Date post: | 06-Apr-2016 |
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Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen1
Symposium: Grund- und Basisstufe im Spannungsfeld von Entwicklung und ReformkritikSGBF Tagung 2011: Bildungsreform und Reformkritik Basel, 20.-22. Juni 2011
Reform: Entstehung und MomentumBrigitte Wiederkehr, Amt für Volksschule Kanton St. Gallen
Reform in sich veränderndem KontextUrs Moser, Institut für Bildungsevaluation, Universität Zürich
Interpretationen der Reform und Zielverschiebungen Franziska Vogt, Pädagogische Hochschule St. Gallen
Governance im Bildungssystem: Innovation, Koordination und Subsidiarität Heinz Rhyn, Generalsekretariat der EDK
DiskussionJürgen Oelkers, Universität Zürich
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen2
Interpretationen der Reform und Zielverschiebungen
Beitrag zum Symposium: Grund- und Basisstufe im Spannungsfeld von Entwicklung und Reformkritik
Dr. Franziska Vogt
Institut für Lehr- und LernforschungPädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen
SGBF Tagung 2011: Bildungsreform und ReformkritikBasel, 20-22. Juni 2011
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen3
Überblick
0. Mundart oder Hochdeutsch
I. Ziele der Grund-/Basisstufe: Wichtigkeit, Erreichung aus Sicht der Eltern und Lehrpersonen im Vergleich
II. Spannungsfeld I: Frühe Förderung der Kulturtechniken
III. Spannungsfeld II: Frühförderung und Gegenbewegungen
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen4
Methoden der formativen Evaluation
• Ca. 500 Eltern von Grund- und Basisstufenkindern und ca. 400 Eltern mit Kindergartenkindern füllten dreimal Fragebogen aus
• Ca. 200 Lehrpersonen der Grund- und Basisstufe und ca. 200 Lehrpersonen in Kindergarten und Primarschule füllten Fragebogen aus
• Unterrichtsbesuche in 90 Grund- und Basisstufen mit videobasierter Beobachtung des Unterrichts, Interview mit den Kindern und Interview mit den Lehrpersonen
• Zweimal Gruppeninterviews mit Grund- und Basisstufen-Lehrpersonen in den 9 Kantonen, sowie zweimal Interviews mit den kantonalen Projektleitungen
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen5
0 aus aktuellem Anlass: Mundart oder Hochdeutsch
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen6
Hochdeutsch mit kleinen Kindern
• „Hochdeutsch müssen sie noch früh genug in der Schule lernen. Lassen wir die Kleinsten doch wenigstens im Kindergarten Kinder sein!“ (Hess, Junge SVP, NZZ Online Blog
• Eltern: keine Überforderung durch den Gebrauch des Hochdeutschen durch die Lehrperson
• Grund-/Basisstufen-Lehrpersonen: befürwortend, Differenzierung nach Alter der Kinder; unterschiedliche Gewohnheiten nach Ausbildungshintergrund.
Bereits mit jüngeren Kindern soll ausschliesslich Hochdeutsch gesprochen werden.
Es ist sinnvoll, erst mit den älteren Kindern der Basisstufe Hochdeutsch zu sprechen.
Die älteren Kinder sollen aufgefordert werden, Hochdeutsch zu sprechen.
Auch die jüngeren Kinder sollen aufgefordert werden, Hochdeutsch zu sprechen.
Es fällt mir sehr leicht, im Unterricht Hochdeutsch zu sprechen.
