+ All Categories
Home > Documents > Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center...

Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center...

Date post: 09-Aug-2020
Category:
Upload: others
View: 3 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
130
Organisatorische Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen Unternehmenserfahrungen, Forschungs- und Transferbedarfe Herausgeber Dieter Spath Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO Hartmut Hirsch-Kreinsen Lehrstuhl Wirtschafts- und Industriesoziologie der Technischen Universität Dortmund Steffen Kinkel Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI
Transcript
Page 1: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

»Ist Flexibilität genug?« Mit dieser Frage konfrontierte Prof. Dieter Spath die Teilnehmer eines öffentlichen Diskurses in Stuttgart. Grundsätzlich, so die Antwort, muss zu Flexibilität noch Wandlungs-fähigkeit kommen, damit produzierende Unternehmen auch zukünftig im globalen Wettbewerb bestehen können. Wandlungsfähigkeit – die Fähigkeit, ein etabliertes Arbeitssystem schnell und nachhaltig struk-turell zu verändern – kann grundsätzlich an den drei Dimensionen Mensch, Organisation und Technik ansetzen, wobei insbesondere der Mensch und die Organisation zentrale Ansatzpunkte für die Wandlungsfähigkeit bilden.

In der Voruntersuchung »Organisatorische Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen – Unternehmenserfahrungen, Forschungs- und Transferbedarfe« haben das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart, der Lehrstuhl Wirt-schafts- und Industriesoziologie der Technischen Universität Dortmund und das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Karlsruhe die betrieblichen Anforderungen an organisatorische Flexi-bilität und Wandlungsfähigkeit untersucht, um hieraus Forschungs- und Transferbedarfe abzuleiten.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass flexible und wandlungsfähige Leistungsanbieter deutliche Wettbewerbsvorteile erreichen können. Neue Modelle und Prinzipien für die Organisation der Produktion unter Nutzung der Potentiale hoch qualifizierter Mitarbeiter, sowohl im einzelnen Unternehmen als auch in Produktionsnetzwerken, müssen hier als Schlüsselfaktoren angesehen werden.

Die Voruntersuchung wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Rahmenkonzepts »Forschung für die Produktion von morgen« gefördert und vom Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA) betreut.

ISBN 978-3-8167-7530-0

Organisatorische Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen

Unternehmenserfahrungen, Forschungs- und Transferbedarfe

Herausgeber

Dieter SpathFraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO

Hartmut Hirsch-KreinsenLehrstuhl Wirtschafts- und Industriesoziologie der Technischen Universität Dortmund

Steffen KinkelFraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI

Org

anis

ato

risc

he

Wan

dlu

ng

sfäh

igke

it p

rod

uzi

eren

der

Un

tern

ehm

en

Page 2: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

»Ist Flexibilität genug?« Mit dieser Frage konfrontierte Prof. Dieter Spath die Teilnehmer eines öffentlichen Diskurses in Stuttgart. Grundsätzlich, so die Antwort, muss zu Flexibilität noch Wandlungs-fähigkeit kommen, damit produzierende Unternehmen auch zukünftig im globalen Wettbewerb bestehen können. Wandlungsfähigkeit – die Fähigkeit, ein etabliertes Arbeitssystem schnell und nachhaltig struk-turell zu verändern – kann grundsätzlich an den drei Dimensionen Mensch, Organisation und Technik ansetzen, wobei insbesondere der Mensch und die Organisation zentrale Ansatzpunkte für die Wandlungsfähigkeit bilden.

In der Voruntersuchung »Organisatorische Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen – Unternehmenserfahrungen, Forschungs- und Transferbedarfe« haben das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart, der Lehrstuhl Wirt-schafts- und Industriesoziologie der Technischen Universität Dortmund und das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Karlsruhe die betrieblichen Anforderungen an organisatorische Flexi-bilität und Wandlungsfähigkeit untersucht, um hieraus Forschungs- und Transferbedarfe abzuleiten.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass flexible und wandlungsfähige Leistungsanbieter deutliche Wettbewerbsvorteile erreichen können. Neue Modelle und Prinzipien für die Organisation der Produktion unter Nutzung der Potentiale hoch qualifizierter Mitarbeiter, sowohl im einzelnen Unternehmen als auch in Produktionsnetzwerken, müssen hier als Schlüsselfaktoren angesehen werden.

Die Voruntersuchung wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Rahmenkonzepts »Forschung für die Produktion von morgen« gefördert und vom Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA) betreut.

ISBN 978-3-8167-7530-0

Organisatorische Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen

Unternehmenserfahrungen, Forschungs- und Transferbedarfe

Herausgeber

Dieter SpathFraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO

Hartmut Hirsch-KreinsenLehrstuhl Wirtschafts- und Industriesoziologie der Technischen Universität Dortmund

Steffen KinkelFraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI

Org

anis

ato

risc

he

Wan

dlu

ng

sfäh

igke

it p

rod

uzi

eren

der

Un

tern

ehm

en

Page 3: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

Impressum

Die Voruntersuchung wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Rahmenkonzepts »Forschung für die Produktion von morgen« gefördert und vom Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA) betreut.

SatzDörr und Schiller, Satz- und Datentechnik

Produktion, TitelgestaltungAnette Grimmel, Petra Riesemann

DruckFraunhofer Informationszentrum Raum und Bau IRB, Stuttgart

© Fraunhofer IAO, Stuttgart 2008Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung des Fraunhofer IAO unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Speicherung in elektronischen Systemen.

Fraunhofer IRB Verlag, StuttgartPrinted in Germany

ISBN 978-3-8167-7530-0

Page 4: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

Organisatorische Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen

Unternehmenserfahrungen, Forschungs- und Transferbedarfe

Herausgeber

Dieter SpathFraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO

Hartmut Hirsch-KreinsenLehrstuhl Wirtschafts- und Industriesoziologie der Technischen Universität Dortmund

Steffen KinkelFraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI

Das Projektteam

Dr. Jörg AbelWissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Wirtschafts- und Industriesoziologie der Technischen Universität Dortmund

Dr. Steffen KinkelLeiter des Competence Center Industrie- und Serviceinnovationen am Fraunhofer ISI, Karlsruhe

Dipl.-Ing. Peter RallyLeiter des Marktstrategieteams Produktions- systemplanung am Fraunhofer IAO, Stuttgart

Dipl.-Ing. Oliver ScholtzWissenschaftlicher Mitarbeiter im Marktstrategieteam Produktionssystemplanung am Fraunhofer IAO, Stuttgart Dr. Wolfgang SchweizerLeiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart

Page 5: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

4

Inhalt

1 Zusammenfassung 6

2 Ausgangslage, Zielsetzung und Methodik der Voruntersuchung 11

2.1 Ausgangslage und Problemstellung 11

2.2 Zielsetzung der Voruntersuchung 14

2.3 Methodik 162.3.1 Vorgehensweise 162.3.2 Datenbasis und Methode der ISI-Erhebung »Modernisierung

der Produktion 2006« 182.3.3 Interviewleitfaden und Auswahl der Firmen 21

3 Stand der Wissenschaft und der industriellen Anwendung 23

3.1 Vorhandene Ansätze 23

3.2 Forschungsprojekte 263.2.1 Europäische Kommission – Forschung 263.2.2 Deutsche Forschungsgemeinschaft 303.2.3 Rahmenkonzept »Forschung für die Produktion von morgen«

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung 363.2.4 Programm »Arbeiten – Lernen – Kompetenzen entwickeln. Innovations-

fähigkeit in einer modernen Arbeitswelt« des Bundesministeriums für Bildungund Forschung 44

4 Problembereiche und Handlungsfelder 49

4.1 Mehr Flexibilität durch Organisation – Nutzung organisatorischer Flexibilitäts-befähiger im deutschen Verarbeitenden Gewerbe 49

4.1.1 Stellenwert flexibilitätsorientierter Strategien in der Industrie 494.1.2 Verbreitung flexibilitätsfördernder Organisationskonzepte (Befähiger) 524.1.3 Flexibilitätswirkungen der organisatorischen Befähigerkonzepte 624.1.4 Fazit: Betriebliche Nutzung organisatorischer Flexibilitätsbefähiger nicht

ausgereizt 65

4.2 Darstellung ausgewählter Unternehmen 664.2.1 Hersteller von Türen und Toren 664.2.2 Büromöbelhersteller 694.2.3 Hersteller von Falzanlagen 724.2.4 Landmaschinenhersteller 754.2.5 Hersteller von Stanzformen und Werkzeugen 794.2.6 Hersteller von Gas-Sicherheitstechnik 83

Page 6: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

5

4.2.7 Kunststoffproduzent 874.2.8 Hersteller von Spannzeugen und Antriebstechnik 904.2.9 Hersteller von optischen Geräten 94

4.3 Zusammenfassung der empirischen Erhebung 97

4.4 Öffentlicher Diskurs 994.4.1 Einführung und Beiträge der Industrie 994.4.2 Workshop Personal und Personalinstrumente 1044.4.3 Workshop Zwischenbetriebliche Kooperationen 1074.4.4 Workshop Prozessorientierte Organisation 111

5 Fazit 115

6 Zitierte und weiterführende Literatur 123

Page 7: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

6

1Zusammenfassung

Dieser Bericht dokumentiert die Ergebnisse der vom Bundesministerium für Bildungund Forschung (BMBF) geförderten Voruntersuchung »Wandlungsfähige Organisa-tion produzierender Unternehmen«, die vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaftund Organisation, Stuttgart, dem Lehrstuhl für Wirtschafts- und Industriesoziologieder Technischen Universität Dortmund und dem Fraunhofer-Institut für System- undInnovationsforschung, Karlsruhe, durchgeführt wurde.

Die Zielsetzung der Voruntersuchung war, bestehende Forschungs- und Transfer-bedarfe sowie erste konkrete Ansätze in bezug auf die betrieblichen Anforderungenan Flexibilität und Wandlungsfähigkeit zu erheben und hieraus Forschungs- undTransferbedarfe abzuleiten. Parallel zu dieser Voruntersuchung gibt es eine weitereVorstudie zu dem Thema wandlungsfähige Produktionssysteme, die sich mit der tech-nischen und technologischen Wandlungsfähigkeit von produzierenden Unternehmenbefasst und im ersten Quartal 2008 abgeschlossen wird.

Wesentliche Handlungsfelder der organisatorischen Wandlungsfähigkeit beziehensich auf die Bereiche

– Personal und Personalinstrumente,– zwischenbetriebliche Kooperationen und– prozessorientierte Organisation.

In der folgenden Zusammenfassung zu diesen Bereichen wird aufgezeigt, wo Hand-lungsfelder eher im Sinne eines noch nicht erfüllten Transferbedarfes von vorlie-genden Erkenntnissen einzuordnen sind und wo es sich um neuen Forschungsbedarfin diesen Bereichen handelt. Die einzelnen Punkte werden im Kapitel Fazit nocheinmal ausführlich beschrieben.

Zu den im Folgenden genannten Forschungs- und Transferbedarfen kommen nocheine Reihe von Fragestellungen hinzu, die unabhängig von den drei Dimensionenformuliert werden können. So ist zunächst in einer generellen Perspektive zu klären,wie die Unternehmen ihre Bedarfe an Flexibilität und Wandlungsfähigkeit überhaupterkennen können und welche Rolle die Schnelligkeit von Wandel künftig einnimmt,m.a.W.: Wie wichtig wird der Zeitfaktor? Sind hier neue Methoden und Instrumentefür die organisatorische Wandlungsfähigkeit gefordert? Weiterhin stellt sich diegrundsätzliche Frage, wie Unternehmen Wandel im Sinne von »Wandlungsmanö-vern« üben können. Zwar wurden zu diesen Fragen erste Hinweise in den Vorträgenauf dem Stuttgarter Diskurs gegeben, aber dennoch bleibt die Frage unbeantwortet,wie diese in KMU praktikabel angewendet werden können.

Personal und PersonalinstrumenteDer Mensch gilt als der entscheidende Erfolgsfaktor für die Umsetzung der Flexibili-täts- und Wandlungsanforderungen und damit – angesichts des turbulenten Markt-geschehens – auch für den Unternehmenserfolg. Dies bestätigt sowohl die Aufarbei-

Page 8: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

7

Zusammenfassung

tung der bisherigen Forschungsvorhaben als auch die eigene empirische Untersu-chung in ausgewählten Unternehmen.

Transferbedarf– Eine zentrale Herausforderung für die Unternehmen ist die Bewältigung der

Weiterbildungsanforderungen. Vielfach erfährt das Thema, allen Beteuerungenzum Trotz, nicht die gebührende Aufmerksamkeit, weil Weiterbildung (»lebens-langes Lernen«) noch nicht tief genug in dem Bewusstsein der Geschäftsleitungenund Führungskräfte verankert ist.

– Insbesondere seit den neunziger Jahren werden verschiedene Führungsinstru-mente wie Zielvereinbarungen oder Mitarbeitergespräche intensiv diskutiert. Hiergilt es, die vorhandenen Instrumente auf die spezifischen Bedingungen von KMUauszurichten, Überzeugungsarbeitarbeit zu leisten und Unterstützung bei derImplementierung zu leisten.

– Die Mitarbeiterbeteiligung wird von den Unternehmen immer noch als Problemdargestellt. Hier gilt es, existierende Verfahren und Methoden der Mitarbeiter-beteiligung den Unternehmen näher zu bringen.

Forschungsbedarf– Sowohl in den Betriebserhebungen als auch auf der Diskursveranstaltung zeigten

sich Defizite bei Führungskräften als den Vermittlern betrieblichen Wandels. Hierzubedarf es einerseits genauerer Untersuchungen über die Ursachen und anderer-seits der Entwicklung von Konzepten und Instrumenten für die Führungskräfte.

– Das Instrument der Mehrfachqualifikationen wird von vielen Unternehmens-vertretern als entscheidender Flexibilitätsvorteil gesehen, wobei es auch um neueQualifikationsmerkmale durch mehr Entscheidungsspielräume, höhere Autonomieoder gestiegene Kommunikationsanforderungen geht. Wie Mehrfachqualifika-tionen in jeweils spezifischen Kontexten auszusehen haben und wie sie vermitteltwerden, bedarf weiterer Forschungsanstrengungen.

– Es fehlen angemessene Konzepte zur Vereinfachung der zum Teil äußerstkomplexen Arbeitssysteme, um so auch weniger qualifizierten Beschäftigten eineChance zu geben und die Unternehmen von Aufwendungen in die Qualifizierungzu entlasten.

– Aus Sicht der Arbeitszeitgestaltung, gilt es Konzepte der Work-Life-Balance zuentwickeln, die auch den Mitarbeitern Flexibilitätsspielräume eröffnen.

– Aus der Sicht der betrieblichen Praktiker in kleinen und mittleren Unternehmenfehlen geeignete Konzepte für Modelle zur Gestaltung der Lebensarbeitszeit.

Zwischenbetriebliche KooperationenViele Netzwerkbeziehungen von KMU, insbesondere mit internationalen Zulieferernoder der Großindustrie, sind mit mehr oder weniger großen Problemen behaftet.Angefangen von unsicheren Bevorratungsebenen, unzureichender Flexibilität derPartner bis zu Qualitäts- oder Kommunikationsproblemen werden diese Netzwerkemit einem relativ großen Aufwand betrieben, ohne dass die Probleme zufriedenstel-

Page 9: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

8

lend gelöst werden. Hinzu kommen neue Anforderungen aus notwendigen Koope-rationen in Entwicklungs- und Produktionsbereichen jenseits marktlicher Zuliefer-beziehungen.

Transferbedarf– Die Hemmschwellen zur Kooperation bei Forschung und Entwicklung sind bei

KMU immer noch sehr hoch. Hier wird gewünscht, entsprechende »Goodpractice«-Beispiele von bei Entwicklungskooperationen erfahrenen Unternehmenzu sammeln und die Vorgehensweisen und Erfolgsfaktoren für die Bedarfe derKMU herauszuarbeiten.

– Für das Erkennen wichtiger technologischer Trends und zur flexiblen Aneignungdurch das Auffinden potenzieller Partner, die bereits nutzbare Kompetenzenaufgebaut haben, sind geeignete Beratungsangebote oder Kompetenzzentren zuinstallieren, deren Leistungen spezifisch für die Bedarfe der KMU zu konzipierensind.

Forschungsbedarf– Zur flexiblen, aber risikoarmen Vergabe von Fertigungs- und Entwicklungsauf-

gaben an externe Partnern fehlen geeignete Werkzeuge, die rasch und verlässlichhelfen zu bewerten, welche Entwicklungsleistungen ohne die Gefahr eines Know-how-Verlustes outgesourct werden können und für welche Leistungen auchweiterhin Ankopplungs- und Prozesskompetenzen vorgehalten werden müssen.

– KMU haben Schwierigkeiten, in komplexen verschachtelten Netzwerken (»supplynets«), insbesondere mit größeren Unternehmen und ausländischen Partnern,erfolgreich zu agieren. Hier besteht noch grundlegender Methoden- und Gestal-tungsbedarf. Gefragt sind hier geeignete Referenz- und Steuerungskonzepte, diees auch KMU mit ihren begrenzten personellen und Management-Kapazitätenerlauben, komplexe »supply nets« sicher zu koordinierenund flexibel entsprechendder jeweiligen Kundenwünsche und Marktbedingungen auszulasten.

– Beim Outsourcing können KMU nur schwer entscheiden, welche Wertschöpfungs-tiefe für Ihre Anforderungen die Richtige ist, um bei Bedarf wandlungsfähig zubleiben. Hilfreich wären hier für die Belange der KMU geeignete Organisations-und Referenzmodelle, die es erlauben, »atmende« Zuliefererkooperationen –insbesondere mit regionalen Partnern – unter Beibehaltung einer hohen eigenenWertschöpfungstiefe aufzubauen, ohne dazu kostspielige Überkapazitätenvorhalten zu müssen.

– Um einen Kooperationspartner vorab bewerten zu können, fordern die Unter-nehmen geeignete Bewertungsmethoden, die KMU helfen, auf Basis zentralerKriterien der Wandlungsfähigkeit rasch und dennoch einigermaßen verlässlicheinschätzen zu können, welche potenziellen Partner sich als offen und damit»kooperationsfähig« genug erweisen könnten, um die geforderten Anforderungenan Anpassungsfähigkeit in gemeinsamen Netzwerkbeziehungen mittragen zukönnen.

Page 10: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

9

Zusammenfassung

– Um zu erkennen, welche technologischen Trends hohe Auswirkungen auf daseigene Geschäft haben und Wandlungsfähigkeit erfordern, wurden geeigneteWerkzeuge mit »Radarfunktion« für die zukunftsorientierte Technologie-Trend-analyse gefordert. Diese Tools sollten gleichzeitig in der Lage sein, Suchstrategienund -kriterien für die strukturierte Suche nach kompetenten externen Partnernbereitzustellen und mit geeigneten Vorgehensweisen zu unterstützen.

Prozessorientierte OrganisationDie prozessorientierte Organisation folgt dem Leitbild, dass sich der strukturelleAufbau eines Unternehmens an den notwendigen betrieblichen Prozessen orientiert.In diesem Themenfeld sind sowohl die strukturellen aufbauorganisatorischen als auchdie ablauf- und arbeitsorganisatorischen Fragestellungen verankert.

Transferbedarf– Durch Reorganisation und Dezentralisierung kommt es in den Unternehmen immer

wieder zu erheblichen Kommunikationsschwierigkeiten sowohl horizontal alsauch vertikal. Betrachtet man die Möglichkeiten zur Kommunikationsunterstüt-zung, die aus den Projekten zum Projektmanagement, simultaneous engineering,usw. zur Verfügung stehen, kann in diesem Handlungsfeld von einem Transfer-bedarf ausgegangen werden.

– Für die Dimensionierung von logistischen Regelkreisen scheint es einen Transfer-bedarf für spezifische Branchen und Prozessfertiger zu geben. Hier könnten Good-Practice-Beispiele und entsprechende Beratungsangebote weiterhelfen.

Forschungsbedarf– Segmentierung ist für viele Unternehmen ein Instrument zur Flexibilisierung und

für mehr Transparenz. Um die Frage der Abstimmung von zentralen und dezen-tralen Funktionen von Segmenten oder Gruppen zu unterstützen, sind Instrumentenotwendig, mit denen aus den operativen Aufgaben und den notwendigenProzessen Hinweise zur Bestimmung des Autonomiegrades dezentraler Organi-sationseinheiten abgeleitet werden können.

– Es wurden Instrumente gefordert, mit denen der Bedarf an Wandlungsfähigkeit indezentralen Einheiten beurteilt werden kann. Ein Weg hierzu wären Instrumentezur Bewertung von Strukturen und Abläufen.

– Die Unternehmen vermissen Strategien zur Umsetzung von Wandel. Angefangenvon den Fragestellungen welche Prozesse Top-Down und welche Bottom-Upgefahren werden sollen, bis hin zur Unterstützung des Gesamtprozesses werdenHilfsmittel und Instrumente vermisst.

– Im Rahmen der Voruntersuchung wurde ein erheblicher Bedarf an Lösungs-konzepten zur flexiblen Kapazitäts- und Personaleinsatzplanung festgestellt.Die derzeit angewendeten Verfahren sind mit einem erheblichen personellenAufwand verbunden.

– Je nach Kundenanforderungen können Unternehmen an der Lieferschnittstelle mitunterschiedlichen Geschäftsstrategien im Sinne von Lagerfertigung oder Direktlie-

Page 11: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

10

ferung oder auch Just-in-Time-Strategien erhebliche Verbesserungen in denProzessen erreichen. Instrumente und Hilfsmittel zur Festlegung und Gestaltungvon Geschäftsstrategien in diesem Sinne fehlen.

Page 12: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

11

2Ausgangslage, Zielsetzung und Methodikder Voruntersuchung

2.1 Ausgangslage und Problemstellung

Im globalen Wettbewerb ist ein zunehmend dynamischer und turbulenter »Produkti-onsmarkt« entstanden. Damit befinden sich deutsche Produktionsstandorte verstärktim Wettbewerb um Produktionsaufträge – die Wettbewerbsvorteile durch Techno-logievorsprung und Qualität der Infrastruktur sind zurückgegangen –, ausländischeStandorte haben hier stark aufgeholt und können meist günstigere Arbeitskosten indie Waagschale werfen. Damit ist es für Unternehmen häufig der »einfachere« Weg,Kostenverbesserungen durch Verlagerung von Produktion als durch Produktivitäts-verbesserung an bestehenden Standorten zu erschließen.

Allerdings bieten die Dynamik der Nachfragemärkte und die zunehmende Individuali-sierung von Produkt- und Leistungsangeboten Chancen für Unternehmen, die inder Lage sind, sich zeitnah an Veränderungen im Markt anzupassen. Dies erforderteinerseits eine hohe Flexibilität in der Leistungserstellung und andererseits eine hoheWandlungsfähigkeit in Prozessen, Ressourcen und Strukturen für die Anpassung anneue oder veränderte Produkte und Leistungsangebote.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass flexible und wandlungsfähige Leistungsanbieterdeutliche Wettbewerbsvorteile erreichen können. Neue Modelle und Prinzipien fürdie Organisation der Produktion mit Nutzung der Potentiale hoch qualifizierter Mit-arbeiter, sowohl im einzelnen Unternehmen als auch in Produktionsnetzwerken,müssen hier als Schlüsselfaktor angesehen werden.

Der Begriff Wandlungsfähigkeit leitet sich aus den Diskussionen zur Flexibilität ab, diegezeigt haben, dass der Begriff Flexibilität den heutigen Markterfordernissen nichtmehr gerecht wird (»Flexibilität ist nicht genug!«). Wenn man Flexibilität als grund-sätzlich vorhandene Eigenschaften eines Systems ansieht, wie sie z.B. durch dieMehrfachqualifikation von Mitarbeitern oder technische Überkapazität implementiertwerden kann, so ist Wandlungsfähigkeit die Fähigkeit, ein etabliertes System schnellund nachhaltig strukturell zu verändern, d. h. dass das System seinen geplantenFlexibilitätskorridor verlässt und ein neues Niveau zur Erstellung von Dienstleistungenund Produkten erreicht. Flexibilität ist also die Eigenschaft, vorhandene Spielräumein einem etablierten System schnell und mit einem geringen Reaktionsaufwand zunutzen, wohingegen sich Wandlungsfähigkeit als nachhaltige Veränderung diesesetablierten Systems darstellt (Abbildung 1).

