1,3 3,4 7,1 4,1 864,7 754,3 474,8 501,0
295 1,3 3,3 7,0 4,0 859,7 758,7 476,2 506,2
295 1,3 3,3 7,0 4,1 859,7 758,7 478,3 504,5
295 1,3 3,3 7,0 4,2 859,7 758,7 480,4 502,8
295 1,4 3,6 7,3 4,2 857,1 751,9 480,6 503,3
295 1,4 3,6 7,5 4,4 857,1 756,0 481,9 497,7
295 1,4 3,8 7,2 4,3 866,2 738,2 480,0 499,2
300 1,3 3,4 7,3 4,3 868,3 765,1 480,4 499,4
In Tabelle 4.4 sind die Pareto-Losungen dargestellt, die in die gewunschten Temperaturbe-
4.2. Dynamisches Verhalten 79
reiche fallen und somit die besten Kombinationen darstellen. Da noch nicht bekannt ist, wel-
che Warmeverluste in der Gesamtanlage auftreten werden, wurde die Losung mit den hochsten
Medientemperaturen ausgewahlt, welches in Tabelle 4.4 fett gedruckt wurde. Falls die Warme-
verluste geringer ausfallen sollten, somit niedrigere Medientemperaturen moglich sind, kann die
Leistung des Porenbrenners reduziert und gegebenenfalls die Luftzahl entsprechend angepasst
werden.
Mit Hilfe dieser Daten lasst sich die Heat Cell konstruieren. Aufgrund des limitierten
Platzangebotes steht eine Grundflache von 1600 mmx500 mm fur die Warmetauscher zur
Verfugung. Da es sicherheitstechnisch gunstiger ist, mit kleineren Volumina in den Kalte-
Flammen-Verdampfern zu arbeiten (geringere Gefahr der Selbstzundung im Verdampfer), wur-
de festgelegt, dass anstatt eines Porenbrenners mit einem Verdampfer, die Heat Cell mit vier
Porenbrenner und vier Verdampfern ausgestattet werden soll. Aufgrund der hohen Tempera-
turanstiege werden im Betrieb hohe Warmedehnungen auftreten, welche durch eine schlan-
genformige Biegung der Rohre kompensiert werden konnen. Fur die Rohrbundel wurde ba-
sierend auf der Breite, der angenommenen Reynoldszahl aus Kapitel 3 und der notwendigen
Warmetauscherflache die folgende Anzahl an Rohren pro Rohrreihe (N), Anzahl an Rohrreihen
(n) und notwendiger Rohrdurchmesser berechnet:
Tabelle 4.5: Optimaler KompromissN n dh
in mm
WT1 20 2 15
WT2 16 6 15
WT3 28 2 10
Eine schematische Darstellung der Heat Cell basierend auf diesen Daten kann Abbildung
4.6 entnommen werden.
In Kapitel 3 wurde festgestellt, dass bei der Verwendung von elliptischen Rohren die not-
wendige Warmetauscherflache bis zu 13,6 % weiter reduziert werden kann. Wird dies mit der
ausgewahlten Kompromisslosung des instationaren Warmetauschermodells gekoppelt, so er-
gibt sich die folgende Losung in Tabelle 4.6, deren Gesamtmasse der Warmetauscher um 13,6
% verringert ist.
Tabelle 4.6: Optimaler KompromissLeistung λ A1 A2 A3
in kW − in m2 in m2 in m2
300 1,3 2,9 6,3 3,7
Das anschließende Unterkapitel zeigt das prinzipielle dynamische Verhalten eines Designs
der Optimierung.
80 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
Abbildung 4.6: Konstruktionsbeispiel Heat Cell
4.3 Prinzipielles dynamisches Verhalten der Heat Cell
Im Folgenden ist beispielhaft fur eine mogliche Systemlosung das zeitliche Verhalten dargestellt.
Zunachst wird bei einer konstanten Leistung von 300 kW im Volllastbetrieb die Luftzahl
variiert. In Abbildung 4.7 ist zu erkennen, dass bei einer Luftzahl von 1,3 die zu erwarmenden
Stoffstrome genau die Maximalwerte erreichen. Im Vergleich dazu steigt bei einer Verringerung
der Luftzahl auf 1,2 die Auslasstemperatur des Dampfes uber den vorgegebenen Maximalwert
an, wohingegen die Auslasstemperaturen fur Luft und Diesel fallen. Ein umgekehrtes Verhalten
kann im Falle einer Erhohung der Luftzahl auf 1,4 beobachtet werden. Wird die Aufheizung
der Prozessfluide zeitlich untersucht, so kann festgestellt werden, dass bei einer Erhohung der
Luftzahl der Aufheizprozess im ersten Warmetauscher langsamer ist, jedoch fur den zweiten
und dritten Warmetauscher schneller. Ein umgekehrtes zeitliches Verhalten kann bei einer
Reduzierung der Luftzahl beobachtet werden.
4.3. Dynamisches Verhalten 81
Bei der Warmeubertragung handelt es sich um einen irreversiblen Prozess, welcher Exer-
gieverluste zur Folge hat, die sich aus Dissipationsvorgangen (Druckverlust) und der ubert-
ragenen Warme zusammensetzt. Liegen hohere Temperaturdifferenzen zwischen den beiden
Warmeubertragerfluiden vor, so ist dieser Exergieverlust hoher, als im Falle von niedrigeren
Temperaturdifferenzen. Werden diese Erkenntnisse auf die zuvor beschriebenen Beobachtun-
gen des Heat Cell Verhaltens bei Anderung des Luftuberschusses angewendet, so ergibt sich
die folgende Erklarung:
Bei einer Reduzierung der Luftzahl von 1,3 auf 1,2 steigt die Verbrennungstemperatur an,
so dass die Eintrittstemperatur des Abgases in den ersten Warmetauscher ebenfalls erhoht
ist. Dies bewirkt eine erhohte Temperaturdifferenz zwischen dem Abgas und dem Dampf, so
dass der Exergieverlust im ersten Warmetauscher steigt. Da angenommen werden kann, dass
der Druckverlust annahernd konstant ist, steigt die ubertragene Warmemenge an, was an der
erhohten Dampftemperatur am Austritt beobachtet werden kann. Dies bewirkt außerdem eine
Verkurzung der Aufheizzeit des ersten Warmetauschers. Aufgrund des erhohten Exergiever-
lustes im ersten Warmetauscher, ist die verbleibende Exergie fur Warmetauscher zwei und
drei geringer, so dass die Auslasstemperaturen der Luft und des Diesels im Vergleich zu einer
Luftzahl von 1,3 sinken und auch die Aufheizzeiten fur Luft und Diesel steigen. Im Falle der
Erhohung des Luftuberschusses von 1,3 auf 1,4 sind die Verhaltnisse umgekehrt. Die Abgas-
temperatur vor dem ersten Warmetauscher sinkt, so dass die Temperaturdifferenz und damit
der Exergieverlust ebenfalls niedriger sind. Somit wird der Dampf auf geringere Temperaturen
erwarmt und die Aufheizzeit wird erhoht. Da der Exergieverlust geringer ist, ist die im Ab-
gas enthaltende Exergie am Ende des ersten Warmetauschers hoher, so dass der ubertragene
Warmestrom an den letzten beiden Warmetauschern steigt, und somit die Auslasstemperatu-
ren fur Luft und Diesel hoher liegen sowie die Aufheizzeiten sich verkurzen.