1.00 2.00 3.00 4.00
GS/BS mit PS DiplomGS/BS mit KG Diplom
N=170 Lehrpersonen, T1
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Ziele der Grund-/Basisstufe: Wichtigkeit, Erreichung aus
Sicht der Eltern und Lehrpersonen im Vergleich
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen8
Ziele: Bildungspolitik
• Beschluss der Basisstufe
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Ziele: Elternfragebogen
• Zeitpunkt der Befragung: Ende der Grund-/Basisstufe
• 340 Eltern
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen10
Wichtigste Ziele aus Sicht der Eltern
Wichtigste Ziele aus der Sicht der Eltern• Individuelles Eingehen • soziales Lernen in altersgemischten Gruppe• frühes Erlernen Kulturtechniken • fliessender Übergang Spielen und Lernen
Individuelles Eingehen auf Ihr Kind
Soziales Lernen in der altersdurchmischten Gruppe
Fliessendes, frühes Erlernen von Lesen, Schreiben und Rechnen
Spezifische und frühe Förderung von Begabungen
Möglichkeit eines flexiblen Übertritts in die 3. Klasse
Gezielte Förderung der deutschen Schriftsprache
Flliessender Übergang vom Spielen zum Lernen
Bessere Förderung aufgrund der Betreuung durch zwei Lehrpersonen
Betreuungsangebote (z.B. Mittagstisch, Blockzeiten, Auffangzeit)
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
Wichtigste Ziele
Anzahl Nennungen
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Zielerreichung aus Sicht der Eltern
Individuelles Eingehen auf Ihr Kind
Soziales Lernen in der altersdurchmischten Gruppe
Fliessendes, frühes Erlernen von Lesen, Schreiben und Rechnen
Spezifische und frühe Förderung von Begabungen
Möglichkeit eines flexiblen Übertritts in die 3. Klasse
Gezielte Förderung der deutschen Schriftsprache
Flliessender Übergang vom Spielen zum Lernen
Bessere Förderung aufgrund der Betreuung durch zwei Lehrpersonen
Betreuungsangebote (z.B. Mittagstisch, Blockzeiten, Auffangzeit)
1 2 3 4
Chart Title
Series1
• 1= überhaupt nicht erreicht, 4 = vollumfänglich erreicht
Alle den Eltern wichtigen Ziele aus deren Sicht teilweise bis gut erreicht.
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Ziele Lehrpersonensicht
• Wichtigkeit und Zielerreichung aus der Sicht der Lehrpersonen
• Zeitpunkt T1, 3 Monate nach Beginn sowie 3 oder 4 Jahre, am Ende der Evaluation
• 170 Lehrpersonen
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Wichtigkeit der Ziele aus Lehrpersonensicht
• 1 = unwichtig, 4 = sehr wichtig
Frühförderung der Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen)
Spezifische und frühe Förderung von Begabungen
Frühere gezielte Förderung des HochdeutschenPädagogische Kontinuität über entscheidende Jahre hinweg (gleiche Schule, gleiche
Lehrperson)Integration aller Kinder (mit Lernschwierigkeiten, Behinderungen o. ä.)
Soziales Lernen in vielschichtigem Lernumfeld (Altersheterogenität, Integration)
Individualisierung
Erhöhung der Chancengleichheit für Kinder aus bildungsfernen Familien
flexibler Übergang Kindergarten - Schule
fliessender Übergang von spielerischem zu aufgabenorientiertem Lernen
1 2 3 4
Wichtigkeit der Ziele
Mittelwerte
Wichtigste Ziele aus der Sicht der Lehrpersonen• soziales Lernen in altersgemischten Gruppe• Chancengleichheit• Individuelles Eingehen • Flexibler Übergang Kindergarten – Schule• fliessender Übergang Spielen und Lernen
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Zielerreichung Lehrpersonensicht
• 1 = gar nicht erreicht, 5 = vollumfänglich erreicht
Frühförderung der Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen)
Spezifische und frühe Förderung von Begabungen
Frühere gezielte Förderung des Hochdeutschen
Pädagogische Kontinuität über entscheidende Jahre hinweg (gleiche Schule, gleiche Lehrperson)
Integration aller Kinder (mit Lernschwierigkeiten, Behinderungen o. ä.)
Soziales Lernen in vielschichtigem Lernumfeld (Altersheterogenität, Integration)
Individualisierung
Erhöhung der Chancengleichheit für Kinder aus bildungsfernen Familien
flexibler Übergang Kindergarten - Schule
fliessender Übergang von spielerischem zu aufgabenorientiertem Lernen
1 2 3 4 5
M T3/4M T1
Zunahme während drei bzw. vier Jahren:Umsetzung der Reform für die Zielerreichung braucht Zeit
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Vergleich Eltern – Lehrpersonen -
• Eltern und Lehrpersonen betonen die Wichtigkeit von individueller Förderung, sozialem Lernen und Übergang Spiel-Lernen,
• Eltern betonen die frühe Förderung der Kulturtechniken mehr, Lehrpersonen weniger
• Zielerreichung wird ähnlich beurteilt
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen16
Spannungsfeld I: Frühe Förderung Kulturtechniken
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen17
Kind-zentrierung für Kulturtechniken
• „Bei uns kommen Kinder selber und sagen, ich will jetzt Lesen lernen. Dass sie wissen, dass dies möglich ist in der Basisstufe und nicht, dass sie warten müssen bis im Sommer, bis in 1. Klasse. Kommt auch von ihnen her, nicht dass wir immer sagen müssen, du solltest jetzt“
• „Kind gibt Tempo selber an, wie es durch die ersten Jahre der Schule geht“
• (Lehrpersonen, Gruppeninterviews 2005. 2006)
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Kulturtechniken in altersheterogenem Unterricht
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Kulturtechniken: viel oder wenig?