Da vorgehaltene Flexibilität häufig zusätzliche Kosten verursacht, z. B. bei technischerÜberkapazität, müssen Flexibilität und Wandlungsfähigkeit im betriebsspezifischenEinzelfall immer genau untersucht und für den jeweiligen Einsatzfall bewertetwerden.

Page 13: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

12

Ein weitere Sichtweise zum Begriff Wandlungsfähigkeit findet sich in einer Studie vonWiendahl, bei der verschiedene Veränderungstypen in Abhängigkeit von betrieb-lichen Ebenen betrachtet werden (vgl. Abbildung 2) (Wiendahl 2002). In dieserDarstellung von einzelnen Veränderungsbegriffen und betrieblichen Ebenen könnenAussagen darüber getroffen werden, auf welchen betrieblichen Ebenen bestimmteReaktionsweisen, auch im Hinblick auf Auftragsschwankungen und Varianzände-rungen, überhaupt greifen können. Wandlungsfähigkeit bezieht sich hier aufProdukte und Systeme eines Unternehmens auf der Ebene der Generalstruktur.

Wandlungsfähigkeit kann sich auf technische oder organisatorische Methoden oderProzesse beziehen; der Mensch ist dabei das aktive Bindeglied, das für die kreativenUmsetzungen der Wandlungsmaßnahmen befähigt sein muss. Zwar wurden in derVernetzung der Datenverarbeitungssysteme (CIM) enorme Fortschritte erzielt,der Mensch wird aber auch in Zukunft, insbesondere vor dem Hintergrund der stei-genden Ansprüche an die Mengen- und Variantenflexibilität, weiterhin im Mittel-punkt der produzierenden Unternehmen stehen und kreativer Leistungsträgerbleiben. Aus den teils schlechten Erfahrungen mit technischer Flexibilisierung in denachtziger Jahren ist bekannt, dass Flexibilität und – noch ausgeprägter – Wandlungs-fähigkeit auch als Mitarbeiter- und Organisationsthema zu betrachten ist. Um beitechnischen Investitionen die Fehler der Vergangenheit wie

Abbildung 1: Zum Begriff Wandlungsfähigkeit

Flexibilität– Veränderung in einem gegebenen Korridor (Gültigkeitsbereich)– Muss vorab installiert werden, d.h. Ressourcen müssen vorgehalten werden

Wandlungsfähigkeit, Wandel– Prozess vom Eintreten der Veränderung bis zu umgesetzten, funktionierenden Maßnahmen– Nachhaltige Veränderung– Strukturelle Anpassungen im Unternehmen– Potenziale für schonenden Ressourceneinsatz (Kapital, Technik/Material/Energie, Mensch) erschließbar

?

Page 14: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

13

Ausgangslage, Zielsetzung und Methodikder Voruntersuchung

– falsche Annahmen zu Variantenentwicklung und Lebenszyklus der Produkte,– Fehleinschätzung der Planungskosten und– Fehlentwicklungen bei den Folgekosten durch nicht erreichte Gesamtverfügbar-

keiten oder negativen Entwicklungen bei den Gemeinkosten

zu vermeiden, muss technische Flexibilität und Wandlungsfähigkeit sehr genaugeplant und immer in ein adäquates organisatorisches Konzept eingebundenwerden. Dieses Konzept zeichnet sich durch eine hohe Fähigkeit zur Anpassung anveränderte Rahmenbedingungen und eine schnelle Anpassung der Prozesse aus.

In einer Studie des Fraunhofer IAO (Spath et al. 2003), wurde festgestellt, dass dieBetriebe die personalen Barrieren für Wandlungsfähigkeit weit stärker gewichten alsdie betrieblichen Barrieren wie z. B. Finanzierungs- oder EDV-Probleme oder Schwie-rigkeiten im Informations- und Projektmanagement. Die Studie zeigt auf, dassVeränderungsprozesse mehr denn je auf die Unterstützung der Beschäftigten an-gewiesen sind. Werden die Betroffenen von Anfang an aus der Veränderung heraus-gehalten, kann sich keine nennenswerte Motivation zur Unterstützung von Ver-änderung herausbilden. Die Beteiligung der Mitarbeiter ist wesentlich für dieerfolgreiche Umsetzung von Veränderungsprozessen. Dabei kommt es nicht auf diebloße Breite der Beteiligung an, sondern vielmehr auf die systematische Aktivierungrelevanter Personen und Gruppen in einzelnen Phasen eines Veränderungsprozesses.Die Studie zeigt weiterhin, dass die Beteiligung von Mitarbeitern und Führungs-kräften sowohl konsensorientiert und ressourcenschonend als auch effektiv gestaltet

Abbildung 2: Veränderungstypen nach Wiendahl (2002)

Produkt-/Serviceportfolio

Markt-leistungsebene

Produktions-leistungsebene

ProdukteSysteme

KomponentenSubsysteme

WerkstückeBaugruppen

Fertigungs-/Fügeoperationen

Einzelplatz Gruppe Bereich General-struktur

Standort

Agilität

Wandlungsfähigkeit

Flexibilität

Rekonfigurierbarbeit

Umrüst-barkeit

Page 15: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

14

werden kann. Vor diesem Hintergrund sind Methoden und Instrumente, die sich mitPersonal, Personalprozessen und dem weiten Feld der Arbeitsorganisation befassen,mit einem erheblichen Einfluss auf die Handlungsfelder der organisatorischen Wand-lungsfähigkeit zu betrachten.

Es ist anzunehmen, dass zukünftige Arbeitssysteme zum einen intern durch eigen-verantwortliche, dezentrale Einheiten und zum anderen intensiv von der Vernetzungmit den indirekten Bereichen und externen Lieferanten und Kunden geprägt seinwerden. Das Thema Wandlungsfähigkeit durchdringt somit die gesamte Prozesskettevom Lieferanten bis zum Kunden. Für eine erfolgreiche Auftragsabwicklung ist es alsoentscheidend, dass die Leistungseinheiten in diesen Prozessketten eine ausgeprägteKooperationsfähigkeit besitzen.

Die wesentlichen Bereiche der Problemstellungen zur organisatorischen Wandlungs-fähigkeit produzierender Unternehmen sind also

– Personal und Personalinstrumente,– zwischenbetriebliche Kooperationen und– prozessorientierte Organisation.

2.2 Zielsetzung der Voruntersuchung

Die Voruntersuchung »Wandlungsfähige Organisation produzierender Unter-nehmen« hatte sich das Ziel gesetzt, bestehende Forschungs- und Transferbedarfesowie erste konkrete Ansätze in bezug auf die betrieblichen Anforderungen anFlexibilität und Wandlungsfähigkeit zu erheben. Ausgehend von den derzeitigenWettbewerbsbedingungen (Globalisierung, verschärfte Konkurrenzbedingungen,kundenindividuelle Produkte etc.) wurden Flexibilität und Wandlungsfähigkeit alsentscheidende Faktoren für die Standort- und Beschäftigungssicherung produ-zierender Unternehmen gesehen. Mit der Voruntersuchung sollte demzufolge einBeitrag geleistet werden, Schwächen und Probleme, aber auch Stärken von Unter-nehmen herauszuarbeiten, um hieraus Anforderungen für zukünftige Forschungs-programme und Transferaktivitäten ableiten zu können.

Die generelle Zielsetzung soll unter Bezugnahme auf zwei Schwerpunktsetzungenerreicht werden:

– Zum einen stellte die Voruntersuchung insbesondere kleine und mittlere Unter-nehmen (KMU) in den Mittelpunkt. da diese in besonderer Weise von denderzeitigen Marktturbulenzen betroffen sind. Zwar verfügen sie schon aufgrundihrer Betriebsgröße per se im Vergleich zu Großunternehmen günstigere Voraus-setzungen insbesondere für Flexibilität, aber sie haben auch entscheidende struk-turelle Probleme, die insbesondere in ihren begrenzten Ressourcen liegen, und

Page 16: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

15

Ausgangslage, Zielsetzung und Methodikder Voruntersuchung

darum einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Die Restriktionen derRessourcen beziehen sich auf die Finanzen, die Organisation, das Personal undnicht zuletzt die Managementfähigkeiten.

– Zum anderen konzentriert sich die Voruntersuchung auf die Dimensionen Organi-sation, Personal und Kooperation, da diese in besonderer Weise sowohl Einflusshaben auf als auch betroffen sind von den Auswirkungen flexibler und wandlungs-fähiger Unternehmensstrukturen. Zudem verweisen sie auf relevante Restriktionenvon KMU.

Die Ziele der Voruntersuchung lauten im Einzelnen:

Beschreibung der Markt- und ProduktionsszenarienDie Anforderungen an Flexibilität und Wandlungsfähigkeit von Unternehmen hängenentscheidend von den jeweiligen Markt- und Produktionsbedingungen ab, unterdenen die Unternehmen agieren. Einzelfertiger werden andere Anforderungen habenan Flexibilität und Wandlungsfähigkeit als Serienfertiger, Büromöbelhersteller wiederandere als Automobilzulieferer. Demzufolge sind Markt- und Produktionsszenarienfür ausgewählte Branchen des Verarbeitenden Gewerbes aufzustellen.

Flexibilitäts- und WandlungsanforderungenEin zentrales Ziel der Voruntersuchung ist die Erhebung und Beschreibung aktuellerund zukünftiger Flexibilitäts- und Wandlungsanforderungen von produzierendenUnternehmen. Hierfür dienen insbesondere die Auswertung der Umfrage»Modernisierung der Produktion« des Fraunhofer ISI sowie die Befragungen in ins-gesamt neun ausgewählten Unternehmen. Erreicht werden soll damit eine an dentatsächlichen Bedarfen der Unternehmen orientierte Ableitung von Flexibilitäts- undWandlungsanforderungen in bezug auf die Dimensionen Organisation, Personalund Kooperation.

Wandlungsbedarf bei KMU: Probleme und RestriktionenKleine und mittlere Unternehmen unterliegen spezifischen organisatorischen, finan-ziellen, personellen, zeitlichen und manageriellen Restriktionen, die Auswirkungenauf ihre Wandlungsfähigkeit haben. Besondere Probleme liegen hierbei für KMUzunächst in der Sicherung ihrer Ressourcen und Kernkompetenzen, die durch Wand-lungsfähigkeit nicht gefährdet werden dürfen. Als eine weitere Dimension sind dieBeschäftigten und die Arbeitsorganisation anzuführen; hier wird insbesondere nachArbeitszeit, Weiterbildung und Entgelt zu unterscheiden sein. Wandlungsfähigkeithat auch Auswirkungen auf die betriebliche Arbeitspolitik, die als dritte Dimensionaufgenommen wird. Die sich herausbildenden Anforderungen für die Entwicklungeines wandlungsfähigen Unternehmens sowie die daraus resultierenden Konse-quenzen werden das betriebliche und überbetriebliche Interessengefüge verändern.Als letzte Dimension werden die betriebliche Kommunikationskonzepte betrachtet,da Unternehmen, die sich als wandlungsfähig bezeichnen, andere Kommunikations-

Page 17: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

16

strukturen aufweisen werden als Unternehmen, die als eher starr und unflexibelgelten müssen.

Ableitung des Forschungs- und HandlungsbedarfsDas zentrale Ziel der Voruntersuchung wird die Formulierung von Forschungs- undHandlungsbedarfen sein. Diese resultieren aus den zuvor genannten Zielen und solleneine Orientierung für die zukünftige Ausrichtung der produktionsbezogenenForschung in Hinblick auf die Flexibilität und Wandlungsfähigkeit in bezug auf diezentralen Dimensionen Organisation, Personal und Kooperation leisten. Konkret solles möglich sein, auf der Basis der Ergebnisse der Voruntersuchung Bekannt-machungen im Rahmenprogramm »Forschung für die Produktion für morgen« zuentwickeln.

Identifikation von Wissen für TransfermaßnahmenWeiteres konkretes Ziel der Voruntersuchung ist es, neben der Formulierung vonForschungs- und Handlungsbedarfen, Wissen, d. h. schon vorliegende Forschungs-ergebnisse, Lösungsansätze und Gestaltungskonzepte zu recherchieren und zuidentifizieren, die aufgrund ihres begründeten und fundierten Charakters unmittelbarfür Transfermaßnahmen im Kontext des Rahmenprogramms bereit gestellt werdenkönnen.

2.3 Methodik

2.3.1Vorgehensweise

Die Methodik der Voruntersuchung spiegelt sich auch in der Struktur dieserBroschüre wider. Nach der Auswertung vorhandener Ansätze (Kapitel 3.1). wurdenerste Thesen an den Ergebnissen der »ISI-Erhebung Modernisierung der Produktion2006« gespiegelt (Kinkel et al. 2007) und hieraus ein Interviewleitfaden generiert umeine empirische Erhebung zur organisatorischen Wandlungsfähigkeit mit ausge-wählten Unternehmen durchzuführen (siehe auch Kapitel 4.2). Die Ergebnisse dieserInterviews waren die Grundlage für den am 20. November 2007 durchgeführtenöffentlichen Diskurses (Kapitel 4.4).

Für die Auswertung vorhandener Ansätze wurde die Literatur im Umfeld der Produk-tionsforschung zur organisatorischen Wandlungsfähigkeit gesichtet. Die wesentli-chen Ansätze sind in Kapitel 3.1 in kurzer Form dargestellt. Weiterführende Literaturauch zu ausgewählten Einzelthemen finden sich im Kapitel 6. Die Auswertung dervorhandenen Ansätze wurde in Szenarien und Thesen überführt, die vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung auf Basis des Datenmaterials der »ISI-Erhebung Modernisierung der Produktion 2006« eine erste quantitative Auswertung

Page 18: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

17

Ausgangslage, Zielsetzung und Methodikder Voruntersuchung

ergaben. Mit diesen Szenarien, Thesen und Ergebnissen wurde ein Interviewleitfadenentwickelt.

Um einen Einblick in die aktuelle Problemlage produzierender Unternehmen imThemenfeld organisatorische Wandlungsfähigkeit zu erhalten und diese charakteri-sieren zu können, wurden zunächst explorative Experteninterviews mit Unternehmen– dort jeweils mit der Geschäftleitung und der operativen Auftragssteuerung –geführt. Als Interviewverfahren wurde ein leitfadengestützes, offenes Interviewgeführt, das mit einem Aufzeichnungsgerät mitgeschnitten wurde. Die gewählteForm eines offenen Interviews entlang eines Interviewleitfadens hat den Vorteil, dassdie subjektive Sicht des Interviewpartners auf die Fragestellungen zum Tragenkommen. Hierdurch sind bestimmte Massnahmen und Vorgehensweisen der Unter-nehmen besser nachvollziehbar.

Mit den Ergebnissen der dokumentierten Interviews konnten für die bereits in derProblemlage erkannten Themenfelder Personal, Kooperation und Organisation dieThesen weiter verdichtet und spezifiziert werden. Gleichzeitig wurden erste Lösungs-potentiale formuliert und mit den Thesen eine Grundlage für die Workshops imöffentlichen Diskurs geschaffen.

Für den öffentlichen Diskurs wurden gezielt Personen aus Wirtschaft und Forschungeingeladen. Die hohe Resonanz mit über 100 Teilnehmern dokumentiert auch aufdiese Weise den hohen Stellenwert des Themas in Wirtschaft und Forschung.Im Diskurs wurde den Teilnehmern das Thema in kompromierter Form vorgestellt.Für diesen Diskurs wurden drei Industriepartner gewonnen, die bereits umfangreicheMaßnahmen zur organisatorischen Wandlungsfähigkeit in ihren Unternehmenangegangen sind und aus dieser Situation heraus gezielt auf ihre noch vorhandenenDefizite hinweisen konnten.

Mit diesem »Input« und jeweils einem Impulsvortrag wurden die Workshops zu denThemen Personal und Personalinstrumente, zwischenbetriebliche Kooperation undprozessorientierte Organisation durchgeführt. In diesen Workshops wurde eineClusterung und Priorisierung von Themenschwerpunkten und Handlungspfadenvorgenommen, die in dieser Voruntersuchung zu den Forschungs- und Transfer-bedarfen aufgearbeitet wurden. Ein Protokoll zum Diskurs und zu den Workshops istin Kapitel 4.4.

Page 19: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

18

2.3.2Datenbasis und Methode der ISI-Erhebung »Modernisierung der Produktion2006«

Ziel und Inhalt der ErhebungDas Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) führt seit 1993 allezwei Jahre eine Erhebung unter dem Titel (bis 2003) Innovationen in der Produktiondurch. Seit 2003 ist die Erhebung Teil des European Manufacturing Survey undfirmiert seit 2006 unter der Überschrift Modernisierung der Produktion.

Mit der Erhebung 2001 wurden die bis dahin auf die Metall- und Elektroindustriebegrenzten Analysen auf die Chemische Industrie und die Hersteller von Gummi- undKunststoffwaren ausgeweitet. 2006 wurden erstmals alle Branchen des Verarbei-tenden Gewerbes befragt. Damit deckt die Erhebung nunmehr das gesamte Verarbei-tende Gewerbe ab.

Die Erhebung Modernisierung der Produktion zielt darauf ab, die Produktionsstruk-turen des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschlands hinsichtlich ihrer Modernitätund Leistungsfähigkeit systematisch zu beobachten. Untersuchungsgegenstand sinddaher die verfolgten Produktionsstrategien, der Einsatz innovativer Organisations-und Technikkonzepte in der Produktion, Fragen des Personaleinsatzes und der Quali-fikation. Daneben werden Leistungsindikatoren wie Produktivität, Flexibilität undQualität erhoben.

Grundgesamtheit und StichprobeZielgruppe der Umfrage Modernisierung der Produktion 2006 war die Gesamtheitder Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes in der Bundesrepublik Deutschland. In derBegrifflichkeit der amtlichen Statistik (WZ03) deckt die Erhebung damit die Wirt-schaftsklassen 15 bis 37 ab. Die Grundgesamtheit des Verarbeitenden Gewerbesumfasst 45.966 Betriebe (Statistisches Bundesamt 2006a).

Die Erhebung wurde basierend auf zwei Teilstichproben der Grundgesamtheit konzi-piert. Eine Gruppe umfasst – vergleichbar zur Erhebung 2003 – Betriebe der Metall-und Elektroindustrie, Hersteller von Gummi- und Kunststoffwaren sowie Betriebe derChemischen Industrie; die andere Gruppe beinhaltet Betriebe aller weiteren Branchendes Verarbeitenden Gewerbes. Unter Abschätzung des Antwortverhaltens wurdejeweils eine repräsentative Teilstichprobe von 10.000 bzw. 4.000 Betrieben gezogen.

Die Umfrage war mit zwei Erinnerungsaktionen von April bis August 2006 im Feld.Die um Ausfälle bereinigte Stichprobeumfasste letztlich 9.534 Betrieben für den Kern-bereich der Metall- und Elektro- sowie Chemischen und KunststoffverarbeitendenIndustrie (NACE 24–25, 28–35) und 3.892 in den erstmals befragten Branchen. Vonden angeschriebenen Betrieben haben insgesamt 1.663 Betriebe einen verwertbarenFragebogen zurückgesandt. Bezogen auf die beiden bereinigten Stichproben ergibt

Page 20: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

19

Ausgangslage, Zielsetzung und Methodikder Voruntersuchung

sich damit eine Rücklaufquote von 14 Prozent (1.309/9.534) für die Teilstichprobe der»bisher befragten Branchen« und eine Rücklaufquote von 9 Prozent (354/3.892) fürdie Pilotstudie mit den »erstmals befragten Branchen«.

Zusammensetzung der DatenbasisBei einer Rücklaufquote von 14 bzw. 9 Prozent stellt sich die Frage nach einerverzerrten Abbildung der Grundgesamtheit in der Datenbasis. Für den Vergleich derDatenbasis mit der Grundgesamtheit bieten sich die Merkmale Branchenzugehörig-keit, Betriebsgröße und Bundesland des Betriebssitzes an (Statistisches Bundesamt2006a, 2006b).

Der Vergleich der Datenbasis mit der Grundgesamtheit erfolgt auf der Basis derZahlen von 2005. Wie sich zeigt, weicht die realisierte Stichprobe der »bisherbefragten Branchen« wie auch der »erstmals befragten Branchen« hinsichtlich ihrerBranchenverteilung nur unwesentlich von der Grundgesamtheit ab. Lediglich derRücklauf bei Betrieben des Ernährungsgewerbes fiel etwas unterdurchschnittlich aus,während Betriebe der Metallerzeugung und -bearbeitung sowie des Papiergewerbesetwas überdurchschnittlich häufig antworteten. Unter anderem sind Betriebe desMaschinenbaus zu 22 Prozent vertreten, Hersteller von Metallerzeugnissen zu17 Prozent, die Elektroindustrie zu 11 Prozent, die Hersteller von Gummi- und Kunst-stoffwaren zu 10 Prozent, die Medizin-, Mess-, Steuerungs-, Regelungstechnik,Optik zu 8 Prozent, die Chemische Industrie zu 6 Prozent, der Fahrzeugbau und seineZulieferer zu 5 Prozent, das Ernährungsgewerbe zu 5 Prozent, das Papier-, Verlags-und Druckgewerbe zu 4 Prozent oder das Textil- und Bekleidungsgewerbe zu2 Prozent.

In Abbildung 3 ist die Verteilung der Betriebe auf die Betriebsgrößenklassen in dengewonnenen Datenbasen beider Branchengruppen sowie dem jeweiligen Ausschnittder Grundgesamtheit dargestellt. Es zeigt sich, dass die realisierte Stichprobe nebenden großen Betrieben auch die kleinen Betriebe gut repräsentieren. Mit rund57 Prozent machen die Betriebe mit weniger als 100 Beschäftigten mehr als dieHälfte der realisierten Stichprobe aus. Mittelgroße Betriebe stellen 38 Prozent undgroße Betriebe (mehr als 1.000 Beschäftigte) 5 Prozent der antwortenden Firmen.

Trotz dieser starken Repräsentation der kleinen Betriebsgrößen ist jedoch immer nocheine Unterrepräsentation dieser Betriebsgrößenklassen zu konstatieren ist. In derGrundgesamtheit liegt der Anteil der Betriebe mit unter 100 Mitarbeitern bei74 Prozent. Alle Auswertungen sollten deshalb auf mögliche Zusammenhänge mitder Betriebsgröße überprüft werden. Wird ein Zusammenhang festgestellt, so ist dieAbweichung der Größenverteilung der Datenbasis von der Grundgesamtheit bei derInterpretation zu berücksichtigen, wenn von der Stichprobe auf die Grundgesamtheitgeschlossen wird.

Page 21: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

20

Hinsichtlich der regionalen Lage der befragten Betriebe kann festgehalten werden,dass entsprechend der jeweiligen Verteilung in der Grundgesamtheit die realisierteStichprobe das gesamte Bundesgebiet sehr gut abdeckt. Auch die Verteilung derBetriebe nach alten und neuen Bundesländern entspricht der Grundgesamtheit.Demnach ergibt sich für die Gesamtdatenbasis der Erhebung Modernisierung derProduktion 2006 eine sehr gute Repräsentation der regionalen Verteilung des Ver-arbeitenden Gewerbes in Deutschland.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass in der Stichprobe hinsichtlich der befragtenBranchen eine gute Repräsentation der Grundgesamtheit gelingt. Nur hinsichtlich derGrößenverteilung zeigen sich relevante Abweichungen der Datenbasis von derGrundgesamtheit. Darüber hinaus ist lediglich hinsichtlich des Ernährungsgewerbeseine stärkere Abweichung festzustellen. Bei der Interpretation der Ergebnisse derErhebung sollte daher eine mögliche Verzerrung der Datenbasis gegenüber derGrundgesamtheit bedacht werden.

Abbildung 3: Vergleich der Größenverteilung in der Grundgesamtheit und in derDatenbasis Modernisierung der Produktion 2006

(in Prozent)

Anzahl der Beschäftigten

0 10 20 30 40 50 60

1000 und mehr

500 bis 999

200 bis 499

100 bis 199

50 bis 99

bis 49

DatenbasisGrundgesamtheit

Page 22: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

21

Ausgangslage, Zielsetzung und Methodikder Voruntersuchung

2.3.3Interviewleitfaden und Auswahl der Firmen

Für die empirische Untersuchung wurde ein Kriterienkatalog für die Firmenauswahlerstellt: Die Kriterien bezogen sich auf den Individualisierungsgrad der Produkte,die Produktkomplexität und die Marktsituation der Unternehmen. Der Schwerpunktder Untersuchung sollte auf die kleinen und mittleren Unternehmen gelegt werden.Im Hinblick auf eine weitergehende Auswertung durch die »ISI-Erhebung Moderni-sierung der Produktion 2006« wurde der Range für die Unternehmensgröße aufca. 100 bis ca. 1.000 Mitarbeiter gelegt, da von den über 1.600 Unternehmen, diesich an der Erhebung 2006 beteiligt haben, ca. 40 Prozent in das Segment des aus-gewählten Bereiches von 100 bis 1.000 Mitarbeitern fallen.