Bei einer Veranderung der Brennerleistung und konstanter Luftzahl, werden die Tempe-
raturen und die Aufheizzeiten der kalten Strome gleichartig verandert. Eine Verringerung der
Brennerleistung bewirkt ein Sinken aller Temperaturen sowie zu einer Verlangerung der Auf-
heizzeiten, wohingegen eine Erhohung der Brennerleistung zu einer Temperaturerhohung und
Verkurzung der Aufheizzeiten aller kalten Strome fuhrt. Dadurch, dass die Luftzahl konstant
bleibt, andert sich durch eine Leistungserhohung bzw. -erniedrigung die Abgastemperatur des
Porenbrenners nicht, jedoch wird durch eine Erhohung des Abgasmassenstromes die Enthalpie
erhoht, und damit die Exergie im Abgas, die fur die Warmeubertragung zur Verfugung steht.
Daher steigen die Auslasstemperaturen fur den Dampf, die Luft und den Diesel gleichzeitig an.
Außerdem verkurzt sich dadurch die Aufheizzeiten aller Prozessfluide. Bei einer Verringerung
des Abgasmassenstromes, wird die Exergie des Abgases verringert, so dass die Auslasstempera-
turen der drei Warmetauscher im Vergleich zu hoheren Porenbrennerleistungen sinken. Ferner
erhoht sich die notwendige Aufheizzeit der Warmetauscher.
Wird das Systemverhalten in Teillast untersucht (Abbildungen 4.12 bis 4.15), so zeigt
sich, dass bei 50 % Teillast der Brennstoffzelle, und damit Halbierung der Massenstrome von
Dampf, Luft und Diesel, eine Halbierung der Brennerleistung bei gleicher Luftzahl wie im
Volllastbetrieb zu einer enormen Erhohung der Dampftemperatur fuhrt und gleichzeitig zu
einer deutlichen Verringerung der Luft- und Dieseltemperaturen. Werden Warmeverluste ver-
82 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
nachlassigt, ergeben sich unabhangig von der Leistung die gleichen Flammentemperaturen.
Die Warmeubergangskoeffizienten werden abhangig von den herrschenden Stromungsverhalt-
nissen (Temperaturen und Geschwindigkeiten) bestimmt. Dieser Zusammenhang ist jedoch
nicht linear, d.h. bei einer Halbierung des Abgasmassenstromes und damit Halbierung der
Stromungsgeschwindigkeit im Vergleich zur Volllast, werden die Warmeubergangskoeffizienten
zwar verringert, jedoch nicht Halbiert. Ahnliches gilt auch fur die Reduzierung der Brennstoff-
zellenlast auf ein Drittel.
Um dennoch die notwendigen Austrittstemperaturen zu erreichen, muss im Teillastbetrieb
die Luftzahl des Porenbrenners deutlich erhoht werden. Im Falle der 50 % Teillast kann dies
durch das Einstellen einer Luftzahl von 1,8 erzielt werden, wohingegen im Falle der 30 %
Teillast eine Luftzahl von 1,9 notwendig ist.
Die Untersuchungen zum Systemverhalten der Heat Cell haben somit ergeben, dass ent-
scheidende Veranderungen erzielt werden konnen, indem das Porenbrenner Luftverhaltnis und
die Leistung variiert werden. Um Regelzeiten zu beschleunigen oder die Auslasstemperaturen
der Prozessfluide zu erhohen, muss die insgesamte Brennerleistung angehoben werden. Auf
der anderen Seite fuhrt eine Verringerung der Porenbrennerleistung zu einem trageren System-
verhalten sowie zu geringeren Auslasstemperaturen der Prozessfluide. Fur die Regelung des
Dampfwarmetauschers bzw. der Wandtemperatur im ersten Warmetauscher muss die Luftzahl
verandert werden, wobei beachtet werden muss, dass sich zudem die beiden letzten Warmetau-
scher gegenlaufig verandern. In einer geschickten Kombination mit der Porenbrennerleistung
konnen somit die Warmetauscher trotz Reihenschaltung relativ separat geregelt werden.
Da in der vorliegenden Betrachtungen keine Warmeverluste berucksichtigt wurden, und um
die Qualitat des Modells zu uberprufen, wurden experimentelle Untersuchungen zur Warmeuber-
tragung in der Heat Cell durchgefuhrt. Die Vorgehensweise und Ergebnisse sind im folgenden
Kapitel eingehend erlautert.
4.3. Dynamisches Verhalten 83
Abbildung 4.7: Volllast, 300 kW λ = 1, 3.
Abbildung 4.8: Volllast, 300 kW λ = 1, 2.
84 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
Abbildung 4.9: Volllast, 300 kW λ = 1, 4.
Abbildung 4.10: Volllast, 280 kW λ = 1, 3.
4.3. Dynamisches Verhalten 85
Abbildung 4.11: Volllast, 320 kW λ = 1, 3.
Abbildung 4.12: 50% Teillast, 150 kW λ = 1.3
86 KAPITEL 4. Anwendung der Pareto-Optimierung - instationar
Abbildung 4.13: 50% Teillast, 150 kW λ = 1.8
Abbildung 4.14: 33% Teillast, 100 kW λ = 1.3
Kapitel 5
Experimentelle Untersuchungen
Numerische Berechnungen oder Modellierungen von Bauteilen beinhalten meist Vereinfachun-
gen und Annahmen, was haufig zu Abweichungen von der Wirklichkeit fuhrt. Um die Abwei-
chungen abschatzen zu konnen, wurden experimentelle Untersuchungen an einem verkleiner-
ten Modell der Heat Cell durchgefuhrt. Die Original Heat Cell, die die Stoffstrome fur eine
Brennstoffzellen-Leistung von 500 kW elektrisch konditioniert, benotigt eine Leistungszufuhr
von ca. 300 kW thermisch. Die Aufheizung der Reformereinheit benotigt mehrere Tage, was
Untersuchungen an einem ahnlichen System, das am Marmara Institute in der Turkei instal-
liert ist, gezeigt haben. Um Brennstoffkosten zu sparen, den Zeitaufwand zu verringern und
den Versuchsaufbau zu vereinfachen, wurde die Heat Cell im Maßstab 1:15 bezuglich der
Brennstoffzellenleistung nachgebaut.
Daruber hinaus wurde fur den ersten Warmetauscher anstatt Dampf, Luft verwendet,
um die Notwendigkeit eines Dampferzeugers zu vermeiden. Ebenso wurde Diesel im dritten
Warmetauscher durch Wasser ersetzt. Um zusatzlich einen Verdampfer zu vermeiden, wurde
Methan anstatt Diesel im Porenbrenner umgesetzt. Die Skalierung dieses verkleinerten Modells
sowie Verwendung von Ersatzfluiden im Falle von Dampf und Diesel wird im Kapitel 5.1
ausfuhrlich beschrieben. Fur den Vergleich wurde das transiente Heat Cell Modell entsprechend
angepasst und genau untersucht.
5.1 Skalierung
Bei den Versuchen wurde ein Porenbrenner verwendet, der in Kooperation mit der Firma GoGaS
Goch GmbH & CoKG entwickelt worden ist. Dieser Brenner kann von 2 - 40 kW betrieben
werden bei Luftzahlen bis zu 2,0. Ein Bild des Brenner ist in Abbildung 5.1 zu sehen.
Fur die Skalierung wurden Ahnlichkeitsgesetze verwendet, um die Stromungsverhaltnisse
und Warmeubertragungsprozesse der beiden Systeme vergleichen zu konnen. Die notwendi-
gen Fluidmassenstrome fur die beiden ersten Warmetauscher wurden berechnet, indem die
Warmekapazitatsstrome der Originalfluide und der Modellfluide konstant gewahlt wurden.
Ferner wurde festgelegt, dass die Modellwarmetauscher die gleichen Warmestrome aufheizen
sollen wie die skalierten Originale, womit sich die Soll-Temperaturen bestimmen lassen.
Da keine Verdampfung des Wassers in dem skalierten Modell berucksichtigt werden soll,
89
90 KAPITEL 5. Experimentelle Untersuchungen
Abbildung 5.1: Ausgewahlter Porenbrenner fur die experimentellen Untersuchungen (Radimax
der Firma GoGaS Goch GmbH & CoKG)
wurde im Falle des dritten Warmetauschers die gewunschte Temperaturerhohung festgelegt.
