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Organische Chemie 2009

Date post: 08-Dec-2016
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33
Nachrichten aus der Chemie | 58 | März 2010 | www.gdch.de/nachrichten lymers) wie (1) 1) und (2) 2) (Abbil- dung 1). Noch beachtlicher waren die Fortschritte für lösungsprozes- sierte niedermolekulare Halbleiter- moleküle, mit denen bis zum Jahr 2007 nur bescheidene Umwand- lungseffizienzen um 1 % möglich waren. Nun sind Werte von über 4 % realisierbar, da neuer Substanzklas- sen wie (3) 3) erschlossen wurden. Wie in der organischen Photovoltaik hält auch bei den organischen Tran- sistoren der Wettbewerb zwischen polymeren und niedermolekularen Halbleitermolekülen an. Für beide Substanzklassen wurden jetzt erst- Organische Festkörper und Materialien Die Umwandlung von Sonnen- energie in Elektrizität und in Kraft- stoffe ist eine der größten Herausfor- derungen für Chemiker. Beachtliche Fortschritte erzielte im letzten Jahr die organische Photovoltaik: So konnte die seit Jahren bestehende 5 %-Effizienzgrenze für die Um- wandlung von Sonnenlicht in elek- trische Energie auf deutlich über 6 % gesteigert werden. Dies gelang durch neue, langwellig absorbierende kon- jugierte Polymere (low bandgap po- Stefan Bräse (Koordinator) et al. Organik von A wie Agrochemie bis Z wie (Solar-)Zelle: die ersten Cycloadditionsreaktionen angeregter Photosubstrate, das erste Beispiel eines molekularen, schwarzen Porphyrins, ein neuer Weg zur Direkt- oxidation von Propen zu Propenoxid, die erste Totalsynthese des Haplophytins und vieles mehr. Organische Chemie 2009 Trendbericht mals leistungsfähige luftstabile n-Halbleiter präsentiert. Polymere Naphthalinbisimide (4) 4) erbrachten Ladungsträgermobilitäten von bis zu 0,85 cm 2 V –1 s –1 , kristalline Perylen- bisimide (5) 5) von bis zu 1,2 cm 2 V –1 s –1 an Luft. Noch attraktiver als die Um- wandlung von Sonnenlicht in Elek- trizität ist die Umwandlung in einen speicherbaren chemischen Kraft- stoff. Wenn auch noch weit von ei- ner technischen Anwendung ent- fernt, so faszinieren neue Konzepte wie die photokatalytische Wasser- stoffproduktion in mesoporösen Carbonitriden (6) (Abbildung 2). 6) Neben dem Transport von Ladungs- trägern erfordert diese Anwendung auch einen Massentransport im or- ganischen Festkörper. Erwähnens- wert ist der überraschend effiziente Transport von Kohlendioxid und Wasser in Clarithromycin-Kristal- Abb. 1. Organische Halbleitermoleküle für Solarzellen und Transistoren. (1) (4) (2) (3) N N O O O O (5) S N S N S N C 8 H 17 C 8 H 17 n S S O O S S O n N N O O S S O O N N O O O O C 8 H 17 C 10 H 21 C 10 H 21 C 8 H 17 S S n C 3 F 7 C 3 F 7 (6) N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N Abb. 2. Mesoporöses Carbonitrid für die photokatalytische Wasserstoffproduktion. 267
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Page 1: Organische Chemie 2009

Nachrichten aus der Chemie | 58 | März 2010 | www.gdch.de/nachrichten

lymers) wie (1)1) und (2)2) (Abbil-dung 1). Noch beachtlicher waren die Fortschritte für lösungsprozes-sierte niedermolekulare Halbleiter-moleküle, mit denen bis zum Jahr 2007 nur bescheidene Umwand-lungseffizienzen um 1 % möglich waren. Nun sind Werte von über 4 % realisierbar, da neuer Substanzklas-sen wie (3)3) erschlossen wurden. Wie in der organischen Photovoltaik hält auch bei den organischen Tran-sistoren der Wettbewerb zwischen polymeren und niedermolekularen Halbleitermolekülen an. Für beide Substanzklassen wurden jetzt erst-

Organische Festkörper und Materialien

� Die Umwandlung von Sonnen-energie in Elektrizität und in Kraft-stoffe ist eine der größten Herausfor-derungen für Chemiker. Beachtliche Fortschritte erzielte im letzten Jahr die organische Photovoltaik: So konnte die seit Jahren bestehende 5 %-Effizienzgrenze für die Um-wandlung von Sonnenlicht in elek-trische Energie auf deutlich über 6 % gesteigert werden. Dies gelang durch neue, langwellig absorbierende kon-jugierte Polymere (low bandgap po-

Stefan Bräse (Koordinator) et al.

Organik von A wie Agrochemie bis Z wie (Solar-)Zelle: die ersten Cycloadditionsreaktionen angeregter

Photosubstrate, das erste Beispiel eines molekularen, schwarzen Porphyrins, ein neuer Weg zur Direkt-

oxidation von Propen zu Propenoxid, die erste Totalsynthese des Haplophytins und vieles mehr.

Organische Chemie 2009

�Trendbericht�

mals leistungsfähige luftstabile n-Halbleiter präsentiert. Polymere Naphthalinbisimide (4)4) erbrachten Ladungsträgermobilitäten von bis zu 0,85 cm2V–1s–1, kristalline Perylen-bisimide (5)5) von bis zu 1,2 cm2V–1s–1 an Luft.

Noch attraktiver als die Um-wandlung von Sonnenlicht in Elek-trizität ist die Umwandlung in einen speicherbaren chemischen Kraft-stoff. Wenn auch noch weit von ei-ner technischen Anwendung ent-fernt, so faszinieren neue Konzepte wie die photokatalytische Wasser-stoffproduktion in mesoporösen Carbonitriden (6) (Abbildung 2).6)

Neben dem Transport von Ladungs-trägern erfordert diese Anwendung auch einen Massentransport im or-ganischen Festkörper. Erwähnens-wert ist der überraschend effiziente Transport von Kohlendioxid und Wasser in Clarithromycin-Kristal-

Abb. 1. Organische Halbleitermoleküle für Solarzellen und Transistoren.

(1)

(4)

(2)

(3)

N

N

O O

OO

(5)

S NSN

SN

C8H17C8H17

n

S

S

O

O

S

S

O

n

N

NO

O

S

S

O

O

N

N

OO

O O

C8H17 C10H21

C10H21C8H17

S

Sn

C3F7

C3F7

(6)

NN

N N

N

NN

N

N N

NN

N N

N

NN

N N

NN

N N

N

NN

N

NN

N N

N

NN

N

N

NN

N N

N

NN

N

Abb. 2. Mesoporöses Carbonitrid für die photokatalytische

Wasserstoffproduktion.

267

Page 2: Organische Chemie 2009

len7) sowie die Herstellung von mit supramolekularen Rezeptoren aus-gestatteten metallorganischen Netz-werken (MOFs).8)

Frank Würthner

Universität Würzburg

[email protected]

1) S. H. Park, A. Roy, S. Beaupré, S. Cho,

N. Coates, J. S. Moon, D. Moses, M. Leclerc,

K. Lee, A. J. Heeger, Nat. Photon. 2009, 3,

297-302.

2) J. Hou, H.-Y. Chen, S. Zhang, R. I. Chen,

Y. Yang, Y. Wu, G. Li, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 15586-15587.

3) B. Walker, A. B. Tamayo, X.-D. Dang,

P. Zalar, J. H. Seo, A. Garcia,

M. Tantiwiwat, T.-Q. Nguyen, Adv. Funct.

Mater. 2009, 19, 3063–3069.

4) H. Yan, Z. Chen, Y. Zheng, C. Newman,

J. R. Quinn, F. Dötz, M. Kastler,

A. Facchetti, Nature 2009, 457, 679-686.

5) R. Schmidt, J. H. Oh, Y.-S. Sun,

M. Deppisch, A.-M. Krause, K. Radacki,

H. Braunschweig, M. Könemann, P. Erk,

Z. Bao, F. Würthner, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 6215-6228.

6) X. Wang, K. Maeda, A. Thomas, K. Takana-

be, G. Xin, J. M. Carlsson, K. Domen,

M. Antonietti, Nat. Mater. 2009, 8, 76-80.

7) J. Tian, P. K. Thallapally, S. J. Dalgarno,

J. L. Atwood, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131,

13216-13217.

8) Q. Li, W. Zhang, O. S. Miljanic, C.-H. Sue,

Y.-L. Zhao, L. Liu, C. B. Knobler,

J. F. Stoddart, O. M. Yaghi, Science 2009,

325, 855-859.

Flüssigkristalle

� Ein kontrovers diskutiertes The-ma der Flüssigkristallforschung ist die Existenz thermotroper, biaxial nematischer Mesophasen für nie-dermolekulare Verbindungen. V-förmige Mesogene sind die aus-sichtsreichsten Anwärter auf deren Realisierung. Francescangeli et al. stellten ein 1,2,4-Oxadiazolderivat (7) vor, das eine ferroelektrische, induziert biaxial nematische Phase bildet und postulierten Cluster mit lokaler bi axialer Ordnung als Ursa-che ihrer experimentellen Beobach-tungen.9) Lehmann et al. beschrie-ben in einer grundlegenden Arbeit über Thiazole und Thiadiazole (8) die Sensibilität solcher nematischer Mesophasen gegenüber dipolaren Substituenten oder Strukturen in formtreuen Nematogenen (Abbil-dung 3).10)

Abb. 5. Mesogen mit einem Corannulen-Zentrum.

Abb. 4. Deca-substituiertes Fulleren C60 mit flüssigkristallinen Eigenschaften und

anisotroper Photolumineszenz.

ON

NO O

O OC9H19O OC9H19

ZN

S

X Y

OC6H13

C6H13O

C6H13O

OC6H13

A B

Z = N, CH

A,B = 3-CN, 4-CN, H

X,Y = N, CH

(7)

(8)

RR

RR

R R R

RR

R

H3C

CH3

R = Si

H3CCH3

C18H37

(9)

S

S

S

S

S

S

S S

S

S

NH

O OR

ORRO

NHO

OR

ORRO

NHO

ORRO

RO

HN

O

RO

RO

RO

HN

O

RO

RO

ROHN

ORO

ROOR

HNO

RO

ROOR

HNO

RO OR

OR

NH

O

OR

OR

OR

NH

O

OR

OR

OR

R = C12H25

Abb. 3. V-förmige, biaxiale Nematogene.

Außerdem stehen funktionale, flüssigkristalline Materialien im Mit-telpunkt des Interesses. So derivati-sierten Li et al. Fulleren C60 mit zehn langen aliphatischen Seitenketten (9) und beobachteten lamellare Flüssig-

kristallphasen (Abbildung 4). Das verbliebene [10]Cyclophenacenge-rüst zeigt in der Mesophase anisotro-pe Photolumineszenz.11)

Aida et al. berichteten über ein neues deca-funktionalisiertes Cor -

Nachrichten aus der Chemie | 58 | März 2010 | www.gdch.de/nachrichten

�Magazin� Organische Chemie 268

Page 3: Organische Chemie 2009

annulen (10), dessen kolumnare Mesophase sich im elektrischen Feld homöotrop ausrichtet (Abbil-dung 5).12) Eine andere Gruppe ver-wirklichte zum ersten Mal ein disko-tisch, kolumnar flüssigkristallines Material aus Triphenylmethylradika-len (11) mit kurzen �-�-Abständen (Abbildung 6).13)

Die Messung der magnetischen Suszeptibilität weist auf antiferro-magnetische Wechselwirkungen zwischen benachbarten ungepaarten Spins innerhalb einer Kolumne hin.

Die Isolation von funktionalen, konjugierten Strukturen steht im Mittelpunkt bei Polyphenylenethi-nylenen, die von a-Cyclodextrinein-heiten vollkommen umhüllt sind.14) Terao et al. demonstrierten, dass sol-che neuartigen Polyrotaxane eine höhere Fluoreszenzquantenausbeu-te als nicht ummantelte Derivate be-sitzen und eine lyotrope, cholesteri-sche Phase in Chloroform generie-ren.

Ionische Flüssigkristalle bilden ei-nen weiteren Schwerpunkt neuerer Entwicklungen. Beispielsweise ord-nen sich Triphenylene mit ionischen Seitenketten (12) in für Diskoten sel-tenen, bikontinuierlich kubischen Phasen (Abbildung 7).15) In diesem ionischen Flüssigkristall spielen al-lerdings auch die �-�-Wechselwir-kungen der scheibenförmigen Meso-gene eine wichtige Rolle. Kato et al. synthetisierten ein flüssigkristallines Carbonat (13), das in Mischung mit Lithiumtriflat über hierarchische Selbstorganisation einen kolumnaren 1D-Ionenleiter bildet (Abbil-dung 8).16) Ein lyotroper, kubisch bi-kontinuierlicher Flüssigkristall, der aus einer Mischung eines polymeri-sierbaren Mesogens (14) und einer ionischen Flüssigkeit besteht, zeigt hohe Ionenleitfähigkeit, auch nach der Stabilisierung des Materials durch Polymerisation (Abbildung 9).17) Diese Leitfähigkeit ist vergleichbar mit der eines flüssigen Elektrolyten, was solche Hybridmaterialien zu aus-sichtsreichen Produkten für die An-wendung macht.

Mesophaseneigenschaften sind nicht nur für artifizielle, sondern auch für biologische Materialien von

Cl

Cl Cl

ClClCl

N

N N

C17H35OC COC17H35

C17H35OC

C17H35OC COC17H35

COC17H35

(11)

O(CH2)14

O(CH2)14

(H2C)14O

(H2C)14O

O(CH2)14

O(CH2)14

NN

CH3BF4

N

+

+BF4

NN

CH3BF4

+

NN+ CH3

N

BF4

N

N

N

N

CH3

H3C

H3C

+

+

BF4

BF4

(12)

O

O

O(CH2)7CH3

O(CH2)7CH3

O(CH2)7CH3

O

OO

(13)

Abb. 6. Stabiles Triphenylmethylradikal als diskotisches Mesogen.

Abb. 7. Ionisches Mesogen mit Triphenylenzentrum.

Abb. 8. Katos flüssigkristallines Carbonat.

Abb. 9. Polymerisierbares Lithiumsulfonat (14) und die Struktur einer bikontinuierlichen

lyotropen Mesophase, generiert in Mischung mit flüssigen Elektrolyten (Propylencarbonat/

Lithiumperchlorat).

O(CH2)11

O(CH2)11

O(CH2)11

O

O

O

O

O

O

O

NHO3SLi

(14)

Nachrichten aus der Chemie | 58 | März 2010 | www.gdch.de/nachrichten

Organische Chemie �Magazin� 269

Page 4: Organische Chemie 2009

hohem Interesse. Mann et al. modifi-zierten die Oberfläche des Eisenspei-cherproteins Ferritin mit Ammoni-umgruppen und setzten diese an-schließend mit einem oberflächen-aktiven Sulfonat um. Das auf diese Weise mit einer unpolaren Hülle ausgestattete Ferritin bildet, in ei-nem engen Temperaturfenster zwi-schen 30 bis 37 °C, eine thermotro-pe, lamellare Flüssigkristallphase, obwohl die Mesogene a priori kugel-symmetrisch sind.18)

Matthias Lehmann

Universität Chemnitz

matthias.lehmann@

chemie.tu-chemnitz.de

9) O. Francescangeli, V. Stanic, S. Torgova,

A. Strigazzi, N. Scaramuzza, C. Ferrero,

I. Dolbnya, T. Weiss, R. Berardi, L. Muccioli,

S. Orlandi, C. Zannoni, Adv. Funct. Mater.

2009, 19, 2592–2600.

10) M. Lehmann, J. Seltmann, A. Auer,

E. Prochnow, U. Benedikt, J. Mater. Chem.

2009, 19, 1978–1988.

11) C.-Z. Li, Y. Matsuo, E. Nakamura, J. Am.

Chem. Soc. 2009, 131, 17048–17059.

12) D. Miyajima, K. Tashiro, F. Araoka,

H. Takezoe, J. Kim, K. Kato, M. Takata,

T. Aida, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 44–45.

13) S. Castellanos, F. López-Calahorra,

E. Brillas, L. Juliá, D. Velasco, Angew.

Chem. 2009, 121, 6638–6641.

14) J. Terao, S. Tsuda, Y. Tanaka, K. Okoshi,

T. Fujihara, Y. Tsuji, N. Kambe, J. Am.

Chem. Soc. 2009, 131, 16004–16005.

15) M. A. Alam, J. Motoyanagi, Y. Yamamoto,

T. Fukushima, J. Kim, K. Kato, M. Takata,

A. Saeki, S. Seki, S. Tagawa, T. Aida, J. Am.

Chem. Soc. 2009, 131, 17722–17723.

16) H. Shimura, M. Yoshio, A. Hamasaki,

T. Mukai, H. Ohno, T. Kato, Adv. Mater.

2009, 21, 1591–1594.

17) R. L. Kerr, S. A. Miller, R. K. Shoemaker,

B. J. Elliott, D. L. Gin, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 15972–15973.

18) A. Perriman, H. Cölfen, R. Hughes,

C. Barrie, S. Mann, Angew. Chem. 2009,

121, 6360–6364.

Photochemie

� Von methodischer Seite erwäh-nenswert sind die ersten Cycloaddi-tionsreaktionen angeregter Photo-substrate – im konkreten Fall Male -imide – mit C=N-Verbindungen im Grundzustand.19) Exemplarisch ge-zeigt ist die intramolekulare Reakti-on des Oxims (15), das in guter Aus-beute das 1,3-Diazepin (16) liefert. Vermutlich erfolgt die formale

[5+2]-Cycloaddition schrittweise nach a-Spaltung einer Carbonyl-N-Bindung im photoangeregten Ma-leimid (Abbildung 10).