Die befragten Unternehmen können den Branchen

– Bau-Sicherheitstechnik– Büromöbel– Druckindustrie– Erntemaschinen– Formen- und Werkzeugbau– Gas-Sicherheitstechnik– Kunststofftechnik– Maschinenbauzulieferer– Messtechnik

zugeordnet werden.

Die Interviews wurden jeweils mit einem Interviewpartner aus der Geschäftsleitungund einem Interviewpartner aus dem Bereich der »operativen Auftragssteuerung«(Disposition o. Ä.) durchgeführt. In zwei Fällen – den beiden kleinsten Unternehmendieser Befragung – wurde dies durch dieselbe Person repräsentiert.

In den Themenfeldern wurde immer nach der aktuellen Situation im Unternehmenund nach künftigen (erwarteten oder geplanten) Veränderungen gefragt: WelcheFlexibilitätsanforderungen muss das Unternehmen erfüllen und welche Reaktions-weisen werden bei Turbulenzen eingesetzt? Abschließend hatten die Inter-viewpartner die Möglichkeit, ihre Bedarfe im Rahmen von notwendiger Wandlungs-fähigkeit und Flexibilität zu formulieren. Der den Interviews zugrunde liegendeLeitfaden orientierte sich an folgenden Themenfeldern:

– Erhebung von allgemeinen Unternehmensdaten und Unternehmenszielen.Weiterhin wurde nach den Geschäftsfeldern und Produkten und die in diesenGeschäftsfeldern aktuelle und erwartete wirtschaftliche Lage gefragt. In diesem

Page 23: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

22

Rahmen wurden auch die Wettbewerbssituation und die erwarteten Entwick-lungen in der Branche erhoben.

– Im Bereich Personal wurden zunächst allgemeine Daten zu den Beschäftigten, wieAnzahl, Beschäftigungsformen, Qualifikationsstruktur, Altersstruktur usw., erfragt.Eine weitere Untergliederung erfolgte nach den Arbeitsbedingungen, die haupt-sächlich die Themen Arbeitszeit, Entgelt und Weiterbildung umfasste, sowie nachder betrieblichen Arbeitspolitik, bei der neben der Verbandszugehörigkeit, demVerhältnis zum Betriebsrat auch nach den Beteiligungsprozessen für die Mitarbeitergefragt wurde.

– Im Bereich Kooperationen wurden die Kunden- und Lieferantenbeziehungenerhoben. Hier lag der Schwerpunkt im Bereich der Schwankungen und Störungen,also welche Reaktionsweisen nutzt das Unternehmen, um auf Veränderungenbeim Kunden, beim Lieferanten oder bei sich selbst zu reagieren? Wie erfolgt dieBeauftragung und welche Prozesse liegen an den Schnittstellen?

– Der Bereich Organisation gliederte sich in die Erläuterungen zur Aufbauorganisa-tion und in einen zweistufigen Bereich zur Ablauf- und Arbeitsorganisation, derzunächst die Art der Kundenauftragsabwicklung und die wesentlichen Merkmaleder Arbeitsorganisation abfragte, um in einem zweiten Schritt die Details deroperativen Kundenauftragsabwicklung und Arbeitsorganisation zu erheben: Werdisponiert wie das Material? Wie und durch wen erfolgt die Personaleinsatzpla-nung? usw.

Page 24: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

23

3Stand der Wissenschaft und der industriellen Anwendung

Produktionsunternehmen müssen in den bekannten Handlungsfeldern Technik,Mitarbeiter und Organisation neue Strategien und Konzepte entwickeln. Das Thema»Wandlungsfähigkeit von Unternehmen« ist weder für Unternehmen noch in derwissenschaftlichen Debatte neu (vgl. stellvertretend Hartmann 1996). Erste Hinweisefür weitere künftige Forschungsbedarfe zu dynamisch skalierbaren Organisationenund Flexibilitätsbedarfen der produzierenden Unternehmen hat die »Untersuchungzur Aktualisierung der Forschungsfelder für das Rahmenkonzept ›Forschung für dieProduktion von morgen‹« geliefert (Kleiner 2007).

Schwerpunkt der Betrachtungen dieser Voruntersuchung sind Forschungsprojektemit Industriebeteiligung. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Sonderforschungs-bereiche und Schwerpunktprogramme der DFG, in denen typischerweise keineanwendungsorientierte Industrieforschung betrieben wird, im Sinne von Grundlagen-forschung und künftigen Entwicklungen zu betrachten.

3.1 Vorhandene Ansätze

In den laufenden Diskussionen sind unterschiedliche Konnotationen des Begriffs vonWandlungsfähigkeit zu berücksichtigen. Gleichzeitig gibt es eine Reihe von Begriffen,die in Kontext der hier vorgestellten Wandlungsfähigkeit verwendet werden, die aberim Prinzip denselben Fokus haben.

Wenn beispielsweise Blecker und Kaluza von »heterarchischen Hierarchien«sprechen, deckt sich das in vielen Punkten mit dem Begriff der hier verwendetenorganisatorischen Wandlungsfähigkeit (Kaluza 2004). Wildemann spricht vom»agilen Unternehmen«, wenn er ständige Veränderung im Inneren und ganzheitlicheOptimierungsansätze bei hohen Innovationstempo fordert (Wildemann 1998). Die»fraktale Fabrik« von Warnecke propagiert die Fabrik in der Fabrik. Die Erfolgsrezeptesind Dezentralisierung, Prozessorientierung, Selbstorganisation- und optimierung(Warnecke 1992). Dezentrale Produktionskonzepte können demnach nur umgesetztwerden, wenn die festgefügten Strukturen aufgebrochen werden. Für wandlungs-fähige Produktionsstrukturen ist ein grundsätzlich neues Anforderungsprofil erforder-lich, in dem der Mitarbeiter im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Außerdem wird einUmdenken der traditionellen Führungsphilosophie gefordert; die Führungskräftesollen zukünftig ihre Mitarbeiter als Berater und Begleiter unterstützen.

Die Begriffe Wandel und Wandlungsfähigkeit werden ab Mitte der neunziger Jahreim Produktionsumfeld immer häufiger verwendet (z. B. Hartmann 1995), habensich allerdings erst mit Ende der ersten Förderperiode des 1997 von Westkämperbegründeten DFG-Sonderforschungsbereiches 467 »Wandlungsfähige Unter-nehmensstrukturen für die variantenreiche Serienproduktion« (vgl. Kapitel 3.2.2)weiter verbreitet. Seit Wiendahl die wandlungsfähige Fabrik (Wiendahl 1999) zurDiskussion stellte, hat sich der Begriff Wandlungsfähigkeit in der Produktionsfor-

Page 25: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

24

schung etabliert und wird heute so verstanden, wie sie in Kapitel 2.1 erläutert wird.Wiendahl betrachtet verschiedene Veränderungstypen in Abhängigkeit von betriebli-chen Ebenen (Abbildung 2). Über je fünf Ebenen der Produktions- und Marktleistungwerden fünf Veränderungstypen definiert. Der Begriff auf der jeweils höheren Ebeneschließt alle darunter liegenden Begriffe ein (Wiendahl 2002). Dabei nimmt dieAgilität gegenüber der Wandlungsfähigkeit eine besondere Stellung ein. Sie wird mitstrategischen Fähigkeiten verknüpft, wodurch ein Unternehmen in der Lage ist,proaktiv neue Strukturen zu entwickeln. Wie die Abbildung 2 zeigt, geht Agilitätauch über den Unternehmensbereich Produktion hinaus und umfasst Bereiche wieVertrieb, Einkauf und Controlling (Nyhuis et al. 2008). Die Arbeiten von Wiendahlund Nyhuis fokussieren sich im Wesentlichen im Themenfeld der Fabrikplanung.

Spath geht davon aus, dass Wandlungsfähigkeit den Bedürfnissen und Möglichkeitender Unternehmen entsprechend gestaltet werden muss (Spath 2002). Ein Kern-merkmal sind die steigenden Anforderungen an die Beschäftigten, die weitere Unter-stützung bei Veränderungenprozessen benötigen. Das hierfür entwickelte Modell der»systematischen Beteiligungsgestaltung« besteht aus drei Säulen der Wandlungs-fähigkeit: Veränderungsressourcen, Veränderungsmotivation und Veränderungs-beteiligung (Spath et al. 2003). Mit der »adaptiv unternehmerischen Arbeitsorganisa-tion« stellt Spath ein Modell vor, in dem Planungs- und Engineering-Prozesse indezentralen Einheiten eingebunden werden. Die künftige Arbeitsweise derdezentralen Einheiten ist an internen und externen Netzwerkstrukturen orientiert.Die Mitarbeiter sollen durch Ergebnisorientierung unternehmerisch handeln.Entscheidungskriterien und Entscheidungshilfen befähigen die Verantwortlichen, beiauftretenden Zielkonflikten dezentral und eigenständig im Sinne des Unternehmensentscheiden zu können. Die Ergebnisorientierung wird durch adaptive Zielsysteme,visuelle Unterstützungsinstrumente, adäquate Arbeitszeitmodelle sowie einer leis-tungs- und erfolgsorientierten Entlohnung unterstützt (Spath 2005).

Westkämper (2007) geht davon aus, dass die jeweiligen Anpassungsstrategien desUnternehmens in Abhängigkeit der auftretenden Veränderung variieren. Jedochmuss hierbei beachtet werden, dass in der Realität Veränderungen nicht nur sequen-tiell auftreten, sondern Turbulenzen gleichzeitig ablaufen, in etwa vergleichbar mitsich überlagernden Wellen. Daher müssen auch mehrere Anpassungsstrategiengleichzeitig eingesetzt werden. Westkämper schlägt einen ganzheitlichen Betrach-tungsansatz vor, der ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren wie Technologie,Strategie oder Mitarbeiter zulässt (Abbildung 4). Es soll die gesamte Wertschöpfungs-kette und gleichzeitig der Einfluss der Unternehmenskultur berücksichtigt werden.Um eine ausreichende Wandlungsfähigkeit zu erreichen, müssen sowohl Führungs-als auch Ausführungsprozesse angepasst werden.

Nach Zahn (Zahn 2002) lässt sich Wandlungsfähigkeit als ungerichtetes, nicht vor-programmierbares Erneuerungspotenzial interpretieren. Sie ist eine durch Erfahrungs-und Lernprozesse akkumulierte Ressource oder Kompetenz, die ein Unternehmen in

Page 26: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

25

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

die Lage versetzt, auf (nicht vorhersehbare) Umweltänderungen schnell (Geschwin-digkeit) und variabel zu reagieren. Wandlungsfähigkeit wird dabei als dynamischesKonstrukt verstanden und basiert daher auf dynamischen Fähigkeiten des Unter-nehmens (Zahn 2006). Nach diesem Modell verfügen wandlungsfähige Unternehmenüber die zwei Eigenschaften Diversität und Integration:

– Diversität impliziert ein breites Handlungsrepertoire,– Integration als Fähigkeit zur zielgerichteten Kraftbündelung impliziert,– Koordination als Verbindung von Aktionen und– Kooperation als Verbindung von Interessen.

Zahn unterscheidet weiter nach so genannten systembezogenen und prozess-bezogenen Aktionsparametern, welche sich jeweils in verschiedenen Merkmaleneiner wandlungsfähigen Unternehmensführung manifestieren.

Abbildung 4: Ganzheitliches Referenzmodel nach Westkämper (2007)

Strategie

Struktur

Führungsprozesse

Ausführungsprozesse

Mitarbeiter

Technologie

kurzfristig

Unternehmen Fabrik

Unternehmenskultur

mittelfristig

WandlungsfähigkeitW

andl

ungs

fähi

gkei

t

Lief

eran

ten

Ku

nd

en

Wan

dlun

gsfä

higk

eit

langfristig

Turbulenz

Informationstechnologie

Pro

dukt

ions

tech

nolo

gie

Page 27: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

26

3.2 Forschungsprojekte

In der vorliegenden Voruntersuchung wurden in einem Querschnitt ausgewählteForschungsprojekte in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Vorhabeninnerhalb des Rahmenkonzepts »Forschung für die Produktion von morgen« desBundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), innerhalb des BMBF-Rahmenkonzepts »Innovative Arbeitsgestaltung – Zukunft der Arbeit« und desBMBF-Förderprogramms »Arbeiten – Lernen – Kompetenzen entwickeln.Innovationsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt« sowie Forschungsprojekte derEuropäischen Kommission (EU) betrachtet.

Die Schwerpunkte der Projekte sollen den in Kapitel 2 aufgezeigten Handlungs-feldern der organisatorischen Wandlungsfähigkeit Personal, Kooperationen undOrganisation zugeordnet werden.

3.2.1Europäische Kommission – Forschung

Im Rahmen der EU-Projekte wurden das fünfte und das sechste Rahmenprogrammder EU betrachtet. Das anlaufende siebte Rahmenprogramm, das 2007 gestartet istund eine Laufzeit von 7 Jahren (2007–2013) hat wurde nicht betrachtet.

Das fünfte Rahmenprogramm legt die Prioritäten der Forschung im Bereich der tech-nologischen Entwicklung und der Demonstrationsvorhaben der Europäischen Unionfür den Zeitraum 1998 bis 2002 fest. Diese Prioritäten wurden auf der Grundlagegemeinsamer Kriterien festgelegt; dabei sind die internationale Wettbewerbsfähig-keit der europäischen Industrie und die Lebensqualität der Bürger vorrangige Ziele.Das Fünfte Rahmenprogramm konzentriert sich dabei auf eine begrenzte Anzahl vonForschungsgebieten, die technologische, industrielle, wirtschaftliche, soziale undkulturelle Aspekte miteinander verbinden. Relevante Projekte wurden aus den Be-reichen

– Benutzerfreundliche Informationsgesellschaft (User-friendly information society)– Wettbewerbsorientiertes und nachhaltiges Wachstum (Competitive and

sustainable growth)– Förderung der Innovation und der Einbeziehung von kleinen und mittleren

Unternehmen (Promotion of innovation and encouragement of SME participation)– Ausbau des Potentials an Humanressourcen und Verbesserung der sozioöko-

nomischen Wissensgrundlage (Improving human research potential and the socio-economic knowledge base)

betrachtet

Primäres Ziel des sechsten Rahmenprogramms ist es, die wissenschaftlichen undtechnologischen Grundlagen der Industrie der Gemeinschaft zu stärken und die

Page 28: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

27

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

Entwicklung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu fördern sowie alleForschungsmaßnahmen zu unterstützen, die aufgrund anderer Politiken der Gemein-schaft für erforderlich gehalten werden. Das sechste Forschungsrahmenprogrammwurde am 27. Juni 2002 vom Rat der Europäischen Union und dem EuropäischenParlament für den Zeitraum 2002 bis 2006 verabschiedet. Im Vordergrund stehtdabei die Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums durch eine verstärkteund effizientere Bündelung und Strukturierung europäischer Forschungsanstren-gungen und -kapazitäten. Das Rahmenprogramm soll das gesamte Spektrum von derGrundlagenforschung bis zur angewandten Forschung abdecken und Forschungsein-richtungen und -abteilungen aus öffentlichen Einrichtungen und Industrie beteiligen.Relevante Projekte wurden aus den Bereichen

– Technologien für die Informationsgesellschaft (Information society technology)– Nanotechnologien, Werkstoffe, neue Produktionsverfahren (Nanotechnologies,

Materials, New Processes)– Nachhaltige Entwicklung, Global Change, Ökosysteme (Sustainable development,

global change and ecosystems)

betrachtet.

Insgesamt ist zu den Forschungsprogrammen der Europäischen Kommission anzu-merken, dass die dem Bereich der untersuchten organisatorischen Wandlungsfähig-keit zuzuordnenden Forschungsergebnisse in der vorliegenden Form für kleine undmittlere Unternehmen nur begrenzt handlungsleitend sind. Die Dimension Personalspielt, bei der großen Anzahl der Projekte, eher eine untergeordnete Rolle.

PersonalDie industriellen und technologischen Ziele des Projekts Advanced knowledge-basedtools for efficient process improvements in manufacturing and assembly in smes(ATEP-SME) waren die Entwicklung von wissensbasierten Methoden und Werkzeugezur Unterstützung der ständigen Prozessverbesserung speziell in KMU. Hierbeiwerden in drei Schritten, Identifikation – Analyse – Maßnahmenbildung, die Prozess-verbesserungen festgelegt. Ein eigener Schritt ist die Qualifikation neuer Mitarbeiterfür diesen Prozess, allerdings als Notwendigkeit für die Umsetzung; der Schwerpunktdes Projektes sind eher technologische Aspekte.

Auf einen partizipativen Ansatz beim Wissensmanagement setzt das ProjektAdvanced methodologies and tools for the knowledge management within theextended manufacturing enterprise (K-FLOW). Die Mitarbeiter sollen über dengesamten Produktionsprozess auf Basis ihrer Rollen und Fähigkeiten – auch überEntwicklungsstufen hinweg – in das Wissensmanagement integriert werden. AlsSchlagwort wurde »das richtige Wissen, am richtigen Platz, in der richtigen Form zurrichtigen Zeit« verwendet.

Page 29: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

28

Ebenfalls mit dem Unternehmenswissen befasst sich Collaborative improvement toolfor the extended manufacturing enterprise (CO-IMPROVE). CO-Improve setzt auf einGeschäftsmodell, gestützt durch eine Web-basierte Plattform, um Unternehmens-wissen intern besser zugänglich zu machen. Angefangen von der Entwicklung neuerProdukte, über den Geschäftsprozess Auftragserfüllung bis zur kontinuierlichenVerbesserung der Fertigungsprozesse.

Das Projekt will die Nutzung und Entwicklung von Wissen verbessern und erhaltenauch in die Qualifizierung der Mitarbeiter investiert wird.

Einen integrativen Ansatz von Mensch und Technik versucht das Projekt FlexibleAssembly Systems through Work-place Sharing and Time Sharing Human-MachineCooperation (PISA) Die Idee ist, menschliche Flexibilität, Intelligenz und Fertigkeitenmit den Vorteilen hoch entwickelter technischer Systeme zu verbinden. So sind dievorrangigen Ziele von PISA nicht, den Menschen aus dem Arbeitsprozess zuentfernen und vollautomatische Lösungen zu entwickeln, sondern vielmehr geht esdarum, den Menschen weiterhin in den Arbeitsprozess zu integrieren und ihn durchgeeignete Werkzeuge zu unterstützen. Insofern ist PISA ein technisches Projekt, dasden Menschen zur Optimierung der technischen Systeme benötigt.

KooperationenIn dem Projekt A dynamic management methodology with modular and integratedmethods and tools for knowledge-based, adaptive SMEs (SYMPHONY) wurdenMethoden und Instrumente für das Management innerhalb wissensbasierter Unter-nehmungen in turbulenten Umfeldern und Netzwerken erforscht. Die Methoden-und Produktentwicklung erfolgt dabei in den Bereichen Strategie, Organisations-design sowie Ressourcenmanagement. Es wird in dem Projekt auch der Aspekt derOrganisationsgestaltung verfolgt, allerdings liegt der Schwerpunkt dabei in der Netz-werkintegration.

In der Entwicklung von Produkten treten an den Schnittstellen der Disziplinen Designund Engineering häufig Kommunikationsprobleme auf. Eine verminderte Produkt-qualität und längere Entwicklungszeiten sind die Folgen dieser schlechten inter-disziplinären Kooperation. Das Projekt Closing the Gap between Designers, Engineersand Marketers in Product Development Processes (DEGAP) fokussiert auf die Opti-mierung der Schnittstellenkooperation im Entwicklungsprozess

Das Projekt Model-based Adaptive Product and Process Engineering (MAPPER) hat diefolgende Vision für eine europäische Fertigung: »Im Jahr 2010 können flexibel agie-rende Unternehmen kostengünstig Formen von Kooperationsnetzwerken aufbauenund somit schnell auf die Anforderungen des Marktes reagieren.« Dies wird realisiertsowohl durch visuelle Unternehmens-, Produkt- und Prozessmodelle als auch durchpartizipative Engineering-Methoden, die es ermöglichen, Produkt- und Prozessdesign

Page 30: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

29

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

zu verbinden. Eine interdisziplinäre Plattform soll helfen, damit sich die Kooperations-partner miteinander austauschen und beraten können.

Das Projekt Flexible Change Management for the Factory of the Future (X-CHANGE)befasst sich mit dem Änderungsmanagement, das natürlich auch eine organisatori-sche Sichtweise beinhaltet. Der Schwerpunkt des Projektes betrachtet das Ände-rungsmanagement zwischen Unternehmen und will hier softwaregestützt Optimie-rungspotentiale anbieten.

Im Projekt Supply information dynamic exchange and control by Web-based inter-action Network (SPIDER-WIN) entsteht eine Plattform, welche die Informationen allerPartnerunternehmen in einer Supply Chain sammelt und vergleicht, den Auftrags-status pflegt und entsprechende Informationen gezielt an die betroffenen Unter-nehmen weiterleitet. Damit wird eine neue Generation von Supply-Chain-Manage-mentsystemen entwickelt, die Engpässe in Lagerbeständen frühzeitig vorhersagen,die resultierenden Warnmeldungen zielgerichtet an Mitglieder entlang der gesamtenSupply Chain weiterleiten sowie Bedarfsprognosen unverzüglich an alle betroffenenZulieferer verteilen.

OrganisationDer Kerngedanke des Projekts Robust Development of Organisations (RODEO) isteine durchgängige Betrachtung von modernen Unternehmen aus der Sicht derKomplexitätswissenschaft. In diesem Zusammenhang wird »Unternehmensentwick-lung« durch einen ganzheitlichen und kontinuierlichen Entwicklungsprozess gekenn-zeichnet werden, in dem das Produkt oder die Dienstleistung und ihre Marktkonstel-lationen mit den Menschen der Organisation und ihren Fähigkeiten verbunden sind.

Das Projekt Ambient Intelligence Technology for Systemic Innovation in Manufactu-ring SMEs (AMI-4-SME) beabsichtigt eine »Revolution in den industriellen Umge-bungen«, indem neue technologische und organisatorische Ansätze vorgestelltwerden, die es produzierenden KMU ermöglichen, so genannte Ambient Intelligence(AmI)-Technologie für systematische Innovationen zu verwenden. Der methodischeAnsatz steht für eine ganzheitliche Vernetzung mit entsprechenden Technologien,um so dem Menschen den Umgang mit der technologischen Umgebung zu erleich-tern. Letztendlich wird durch die andere Art zu arbeiten die gesamte Arbeitsorganisa-tion neu festgelegt.

Das Projekt Innovative Ambient Intelligence Based Services to Support Life-CycleManagement of Flexible Assembly and Manufacturing Systems (INAMI) beschäftigtsich mit der Entwicklung einer neuartigen Plattform zur interdisziplinären Zusammen-arbeit, dabei werden zwar auch Prozesse vom Zulieferer bis zum Kunden betrachtet,der Fokus liegt jedoch auf dem »erweiterten« Unternehmen. INAMI zielt darauf ab,die technische und organisatorische Grundlage für ein hochorganisiertes und anpass-bares Erfahrungs- und Wissensmanagementsystem zu bilden, welches zugänglich ist

Page 31: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

30

für eine dynamische und interdisziplinäre Gemeinschaft, die in einer verteilten Umge-bung zusammenarbeitet.

3.2.2Deutsche Forschungsgemeinschaft

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist die zentrale Selbstverwaltungsein-richtung der Wissenschaft zur Förderung der Forschung an Hochschulen und öffent-lich finanzierten Forschungsinstitutionen in Deutschland. Die DFG unterstütztalle wissenschaftlichen Disziplinen durch finanzielle Zuwendungen für Forschungs-vorhaben und durch die Förderung der Zusammenarbeit unter den Forschern.Die Forschungsförderung umfasst die Förderung von Einzelvorhaben und For-schungskooperationen, die Auszeichnung für herausragende Forschungsleistungensowie die Förderung wissenschaftlicher Infrastruktur und wissenschaftlicherKontakte. Die Ausführungen bezüglich der DFG-Projekte beziehen sich hier aus-schließlich auf folgende Bereiche:

– Sonderforschungsbereiche (SFB)– Schwerpunktprogramme (SPP)– Transferbereiche (TFB)

Einzelförderungsprojekte und andere Förderungsverfahren der DFG wurden nichtberücksichtigt.