Mit einem ebenfalls konstanten notwendigen Warmestrom, kann anschließend der Wassermas-
senstrom des verkleinerten Modells berechnet werden.
Tabelle 5.1 zeigt die skalierten Massenstrome der Original Fluide bei einer Reduktion der
Brennstoffzellenleistung auf 33,33 kW elektrisch (1:15 Skalierung). Daneben wurden die sich
ergebenen Massenstrome der Ersatzfluide angegeben.
Tabelle 5.1: Skalierte MassenstromeSkalierte Original- Modellfluide
fluide in kg/h in kg/h
mDampf 39,3 mLuft 87
mLuft 36,8 mLuft 36,8
mDiesel 9,4 mWasser 13,6
Tabelle 5.2 zeigt die Leistungsanforderung jedes Warmetauschers bei Verwendung der
Original-Fluide, wie auch der Ersatzfluide. Die Werte stimmen jeweils uberein, da dies ein
Kriterium der Skalierung war.
Tabelle 5.3 gibt die Temperaturerhohungen der Ersatzfluide an, fur die die skalierten
Warmetauscher ausgelegt wurden.
Fur die in Tabelle 5.1 bis 5.3 angegebenen Anforderungen wurde anschließend die notwendi-
gen Warmetauschergeometrien bestimmt. Um die Messergebnisse mit dem Originalmodell ver-
gleichen zu konnen, mussen bei der geometrischen Auslegung ebenfalls Ahnlichkeitskennzahlen
5.1. Versuchsaufbau 91
Tabelle 5.2: Skalierte WarmestromeSkalierte Original- Modellfluide
fluide in kW in kW
QDampf 9,7 QLuft 9,7
QLuft 4 QLuft 4
QDiesel 1 QWasser 1
Tabelle 5.3: Temperaturerhohungenin K Tein in C Taus in C
∆TLuft 390 20 410
∆TLuft 370 20 390
∆TWasser 60 20 80
eingehalten werden. Dabei wird die Reynoldszahl (Re) als Kennzahl fur die Stromungsahnlich-
keit herangezogen und die Nusselt-Zahl (Nu) fur eine ahnliche Warmeubertragung.
Re =lc · ρ · U
η(5.1)
Nu =α · lcλfluid
(5.2)
Hierbei steht lc fur eine charakteristische Lange des betrachteten Systems, ρ fur die Fluid-
dichte, U fur die Stromungsgeschwindigkeit, η fur die dynamische Viskositat des Fluids, α fur
den Warmeubergangskoeffizienten und λfluid fur die Warmeleitfahigkeit des Fluids.
Basierend auf diesen dimensionslosen Kennzahlen wurden zunachst die notwendigen Rohr-
durchmesser fur jeden Warmetauscher separat bestimmt. Die Rohrabstande wurden mit Hilfe
der Optimierungsergebnisse des stationaren Modells aus Kapitel 3 ausgewahlt. Dabei wur-
den fur den Y Abstand und V erh R abweichende Werte gewahlt als in Tabelle 6.1. Die
Grunde hierfur sind vor allem auf fertigungstechnische Vereinfachungen zuruckzufuhren. Um
Umlenkzonen zu vermeiden, wurde jedes Rohr der ersten Rohrreihe wendelartig gebogen, um
die nachste Rohrreihe zu bilden (siehe Abbildung 5.2). Daher wurde ein Y Abstand von 2,5
ausgewahlt. Da die Biegung von elliptischen Rohren fertigungstechnisch eine große Herausfor-
derung darstellt, wurden fur den experimentellen Aufbau runde Rohre ausgesucht.
Die notwendigen Warmetauscherflachen wurden mit Hilfe des instationaren Modells be-
rechnet, wobei die skalierte Leistung und Luftzahl des optimalen Ergebnisses aus Kapitel 4
verwendet wurden (P = 300kW , λ = 1, 4) und eine Modellanpassung bezuglich der ab-
weichenden Stoffwerte durchgefuhrt wurde. Die Warmetauscherflachen des Original-Modells
konnen nicht direkt skaliert werden, da die Rohrgeometrien nicht ubereinstimmen. In Tabelle
5.4 ist angegeben, welche Rohrdurchmesser, Warmetauscherflachen, Rohrlangen pro Rohrreihe
und wieviele Rohrreihen sich bei der Auslegung und Konstruktion ergaben.
Der ausgewahlte Porenbrenner hat die Abmessungen 187 mm x 210 mm. Fur den Bau
der Heat Cell Wandungen wurden Schamottsteine der Firma Promat eingesetzt. Diese wurden
92 KAPITEL 5. Experimentelle Untersuchungen
Tabelle 5.4: Auslegung der WarmetauscherWT1 WT2 WT3
Rohraußendurchmesser 18 mm 12 mm 9 mm
Rohrinnendurchmesser 14 mm 8 mm 5 mm
Rohrreihen 6 14 8
Rohrlange pro Rohrreihe 300 mm 300 mm 270 mm
Warmetauscherflache 0,49 m2 0,73 m2 0,27 m2
so angeordnet, dass die außeren Heat Cell Abmessungen 378 mm x 500 mm ergaben. Um
den Schweißaufwand zu verringern, wurde fur die Warmetauscher die Anzahl der Rohre pro
Rohreihe auf vier festgelegt. Bei der Konstruktion wurde zusatzlich beachtet, dass der jeweilige
Warmetauschereinlauf und -auslauf auf der gleichen Seite lagen, was große Vorteile bezuglich
der Isolierung brachte und die Anschlusse an den Versuchsstand vereinfachte. Basierend auf
diesen Reglementierungen und den notwendigen Warmetauscherflachen konnte die jeweilige
Rohrlange pro Rohrreihe berechnet werden. Die einzelnen Rohre wurden wendelartig gebogen,
so dass kein Fluidaustausch zwischen den Rohren innerhalb des Warmetauschers moglich war
(siehe Abbildung 5.2). Daher war es notwendig, den Warmetauscherzulauf so zu gestalten,
dass eine moglichst homogene Fluidverteilung auf die vier Rohre gewahrleistet war. Abbildung
5.3 zeigt die konstruktive Umsetzung der Verteiler.
Abbildung 5.2: Wendelartig gebogene Warmetauscherrohre
Der Abstand des ersten Warmetauschers zum Brenner und die Abstande zwischen den
5.1. Versuchsaufbau 93
Abbildung 5.3: Verteiler fur Zu- und Ablauf der Warmetauscher
einzelnen Warmetauschern ergab sich konstruktiv aus der Verwendung der Schamottsteine,
wobei versucht wurde, die Abstande moglichst klein zu halten. Abbildung 5.5 zeigt den fertig
gemauerten Versuchsstand mit den drei ubereinander angeordneten Warmetauschern.
(a) Seitenansicht (b) Vorderansicht
Abbildung 5.4: Skalierter Versuchsstand
94 KAPITEL 5. Experimentelle Untersuchungen
5.2 Versuchsaufbau
Abbildung 5.5 zeigt den schematischen Versuchsaufbau des skalierten Warmetauschersystems.
Bei der Temperaturmessstelle 1 handelt es sich aufgrund der hohen erwarteten Temperaturen
direkt uber dem Porenbrenner um ein S-Typ Thermoelement (Platin-Rhodium), wohingegen
die Temperaturmessstellen 2 - 13 K-Typ Thermoelemente sind (Nickel-Chrom-Nickel).