Um enantiomerenreine Photo-produkte zugänglich zu machen, wurde das Konzept des Chiralitäts-transfers von axial chiralen auf zen-tral chirale Verbindungen sowohl für [6�]-Cyclisierungen20) als auch für Norrish-Yang-Reaktionen21) auf-gegriffen. Einen direkten katalyti-schen Zugang zu enantiomerenrei-nen Produkten ermöglicht der Ener-gietransfer mit chiralen Sensibilisato-ren. Die intramolekulare [2+2]-Pho-tocycloaddition des Chinolons (17) verläuft in Gegenwart katalytischer Mengen (5 bis 10 Mol-%) des Xan-thons (18) mit sehr guter Enantiose-lektivität vorwiegend zum Produkt (19) (Abbildung 11).22)

In der Totalsynthese von Natur-stoffen (s. S. 295) finden photoche-mische Reaktionen gerne dann An-wendung, wenn konventionelle Me-thoden versagen. So fand bei der Syn-these des Quebrachamins die C-C-Verknüpfung an C-3 des Indols photochemisch mit einer Chloracet -

amid-Cyclisierung (20) → (21) statt, nachdem herkömmliche aromatische Substitutionsreaktionen fehlgeschla-gen waren (Abbildung 12).23)

Selbst für eine Epoxidumlagerung in der Synthese des Bisanthrachinon-Antibiotikums BE-43472B wurden photochemische Bedingungen heran-gezogen.24) Von vornherein geplant hingegen war eine Photo-Fries-Ver-schiebung in einem eleganten Zu-gang zum Kendomycin.25)

Thorsten Bach, TU München

[email protected]

19) K. L. Cubbage, A. J. Orr-Ewing,

K. I. Booker-Milburn, Angew. Chem. 2009,

121, 2552–2555.

20) A. J.-L. Ayitou, J. Sivagaru, J. Am. Chem.

Soc. 2009, 131, 5036–5037.

21) A. J.-L. Aytiou, J. L. Jusuraj, N. Barooah,

A. Ugrinov, J. Sivagaru, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 11314–11315.

22) C. Müller, A. Bauer, T. Bach, Angew.

Chem. 2009, 121, 6767–6769.

23) B. Bajtos, B. L. Pagenkopf, Eur. J. Org.

Chem. 2009, 1072–1077.

24) K. C. Nicolaou, J. Becker, Y. H. Lim,

A. Lemire, T. Neubauer, A. Montero, J. Am.

Chem. Soc. 2009, 131, 14812–14826.

25) T. Magauer, H. J. Martin, J. Mulzer,

Angew. Chem. 2009, 121, 6148–6152.

N

O

O

Me

Me

h ( > 280 nm)(MeCN)

(15) (16)

N

NOMeMe

Me

O

O

78%MeON

Abb. 10. Formale intramolekulare [5+2]-Photocycloaddition des Phthalimids (15).

NH

O

Oh ( = 366 nm)

(PhCF3) NH

O

O

69%, 91% ee

NHO

N

O

O

O

(17) (19)

(18)

H

h ( = 254 nm)(EtOH, H2O)

(20) (21)

85%

NH

NO

Cl

NH

N

O

3

Abb. 11. Enantioselektive, sensibilisierte [2+2]-Photocycloaddition des Chinolons (17).

Abb. 12. Chloracetamid-Cyclisierung in der Synthese des Quebrachamins.

�Magazin� Organische Chemie 270

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Page 5: Organische Chemie 2009

Heterocyclen

� Wie schon 2008 war auch im letzten Jahr der Aufbau des Oxindol-gerüsts, das als Substruktur in zahl-reichen biologisch aktiven Verbin-dungen vorkommt, von besonderer Bedeutung. So wurde eine auxiliar-gestützte Synthese von 3-Alkyl-3-aryloxindolen in ausgezeichneten Ausbeuten und guter bis sehr guter Enantioselektivität entwickelt. Sie basiert auf einer Sequenz aus nucleo philer Addition eines N-Phe-nylnitrons und anschließender He-tero-Claisen-Umlagerung (Abbil-dung 13).26)

2-(Alkynyl)arylisocyanate und Amide oder Boronsäuren eignen sich als treffliche Substrate für Pd-katalysierte stereoselektive Cycli-sierungen27) zu 3-Alkylidenindo-lin-2-onen (Abbildung 14). Mit FeCl3 gelingt die stöchiometrische Cyclisierung zu chlorsubstituierten 3-Arylidenindolin-2-onen, die ste-reokonvergent in 3-(Aminoalkyli-den)oxindole transformiert werden können.28)

In einer konsekutiven sequenziell Pd-katalysierten Dreikomponenten-reaktion wurde aus Arylbromiden, N-Alkylpropiolamiden und Arylio-diden auf elegante Weise 3-(Diaryl-methylen)oxindolen synthetisiert. Es kommt dabei zu einer Folge aus N-Arylierung, Carbopalladierung und C-H-Funktionalisierung (Abbil-dung 15).29)

Die Cu-katalysierte Dreikom-ponenten-Kupplungs-Cyclisie-rungs-Sequenz von Ethinylanilin, Aldehyden und sekundären Aminen (Aminoalkohole oder Aminosäu-reester) führt unter basischen (Ami-noalkohole) oder sauren (Amino-säureester) Bedingungen zu 1,2,3,4-Tetrahydro-b-carbolinen in mittleren bis guten Ausbeuten (Ab-bildung 16, S. 272).30)

Eine Pseudo-Siebenkomponen-ten-Reaktion aus einem Trialkin, ei-nem diformylierten Azid und (1R,2R)-1,2-Diaminocyclohexan bil-det in einer Folge aus Click-Reaktio-nen und Iminkondensationen einen halbkugelförmigen Käfig mit C3-Symmetrie und hoher Komple-

Abb. 13. 3-Alkyl-3-aryloxindole durch eine asymmetrische Hetero-Claisen-Umlagerung.

Abb. 14. Pd-katalysierte und FeCl3-vermittelte Synthesen von 3-(Alkyliden)oxindolen.

Abb. 15. Sequenziell Pd-katalysierte Dreikomponentensynthese von 3-(Diarylmethylen)oxindolen.

Organische Chemie �Magazin� 271

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N+

THF, -78 °C, 3 hdann: wäss. NH4Cl

NH

O

9 Beispiele 78-91 %78-90 % ee

RArylO-

HN

O

Boc

RO

Aryl

+

O

HN

O

Boc

78-87 %

N+ O

HN

O

Boc

O-

ArylR

via [3,3]-sigmatropeUmlagerung

FeCl3 (1.5 Äquiv)CH2Cl2, rt

24 Beispiele 44-99%

R1

N C O

R2

5 mol % Pd(PPh3)4THF, 50 °C, 12 h

R2

NH

O

R1

R2

NH

O

R1

26 Beispiele 48-99%

R2

NH

O

R1

11 Beispiele 54-99%

NR4

R3

R5

Cl

15 Beispiele 77-99%

R2

NH

O

R1

NR4

R3

R3R4NH 1 mol % Pd2(dba)3 · CHCl32 Mol-% dppf

Toluol, 100 °C, 3-12 h

R5B(OH)2

R3R4NH

EtOH, 150 °C (MW)0.3-1.3 h

Br

R2

R2

NO

Aryl'

8 Beispiele 32-67 %E/Z = 1:1-1:4

Aryl

5 mol % Pd(OAc)23 mol % XantphosCs2CO3 (3 Äquiv)

Dioxan, 100 °C, 6 h

Aryl

HN O

R1

R2

N O

R1

R2

AryI'-I, DMF110 °C, 15 h

R1

Page 6: Organische Chemie 2009

xierungsneigung für Ni(II)-Ionen (Abbildung 17).31)

Thomas J. J. Müller

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

[email protected]

26) N. Duguet, A. M. Z. Slawin, A. D. Smith,

Org. Lett. 2009, 11, 3858–3861.

27) a) T. Miura, T. Toyoshima, Y. Takahashi, M.

Murakami, Org. Lett. 2009, 11,

2141–2143. b) T. Miura, T. Toyoshima, Y.

Takahashi, M. Murakami, Org. Lett. 2008,

10, 4887–4889.

28) G. Cantagrel, B. de Carné-Carnavalet, C.

Meyer, J. Cossy, Org. Lett. 2009, 11,

4262–4265.

29) A. Pinto, L. Neuville, J. Zhu, Tetrahedron

Lett. 2009, 50, 3602–3605.

30) Y. Ohta, S. Oishi, N. Fujii, H. Ohno, Org.

Lett. 2009, 11, 1979–1982.

31) V. Steinmetz, F. Couty, O. R. P. David,

Chem. Commun. 2009, 343–345.

Tetrapyrrole

� Normalerweise versuchen Che-miker, Porphyrine als farbenreiche Chromophore zu verwenden. Hier-zu wird oft das p-System entweder durch Einführung chromophorer Gruppen oder durch Erweiterung mit aromatischen Resten vergrößert, was zu einer Farbvertiefung und Rotverschiebung der Absorptions-banden führt. Typische Beispiele hierfür sind Osukas meso-meso und meso-b-annellierte Porphyrine (22)32) oder Andersons Butadien-verknüpfte Porphyrinpolymere (23).33) Die Ar-beitsgruppe um Kräutler zeigte, dass die Reaktion des b,b-Tetrasulfoleno-porphyrins (24) mit Chinon durch sukzessive Einführung von einem bis zu vier Resten das Tetrachinon-porphyrin (25) liefert (Abbildung 18).34) Dieses Porphyrin hat bemer-kenswerte spektroskopische Eigen-schaften: Es absorbiert Licht in allen Bereichen des sichtbaren Spektrums und ist das erste Beispiel eines mole-kularen, schwarzen Porphyrins mit

ähnlichen Eigenschaften wie nano-skopische p-expandierte Kohlen-stoffsysteme.

Wie dieses Beispiel von Cyclo-additionsreaktionen zeigt, entwickelt sich das Gebiet der Porphyrinfunk-tionalisierung weiter. Ein eher klassi-sches Beispiel ist die Darstellung des ebenfalls langwellig absorbierenden Oxopyridochlorins (26) durch Reak-tion von 3,5-Dibenzoylporphyrinen mit Ammoniumacetat.35) Andere syn-thetische Entwicklungen des letzten Jahres beschäftigten sich meist mit metallkatalysierten Reaktionen, z. B. Heck-, Pauson-Khand-,36) Stille-37) und Suzuki-Reaktionen38) und liefer-ten u. a. Zugänge zu unsymmetrischen, axial-chiralen meso-b-verknüpften Systemen (27) (Abbildung 19).39)

Mathias O. Senge

Trinity College Dublin

[email protected]

32) H. Shinokubo, A. Osuka, Chem. Commun.

2009, 1011-1021.

33) M. Pawlicki, H. A. Collins, R. G. Denning,

H. L. Anderson, Angew. Chem. 2009, 121,

3292–3316.

Abb. 16. Cu-katalysierte Dreikomponenten-Kupplungs-Cyclisierungs-Synthese von 1,2,3,4-Tetrahydro-b-carbolinen.

5 Mol-% CuBrDioxan

80 °C, 0.5-2 h4 Beispiele, 44-75 %

NHR1

R2CHO

NHR5

R3 R4

N

R1

N R5

R4R3

R2

NH

N R5

R2

N

Me

N R5

R4O

8 Beispiele, 29-77 %

t-BuOK, Hexan0 °C-rt, 0.5 h

R1 = SO2ArR3 = CH2OHR4 = H

R1 = MeR2 = HR3 = CO2R

MsOH80 °C, 0.5 h

3

CHOOHC

O

N3

[CuI]CH2Cl2/MeOH

N

NH2

NH2

3

70%

O

NN

O

N

O

NN

N

N NN

N

NN

NNN N

Abb. 17. Cu-katalysierte Pseudo-Siebenkomponenten-Synthese von Halbkugelkäfigen.

�Magazin� Organische Chemie 272

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Page 7: Organische Chemie 2009

34) S. Banala, T. Rühl, P. Sintic, B. Kräutler,

K. Wurst, Angew. Chem. 2009, 121,

607-611.

35) S. Tokuji, Y. Takahashi, H. Shinmori,

H. Shinokubo, A. Osuka, Chem. Commun.

2009, 1028-1030.

36) S. Horn, M. O. Senge, Eur. J. Org. Chem.

2009, 4881-4890.

37) N. N. Sergeeva, A. Scala, M. A. Bakar,

G. O'Riordan, J. O'Brien, G. Grassi,

M. O. Senge, J. Org. Chem. 2009, 74,

7140–7147.

38) S. Horn, B. Cundell, M. O. Senge, Tetrahe-

dron Lett. 2009, 50, 2562-2565.

39) D. C. G. Götz, T. Bruhn, M. O. Senge,

G. Bringmann, J. Org. Chem. 2009, 74,

8005-8020.

Reaktionsmechanismen (ohne metallorganische Chemie)

� Das Phenylradikal (28) ist eine wichtige reaktive Zwischenstufe bei Verbrennungen und in der Chemie des troposphärischen Abbaus aro-matischer Umweltverunreinigun-gen. Aufgrund seiner hohen Reakti-vität beschränken sich Reaktivitäts-studien zumeist auf die Gasphase. Durch Gasphasenpyrolyse von Az-obenzol (29) mit nachfolgendem Ausfrieren in kryogenen Matrizes wurde (28) neben dem unreaktiven N2 gebildet, so dass sich die Reaktio-nen von (28) mit verschiedenen Re-aktionspartnern durch thermisches Aufweichen der Matrizes unter-suchen ließen:40,41) Die Reaktion mit O2 liefert dabei das Phenylperoxy-radikal (30), das photochemisch glatt in das 2-Oxepinoxyradikal (31) umlagert, welches bei längerer Be-strahlung offenkettige Ketene vom Typ (32) bildet. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass das Phenoxyradi-kal (33) in dieser Chemie keine we-sentliche Rolle spielt. Mit Wasser bildet (28) einen p-Komplex (34). Dieser lagert photochemisch unter Wasserstoffverschiebung in (35) um, so dass (28) als Quelle von OH-Radikalen in der Troposphäre in Be-tracht zu ziehen ist (Abbildung 20, S. 274).

Die lange Kontroverse um die Struktur von Triplett-Propinyliden (36), dem einfachsten acetyle-nischen Carben, wurde durch ESR-Untersuchungen verschiedener Iso-topomere zugunsten einer C2-sym-Abb. 19. Meso-beta-Fusionierte Porphyrine (26) und meso-beta verknüpfte Porphyrine.

N N

NN

Ar

Zn

(24)

Ar

ArAr

SO2

SO2O2S

O2S

N N

NN

Ar

Zn

(25)

Ar

ArAr

O

O

O

O O

O

O

OO

O

NH N

HNN

Ar(22)

Ar

NH N

HNN

Ar

Ar

n

NH N

HNN

Ar(23)

Ar

NH N

HNN

Ar

Ar

n

NH N

HNN

Ar

Ar

Ar

N N

NN

Ar

Zn

(26)

Ar

ArN

Ph

PhOH

NH N

HNN

R2

R1

NH N

HNN

Ph

Ph

Ph

(27)

Abb. 18. Konjugierte Oligoporphyrine (22,23) und schwarze Porphyrine (25).

Organische Chemie �Magazin� 273

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Page 8: Organische Chemie 2009

Abb. 20. Bildung und Reaktionen des Phenylradikals (28) in kryogenen Matrizes.

Abb. 21. Struktur von Triplet-Propinyliden (36).

NN

(28)(29)

1) 650 °C2) Ar, 10 K + O2

OO

(30)

h O

O

(31)

+ H2O

h

O

(33)

OO

(32)(34)(35)

h

N2

OH OH2

CCC

HH(36a) C2

C C CHH

CCC HH

(36b) Cs

(36c) D h

C C CH H CCC HHC C CH H

(37)

C CH3C C C C H

> 399 nm

C CH

CHH

C C C H

(38)

H3CC

CC

CC

H

N2> 497 nm > 497 nm

HC

CC

CC

H3C

N2

+ O2

O

C

O

C CC C

HH3C

+= 450 nm > 613 nm O

CC C

C CHH3C

CC C

C CHH3C

O O

O

N2 N2

Abb. 22. Bildung und Reaktionen von Methylpentadienyliden (37) in kryogenen Matrizes.

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�Magazin� Organische Chemie 274

Page 9: Organische Chemie 2009

metrischen Geometrie (36a) ent-schieden. Ein CS-symmetrisches Mo-lekül (36b) konnte dagegen aus-geschlossen und frühere Interpreta-tionen der ESR-Daten, die auf eine axial-symmetrische Struktur (36c) hindeuteten, revidiert werden (Ab-bildung 21).42)

Im Gegensatz zu (36) ist Triplett-Methylpentadienyliden (37) linear gebaut und als Dialkinylcarben an-zusehen, da Reaktionen mit Sauer-stoff bevorzugt an C3 stattfinden.43) Photochemisch lagert (37) unter [1,2]-H-Verschiebung in das Endiin (38) um (Abbildung 22).

Auf dem Weg zu einem konsis-tenten Gesamtbild des komplexen mechanistischen Verlaufs von Sol-volysen wurden im vergangenen Jahr einige Meilensteine genom-men:44,45) Mit der Aminolyse von Benzhydrylbromiden (39) in DMSO gibt es nun ein System, in dem die Geschwindigkeitskon-stante k1 für die Bildung der Car-bokationen (40) ähnlich groß ist wie diejenige für die bimolekulare Substitution (k2). Dagegen sind die konkurrierenden Reaktionswege kN und k' von untergeordneter Be-deutung (Abbildung 23). Durch Korrelation mit bekannten Elek-trophilie- und Nucleophilie-Para-metern lässt sich die Lebensdauer der Kationen (40) und damit der

Wechsel von einem SN1- zu einem SN2-Mechanismus in diesem Sys-tem quantitativ vorhersagen.

Michael Winkler, Universität Würzburg

[email protected]

40) A. Mardyukov, W. Sander, Chem. Eur. J.

2009, 15, 1462–1467.

41) A. Mardyukov, E. Sanchez-Garcia,

R. Crespo-Otero, W. Sander, Angew.

Chem. 2009, 121, 4898–4901.