Die Projekte der Deutschen Forschungsgemeinschaft haben bereits vom Ansatz herden Anspruch der Grundlagenforschung, insofern sind eine Reihe der vorgestelltenAnsätze für die kleinen und mittleren Unternehmen eher als Vision zu verstehen.In einigen Sonderforschungsbereichen und Schwerpunktprogrammen gibt es Trans-ferteilprojekte, die die Überführung der grundlagenwissenschaftlich orientiertenArbeiten aus einem Sonderforschungsbereich in die Anwendung vorbereiten.Transferbereiche, die einem Sonderforschungsbereich folgen, können haben die Ziel-setzung, die Umsetzung der entwickelten Modelle und Methoden in die industriellePraxis weiterzuführen. Insgesamt sind die Projekte der DFG für KMU nur teilweisepraxisrelevant, da die Instrumente und Methoden noch nicht für den industriellenEinsatz in dieser Zielgruppe konzipiert sind.

PersonalEine hohe Auslastung der Produktionsanlagen und damit eine zuverlässige Verfüg-barkeitssicherung dieser Anlagen ist notwendig, um schnell auf Störungen reagierenzu können. Mit dieser Thematik befasste sich der Sonderforschungsbereich 384»Verfügbarkeitssicherung reaktionsschneller Produktionssysteme«. Dort wurde indem Teilbereich D die Thematik »Intelligente Arbeitsorganisation zur Sicherung derAnlagenverfügbarkeit« behandelt, so dass neben den technischen auch Aspekte wiePersonalverfügbarkeit und -qualifikation für eine integrierte Betrachtungsweise der

Page 32: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

31

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

Verfügbarkeitssicherung mit aufgenommen wurden. Bezogen auf die Fragestel-lungen der KMU tauchen hier Themen wie z.B. die Mehrfachqualifikation auf.

Ziel des Sonderforschungsbereich 361 »Modelle und Methoden zur integriertenProdukt- und Prozessgestaltung« ist es, den gesamten Entwicklungsprozess von derersten Produktidee bis zur Gestaltung der notwendigen Arbeits- und Produktions-mittel methodisch zu unterstützen und somit zu verkürzen. In dem, diesem Sonder-forschungsbereich folgenden Transferbereich 57 »Systemunabhängige Referenz-prozesse« wird auch erforscht, wie Methoden zur Personalauswahl und -entwicklungfür Produktionsprozesse in Referenzprozessen umzusetzen sind.

Dem besonderen Thema der demografischen Entwicklung in Deutschland undanderen europäischen Ländern widmet sich das Schwerpunktprogramm 1184»Altersdifferenzierte Arbeitssysteme«. Das Ziel ist die Entwicklung von Lebens-spannen-Modellen der Gestaltung von Arbeitssystemen, um ältere Arbeitnehmerfür längere Zeit im Erwerbsleben zu halten. Die Hauptthemen des Schwerpunkt-programms sind »Altersdifferenzierte Verteilung von Arbeitsaufgaben«,»Altersdifferenzierte Gestaltung von Arbeit und Arbeitsmitteln«, »AltersdifferenziertePersonalentwicklung« und »Auswirkungen der Lebensarbeitszeit«. In den Einzel-projekten werden zwar arbeitsorganisatorische Fragestellungen im Rahmen derdemografischen Entwicklung behandelt, die eigentlichen Ziele liegen aber in denpersonalrelevanten Fragestellungen. Übergang?? Die Leistungsfähigkeit von Arbeits-systemen wird in diesem Schwerpunktprogramm behandelt. Auswirkungen derdemografischen Entwicklung auf die Möglichkeiten zur organisatorischen Wand-lungsfähigkeit von Unternehmen stehen offensichtlich noch aus.

Mit den Rahmenbedingungen von Flexibilität befasst sich das Schwerpunktprogramm1169 »Flexibilisierungspotentiale bei heterogenen Arbeitsmärkten«. Vorrangiges Zielsoll es sein, die durch historisch gewachsene institutionelle Regelungen bedingtenStarrheiten daraufhin zu »durchforsten«, ob und in welchem Umfang deren Abbaumöglich und notwendig ist. Innerhalb des Bereiches »Betriebliche Personalpolitik beitechnologischem und organisatorischem Wandel« werden Fragenstellungen zu der»Betrieblichen Arbeitsnachfrage nach qualifizierten Frauen und älteren Arbeit-nehmern im technologischen und organisatorischen Innovationsprozess«, zu den»Einflussfaktoren und Erfolgswirkungen befristeter Beschäftigungsverhältnisse«, zu»Ansätzen zur Sicherung betrieblicher Humankapitalinvestitionen« und zu »Betrieb-lichen Flexibilisierungspotentialen im Bereich der Entlohnungspolitik und Arbeitsorga-nisation« behandelt. In dem Schwerpunktprogramm werden z. B. Themen derEntlohnung, der Qualifikation oder der Einflusses von Qualifikationsniveaus underforscht. Im Schwerpunktprogramm sollen Analysen aus volkswirtschaftlicher,betriebswirtschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Sicht in Form theoretischer,empirisch-experimenteller oder empirisch-ökonometrischer Untersuchungen helfen,neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Page 33: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

32

Der Projektbereich D »Entwicklung von Humanpotentialen« des Sonderforschungs-bereiches 467 befasst sich im Teilprojekt »Wandlungsfähige Arbeitssysteme« mit derWandlungskompetenz als Fähigkeit zur Anpassung und Entwicklung von Organisati-onsstrukturen. Wesentlich ist hierbei der Aufbau von Ressourcen und Potentialen inden Bereichen Kooperation, Lernen, Qualifikation und Organisation. Unternehmenmit organisationaler Wandlungskompetenz beherrschen den Prozess der schnellenVeränderung durch eine verbesserte Zusammenarbeit ihrer wichtigsten Akteure.Sie entwickeln für diese Wandlungsprozesse neue Abläufe, Regeln und Routinen.Als Ergebnis liefert dieser Projektbereich ein Instrument zur Analyse und Bewertungvon betrieblicher Wandlungskompetenz. Ebenfalls im Bereich Personal ist das Teil-projekt »Organisationale Unterstützung selbstregulierter Gruppenarbeit« zu sehen,das sich auch mit dem Verhältnis von Fremd- und Selbstorganisation befasst undUntersuchungen zu Führungsinstrumenten im Kontext teilautonomer Gruppenarbeit,wie z. B. Zielvereinbarungen mit einschließt.

Der Transferbereich 59 »Wandlungsfähigkeit in der variantenreichen Serienferti-gung« soll die Forschungsergebnisse des SFB 467 umsetzungsorientiert untersuchen.Im Teilprojekt »Gruppenentwicklungsprozesse bei selbstregulierten Arbeitsgruppen«werden auf der Basis von Diagnoseinstrumenten verschiedene Maßnahmen durch-geführt, um die personellen, strukturellen und führungsseitigen Leistungsvorausset-zungen von Gruppen aufeinander abzustimmen und zu verbessern. Zum Einsatzkommen dabei unterschiedliche Methoden der Diagnose sowie Maßnahmen zurVerbesserung der Kompetenz bzw. Qualifikation, zur Optimierung der Gruppenzu-sammensetzung hinsichtlich der Lebensphasen der Mitarbeiter, zur Arbeitsgestaltungund zu Zielvereinbarungen. Inhalt des Teilprojekts »Partizipative Kommunikations-strategien in betrieblichen Veränderungsprozessen« ist das Vorgehen zur partizipa-tiven Veränderungskommunikation. Die von Unternehmen bemängelte unzurei-chende Partizipation der Mitarbeiter möchte das Teilprojekt durch entsprechendeKommunikationsstrategien beseitigen. Es wird davon ausgegangen, dass dasVorgehen der partizipativen Veränderungskommunikation auf innovative Weise dieEntwicklung akzeptanzförderlicher Kommunikationsstrategien mit der Optimierungvon Informationseinbindung, Interessengestaltung und Ressourcenunterstützung desPersonals verbindet. Durch dieses Vorgehen wird die aus Unternehmenssichtgewünschte Effizienzsteigerung der Veränderung mit der verbesserten Einbeziehungder Beteiligten gekoppelt und die nachhaltige Umsetzung des Veränderungspro-zesses gestärkt. In der »Lernfabrik für advanced Industrial Engineering aIE« sollenunter anderem Inhalte des Transferbereiches geschult werden.

KooperationenZiel des Sonderforschungsbereichs 457 »Hierarchielose regionale Produktionsnetze«ist die wissenschaftliche Durchdringung der Vision hierarchieloser, regionalerProduktionsnetze. Diese Vision besagt, dass Unternehmer künftig ihre Ressourcen inForm kleinster autonom noch lebensfähiger Wertschöpfungseinheiten, so genannterKompetenzzellen, am Markt bereit stellen. Die Forschungsaufgaben des Sonder-

Page 34: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

33

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

forschungsbereichs 457 bestehen in der Definition der Kompetenzzelle sowie inUntersuchungen zur Genese und zum Betreiben von hierarchielosen Produktions-netzen, zu Rückkopplungen bei der Vernetzung und zur Entwicklung von Produkti-onsnetzen zu regionalen Kompetenzzentren. Im Ansatz geht man davon aus, dassKMU trotz partiell hoher Fachkompetenz einen Mangel an Ressourcen aufweisen, umselbstständig komplexe und innovative Produkte kundenorientiert herzustellen.Fehlende Ressourcen und Kompetenzen müssen deshalb durch Kooperationenergänzt werden. Neu gegründete Unternehmen haben kaum Zugang zu etabliertenKooperationsbeziehungen. Dadurch bleiben regionale Potentiale und Kompetenzenungenutzt. Dies wird dadurch gelöst, dass sich die Kompetenzzellen – im Gegensatzzu bisherigen Modellansätzen – hierarchielos vernetzen, das heißt, dass zwischen denKompetenzzellen keine Hierarchieebenen gebildet werden, sondern sich die Kompe-tenzzellen sich direkt mit anderen vernetzen. Bei Entscheidungen sind die Kompe-tenzzellen untereinander gleichberechtigt. Der Sonderforschungsbereich befasst sichauch mit Arbeitsstrukturen und Personalentwicklung, hat seinen Schwerpunkt aberzweifellos in den Vernetzungsstrukturen.

Die »Modellierung großer Netze in der Logistik« ist die Aufgabe des Sonderfor-schungsbereiches 559, der unterschiedliche Fragestellungen von Kooperationsbezie-hungen unter logistischen Gesichtspunkten behandelt. Von der großen Bandbreitedieses Sonderforschungsbereiches werden unter dem Gesichtspunkt dieser Vorunter-suchung die folgenden Bereiche vorgestellt. Das Teilprojekt »Beschaffungsketten«zielt darauf ab, Beschaffungsvorgänge in Netzwerken in einer umfassenden Modell-welt darzustellen und abzugrenzen. Im Rahmen der Arbeiten wurde unter anderemeine Balanced Scorecard für Beschaffungsketten entwickelt, in der durch die Defini-tion geeigneter Schlüsselkennzahlen die Messung von Kooperationsprozessenzwischen Unternehmen ermöglicht werden soll. Innerhalb dieses Sonderforschungs-bereiches 559 befasst sich das Teilprojekt A15 mit »Organisationskonzepten fürSupply Chains«. In diesem Teilprojekt liegt das Hauptaugenmerk auf dem Zusammen-spiel zwischen Strategien der Planung und Steuerung von Logistiknetzwerken mitverschiedenen Organisationsformen. Das Teilprojekt geht davon aus, dass die Bewer-tung der Kombinationen aus Strategien und Organisationskonzepten ein wesent-licher Erfolgsfaktor für die erfolgreiche unternehmensübergreifende Gestaltunggroßer Netze der Logistik ist. Die Umsetzung von SCM-Strategien in einem Logistik-netzwerk macht es aus Sicht des Teilprojekts notwendig, den bestehenden organisa-tionalen Aufbau zu analysieren und gegebenenfalls anzupassen. In dem Teilprojekt»Modellierung eines ›Virtuellen Lagers‹« wird das Modell eines »Virtuellen Lagers«entwickelt. Dies ist eine Kooperationsform eigenständiger Unternehmen, bei derräumlich und organisatorisch getrennte Lager- und Transportkapazitäten zu einemLagersystem mit zentraler Disposition zusammengefasst werden. Diese Form derZusammenarbeit wird »virtuell« genannt, da es sich nicht um ein Lager mit einemphysischen Standort handelt, sondern um einen dynamischen Lagerverbund, dessenStandorte sich mit den kooperierenden Unternehmen ändern. Die Besonderheiten

Page 35: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

34

dieser Anforderungen inklusive der Modellierung zugehöriger Geschäftsmodelle wirdin diesem transferorientierten Teilprojekt mit externen Partnern erforscht.

Im Sonderforschungsbereich 467 »Wandlungsfähige Unternehmensstrukturen fürdie variantenreiche Serienproduktion« werden im Bereich der »MarktorientiertenFührungssysteme« auch Unternehmens- und Produktionsnetzwerke sowie andereKooperationsformen erforscht. Die Zielsetzung des Teilprojektes besteht in derEntwicklung von Bausteinen zu einer betriebswirtschaftlichen Theorie der marktori-entierten Führung dezentraler Unternehmen in turbulenten Umwelten. Unter-nehmen, die sich in solchen Umwelten behaupten wollen, müssen ihre Rolle im Wett-bewerb immer wieder aufs Neue definieren und sich innovativ weiterentwickeln.Hieraus resultieren neue Anforderungen an die Führungssysteme, an die Gestaltungmarktseitiger Schnittstellen und Beziehungsmuster sowie deren Integration. Hierbeiwerden z. B. Fragestellungen zur Dynamik oder zur Wertgenerierung in Netzwerkenaus betriebswirtschaftlicher Sicht beleuchtet.

OrganisationInnerhalb des Sonderforschungsbereiches 531 »Design und Management komplexertechnischer Prozesse und Systeme mit Methoden der Computational Intelligence«gibt es das Teilprojekt C10 »Echtzeitoptimale Belegungsplanung verfahrenstechni-scher Mehrproduktanlagen durch hybride Algorithmen«, das Ergebnisse für spezifi-sche Anforderungen zur Feinsteuerung im Produktionsbereich erarbeiten soll. DasGesamtziel des Teilprojektes ist die Entwicklung eines schnellen und robusten Algo-rithmus zur optimalen Entscheidungsfindung für die Belegungsplanung auf Basisstochastischer, gemischt-ganzzahliger nichtlinearer Modelle.

Mit logistischen Netzwerken befasst sich der Sonderforschungsbereich 637 »Selbst-steuerung logistischer Prozesse – Ein Paradigmenwechsel und seine Grenzen«, wobeidavon ausgegangen wird, dass die dynamische und strukturelle Komplexität logisti-scher Netzwerke verhindert, dass die Bereitstellung aller entscheidungsrelevantenInformationen für eine zentrale Planungs- und Steuerungsinstanz noch möglich istund deshalb adaptive logistische Prozesse mit der Fähigkeit zur Selbststeuerungerfordert. Mit Selbststeuerung wird hierbei die dezentrale Koordination autonomerlogistischer Objekte in einer heterarchischen Organisationsstruktur bezeichnet.Der Sonderforschungsbereich beinhaltet die Arbeitsebenen »Materialfluss undLogistik«, »Informatikmethoden und IuK-Technologien« und »Organisation undManagement«. Im Sinne der hier angesprochenen prozessorientierten Organisationkönnten zukünftig die Ergebnisse aus dem Teilprojekt »Adaptive Geschäftsprozesse –Modellierung und Methodologie« genutzt werden.

Der Sonderforschungsbereich 582 »Chancen und Herausforderungen durch Markt-nähe und Individualisierung« erarbeitet Ansätze, wie in Zukunft jeder Kunde ein indi-viduell auf ihn zugeschnittenes Produkt zu Konditionen eines vergleichbaren Stan-dardgutes »direkt vor Ort« erhalten kann. Weltweit verteilte »Minifabriken« sollen

Page 36: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

35

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

diese individualisierten Produkte für jeden einzelnen Kunden konfigurieren, anpassenund herstellen. Hierbei sollen eine Vielzahl ineinandergreifender neuer organisatori-scher Lösungen, Produktionsverfahren und Service-Prozesse die individuelle Fertigunggenauso ökonomisch wie eine Massenfertigung machen. Die Dynamik diesesAnsatzes spiegelt sich z. B. in den Überlegungen wider, dass bestehende Prozess-abläufe der Minifabrik häufig neu- bzw. umgeplant werden müssen und so ständigneue Ablaufbeziehungen entstehen. Weiterhin wird in Organisationsmodellen überdie Umsetzung einer integrierten Dienstleistungsentwicklung geforscht, Hierbeikommen auch Kooperationsmodelle zum Tragen.

Der Projektbereich A »Grundlagen der Optimierung und Adaption« des Sonder-forschungsbereich 467 »Wandlungsfähige Unternehmensstrukturen für die varia-ntenreiche Serienproduktion« bearbeitet grundsätzliche, oft systemtheoretischeFragestellungen und fokussiert seine Arbeiten auf methodische Fragen und Entwick-lungen. So werden insbesondere Evolutionstechniken und regelungstechnischeMethoden weiterentwickelt und für die in anderen Projektbereichen des Sonder-forschungsbereiches bearbeiteten Fragestellungen anwendbar gemacht. Im Projekt-bereich B »Struktur- und Unternehmensentwicklung« werden mit »DynamischenFabrikstrukturen« Instrumente der Fabrikplanung erforscht, um den steigendenPlanungszyklen gerecht zu werden. Dabei soll die Fabrikstrukturplanung zu einerquasi-permanenten Planung gemacht werden. Mit neuen Methoden des Selbstcon-trolling« sollen Hilfsmittel zur Selbststeuerung die Autonomie dezentraler Einheitenunterstützen. Mit dem Bereich »Anpassungsfähige Prozessplanung« sollen vorrangigdie Defizite und Widersprüche der Prozessplanung und Feinsteuerung erforscht undaufgehoben werden.

Der Transferbereich 59 »Wandlungsfähigkeit in der variantenreichen Serienferti-gung«, der dem SFB 467 folgte, soll mit weiteren Partnern die Umsetzungsmöglich-keiten der Ergebnisse des SFB erforschen. Im Teilprojekt »Wirtschaftliche Wandlungs-fähigkeit im produzierenden Mittelstand« werden mehrere Kompetenzen des SFB467 aus den Bereichen der Fabrik-, Produktions- und Arbeitsplanung, der Informati-onstechnologie und des Unternehmenscontrollings zusammenarbeiten. Ziel ist dieprototypische Realisierung bzw. der Einsatz von Methoden und Werkzeugen der Digi-talen Fabriktechnologien zur Erzielung von wirtschaftlicher Wandlungsfähigkeit ineinem Unternehmen des Mittelstands. Erreicht werden soll eine skalierbare Datenmo-dellierung und Simulation als Basis für ein Fabrik-Cockpit zur kurz- und mittelfristigenFestlegung von fabrikplanerischen und dispositiven Maßnahmen. Der Schwerpunktliegt in der Implementierung der Methoden zur Produktionsgestaltung und deroperativen Produktionsplanung und -steuerung.

Page 37: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

36

3.2.3Rahmenkonzept »Forschung für die Produktion von morgen«des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

In dem BMBF-Rahmenkonzept »Forschung für die Produktion von morgen«, dessenBekanntmachung im Oktober 1999 erfolgte, sind bis Ende 2006 282 Projektegefördert worden, von denen für die vorliegende Voruntersuchung insbesondere dieProjekte relevant sind aus den Handlungsfeldern »Markt, Produktplanung, Dienst-leistung« sowie »Mensch und wandlungsfähiges Unternehmen«.

In diesen Bereichen wurden einige Projekte gefördert, die sich explizit den ThemenFlexibilität und Wandlungsfähigkeit widmeten. Schon 1995 startete im Förderpro-gramm »Produktion 2000« des BMBF das Vorhaben »Gestaltung und Umsetzungdynamischer Produktionsstrukturen« (DYNAPRO), das vom Fraunhofer-Institut fürFabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) koordiniert wurde (Hartmann 1996; Hart-mann 1997; Hartmann 1998). Das übergeordnete Projektziel war – ausgehend vonturbulenter werdenden Märkten – die Entwicklung von Modellen dynamischer Orga-nisationsstrukturen und Verhaltensweisen sowie deren Umsetzung in produzierendenUnternehmen. Ausgangspunkt dieser Untersuchungen war die These, dass sich aufturbulenten Märkten nur den Unternehmen Chancen in der Zukunft erschließen,die sich dynamisch an die Marktveränderungen anpassen können und damit dieWettbewerbsarena aktiv mitgestalten. DYNAPRO ging von einem, dieser Vorstudieverwandten Wandlungsbegriff aus, der insbesondere auf die Dimensionen Personalund Organisation abzielte.

Die hervorzuhebenden Ergebnisse des DYNAPRO-Vorhabens bestehen insbesonderein der Bestimmung von vier Gestaltungsfeldern (Innovation und Effizienz; Strategieund Struktur; Produkt und Prozess; Personal und Wissen), der Betonung von Ganz-heitlichkeit und bottum-up-Strategien, der Definition von sieben so genannten Dyna-mikfaktoren sowie einer Bewertungsmethode für Wandlungsfähigkeit. Die Dynamik-faktoren Zielorientierung, Transparenz, Kongruenz, Basisflexibilität, Handlungsfrei-raum, Veränderungskompetenz und Leistungsorientierung sind die Voraussetzungenfür eine dauerhafte, nachhaltige Wandlungsfähigkeit von Unternehmen. Sie bildenzugleich den Input für die fünfschrittige Bewertung ihrer Wandlungsfähigkeit:Erfassen allgemeiner Unternehmensdaten; Ermitteln der Anpassungs- und Entwick-lungsfähigkeit; Entwicklung der Turbulenzfähigkeit, Beurteilung von Wissenserzeu-gung und -nutzung; Unternehmensbegehung.

Aufbauend auf den Ergebnissen des DYNAPRO-Projektes begann im Sommer 2000das Vorhaben »Methoden und Instrumente zur Gestaltung, Stabilisierung und Bewer-tung dauerhafter Wandlungsfähigkeit« (DaWa), das von der IMIG AG koordiniertwurde (Hartmann 2003a; Hartmann 2003b). Während DYNAPRO sich eher konzep-tionell mit den Bedingungen und Anforderungen eines wandlungsfähigen Unterneh-mens und der Modellbildung dynamischer Organisationsformen auseinandersetzte,

Page 38: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

37

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

konzentrierte sich das DaWa-Projekt auf die Entwicklung von Methoden und Instru-menten zur Unterstützung der Anpassung, Weiterentwicklung und Stabilisierungdauerhafter Wandlungsfähigkeit.

Der Ausgangspunkt der Methoden- und Instrumentenentwicklung waren die vieroben angeführten Gestaltungsfelder des DYNAPRO-Projektes. Sie wurden im DaWa-Projekt im Sinne der notwendigen Ganzheitlichkeit und der Berücksichtigung derWechselwirkungen zwischen den Gestaltungsfeldern zu einem Integrationsmodellzusammengefasst (Abbildung 5).

Für das Ermitteln und Bewerten von Wandlungsfähigkeit wurde analog zu den vierGestaltungsfeldern ein Set von Indikatoren entwickelt, die unternehmensspezifischanzupassen sind. Diese Indikatoren bilden die Grundlage für das so genannte»Cockpit der dauerhaften Wandlungsfähigkeit«, das in Verbindung mit dem »DaWa-Managementboard« das zentrale Steuerungselement in dem DaWa-Konzept ist

Abbildung 5: Das Integrationsmodell des DaWa-Projektes(http://www.dawa-online.de/projektergebnisse/gesamtmodell.php3?p=1)

DaWaCockpit

Innovation & Effizienz

Strategie & Struktur

Produkt & Prozess

Handlungs-optionen

Handlungs-optionen

Personal & Wissen

Marktveränderungen

Unternehmensveränderungen

Organisations-management

Veränderungs-management

strategischeOptionen

strategischeOptionen

strategischeOptionen

strategischeOptionen

Innovations-management

Wertschöpfungs-management

Page 39: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

38

(Abbildung 6). Das DaWa-Managementboard ist eine modular aufgebaute Metho-densammlung, die sich in vier übergreifende Methoden differenzieren lässt: Innovati-onsmanagement, Wertschöpfungsmanagement, Organisationsmanagement undVeränderungsmanagement.