Die Versorgung des Brenners mit Methan erfolgte uber ein Flaschenbundel mit einem
Anfangsdruck von 200 bar. Die Verbrennungsluft wurde aus dem hausinternen Druckluftnetz
gespeist. Die Regelung der Massenstrome fur den Porenbrenner wurde uber thermische Durch-
flussregler der Firma Bronkhorst, die mit einem externen Sollwertgebeber gekoppelt waren, ge-
steuert. Aufgrund des hohen Luftbedarfs wurden die beiden ersten Warmetauscher WT1 und
WT2 von einem zusatzlich installierten Kompressor versorgt. Die Regelung der notwendigen
Massenstrome erfolgte auch hier uber thermische Durchflussregler der Firma Bronkhorst, die
ebenfalls mit einem externen Sollwertgeber gekoppelt waren. Der Warmetauscher WT3 wur-
de an das hausinterne Kuhlwassersystem angeschlossen, wobei hier der Durchfluss mit einem
Schwebekorper-Durchflussmesser geregelt wurde.
Auf der Abgasseite wurde fur jeden der drei Warmetauscher vor und nach dem Warme-
tauscher ein Thermoelement platziert. Zudem wurde uber dem Brenner die Abgastemperatur
gemessen. Im Falle der kalten Strome wurde ebenso am Einlauf des Warmetauschers ein Ther-
moelement installiert, um die Eintrittstemperatur der kalten Fluide zu bestimmen. Um eine
hohe Genauigkeit der Messung zu gewahrleisten, wurde in den Ablaufen der Warmetauscher
auf der kalten Seite mit jeweils zwei K-Typ Thermoelementen gemessen. Die insgesamt 16
Temperaturmesssensoren wurden uber eine Schnittstellenkarte der Firma National Instruments
mit einem PC verbunden. Mit Hilfe eines in Labview geschriebenen Programms konnten die
gemessenen Temperaturen aufgezeichnet werden.
Die erwarmte Luft der Warmetauscher WT1 und WT2 sowie die Verbrennungsabgase
wurden uber die Absaugung des Labors geleitet. Das erwarmte Wasser des Warmetauschers
WT3 wurde an den hausinternen Kuhlwasserrucklauf angeschlossen.
96 KAPITEL 5. Experimentelle Untersuchungen
5.3 Versuche zum Warmeubergang
Ein wichtiger Aspekt der Experimente war die Charatkerisierung des Warmetauschersystems.
Dabei wurde der Einfluss der Porenbrennerleistung sowie des Luftverhaltnisses auf die Tem-
peraturen der drei austretenden kalten Strome ausfuhrlich untersucht. Die Massenstrome der
kalten Fluide blieben wahrend der Versuche konstant.
Bevor der Brenner gezundet wurde, wurden zunachst die Massenstrome fur die drei Warme-
tauscherfluide auf ihren jeweiligen Sollwert eingestellt. Anschließend wurde ein Luftmassen-
strom fur den Brenner vorgegeben, der einem Luftverhaltnis von 1,3 bei einer Leistung von
10 kW entspricht. Anschließend wurde der Zunder eingeschaltet und ein Methanmassenstrom
entsprechend 10 kW Leistung dem Brenner zugefuhrt. Nach erfolgter Zundung wurde der
Zunder ausgeschaltet und die Sichtlocher verschlossen, um moglichst wenig Warmeverluste zu
erzeugen. Danach wurde die Leistung in Schritten von 2 kW auf 18 kW mit einem Luftverhalt-
nis von 1,4 erhoht. Die Aufheizzeit des Systems betrug ungefahr zwei Stunden. Nach dieser
Aufheizzeit wurden unterschiedliche Porenbrenner Luftverhaltnisse und Leistungen eingestellt,
um die jeweilige Systemantwort der Warmetauscher zu dokumentieren. Abbildungen 5.6 bis
5.8 zeigen die Austrittstemperaturen der kalten Strome fur verschiedene Luftverhaltnisse und
Leistungen des Porenbrenners.
Abbildung 5.6: Temperaturverlauf des kalten Fluids am Warmetauscheraustritt fur WT1
Fur den ersten Warmetauscher (Abbildung 5.6) ist zu sehen, dass bei steigendem Luft-
verhaltnis die Austrittstemperatur der zu erwarmenden Luft sinkt. Daruber hinaus sind die
Lufttemperaturen am Austritt des Warmetauschers um so hoher, je hoher die Porenbrennerlei-
stung ist. Dieses Verhalten kann wie bereits in Kapitel 4 beschrieben uber die Veranderung des
5.3. VERSUCHE ZUM WARMEUBERGANG 97
Abbildung 5.7: Temperaturverlauf des kalten Fluids am Warmetauscheraustritt fur WT2
Abbildung 5.8: Temperaturverlauf des kalten Fluids am Warmetauscheraustritt fur WT3
Exergieverlustes erklart werden. Durch eine Erhohung des Luftverhaltnisses wird die Abgastem-
peratur des Brenners gesenkt, wodurch die Temperaturdifferenz zwischen der zu erwarmenden
Luft und dem Porenbrennerabgas ebenfalls sinkt. Dies bewirkt einen geringeren Exergieverlust
98 KAPITEL 5. Experimentelle Untersuchungen
im ersten Warmetauscher und damit eine geringere Austrittstemperatur der Luft.
Je geringer die Leistung des Porenbrenners, um so geringer ist die im Abgas enthalte-
ne Exergie zum Erwarmen der Luft, so dass ein geringerer Warmestrom an das kalte Fluid
ubertragen wird.
Fur die beiden daruber liegenden Warmetauscher (WT2 und WT3) zeigt die Temperatur-
verteilung ein anderes Verhalten. Mit steigendem Luftverhaltnis des Porenbrenners steigen die
Austrittstemperaturen der kalten Fluide an (mit einer Ausnahme fur WT2 bei einer Leistung
von 16 kW ). Dadurch, dass der Exergieverlust im ersten Warmetauscher bei einer Erhohung
der Luftzahl sinkt, liegt in den folgenden Warmetauschern eine erhohte Abgasexergie vor, was
zu einer Erhohung des abgegebenen Warmestromes und dadurch zu einer erhohten Auslas-
stemperatur fur den zweiten und dritten Warmetauscher fuhrt. Im Falle von WT2 und einer
Leistung von 16 kW steigt die Lufttemperatur am Austritt des Warmetauschers nicht mehr
an. Dies liegt vermutlich an den auftretenden Warmeverlusten, die bei geringeren Leistungen
prozentual hoher sind, und den Effekt der hoheren Abgasexergie kompensieren.
5.4 Vergleich der experimentellen Untersuchungen mit
Simulations-Ergebnissen
Fur den Vergleich zwischen experimentellen Untersuchungen und dem transienten Modell,
wurde das in Kapitel 4 beschriebene Matlab/Simulink Modell etwas abgeandert. Die Kor-
relation zwischen Luftverhaltnis und adiabater Flammentemperatur wurde fur eine Methan-
Luftflamme umgeschrieben. Hierfur wurde eine Korrelation basierend auf Berechnungen mit
dem Programmpaket Chemkin 3.7 und dem Reaktionsmechanismus GriMech 3.0 erstellt. Die
Stoffwerte des ersten Warmetauschers wurden von Dampf in Luft umgeschrieben, sowie die
des dritten Warmetauscher von Diesel auf Wasser. Die Fluidmassenstrome wurden ebenfalls
entsprechend der Berechnungen zum Scale Down eingetragen. Zunachst wurde ein Vergleich
des Anfahrvorgangs bei Volllast untersucht. Beipielhaft ist in Abbildung 5.9 der transiente
Verlauf der Luft-Austrittstemperatur am ersten Warmetauscher fur das Modell und das Ex-
periment dargestellt. Anfangs stimmen die Steigungen der beiden Kurven sehr gut uberein.