42) R. A. Seburg, E. V. Patterson,

R. J. McMahon, J. Am. Chem. Soc. 2009,

131, 9442–9455.

43) P. S. Thomas, N. P. Bowling,

R. J. McMahon, J. Am. Chem. Soc. 2009,

131, 8649–8659.

44) T. B. Phan, C. Nolte, S. Kobayashi,

A. R. Ofial, H. Mayr, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 11392–11401.

45) H. Mayr, A. R. Ofial, Pure Appl. Chem.

2009, 81, 667–683.

Green Chemistry

� Die nachhaltige Chemie ist in den vergangenen Jahren von einem Ni-schenbereich zu einem alles durch-dringenden Thema geworden. Im Jahr 2009 kann Green Chemistry da-her nicht mehr auf alternative Lö-sungsmittel oder Biodieselprodukti-on beschränkt bleiben. Insbesondere die Homogenkatalyse schmückt sich – zu Recht – zunehmend mit dem Green-Label: Jacobi von Wangelin und Mitarbeiter trugen in einem Übersichtsartikel zusammen, was sich hier – stellvertretend für viele andere Bereiche – jüngst in der ei-senkatalysierten Kreuzkupplung-schemie getan hat (Abbildung 24).46) Dort ist es sicherlich ein öko-nomisch wie ökologischer Vorteil, vom altgedienten Palladium weg zu kommen.

Interessant ist die Entwicklung, dass inhärent nicht-grüne (da toxi-sche) Reagenzien zunehmend in Richtung Green Chemistry gescho-

Br

X Y(39) X Y

(40)

+

k2 (SN2)

k1 (SN1)

k ' (SN2)

DMSO

RR'NH

HNRR'

X Y

+

X Y

OSMe2+

RR'NH

DMSO

kN

kSolv

NRR'

X Y

OH

X Y

H2O

Abb. 23. Solvolyse- und Aminolysemechanismen von Benzhydrylbromiden (39).

Abb. 24. Eisen-katalysierte Kreuzkupplung als nachhalti-

ge Alternative.46)

R X M R' R R'+MX

"Fe"

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Organische Chemie �Magazin� 275

Page 10: Organische Chemie 2009

ben werden, und zwar unter dem Aspekt, dass von ihnen katalysierte Prozesse immer effektiver und selek-tiver werden. Als Beispiel sei hier die Selenkatalyse genannt.47)

Der zweite große Boombereich im Jahr 2009 war die Energiewirt-schaft der Zukunft, angeschoben durch eine Reihe neuer politischer Finanzierungsinitiativen. Wesentli-che Eckpfeiler sind zum einen die Erzeugung von Wasserstoff und Grundbausteinen für die Synthese-chemie aus nachwachsenden Roh-stoffen48) sowie die Speicherung von Wasserstoff als nachhaltigen Ener-gieträger.49)

Schließlich bewegt sich auch die Polymerchemie in Richtung Nach-haltigkeit. Mecking und Mitarbeiter stellten beispielsweise ein Verfahren vor, in dem Polyester unter Cobalt-katalyse vollständig aus nachwach-senden Rohstoffen herstellbar ist (Abbildung 25).50)

Ralf Giernoth, Universität zu Köln

[email protected]

46) W. M. Czaplik, M. Mayer, J. Cvengroš,

A. Jakobi von Wangelin, ChemSusChem

2009, 2, 396–417.

47) D. M. Freudendahl, S. Santoro,

S. A. Shahzad, C. Santi, T. Wirth, Angew.

Chem. 2009, 121, 8559–8562.

48) T. P. Vispute, G.W. Huber, Green Chem.

2009, 11, 1433–1445.

49) U. Eberle, M. Felderhoff, F. Schüth, Angew.

Chem. 2009, 121, 6732–6757.

50) D. Quinzler, S. Mecking, Chem. Commun.

2009, 5400–5402.

Grund- und Feinchemikalien

� Eisenkatalysierte Aryl-Alkyl-Kreuzkupplung: Eine neue, einfach durchzuführende Eintopfsynthese von Alkylarenen entwickelten von Wangelin und Mitarbeiter.50) In Ge-genwart von billigem FeCl3 (5 Mol-%) als Präkatalysator und stöchiometri-schen Mengen von Magnesium und N,N,N',N'-Tetramethylethylendiamin (TMEDA) gelingt die Kupplung von Arylhalogeniden (41) mit Halogen-alkylverbindungen (42) in guten Aus-beuten (Abbildung 26). Chloride lie-fern in der Regel schlechtere Ausbeu-ten an Kupplungsprodukt (43) als die entsprechenden Bromide, auch halo-genierte Heteroaromaten und Alken-ylhalogenide sind geeignete Substrate.

Aldehydselektive Wacker-Oxida-tion: Während normalerweise bei der Wacker-Oxidation von termina-len Doppelbindungen Methylketone entstehen, zeigten Feringa und Mit-arbeiter,52) dass phthalimidgeschütz-te Allylamine (44) zu Aldehyden (45) oxidiert werden. Unter optima-len Reaktionsbedingungen sind die Ketone (46) nicht nachweisbar (Ab-bildung 27). Aus optisch aktiven Al-lylaminen (54) sind über diese neu-artige Wacker-Oxidation homochi-rale b-Aminoalkohole und b-Ami-nosäuren zugänglich.

Einen neuen Weg auf der Suche nach einem der Heiligen Grale der Katalyseforschung – der Direktoxida-tion von Propen (47) zu Propenoxid (48) – schlagen Haruta und Mitarbei-

OH O"Co"CO

O

7 8 n

Abb. 25. Polyester-Synthese, die vollständig auf nachwachsenden

Rohstoffen basiert.50)

Abb. 27. Aldehydselektive Wacker-Oxidation.

Abb. 28. Direktoxidation von Propen.

+ R'-Y

(41) (42) (43)

FeCl3 (5 Mol-%)Mg (1 Äq.)TMEDA (bis 1,2 Äq.)

THF od. 2-Methyl-THF0 °C

Beispiel:

X

Ausb.: 65%

R

(X= Cl, Br) (Y= Cl, Br)

R'

R

Ausb.: bis 80%

Br

MeO+

Br

MeO

PdCl2 (10 Mol-%)CuCl (1 Äq.)O2

R

N OODMF / H2O

(54)>99

R

N OO

O

+

R

N OO

O

(56)(55)<1

O2 / H2O200 °C

Selektivität: bis 57%O

O

Ti

HAu-Cluster

O

(47) (48)

Abb. 26. FeCl3-katalysierte Kreuzkupplung von Arylhalogeniden mit Halogenalkanen.

�Magazin� Organische Chemie 276

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Page 11: Organische Chemie 2009

ter53) ein: Goldcluster, die auf einem basisch behandelten Titanosilicaliten (TS-1) abgeschieden wurden, kataly-sieren die gewünschte Reaktion (Ab-bildung 28). Die Autoren nehmen an, dass das Gold den Sauerstoff zu-nächst unter Bildung eines Au-Hy-droperoxids aktiviert, letzteres nach Übertragung auf das Titan eine Titan-hydroperoxidspezies ausbildet, aus der dann die Epoxidierung erfolgt. Der Ansatz ist beachtenswert, wenn-gleich Selektivität und Umsatz noch der Optimierung bedürfen [s. Trend-bericht Technische Chemie, S. 351].

Optisch aktive Amine durch asymmetrische Hydrierung von Imi-nen: Trotz völligem Verzicht auf N-Schutzgruppen gelingt die asym-metrische Hydrierung von Ketoimin-Hydrochloriden (51).54) Diese er-staunlich stabilen Verbindungen sind durch Addition von Organometall-

verbindungen (50) an Nitrile (49) und nachfolgende Fällung mit tro-ckener HCl zugänglich; Ir-katalysier-te Hydrierung in Gegenwart eines chiralen Ferrocenyl-Diphosphins ((S,S)-f-Binaphane) liefert die Hydro-chloride optisch aktiver Amine (52) in guten Ausbeuten und hohen opti-schen Reinheiten (Abbildung 29).

Klaus Ditrich, BASF

[email protected]

51) W. M. Czaplik, M. Mayer,

A. Jakobi von Wangelin, Angew. Chem.

2009, 121, 616 – 620.

52) B. Weiner, A. Baeza, T. Jerphagnon,

B. L. Feringa, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131,

9473 – 9474.

53) J. Huang, T. Akita, J. Faye, T. Fujitani,

T. Takei, M. Haruta, Ji, Angew. Chem.

2009, 121, 8002 – 8006.

54) G. Hou, F. Gosselin, W. Li, J. C. McWilliams,

Y. Sun, M. Weisel, P. D. O’Shea, C. Chen,

I. W. Davies, X. Zhang, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 9882 – 9883.

Abb. 29. Asymmetrische Hydrierung von Iminen.

R

NH

R'

MeO

CN

MeO

N+HH

Cl-

MeO

N+HH

H

Cl-

Cl-

RCN

R

N+

R'

HH

Cl-

H

R

H+N

R'

H

CH3-Li

FeP

P

+R'-MgXod.R'-Li

(49) (50)

1) THF od. MTBE2) MeOH

Beispiel:

Ausb.: 95%ee: 93%

+

(S,S)-f-Binaphane

HClin Et2O

(51) (52)

[Ir(COD)Cl]2 (2,5 Mol-%)(S,S)-f-Binaphane (5 Mol-%)

MeOH/CH2Cl2 (2:1)10 bar H220 h, RT

[Ir(COD)Cl]2(S,S)-f-Binaphane

MeOH/CH2Cl2 (2:1)H2

Organische Chemie �Magazin� 277

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Page 12: Organische Chemie 2009

Metallfreie Synthesemethoden

� Durch geschickte Verknüpfung zweier etablierter Katalysen, näm-lich der asymmetrischen Enaminka-talyse und der Photoredoxkatalyse, erschloss MacMillan eine neue Fa-cette der Organokatalyse: die Photo-redoxorganokatalyse.55) Das Prinzip beruht auf der Reaktion eines alther-gebrachten elektronenreichen En -amins (aus der Organokatalyse) mit einem elektronenarmen Alkylradi-kal (aus der Photoredoxkatalyse). Mit diesem Verfahren wurden erst-mals enantioselektive a-Alkylierun-gen55) und a-Perfluoralkylierun-gen56) von Aldehyden verwirklicht ((53)→(55)) mit (56) als Organoka-talysator, Abbildung 30a). Die Pho-toredoxkatalyse greift in zweifacher Weise in die Organokatalyse ein (Abbildung 30b):55,56) Nach photo-chemischer Anregung des Photore-doxkatalysators mit einer handels-üblichen Glühbirne ((57+)→(*57+)) wirkt dieser zunächst als Oxidati-onsmittel ((*57+)→(57) durch Reak-tion mit einem intermediär gebilde-ten a-Aminoradikal) und dann als Reduktionsmittel ((57)→(57+) mit dem Alkylhalogenid (54)).

Eine Arbeit von Zhang und Ying zur metallfreien Reduktion von Kohlendioxid zu Methanol sorgte für beträchtliches Aufsehen (Abbil-dung 31):57) Als Katalysator ist le-diglich das herkömmliche (carbox-ylierte) N-heterocyclische Carben (58) nötig, stöchiometrische Men-gen eines Silans dienen als Redukti-onsmittel. Der Schritt vom Silan zur erheblich attraktiveren Hydrid-Quelle Wasserstoff bleibt abzuwar-ten. Martin Oestreich, Universität Münster

[email protected]

55) D. A. Nicewicz, D. W. C. MacMillan,

Science 2008, 322, 77–80.

56) D. A. Nagib, M. E. Scott,

D. W. C. MacMillan, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 10875–10877.

57) S. N. Riduan, Y. Zhang, J. Y. Ying, Angew.

Chem. 2009, 121, 3372–3375.

(53)

b)

a)OO

R1I

F F

R2

R1

F F

R2H H

(54) (55)

(56) (20 Mol-%)(57 ) (0,50 Mol-%)

Fluoreszenzlicht

2,6-LutidinDMF20°C

+

N

NH

O Me

Me tBu

·TFA

Organokatalysator(56)

IrN

N

tBu

tBu

N

N

Photoredoxkatalysator[Ir(ppy)2(dtb-bpy)] PF6

(57 ) PF6

PF6-

R1 = terminalfunktionalisierte

Alkylketten

R2 = F, CF3,(CF2)2CF3, C6F5,OCF3, Br, CO2Et

90-99% ee61-89%

[Ir(ppy)2(dtb-bpy)](57 )

Katalysator

*[Ir(ppy)2(dtb-bpy)](*57 )

Oxidationsmittel

[Ir(ppy)2(dtb-bpy)](57)

Reduktionsmittel

h·Bestrahlung

mitFluoreszenzlicht

SETauf das

Alkylhalogenid

SETaus dem

Organokatalysecyclus

e

e

(58) (5,0 Mol-%bezogen auf Silan)

DMFRT

+

IMes CO2(58)

3,0 Äquiv. nach alkalischerHydrolyse

N NMe

Me Me

Me

Me MeO O

CO2 Ph2SiH2 MeOH

~90%(bezogen auf Silan)

Abb. 30. Photo redoxorgano katalyse nach MacMillan:55,56) a) a-Perfluoralkylierung von

Aldehyden.56) b) Photoredoxkatalysecyclus (SET = Einelektronenübertragung).55,56)

Abb. 31. Organokatalytische Reduktion von Kohlendioxid zu Methanol nach Zhang und Ying.57)

�Magazin� Organische Chemie 278

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Page 13: Organische Chemie 2009

Metallorganik: Strukturen und Mechanismen

� Der Wunsch nach einer allgemein anwendbaren, kontrollierten C-H- Funk tionalisierungsreaktion be-schäftigt Chemiker seit Jahrzehnten. Methan ist das industriell wichtigs-te, aber auch das schwierigste Sub-strat. Der Gruppe um Brookhart ge-lang erstmals die Charakterisierung eines �-Methankomplexes in Lö-sung.58) Hierfür protonierte sie ei-nen Methylrhodiumkomplex bei –110 °C und detektierte ihn NMR-spektroskopisch. Die freie Aktivie-rungsenthalpie der Methandissozia-tion beträgt 60,7 ± 1,7 kJ·mol–1 (14,5 ± 0,4 kJ·mol–1). Elektronisch nahe verwandte Platin(II)-Methan-komplexe werden als Intermediate in den intensiv untersuchten Shilov-Periana-Methanoxidationen ver-mutet (Abbildung 32).

Schüth und Mitarbeiter koordinier-ten Platin(II)chlorid an ein triazinba-siertes Polymer (covalent triazine-ba-sed framework, CTF) und setzten mit diesem thermostabilen, recyclierbaren Katalysator in Oleum bei 215 °C inner-halb von 2,5 Stunden Methan mit SO3 zu Methanol und SO2 um (TON > 200) (Abbildung 33).59)

100 Jahre nach der Entwicklung des Haber-Bosch-Verfahrens zur Ammoniaksynthese aus den Ele-menten60) rücken katalytische Ver-fahren zum direkten N2-Einbau in organische Produkte in den Fokus: Mononukleare Molybdänkomplexe [Mo]-N2, [Mo]-N=NEt, [Mo]≡N und [Mo]-NEt2 werden bei Raumtem-peratur durch Cp*

2Cr / Et3O+ B(ArF)4

– reduziert bzw. alkyliert.61) Dagegen oxidierte Et3O

+ die Intermediate [Mo]=N-NEt2 und [Mo]=NEt, so dass die angestrebte katalytische Umsetzung von N2 zu NEt3 nicht zu beobachten war.

Die Arbeitsgruppe um Sanford untersuchte den Mechanismus der palladiumkatalysierten CH-Aktivie-rung/Phenylierung an donorsubsti-tuierten Arenen mit Diaryliodoni-umsalzen.62) Die Reaktion folgt ei-nem Geschwindigkeitsgesetz zwei-ter Ordnung bezüglich des Palladi-umkomplexes (59), erster Ordnung

bezüglich des Iodoniumsalzes (60) und invers dritter Ordnung bezüg-lich des Substrats (62). Zusammen mit einem intermolekularen primä-ren kinetischen Isotopeneffekt kH/kD = 1 lässt dies auf einen geschwin-digkeitslimitierenden Phenylkation-transfer von [Mes-I-Ph]+ auf einen dinuklearen Palladium(II)komplex zum Kation (61) schließen, das schließlich reduktiv das Produkt (63) eliminiert (Abbildung 34).

Bernd F. Straub, Universität Heidelberg

[email protected]

58) W. H. Bernskoetter, C. K. Schauer,

K. I. Goldberg, M. Brookhart, Science

2009, 326, 553–556.

59) R. Palkovits, M. Antonietti, P. Kuhn,

A. Thomas, F. Schüth, Angew. Chem.

2009, 121, 7042–7045.

60) www.ammoniaksynthese.de (Heraus-

geber BASF)

61) T. Kupfer, R. R. Schrock, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 12829–12837.

62) N. R. Deprez, M. Sanford, J. Am. Chem.

Soc. 2009, 131, 11234–11241.

Abb. 32. Charakterisierung eines Methan-Rhodiumkomplexes

tBu2

N Rh

P

PO

O

CH3 N Rh

P

PO

OH

HC

H

H

B(ArF)4tBu2 tBu2

tBu2

CDCl2F-110 °C

(1H) = -0,86 (br. d, 1JRhH = 6,3 Hz)(13C, H-gekoppelt) = -41,7 (q, 1JCH = 124 Hz)

(1H) = 0,72 (td, 3JPH = 5,5 Hz, 2JRhH = 2,3 Hz)(13C) = -21,8 (dt, 1JRhC = 25 Hz, 2JPC = 11 Hz)

H(OEt2)2[B{C6H3(CF3)2}4]

Mo

N

NNArAr

N

ArN

NEtEt

i-Pr

i-Pr

i-Pri-Pr

i-Pr

i-Pr

N

N

N

N

N

N

NN

N

NN

N

Pt PtCl

Cl

NN

NNPtCl

Cl

Cl

Cl

Et3O

Ar =

NEt3 oderNEt4

N

NPd

PdCH3

H3C

H3C O

OO

CH3O

Ph

N

CH3

BF4

BF4

N

CH3

CH3

Mes

I

N

Ph

N

Pd

N

H3COAc

H3C

- MesI2

+ 3+

AcOH80 °C

(59)

(60)

(61)

(62)

(63)

Abb. 34. Substrate und Katalysator-Ruhezustand sowie aktives Intermediat einer C-C-Kupplungsreaktion.