Die Relevanz, die dem Thema Wandlungsfähigkeit Ende der neunziger Jahre zuge-schrieben wurde und die sich schon in dem DYNAPRO-Vorhaben niederschlug, zeigtesich besonders in der Vordringlichen Aktion »Wachstumsstrategien durch markt-orientierte Wandlungsfähigkeit und produktnahe Dienstleistungen« (Stratema), inder der Forschungs- und Handlungsbedarf aus der Sicht der Industrie zusammen-getragen wurde und zu vorrangigen Forschungsvorhaben komprimiert wurden; dieKoordination des Projekts erfolgte durch das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und-automatisierung (IFF) (Hartmann et al. 1999).

Die Vision, die sich das Stratema-Projekt auf die Fahnen geschrieben hat, lautete»Wachstum durch Wandel«. Hierdurch sollte angedeutet werden, welche BedeutungWandlungsfähigkeit angesichts der turbulenten Marktbedingungen und der immerkürzer werdenden Reaktionszeiten auf diese Turbulenzen für das Unternehmens-wachstum hat. Um dieses Wachstum zu erzielen, sind Maßnahmen in vier Hand-lungsfeldern erforderlich:

– Strategie und Innovationsfähigkeit,– Dienstleistungen und Produkte,– Technik und Technologieentwicklung sowie– Mensch und Organisation.

Abbildung 6: Das DaWa-Cockpit(http://www.dawa-online.de/projektergebnisse/dawa_ermitteln.php3?p=1)

Strategische Ebene

Ken

nza

hle

n (C

ockp

it-C

hart

s)

Sim

ula

tio

nen

/Sze

nar

ien

Taktische Ebene

Operative Ebene

Interpretations- undAuswerteregularien

Leitbild/Vision

DaWa-Management-Board

Handlungsoptionenund Maßnahmen

Page 40: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

39

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

Die lern- und wandlungsfähige Organisation als Vernetzung von Technik, Organisa-tion und Personal bildet dabei eine zentrale Voraussetzung für die Planung undImplementierung der jeweils erforderlichen Maßnahmen in den einzelnen Hand-lungsfeldern. Um aber erfolgversprechende Maßnahmen einsetzen zu können,ist deren Bewertung vonnöten; hier dominieren, so die Klage, zu subjektive undeindimensionale Verfahren, die zu unzureichenden Ergebnissen führen. Stattdessenmuss darauf hingearbeitet werden, Verfahren zu entwickeln und zu verbreiten,die explizit die Bewertung der Wandlungsfähigkeit von Unternehmen ermöglichen.Die Stratema-Ergebnisse zu den einzelnen Dimensionen werden unten dargestellt.

Als kurzes Zwischenresümee lässt sich zunächst konstatieren, dass im ThemenfeldPersonal eine Vielzahl an einschlägigen Projekten zu verzeichnen ist, die zwar inTeilen durchaus grundlagenorientiert sind, aber wesentlich intensiver anwendungs-orientierte Forschungsfragen verfolgten. Demzufolge sind in diesen Projekten eineVielzahl von Methoden und Instrumenten entwickelt worden, bei denen – bezogenauf die behandelten, teilweise weiterhin noch aktuellen Themen – ein Transferbedarffestzustellen ist. Auffällig ist – auch im Vorgriff auf die Ergebnisse der Betriebs-erhebungen (vgl. Kapitel 4) –, dass schon bei den hier betrachteten Projekten dasThema Mitarbeiterbeteiligung und die Frage, wie Beschäftigte motiviert werdenkönnen, sich an Veränderungsprozessen zu beteiligen, aktuell ist.

Weniger optimistisch stimmen die Resultate in den Dimensionen Kooperation undOrganisation. Hier scheint auf jeden Fall noch Forschungsbedarf zu existieren.Nach den älteren Vorhaben DYNAPRO und Stratema wurden kaum noch einschlägigeProjekte gefördert, so dass ein Nachholbedarf in diesen Themenfeldern zu erkennenist.

PersonalIn dem Verständnis von DYNAPRO spielen die Mitarbeiter für die Wandlungsfähigkeitvon Unternehmen eine zentrale Rolle. Daher ging das Vorhaben von der Prämisseaus, dass Wandlungsfähigkeit ein Unternehmensziel sei, das den Beschäftigten inerster Linie von den Führungskräften vermittelt werden muss. Die Beschäftigten seieneher an Stabilität und weniger an Veränderung interessiert. Demzufolge sind dieFührungskräfte aufgefordert, ein Umdenken der Beschäftigten zu initiieren.Die Sicherheit des Arbeitsplatzes wird sich zukünftig nicht durch Stabilität gewähr-leisten lassen, sondern nur durch Veränderung. Zentrale Stellhebel sind zum einen dieQualifizierung der Führungskräfte und zum anderen die Überzeugung durch Sach-argumente. Vorgeschlagen und umgesetzt wurden u. a. Instrumente wie Mitarbeiter-beurteilung, ein flexibles Lohn- und Arbeitszeitmodell, Schulungen oder KVP.Aber auch für den »Erfolgsfaktor« Mitarbeiter wurden Anforderungen beschrieben:soziale Kompetenz, Offenheit, Effizienz, Flexibilität und Problemlösungskompetenz.Erst das Zusammenspiel beider – Führungskräfte und Mitarbeiter – eröffnen den Wegzur nachhaltigen Wandlungsfähigkeit.

Page 41: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

40

Innerhalb des oben angeführten DaWa-Projektes kam bei den vier Gestaltungs-feldern (vgl. DYNAPRO) dem Feld Personal und Wissen nicht zuletzt vor demHintergrund der besonderen Bedeutung der Ressource Mensch ebenfalls eine heraus-gehobene Bedeutung zu (Volkholz 2004). Im Unterschied zu dem generell praxis-orientierten Vorgehen im DaWa-Vorhaben wurde in diesem Teilbereich stärkerkonzeptionell zu den Fragestellungen Kompetenzen und Wissen gearbeitet, die demHumankapital in Abgrenzung zu dem strategischen Kapital, dem Organisationska-pital und dem Lieferanten-/Kunden-Kapital zugerechnet werden. Dabei wird unterdem Begriff der Kompetenzdynamik der Beschäftigten eines Unternehmens dasZusammenspiel von Basis-, Veränderungs- und Kernkompetenzen verstanden.Insbesondere die Kernkompetenzen sind für die Wandlungs- und Wettbewerbsfähig-keit relevant, da sie die Einzigartigkeit und damit Wettbewerbsvorteile begründen.Die Kernkompetenzen können aber mit den bekannten sozialwissenschaftlichenMethoden nicht dargestellt werden; ähnliches gilt auch für die betrieblichen Wissens-strukturen. In der Untersuchung wurde zwar festgestellt, wer in einem Unternehmenüber Wissen aus verschiedenen Wissensfeldern verfügt und dass es angesichts der zulösenden betrieblichen Probleme zu wenig so genannte »Wissensintegrateure« gibt,aber es fehlen weiterhin genaue Kenntnisse über die betrieblichen Wissensstrukturenals Voraussetzung für Veränderungsprozesse.

Auch in der »Vordringlichen Aktion« Stratema wird die Relevanz von Personal undWissen für die Wandlungsfähigkeit ausdrücklich betont. Wandlungsfähig istdemnach ein Unternehmen, das auf der Basis seiner Mitarbeiter und in Kombinationmit einer umfassenden Wissenserzeugung und -nutzung in der Lage ist, auf turbu-lente Veränderungen im Unternehmensumfeld schnell, dauerhaft und aufgrundeigener Ressourcen zu reagieren. Herausgehoben wurde dabei die Frage der Mit-arbeiterbeteiligung. Gerade vor dem Hintergrund der auch im DYNAPRO-Projektdiskutierten Problematik des »Mitziehens« der Beschäftigten bei Veränderungspro-zessen wird die Notwendigkeit hervorgehoben, Faktoren zu identifizieren, die dieAkzeptanz gegenüber Veränderungsprozessen sichern können.

Schon Mitte der neunziger Jahre griff das Vorhaben »Betriebliche Rahmenbedin-gungen für eine erfolgreiche Implementierung neuer Produktionsstrukturen«(RAMONA) unter der Koordination des Instituts Arbeit und Technik, Gelsenkirchen,die Frage auf, warum so viele betriebliche Reorganisationsmaßnahmen zwar ange-gangen, aber letztlich nicht erfolgreich abgeschlossen werden (Brödner/Kötter 1999;Projektgemeinschaft RAMONA 1999). Das Projektkonsortium ging dabei von derÜberlegung aus, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen in den Unternehmenfehlten; ihrer Auffassung nach bedürfen nachhaltige Erfolge von betrieblichen Verän-derungsprozessen eine Veränderung der Unternehmenskultur. Nur wenn es gelingt,die Neugestaltung von Strukturen und Prozessen mit einer Kultur des gemeinsamenLernens zu verknüpfen, werden Veränderungsvorhaben nachhaltigen Erfolg zeitigenkönnen. Exemplarisch an der Einführung u. a. von Arbeitszeitkonzepten, Führungs-prinzipien oder Entlohnungsmodellen wurden verfügbare Konzepte aufgearbeitet,

Page 42: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

41

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

mit den am Projekt beteiligten Unternehmen weiterentwickelt und implementiert,wobei die arbeitspolitische Problematik der Überwindung von Widerständen gegenVeränderungsmaßnahmen von besonderem Interesse war.

Das von der PROSPEKTIV-Gesellschaft für betriebliche Zukunftsgestaltung mbH koor-dinierte Projekt »Einzigartigkeit kommt von innen – Wandlungsfähigkeit undWachstum durch Erschließen strategischer Potentiale« (UNIKAT) sieht die Chancenvon Unternehmen in dem Erschließen strategischer Wissens- und Kompetenzpoten-tiale der Mitarbeiter. Die Ausgangsüberlegung des Vorhabens bezieht sich auf diegrundsätzlich vorhandenen spezifischen Qualifikationen, Kompetenzen, Fähigkeitenund Wissensbestände der Beschäftigten. Diese sind den Führungskräften vielfachjedoch nicht bekannt, können aber ein entscheidender Faktor für das Unternehmensein, um sich von den Marktwettbewerbern zu differenzieren. Das Ziel ist somit nicht,sich an den vermeintlich Besten zu orientieren, sondern einen eigenständigen Weg zubeschreiten, der weniger auf Technologie und Technik fokussiert ist, sondern aufPersonalentwicklung und -management; dadurch soll Einzigartigkeit erreicht werden.Methodisch wurde hierfür ein so genannter »UNIKAT-Potentialscanner« entwickelt,der letztlich eine Toolbox darstellt, deren Instrumente die Unternehmen bei derPotentialdiagnose unterstützen; als quasi übergeordnetes Instrument dient eineweiterentwickelte Balanced Scorecard, um sie besser für die Strategieentwicklungund die gezielte Steuerung von Wissen und Fähigkeiten einsetzen zu können(Kohlgrüber et al. 2003).

Einen ganz anderen, aber originellen Weg verfolgte das Vorhaben »DynamischePersonalwirtschaft für die Industrie des 21. Jahrhunderts. Teilprojekt: Überbetrieb-liche Personalflexibilisierung« (PERFLEX), das vom ISF München koordiniert wurde(Döhl 2002; Döhl et al. 2003). PERFLEX stellte die klassischen Inhalte personalwirt-schaftlich orientierter Projekte wie Personalentwicklung oder Qualifizierung in denHintergrund und verfolgte stattdessen die Frage, wie sich Personalflexibilität überUnternehmensgrenzen hinaus herstellen lässt. Ausgegangen wurde von der Überle-gung, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowohl mit dem Ausgleichvon Marktschwankungen als auch mit dem Bewältigen von Marktturbulenzen großeSchwierigkeiten haben. Deshalb wurde in dem Vorhaben ein unternehmensüber-greifendes Kooperationsnetzwerk aufgebaut, das auf unterschiedlichen Hierarchie-und Aufgabenebenen Möglichkeiten der Zusammenarbeit aufzeigt. Empirischerprobt wurde das Modell mit fünf kleinen Unternehmen, die entlang einer Wert-schöpfungskette agieren. Bei der Dimension Personal sind hierbei insbesondere dieim Projekt erarbeiteten rechtlichen, materiellen, personellen und sozialen Voraus-setzungen für den Personalaustausch in den Bereichen Fertigung und Montage, aberauch im Bereich Planung und Entwicklung hervorzuheben.

KooperationIm Unterschied zu den Dimensionen Personal und Organisation stand das ThemaKooperation und Zulieferbeziehungen im DYNAPRO-Projekt nicht im Mittelpunkt.

Page 43: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

42

Gleichwohl fand das Supply Chain Management auch Eingang in die Projektarbeitund die Arbeitstreffen. Am Beispiel von C-Teile-Zulieferungen wurden Anforderungenan die Lieferanten formuliert, die den »Einkauf« von Prozesssicherheit, Kompetenzenhinsichtlich von Strukturierung, Beratung und Einführung, Modularität des Leistungs-angebotes, Zugehen auf kleine und mittlere Zulieferer oder Logistikmonitoringumfassen.

Die überbetriebliche Kooperation wurde in dem Vorhaben Stratema als ein wichtigerBestandteil der Wandlungsfähigkeit von Unternehmen betrachtet. Das Beispiel derproduktbegleitenden Dienstleistungen illustriert, dass diese neue Formen der Koope-ration zwischen dem Kunden und dem Hersteller bedürfen. In Bezug auf die Flexibi-lität und Wandlungsfähigkeit des Herstellers helfen Kooperationsbeziehungen bei derLösung von Kapazitätsproblemen, erweitern das Problemlösungspotential undermöglichen eine größere Nähe zum Kunden. Es ist jedoch trotz dieser Vorzüge beivielen Unternehmen zu beobachten, dass die vorhandene Kooperationsfähigkeit undder Kooperationswille nicht ausreichen; hier müssen Anstrengungen zur Optimierungder überbetrieblichen Kooperation ansetzen. Werden die Ergebnisse des Stratema-Projektes generalisiert, lassen sich zwei zentrale Forschungsfelder erkennen: zumeinen die Frage der Strukturen von Kooperationen, zum anderen Fragen der Koope-rationsanbahnung, -beendigung und des Kooperationsmanagements.

Einen wesentlich fokussierteren Zugang zu der Dimension Kooperation verfolgte dasunter dem Bereich Personal schon beschriebene Vorhaben PERFLEX, das zwar eineprimär personalwirtschaftliche Ausrichtung besaß, jedoch aufgrund seines Ansatzesauch Anknüpfungspunkte für die Dimension Kooperation eröffnet (Döhl 2002; Döhlet al. 2003). Über die ursprüngliche Intention hinaus, Kooperationen zwischenWertschöpfungspartnern in Bezug auf den Personalaustausch anzubahnen, wurdendie Kooperationen im Verlauf des Vorhabens weiter ausgedehnt. So wurden aufGeschäftsleitungsebene strategische Unternehmensziele koordiniert und harmoni-siert sowie der Transfer von Innovationen zwischen den Kooperationspartnernbefördert.

OrganisationDas Ziel von DYNAPRO war in bezug auf die Dimension Organisation die Implemen-tierung einer prozessorientierten Organisation. Soll diese wandlungsfähig gestaltetsein, müssen die betrieblichen Strukturen und Prozesse regelmäßig überprüft undbewertet werden. Hierfür wurde im DYNAPRO-Projekt herausgearbeitet, dass dieUnternehmen die beiden Dimensionen Wandlungsfähigkeit und Profitmaximierungsehr fein austarieren müssen. Eine zu starke Ausrichtung auf Wandlungsfähigkeitoder Profit kann den nachhaltigen Unternehmenserfolg gefährden. Darüber hinauswird mit der Umsetzung betrieblicher Reorganisationsmaßnahmen ein weitererwichtiger Aspekt betont; gefordert wird, dass auch die Veränderungsprozesse selbstsystematisiert werden müssen.

Page 44: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

43

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

Nicht nur bei den Beschäftigten (vgl. Bereich Personal) ist der Wunsch nach Stabilitätvorhanden. Auch Unternehmensleitungen hängen, so ein Ergebnis der Vordring-lichen Aktion Stratema, dem traditionellen Verständnis an, dass Organisations-veränderungen zu vermeiden sind. Dabei wird jedoch übersehen, dass aus demUnternehmensumfeld zunehmend Anforderungen kommen, die Veränderungen derbisherigen Strukturen und Prozesse erfordern. Die Zielvorstellung des Stratema-Vorhabens war ein Unternehmen, das dann wandlungsfähig ist, wenn es in der Lageist, schnell, permanent und aus eigener Substanz sich an veränderte Umfeldbedin-gungen anzupassen; es soll aber auch proaktiv agieren können, indem es sich selbst-initiiert weiterentwickelt und sogar in bestimmten Marktsegmenten selbst Turbu-lenzen erzeugen kann. In dieser Vorstellung ist das wandlungsfähige Unternehmenein offenes System, das anpassungs-, entwicklungs- und turbulenzfähig ist.

Eine hierbei entscheidende Frage ist die Implementation wandlungsfähigerStrukturen. Das auch heute noch zu beobachtende Phänomen der Einzellösungenund nicht verbundener Reorganisationsmaßnahmen wird dabei auf deren fehlenderstrategischer Verankerung zurückgeführt. Das lässt sich nur durch das Verfolgenganzheitlicher Konzepte ändern, bei denen etwa auf ein ähnliches Niveau an Wand-lungsfähigkeit bei den einzelnen Prozessen oder auf das Zusammenspiel von Technik,Organisation und Personal geachtet wird; hierzu trägt nicht unerheblich die Beteili-gung der Beschäftigten bei.

Zur Unterstützung der Unternehmen sollten einfach anwendbare Methoden für dieKonzeptentwicklung, die Umsetzung und das dauerhafte Betreiben wandlungs-fähiger Organisationen entwickelt werden. Die Methoden sollen die Identifikation,Ermittlung und Bewertung von Wandlungsbedarfen sowie die Förderung einer Inno-vations- und Veränderungskultur in den Unternehmen ermöglichen; außerdem wirdgefordert, dass sowohl disziplin- als auch unternehmensfunktionsübergreifendeLösungsansätze gesucht werden sollen.

Eine Reihe von Vorhaben konzentrierte sich auf die Frage, welche Konzepte derFabrikgestaltung vonnöten sind, um den Anforderungen an flexible Organisations-strukturen und Wandlungsfähigkeit gerecht zu werden. Zu nennen sind hier nebender Vordringlichen Aktion »Flexible temporäre Fabrik« (TempoFak) (Wirth et al. 2000)u. a. die Vorhaben »Entwicklung eines integrativen Modularkonzeptes zum effi-zienten Gestalten und Betreiben wandlungsfähiger Fabrikstrukturen« (Plug+Produce)(Hildebrand et al. 2005), »Entwicklung neuer Konzepte für wandlungsfähige Satelli-tenfabriken und Fabrikparks« (SatFab) (Witte/Vielhaber 2004), »Entwicklung einesGeschäftskonzeptes für mobile Fabriken« (MobiFak) oder »Wandlungsfähigkeit durchmobile Fabrikstrukturen« (WdmF) (Wiendahl et al. 2005). Auf diese Projekte wird hiernicht näher eingegangen, da sie in der Voruntersuchung »Wandlungsfähige Produk-tionssysteme« behandelt werden.

Page 45: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

44

3.2.4Programm »Arbeiten – Lernen – Kompetenzen entwickeln. Innovations-fähigkeit in einer modernen Arbeitswelt« des Bundesministeriums fürBildung und Forschung

In dem Förderprogramm »Arbeiten – Lernen – Kompetenzen entwickeln. Innovati-onsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt« des Bundesministeriums für Bildungund Forschung (BMBF), standen insbesondere die Bereiche »Bilanzierung« mit insge-samt 13 Projekten und »Innovationsförderliche Unternehmenskulturen und Milieus«im Blickpunkt der Voruntersuchung. Im Unterschied zu den geförderten Vorhabendes BMBF-Rahmenkonzepts »Forschung für die Produktion von morgen« fokussiertedas hier genannte Förderprogramm zum einen auf die Suche nach Antworten auf dieFragen, welchen Stellenwert Unternehmenskultur für die Veränderungs- und Wand-lungsfähigkeit von Organisationen besitzt und wie die Unternehmenskultur inno-vationsförderlich gestaltet werden kann. Zum anderen erfolgte in dem BereichBilanzierung eine detaillierte Aufarbeitung bisheriger Studien zu den Themen Arbeits-gestaltung und -organisation, Unternehmensorganisation und Personalmanagement,die mit einem Ausblick in die Zukunft hinsichtlich denkbarer Entwicklungstendenzenverknüpft wurde.

In dem Schwerpunkt Bilanzierung sind es insbesondere übergreifende Vorhaben, aufderen Ergebnisse genauer in den jeweiligen Dimensionen Personal, Kooperation undOrganisation eingegangen wird. Zum einen handelt es sich um das Vorhaben»Branchenübergreifende Identifizierung und Typologisierung von Konzepten, Erfolgs-faktoren und Forschungsbedarfen für die Entwicklung und Verbreitung erfolgreicherInnovationen in der Arbeitsgestaltung und Unternehmensorganisation« (ausfüh-rende Stelle: Fraunhofer-Institut Systemtechnik und Innovationsforschung, ISI), dasdas Ziel verfolgt, erfolgreiche Veränderungen in der Arbeitsgestaltung und Unter-nehmensorganisation zu identifizieren und zu dokumentieren (Wengel et al. 2002;Kiel/Kirner 2002; Brödner/Knuth 2002). Zum anderen wird das Vorhaben »Arbeitsor-ganisation, Arbeitsgestaltung und Personalmanagement in ungeförderten KMU desverarbeitenden Gewerbes« (ausführende Stelle: Rationalisierungs- und Innovations-zentrum der Deutschen Wirtschaft, RKW) zu betrachten sein, in dem es um dieHerausarbeitung von Veränderungs- und Unternehmenstypologien und die Entwick-lung von Handlungsempfehlungen für erfolgreiche betriebliche Veränderungspro-zesse ging (Dieckhoff et al. 2001; Dieckhoff et al. 2003). Der zentrale Begriff desProjekts ist der der »Arbeitsinnovation«, wobei betriebliche Maßnahmen in Bezugauf Organisations- und Beschäftigungsformen ein flexibles, kreatives und eigenver-antwortliches Handeln qualifizierter Beschäftigter ermöglichen soll. Ausgemachtwerden fünf Handlungsfelder betrieblicher Arbeitsgestaltung: Arbeitsaufgaben,Arbeitsplätze, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit und Personalarbeit. Die Ergebnissewerden unten kurz beschrieben.

Page 46: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

45

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

Zieht man ein Zwischenresümee der Ergebnisse aus den betrachten Vorhaben, lässtsich die Bedeutung der so genannten weichen Faktoren für den Unternehmenserfolgdeutlich herauslesen. In allen Projekten wurde der Einfluss der Unternehmenskulturund der Beschäftigten hervorgehoben. Es zeigte sich aber auch, dass hier sowohlForschungs- als auch Transferbedarf weiterhin besteht. Defizite sind beispielsweise inder Beteiligung der Mitarbeiter bei betrieblichen Veränderungsmaßnahmen, derExistenz entsprechender Führungskonzepte, der Durchsetzung innovativer Konzeptewie Vertrauensarbeitszeit oder der ganzheitlichen Betrachtung und Umsetzung inte-grierter Modernisierungskonzepte.