Der etwas spatere Anstieg auf Seiten des Experiments ergibt sich aufgrund des Startvorgangs
des Porenbrenners, den das Modell nicht berucksichtigt. Nach der Zundung des Porenbrenners
bilden sich blaue Flammchen oberhalb des SiSiC Schaumes. Nach einer gewissen Aufheizzeit
von ungefahr einer halben Minute wandern diese Flammen in den Schaum hinein, was die
Abgastemperatur fur kurze Zeit absenkt. Daher erfolgt der steile Anstieg in der Luftaustritt-
stemperatur im Experiment etwas spater als im Modell. Nach dem steilen Anstieg geht der
Temperaturverlauf im Experiment in einen deutlich flacheren Anstieg uber als das Modell. Dies
liegt einerseits daran, dass der Aufheizvorgang der Schamottsteine im Modell nicht beruck-
sichtigt wird. Andererseits wurde die Korrelation der Warmeubergangskoeffizienten fur den
stationaren Fall aufgestellt und sind wohl fur den instationaren Fall nicht ganz zutreffend.
Die Gleichgewichtszustande fur das Modell und das Experiment sind jedoch identisch. Es ist
anzunehmen, dass auftretende Warmeverluste durch zusatzlich auftretende Effekte, wie bei-
5.4. Vergleich der experimentellen Untersuchungen 99
spielsweise zusatzliche Turbulenzen ausgeglichen werden, und so das gleiche Temperaturniveau
erreicht wird. Werden die stationaren Werte, die im Experiment ermittelt wurden mit Modell-
Abbildung 5.9: Zeitlicher Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT1 (18 kW, λ =
1,4)
werten verglichen, so sind auch diese fast identisch. Abbildungen 5.10 - 5.12 zeigen diesen
Vergleich fur zwei verschiedene Porenbrennerleistungen in Abhangigkeit des Luftverhaltnisses.
Fur den Fall des ersten Warmetauschers (WT1) liegen sogar die experimentellen Werte fur
hohere Luftverhaltnisse uber den Modellwerden. Dies kann an der Modellierung der Porenbren-
nerstrahlung liegen, die anscheinend in Wirklichkeit hoher ausfallen.
Nach den Versuchen mit Volllast, wurde das Warmetauschersystem unter 50 % Teillast
untersucht. Die Porenbrennerleistung betrug dabei 9 kW . Im Vergleich zu den Modellwer-
ten weichen die experimentellen Daten diesmal weiter ab. WT1 und WT2 zeigen im Versuch
deutlich niedrigere Temperaturen als das Modell vorraussagt. Dies liegt wohl an den nicht
berucksichtigten Warmeverlusten des Systems, die im Teillastbetrieb nicht kompensiert wer-
den konnen. Die Steigungen der Temperaturen verlaufen fur WT1 und WT2 jedoch parallel.
Abweichend verhalt es sich fur WT3. Hier liegen die Temperaturen des Experimentes wieder
uber denen des Modells. Dies kann darauf zuruckgefuhrt werden, dass die Warmeubergangs-
koeffizienten im Teillastbereich vom Modell niedriger liegen, als in Wirklichkeit.
100 KAPITEL 5. Experimentelle Untersuchungen
Abbildung 5.10: Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT1
Abbildung 5.11: Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT2
5.4. Vergleich der experimentellen Untersuchungen 101
Abbildung 5.12: Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT3
Abbildung 5.13: Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT1
102 KAPITEL 5. Experimentelle Untersuchungen
Abbildung 5.14: Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT2
Abbildung 5.15: Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT3
Kapitel 6
Zusammenfassung und Ausblick
Die vorliegende Arbeit beschreibt eine neuartige Auslegungsstrategie mittels automatischer
Optimierungsmethoden mit mehreren Zielfunktionen im Bereich komplexer thermo-fluiddyna-
mischer Systeme. Am konkreten Beispiel der Auslegung eines Warmetauschersystems, beste-
hend aus drei Warmetauschern, welche drei verschiedene Medienstrome mittels eines Poren-
brenners auf unterschiedliche Temperaturniveaus erhitzen sollen, wurden diese automatischen
Optimierungsmethoden angewendet.
Da diese Anlage in Kombination mit einer Molten Carbonate Brennstoffzelle als APU auf
einem großen Schiff eingesetzt werden soll, ist die Kompaktheit und Effizienz ein wichtiger
Faktor. Die Temperierung der Stoffstrome erfolgt in Rohrbundeln, die außen von den Ab-
gasen eines Porenbrenners umstromt werden. Dabei kann ein wichtiges Charakteristikum der
Porenbrennertechnik, namlich der hohe Anteil an abgestrahlter Warme effizient ausgenutzt
werden.
Die Auslegung dieses Warmetauschersystems gliederte sich in zwei Optimierungsschrit-
te. Einerseits die stationare Betrachtung, bei der eine Optimierung der Rohranordnung und
Geometrie durchgefuhrt wurde mit einem speziellen Augenmerk auf den Einfluss der Poren-
brennerstrahlung. Andererseits wurde ein instationares Modell in Mathlab/Simulink erstellt,
welches das transiente Modellverhalten wiedergibt. Mit der Optimierung dieses Modells wurde
die optimale Kombination von Porenbrennerleistung und Luftverhaltnis sowie der Warmetau-
scherflachen bestimmt. Aufgrund der vernachlasigten Warmeverluste des instationaren Modells
wurden experimentelle Untersuchungen an einem verkleinerten Warmetauschersystem durch-
gefuhrt und mit den Daten eines angepassten transienten Modells verglichen.
Die stationare Optimierung gliederte sich in weitere zwei Teilbereiche. Zunachst wurde
eine quasi-zweidimensionale Geometrie verwendet, welche ein abstraktes und reduziertes Teil-
problem darstellt, um den besten Optimierungsalgorithmus und die beste Startpopulation zu
bestimmen. In einem festgelegten Parameterbereich wurden alle moglichen Geometrien be-
rechnet, um die wahre Pareto-Front zu erhalten. Anschließend wurden verschiedene Start-
populationen und Optimierungsalgorithmen untersucht, um deren Konvergenz zu der vorher
bestimmten Pareto-Front zu uberprufen.
Die zweidimensionalen Untersuchungen zeigten, dass die Wahl der Startpopulation einen
enormen Einfluss auf den Verlauf und die Ergebnisse der Optimierung haben. Dabei spielt die
Anzahl an Individuen pro Population eine wichtige Rolle. Um einen moglichst großen Merk-
103
104 KAPITEL 6. Zusammenfassung und Ausblick
malsquerschnitt zu haben und damit einen schnellen Konvergenzverlauf zu gewahrleisten, sollte
diese moglichst groß gewahlt werden. Eine zu hohe Anzahl jedoch bedeutet einen geringere
Haufigkeit an durchgefuhrten Selektionen bei gleicher Anzahl an ausgewerteten Designs, was
wiederum zu einer schlechteren Konvergenz fuhren kann. Auf der anderen Seite ist die Ver-
teilung der Individuen der Startpopulation uber dem Zielvariablenraum ein wichtiger Faktor,
um eine moglichst hohe Diversitat der Pareto-Front zu erhalten. Da nicht unbedingt ein linea-
rer Zusammenhang zwischen Designvariablenraum und Zielfunktionenraum besteht, wurden
verschiedene Algorithmen fur die Erzeugung einer Startpopulation untersucht. Die Ergebnisse
zeigten, dass die Sobol-Methode, die die gewahlte Anzahl an Individuen homogen auf den De-
signvariablenraum verteilt, so dass ein moglichst maximaler Abstand zwischen den einzelnen
Individuen herrscht, die besten Resultate ergab.