Abb. 33. Wiederverwendbarer Platinkatalysator zur Methanaktivierung (links), Herausforderung einer direkten

Aminsynthese aus N2 (rechts).

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Organische Chemie �Magazin� 279

Page 14: Organische Chemie 2009

weiterer Salze (LiCl) beeinflusst wird.66) Durch direkte ESI der Reak-tionslösungen ließ sich der Mecha-nismus der C-C-Verknüpfung durch Organokatalyse in der Morita-Baylis-Hillman-Reaktion online verfolgen und die reaktiven Zwischenstufen charakterisieren.67) ESI-MS wird im-mer mehr zum Werkzeug für die Aufklärung von Reaktionsmechanis-men in kondensierter Phase.68–70

Fortschritte gab es auch bei der quantitativen Korrelationen zwi-schen ESI-Massenspektren und der Situation in Lösung71,72) sowie von DESI-MS und Festkörper.73) Aller-dings muss die allgemeine Übertrag-barkeit dieser Befunde noch erprobt werden.

Die im letzten Jahr inspirierendste Arbeit bei rein organischen Systemen war die Untersuchung des Weltraum-spaziergangs eines Kronenethers auf der Oberfläche eines Polyamin-Den-drimers74) – wenn auch mit dem Schönheitsfehler eines vermeidbaren Korrigendums behaftet.75)

Bei der Molekülanalytik wurden neue Perspektiven für hochselektive Methoden unter Verwendung von Vakuum-UV oder Protonentransfer-Massenspektrometrie gezeigt.76,77) Dabei werden immer größere Emp-findlichkeiten für organische Spu-renstoffe erreicht.

Detlef Schröder, Institute of Organic

Chemistry and Biochemistry, Prag

[email protected]

63) N. Na, Y. Xia, Z. Zhu, X. Zhang, R. G. Cooks,

Angew. Chem. 2009, 121, 2051–2053.

64) M. M. Meyer, G. N. Khairallah, S. R. Kass,

R. A. J. O'Hair, Angew. Chem. 2009, 121,

2978–2980.

Massenspektrometrie in der organischen Chemie

� Zurück zu den Grundlagen der organischen Chemie ging im letzten Jahr eine Untersuchung von Na et al. zur Birch-Reduktion von Benzol in einem Niedertemperaturplasma.63) Dabei kommt Oberflächenreaktio-nen eine entscheidende Rolle zu. Derartige Plasmaverfahren bieten Perspektiven für Anwendungen, die von der Abgasreinigung bis zur Syn-these reichen.

Erstmals war 2009 auch das Di -anion der Essigsäure in Form des lit-hiierten Ions –CH2COOLi charakte-risierbar. Bemerkenswert dabei ist, dass diese in kondensierter Phase extrem hydrolyseempfindliche Spe-zies mit Elektrosprayionisation (ESI) von Dilithiummalonat und nachfolgender Stoßaktivierung (Ver-lust von CO2) direkt aus wässriger Lösung erzeugt wurde (Abbil-dung 35).64) Mit Hexafluorbenzol er-folgt eine nukleophile aromatische Substitution unter Verlust von neu-tralem LiF und Bildung von tran-sientem C6F5CH2COO–, das rasch zum Pentafluorbenzylanion C6F5CH2

– decarboxyliert. Mit einem ähnlichen Ansatz ge-

lang es O'Hair und Mitarbeitern auch die zweikernigen Organo-metallate CH3Cu2

+, CH3CuAg+ und CH3Ag2

+ zu erzeugen und anschlie-ßend deren C-C-Verknüpfungsreak-tionen zu verfolgen.65) Organozinka-te lassen sich direkt aus wasserfreier Lösung nachweisen, wobei die Bil-dung von Clustern sehr ausgeprägt ist und zudem von der Gegenwart

Abb. 35. Erzeugung des formalen Dianions der Essigsäure (als - CH2COOLi) durch ESI einer

protischen Lösung von Lithiummalonat und C-C-Verknüpfung mit Hexafluorbenzol.

65) G. N. Khairallah, T. Waters, R. A. J. O'Hair,

Dalton Trans. 2009, 2832–2836.

66) K. Koszinowski, P. Boehrer, Organometall-

ics 2009, 28, 771–779.

67) G. W. Amarante, H. M. S. Milagre,

B. G. Vaz, B. R. V. Ferreira, M. N. Eberlin,

F. Coelho, J. Org. Chem. 2009, 74,

3031–3037.

68) W. Schrader, P. P. Handayani, J. Zhou,

B. List, Angew. Chem. 2009, 121,

1491–1494.

69) J. Šrogl, J. Hyvl, A. Révész, D. Schröder,

Chem. Commun. 2009, 3463–3465.

70) R. Thota, D. Lesage, Y. Gimbert,

L. Giordano, S. Humbel, A. Milet,

G. Buono, J.-C. Tabet, Organometallics

2009, 28, 2735–2743.

71) S. H. Toma, A. D. P. Alexiou, H. E. Toma,

K. Araki, M. N. Eberlin, J. Mass Spectrom.

2009, 44, 361–367.

72) N. G. Tsierkezos, J. Roithová, D. Schröder,

M. Ončák, P. Slavíček, Inorg. Chem. 2009,

48, 6287–6296.

73) Y. Xie, L.-F. He, S.-C. Lin, H.-F. Su, S.-Y. Xie,

R.-B. Huang, L.-S. Zheng, J. Am. Soc. Mass

Spectrom. 2009, 20, 2087--2092.

74) H. D. F. Winkler, D. P. Weimann,

A. Springer, C. A. Schalley, Angew. Chem.

2009, 121, 7382–7386.

75) H. D. F. Winkler, D. P. Weimann,

A. Springer, C. A. Schalley, Angew. Chem.

2009, 121, 8313.

76) L. Hanley, R. Zimmermann, Anal. Chem.

2009, 81, 4174–4182.

77) R. S. Blake, P. S. Monks, A. M. Ellis, Chem.

Rev. 2009, 109, 861–896.

NMR-Spektroskopie

� Ein Durchbruch bei der Steige-rung der NMR-Signalempfindlich-keit gelang durch Hyperpolarisati-onstransfer von para-Wasserstoff (para-H2). Bisher war para-H2 nur in direkten Hydrierungen einsetzbar, deren Produkte dann im Picomol-bereich mit einem einzigen Scan nachgewiesen werden konnten. Nun gelang es erstmals durch reversible Assoziation von Liganden und pa-ra-H2 an einen Iridiumkomplex, [Ir(H)2(PCy3)(Substrat)3][BF4], im Erdmagnetfeld einen Hyperpolarisa-tionstransfer auf den Liganden zu er-zielen (Abbildung 36).78) Nachfol-gende NMR-Messungen an den Sub-straten Pyridin und Nikotinamid zeigen bis zu 550-fache (1H) und 823-fache (13C) Signalverstärkun-gen, was Messzeitreduktionen bis zum Faktor 670 000 entspricht. Inte-ressant ist das Potenzial, dieses Kon-zept auch auf andere Liganden und

�Magazin� Organische Chemie 280

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Page 15: Organische Chemie 2009

Metalltemplate auszuweiten; außer-dem lässt sich der Polarisations-transfer einfach wiederholen.

Bei den NMR-Techniken zur Auf-klärung von Reaktionsmechanismen ist die Echtzeit-Beobachtung von or-ganischen Reaktionen mit Ultra-Fast-TOCSY-Spektren sehr vielverspre-chend.79) Dabei wurde eine von Fryd-man et al. entwickelte Technik,80) bei der die Information eines zweidimen-sionalen Spektrums in einem ein-zigen Scan kondensiert wird, zur Be-obachtung des Reaktionsmechanis-mus einer Eintopf-Synthese von Pyri-midinen eingesetzt. In nur 88 Minu-ten wurden 525 TOCSY-Spektren aufgenommen und alle postulierten Intermediate identifiziert.

Ruth Gschwind, Universität Regensburg

ruth.gschwind@

chemie.uni-regensburg.de

78) R. W. Adams, J. A. Aguilar, K. D. Atkinson,

M. J. Cowley, P. I. P. Elliott, S. B. Duckett,

G. G. R. Green, I. G. Khazal,

J. López-Serrano, D. C. Williamson,

Science, 2009, 323, 1708.

79) A. Herrera, E. Fernández-Valle,

R. Martínez-Álvarez, D. Molero,

Z. D. Pardo, E. Sáez, M. Gal, Angew. Chem.

2009, 121, 6392.

80) L. Frydman, T. Scherf, A. Lupulescu,

Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2002, 99,

15858.

Computational Organic Chemistry

� Chemische Reaktionsgleichun-gen mit ausgeglichenen Bindungs-typen und Hybridisierungen wer-den häufig benutzt, um thermoche-mische Daten abzuschätzen, vor al-lem dann, wenn es sich um große (evtl. nur näherungsweise bere-chenbare) Moleküle handelt. Ob-wohl dieser Ansatz sehr gut funk-tioniert, waren die Gleichungs-typen (isodesmisch, homodesmo-tisch, isogyrisch usw.) bisher schlecht definiert. Dies korrigierte eine Arbeit, die zeigte, dass sich z. B. Bindungsdissoziationsenergien routinemäßig mit einer Genau-

igkeit von 0,5 kcal·mol–1 bestim-men lassen.81)

Die Definition einer bindenden Wechselwirkung selbst kann schon schwierig sein, wie am Beispiel der H-H-Wechselwirkungen an ein-fachen Systemen (wie (64)) gezeigt wurde. Während die Atoms-in-mo-lecules(AIM)-Theorie den Wasser-stoffatomen in der 4- und 5-Position eine bindende Wechselwirkung zu-ordnet, zeigt eine theoretische und experimentelle Analyse (per Deute-rierung und IR- u. Ramanspektro-skopie), dass die Wechselwirkung wie erwartet abstoßend ist.82) Gleichwohl ist ein als hexakoordi-niert bezeichnetes Kohlenstoffatom (wie in (65)) der gleichen fehlerhaf-ten Analyse zuzuordnen,83) so dass Schemata zur Energieaufteilung grundsätzlich mit Vorsicht ange-wandt werden sollten (Abbil-dung 37).

Attraktive Dispersions- sowie Coulomb-Wechselwirkungen kön-nen Z-Olefine favorisieren, wie für 1-substiuierte Propene (z. B. (66)) gezeigt wurde;84) ähnliches gilt für Metall-Metall-Wechselwirkungen in Koordinationsverbindungen.85)

Ein bekannter, aber relativ wenig beachteter Bindungstyp scheint sich dagegen zu etablieren: die Bindung von Halogenen an Lewis-basische Zentren.86) Diese Wechselwirkung kommt durch ein �-Loch entlang der Achse der C-Hal-Bindung zu-stande87) und verhält sich also an-ders als ähnlich schwache Wasser-stoffbrücken.

Peter R. Schreiner,

Justus-Liebig-Universität Gießen

[email protected]

Abb. 36. a) Konzept der NMR-SABRE-Methode (signal amplification by reversible exchange):

durch reversible Bindung von para-H2 und Liganden an einen Übergangsmetallkomplex er-

folgt im Erdmagnetfeld Hyperpolarisationstransfer auf die Liganden; b) 1H-Ein-Scan-Spek-

tren von 6 nmol Pyridin: blau Kontrollspektrum 128-fach vergrößert, rot nach Polarisations-

transfer, die negativen Signale sind am einfachsten als Emission anzusehen; c) analoges 13C-Spektrum.78)

Abb. 37. Ungewöhnliche Bindungssituationen: eine vermeintliche H-H-Wechselwirkung in

Phenanthren (64), sechsfach koordinierter Kohlenstoff im Allen (65) und die energetische

Z-Präferenz in (66).

C

H H

(64)

S

S

Me

Me

OO

OO

MeMe

MeMe

(65)?

?F

HH

Me

(66)

Organische Chemie �Magazin� 281

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Page 16: Organische Chemie 2009

81) S. E. Wheeler, K. N. Houk, P. v. R. Schleyer,

W. D. Allen, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131,

2547–2560.

82) S. Grimme, C. Mück-Lichtenfeld, G. Erker,

G. Kehr, H. D. Wang, H. Beckers, H. Willner,

Angew. Chem. 2009, 121, 2629–2633.

83) T. Yamaguchi, Y. Yamamoto, D. Kinoshita,

K.-y. Akiba, Y. Zhang, C. A. Reed, D. Hashi-

zume, F. Iwasaki, J. Am. Chem. Soc. 2008,

130, 6894–6895.

84) K. B. Wiberg, Y. G. Wang, G. A. Petersson,

W. F. Bailey, J. Chem. Theory Comput.

2009, 5, 1033–1037.

85) T. Schwabe, S. Grimme, J. P. Djukic, J. Am.

Chem. Soc. 2009, 131, 14156–14157.

86) A. R. Voth, P. Khuu, K. Oishi, P. S. Ho,

Nat. Chem. 2009, 1, 74–79.

87) T. Clark, M. Hennemann, J. S. Murray,

P. Politzer, J. Mol. Mod. 2005, 13,

291–296.

Festphasensynthese

� Die wichtigsten methodischen Fortschritte bei der organischen Synthese an der festen Phase im letz-ten Jahr umfassen eine spurenlose Umsetzung von Phosphoranylide-nen mit Aziden zu Triazol-cis-Pep-tidmimetika,88) die On-bead-Nitrie-rung von Phenolen,89) die Synthese von Pyridinen mit 6p-Azaelektro -

cyclisierung90) sowie die Bildung von Chinolonen durch Witkop-Winterfeldt-Oxidation.91)

Außerdem ragten Beispiele für die Synthese von Naturstoffbiblio-theken heraus, darunter die Synthe-se von Argiotoxin 636 (67), einem selektiven iGluR-Antagonisten,92)

die Synthese von Aristogin-Natur-stoffen (68) durch Cu-vermittelte Diaryletherbildung93) und die Syn-these von cis-1,2-Dehydrodecalinen (69) mit Cu-katalysierter allylischer SN2'-Substitution.94)

Nützlich könnte ein neues Färbe-reagenz sein, das einen rückstands-freien, kolorimetrischen Nachweis von Thiolen und Aminen auf Beads ermöglicht.95) Blackwell berichtete über die Macroarray-Synthese einer Bibliothek von Homoserinlactonen und ihre On-support-Unter-suchung auf Quorum-Sensing-Akti-vität.96) Ein nützliches neues Rea-genz für die Flow-Synthese mit ge-trägerten Reagenzien ist immobili-siertes Sila phenylquecksilbertriflat (70) zur Cycloisomerisierung von Alkinen.97)

Sehr lesenswert ist ein Vergleich verschiedener Scavenger-Harze zur Entfernung von Übergangsmetallen aus Reaktionsmischungen (Abbil-dung 38).98)

Rolf Breinbauer

Technische Universität Graz

[email protected]

88) Ahsanullah, P. Schmieder, R. Kühne,

J. Rademann, Angew. Chem. 2009, 121,

5143-5147.

89) D. Koley, O. C. Colon, S. N. Savinov,

Org. Lett. 2009, 11, 4172-4175.

90) T. Sakaguchi, T. Kobayashi, S. Hatano,

H. Tsuchikawa, K. Fukase, K. Tanaka,

S. Katsaumura, Chem. Asian. J. 2009, 4,

1537-1577.

91) M. Mentel, A. M. Schmidt, M. Gorray,

P. Eilbracht, R. Breinbauer, Angew. Chem.

2009, 121, 5955-5958.

92) J. K. Nelson, S. O. Frolund, D. B. Tikhonov,

A. S. Kristensen, K. Stromgaard, Angew.

Chem. 2009, 121, 3133-3137.

93) N. Jung, S. Bräse, Eur. J. Org. Chem. 2009,

4494-4502.

94) M. Yoshida, C. Hedberg, M. Kaiser,

H. Waldmann, Chem. Commun. 2009,

2926-2928.

95) S. J. Yang, X. Z. Tian, I. Shin, Org. Lett.

2009, 11, 3438-3441.

96) T. Praneenararat, G. D. Geske, H. E. Blackwell,

Org. Lett. 2009, 11, 4600-4603.

97) H. Yamamoto, I. Sasaki, Y. Hirai,

K. Namba, H. Imagawa, M. Nishizawa,

Angew. Chem. 2009, 121, 1270-1273.

98) D. Barbaras, J. Brozio, I. Johannsen, T. All-

mendinger, Org. Proc. Res. Dev. 2009, 13,

1068-1079.

Peptide

� In Mikroorganismen und Pflanzen werden immer mehr cyclische Peptide und Proteine entdeckt, die ribosomal synthetisiert und anschließend unter Bildung einer Peptidbindung zwi-schen C- und N-Terminus cyclisiert werden.99,100) Sie bilden nicht zuletzt aus biosynthetischer Sicht eine inte-ressante Klasse von Naturstoffen, da Proteasen die Cyclisierung bewirken. Im Gegensatz dazu werden viele ande-re cyclische Peptide nicht-ribosomal über Multienzymkomplexe syntheti-siert und cyclisiert. Die proteasekata-lysierte Cyclisierung durch ein isolier-tes Enzym wurde erstmals für Cyano-bactine, cyclische Peptide aus Cyano-bakterien, gezeigt. Zwei rekombinant in E. coli erzeugte Proteine aus dem Cyanobactin-Gencluster, PatA und PatG, wurden als Proteasen und Abb. 38. Neue Zielstrukturen und Reagenzien in der Festphasensynthese.