PersonalObwohl die Vorhaben der beiden hier näher betrachteten Schwerpunkte sich nichtexplizit mit den Themen Flexibilität und Wandlungsfähigkeit auseinandersetzten,bieten die Projektergebnisse doch eine Vielzahl von Hinweisen auf relevante Teil-aspekte und Rahmenbedingungen von Flexibilität und Wandlungsfähigkeit.So resultierten aus dem Vorhaben »Branchenübergreifende Identifizierung und Typo-logisierung von Konzepten, Erfolgsfaktoren und Forschungsbedarfen für die Ent-wicklung und Verbreitung erfolgreicher Innovationen in der Arbeitsgestaltung undUnternehmensorganisation« in Bezug auf die Dimension Personal zu berücksichti-gende Ergebnisse zu den Voraussetzungen und Bedingungen wandlungsfähigerOrganisationen. So sind Defizite beobachtbar bei dem Abgleich von bestehendenQualifikationen und betrieblich notwendigen Anforderungen, etwa aufgrund derzunehmenden Bedeutung von Dienstleistungstätigkeiten auch im sekundären Sektoroder der Verbreitung kreislaufwirtschaftlicher Ansätze, der Qualifizierung derBeschäftigten in Hinblick auf die Herausforderungen durch überbetriebliche Koopera-tionen oder Ansätze der Gestaltung einer Work-Life-Balance. Generell kommt dieStudie zu dem Ergebnis, dass u. a. Mehrfachqualifikationen, flexible Arbeitszeit-modelle, eine Unternehmenskultur, die intensiv auf Mitarbeiterorientierung setzt,oder Transparenz und eine verlässliche, belastbare Kommunikation zukünftig zurelevanten Erfolgsfaktoren von Unternehmen werden. Das setzt insgesamt eine nach-haltige Gestaltung und Professionalisierung (etwa durch freigestellte Prozess-begleiter) der betrieblichen Arbeitssysteme voraus; die beobachtete Verbreitung vonAnsätzen einer professionellen Gestaltung von Arbeit sind der Studie zufolge wiederrückläufig.

Zu sehr ähnlichen Ergebnissen kamen auch die Vorhaben »Erfolgsfaktoren qualitäts-orientierter Arbeits- und Organisationsgestaltung – Vergleich von Erfahrungen undKonzepten ausgewählter Unternehmen der ›alten‹ und ›neuen‹ Branchen« (aus-führende Stelle: Fachhochschule Hamburg) und »Partizipative Arbeitsorganisation«(ausführende Stelle: Technische Universität Darmstadt). In beiden Vorhaben wirdbetont, dass der Erfolg von Unternehmen entscheidend von der Beteiligung derMitarbeiter – und damit verbunden von dem Führungsverständnis, der Unter-nehmenskultur und den ganzheitlichen Aufgabenzuschnitten – an der Arbeits- undOrganisationsgestaltung abhängt.

Page 47: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

46

Die breit angelegte empirische Untersuchung »Arbeitsorganisation, Arbeits-gestaltung und Personalmanagement in ungeförderten KMU des verarbeitendenGewerbes« ergab in den Bereichen Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitsaufgaben, dassein Viertel bis ein Drittel der befragten Unternehmen job rotation und job enrichmenteingeführt haben, jedoch insbesondere die Gestaltung einer lernförderlichen Arbeits-umgebung mit ca. 16 Prozent in den Unternehmen eine untergeordnete Rolle spielt.Hier konstatieren die Autoren Nachholbedarf gerade in kleinen und mittleren Unter-nehmen. Während im Bereich Personalmanagement Weiterbildung die Liste derdurchgeförderten betrieblichen Maßnahmen mit über 50 Prozent deutlich anführt,gibt es bei den Themen Führung (23 Prozent), Personalentwicklung (ca. 20 Prozent)und Mitarbeiterbeteiligung (ca. 14 Prozent) deutliche Defizite, insbesondere wennman sich die Ausführungen zu dem Projekt »Branchenübergreifende Identifizierungund Typologisierung von Konzepten, Erfolgsfaktoren und Forschungsbedarfen für dieEntwicklung und Verbreitung erfolgreicher Innovationen in der Arbeitsgestaltung undUnternehmensorganisation« in Erinnerung ruft, die nachdrücklich für die Entwick-lung mitarbeiterorientierter Unternehmenskulturen plädiert haben. Die Werte imBereich Arbeitszeit spiegeln die auch anderweitig gemachten Erfahrungen wider:Die Verbreitung flexibler Arbeitszeitformen (insbesondere Arbeitszeitkonten) nimmtzu, aber darüber hinausgehende innovative Arbeitszeitmodelle wie Jahresarbeits-zeiten (ca. 17 Prozent) oder Vertrauensarbeitszeiten (ca. 5 Prozent) fristen noch einSchattendasein.

Besonderes Augenmerk auf die Gestaltung informeller Kooperation und Kommunika-tion als Voraussetzung für flexibles Reagieren auf neue Anforderungen legte dasVorhaben »Die Organisation des Informellen als Voraussetzung für eine erfolgreicheUnternehmens- und Beschäftigungsentwicklung« (ausführende Stelle: Institut fürSozialwissenschaftliche Forschung e.V.). Die empirischen Ergebnisse bestätigen zumeinen die Bedeutung von informellen Kooperations- und Lernformen für die Bewälti-gung von Flexibilitätsanforderungen und zum anderen die These, dass Flexibilität undSicherheit sich nicht ausschließen müssen; vielmehr hängt die Akzeptanz von betrieb-lichen Flexibilitätsanforderungen durch die Beschäftigten von der Gestaltung derSicherheit ab (Böhle/Bolte 2002).

KooperationDas Vorhaben »Branchenübergreifende Identifizierung und Typologisierung vonKonzepten, Erfolgsfaktoren und Forschungsbedarfen für die Entwicklung undVerbreitung erfolgreicher Innovationen in der Arbeitsgestaltung und Unternehmens-organisation« prognostizierte zwar einen Bedeutungszuwachs von Kooperations-tätigkeiten, konstatierte aber zugleich das Fehlen empirischer Daten über die Koope-rationsintensität. Aufgrund der verfügbaren Daten ließ sich nur das Fehlen einesautomatischen Zusammenhangs zwischen Kooperationsintensität und wirtschaft-lichem Erfolg ableiten. Will man die Auswirkungen steigender Kooperationsintensitätauf die Anforderungen an Organisation und Personal benennen, müssen zuvorgenauere Erkenntnisse über die Kooperationsintensität gewonnen werden.

Page 48: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

47

Stand der Wissenschaftund der industriellen Anwendung

So mussten Fragen etwa nach der effizienten Steuerung von netzwerkinternenProzessen oder nach neuen Anforderungen an die Beschäftigten noch weitgehendunbeantwortet bleiben.

OrganisationDie Bedeutung, die die Unternehmen dem Thema Organisation zuweisen, zeigt sichin der empirischen Erhebung des Vorhabens »Arbeitsorganisation, Arbeitsgestaltungund Personalmanagement in ungeförderten KMU des verarbeitenden Gewerbes«deutlich. Die befragten Unternehmen bewerteten ihre im Bereich Arbeitsorganisationdurchgeführten Reorganisationsmaßnahmen wesentlich höher als die im BereichPersonal. Die Items Qualitätsverbesserungen (ca. 44 Prozent) und Verbesserungendes Auftragsdurchlaufs (ca. 31 Prozent) erhielten die höchsten Nennungen; abge-schlagen waren dagegen Team- (ca. 20 Prozent) und Gruppenarbeit (ca. 18 Prozent),deren in der Managementliteratur zugesprochenen Relevanz die kleinen und mitt-leren Unternehmen offenbar nicht teilten. Auffällig ist zudem, dass immerhin jedesfünfte befragte Unternehmen trotz der immer wieder in der Öffentlichkeitbeschworenen Marktturbulenzen aufgrund von Globalisierung und zunehmendemWettbewerb keine Veränderung seiner Arbeitsorganisation für nötig erachtete.Die Herausforderung, die die Autoren sehen, liegt insbesondere in einem fehlendenganzheitlichen Verständnis von Arbeitsinnovationen. Die Vielzahl organisatorischerVeränderungsvorhaben wurde nicht begleitet von Maßnahmen aus den BereichenPersonalmanagement und Mitarbeiterführung.

Eine bedenkenswerte Forderung hinsichtlich der Dimension Organisation ergibt sichaus dem Vorhaben »Branchenübergreifende Identifizierung und Typologisierung vonKonzepten, Erfolgsfaktoren und Forschungsbedarfen für die Entwicklung undVerbreitung erfolgreicher Innovationen in der Arbeitsgestaltung und Unternehmens-organisation«. Im Ergebnis plädieren die Autoren der Studie für eine Flexibilisierungder Organisation und der Arbeitskontexte und weniger der in den Organisationenbeschäftigten Menschen. Das Plädoyer umfasst beispielsweise atmende Arbeitszeit-modelle, ganzheitliche Arbeitssystemgestaltung oder die Entwicklung von Kriterienzur »Organisationsergonomie«. Insgesamt geht es somit um eine Erhöhung derOrganisationsflexibilität (Entkopplung der Arbeits- und Betriebszeiten, Ablauforgani-sation etc.).

Eine Reihe von Projekten beschäftigte sich in dem Förderschwerpunkt »Innovations-förderliche Unternehmenskulturen und Milieus« mit der Frage, welchen Einfluss dieUnternehmenskultur auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen hat bzw. wieinnovationsförderliche Unternehmenskulturen aussehen sollten und wie sie erreichtwerden können:

– Verbundprojekt: »Innovationsförderliche Unternehmenskultur durch Kooperationund Partizipation (IKOPA)« (Koordination: Fraunhofer-Institut für Produktions-anlagen und Konstruktionstechnik, IPK)

Page 49: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

48

– Verbundprojekt: »Entwicklung produktzentrierter, ganzheitlicher Innovations-kompetenzen und innovationsförderlicher Unternehmenskulturen (ProKul)«(Koordination: Universität Magdeburg)

– Diversity als Innovationskultur – Kulturwandel in kleinen und mittelständischenUnternehmen der Spitzentechnik (DIVINIKU) (Leitvorhaben: Gesellschaft fürArbeitsschutz- und Humanisierungsforschung mbH Volkholz und Partner, GfAH)

Alle Projekte sind stark umsetzungsorientiert und haben Konzepte, Methoden undInstrumente entwickelt, die eine innovationsförderliche Unternehmenskultur hervor-bringen sollen (z. B. Köchling 2008).

Page 50: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

49

4Problembereiche und Handlungsfelder

4.1 Mehr Flexibilität durch Organisation – Nutzung organisatorischerFlexibilitätsbefähiger im deutschen Verarbeitenden Gewerbe

Bei zunehmender Kostenkonkurrenz kann die Fähigkeit, flexibel auf Kundenwünscheeingehen zu können, für Unternehmen einen strategischen Wettbewerbsvorteilbedeuten. Neben der technologischen Überlegenheit und der Qualität der Produkteist die Flexibilität eine der Möglichkeiten, sich von Wettbewerbern zu differenzierenund Kostennachteile zu kompensieren.

Flexibilität kann dabei unterschiedlich aussehen: Zum einen kann Flexibilität bedeu-ten, den Kunden schneller und in den Lieferzeiten zuverlässiger als die Konkurrenzdas gewünschte Produkt bereitstellen zu können. Diese Fähigkeit wird im Weiterenmit dem Begriff der Lieferflexibilität umschrieben. Zum anderen kann Flexibilität auchheißen, den Kunden die Produkte in Varianten maßgeschneidert auf die jeweiligeBedarfssituation anbieten zu können. Produkt- oder Variantenflexibilität soll imWeiteren begrifflich für diese Fähigkeit stehen.

Ein Unternehmen, das über Flexibilität erfolgreich sein will, sollte sich strategischentsprechend positionieren, operativ flexibilitätsorientiert agieren und die jeweilserreichte Flexibilität einem kontinuierlichen Monitoring unterziehen. Inwieweit deut-sche Unternehmen eine Flexibilitätsstrategie verfolgen, in welchem Umfang organi-satorische Befähiger zur Realisierung dieser Strategie genutzt werden und welchePerformance die Unternehmen im Bereich der Flexibilität erreichen, ist jedoch weit-gehend unbekannt. Vor diesem Hintergrund sollen im Weiteren auf Basis der ISI-Erhebung Modernisierung der Produktion 2006 (zur Datenbasis vgl. Kapitel 2.3.2)folgende Fragen untersucht werden:

– Welchen Stellenwert haben flexibilitätsorientierte Strategien in der Industrie undunter welchen Rahmenbedingungen werden sie verfolgt?

– Wie oft und wie intensiv werden organisatorische Konzepte, die als Befähiger zurErreichung einer verbesserten Flexibilität beitragen können, genutzt?

– Lassen die Planungen der Firmen den Schluss zu, dass organisatorische Konzeptezur Erreichung einer gesteigerten Flexibilität künftig verstärkt eingesetzt werdenoder fehlen entsprechende Lösungen?

– Welche Wirkungen auf Flexibilitätsziele lassen sich mit der Nutzung entspre-chender Befähiger erreichen?

4.1.1Stellenwert flexibilitätsorientierter Strategien in der Industrie

Analysiert man die in Deutschland verfolgten Unternehmensstrategien, so stellt manfest, dass mehr als ein Viertel der Firmen im Wettbewerb primär über die Flexibilitätbestehen will. Damit ist Flexibilität nach Qualität und Preis und noch vor Innovationund Technologie das am dritthäufigsten genannte oberste Ziel.

Page 51: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

50

Wie erwartet können sich flexibilitätsorientierte Strategien durchaus unterscheiden:ca. zwei Drittel der prioritär auf Flexibilität setzenden Firmen meinen damit dieProdukt- oder Variantenflexibilität. Ein Drittel ist auf Lieferflexibilität fokussiert.Bezogen auf die Gesamtheit der deutschen Firmen bedeutet dies, dass 17 Prozentprimär auf Produkt- und 9 Prozent auf Lieferflexibilität setzen (Abbildung 7).

Bei der Produktflexibilität zeigte sich, dass für kleinere Betriebe dieses Kriterium einehöhere Bedeutung zu haben scheint als für größere Firmen. Stärkere Unterschiedeergaben sich jedoch im Branchenvergleich. Hier sehen Fahrzeugbaufirmen und derenZulieferer (24 Prozent) sowie die Hersteller von Produkten der Medizin-, Mess-,Steuer-, Regelungstechnik und Optik (23 Prozent) gefolgt von Maschinenbaufirmen(21 Prozent) überproportional häufig ihren Wettbewerbsvorteil in einem flexiblenProduktangebot. Insgesamt gilt, dass Klein- oder Mittelserienfertiger im Vergleich zuGroßserienfertigern Produktflexibilität häufiger priorisieren. Gleiches gilt für dieHersteller komplexer Produkte oder ganzer Anlagen im Gegensatz zu Herstellerneinfacher Produkte. Auch Unternehmen, die im Kundenauftrag ihre Produkte ent-wickeln, stellen gegenüber Programmfertigern die Produktflexibilität häufiger insZentrum. Insgesamt besitzt damit die Produktflexibilität überdurchschnittlich häufigfür Betriebe Relevanz, die kundenauftragsbezogen oder für ein Grundprogramm mitVarianten komplexe Produkte in Einzel- oder Kleinserien herstellt. Über ein Vierteldieser Betriebe setzen in erster Linie auf Produktflexibilität.

Die Lieferflexibilität scheint sektoral in anderer Weise verankert zu sein: Hier sindUnternehmen aus dem Textil-, Bekleidungs- und Ledergewerbe, die im Bereich derProdukt- und Variantenflexibilität keinen besonderen Schwerpunkt setzen, mit19 Prozent führend. Weiter zeigt sich, dass Lieferflexibilität für Produkte mit abneh-mender Komplexität an Bedeutung gewinnt. Betriebe des Typs »Hersteller vonProdukten einfacher oder mittlerer Komplexität, die Produkte für ein Standardpro-gramm entwickeln oder ohne Produktentwicklung agieren«, setzen zu 14 Prozentund damit deutlich überproportional primär auf Lieferflexibilität. Insgesamt scheintdamit die Lieferflexibilität dort wichtiger zu sein, wo die Produktflexibilität eine ge-ringere Bedeutung hat und umgekehrt.

In ähnlicher Weise zeigen sich die identifizierten Muster, wenn auf Basis der Ent-wicklungs- und Fertigungsart idealtypische Geschäftsstrategien abgeleitet werden.Demnach agieren insgesamt 11 Prozent der Betriebe nach einer »Make-to-stock-Strategie«, indem sie ihre Produkte für ein Standardprogramm oder ein Grund-programm mit Varianten entwickeln und auf Lager fertigen. Dabei zeigt sich, dassinsbesondere Betriebe, die primär auf Produktflexibilität setzen, überproportionalhäufig auf Lager fertigen (17 Prozent), während Betriebe, die vorrangig auf Produkt-flexibilität setzen, dieser Strategie mit 5 Prozent eine deutlich unterdurchschnittlicheBedeutung einräumen. Lagerorientierte Strategien scheinen demnach zwar geeignet,die Lieferflexibilität und -treue zu unterstützen, eine Strategie der flexiblen Anpas-sung der Produkte an Kundenwünsche kann damit aber kaum verfolgt werden.

Page 52: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

51

Problembereiche und Handlungsfelder

Abbildung 7: Charakteristika flexibilitätsorientierter Betriebe

Gesamt

Betriebsgröße

< 50 Beschäftigte

50 - 249 Beschäftigte

250 - 999 Beschäftigte

> 1000 Beschäftigte

Branche

Ernährungs-, Tabakgewerbe

Textil-, Bekleidungs-, Ledergewerbe

Papier-, Verlags- und Druckgewerbe

Chemische Industrie

H.v. Gummi- und Kunststoffwaren

Metallerzeugung/H.v. Metallerzeugnissen

Maschinenbau

Elektroindustrie

Medizin-, Mess-, Steuer-, Regelungstechnik, Optik

Fahrzeugbau

sonstige Branchen

Produktkomplexität

einfache Erzeugnisse

Erzeugnisse mittlerer Komplexität

komplexe Produkte

keine Stückgutfertigung

Seriengröße

Einzel/Kleinserienfertigung

Mittelserienfertigung

Großserienfertigung

keine Stückgutfertigung

Produktentwicklung

nach Kundenspezifikation

Grundprogramm mit Varianten

Standardprogramm

nicht vorhanden

Termintreue/kurze LieferzeitenAnpassung der Produkte an Kundenwünsche

0 10 20155 25

Anteil der Betriebe (in Prozent)

Page 53: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

52

Etwa 10 Prozent der Betriebe betreiben strategisch »assemble to order«, indem sieihre Produkte für ein Standardprogramm oder ein Grundprogramm mit Variantenentwickeln und lagerorientiert vorfertigen, aber erst nach Kundenauftragseingangendmontieren. Bei dieser Strategie zeigen sich keine signifikanten Unterschiedehinsichtlich der verfolgten Flexibilitätsstrategie. Weder Betriebe, die vorrangig aufProduktflexibilität setzen, noch auf Lieferflexibilität orientierte Betriebe messen dieserStrategie eine überproportionale Bedeutung bei.

Etwa 28 Prozent der Betriebe verfolgen eine »Built-to-order«-Strategie, indem sieihre Produkte für ein Standardprogramm oder ein Grundprogramm mit Variantenentwickeln und nach Kundenauftragseingang fertigen. Bei dieser Strategie über-wiegen mit 33 Prozent der Nennungen Betriebe, die vorrangig auf Flexibilität bei derProduktanpassung an Kundenwünsche setzen. Dagegen verfolgen Betriebe, dieLieferflexibilität und Termintreue Vorrang einräumen, zu 21 Prozent signifikant sel-tener diese Geschäftsstrategie. »Built to order« scheint also insbesondere fürProduktflexibilitätsstrategien interessant, während für die Lieferflexibilität eine Ferti-gung erst nach Kundenauftragseingang nicht unbedingt die erste Wahl zu seinscheint.

Die letzte idealtypische Geschäftsstrategie des »engineer to order« zeichnet sichdadurch aus, dass die Produkte nach Kundenspezifikation entwickelt werden,bestimmte Komponenten und Baugruppen aber bereits vorgefertigt werden können.Diese Strategie wird von 43 Prozent der Betriebe verfolgt, wobei Firmen, die prioritärauf Produktflexibilität setzen, dieser Strategie eine etwas höhere Bedeutungeinräumen (47 Prozent). Dennoch zeigt sich, dass diese Strategie nicht ausschließlichfür produktflexibilitätsorientierte Betriebe eine Wettbewerbsoption ist, sondern dasshier durchaus auch andere Wettbewerbsfaktoren, wie Innovation und Technologie-führerschaft, Qualitätsführerschaft oder Preisführerschaft im Fokus stehen können.

4.1.2Verbreitung flexibilitätsfördernder Organisationskonzepte (Befähiger)

Produkt- und Lieferflexibilität von Unternehmen ist gestaltbar. Eine Maßnahme istdabei die Ablösung von funktional gegliederten Werkstattstrukturen, bei denendie Erzeugnisse beispielsweise eine Dreherei, eine Fräserei, eine Wärmebehandlungund die Montage durchlaufen, bevor sie zum Versand bereitgestellt werden, durchnach Kundengruppen gegliederte Segmente, die über alle entsprechenden Ferti-gungsmittel und personellen Kompetenzen verfügen.

Das Prinzip der Segmentbildung kann sowohl die Produktflexibilität als auch dieLieferflexibilität positiv beeinflussen: Die Verbesserung der Lieferflexibilität erreichtman durch die Vermeidung von Liege- und Wartezeiten zwischen den Werkstätteneiner traditionell organisierten Produktion, die gesteigerte Produkt- oder Varianten-flexibilität durch eine stärkere Marktanbindung der Segmente im Vergleich zu klassi-

Page 54: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

53

Problembereiche und Handlungsfelder

schen Produktionsstrukturen. Dieses Konzept der Segmentbildung wird in knapp dieHälfte der Firmen (45 Prozent) eingesetzt. Zu etwa gleichen Teilen zählen dieseFirmen zur Gruppe der intensiven Nutzer dieses Konzeptes (21 Prozent) bzw. zu den»Nutzern in geringerem Umfang« (24 Prozent). Die breitere industrielle Nutzung der»Segmentierung« begann Ende der 1980er Jahre, scheint jedoch seit einigen Jahreneher zu stagnieren (Abbildung 9).

Während nur etwa 40 Prozent der kleineren Firmen (bis 250 Beschäftigte) zumNutzerkreis der Segmentierung zählt, so steigt diese Quote auf etwa 60 Prozent beiFirmen mit 250 bis 1.000 Mitarbeitern bzw. auf über 80 Prozent in Firmen mit mehrals 1.000 Beschäftigten (Abbildung 10). Auch im Branchenvergleich ist Segmentie-rung unterschiedlich verbreitet: stückgutfertigende Industrien wie der Fahrzeugbau(66 Prozent) oder die Mess-, Steuer-, Regelungstechnik und Optik (50 Prozent) habendeutlich häufiger Segmente gebildet als Prozessindustrien wie die Chemie oder dieNahrungsmittelindustrie (jeweils etwa ein Drittel). Hier kommt zum Ausdruck, dass inder Stückgutfertigung die kundenbezogene Aufgliederung der Produktionsmittelwegen der dort möglichen Aufteilung von Maschinenparks leichter zu bewerkstel-ligen ist als in der Prozessfertigung, wo häufiger nur eine Anlage vorhanden ist, dienicht gestückelt werden kann.

Abbildung 8: Flexibilitätsorientierung und Geschäftsstrategien

Anteil der Betriebe in %

Make to stock

42

47

42

27

33

21

1012

1012

5

17

Assemble to orderBuilt to orderEngineer to order

50

40

30

20

10

0

andere StrategienAnpassung der Produkte an KundenwünscheTermintreue/kurze Lieferzeit

Page 55: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

54

Abbildung 9: Prozess der Verbreitung des Konzepts Segmentierung

Anteil Betriebe (Nutzer) in %

2009200620032000199719941991198819851982197919761973bis 70

50

40

30

20

10

0

Segmentierung der Produktion(geplant in nächsten drei Jahren)

Abbildung 10: Nutzung von Segmenten nach Betriebsgröße

Anteile der Betriebe (in Prozent)

0 20 40 60 80 100

Gesamt

weniger als 50 Beschäftigte

50 bis 249 Beschäftigte

250 bis 999 Beschäftigte

mehr als 1000 Beschäftigte

genutzt, hohes Potentialgenutzt, geringeres Potential

Einsatz geplant

nicht genutzt, weil betriebliche Anwendungsmöglichkeiten fehlen

nicht genutzt, weil wirtschaftliche Lösungen fehlen

21

15

18

33

41

24

23

22

26

41

42

50

45

29

13

4 9

3 9

6 9

5 7

1 5

Page 56: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

55

Problembereiche und Handlungsfelder

Im Mittel gaben 9 Prozent der befragten Firmen an, das Prinzip der Segmentierungbislang nicht verwirklicht zu haben, da wirtschaftliche Lösungen für die vorhandenenBedingungen fehlen würden. Diese Gruppe ist mehr als doppelt so groß wie der Kreisder Firmen, die zum Befragungszeitpunkt konkret planten, eine Segmentierung derProduktion vorzunehmen (4 Prozent). Auch der Umstand, dass bislang lediglich einFünftel der Betriebe das Segmentierungsprinzip in hohem Umfang nutzt, gibt zudenken. Dies zeigt, dass ohne eine gezielte Erarbeitung innovativer Segmentierungs-konzepte insbesondere für kleinere Betriebe und Prozessfertiger eine weitere Verbrei-tung dieses auf eine gesteigerte Flexibilität zielenden Organisationsprinzips nichtmöglich sein wird.