Die Untersuchung verschiedener genetischer Algorithmen fur die Optimierung des Mehr-
zieloptimierungsproblems zeigte große Abweichungen bezuglich der Anzahl an ausgewerteten
Designs und Approximierung der Pareto-Front, trotz gleicher Anzahl an Generationen. Dabei
lasst sich sagen, dass der Algorithmus (FMOGA) mit der geringsten Anzahl an ausgewerte-
ten Designs die schlechteste Approximierung der Pareto-Front lieferte. Auf der anderen Seite
fuhrte der Algorithmus (ARMOGA) mit der zweit hochsten Anzahl an ausgewerteten Desings
nur zur dritt besten Approximierung der Pareto-Front. Diese beiden Algorithmen basieren auf
dem MOGA II Algorithmus. FMOGA versucht durch die zusatzliche Verwendung von Response
Surfaces die Berechnungszeit zu verkurzen, indem ein Teil der Auswertungen nicht uber den
externen Solver (CFX), sondern uber eine auf vorherigen Ergebnissen basierte Approximierung
(Response Surface) durchgefuhrt werden. Eine große Gefahr dabei ist, dass diese Modellie-
rungen zu stark abweichenden Ergebnissen fuhren, insbesondere, am Anfang der Optimierung,
wenn nur wenige externe Auswertungen durchgefuhrt wurden. Im Falle von ARMOGA wird
versucht, durch Einschrankung des Designvariablenraums im Verlauf der Optimierung eine Be-
schleunigung der Konvergenz zu erreichen. Die hohe Anzahl an Auswertungen jedoch zeigt,
dass dies mit den gewahlten Parametern nicht effektiv umgesetzt werden konnte. Zusatzlich
scheint die Einschrankung des Desingvariablenraumes ein paar der Pareto-Losungen ausge-
schlossen zu haben, da die Konvergenz zur wahren Pareto-Front im Vergleich zu MOGA II
und NSGA II deutlich schlechter war.
Die besten Algorithmen fur die Optimierung des zweidimensionalen Modells waren MOGA II
und NSGA II, wobei zwar NSGA II das leicht bessere Ergebnis brachte, jedoch die Anzahl an
ausgewerteten Designs doppelt so hoch war als bei MOGA II. Nachdem die Untersuchungen
des zweidimensionalen Modells abgeschlossen waren, wurden die gewonnenen Ergebnisse auf
die Erstellung und Optimierung des dreidimensionalen Modells ubertragen. Dementsprechend
wurde fur die Optimierung des dreidimensionalen Modells MOGA II als Losungsalgorithmus
gewahlt. Fur die Bestimmung der Startpopulation wurde die Sobol-Methode verwendet, um
16 Individuen zu erzeugen.
Zwei verschiedene Falle wurden hierbei betrachtet. Zunachst wurde in einer ersten Op-
timierung die Porenbrennerstrahlung als Quellterm am Einlass des heißen Stromes definiert.
Vergleichend wurde eine weitere Optimierung ohne diesen Quellterm also mit rein konvektivem
Warmeubergang durchgefuhrt, wobei Strahlung der Rohrwande ebenfalls berucksichtigt wur-
105
de. Mit Hilfe der Energieerhaltung wurde eine entsprechend hohere Temperatur am Eintritt
der heißen Seite festgelegt.
Eine Beispielgeometrie wurde ausgewahlt, um die Unterschiede der Modelle mit und ohne
Porenbrennerstrahlung aufzuzeigen. Trotz der deutlich hoheren Temperatur am Einlass der hei-
ßen Seite, bleiben die Temperaturen des Feststoffes im Falle des rein konvektiven Warmeuber-
gangs um uber 100 K unter denen des Modells mit Porenbrennerstrahlung. Diese Tatsache
spiegelt sich ebenfalls in den berechneten Warmedurchgangskoeffizienten wieder. Wahrend im
Falle mit Porenbrennerstrahlung ein Warmedurchgangskoeffizient von 42,2 erzielt wird, bleibt
dieser im Falle ohne Porenbrennerstrahlung auf 30,6 zuruck. Dieser Trend setzt sich fur alle
Designs der Optimierungen durch, so dass die Pareto-Front der Optimierung ohne Porenbren-
nerstrahlung ca. 20 % unterhalb der Pareto-Front der Optimierung mit Porenbrennerstrahlung
liegt, wobei der Verlauf beider Fronten ungefahr gleich ist. Daraus lasst sich schließen, dass der
Warmeubergang in Systemen, die einen Porenbrenner als Warmequelle nutzen, um ca. 20 %
uber anderen Systemen liegt, die keine so hohe Strahlungswarmeauskopplung besitzen, sofern
die Porenbrennerstrahlung vollstandig genutzt werden kann. Werden konventionelle Berech-
nungen fur die Bestimmung des Warmedurchgangskoeffizienten herangezogen, welche weder
die Rohrform noch die Porenbrennerstrahlung berucksichtigen, so ergibt sich ein Wert von 24,6.
Dies bedeutet, dass bei der Auslegung der Warmetauscher deutlich großere Flachen bestimmt
werden, was zu einer enormen Erhohung der Gesamtmasse fuhrt. Durch die Verwendung von
numerischen Berechnungstools in Kombination mit automatischen Optimierungsalgorithmen
kann somit ohne Berucksichtigung von Strahlungseffekten durch den Porenbrenner eine Re-
duzierung der benotigten Warmetauscherflache von ca. 20 %, bei der Berucksichtigung der
Porenbrennerstrahlung sogar um 40 % erzielt werden.
Bei der naheren Betrachtung der Designs, die die beiden Pareto-Fronten aufspannen, wird
ersichtlich, dass Rohrformen mit einem V erh R zwischen 0, 6−1, 6 nicht vorkommen. Das be-
deutet, dass stark elliptische Rohrformen unabhangig ob mit oder ohne Porenbrennerstrahlung
einen deutlichen Vorsprung bezuglich Druckverlust und Warmeubergang aufweisen, als runde
oder nur leicht elliptische Rohre. Im Vergleich zwischen runden und stark elliptischen Rohren
(V erh R = 2, 5), kann der Warmedurchgangskoeffizient um 14 % gesteigert werden, wenn
die elliptische Version eingesetzt wird. Dabei steigt jedoch der Druckverlust auf das dreifache
an.
Fur die Definitionen des instationaren Modells wurde aus den erhaltenen Pareto-Fronten
der Modelle mit und ohne Porenbrennerstrahlung eine fur den Anwendungsfall optimale Geo-
metrie ausgewahlt. Da einerseits der Druckverlust eine wichtige Rolle spielt, aber dennoch ein
moglichst hoher Warmeubergang gewunscht ist, wurde eine Geometrie am rechten Ende des
Teilbereiches II als der beste Kompromiss identifiziert. Die Parameter dieser Geometrie sind in
Tabelle 6.1 zusammengefasst. Der Warmedurchgangskoeffizient dieser Rohrgeometrie liegt um
13,6 % hoher als fur ein rundes Rohr, so dass die notwendige Warmetauscherflache um 13,6
% reduziert werden kann. Dies fuhrt zu einer enormen Reduzierung der Gesamtmasse und der
Investitionskosten, sowie zu einer beschleunigten Aufheizzeit, da die thermische Tragheit des
Warmetauschers reduziert wird. Diese Geometrie weist einen doppelt so großen Druckverlust
auf, wie die Version mit runden Rohren. Da jedoch der Druckverlust insgesamt auf einem sehr
106 KAPITEL 6. Zusammenfassung und Ausblick
niedrigen Niveau liegt, kann dies in Kauf genommen werden.