(67)

(68)

O

NN

NN S O

H

R

R'

O

H

RR'MgBr/CuCl

THF, 50 °C

(70)

Diels-Alder-Reaktion

O

COOR'

OCH3

R

Cu-Aryletherbildung

OH

HOO

HN

O

NH

NH

NH

NH

CONH2

O

NH

NH2

NH

NH2

HgOTfSi

(69)

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�Magazin� Organische Chemie 282

Page 17: Organische Chemie 2009

Cyclasen identifiziert. Sie erzeugen aus dem linearen Vorläufer (71) die Cyclisierungsvorstufe (72) und daraus das cyclische Peptid (73).101)

Eines der wichtigsten Ziele der chemischen Biologie ist der Einbau genetisch nicht codierter Aminosäu-ren in Proteine, welche z. B. die selek-tive Konjugation von Proteinen mit Fluorophoren, Glycosylresten, Poly-ethylenglycolresten (PEG) oder ihre spezifische Immobilisierung erlau-ben.102) Die Entdeckung des Formyl-glycin-generierenden Enzyms (FGE), das posttranslational einen Cystein-rest innerhalb einer Konsensusse-quenz (z.B. -LCTPSR-) in Ca-Formyl-glycin transformiert (74)→(75),103) markierte einen Meilenstein in der gezielten Proteinmodifizierung. Die Formylgruppe erlaubt die chemose-

lektive (orthogonale), ortsspezifische Adressierung mittels Hydrazin- oder Hydroxylaminderivaten unter Bil-dung der entsprechenden Hydrazone oder Oxime (75)→(76a/b).103) Nach-dem zunächst der Einbau dieses Al-dehyd-Tags im Rahmen der Expressi-on in Bakterien gezeigt worden war, wurde das Konzept auf die Expressi-on in Säugerzellen erweitert.104)

Die Huisgen’sche [3+2]-Cyclo-addition von Aziden und Alkinen er-lebte in ihrer CuI-katalysierten Ver-sion nach Sharpless und Meldal auf-grund der hervorragenden Chemose-lektivität eine stürmische Renais-sance in der chemischen Biologie. Während die unkatalysierte Version relativ unselektiv eine Mischung aus 1,4- und 1,5-substituierten 1H- 1,2,3- Triazolen liefert, führt Kupferkatalyse

selektiv zum 1,4- und Rutheniumka-talyse zum 1,5-Isomer.

Aufgrund von Resonanzstabilisie-rung weisen Peptidbindungen par-tiellen Doppelbindungscharakter auf. Am Beispiel von cyclischen Tetra-peptiden wie Apicidin (77), die als Histondeacetylaseinhibitoren biolo-gisch aktiv sind, wurden durch Akti-vitätsassays in Verbindung mit NMR-spektroskopischer Konforma-tionsanalyse Hinweise gewonnen, dass peptidbasierte 1,4-disubstitu-ierte 1H-1,2,3-Triazole (78) Mimeti-ka für trans-konfigurierte Peptidbin-dungen darstellen, während 1,5-di -substituierte Derivate (79) cis-kon-figurierte Peptidbindungen imitie-ren (Abbildung 39).105)

Norbert Sewald, Universität Bielefeld,

[email protected]

Abb. 39. Spaltung des ribosomal synthetisierten Proteins durch PatA (71→72), gefolgt von PatG-katalysierter Kopf-Schwanz-Cyclisierung zu

(73); posttranslationale Bildung von Ca-Formylglycin in einem Protein (75) durch das Formylglycin-generierende Enzym sowie Konjugation

als Hydrazon (76a) oder Oxim (76b); 1,4– und 1,5-disubstituierte 1H-1,2,3-Triazole als Mimetika für trans- (78) bzw. cis-konfigurierte (79)

Peptidbindungen.

MNKKNX32GLEASVTACITFCAYTGVEPSQGGRGDWPAYDGE (71)

MNKKNX32GLEASVTACITFCAYTGVEPS

PatA

QGGRGDWPAYDGE (72)

PatG

c-(-QGGRGDWP-) (73)

NH

O R1

NN

NH

O

O

O

H

5

O

NR2

NH

O R1

N

NH

O

O H

R3

5

O

NR2

N NN

NH

O R1

N

NH

O

O H

R3

5

O

NR2

N N

N

LeuN

H

SH

O

Thr-Pro-Ser-ArgFGE

(74)

LeuN

H

O

O

Thr-Pro-Ser-Arg

(75)

H

H2N-XR

LeuN

H

N-XR

O

Thr-Pro-Ser-Arg

(76a) X=NH(76b) X=O

H

(77) (78) (79)

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Organische Chemie �Magazin� 283

Page 18: Organische Chemie 2009

MeMe

H

Me

H

O

O

O

O

H

Penif ulvin A (82)

MeMe

OH

O

Me

OO

MeMe

H

Me

H

O

O

OH

OH

HO2C

Me

Me

R

HMeR

H

syn

MeHR

H

anti

MeMe

PDC

1) Birch-Reduktion2) IBX3) Ozonolyse

Alkylierung

MeHR

H

h

Me

OH

rac: R = CO2H95% ee: R = CH2OH

99) M. Trabi, D. J. Craik, Trends Biochem. Sci. 2002, 27, 132–138.

100) I. Saska, D. J. Craik, Trends Biochem. Sci. 2008, 33, 363–368.

101) L. Lee, J. McIntosh, B. J. Hathaway, E. W. Schmidt, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 2122–2124.

102) N. Sewald, H.-D. Jakubke, Peptides – Chemistry and Biology, Wiley-VCH, Weinheim, 2nd Edition 2009.

103) M.-A. Frese, T. Dierks, ChemBioChem 2009, 10, 425–427.

104) P. Wu, W. Shui, B. L. Carlson, N. Hu, D. Rabutka, J. Lee, C. R. Bertozzi, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2009, 106, 3000–3005.

105) W. S. Horne, C. A. Olsen, J. M. Beierle, A. Montero, M. R. Ghadiri, Angew. Chem. 2009, 121, 4812 – 4818.

Naturstoff(total)synthese

� Ein Hauptbestandteil des Pesti-zids La hierba de la cucaracha ist das strukturell hoch interessante hetero-dimere Indolalkaloid Haplophytin (80), isoliert vor über 50 Jahren aus getrockneten Blättern des mexika-nischen Strauchs Haplophyton cimi-cidum.106) Auf die erste Totalsynthese von Ueda et al.107) folgte fast zeit-gleich eine weitere von Nicolaou et al.108) Für die als Aspidophytin (81) bekannte, rechtsseitige Domäne des Naturstoffs existierten bereits einige abgeschlossene Synthesen.109) Als Schlüsselschritt zur Synthese des Kupplungspartners diente in beiden Synthesen eine elegante oxidative Umlagerung sowie eine späte oxida-tive Lactonisierung (Abbildung 40).

Die kompakte und dadurch hoch komplexe Struktur des Penifulvin A (82) macht aus diesem als Insektizid einsetzbaren Sesquiterpenoid ein Zielmolekül für die organische Syn-these. Anfang 2009 veröffentlichten Gaich und Mulzer die erfolgreiche Erstsynthese. Ausgangspunkt ist die Alkylierung von o-Tolylessigsäure, die über das Dianion zur race-mischen Carbonsäure, oder nach Myers und anschließender Redukti-on des entstehenden Amids zum weitgehend enantiomerenreinen Al-kohol führt. Durch eine photoindu-zierte diastereoselektive Zyklisie-rung gefolgt von Birch-Reduktion und Ozonolyse wird der Tetrazyklus effizient aufgebaut und die Totalsyn-these des Naturstoffs mit einer Aus-beute von 8 % über acht Stufen (ra-

Abb. 40. Retrosynthese der Totalsynthesen von Haplophytin.

MeO

MeO

N

NO

O

HO

Me

N

Me

N

O

O

Nicolaou, Chen et al.:Suzuki-Miyaura-KupplungVilsmeier-Haack ReaktionRadikalzyklisierung[Fe(CN6)]3- -vermittelte Lactonbildung

Fukuyama, Tokuyama et al.:Fischer-Indol Synthese[Fe(CN6)]3- -vermittelte Lactonbildung

MeO

MeO

N

NO

O

MsO

Cbz

NHNH2

+

O

N

H

CO2Me

MeO

MeO

N

NO

O

BnO

Cbz

N

CO2Me

+N O

TBSO

I

CO2TMSE

H

MeO

MeO

N

BnO

R

N

O

Cbz

Oxidation /Umlagerung

MeO

MeO

N

BnO

N

O

Cbz

N

CO2Me

NH

RO

N

CO2Me

Haplophytin (80)

NH

BnO

NHO

OH CO2Me

MeO

MeO

NAllyl

Allyl

Oxidation /UmlagerungDDQ

Aspidophytin (81)

Abb. 41. Totalsynthese von Penifulvin A.

�Magazin� Organische Chemie 284

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Page 19: Organische Chemie 2009

cemisch 14 % über 5 Stufen) vervoll-ständigt (Abbildung 41).110)

Thomas Fischer, Jörg Pietruszka

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

[email protected] 106) E. F. Rogers, H. R. Snyder, R. F. Fischer,

J. Am. Chem. Soc. 1952, 74, 1987–1989; H. R. Snyder, R. F. Fischer, J. F. Walker, H. E. Els, G. A. Nussberger, J. Am. Chem. Soc. 1954, 76, 2819–2825; H. R. Snyder, R. F. Fi-scher, J. F. Walker, H. E. Els, G. A. Nussberger, J. Am. Chem. Soc. 1954, 76, 4601–4605; H. R. Snyder, H. F. Strohmayer, R. A. Mooney, J. Am. Chem. Soc. 1958, 80, 3708–3710.

107) H. Ueda, H. Satoh, K. Matsumoto, K. Sugimoto, T. Fukuyama, H. Tokuyama, Angew. Chem. 2009, 121, 7736–7739.

108) K. C. Nicolaou, S. M. Dalby, S. Li, T. Suzuki, D. Y. K. Chen, Angew. Chem. 2009, 121, 7752–7756.

109) E. Doris, Angew. Chem. 2009, 121, 7616–7619.

110) T. Gaich, J. Mulzer, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 452–453.

Kohlenhydrate

� Neben den Erfolgen bei der Dar-stellung komplexer Oligosaccharid-strukturen [s. S. 292] wurden zahl-reiche Arbeiten zur Synthese von Monosacchariden biologischer Rele-vanz publiziert. So berichteten Tietze und Mitarbeiter über den er-folgreichen Aufbau des seltenen De s oxyaminozuckers (+)-D-Foros -amin ((85) in Abbildung 42).111) Dieser De-novo-Synthese liegt als Schlüsselschritt der Aufbau des Kohlenhydratgerüsts durch eine Do-mino-Knoevenagel-Hetero-Diels-Al-der-Reaktion zu Grunde (→ (83)). Reduktion des Nitroolefins zum Te-trahydropyran (86) und wenige wei-tere Schritte ermöglichten einen Zu-

gang zu racemischem Forosamin (85). Auf Stufe des racemischen Car-bamats (86) ließen sich die Enantio-meren durch Chromatographie an chiralem Material trennen; so erhiel-ten die Autoren (+)- und (–)-Foros -amin nach sechs synthetischen Stu-fen mit Enantiomerenüberschüssen von 95 % und mehr.

Über einen Zugang zu 2-Des -oxy-2-phosphonaten (88) berichtete die Gruppe von Linker.112) Diese wurden ausgehend von den einfach zugänglichen Glycalen (87) durch Addition von Phosphonylradikalen in guten Ausbeuten erhalten (Abbil-dung 43). Linker et al. berichteten außerdem über Folge reaktionen die-ser Substanzen wie Olefinierungen (→ (89)).

Abb. 42. Darstellung von D-Forosamin (85) aus Nitroaceton, Formaldehyd und Ethylvinylketon.

Abb. 43. 2-Desoxy-2-phosphonate (88) durch radikalische Addition von Dimethylphosphonat an Glycale (87).

Abb. 44. Darstellung von gluco-enoPhos (91) aus D-Glucose.

O

O2N

OEt

OH

H

CH2Cl2

3 h, 80 °C37 %

O OEt

O2N

(83)

OO2N OEtNaB(OCH3)3H

Et2O/THF, -35°C75 %

OOEt

O2N

1 : 2(84)

OO2N OEt

(84)

O(H3C)2NOH

3 Stufen~ 50 % (85)

OCbzHN OEt

(86)

O

OBn

BnOCAN

MeOH, 0 °C~ 65 - 80%

O

OBn

BnO

P

OMe

OMe

OMeO

O

PHOMe

OMeO

OBn

BnO

P

OMe

OMe

OMeO

(87) anti-(88) syn-(88)

anti:syn 4:1 - 7:1

O

OBn

P

OMe

OMe

OMeO

1) NaH2) PhCHO

THF, 0 °CBnO

BnO

-gluco-(88)

O OMe

BnO

BnO

Ph

O OMe

BnO

BnO

Ph

(E)-(89)75%

(Z)-(89)13%

O OH

OH

OHHO

HO

D-Glucose

4 Stufen

O OEt

AcO

AcO

(90)kommerziell

3 Stufen~ 60%

O OEt

O

TrtO

PPhPh

(91)

Organische Chemie �Magazin� 285

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Page 20: Organische Chemie 2009

Aus dem Arbeitskreis von Boysen wurde über den Einsatz von Kohlen-hydraten als Ausgangsmaterialien zur Darstellung enantiomerenreiner Liganden für Übergangsmetallkata-lysatoren berichtet.113) So entsteht aus dem ungesättigten Pyranosede-rivat (90) in nur drei Schritten der Ligand gluco-enoPhos (91) (Abbil-dung 44, S. 285). Dieser zeigte in ersten Testreaktionen vielverspre-chende Aktivitäten und gute bis sehr gute Stereoinduktionen.

Moritz Bosse Biskup,

Karlsruher Institut für Technologie, KIT

[email protected]

111) L. F. Tietze, N. Böhnke, S. Dietz, Org. Lett.

2009, 11, 2948–2950.

112) E. Elamparuthi, T. Linker, Angew. Chem.

2009, 121, 1885–1887.

113) T. Minuth, M. M. K. Boysen, Org. Lett.

2009, 11, 4212–4215.

Oligonukleotide

� Die strukturelle und funktionelle Erforschung des Ribosoms, die im vergangenen Jahr mit dem Nobel-preis für Chemie geehrt wurde, ist noch lange nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Die erhaltenen Struktur-daten erlauben erstmals zielgerichte-te biochemische Experimente, bei-spielsweise zur Interaktion von An-tibiotika und ribosomalen Substruk-turen.114) Ein Beispiel ist die Synthe-se von nicht hydrolisierbaren 3'-Pep-tidyl-tRNA-Terminus Mimetika mit deren Hilfe man sich Aufschlüsse über die Wirkweise und die Resis-tenzmechanismen von Macrolid-An-tibiotika wie Erythromycin er-hofft.115) Micura und Mitarbeiter etablierten eine vielseitige Strategie zur Festphasensynthese entspre-chender Konjugate (z. B. (93)). Im Prinzip erlaubt sie auch die Darstel-lung ganzer 3'-N-Peptidyl-tRNAs.

Gleichzeitig wurde versucht, Werkzeuge zur strukturellen Aufklä-rung kleinerer DNA- und RNA-Strukturen mit NMR oder Röntgen-beugung zu entwickeln. Der Einbau von z. B. Selen und Tellur in DNA und RNA bietet eine Möglichkeit, dem Phasenproblem bei der Rönt-genbeugung zu begegnen und er-leichtert die Analyse von Kristall-strukturen entsprechend modifizier-ter Nukleotide.116) Das kürzlich dar-gestellte 4-Se-Thymidintriphosphat (Se-TPP (94)) wird von DNA-Poly-merase genauso schnell eingebaut wie das natürliche Substrat. Die Struktur entsprechend modifizierter DNA entspricht ebenfalls weit-gehend der des natürlichen Oligo-nukleotids (Abbildung 45).116a) 2'-Tellurmodifizierte Phosphoamidi-te wie (95) erlauben die Synthese entsprechend modifizierter Oligo-nukleotide, die nicht nur für Kris-tallstrukturen Anwendung finden,

Abb. 45. Chemische Werkzeuge für funktionelle und strukturelle Untersuchungen an Nukleinsäuren und Oligonukleotiden.

N

NN

N

NH2

O

OHO

P OO

O

O

N

NN

N

NH2

O

RNH

NO

OHO

P OO

O

N

NH2

O

NO

OHO

P OO

O

N

NH2

O

O

NH

OHN

O

NH

OHN

O

H2N

SCH3

OH

R = H oder OH

O

P OO

O NO

HOH

NH

Se

O

POP

OO

O O

O NO

TeCH3O

NH

O

O

R

DMTr

PO

CN

N

R = H oder CH3

O

O NO

H

NH

O

O

NO

(93)

(94)

(95)

OP

OCN

N

(96)

DMTr

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�Magazin� Organische Chemie 286

Page 21: Organische Chemie 2009

sondern auch interessante Redox-eigenschaften aufweisen.116b)

Eine besonders interessante DNA-Struktur ist die DNA humaner Telomere, die sich durch ihre Fähig-keit auszeichnet, G-Quadruplex-Strukturen zu bilden. Die Stabilisie-rung derartiger Strukturen durch kleine Moleküle könnte die Telome-rase-vermittelte Immortalisierung von Krebszellen unterdrücken. Har-tig et al. stellten eine Methode zur Untersuchung von G-Quadruplex-Strukturen mit Puls-EPR vor. Dazu ist der Einbau von zwei nitroxidmo-difizierten Nukleotidbausteinen (96) notwendig. Diese Methode er-laubt es, konkurrierende G-Quadru-plex Strukturen auch nebeneinander nachzuweisen. Sie kann im Gegen-satz zur CD-Spektroskopie auch in Gegenwart von Proteinen und ande-ren Oligonukleotiden durchgeführt werden.117)

Die Stabilisierung von Telomer-Quadruplexen durch kleine Molekü-le in Gegenwart physiologischer Konzentrationen von Makromolekü-len könnte in der Tat problematischer und komplexer sein, als angenom-men. Tan et al zeigten, dass in Gegen-wart von Glycerol oder Polyethylen-glykol bekannte G-Quadruplex-Bin-der derartige Strukturen viel weniger stabilisieren als in bisher gängigen Puffersystemen.118) Die Aktivität des Wassers unter diesen Molecular-crowding-Bedingungen soll der zellu-lären Situation besser entsprechen und daher die Vorhersage von Ergeb-nissen in Zellkultur erleichtern.