Ein Kind oder mehrere Kinder zeigen diese Aktivität:• Singen 65% (der Sequenzen)• Spielen 63%• Gestalten und Zeichnen 63%• Schreiben 39%• Rechnen 39%• Lesen 29%• Erzählen 22%
• Interpretation Evaluationsteam (Zwischenbericht 2008 Fazit):
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen20
Kindergarten, Schule, Grund-/Basisstufe
• „Haben vieles von Kindergarten-Kultur übernommen, noch wenig eigene Kultur entwickelt. Haben mit etwas Bewährtem begonnen, damit gehen wir weiter. Gewisse Dinge sind anders, aber das meiste vom Kindergarten her“
• „XX (von Projektleitung) hat mal gesagt, ihr dürft nicht einfach KG oder Schule weiterführen, müsst etwas Neues entwickeln. Habe mir zu Herzen genommen, aber es ist so schwierig“
• „Ich bringe mehr Schulideen ein, X die Kindergarten-Ideen, dann kommen uns neue Ideen in Sinn, die wir sonst beide nicht gehabt hätten“
• (Lehrpersonen Gruppeninterviews 2005, 2006)
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen21
Frühe Förderung der Kulturtechniken als Spannungsfeld
• Lehrpersonen stehen früher Förderung der Kulturtechniken eher kritisch gegenüber
• Betonung der individuellen Entwicklung für die Kulturtechniken• Auf Grund von Unterrichtsbesuchen wie auch Interviews gibt das
Team der formativen Evaluation als Rückmeldung, dass hier mehr möglich wäre
• Eine neue Verbindung von Kindergarten und Schule wurde gesucht und umgesetzt. Lehrpersonen sensibel gegenüber ‚Verschulungs-Befürchtung‘.
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Spannungsfeld II: Frühförderung und Gegenbewegung
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Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen24
Flexible Einschulung: Entscheid der Eltern
• Luzerner Kohorte mit halbjährlichem Eintritt• 23 Kinder: 14 Kinder früher ein (4.5 Jahre) 8 Kinder hätten schon
im vorherigen August in die Basisstufe eintreten können, es wurde jedoch bis im Februar gewartet.
• “Die Entscheidung, das Kind unter dem Schuljahr in die Basisstufe eintreten zu lassen, wurde mehrheitlich von den Eltern selbst gefällt…
• Als Gründe für die Entscheidung zu einem früheren Eintritt werden die Förderung, das Interesse des Kindes und seine Selbstständigkeit genannt.
• Als Grund für die Entscheidung zum späteren Eintritt geben vier der acht Eltern an, ihr Kind länger ausschliesslich in der Familie erziehen zu wollen.
• (Vogt et al. 2010, Zusätzliche formative Evaluation Luzern, S. 18, 19)
Pädagogische Hochschule des Kantons St.Gallen25
Angemessene Förderung umgesetzt
• Elternfragebogen, Grund-Basisstufe Testzeitpunkt 1
• Keine Unterschiede zum herkömmlichen Modell
.0
20.0
40.0
60.0
80.0
100.0
überfordertgerade richtigunterfordert
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Spannungsfeld: Förderung und Kind-sein lassen
• Eltern nehmen insgesamt angemessene Förderung wahr• Eltern vertreten gegensätzliche Positionen zwischen Förderung
und Kritik an der Förderung• Debatten in den Medien pendeln in diesem Spannungsfeld
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Fazit
• Ziele und Erwartungen von Bildungspolitik, Eltern und Lehrpersonen an die Grund- und Basisstufe in vielen Bereichen übereinstimmend, jedoch Spannungsfelder:
–Förderung der Kulturtechniken
–Kindheit, Kindergarten, Schule, Angst vor Verschulung
• Es zeigt sich eine Ambivalenz in vielen Äusserungen zu Frühförderung und Kindheitsbildern
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Literatur
• Hess, E. (2011) Ja zu Mundart im Kindergarten NZZ Blogs 17. Mai 2011, http://www.nzz.ch/nachrichten/blogs/nzz_votum/nzzvotum_wahlkampfjugend/ja_zu_mundart_im_kindergarten_1.10609631.html
• Stamm, M. (2009, 13.09.2009). Unsere Sprösslinge werden durch die Kindheit gehetzt. NZZ am Sonntag, p. 17.
• Vogt, F. , Zumwald, B., Urech, C. & Abt, N. (2010). Schlussbericht der formativen Evaluation. Grund-/Basisstufe: Umsetzung, Unterrichtsentwicklung und Akzeptanz bei Eltern und Lehrpersonen. Bern: Schulverlag.