Tabelle 6.1: Ausgewahlte optimale RohrbundelgeometrieV erh R X Abstand Y Abstand
2 2 2,3
Anschließend wurde das dynamische Verhalten der Original Heat Cell optimiert, ohne be-
nachbarte Komponenten und Prozesse zu berucksichtigen. Ziele der Optimierung waren dabei
die Minimierung der notwendigen Porenbrennerleistung, der Warmetauscherflachen, der not-
wendigen Aufheizzeit und der Abgastemperatur am Ende des dritten Warmetauschers. Insge-
samt wurden uber 6000 Designs untersucht. Bei der Auswertung der Ergebnisse wurden die
Pareto-Losungen gefiltert, um nur diejenigen Designs, die im bevorzugten Temperaturbereich
der kalten Strome lagen, zu berucksichtigen. Das optimalste Modell ist dasjenige mit den
hochsten Austrittstemperaturen der kalten Strome, da die Warmeverluste der Heat Cell und
der benachbarten Komponenten noch nicht bekannt sind.
Neben der Optimierung wurde das Systemverhalten eines moglichen Designs eingehend
untersucht. Zunachst wurde der Einfluss der Porenbrennerleistung und des Luftverhaltnisses
auf die Austrittstemperaturen der kalten Strome bei Volllast bestimmt. Es konnte festgestellt
werden, dass eine Erhohung der Porenbrennerleistung durch eine Erhohung der Abgasexergie
zu einer insgesamten Erhohung aller Eduktstrome fuhrte. Ferner kann die notwendige Auf-
heizzeit der Prozessfluide verkurzt werden. Auf der anderen Seite fuhrt eine Verringerung
der Porenbrennerleistung zu einer niedrigeren Auslasstemperatur fur Dampf, Luft und Diesel
durch die Verringerung des Exergiestromes im Abgas. In diesem Falle werden auch die Auf-
heizzeiten der verschiedenen Warmetauscher vergroßert. Daruber hinaus wurde beobachtet,
dass eine Verringerung des Luftuberschusses zu einer Erhohung der Dampftemperatur am er-
sten Warmetauscher fuhrt, jedoch die Luft- und Dieseltemperaturen sinken. Umgekehrt fuhrte
eine Erhohung des Luftuberschusses zu einer Verringerung der Dampftemperatur und einer
Erhohung der Luft- und Dieseltemperaturen.
Anschließend wurden zwei verschiedene Teillastbereiche (50 % und 33 %) untersucht.
Die sich ergebenen Temperaturen der kalten Strome am Auslass der Warmetauscher unter-
scheiden sich teilweise deutlich vom Volllastbetrieb. Eine Verringerung der Brennerleistung
entsprechend der Verringerung der kalten Massenstrome (Dampf, Luft, Diesel) bei konstanter
Luftzahl resultiert in hoheren Dampftemperaturen. Dies ergibt sich, da die Warmeubergangs-
koeffizienten zwar mit der Verringerung der Brennerleistung sinken, jedoch fallt dies geringer
aus als die Skalierung der Brennerleistung. Somit ergeben sich bei gleicher Abgastemperatur
und Warmeubertragungsflache hohere Dampftemperaturen. Auf der anderen Seite ist die Ab-
gastemperatur am Ende des ersten Warmetauschers kleiner als im Volllastbetrieb, was eine
Verringerung der Luft- und Dieseltemperaturen bewirkt.
Die Untersuchungen zum Systemverhalten der Heat Cell haben ergeben, dass entschei-
dende Veranderungen erzielt werden konnen, indem das Porenbrenner Luftverhaltnis und die
Leistung variiert werden. Um Regelzeiten zu beschleunigen oder die Auslasstemperaturen der
Prozessfluide zu erhohen, muss die insgesamte Brennerleistung angehoben werden. Auf der
107
anderen Seite fuhrt eine Verringerung der Porenbrennerleistung zu einem trageren System-
verhalten sowie zu geringeren Auslasstemperaturen der Prozessfluide. Fur die Regelung des
Dampfwarmetauschers bzw. der Wandtemperatur im ersten Warmetauscher muss die Luftzahl
verandert werden, wobei beachtet werden muss, dass sich zudem die beiden letzten Warmetau-
scher gegenlaufig verandern. In einer geschickten Kombination mit der Porenbrennerleistung
konnen somit die Warmetauscher trotz Reihenschaltung relativ separat geregelt werden. Diese
Erkenntnisse konnen fur die Erstellung eines Regelkonzeptes fur die Heat Cell genutzt wer-
den, um beispielsweise Warmeverluste benachbarter Komponenten durch eine Anpassung der
Edukttemperaturen zu kompensieren.
Abschließend wurden experimentelle Untersuchungen durchgefuhrt, um die Genauigkeit des
transienten Modells besser abschatzen zu konnen. Der Vergleich des Anfahrverhaltens zeigt,
dass der steile Temperaturanstieg der Lufttemperatur am Austritt des ersten Warmetauschers
vom Modell sehr gut wiedergegeben wird. Ebenso ist der stationare Punkt fur das Experiment
und das Modell identisch, was darauf zuruckzufuhren ist, dass die auftretenden Warmeverluste
durch zusatliche Effekte wie Turbulenzen kompensiert wird. Im Ubergangsbereich zeigt der
experimentell ermittelte Temperaturverlauf eine deutlich flachere Steigung, was daran liegt,
dass im Modell die Wandungen der Heat Cell nicht berucksichtigt wurden. Ferner gelten die
verwendeten Korrelationen fur die Berechnung der Warmeubergangskoeffizienten fur stationare
Vorgange und konnen daher von der Wirklichkeit abweichen.
Ein Vergleich der stationaren Werte zwischen Modell und Experiment im Volllastbetrieb
zeigt hervorragende Ubereinstimmungen. Wobei sich im Teillastbetrieb deutliche Abweichun-
gen insbesondere fur die ersten beiden Warmetauscher ergeben. Da im Teillastbetrieb auch
die Stromungsgeschwindigkeit abnimmt, werden Turbulenzen geringer, so dass die kompen-
sierenden Effekte nicht mehr aussreichen. Zudem wirken sich Warmeverluste bei kleineren
Leistungen deutlich starker aus, als bei hohen Leistungen. Bei der Umsetzung der Heat Cell im
Original-Maßstab kann jedoch erwartet werden, dass die Warmeverluste des Systems weniger
Einfluss haben werden, so dass ahnliche Trends wie in den Simulationen bezuglich Teillast
auftreten werden. Hier konnen die gewonnenen Ergebnisse genutzt werden, um eine Regelung
der Auslasstemperaturen der Eduktstrome durchzufuhren.
In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass mit der Verwendung von automatischen Op-
timierungsalgorithmen signifikant die Warmetauscherflachen reduziert werden konnen, was zu
enormen Einsparungen bezuglich der Masse und der Investitionskosten fuhrt. Daruber hin-
aus konnte die Effizienz des Gesamt-Systems optimiert werden durch die Identifizierung der
besten Kombination aus Porenbrennerleistung, Luftzahl und der Warmetauscherflachen. Dies
wird durch den Vergleich mit experimentellen Untersuchungen an einem verkleinerten Modell
und der daraus erhaltenen hohen Genauigkeit der Simulationen mit der Wirklichkeit bestatigt.
Zusatzlich konnte durch eine detaillierte Analyse des Systemverhaltens der Heat Cell heraus-
gearbeitet werden, wie Porenbrennerleistung und Luftuberschuss eingesetzt werden mussen,
um die Auslasstemperaturen fur Wasser-Dampf, Luft und Diesel zu regeln.
Verallgemeinernd lasst sich sagen, dass automatische Mehrzieloptimierungsalgorithmen ein
starkes Auslegungstool in der thermischen Verfahrentechnik darstellen und somit in Zukunft
vermehrt eingesetzt werden sollten.