Christoph Arenz

Humboldt Universität zu Berlin

[email protected]

114) K. N. Nierhaus, Angew. Chem. 2009, 121,

9389 – 9393.

115) H. Moroder, J. Steger, D. Graber,

K. Fauster, K. Trappl, V. Marquez,

N. Polacek, D.N. Wilson, R. Micura, Angew.

Chem. 2009, 121, 4116-4120.

116) a) J. Caton-Williams, Z. Huang, Angew.

Chem. 2008, 120, 1747-1749 b) J. Sheng,

A.E.A. Hassan, Z. Huang, Chem. Eur. J.

2009, 15, 10210-10216.

117) V. Singh, M. Azarkh, T. E. Exner,

J. S. Hartig, M. Drescher, Angew. Chem.

2009, 121, 9908–9910.

118) Z. Chen, K. Zheng, Y. Hao, Z. Tan, J. Am.

Chem. Soc. 2009, 131, 10430-10438.

Enzymmechanismen und -modelle; neue Proteine und ihre Funktionen

� Mehr als 50 000 bekannte 3D-Proteinstrukturen, die in vitro durch Röntgenkristallographie oder mehrdimensionale NMR-Spektro-skopie erhalten wurden, prägen das Verständnis über Struktur-Funk-tions-Beziehungen von Proteinen. Doch wie sehen Struktur und Dyna-mik von Proteinen innerhalb der le-benden Zelle aus? Diese Frage ver-suchten zwei Publikationen durch In-vivo-NMR-Spektroskopie zu be-antworten:119,120) Isotopenmarkierte Zielproteine wurden entweder di-rekt durch Überexpression in E. coli erzeugt oder nachträglich mit einem fusionierten zellpenetrierenden Pep-tid in menschliche Zellen einge-schleust. Im großen und ganzen äh-neln die In-vivo-Strukturen denen aus dem Reagenzglas. Größere Un-terschiede zeigen sich aber in Pro-teinschleifen und in der Proteindy-namik, wobei die Proteine in der Zelle weniger starr erscheinen.

Viele menschliche Gene werden durch DNA-Methylierung reguliert. DNA-Methyltransferasen (MTasen) katalysierten die Bildung von 5-Me-thylcytosin (m5C) und führen da-durch über noch unbekannte Me-chanismen zur Abschaltung von Ge-nen. Interessanterweise können Ge-ne durch Entfernung der Methyl-gruppen wieder aktiviert werden, aber über die verantwortlichen En-

zyme wurde bisher eher spekuliert. Kriaucionis und Heintz121) entdeck-ten die modifizierte Base 5-Hydroxy-methylcytosin (hm5C) in mensch-licher DNA und Tahiliani et al.122) fanden eine 2-Oxogluterat-abhängi-ge Oxygenase (TET1), die m5C in hm5C innerhalb von DNA umwan-delt (Abbildung 46). Die abschlie-ßende Transformation von hm5C zu C unter Abspaltung von Formalde-hyd könnte durch DNA-MTasen er-folgen. Diese sind nämlich auch in der Lage, die reversible Addition von C an Aldehyde, ähnlich einer Baylis-Hillman-Reaktion, zu katalysie-ren.123)

Elmar Weinhold, RWTH Aachen

[email protected]

119) D. Sakakibara, A. Sasaki, T. Ikeya, J. Ha-

matsu, T. Hanashima et al., Nature 2009,

458, 102–105.

120) K. Inomata, A. Ohno, H. Tochio, S. Isogai,

T. Tenno et al., Nature 2009, 458,

106–110.

121) S. Kriaucionis, N. Heintz, Science 2009,

324, 929–930.

122) M. Tahiliani, K. P. Koh, Y. Shen,

W. A. Pastor, H. Bandukwala et al.,

Science 2009, 324, 930–935.

123) Z. Liutkeviciute, G. Lukinavicius,

V. Masevicius, D. Daujotyte,

S. Klimasauskas, Nat. Chem. Biol. 2009, 5,

400–402.

Abb. 46. Aktive DNA-Demethylierung: 5-Methylcytosin wird durch die Oxygenase TET1 zu 5-Hydroxymethylcytosin

oxidiert und eine DNA-Methyltransferase-katalysierte Abspaltung von Formaldehyd könnte Cytosin liefern (mit

postuliertem Mechanismus, HS-Enz = katalytischer Cysteinrest des Enzyms).122)

N

N

NH2

O

CH3 N

N

NH2

O

CH2 N

N

NH2

O+ CH2OTET 1

O2

DNA-MTase

OH

N

N

H2N

O S-Enz

H

N

N

H2N

O

H

S-Enz

H+

O

H HO

H

+ HS-Enz - HS-Enz

(HS-Enz)

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Organische Chemie �Magazin� 287

Page 22: Organische Chemie 2009

Enzymreaktionen

� Die Verwendung von Wildtyp-Enzymen wird immer mehr zu einer etablierten – fast schon konventio-nellen – Methode in der organischen Synthese. In jüngster Zeit wird die Optimierung chemoenzymatischer Transformationen entweder durch Mutagenese oder durch die Kom-bination mit nicht-enzymatischen Katalysatoren verstärkt genutzt.

Die Old-Yellow-Enzyme (OYE) bilden eine Gruppe von NADPH-ab-hängigen Flavoenzymen, die akti-vierte Alkene, wie zum Beispiel a,b-ungesättigte Carbonylverbin-dungen, stereoselektiv reduzieren können (Abbildung 47). Bei der Un-tersuchung eines OYEs aus Saccharo-myces pastorianus stellten Stewart und Mitarbeiter allerdings fest, dass die Aktivität ihres Enzyms mit zu-nehmender Größe des Restes R stark abnimmt.124) Da eine sterische Hinderung am wahrscheinlichsten schien, sollte das aktive Zentrum durch Mutagenese vergrößert wer-den. Tryptophan 116, welches dem Cyclohexenon-Substrat am nächsten steht, wurde als Kandidat ausgewählt und durch eine beliebige Aminosäu-re ersetzt. Allerdings fanden sich unter den Varianten keine, welche die b-substituierten Cyclohexenone schneller als das Wildtyp-Enzym umsetzten. Eine Überraschung erga-ben hingegen Umsetzungen von Car-von mit Varianten, bei denen Trypto-phan 116 gegen Phenylalanin (W116F) beziehungsweise Isoleucin (W116I) ersetzt war. Während mit Variante W116F Produkte mit der gleichen Konfiguration wie mit dem Wildtypenzym erhalten wurden, wurde (S)-Carvon von Variante

W116I mit umgekehrter Diastereos-lektivität reduziert. Ein analoges Er-gebnis ergab auch die Umsetzung mit (R)-Perillaldehyd (Abbil-dung 48). Über Deuterierungsexpe-rimente mit NADPD zeigten die Au-toren, dass in diesen Fällen der Was-serstoff des NADPHs von der ent-gegengesetzten Seite am b-Kohlen-stoff angreift. Dies ist nur durch eine umgekehrte Orientierung des Sub-strats im aktiven Zentrum erklärbar.

Eine solche Umkehr der Substratori-entierung war in den meisten Fällen auch in silico durch Substrat-Do-cking-Experimente nachvollziehbar. Allein mit der Rolle des hochkonser-vierten Tryptophans im aktiven Zen-trum lässt sich die Stereoselektivität der OYEs aber nicht erklären. So fan-den die Autoren ein homologes En-zym aus Pichia stipidis bei dem Tryp-tophan ebenfalls, wie bei der W116I Mutante, durch Isoleucin ersetzt ist,

Old Yellow EnzymO

R

O

RNADPH NADP+

R = H: >98%R = Me: 76%R = Et: 25%

Umsatz:

Substrat Produkt mitOYE-WT

Produkt mitOYE-W116I

1

O

Umsatz (4 h)

O

(R)>98%, >98% ee

O

(R)>98%, >98% ee

2

O

(R)-CarvonUmsatz (24 h)

O

trans75%, >98% de

O

trans84%, 57% de

3

(S)-CarvonUmsatz (24 h)

O O

cis59%, >98% de

O

trans>98%, >98% de

4

(S)-PerillaldehydUmsatz (26 h)

H

O

trans>98%, 71% de

H

O

trans19%, 92% de

H

O

5

(R)-PerillaldehydUmsatz (26 h)

H

O

cis42%, 79% de

H

O

trans20%, 52% de

H

O

Abb. 47. Stereoselective Reduktion mit Old-Yellow-Enzym (OYE). Abb. 48. Überraschende Änderung der Diastereoselektivität bei der Reduktion von

(S)-Carvon und (R)-Perillaldehyd mit Old Yellow Enzym Variante W116I (OYE-W116I).

�Magazin� Organische Chemie 288

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Page 23: Organische Chemie 2009

das aber trotzdem mit der gleichen Stereoselektivität reduziert, wie das Wildtyp-OYE mit Tryptophan aus S. pastorianus.

Allene sind wichtige organische Synthesebausteine, da ihre kumu-lierten Doppelbindungen nicht nur zu zahlreichen Reaktionen fähig sind, sondern auch weil sie bei ent-

sprechendem Substituenten axiale Chiralität zeigen, die sich synthe-tisch nutzen lässt. Die Darstellung von Reinenantiomeren über eine Ra-cematspaltung erwies sich bisher al-lerdings als schwierig. Deska und Bäckvall zeigten, dass die Trennung der Enantiomere allenischer Alko-hole besonders gut mit kommerziell

erhältlicher Schweine-Pankreas-Li-pase (PPL) gelingt, wobei das (R)-Enantiomer selektiv verestert wird (Abbildung 49).125) Gute Ergebnisse wurden vor allem erzielt, wenn sich an Stelle von R1 Phenylreste, die auch para- oder meta-substituiert sein können, oder längere Alkylreste befinden und R2 Methyl- oder Ethyl-substituiert ist. Ausgehend vom ent-sprechenden (S)-Alkohol, der über dieses Verfahren mit 97% ee erhält-lich war, war es möglich den Pilzme-taboliten (–)-Striatisporolid A in drei Stufen zu synthetisieren, und so des-sen (S)-Konfiguration eindeutig zu beweisen.

Ebenfalls Bäckvall und Mitarbei-ter beschrieben ein breit anwend-bares Verfahren zur dynamischen

R1

R2

OH

PPLVinylbuttersäureester

i-Pr2O, RT, 24-42 h

R1

R2

OH

(S)-Alkohol

R1

R2

O O

rac. Alkohol

(R)-Ester

+

Substituenten die gute Ergebnisse brachten:R1= Ph, m-Tol, p-Tol, p-Cl-Ph, p-CF3-Ph,

2-Naphthyl, n-PentylR2= Me, (Et)

Umsatz: 10 - 49%,eeEster: 95 - 99,2%,eeAlkohol: 23 - 96%

OH

O

O

COOH

(S)-Alkohol97% ee

(-)-Striatisporolid A97% ee

3 Stufen~50%

Abb. 49. Enzymkatalysierte Racematspaltung aus allenischer Alkohole und

deren Anwendung bei der Synthese von (–)-Striatisporolid. Schweine-Pankreas-

Lipase (PPL) acyliert mit hoher Spezifität nur das (R)-Enantiomer des Alkohols.

Abb. 50. Chemoenzymatisches Verfahren zur dynamischen kinetischen Race-

matspatung primärer Amine. (CALB = Candida antarctica Lipase B).

R1

NH2

R2

R1

NH2

R2

R

RR

R O

R

RR

ROH

Ru RuH

COCOOC CO

R = p-MeO-Ph

Katalysator(Razemisierung)

R1

HN

R2

CALB

CALB

R3

O

Ester

Katalysator:

R1 = Ph, p-F-Ph, p-Br-Ph, p-OMe-Ph, i-Pr,c-Hexyl, n-Hexyl und weitere

R2= Me, Et, Alkylring zu R1

R3= Ac, Cbz

sehr langsam

Organische Chemie �Magazin� 289

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Page 24: Organische Chemie 2009

kinetischen Racematspaltung von chiralen primären Aminen, wobei die Racematspaltung biokatalytisch über eine stereospezifische Acylie-rung mit Candida-antartica-Lipase B (CALB) erfolgt, während die Race-misierung chemisch über einen Ru-theniumkatalysator stattfindet (Ab-bildung 50, S. 289).126) Eine Reihe von benzylischen aber auch aliphati-schen racemischen Aminen wurde auf diese Weise in Ausbeuten von 69 bis 91 % und Enantiomerenüber-schüssen von 93 bis über 99 % in die N-Acetyl-Derivate umgewandelt. Da sich Acetylgruppen allerdings nur relativ schlecht wieder abspalten las-sen, wurden auch verschiedene Kohlensäureester als Acylierungs-reagenzien versucht. Tatsächlich ge-lang die Umsetzung mit Dibenzyl-kohlensäureester in ähnlich guten Ausbeuten und Enantiomerenüber-schüssen wie mit Essigester. Dabei entstanden Amine mit Benzyloxy -carbonyl(Cbz)-Schutzgruppen, die sich leicht hydrogenolytisch abspal-ten lassen.

Ein weiteres Beispiel für die kom-binierte Anwendung von che-mischen und biologischen Katalysa-

toren ist die von Baer et al. beschrie-bene Synthese aller vier Diastereo-mere von phenylsubstituierten 1,3-Diolen nach einem einheitlichen und effizienten Verfahren (Abbil-dung 51).127) Über eine asymmetri-sche Aldolreaktion mit einem litera-turbekannten Katalysator wird zu-nächst Aceton an einen Benzaldehyd addiert. Dabei entsteht ein chirales b-Hydroxyketon. Dieses wird diaste-reoselektiv mit (R)- oder (S)-selekti-ven Alkoholdehydrogenasen (ADH) zum gewünschten 1,3 Diol redu-ziert. Zugabe von Isopropanol im Überschuss, dass von der ADH zu Aceton oxidiert wird, regeneriert den Cofaktor (NAD+ → NADH). Die enzymatische Reduktion gelingt so-wohl für das (S)- als auch das (R)-Substrat mit denselben ADHs. Dies ist nicht selbstverständlich, da Enzy-me häufig zwischen den Konfigura-tionsisomeren der Substrate unter-scheiden, wie dies zum Beispiel bei einer kinetischen Racematspaltung der Fall ist. Bemerkenswert ist die hohe Stabilität der Enzyme gegen-über dem Organokatalysator. Dies erlaubte den Autoren die Synthese als Einstufenprozess mit nur einer

Aufarbeitung durchzuführen. Zu-nächst wird die Aldoladdition lö-sungsmittelfrei durchgeführt, an-schließend folgt die enzymatische Reduktion in Wasser.

Wolfgang Hüttel, Michael Müller

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,

michael.mueller@pharmazie.

uni-freiburg.de

124) S. K. Padhi, D. J. Bougioukou, J. D. Stewart,

J. Am. Chem. Soc. 2009, 131,

3271–3280.

125) J. Deska, J.-E. Bäckvall, Org. Biomol.

Chem. 2009, 7, 3379–3381.

126) L. K. Thalén, D. Zhao, J.-B. Sortais,

J. Paetzold, C. Hoben, J.-E. Bäckvall, Chem.

Eur. J. 2009, 15, 3403–3410.

127) K. Baer, M. Krauser, E. Burda, W. Hummel,

A. Berkessel, H. Gröger, Angew. Chem.

2009, 121, 9519–9522.

Metallgestützte Synthesemethoden

� Die Synthese von Arylfluor-Ver-bindungen ist von erheblichem Inte-resse, da diese Verbindungen bedeu-tend für die molekulare Erkennung sind.128) Konventionelle Synthese-versuche über Palladium(II)-Inter-mediate blieben jedoch bis vor kur-zem ohne Erfolg.129,130)

Die Arbeitsgruppen von Ritter131) und Sanford132) beschäftigten sich deshalb mit der Alternative einer Aryl-F-Bindungsbildung über eine reduktive Eliminierung aus Palladi-um(IV)-Komplexen. Solche Kom-plexe gehen in der Regel zur Stabili-sierung des Metallzentrums redukti-ve Eliminierungen bereitwillig ein (Abbildung 52).133) In Synthesen von Difluorpalladium(IV)-Komple-xen wurde Xenondifluorid als Oxi-dationsmittel und gleichzeitige Quelle zur Einführung von Fluor-liganden eingesetzt. Die auf diesem Wege synthetisierten Palladium(IV)-Verbindungen (97) und (98) wurden strukturell charakterisiert und sind in der Lage, auf thermischem oder oxidativem Weg eine reduktive Aryl-Fluor-Bindungsbildung zu induzie-ren. Für den Fall des Komplexes (98) liegt die Aufgabe des Oxidati-onsmittels darin, den FHF-Liganden zu modifizieren und damit die re-duktive Eliminierung zu erleichtern.

Cl

O

+O

OH O

Cl

OH O

Cl

OH OH

Cl

OH OH

Cl

OH OH

Cl

OH OH

Cl

NH

NH

O

OH

Ph Ph

iPr

NH

NH

O

OH

Ph Ph

iPr

kat.

kat.

1R,3S

1R,3R

1S,3S

1S,3R

(S)-ADH

(R)-ADH

(S)-ADH

(R)-ADH

R, 82% ee

S, 83% ee

58%

71%

Abb. 51. Chemoenzymatische Synthese aller Diastereomere des 1-(p-Chlorphenyl)butan-1,3-diols. Die Produkte

wurden bei Umsätzen >95% mit Enantiomerenüberschüssen von >99% erhalten. Der Diastereomerenüberschuss

betrug etwa 11:1 für das jeweilige syn- beziehungsweise anti-Diol. Anstelle von Chlorid können auch Methyl- oder

Nitro-substituierte Aromaten eingesetzt werden. (ADH = Alkoholdehydrogenase).