Ähnlich wie die Segmentierung kann auch die Dezentralisierung von planenden,steuernden und kontrollierenden Funktionen dazu beitragen, die Produkt- und Liefer-flexibilität der Betriebe zu verbessern. Dadurch, dass diese dispositiven Funktionenden jeweiligen Wertschöpfungsbereichen oder Segmenten dezentral zugeordnetwerden, ist ein flexiblerer Zugriff auf diese Unterstützungsleistungen als bei einerzentralen Organisation möglich, was zu einer Verbesserung der Lieferfähigkeit und-flexibilität beitragen kann. Auch die Produktflexibilität kann unterstützt werden,wenn die entsprechenden dispositiven Leistungen dezentral je nach Produkt- oderVariantenbedarf abgerufen werden können.

Wie sich zeigt (Abbildung 11), wird das Prinzip der räumlichen Dezentralisierung vonweniger als 40 Prozent der Betriebe genutzt. Dabei geben nur 10 Prozent derBetriebe an, die Potentiale dieses Gestaltungsprinzips intern bereits intensiv zunutzen. Dabei wird dieses Prinzip von kleinen und mittleren Betrieben mit weniger als250 Beschäftigten erwartungsgemäß zu etwa einem Viertel deutlich seltener genutztals von größeren Betrieben mit Nutzerquoten von drei Fünftel bis drei Viertel.Beim Vergleich der Nutzer von Dezentralisierungskonzepten nach unterschiedlichenProduktionsbedingungen fällt auf, dass insbesondere Prozessfertiger, die keine Stück-gutfertigung betreiben, mit etwa 30 Prozent Nutzern dieses Gestaltungsprinzipmerklich seltener nutzen als insbesondere Mittel- und Großserienfertiger. Da in derProzessindustrie – wie zuvor gezeigt – aufgrund der Unteilbarkeit zentraler Anlagenseltener eine Produktionsaufgliederung in Segmente verfolgt wird, wird scheinbarauch die Dezentralisierung der jeweiligen planenden und steuernden Funktionenentsprechend seltener verwirklicht.

Sehr ähnlich wie beim Prinzip der Segmentierung ist das Bild beim Anteil der Firmen,die eine Dezentralisierung dispositiver Funktionen bislang noch nicht vollzogenhaben, da entsprechende wirtschaftliche Lösungen für ihre Produktionsbedingungenfehlen. Dieser Kreis ist mit 10 Prozent um fast den Faktor 3 höher als der Anteil derBetriebe, die angeben dieses Prinzip demnächst einführen zu wollen – und damit aufdem gleichen Niveau wie die Quote der intensiven Nutzer. Dieses deutet darauf hin,dass eine weitere Verbreitung von Dezentralisierungskonzepten insbesondere in

Page 57: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

56

kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ohne eine gezielte Entwicklung geeig-neter Dezentralisierungsprinzipien für diese Klientel unwahrscheinlich bleiben wird.

Auch zwischenbetriebliche Produktionskooperationen können genutzt werden,um eine Verbesserung der Produkt- und Lieferflexibilität zu erreichen: Durch eineProduktionskooperation kann es einerseits gelingen, sich ergänzende Produktions-kapazitäten so zusammenzuführen, dass die Produktflexibilität im Angebot gegen-über Kunden erhöht wird. Andererseits bietet die Zusammenführung sich ersetzenderProduktionskapazitäten die Chance, sich in der Lieferflexibilität zu verbessern.

Betrachtet man die Verbreitung von Produktionskooperationen, so zeigt sich, dassderzeit 45 Prozent der Firmen dieses Konzept nutzen. Dabei kooperieren größereBetriebe mit 250 und mehr Beschäftigten insgesamt etwas häufiger (knapp50 Prozent) und eher mit Partnern, die nicht aus der eigenen Region stammen(37 Prozent, Abbildung 12). Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit weniger als250 Beschäftigten gehen dagegen insgesamt etwas seltener Produktionskoopera-

Abbildung 11: Nutzung von Dezentralisierung planender und kontrollierenderFunktionen

Anteile der Betriebe (in Prozent)

0 20 40 60 80 100

Einzel-/Kleinserienfertigung

Mittelserienfertigung

Großserienfertigung

keine Stückgutfertigung

genutzt, hohes Potentialgenutzt, geringeres Potential

Einsatz geplant

nicht genutzt, weil betriebliche Anwendungsmöglichkeiten fehlen

nicht genutzt, weil wirtschaftliche Lösungen fehlen

50

43

4410

60

weniger als 50 Beschäftigte

50 bis 249 Beschäftigte

250 bis 999 Beschäftigte

mehr als 1000 Beschäftigte

65

Gesamt 48

47

23

15

4 10

4 11

4

2 10

3 10

4 10

4 11

6 10

3 7

7

12

10

10

6

10

9

17

25

24

31

31

21

16

28

29

44

50

Page 58: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

57

Problembereiche und Handlungsfelder

tionen ein (44 Prozent) und setzen dabei auch stärker auf Partner aus der eigenenRegion (19 Prozent im Vergleich zu 12 Prozent bei größeren Firmen).

Wie sich weiterhin zeigt, scheinen Produktionskooperationen insbesondere dazugenutzt zu werden, die Produktflexibilität zu verbessern. Betriebe, die strategischprimär darauf setzen, ihre Produkte flexibler als ihre Wettbewerber an die Wünscheihrer Kunden anzupassen, kooperieren insgesamt häufiger sowohl mit regionalen(20 Prozent) als auch mit überregionalen Partnern (32 Prozent). Betriebe, dievorrangig auf Lieferflexibilität setzen, kooperieren dagegen insgesamt nur durch-schnittlich häufig, setzen aber stärker auf Produktionskooperationen mit regionalenPartnern (21 Prozent) als Betriebe mit einer anderen Wettbewerbsstrategie(17 Prozent). Zur Verbesserung der Lieferflexibilität scheinen demnach insbesondereProduktionskooperationen mit Partnern aus dem eigenen regionalen Umfeldgeeignet, mit denen aufgrund der räumlichen und kulturellen Nähe sehr flexible undverlässliche Beziehungen aufgebaut werden können, während Partnerschaften mitweiter entfernten Partnern hier nicht unbedingt die geeignete Lösung zu seinscheinen.

Interessant ist zudem, dass die befragten Betriebe mit unterschiedlicher Wertschöp-fungstiefe agieren, je nachdem ob sie stärker mit überregionalen Partnern oderPartnern aus der eigenen Region im Produktionsbereich kooperieren. Betriebe mitüberregionalen Produktionskooperationen haben einen größeren Teil ihrer Leis-tungen an andere Unternehmen outgesourct und weisen mit durchschnittlich57 Prozent eine geringere Wertschöpfungstiefe auf als Betriebe, die mit Partnern ausder eigenen Region kooperieren (61 Prozent). Dies könnte ein Indiz dafür sein, dasses für flexible Kooperationen mit regionalen Partnern und damit auch für wandlungs-fähige Wettbewerbsstrategien sinnvoll sein kann, mehr Kompetenzen im Haus zuhalten und daher mit höherer Wertschöpfungstiefe zu agieren, um in den regionalenNetzwerken bedarfsorientiert Leistungen an regionale Partner vergeben zu können,aber auch wieder flexibel ins eigene Unternehmen zurückholen zu können.

Abbildung 12: Nutzung von Produktionskooperationen nach Betriebsgröße

(in Prozent)

0 20 40 60 80 100

Unternehmen >– 250 MA

KMU (< 205 MA)

Produktionskooperation mit regionalen PartnernProduktionskooperation mit überregionalen Partnern

12

19

37

25

Page 59: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

58

Auch die Fertigungs- und Entwicklungsart der hergestellten Produkte scheint für dasVorhandensein von Produktionskooperationen wesentlich zu sein (Abbildung 13).In der Prozessfertigung und in der Fertigung einfacherer Erzeugnisse in Großserie sindProduktionskooperationen deutlich seltener anzutreffen als in der Einzel- und Klein-serienfertigung komplexer Erzeugnisse nach Kundenspezifikation. Auch hier stelltsich also die Frage, inwieweit durch eine gezielte Entwicklung innovativer Konzepteder Produktionskooperation weitere wichtige Teile der deutschen Wirtschaft befähigtwerden könnten, durch die Nutzung solcher neuen Konzepte die Voraussetzungenfür Flexibilitätssteigerungen zu verbessern.

Die Einführung von Arbeitszeitkonten anstelle starrer Anwesenheitszeiten oderSchichten kann ebenfalls dazu beitragen, den Einsatz der Personalkapazitäten in denBetrieben zu flexibilisieren. Damit kann zum einen die Lieferflexibilität und -treueverbessert werden, wenn in Zeiten hohen Auftrags- und Arbeitsanfalls flexibel längergearbeitet werden kann und in Zeiten geringeren Anfalls entsprechend kürzer. Einpositiver Einfluss auf die Produktflexibilität ist dagegen eher indirekter Natur undbenötigt neben der zeitlichen Flexibilität auch entsprechend breite Qualifikations-profile.

Arbeitszeitkonten sind in den Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes bereits sehrweit verbreitet und werden von 85 Prozent der Firmen genutzt, wobei 50 Prozentdies bereits intensiv tun (Abbildung 14). Unterschiede nach Betriebsgröße und

Abbildung 13: Nutzung von Produktionskooperationen nach Fertigungsarten

Anteile der Betriebe (in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

einfache Erzeugnisse

Erzeugnisse mittlerer Komplexität

komplexe Produkte

Einzel/Kleinserienfertigung

Mittelserienfertigung

Großserienfertigung

keine Stückgutfertigung

nach Kundenspezifikation

Grundprogramm mit Varianten

Standardprogramm

nicht vorhanden

39

47

52

53

45

39

42

48

45

40

35

Page 60: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

59

Problembereiche und Handlungsfelder

Branche sind zwar vorhanden, aber lange nicht so ausgeprägt wie bei anderen orga-nisatorischen Konzepten. So werden flexible Arbeitszeitkonten beispielsweise auchbereits von fast 80 Prozent der kleinen Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigtengenutzt. Bei den Branchen sticht zwar der Fahrzeugbau und seine Zulieferer mit fast100 Prozent Nutzerquote heraus, doch auch in der Branche mit der geringstenNutzerquote, der Chemischen Industrie, beläuft sich diese noch auf fast 80 Prozent.

Abbildung 14: Nutzung von Arbeitszeitkonten

Anteile der Betriebe (in Prozent)

0 20 40 60 80 100

15 Ernährungs-, Tabakgewerbe (15)

17 Textil-, Bekleidungs-, Ledergewerbe (17 18 19)

21 Papier-, Verlags- und Druckgewerbe (21 22)

24 Chemische Industrie (24)

25 H.v. Gummi- und Kunststoffwaren (25)

27 Metallerzeugung/H.v. Metallerzeugnissen (27 28)

29 Maschinenbau (29)

30 Elektroindustrie (ohne MSRO) (30 31 32)

33 Medizin-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Optik (33)

34 Fahrzeugbau (34 35)

99 sonstige Branchen (20 26 36 37)

genutzt, hohes Potential

genutzt, geringeres Potential

Einsatz geplant

nicht genutzt, weil betriebliche Anwendungs-möglichkeiten fehlen

nicht genutzt, weil wirtschaftliche Lösungen fehlen

weniger als 50 Beschäftigte

50 bis 249 Beschäftigte

250 bis 999 Beschäftigte

mehr als 1000 Beschäftigte

Gesamt 63550 35

95742 37

541044 37

44658 28

117529 47

75251 35

94747 33

63653 31

83644 39

159 40

51654 35

31555 36

3354 40

52549 38

22466 27

1364 32

Page 61: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

60

Entsprechend gering sind daher auch die derzeitige Dynamik sowie die unausge-schöpften Verbreitungspotentiale von Arbeitszeitkonten. Werden die 5 ProzentEinsatzplanungen realisiert, bleiben nur etwa 3 Prozent der Betriebe, die angebenArbeitszeitkonten nicht zu nutzen, weil geeignete wirtschaftliche Lösungsprinzipienfehlen.

Auf der Ebene der reinen Verbreitung scheinen damit bei Arbeitszeitkonten keinegroßen Potentiale mehr zu erwarten. An dieser Stelle gilt es eher qualitativ zu über-prüfen, welche konkreten Konzepte die Betriebe realisiert haben, wie groß die einge-räumten Flexibilitätsspielräume sowohl für die Unternehmen als auch für die Beschäf-tigten tatsächlich sind, ob die Spielräume von den Beschäftigten ähnlich flexibelabgerufen werden können wie von der Unternehmerseite (Symmetrie) und wo gege-benenfalls weiterhin Einschränkungen bestehen bzw. welche Hemmnisse eine volleAusschöpfung der möglichen Potentiale verhindern.

Das Nullpufferprinzip zielt darauf ab, die Materialflüsse in Unternehmen durch einkonsequentes Zugprinzip zu steuern, also das Einholen von Vorleistungen undBauteilen nur zu erlauben, wenn eine konkrete Nachfrage des jeweiligen Kundengegeben ist. Die bekannteste Anwendung ist die Steuerung über Kanban-Karten. DasKonzept zielt damit primär auf eine Reduktion des Materialbestands in Zwischenla-gern sowie auf eine Verbesserung der Lieferflexibilität durch konsequente Orientie-rung auf Materialfluss und Durchlaufzeiten.

Insgesamt geben 32 Prozent der befragten Betriebe der deutschen Industrie an, dasNullpufferprinzip eingeführt zu haben (Abbildung 15). Allerdings wird das Konzeptderzeit gerade einmal von 8 Prozent der Betriebe intensiv, d. h. in hohem Umfanggenutzt. In kleineren Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten ist das Konzeptdeutlich geringer verbreitet (etwa ein Drittel) als in mittleren Betrieben (50 Prozent)und großen Firmen mit über 1000 (etwa zwei Drittel).

Im Branchenvergleich zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen der Stückgutin-dustrie (z. B. Metall- und Elektroindustrie mit jeweils etwa einem Drittel Nutzer) undder Prozessindustrie (z. B. Chemische Industrie mit nur etwa 12 Prozent Nutzern).Interessant ist, dass das Nullpufferprinzip nicht nur bei Mittel- und Großserienferti-gern genutzt wird (jeweils 35 Prozent der Betriebe), sondern auch bei Stückgutferti-gern, die in Einzel- und Kleinserie produzieren (31 Prozent). Der Anteil der Betriebe,die dieses Prinzip in hohem Umfang nutzen, ist über alle Seriengrößen mit etwa8 Prozent jedoch sehr gering. Zudem ist der Anteil der Betriebe, die dieses Organisa-tionskonzept nicht nutzen, weil für die individuellen Bedingungen geeignete wirt-schaftliche Lösungen fehlen, mit 17 Prozent vergleichsweise hoch und übersteigtdeutlich die Anzahl der Betriebe, die planen, dieses Prinzip einzuführen (7 Prozent).Diese Indizien deuten darauf hin, dass weitere Nutzerpotentiale wohl erst erschlossenwerden können, wenn innovative Gestaltungslösungen dieses Konzepts insbeson-dere für kleine und mittlere Betriebe sowie für Prozessfertiger entwickelt werden.

Page 62: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

61

Problembereiche und Handlungsfelder

Gruppenarbeit wird seit vielen Jahren einerseits im Hinblick auf eine mögliche Tätig-keitserweiterung bei den Produktionsmitarbeitern, andererseits aber auch hinsichtlicheiner potenziellen Steigerung der betrieblichen Leistungsfähigkeit durch eine ver-besserte Prozessqualität und -flexibilität intensiv diskutiert. Viele Betriebe haben mitt-lerweile Gruppenarbeit eingeführt und teilweise, wie z.B. in der Autoindustrie,auch wieder zugunsten der Einzelarbeit zurückgefahren. Insgesamt geben derzeitnahezu drei Viertel der Firmen an, Gruppenarbeit in der Produktion in der einen oderanderen Form verwirklicht zu haben (Abbildung 16). Dieser Anteil variiert kaumzwischen den Betriebsgrößenklassen, lediglich die größten Firmen mit 1000 undmehr Beschäftigten sind hier aktiver (87 Prozent).

Deutlich differenzierter stellt sich dieses Bild dar, wenn man nach der intensivenNutzung der Gruppenarbeit fragt, bei der alle Mitarbeiter in der Gruppe für alle ferti-genden und dispositiven Aufgaben qualifiziert sind. Diese Form ermöglicht einemaximale Flexibilität innerhalb der Gruppe zur Einhaltung von Terminen und zur Bear-beitung von Produktvarianten. Lediglich 12 Prozent der Betriebe nutzen diese selbst-verantwortliche Form der Gruppenarbeit bereits intensiv in hohem Umfang. Hier sindnun gerade eher die kleinen und mittleren Betriebe mit 12 bzw. 13 Prozent führend.Dagegen scheinen die großen Betriebe mit 1.000 und mehr Beschäftigten (8 Prozent)eher noch seltener selbstverantwortliche Formen der Gruppenarbeit in der Produk-tion in hohem Umfang verwirklicht zu haben. Bei Betrachtung der Branchen undFertigungsarten fällt auf, dass insbesondere Betriebe des Fahrzeugbaus und seinerZulieferer (22 Prozent) selbstverantwortliche Formen der Gruppenarbeit häufiger

Abbildung 15: Nutzung des Nullpufferprinzips nach der Seriengröße der Produktion

Anteile der Betriebe (in Prozent)

0 20 40 60 80 100

Gesamt

Einzel-/Kleinserienfertigung

Mittelserienfertigung

Großserienfertigung

keine Stückgutfertigung

genutzt, hohes Potentialgenutzt, geringeres Potential

Einsatz geplant

nicht genutzt, weil betriebliche Anwendungsmöglichkeiten fehlen

nicht genutzt, weil wirtschaftliche Lösungen fehlen

4517

4817

3518

4217

6314

7

5

12

7

14

8

8

8

8

7

24

23

27

27

12

Page 63: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

62

intensiv nutzen als andere Branchen. Sehr zurückhaltend agieren derzeit neben dengroßen Firmen vor allem noch Hersteller einfacher Erzeugnisse (9 Prozent).

Die Nutzung der Gruppenarbeit in den Betrieben der deutschen Industrie ist alsodurchaus ambivalent zu beurteilen. Den fast 75 Prozent Nutzern der Gruppenarbeitunabhängig von der Ausgestaltung stehen nur 12 Prozent Betriebe gegenüber, dieGruppenarbeitskonzepte intensiv nutzen, bei denen zur Steigerung der betrieblichenFlexibilität alle Mitarbeiter für alle Aufgaben qualifiziert sind. Interpretiert man dieetwa 4 Prozent der Betriebe, die angeben, Gruppenarbeit einführen zu wollen, alsAktivitätsindex für die Zukunft, dann ist bei selbstverantwortlichen Ausgestaltungs-formen in den nächsten Jahren auch keine große Dynamik zu erwarten. Insbesonderebei selbstverantwortlichen Gruppenarbeitskonzepten scheint also noch Entwick-lungsbedarf hinsichtlich geeigneter Lösungen und Implementierungskonzepte zubestehen, damit diese Konzepte mit Flexibilitätspotential breiter in der Industrieaufgegriffen werden.

4.1.3Flexibilitätswirkungen der organisatorischen Befähigerkonzepte

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten unausgeschöpften Nutzungspotentiale orga-nisatorischer Befähigerkonzepte stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten zurVerbesserung der Flexibilität damit unter Umständen verschenkt werden. Im Fol-genden wird daher untersucht, welche Leistungsparameter Betriebe, die dieseKonzepte bereits intensiv nutzen, im Vergleich zu anderen Betrieben erreichen.

Abbildung 16: Verbreitung Gruppenarbeit nach Betriebsgröße

Anteile der Betriebe (in Prozent)

0 20 40 60 80 100

Gesamt

weniger als 50 Beschäftigte

50 bis 249 Beschäftigte

250 bis 999 Beschäftigte

mehr als 1000 Beschäftigte

alle Mitarbeiter qualifiziert und hohes Potential genutztgenutzt

Einsatz geplant

nicht genutzt, weil betriebliche Anwendungsmöglichkeiten fehlen

nicht genutzt, weil wirtschaftliche Lösungen fehlen

12

13

12

12

8

60

59

58

62

79

18

21

20

13

3

4 5

3 4

5 6

5 9

6 3

Page 64: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

63

Problembereiche und Handlungsfelder

Die Termintreue dient dabei als Maß für die Lieferflexibilität und Termineinhaltung.Die mittlere Fertigungsdurchlaufzeit wird als Indikator zur zeitlichen Flexibilisierungder Produktion herangezogen. Da die Durchlaufzeit nicht unabhängig von derKomplexität der gefertigten Produkte ist, wurde sie für einen homogenen Betriebstypuntersucht, der stark auf Lieferflexibilität setzt (s. Kapitel 4.1.1), einfache oder mittel-komplexe Produkte herstellt sowie ohne eigene Entwicklungsabteilung agiert bzw.seine Produkte für ein Standardprogramm entwickelt. Die Kapazitätsauslastung dientletztlich als Maß für die Fähigkeit, bei vergleichbaren Anforderungen an die Produkt-und Variantenflexibilität eine hohe Auslastung der eigenen Fertigungskapazitäten zuerreichen.

Wie sich zeigt (Tabelle 2) weisen Betriebe, die das Prinzip der Produktionssegmentie-rung, der Dezentralisierung oder selbstverantwortliche Formen der Gruppenarbeit inhohem Umfang nutzen, eine signifikant bessere Termintreue (jeweils etwa 91 bis93 Prozent) auf als Betriebe, die diese Organisationskonzepte weniger intensiv odergar nicht nutzen (jeweils etwa 88 bis 89 Prozent). Auch die Nutzung von Arbeitszeit-konten kann wie erwartet, wenn auch nicht unbedingt deutlich, zur Verbesserungder Termintreue beitragen. Hier müsste in einer qualitativen Analyse gegebenenfallsnoch danach differenziert werden, welche Arbeitszeitkorridore und Flexibilitätsspiel-räume hinter den jeweiligen Konzepten stehen.

Zur Beschleunigung von Durchlaufzeiten scheint sich neben dem Prinzip der Produk-tionssegmentierung insbesondere die intensive Nutzung des Nullpufferprinzips zueignen. Firmen des ausgewählten, stark auf Lieferflexibilität setzenden homogenenBetriebstyp, die das Nullpufferprinzip bereits in hohem Umfang nutzen, weisen mitdurchschnittlich 112 h die signifikant und deutlich kürzesten Durchlaufzeiten auf.An dieser Stelle gilt es jedoch auch festzuhalten, dass Produktionskooperationen miterhöhten Transaktionsaufwendungen einherzugehen scheinen, die quasi als »Neben-wirkung« die Gefahr verlängerter Durchlaufzeiten bergen.

Die intensive Nutzung selbstverantwortlicher Formen der Gruppenarbeit birgtPotentiale, die Kapazitätsauslastung signifikant zu verbessern. Betriebe, die diesesPrinzip der Arbeitsorganisation nutzen, können mit im Mittel 89 Prozent ihre Kapazi-täten besser auslasten als andere Firmen. Auch Produktionskooperationen eignensich wie erwartet zur Verbesserung der Kapazitätsauslastung. Hier weisen Betriebe,die in der Produktion mit anderen Firmen kooperieren, mit im Mittel 87 Prozent einesignifikant höhere Auslastung auf als Betriebe ohne solche Formen der Kooperation(85 Prozent).

Page 65: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

64

Signifikanzniveau der Gruppenvergleiche: *** p < 0,01, ** p < 0,05, * p < 0,11) Betriebe, die stark auf Lieferflexibilität setzen: Hersteller einfacher bis mittel komplexer Pro-dukte, die ohne eigene Entwicklungsabteilung agieren oder Produkte für ein Standardprogrammentwickeln.Multivariat: Bei der Analyse der Durchlaufzeit sind aufgrund vieler intervenierender Variablenmultivariate Regressionsmodelle notwendig.