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Abbildungsverzeichnis
1.1 Aufbau des Porenbrenners und laminare Flamme im Vergleich . . . . . . . . . 3
1.2 Zusammenfassung der Grundprozesse in laminaren Flammen [22] . . . . . . . 4
1.3 Zusammenfassung der Grundprozess im Porenbrenner . . . . . . . . . . . . . 5
1.4 Vergleich der Flammenausbreitungsprozesse und der sich dadurch ergebenen
Brenngeschwindigkeiten fur laminare und turbulente freie Flammen sowie der
Verbrennung in porosen Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.5 Vergleich der Temperaturprofile einer freien Flamme und eines Porenbrenners . 6
1.6 Meist verwendete Materialien fur den Porenbrenner . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.7 Aufbau und Limitierungen der Heat Cell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.8 Strukturierung und Zusammenstellung der Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . 10
1.9 Schematische Darstellung des stationaren Modells . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.10 Schematische Darstellung des instationaren Modells . . . . . . . . . . . . . . 11
2.1 Vielpunkt Crossing Over nach [69] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.2 Beispiel eines Optimierungsproblems mit einer Zielfunktion in modeFRONTIER 32
3.1 Schematische Darstellung der Heat Cell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.2 Fließbild der MC Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.3 Schematische Darstellung der Geometrie und Randbedingungen . . . . . . . . 39
3.4 Variablen-Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.5 2-D Optimierung in modeFRONTIER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.6 Wahre Pareto-Front . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.7 Teilbereiche der Parteo-Front . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.8 Geschwindigkeitsprofile fur jeweils ein Design aus den vier verschiedenen Be-
reichen der Pareto-Front . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.9 Temperaturprofile fur jeweils ein Design aus den vier verschiedenen Bereichen
der Pareto-Front . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.10 Ergebnisse der Optimierung mit MOGA-II, 40 Generationen, Start-Population
mit niedriger Diversitat im Zielfunktionenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.11 Vergleichsgroßen fur verschiedenen Startpopulationen . . . . . . . . . . . . . . 48
3.12 Monte-Carlo-Methode - 8 Individuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.13 Sobol-Methode - 8 Individuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.14 Full Factorial-Methode - 8 Individuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.15 Monte-Carlo-Methode - 16 Individuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
117
118 ABBILDUNGSVERZEICHNIS
3.16 Sobol-Methode - 16 Individuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3.17 Full Factorial-Methode - 18 Individuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3.18 MOGA II und NSGA II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.19 ARMOGA und FMOGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.20 Π-Werte fur verschiedene Optimierungsalgorithmen . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.21 Definition der Abstande und Großen im dreidimensionalen Modell . . . . . . . 57
3.22 Dreidimensionales Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
3.23 Temperaturverteilung fur das dreidimensionale Modell mit Porenbrennerstrah-
lung in Querschnitt 50 mm vom Eintritt des kalten Fluids (k = 42, 2, ∆ph =
3, 2 Pa, ∆pk = 198 Pa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
3.24 Ergebnisse der dreidimensionalen Optimierung mit Porenbrennerstrahlung . . . 61
3.25 Temperaturverteilung fur das dreidimensionale Modell ohne Porenbrennerstrah-
lung in Querschnitt 50 mm vom Eintritt des kalten Fluids (k = 30, 6, ∆ph =
2, 6 Pa, ∆pk = 172 Pa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.26 Ergebnisse der dreidimensionalen Optimierung ohne Porenbrennerstrahlung . . 65
3.27 Vergleich der Pareto-Fronten der Modelle mit und ohne Porenbrennerstrahlung 66
4.1 Komponenten des Heat Cell Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.2 Porenbrenner Eingangs- und Ausgangsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
4.3 CC100 Eingangs- und Ausgangsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4.4 CC101 Eingangs- und Ausgangsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4.5 CC102 Eingangs- und Ausgangsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.6 Konstruktionsbeispiel Heat Cell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
4.7 Volllast, 300 kW λ = 1, 3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
4.8 Volllast, 300 kW λ = 1, 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
4.9 Volllast, 300 kW λ = 1, 4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4.10 Volllast, 280 kW λ = 1, 3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4.11 Volllast, 320 kW λ = 1, 3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4.12 50% Teillast, 150 kW λ = 1.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4.13 50% Teillast, 150 kW λ = 1.8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
4.14 33% Teillast, 100 kW λ = 1.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
4.15 33% Teillast, 100 kW λ = 1.9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
5.1 Ausgewahlter Porenbrenner fur die experimentellen Untersuchungen (Radimax
der Firma GoGaS Goch GmbH & CoKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
5.2 Wendelartig gebogene Warmetauscherrohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
5.3 Verteiler fur Zu- und Ablauf der Warmetauscher . . . . . . . . . . . . . . . . 93
5.4 Skalierter Versuchsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
5.5 Schematischer Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
5.6 Temperaturverlauf des kalten Fluids am Warmetauscheraustritt fur WT1 . . . 96
5.7 Temperaturverlauf des kalten Fluids am Warmetauscheraustritt fur WT2 . . . 97
5.8 Temperaturverlauf des kalten Fluids am Warmetauscheraustritt fur WT3 . . . 97
ABBILDUNGSVERZEICHNIS 119
5.9 Zeitlicher Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT1 (18 kW, λ =
1,4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
5.10 Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT1 . . . . . . . . . . . . . 100
5.11 Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT2 . . . . . . . . . . . . . 100
5.12 Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT3 . . . . . . . . . . . . . 101
5.13 Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT1 . . . . . . . . . . . . . 101
5.14 Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT2 . . . . . . . . . . . . . 102
5.15 Vergleich zwischen Experimenten und Modell fur WT3 . . . . . . . . . . . . . 102
Tabellenverzeichnis
3.1 Randbedingungen des quasi-zweidimensionalen Warmeubertragermodells . . . 38
3.2 Variablen-Definitionen und Zielfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.3 Zusammenstellung der Variablengrenzen und Schrittweiten . . . . . . . . . . . 42
3.4 Kompromiss-Losungen des zweidimensionalen Modells . . . . . . . . . . . . . 43
3.5 Zusammenstellung der Variablengrenzen und Schrittweiten . . . . . . . . . . . 56
3.6 Variablen-Definitionen und Zielfunktionen des dreidimensionalen Modells . . . 58
3.7 Randbedingungen des dreidimensionalen Warmeubertragermodells mit Poren-
brennerstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
3.8 Randbedingungen des dreidimensionalen Warmeubertragermodells ohne Poren-
brennerstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.9 Ausgewahlte optimale Rohrbundelgeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.1 Stoffstrome und Temperaturen in der Heat Cell . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.2 Variablenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.3 Solltemperaturbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.4 Beste Losungen der Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.5 Optimaler Kompromiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.6 Optimaler Kompromiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
5.1 Skalierte Massenstrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
5.2 Skalierte Warmestrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
5.3 Temperaturerhohungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
5.4 Auslegung der Warmetauscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
6.1 Ausgewahlte optimale Rohrbundelgeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
121
Lebenslauf
PERSONLICHE DATEN
Name Mirjam Sophie Christiane
Altendorfner, geb. Kretschmar
Titel Dipl.-Ing.
Geburtsdatum/-ort 28.07.1978, Munchen
Familienstand verheiratet
BERUFSTATIGKEIT
Seit 10/2008 CFD-Spezialistin im Bereich Prozessentwicklung
und Simulation der Zentralen Ingenieurtechnik
bei der Wacker Chemie AG in Burghausen.
03/2003 - 09/2008 Wissenschaftliche Angestellte am Lehrstuhl fur
Stromungsmechanik, Friedrich-Alexander-
Universitat Erlangen-Nurnberg
STUDIUM
10/1997 - 02/2003 Studium des Chemieingenieurwesens,
Technische Universitat Munchen
AUSLANDSAUFENTHALT
11/2000-04/2001 Melbourne, Australien
Semesterarbeit an der University of Melbourne,
Melbourne School of Engineering
(Chemical Engineering Department, Prof. Stevens)
SCHULAUSBILDUNG
1988 - 1997 Theresia Gerhardinger Gymnasium am Anger
1984 - 1988 Grundschule III, Ottobrunn