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�Magazin� Organische Chemie 290

Page 25: Organische Chemie 2009

Die Entwicklung neuer Varianten von C-C-Kreuzkupplungen gelang durch vorgeschaltete Synthesen me-tallierter Arene. Knochel berichtete, dass eine Eisen(II)-Base (99) die di-rekte Ferrierung funktionalisierter Aromaten zu den entsprechenden Diaryleisen(II)-Verbindungen (100) bereits bei Raumtemperatur ermög-licht (Abbildung 53).134) Diese rea-gieren mit Alkyl und Benzylhaloge-niden glatt in C-C-Kupplungsreak-tionen. In Fällen, bei denen als Me-tallquelle Eisenchlorid mit 98 %iger Reinheit verwendet wird, sorgen Spuren von Nickel(II)chlorid für die Kreuzkupplung. Reaktionen mit hochreinem Eisendichlorid benöti-gen die Zugabe von 0,5 Mol-% Ni-ckeldichlorid, wodurch die C-C- Knüpfung als reine Nickel-Katalyse charakterisiert wird.

Hashmi zeigte, dass eine Reihe von Vinyl-, Acetylenyl- und Aryl-gold(I)-Komplexen mit Aryl-Palla-dium(II)-Komplexen Transmetallie-rungsreaktionen eingehen (Abbil-dung 53).135) Letztere Komplexe lie-ßen sich auf herkömmlichem Weg katalytisch erzeugen. Unter Einsatz einer stabilen Vinylgold-Verbindung

(102), die in einer vorgeschalteten Cycloisomerisierungsreaktion ent-steht, gelingen so einfache Palladi-um-Kreuzkupplungsreaktionen zum Aufbau komplexer Systeme wie (103).

Kilian Muñiz, ICIQ, Tarragona,

[email protected]

128) K. Müller, C. Faeh, F. Diedrich, Science

2007, 317, 1881.

129) a) V. V. Grushin, Chem. Eur. J. 2002, 8,

1006;

b) V. V. Grushin, Acc. Chem. Res. 2009,

doi: 10.1021/ar9001763.

130) Für einen ersten Durchbruch im Rahmen

einer Pd(II)-Katalyse: D. A. Watson,

M. Su, G. Teverovskiy, Y. Zhang, J. García-

Fortanet, T. Kinzel, S. L. Buchwald, Science

2009, 325, 1661.

131) T. Furuya, T. Ritter, J. Am. Chem. Soc.

2008, 130, 10060.

132) N. D. Ball, M. S. Sanford, J. Am. Chem.

Soc. 2009, 131, 3796.

133) K. Muñiz, Angew. Chem. 2009, 121,

9576–9588.

134) S. H. Wunderlich, P. Knochel, Angew.

Chem. 2009, 121, 9897–9900.

135) A. S. K. Hashmi, C. Lothschütz, R. Döpp,

M. Rudolph, T. D. Ramamurthi, F. Romin-

ger, Angew. Chem. 2009, 121, 8392.

Abb. 52. Aryl-F-Bindungsbildung über reduktive Eliminierung aus Palladium(IV)-Komplexen.

Abb. 53. Direkte Ferrierung funktionalisierter Aromaten zu den entsprechenden Diaryleisen(II)-Verbindungen (oben) sowie Transmetallie-

rungsreaktionen von Gold(I)-Komplexen mit Aryl-Palladium(II)-Komplexen (Mitte und unten).

NPd

N

NNos

F

F

DMSO,

150 oC

NPd

F

dmsoNNos

NF

+

97%

N

NPd

F

FF

F

HF

XeF2

PhNO2, 80°C F

F+

92%

[PdII]

(97)

(98)

I

R'

R Au

(dppf)PdCl2(1Mol-%)

CH3CN

PPh3 + RR'

I Au PPh3+

. CO2Et

iPr OO iPr

AuPPh3

17 Beispiele18-95%

99% isoliert

(dppf)PdCl2(1Mol-%)

CH3CN

4-Iodbenzonitril(1,1 Äquiv) O

O

iPr

CN I Au PPh3+

2 mmol-Ansatz (103) (95%)

CO2Et

F

N Fe2

2 MgCl2-4LiCl CO2Me

FTHF, 25*C

3 (0,75 Äquiv)Fe

2

R-X (1,2 Äquiv)

CO2Et

F

R

4-Fluorstyrol(10 Mol-%)THF, 25*C

10 Beispiele,60-88%

[NiCl2 (0,5 Mol-%)]

(100)

(101)

(102)

Organische Chemie �Magazin� 291

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Page 26: Organische Chemie 2009

Oligosaccharide

� Höhepunkt des vergangene Jahres – in einem Highlight-Artikel von Da-vis136) treffend als „a labor of love“ be-zeichnet – ist die Semisynthese des Glycoprotein-Enzyms Ribonuclease C (RNase C) durch Unverzagt und Mit-arbeiter.137,138) Dieser erste syntheti-

sche Zugang zu einem aktiven glyco-sylierten Enzym begann mit der che-mischen Synthese eines glycosylierten RNase-Fragments (Aminosäure 26 bis 39). Dieses wurde unter Bedingungen der nativen chemischen Ligation mit dem über eine Expression erhaltenen und an allen sieben Cysteinen ge-schützten Fragment 40–124 gekop-

pelt (Abbildung 54). Nach Freiset-zung aller Cysteine erfolgte die zweite native chemische Ligation mit dem Thioester des über Festphasensynthe-se erhaltenen RNase-Fragments 1–25. Die abschließende oxidative Faltung, bei der sich interne Disulfidbindun-gen bilden, ergab ein Enzym, das ein identisches CD-Spektrum und immer-

Abb. 54. Semisynthese von Ribonuclease C.137,138)

OHO

OHOO

HOO

O

HO

HOOH

NHAc O

OH OH

OHO

OHOO

HOO

O

HO

HOOH

NHAc O

OH OH

O OHO

HO

O

OH

OH

HOOH NHAc

O O

OH

HONHAc

NH

O

RNase 26-39 SR

O

O

S

NH

34

RNase 40-124

O

H2N

S

OH

OS S S S S S

SCE SCESCESCESCESCESCE

SCE=2-Carboxyethylthio

RNase 1-25 S

O

OEt

O

1) native chemischeLigation

2) Entschützen1) native chemischeLigation

2) Umfaltung

Ribonuclease C

Abb. 55. Ionische Marker in der Oligosaccharid-Synthese.139)

STol

OBzO

BzOHO OBz

STol

OBzO

BzOClAcO OBzClAcCl, Pyridin

CH2Cl2, 0°C, 93%STol

OBzO

BzOOBz

N+

O

ONMe

i) N-Methylimidazol

ii) KPF6, CH3CN, Rückfluß87%

PF6-

STol

OBzO

BzOOBzO

OBzO

BzOOBzO

OBzO

BzOHO OBz

6STol

OBzO

BzOHO OBz

STol

OBzO

BzOOBz

N+

O

ONMe

PF6-

F

OBzO

BzOHO OBz

F

OBzO

BzOOBz

N+

O

ONMe

PF6-

STol

OBzO

BzOOBzO

OBzO

BzOOBzO

OBzO

BzOOBz

6

N+

O

ONMe

PF6-

ges.NaHCO3(aq)

Bu4NI, Et2O/H2O

�Magazin� Organische Chemie 292

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Page 27: Organische Chemie 2009

hin 50 % der hydrolytischen Aktivität nativer RNase C zeigte.

Eine wertvolle methodische Er-gänzung liefert die Arbeit von Pat-hak: Darin wurden Imidazolium-Kat-ionen als Markermoleküle für die Oligasaccharidsynthese einge-setzt.139) Diese Strategie beschrieben zuvor schon He und Chan.140) Am Beispiel der Synthese des a(1-6)-Octamannsoyl-thioglycosids wurde bewiesen, dass sich ein Imidazolium-marker einsetzen lässt. Dieser be-schränkt die Reinigung des markier-ten Produktes auf ein einfaches Aus-laugen der getrockneten organischen Phase mit Diethylether. Das Produkt verbleibt dabei im festen Rückstand in hoher Reinheit. Der Marker selbst kann leicht im Molekül etabliert und bei Bedarf mild basisch abgespalten werden (Abbildung 55).

Gerald Dräger

Leibniz Universität Hannover

[email protected] 136) B. G. Davis, Angew. Chem. 2009, 121,

4768–4772. 137) C. Piontek, P. Ring, O. Harjes, C. Heinlein,

S. Mezzato, N. Lombana, C. Pöhner, M. Püttner, D. V. Silva, A. Martin, F. X. Schmid, C. Unverzagt, Angew. Chem. 2009, 121, 1968–1973.

138) C. Piontek, D.V. Silva, C. Heinlein, C. Pöhner, S. Mezzato, P. Ring, A. Martin, F.X. Schmid, C. Unverzagt, Angew. Chem. 2009, 121, 1974–1978.

139) C. K. Yerneni, V. Pathak, A.K. Pathak, J. Org. Chem. 2009, 74, 6307–6310.

140) X. He, T.H. Chan, Synthesis 2006, 1645–1651.

Organische Nanostrukturen

� Neben Arbeiten zu Anwendun-gen im Halbleiter-und Solarbereich wurden insbesondere Arbeiten zur Erzeugung von Strukturen mit Hohlräumen, also Kapseln und Ka-nälen, publiziert.

So berichteten Würthner et al. über die Erzeugung von Nanokapseln aus amphiphilen Perylenbisimideinheiten (Abbildung 56). In diese Kapseln wur-den pH-sensitive Bispyrenmoleküle eingeschlossen, so dass eine hoch-empfindliche pH-Sonde entstand.141)

Forschern um Kuck gelang die Herstellung enantiomerenreiner or-ganischer Nanowürfel, die aus Tri-benzotriquinacen-Einheiten auf-

gebaut sind.142) Ebenfalls um die Herstellung nanoskopischer Objek-te mit einem Hohlraum ging es bei einer von MacLachlan et al. publi-zierten Arbeit: Aus Schiff'schen Ba-sen aufgebaute Makrocyclen kön-nen sich zu höher geordneten Strukturen zusammen lagern und zeigen hohe Bindungskonstanten für organische Kationen.143)

Weitere Arbeiten beschrieben u. a. die Bildung von bienenwaben-artigen Überstrukturen aus Nona-phenylenen (Abbildung 57),144) die templatabhängige Ausbildung von hexa- und tetrameren Kapseln145) sowie die Selbstorganisation von Do-nor-Akzeptor-Architekturen für die molekulare Elektronik.146)

Anke Krüger

Universität Würzburg

[email protected]

141) X. Zhang, S. Rehm, M. Safont-Sempere,

F. Würthner, Nat. Chem. 2009, 1, 623629.

142) J. Struebe, B. Neumann, H.-G. Stammler, D.

Kuck, Chem. Eur. J. 2009, 15, 2256–2260.

143) J. Jiang, M. J. MacLachlan,

Chem. Commun. 2009, 5695–5697.

144) H.-J. Kim, Y.-H. Jeong, E. Lee, M. Lee,

J. Am. Chem. Soc. 2009, 31,

17371–17375.

145) S. Hiraoka, K. Harano, T. Nakamura,

M. Shiro, M. Shionoya, Angew. Chem.

2009, 121, 7140-7143.

146) J. M. Mativetsky, M. Kastler, R. C. Savage,

D. Gentilini, M.Palma, W. Pisula,

K. Müllen, P. Samori, Adv. Funct. Mater.

2009, 19, 2486–2494.

Abb. 56. pH-sensitive Nanokapseln141)

(Mit freundlicher Genehmigung von NPG)

Abb. 57. Kanäle aus Nonaphenylenen.144) (Mit freundlicher Genehmigung der ACS)

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Organische Chemie �Magazin� 293

Page 28: Organische Chemie 2009

Organische Farbstoffe

� Als Meilenstein könnte sich eine neue farbstoffsensibilisierte Solarzel-le auf Basis des rein organischen Farbstoffs (104) erweisen, da sie ho-he Stabilität und hohe Effizienz in sich vereint (Abbildung 58).147)

Aus der Fülle neuer Anwendungen von Fluoreszenzfarbstoffen in der Bioanalytik sei ein entscheidender Durchbruch bei der Einzelmolekülse-quenzierung durch Synthese in Echt-zeit erwähnt, der die Genomsequenz-analyse revolutionieren könnte: Dabei baut eine DNA-Polymerase einen DNA-Strang vollständig aus vier fluo-reszenzmarkierten Nucleotiden wie (105) auf (Abbildung 59).148)

Wegweisend ist die Visualisierung biologischer Strukturen durch Oligo-desoxyfluoroside (ODF). Durch Er-satz von bis zu vier Nucleobasen durch entsprechende Fluorophore (106–112) lässt sich eine Palette von 23 farblich unterscheidbaren ODF erzeugen; entscheidend ist, dass sich

Abb. 58. Organischer Farbstoff als Ausgangsmaterial einer neuen farbstoffsensibilisierten Solarzelle.

N

O

OS

SCO2H

CN

(104)

N

O3S

O3S

N

O NH

OP

OP

OP

OP

OP

OP

O

O

OH

O

OH

O

OH

O

OH OH

O O

OH

ON

N

N

N

OH

NH2

SO3

SO3

(105)

O

OH

HOO

OH

HON

Me

Me

O

OH

HO

O

OH

HO

O

OH

HO

O

NMe NO2

O

OH

HO

O

NMe

O

CNNC

O

OH

HO

O

NMe CN

(106) (107)

(109)(108)

(110) (111)

(112)

Abb. 59. Fluoreszenzfarbstoffe in der Bioanalytik: Eine DNA-Polymerase baut einen DNA-Strang vollständig aus vier

fluoreszenzmarkierten Nucleotiden wie (105) auf.

Abb. 60. Visualisierung biologischer Strukturen durch Oligodesoxyfluoroside (ODF). Durch Ersatz von bis zu vier Nucleobasen durch Fluoro-

phore (106–112) lässt sich eine Palette von 23 farblich unterscheidbaren ODF erzeugen.

�Magazin� Organische Chemie 294

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Page 29: Organische Chemie 2009

bei Bestrahlung mit UV-Licht (� = 340 – 380 nm) alle ODF simultan anregen lassen (Abbildung 60).149)

Ein neuer Ansatz für die Photo -dynamische Tumortherapie ist der „logische Sensibilisator“ (113). Er produziert bei Bestrahlung erst dann effizient 1O2, wenn zwei weitere Be-dingungen – hohe Konzentrationen an Na+- und H+-Ionen – erfüllt sind (Abbildung 61).150)

Zu den Highlights 2009 zählen auch Anwendungen bei den Mate-rialien: So lassen sich mechanische Beanspruchungen in Polymeren durch die Ringöffnung des mecha-nophoren Spiropyrans (114) zu dem farbigen Merocyanin (115) detektie-ren (Abbildung 62).151) Bemerkens-wert ist der frühzeitige Nachweis von Korrosion in epoxidharzversie-geltem Stahl; er beruht auf der Reak-tion von (116) mit Fe3+-Ionen zum Komplex (117), der bei Bestrahlung fluoresziert (Abbildung 63).152)

Uwe Beifuss, Universität Hohenheim,

[email protected] 147) J.-H. Yum, D. P. Hagberg, S.-J. Moon, K. M.

Karlsson, T. Marinado, L. Sun, A. Hagfeldt, M. K. Nazeeruddin, M. Grätzel, Angew. Chem. 2009, 121, 1604–1608.

148) J. Eid, A. Fehr, J. Gray, K. Luong, J. Lyle et al., Science 2009, 323, 133–138.

149) Y. N. Teo, J. N. Wilson, E. T. Kool, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 3923–3933.

150) S. Ozlem, E. U. Akkaya, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 48–49.

151) D. A. Davis, A. Hamilton, J. Yang, L. D. Cremar, D. V. Gough et al., Nature 2009, 459, 68–72.

152) A. Augustyniak, J. Tsavalas, W. Ming, Appl. Mater. Interfaces 2009, 1, 2618–2623.

Naturstoffe

� Die Funktionalisierung biologisch aktiver Naturstoffe mit fluoreszieren-den Gruppen erleichtert die Suche nach deren Wirkorten. Ein Beispiel dafür lieferten Fenical, La Clair et al.: Sie kuppelten den neuen bakteriellen marinen Naturstoff Ammosamid B (118)153) an eine Dimethylaminocu-marin-Einheit, bestimmten per Fluo-reszenzmikroskopie die Verteilung des 50-fach weniger zytotoxischen Addukts (119) in Mäusegewebe und identifizierten Myosin als Target in der Darmkrebs-Zelllinie HCT-116 (Abbildung 64, S. 296).154) Um die Struktur der protonenarmen Ammos -amide aufzuklären war Röntgen-strukturanalyse nötig.

Eine Azafulven-Teilstruktur fan-den Schupp, Hemscheidt et al. im Pigment Pseudocerosin (120), das den blauen Flecken des marinen Plattwurms Pseudocerus indicus die Farbe verleiht.155) Aus vier Einheiten besteht das 84 Kohlenstoffatome um-fassende Indolalkaloid Alas mont -amin A (121) aus dem Hundsgiftge-wächs Tabernaemontana elegans.156)

Die Funktion eines Naturstoffs und seine strukturelle Komplexität

sind nicht korreliert. Das Polyen-Peroxid Mycangimycin (122) fan-den Clardy et al. in einer Streptomy-ces-Art, die in Symbiose mit dem Käfer Dendroctonus frontalis lebt und dessen Pilzparasiten Ophiosto-ma minus hemmt.157) Mycangimy-cin (122) mit seiner seltenen 1,2-Dioxolan-Teilstruktur ist ge-nauso wirksam gegen den Malaria-erreger Plasmodium falciparum wie klinisch eingesetzte Medikamente. Als Aphrodisiakum, allerdings nur auf den weiblichen Großen Kohl-weißling Pieris brassicae, wirkt Brassicalacton (123), das Schulz et al. per Ringschluss-Metathese zur Strukturaufklärung synthetisie-ren.158) Das von Zhang et al. auf-geklärte undekazyklische Guaiano-lid-Trimer Ainsliatrimer A (124) aus der chinesischen Heilpflanze Ainsliaea fulvioides wirkt im mitt-leren nanomolaren Bereich zytoto-xisch gegen mehrere Krebszellini-en.159)

Eine Arbeit über Hemiphorboxa-zol A (125) aus dem Meeres-schwamm Phorbas sp. macht die Empfindlichkeit der aktuellen ana-lytischen Methoden deutlich. Bereits 16,5 Mikrogramm von (125) reich-

OO

O

OO

NB

NI

N

F F

I

N(113)

N O

O

Polymer

MeO

Polymer

NO2 NMe

O O

NO2

Polymer

O

Polymer

(114) (115)

O

N

O

N

NN O NN

Fe3+

N

O

N

Fe3+

(116) (117)

Abb. 61. „Logischer Sensibilisator“ (113) für

die Photo dynamische Tumortherapie.

Abb. 62. Ringöffnung des mechanophoren Spiropyrans (114) zum farbigen Merocyanin (115).

Abb. 63. Reaktion von (116) mit Fe3+-Ionen zum Komplex (117). Letzterer fluoresziert bei Bestrahlung.

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Organische Chemie �Magazin� 295

Page 30: Organische Chemie 2009

ten Dalisay und Molinski zur Struk-turaufklärung.160)

Thomas Lindel, TU Braunschweig,

[email protected]

Delphine Jacquot, Solvay Arzneimittel

GmbH, [email protected]

153) C. C. Hughes, J. B. MacMillan,

S. P. Gaudêncio, P. R. Jensen, W. Fenical,

Angew. Chem. 2009, 121, 739–741.

154) C. C. Hughes, J. B. MacMillan,

S. P. Gaudêncio, W. Fenical, J. J. La Clair,

Angew. Chem. 2009, 121, 742–746.

155) P. J. Schupp, C. Kohlert-Schupp,

W. Y. Yoshida, T. K. Hemscheidt, Org. Lett.

2009, 11, 1111–1114.

156) Y. Hirasawa, S. Miyama, T. Hosoya,

K. Koyama, A. Rahman, I. Kusumawati,

N. C. Zaini, H. Morita, Org. Lett. 2009, 11,

5718–5721.

157) D.-C. Oh, J. J. Scott, C. R. Currie, J. Clardy,

Org. Lett. 2009, 11, 633–636.

158) S. Yildizhan, J. van Loon, A. Sramkova,

M. Ayasse, C. Arsene, C. ten Broeke,

S. Schulz, ChemBioChem 2009, 10,

1666–1677.

159) Y. Wang, Y.-H. Shen, H.-Z. Jin, J.-J. Fu, X.-J.

Hu, J.-J. Qin, J.-H. Liu, M. Chen, S.-K. Yan,

W.-D. Zhang, Org. Lett. 2008, 10,

5517–5520.

160) D. S. Dalisay, T. F. Molinski, Org. Lett.

2009, 11, 1967–1970.

N

NO

MeNH2

Cl

H2N

H2N O

N

NO

Me

N

NH

Cl

H2N

H2N O

O

O

O

N

NH

HO

Me

OMe

S Me

O

H2N

ON

OO O

O

OO

OO

O

H

H

H

OH

N N

N

O

CO2Me

OH

OH

H

H

H

NN

N

NH

OO

CO2Me

HO

HO

H

H

H

HN

O

O

O

ONC

O

NO

O

OH

O OHO

O

Ammosamid B (118)

Ainsliatrimer A (124)

Alasmontamin A (121)

Hemiphorboxazol A (125)

Mycangimycin (122)

Brassicalacton (123)

fluoreszierendesAmmosamid B-Derivat (119)

Pseudocerosin (120)

O

O

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Abb. 64. Aktuelle Naturstoffe.

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�Magazin� Organische Chemie 296

Page 31: Organische Chemie 2009

Pharmazeutika

� Die Arzneimittelneuzulassungen waren im letzten Jahr eher von Opti-mierungen bestehender Arzneimit-tel geprägt, als von der Einführung neuer Wirkprinzipien.

Mit Dronedarone (127)161) brachte

Sanofi-Aventis eine verbesserte Be-handlungsoption des Vorhofflim-merns durch Modifizierung des K+-, Na+- und Ca2+-Kanal-Blockers Amio-darone (126) zur Zulassung. Durch Entfernen der beiden Iodatome und Einbau eines Sulfonamids ließen sich mit (127) die zum Teil schwer-wiegenden Lungen- und Schilddrü-sen-Nebenwirkungen von (126) deutlich reduzieren (Abbildung 65).

Nach einer Analyse der Schwach-punkte von Clopidogrel (128), ei-nem der derzeit umsatzstärksten Medikamente weltweit, entwickel-ten Forscher von Daiichi-Sankyo Prasugrel (129)162) als oralen Throm-bozytenaggregationsinhibitor zur Behandlung des akuten koronaren Syndroms. Einerseits verhindert der Einbau eines Ketons in (129) anstel-le des Esters in (128) die metabo-lische Inaktivierung von Prasugrel zur korrespondierenden Carbonsäu-

re, andererseits erleichtert die Ein-führung des Acetats in 2-Position des Thiophenfragments die über das Thiolacton (130) zum aktiven Thiol (131) verlaufende Bioaktivierung von (129) gegenüber Clopidogrel. Das Thiol (131) bindet schließlich irreversibel an den Blutplättchen-Rezeptor P2Y12 und verhindert so die Thrombozytenaggregation und damit letztlich das Auftreten von Thrombosen (Abbildung 66).

Als neuen onkologischen Wirk-stoff für Nierenkrebs entwickelte Glaxo Smith Kline den oralen Pan-Tyrosinkinase-Inhibitor Pazopanib (132),163) der die VEGFR-1, -2 und -3 (vascular endothelial growth factor receptor) sowie PDGFR (platelet-driven growth factor receptor) und c-kit-Tyrosinkinasen blockiert. Die VEGFR-Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Angiogenese, und ihre Inhibition gehört zu den vielversprechendsten Konzepten der Krebstherapie. Durch die gleichzeiti-ge Blockade mehrerer Signalwege für Kinasen wird eine höhere Effi-zienz durch Ausschluss von alterna-tiven, redundanten Signalwegen an-gestrebt, als sie bei den selektiven VEGFR-Tyrosin-Kinaseblockern der

ersten Generation wie Sunitinib er-reicht wird. (132) bindet an der Ki-nase-ATP-Bindungsstelle mit Was-serstoffbrücken zum Aminopyrimi-din (Abbildung 67).

Roland Pfau, Henning Priepke

Biberach

roland.pfau@

boehringer-ingelheim.com hen-

ning.priepke@

boehringer-ingelheim.com

161) R.L.Page, B.Hamad, P. Kirkpatrick, Nat.

Rev. Drug Discov. 2009, 8, 769–770.

162) S. Alban, Pharm. Unserer Zeit. 2009, 38,

320–328.

163) C. A. Castaneda, H. L. Gomez, Fut. Onc.

2009, 5, 1335–1348.

(126)

O

On-C4H9

O

O

On-C4H9

ON(Et)2

I

I (127)

Optimierung

H3CSO2HN

N(nC4H9)2

Abb. 65. Neues Antiarrhythmikum Dronedarone.

Abb. 66. Neuer Thrombozytenaggregationshemmer Prasugrel.

Abb. 67. Neues Krebsmedikament Pazopanib.

N

SOAc

F

O

N

SCl

O OCH3

(128)(129, Racemat)

Optimierung

(129)Esterasen

N

SO

F

O

(130)

N

F

O

(131)

diverseCytochrome

SH

COOH

N

NNH

N

CH3

NN CH3

H2NO2S

(132)

Nachrichten aus der Chemie | 58 | März 2010 | www.gdch.de/nachrichten

Organische Chemie �Magazin� 297

Page 32: Organische Chemie 2009

Highlights aus der Agrochemie

� In der Pflanzenschutzindustrie führte die Neuregelung der EU-Pes-tizid-Richtlinie 91/414 zu Diskussio-nen. Die Konsequenzen sind teilwei-se noch nicht in vollem Umfang ab-zusehen. Insbesondere die Abkehr von der bisherigen risikobasierten Bewertung hin zur Zulassung auf-grund von toxikologischen End-punkten ist Gegenstand kontrover-ser Diskussionen. Für die Pflanzen-schutzforschung hat das zur Folge, dass regulatorische Aspekte bei der Auswahl potentieller Entwicklungs-kandidaten eine immer größere Rol-le spielen.

Die Isoxazoline (133) und (134) wurden als neue insektizide Wirkstof-fe auf dem ACS National Meeting in Washington vorgestellt.164,165 Sie ge-hören zu einer neuen Klasse von GA-BA-Inhibitoren, die möglicherweise eine andere Bindungsstelle als das hochwirksame Insektizid Fipronil (135) am gleichen Rezeptor besetzen. Die Verbindungen zeigen ein breites insektizides und akarizides Wirkspek-trum und sind auch gegen Ektoparasi-ten einsetzbar (Abbildung 68).

DuPont brachte mit dem Cyazypy-rä (136) ein weiteres insektizides An-thranilamid auf den Weg. Wie das Ry-naxypyr, das erste Marktprodukt aus dieser Stoffklasse, wirkt die Verbin-dung als Agonist des Ryanodin-Rezep-tors. Das Nachfolgeprodukt wirkt bes-ser gegen saugende Insekten; das vor-teilhafte toxikologische Profil des Vor-gängers bleibt jedoch erhalten.166) Mit dem Sulfoxaflor (137) von Dow wurde nach Jahren erstmals wieder ein neuer Typ von Neonicotinoid-Insektiziden gefunden, ein Ansatz, der bei weiteren Arbeitsgruppen auf Interesse gestoßen ist.167)

Im Hinblick auf die zunehmen-den Resistenzen gegenüber breit ein-gesetzten Herbiziden168) führt BASF mit Saflufenacil (Kixorä) (138) ein neues Herbizid in den Markt ein.169) Dieser Protoporphyrinogen-(IX)-oxidase(PPO)-Inhibitor wirkt gegen mehr als 80 zweikeimblättrige Un-kräuter, darunter Biotypen, die ge-gen Glyphosat oder ALS-Inhibitoren resistent sind. Das systemische Her-

Abb. 68. Neue insektizide Wirkstoffe.

Abb. 69. Neue herbizide Wirkstoffe.

N

NN

N

ONCF3

Cl

Cl

ON

CF3

Cl

Cl

O

NN

O

F3C

(133) (134)

NN

N

Cl

Cl

CF3

SF3C

O

H2N

N

NH

O NN

N

Cl

Br

O

NH3C

S

N

O

NF3C

H3C

N

Sulfoxaflor (137)

Fipronil (135) CyazypyrTM (136)

F Cl

N

NO

NH

SN

O O

O

OF3C

CH3

CH3

Saflufenacil (KixorTM) (138)

N

N

N

NH

NH2

F

Indazif lam (139)

N

N

N

N

CH3

CH3(CH2)7

NH2

NN

O

N

H

F

CH3

H3C

CH3H3C

H3C

N

F

CH3

CH3

O

CH3

OH3C H3C

H3C

N

SS

F

CF3

OH3C

CN

Penflufen (140) Tebufloquin (141)

Flutianil (142) Ametoctradin (143)

Abb. 70. Neue fungizide Wirkstoffe.

�Magazin� Organische Chemie 298

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Page 33: Organische Chemie 2009

Stefan Bräse ist seit dem Jahr

2001 Professor für organi-

sche Chemie (erst in Bonn

und seit 2003 in Karlsruhe).

Er studierte Chemie an der

Universität Göttingen (Armin

de Meijere), war Postdoc in Uppsala (Jan Bäck-

vall) und La Jolla (K. C. Nicolaou) und habilitier-

te sich an der RWTH Aachen (Dieter Enders).

Seine Forschungsinteressen gelten der Fest-

phasensynthese, der asymmetrischen Kataly-

se und Naturstofftotalsynthesen.

Nachrichten aus der Chemie | 58 | März 2010 | www.gdch.de/nachrichten

Organische Chemie �Magazin� 299

bizid170) bekämpft unter anderem aufgelaufene Unkräuter vor der Saat, und sorgt dadurch für eine effizien-tere Aussaat und ermöglicht eine größere zeitliche Flexibilität beim Einsatz nachfolgender Herbizide. Darüber hinaus wirkt Saflufenacil gegen alle wichtigen zweikeimblätt-rigen Unkräuter im Vorauflauf von Mais unter Verzicht auf Triazin-Her-bizide.

Für Anwendungen im nicht land-wirtschaftlichen Bereich, insbesonde-re für Golf- und Sportplätze sowie für öffentliche Grünanlagen, entwickelte Bayer Crop Science das Herbizid In-daziflam (139).171) Es handelt sich um einen Inhibitor der Zellwandbio-synthese172) mit lang anhaltender Wirkungsdauer und einem breiten Wirkspektrum gegen Ungräser und Unkräuter (Abbildung 69). Weiteres Potenzial wird auch in landwirt-schaftlichen Kulturen mit Indaziflam als neuem Basis-Herbizid gesehen.

Der Einsatz von Mikroorganis-men und ihrer Produkte im Pflan-zenschutz und die Nutzung von Bio-logicals ist stark im Kommen. War bis in die achtziger Jahre das Insekti-zid Bacillus thuringiensis (Bt) prak-tisch der einzige wesentliche Vertre-ter dieser Anwendungsart, so hat sich mittlerweile ein Markt von ge-schätzten 300 bis 700 Millionen US-Dollar etabliert – mit jährlichen Wachstumsraten von etwa sieben bis zehn Prozent.173)

Das Biofungizid Kodiak der Bayer Crop Science basiert auf Bacillus sub-tilis und wurde für Saatgutanwen-dungen entwickelt.174) Bayer Crop Science hat zudem von Agro Green, Israel, Produkte, die Bio Nem (Wirk-stoff Bacillus firmus) enthalten, er-worben. Sie reduzieren die Anzahl von Nematoden – im Boden lebende Fadenwürmer, die Pflanzenwurzeln befallen können.175) Serenade, ein Biofungizid, ebenfalls basierend auf dem Bacillus-subtilis-Stamm QST 713, wird gemeinsam von BASF und Agra Quest vermarktet. Serenade bewies seine Breitbandwirksamkeit im Pflanzenschutz an mehr als 50 ver-schiedenen Kulturpflanzen in welt-weit 6 000 Feldstudien. Penflufen (140) ist nach Bixafen [s. Nachr.

Chem. 2009, 57, 264] ein zweiter Succinat-Dehydrogenase-Inhibitor (SDHI) der Bayer Crop Science (Ab-bildung 70). Das Breitspektrum-Fungizid wird vor allem für Saatgut-anwendungen entwickelt; die Regis-trierung wird für 2012 erwartet.176)

Gegen Reiskrankheiten wird Tebu-floquin (141) von Meiji Seika Kais-ha, Japan, entwickelt. Es gehört zu der Klasse der Chinoline.177)

Flutianil (Valent, Pinpoint) (142) ursprünglich von Otsuka Chemical, Japan, gefunden, aus der Klasse der Thiazolidine mit noch nicht bekann-tem Wirkmechanismus wird gegen Mehltau in Obstkulturen ent-wickelt.178)

Ametoctradin (Initium) (143) der BASF ist ein neues Fungizid gegen Peronosporamyceten mit sehr guter Selektivität und sehr gutem regula-torischem Profil zur Anwendung ge-gen Pflanzenkrankheiten in Obst und Gemüse.

Thomas Seitz, Axel Kleemann,

Wolfgang von Deyn, BASF

[email protected]

[email protected]

[email protected]

164) G. P. Lahm, , T. F. Pahutski, J. K. Long,

B. K. Smith, M. Xu, C. W. Holyoke Jr.,

J. D. Barry, D. Cordova1, R. Smith, The

238th ACS National Meeting, Wa-

shington DC, August 16–20, 2009,

AGRO 159

165) Yoshihisa Ozoe, Miho Asahi, Fumiyo

Ozoe, Kunimitsu Nakahira, and Takeshi

Mita . The 238th ACS National Meeting,

Washington DC, August 16–20, 2009,

AGRO 51

166) G. P. Lahm, D. Cordova, J. D. Barry, Bioorg.

Med.Chem. 2009, 17, 4127.

167) H. Yu, Z. Qin, H. Dai, X. Zhang, X. Qin,

T. Wang, J. Fang, J. Agric. Food Chem.

2008, 56, 11356

168) International survey of herbicide

resistant weeds : www.weedScience.org/

In.asp

169) http://agproducts.basf.us/campaigns/

kixor/index.html

170) R. Liebl, H. Walter, S. J. Bowe, T. J. Holt,

D. E. Westberg, The 2008 WSSA Annual

Meeting, Chicago, Illinois, USA (Präsen-

tation Nummer 120), www.wssa.net/

Meetings/WSSAAnnual/2008.htm

171) Bayer AG – Aktionärsbrief 1. Quartal

2009, www.aktionaersbrief-q1–09.bayer.

de/de/Nachrichten.aspx

172) D. F. Myers, R. Hanrahan, J. Michel,

B. Monke, L. Mudge, L. Norton, C. Olsen,

A. Parker, J. Smith, D. Spak, The 2009 WSSA

Annual Meeting, Orlando, Florida, USA

(Präsentation Nummer 386), www.wssa.

net/Meetings/WSSAAnnual/2009.htm

173) Agrow Reports 2004: Biopesticide, Bio-

control and Semiochemicals Market;

Business Communications Company

2006: The new Biopesticide Market

174) www.bayercropScienceus.com/

products_and_seeds/

seed_treatments/kodiak.html

175) www.seedquest.com/News/

releases/2009/march/25651.htm

176) Source:Agriculture online2009–9–25

177) www.alanwood.net/pesticides/

tebufloquin.html

178) www.fluoridealert.org/pesticides/

flutianil-page.html


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