Tabelle 2: Flexibilitätsindikatoren und Einsatz organisatorischer Befähigerkonzepte

Termin-treue

Durchlaufzeit(eines Betriebstypsmit Fokus Liefer-flexibilität) 1)

Kapazi-tätsaus-lastung

Segmentierungder Produktion

keine Nutzung 89 % 284 h 86 %

Nutzungsintensitätgering

88 % 174 h*(multivariat) 86 %

hohe Nutzungs-intensität

91 %*** 192 h*(multivariat) 87 %

Produktions-kooperation

keine Nutzung 89 % 179 h 85 %

Nutzung 89 % 312 h***(multivariat) 87 %**

Nullpufferprinzip keine Nutzung 89 % 265 h 86 %

Nutzungsintensitätgering

90 % 189 h 86 %

hohe Nutzungs-intensität

90 % 112 h* 87 %

Selbstverantwort-liche Gruppen-arbeit (alle für allesqualifiziert)

keine Nutzung 89 % 193 h 84 %

Nutzungsintensitätgering

88 % 241 h 86 %

hohe Nutzungs-intensität

93 %*** 176 h 89 %***

Arbeitszeit-konten

keine Nutzung 89 % nicht ausgewertet 85 %

Nutzungsintensitätgering

89 % nicht ausgewertet 86 %

hohe Nutzungs-intensität

90 %** nicht ausgewertet 86 %

Dezentralisierung keine Nutzung 89 % nicht ausgewertet 86 %

Nutzungsintensitätgering

89 % nicht ausgewertet 86 %

hohe Nutzungs-intensität

92 %** nicht ausgewertet 86 %

Page 66: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

65

Problembereiche und Handlungsfelder

Insgesamt fällt auf, dass ausschließlich diejenigen Firmen signifikante Vorsprünge beiden ausgewählten Flexibilitätsindikatoren Termintreue, Fertigungsdurchlaufzeit undKapazitätsauslastung aufweisen, die ein geeignetes organisatorisches Befähiger-konzept bereits in hohem Umfang implementiert haben. Der Schlüssel zum Erfolg beiFlexibilitätsverbesserungen scheint demnach weniger zu sein, ob ein Betrieb einbestimmtes Organisationsprinzip nutzt oder nicht, sondern ob er es intern bereits inbreitem Umfang und intensiv nutzt

4.1.4Fazit: Betriebliche Nutzung organisatorischer Flexibilitätsbefähiger nichtausgereizt

Für gut ein Viertel der deutschen Industriebetriebe ist die Flexibilität bei Lieferfähig-keit oder Produktanpassung der Wettbewerbsfaktor Nummer eins. Wie die vorange-gangenen Analysen aber gezeigt haben, werden organisatorische Befähigerkonzeptezur Steigerung der betrieblichen Flexibilität bislang noch lange nicht so intensivgenutzt, wie es in der öffentlichen Debatte um neue Produktionskonzepte oftmalsden Anschein hat. Vier der sechs betrachteten Organisationsprinzipien werden vonweniger als der Hälfte (Produktionssegmentierung, Dezentralisierung, Produktions-kooperationen) bzw. einem Drittel (Nullpufferprinzip) der Betriebe genutzt, lediglichArbeitszeitkonten und Gruppenarbeitskonzepte sind schon weiter verbreitet.Noch ernüchternder wird das Bild wenn man analysiert, wie viele Firmen die ohnehinschon vergleichsweise selten genutzten Konzepte betriebsintern bereits in hohemUmfang implementiert haben. Nur etwa 8 Prozent (Nullpufferprinzip), 10 Prozent(Dezentralisierung), 12 Prozent (selbstverantwortliche Gruppenarbeit) bzw.20 Prozent (Produktionssegmentierung) zählen zur Gruppe der intensiven Nutzerdieser Prinzipien. Dass damit weitere Verbesserungspotentiale bei wichtigen Flexibili-tätszielgrößen wie Termintreue oder Kapazitätsauslastung verschenkt werden,konnte gezeigt werden: Gerade die intensive betriebsinterne Nutzung organisatori-scher Befähigerkonzepte birgt noch unausgeschöpfte Potentiale zur Flexibilitäts-steigerung.

Aufgrund der aufgezeigten großen unausgeschöpften Potentiale bereits bekannterOrganisationsprinzipien, die insbesondere in der intensiven Nutzung dieser Befähi-gerkonzepte liegen, sollte hier zweigleisig vorgegangen werden. Einerseits sollte dieEntwicklung neuer Lösungen geeigneter Organisationsprinzipien zur Unterstützungder Flexibilität und Wandlungsfähigkeit produzierender Unternehmen vorangetriebenwerden. Andererseits scheint es aber auch lohnenswert zu sein, die Übertragbarkeitvorhandener Ansätze auf andere Betriebsbedingungen (kleine und mittelständischeBetriebe, Prozessindustrie, etc.) zu überprüfen und die Potentiale einer weiterenVerbreitung und intensiven Nutzung »bewährter« Befähiger systematisch zu unter-stützen.

Page 67: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

66

4.2 Darstellung ausgewählter Unternehmen

4.2.1Hersteller von Türen und Toren

Das im 19. Jahrhundert gegründete, in Ostwestfalen beheimatete Unternehmengehört zu einer Gruppe mittelständischer Unternehmen und produziert Spezialtürenund -tore. Mit ca. 80 Beschäftigten werden auf der Grundlage von Standardteilen inbezug auf die Maße und die Ausstattung kundenindividuelle Produkte hergestellt.Der Umsatz lag 2007 bei etwa 15 Millionen Euro. Nach einigen Krisenjahren mitstarkem Personalabbau befindet sich das Unternehmen auf einem Konsolidisierungs-kurs und hofft, in den nächsten Jahren wieder an Umsatz zulegen zu können.

Das grundsätzliche Unternehmensziel ist zunächst die Konsolidisierung und Stabilisie-rung. Hierzu wird die Strategie eines Nischenanbieters verfolgt, der sich auf dieProduktion besonderer Schutztüren (Feuer, Wasser etc.) konzentriert. Im Zuge dieserStrategie sind die Alleinstellungsmerkmale insbesondere die Liefertermintreue unddie Flexibilität in bezug auf Kundenwünsche. Der Auftragseingang schwanktsaisonal; insbesondere im 2. Halbjahr ist ein Mehr an Auftragseingängen zu konsta-tieren.

Die derzeitige Marktlage ist durch einen Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet,durch den ein Rückgang des Preisniveaus zu verzeichnen ist. Die in der Bauwirtschaftübliche Praxis, erst nach Kundenabnahme zu bezahlen, verbunden mit den restrikti-veren Kreditvergaben durch die Finanzinstitute erschwert die Finanzsituation desUnternehmens erheblich.

PersonalDie Qualifikationsstruktur ist in der Produktion geprägt durch Facharbeiter sowie inden vor- und nachgelagerten Bereichen durch technische Angestellte und Akade-miker. Die Facharbeiterqualifikationen in der Fertigung sind aufgrund der Bildung vonFertigungsteams und den sich daraus resultierenden Qualifikationsanforderungen(Bedienen unterschiedlicher Maschinen etc.) unabdingbar. Angelernte Arbeitskräftesind in der Minderheit, reichen aber für einige Arbeitsschritte aus. Im Zuge derRestrukturierungsmaßnahmen als Folge der Unternehmenskrise wurden verstärktBauingenieure rekrutiert, die als Projektleiter einen Auftrag komplett verantworten.Um die Einsatzflexibilität insbesondere der Fertigungsbeschäftigten weiter steigern zukönnen, ist Weiterbildung für das Unternehmen wichtig.

Ebenfalls im Zuge der Neuorganisation des Unternehmens sind die bestehenden flexi-blen Arbeitszeitmodelle abgeschafft worden. Installiert wurden feste tägliche Arbeits-zeiten; der dadurch entstandene Verlust an Flexibilisierung ist für das Unternehmenangesichts der derzeitigen Auftragslage unproblematisch, da ausreichend Kapazi-

Page 68: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

67

Problembereiche und Handlungsfelder

täten vorhanden sind. Sollten dennoch Probleme entstehen, werden als Flexibilitäts-reserven der Austausch zwischen den Fertigungsgruppen, die Urlaubsplanung, Leih-arbeit oder – bei Bedarf – auch Kurzarbeit genutzt.

Angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen des Unternehmens mit einem starkenPersonalabbau ist bei den Beschäftigten die Motivation und Bereitschaft gesunken,sich an weiteren Veränderungsprozessen zu beteiligen.

KooperationDie Zulieferbeziehungen des Unternehmens, das mit etwa 14 Hauptlieferanten ausDeutschland kooperiert, sind weitgehend problemlos. Sowohl die Liefertermintreueals auch die Qualität stimmen. Wenn Fehlmengen bei den Materialien auftreten, liegtdas zu 95 Prozent an der internen Disposition. In der Regel werden die Türen undTore dann so lange zur Seite gestellt, bis die Lieferungen erfolgt sind; gelegentlichwird mit dem Kunden ein späterer Liefertermin vereinbart.

Aufgrund der nicht vollständig ausgelasteten Kapazitäten spielt das Outsourcing vonFertigungsaufträgen als Flexibilisierungsmaßnahme keine Rolle; die Fremdvergabebezieht sich primär auf die Montage der Produkte auf den Baustellen.

OrganisationDie Aufbauorganisation ist als Matrixorganisation strukturiert, deren Besonderheitdie Funktion einer so genannten Projektleitung ist, die für die komplette Abwicklungeines Auftrages verantwortlich zeichnet. In der Fertigung existieren sehr unterschied-lich große Fertigungsteams (zwischen zwei und zwölf Beschäftigten), die nachBauteilen des Produkts und nicht nach Fertigungstechnologien organisiert ist. DieFertigungsteams verfügen über alle Fertigungstechnologien für den Vollzug ihrerArbeitsaufgaben; die Arbeitsaufgaben werden intern von der Gruppe verteilt. Dieinterne Qualität wird bei der Übergabe an das nächste Fertigungsteam geprüft.

Auftragsänderungen durch den Kunden können mit den vorhandenen Flexibilitäts-spielräumen problemlos bewältigt werden. Bei der Sicherung der Einhaltung derKundentermine ist die Arbeitsvorbereitung der Dreh- und Angelpunkt, da dort dieKundentermine mit den Fertigungskapazitäten abgestimmt werden. In Gefahrgeraten die Kundentermine durch fehlende Teile, Maschinenstörungen undProblemen bei der Personalverfügbarkeit; alle Probleme sind intern verursacht undwerden durch die betrieblichen Flexibilitätsspielräume aufgefangen.

Die generelle Herausforderung für das Unternehmen zur Steigerung der Flexibilität istdie fehlende Abbildung der betrieblichen Prozesse in der EDV. Derzeit wird mit zweiSoftware-Programmen gearbeitet, deren Verknüpfung aber noch »händisch« vorge-nommen werden muss. Hier ist zur Flexibilitäts- und Produktivitätssteigerung eineneue Software erforderlich, wobei es offen ist, ob ein Programm ausgewählt werden

Page 69: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

68

wird, das an die derzeitigen betrieblichen Prozesse angepasst werden soll, oder obdie betrieblichen Prozesse sich an die Software anzupassen haben. Hier wird aufjeden Fall Unterstützungsbedarf gesehen.

Abbildung 17: Übersicht Hersteller von Türen und Toren

Aussagen des Unternehmens:„Die Arbeitsvorbereitung ist der Dreh- und Angelpunkt des Systems, da dort die Kunden-termine mit den vorhandenen Kapazitäten abgestimmt werden.“

„…Schwankungen versucht man durch Vor-produktion und Lagerhaltung Urlaubsregelungen, Leiharbeit oder Kurzarbeit auszugleichen.“

„In einer besseren Qualifikation der Beschäftigten steckt noch ein ganz wesentliches Potential.“

„Outsourcing zur Kapazitätssteuerung ist derzeit kein Thema.“

„Fehlteile resultieren zu 95% aus eigenem Verschulden, wenn nicht rechtzeitig disponiert wurde.“

„Es fehlt die durchgängige Abbildung des Prozesses in der EDV.“

Hersteller von Türen und Toren

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Bau

80

(andere Produkte)

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland

Deutschland

Europa

Gering

Einzel- bis Kleinserien

Deutschland

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

Hoch

6 bis 8 KW

Auftragsschwankungen Anstieg 2. HJ

Zum Teil

var. Arbeitszeit –

Kapazitätsregelungen

Gering

Nein

Von Hand

Produktionsorganisation Fliessfertigung,Gruppenarbeit

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

Q

S

P

L

Page 70: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

69

Problembereiche und Handlungsfelder

4.2.2Büromöbelhersteller

Das familiengeführte Unternehmen mit Sitz in Bayern wurde 1976 gegründet undproduziert Büromöbel mit dem Schwerpunkt auf Drehstühlen. Die Firma stellt rund2,5 Millionen Drehstühle pro Jahr mit ca. 500 Beschäftigten her und erzielte 2006etwa 108 Millionen Euro Umsatz. Die wirtschaftliche Situation ist angesichts derderzeitigen Marktlage sehr gut; für die nächsten Jahre wird weiteres Umsatz-wachstum erwartet.

Das Unternehmen verfolgt die Philosophie, ein variantenreiches Standardproduktherzustellen, vielfältige Vertriebswege zu nutzen und sich auf seine Kernkompetenz»Produktion von Drehstühlen« zu konzentrieren. Die Fertigungstiefe ist sehr gering,ca. 80 bis 90 Prozent der Teile kommen von nationalen und internationalen Zuliefe-rern; hieraus resultieren Qualitätsprobleme.

Der Büromöbelmarkt ist zum einen durch ausgeprägte saisonale Schwankungengeprägt, wobei die Auslastung im Herbst und Winter äußerst hoch und im Frühjahrund Sommer wesentlich niedriger ist. Zum anderen stellen die Kunden, nebenQualität und Preis, an die Lieferfähigkeit und -termintreue sowie die Individualisie-rung der Produkte hohe Anforderungen.

PersonalDie Qualifikation der in der Regel in Vollzeit arbeitenden Fertigungsbeschäftigten istüberwiegend niedrig; über 50 Prozent sind ungelernt. Insbesondere in der Fertigungkommt der Leiharbeit für den Ausgleich der saisonalen Schwankungen eine großeBedeutung zu. Angesichts der Unternehmensstrategie, wegen der zunehmendenKonkurrenz bei Drehstühlen im niedrigen Preissegment auf die Produktion höherwer-tiger Stühle sich zu konzentrieren, ist eine Verringerung des Anteils der Leiharbeitersowie eine Höherqualifizierung der Stammbelegschaft unausweichlich. Demzufolgemuss das Unternehmen zum einen in die Qualifizierung der vorhandenen Fertigungs-beschäftigten, auch im Sinne von Mehrfachqualifikationen zur Steigerung derEinsatzflexibilität, investieren und zum anderen bei Neueinstellungen stärker auf einehandwerkliche Ausbildung achten. Ein weiteres Problem resultiert aus der zuneh-menden Internationalisierung, für die den Beschäftigten die entsprechenden Kompe-tenzen fehlen; hierin liegt ein erheblicher Qualifizierungsbedarf und Bedarf anentsprechenden Methoden und Instrumenten.

Die reguläre Arbeitszeit beträgt 40 Stunden in der Woche. Die Arbeitszeitmodelle inder Fertigung variieren je nach Bereich; zum Teil wird in zwei oder drei Schichtengearbeitet, in einigen Bereichen findet Samstagsarbeit regelmäßig statt; je nachsaisonaler Auslastung werden vier oder sechs Tage in der Woche gearbeitet. Darüberhinaus gibt es Arbeitszeitkonten, die jeweils 80 Stunden ins Plus oder Minus gehenkönnen.

Page 71: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

70

Klagen gibt es über die Motivation und Bereitschaft der Beschäftigten, Flexibilität undWandlungsfähigkeit zu unterstützen und sich aktiv in Veränderungsprozesse einzu-bringen. Vielfach sind auch jüngere Fertigungsbeschäftigte nicht willens, ihre Hand-lungsweisen zu überdenken und an neue Organisationsstrukturen oder Arbeits-anforderungen anzupassen. Dies liegt teilweise an der fehlenden Qualifikation, aberauch an den Führungskräften, ihre Mitarbeiter aktiv einzubinden. Zu einem heraus-gehobenen Problem wird die teilweise fehlende Motivation und Bereitschaft, dagerade die Beschäftigten erheblich mehr zu der Flexibilität beitragen als etwa EDV-Tools.

KooperationDie Zulieferbeziehungen sind aufgrund der geringen Fertigungstiefe ein herausra-gendes Thema. So werden insbesondere von den fernöstlichen Lieferanten die Liefer-termine nicht in ausreichendem Maße eingehalten, außerdem treten zunehmendProbleme mit der Qualität der Zulieferteile auf. Die bisherigen betrieblichen Reakti-onsweisen konzentrieren sich bei dem Fehlen von Lieferteilen auf ein Verschiebenvon Schichten, in der Regel auf den nächsten Tag, und bei Qualitätsproblemensowohl auf intensivere Wareneingangskontrollen als auch auf intensivere Kontrollender (Haupt-)Lieferanten vor Ort; inzwischen sind ständig ein bis zwei Mitarbeiter inChina. Hier wären aber weitere Instrumente zur Auswahl von Lieferanten sowie zurSicherung der Qualität und Liefertermintreue erforderlich.

Aufgrund der Änderungen in der Produktstruktur in Richtung Fertigung höherwer-tiger Stühle und der wachsenden Schwierigkeiten mit ausländischen Zulieferernmöchte das Unternehmen intensiver mit regionalen Zulieferern kooperieren, denenaber die erforderliche Flexibilität fehlt. Hierfür sind Konzepte vonnöten, um die orga-nisatorischen Strukturen kleinerer regionaler Zulieferer auf die Flexibilitätsanforde-rungen anzupassen.

OrganisationDer Büromöbelhersteller hat im letzten Jahr seine Organisationsstrukturen verändertund ist zu einer Projektstruktur übergegangen, bei der so genannte Coachs alleinverantwortlich für einzelne Projekte (etwa Kundenaufträge) sind und diese von demAuftragseingang bis zur Auslieferung begleiten. Dies kommt der Art der Kunden-auftragsabwicklung entgegen, die zu über 90 Prozent kundenbezogen ist.

Aufgrund der kundenauftragsbezogenen Fertigung liegt ein wesentliches Problem indem von der Disposition durchgeführten Forecasting; es ist äußerst schwierig, diekundenbezogenen Stückzahlen realistisch zu prognostizieren, so dass fehlende Teileimmer wieder vorkommen. Dem versucht das Unternehmen durch eine Reduzierungder Varianten- und Komponentenvielfalt entgegenzuwirken, gleichwohl wärenInstrumente zur Optimierung des Forecasting wünschenswert.

Page 72: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

71

Problembereiche und Handlungsfelder

Anforderungen gibt es hinsichtlich der Verbesserung des Ausgleichs der saisonalenSchwankungen und der Flexibilitätsanforderungen; hierfür finden sich am Marktkeine geeigneten EDV-Lösungen, so dass die erforderlichen Planungsläufe von Handvorgenommen werden müssen.

Abbildung 18: Übersicht Büromöbelhersteller

Aussagen des Unternehmens:„Wichtiger als Kostenführerschaft sind Innovationen.“

„Es fällt uns schwer die Belegschaft dazu zu bewegen‚ den Kopf wieder einzuschalten‘.“

„50% der Fertigungsmitarbeiter sind angelernt.“

In bestimmten Bereichen ist das Prinzip verlängerte Werkbank praktisch unmöglich.“

„Seit der Beschaffung von Zulieferteilen aus Südost-asien ist die Liefertreue und -qualität schlechter geworden.“

„Wir inzwischen ein bis zwei Mitarbeiter permanent in China, um auf die Qualitätseinhaltung zu achten.“

„Das Hauptproblem sind Fehlteile.“

„Inzwischen werden 200 Stühle pro Woche zusätzlich intern kontrolliert.“

„…keine EDV-Lösungen am Markt, die Auftrags-schwankungen UND Flexibilitätsanforderungen abbilden können.“

Büromöbelhersteller

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Büromöbel

370

370

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland

Deutschland

Europa, China

Gering, sehr viele Varianten

Mittelserien

Deutschland

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

85 bis 95%

3 bis 4 KW

Auftragsschwankungen Saisonal, stärkerim 2. Halbjahr

Nicht ausgeprägt

var. Arbeitszeit ± 80, +Sa,4-Tage-Woche

Kapazitätsregelungen

Über 100

Ja

Von Hand

Produktionsorganisation Dezentrale Teams

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

* Aktuelle Bestrebungen ein Segment mit Preis- führerschaft durch höhere Qualitäten und bessere Preise zu ersetzen.

Q

P*

LP*

Q

S

Page 73: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

72

4.2.3Hersteller von Falzanlagen

Das Unternehmen wurde 1965 als Zulieferer für die Flugzeugindustrie gegründet.Bereits 1967 wurde die erste Papierfalzmaschine präsentiert und »Falzen« ist nochheute die Kernkompetenz des Unternehmens. Erweiterungen in den Geschäftsfel-dern sucht das Unternehmen rund um diese Kernkompetenz.

Das Unternehmen hat drei Hauptstandorte, davon ist einer ein Zulieferbetrieb mit330 Mitarbeitern in Portugal. Insgesamt werden 630 Personen in der Gruppebeschäftigt. Das Unternehmen beansprucht in seiner Kernkompetenz die Technolo-gieführerschaft, was durch eine Vielzahl neuer Produkte in den letzten Jahren doku-mentiert wurde. Das Durchschnittsalter der Produkte wird mit drei Jahren angegeben,wobei nicht nur alte Produkte durch neue ersetzt wurden, sondern die neuenProdukte echte Innovationen beinhalten, was dem Kunden ein Mehr an Wertschöp-fung bringt. Als weiteres wesentliches Leitbild wird in der Zukunft der beste Serviceangestrebt; die Grundlagen hierzu werden derzeit geschaffen, um z. B. »weltweit24-Stunden-Ersatzteil-Lieferungen« bei minimaler Lagerhaltung zu ermöglichen.Das Unternehmen strebt weiterhin ein Wachstum auf neuen Märkten an, dies sind inerster Linie Asien (Japan, China), Südamerika, die arabischen Länder und der Ost-europa, wo schon ein guter Stand erreicht ist.

Die Produkte sind kundenspezifisch konfigurierte Anlagen, die aus stark standardi-sierten Baugruppen mit Konstruktionsanteilen an den Schnittstellen erstellt werden.Im High-End-Bereich haben die Kunden ca. 40 Optionen an einer Maschine, was zuca. 20 Prozent individualisierter Teile führt. Die Auftragseingänge pro Monatschwanken um bis zu 100 Prozent.

PersonalIn der Montage sind 90 Prozent der Mitarbeiter ausgebildete Mechaniker, Elektro-niker oder Mechatroniker. In der Konstruktion sind hauptsächlich Ingenieure be-schäftigt, die Zahl der Techniker geht zurück. Qualifikationsprobleme gibt es in denindirekten Bereichen in dem ausländischen Produktionswerk (z. B. Disposition). In derRegel sind die Mitarbeiter vollzeitbeschäftigt bei einer 40-Stunden-Woche. In derMontage wird einschichtig, in der Fertigung zweischichtig gearbeitet. Das Arbeits-zeitkonto erlaubt +150/–100 Stunden und muss einmal jährlich ausgeglichenwerden. Das Unternehmen orientiert sich am Tarif, bezahlt allerdings unter den Tarif-tabellen, was auch historisch bedingt durch den ländlichen Raum argumentiert wird.Aus dem gleichen Grund gibt es noch eine Reihe von Bauteilen, die in den Familiender Mitarbeiter in Heimarbeit erstellt werden.

Aus Sicht der Führungspersonen sind manche Probleme schon einfacher zu be-handeln, wenn es gelingt, die Mitarbeiter für diese Probleme zu sensibilisieren. Auchhierfür wünschen sich die Führungskräfte einen »Methodenbaukasten«.

Page 74: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

73

Problembereiche und Handlungsfelder

Für die Zukunft sieht das Unternehmen einen steigenden »Kompetenzbedarf« beiden Mitarbeitern, unabhängig von ihrem Einsatzbereich im Unternehmen. DasThema Kompetenz wird hierbei umfassend gesehen und umschließt auch die Kompe-tenzen, die notwendig sind, um optimal und sicher arbeiten zu können. Um mitneuen Systemen arbeiten zu können, müssen die Mitarbeiter an die notwendigenneuen Kompetenzen herangeführt werden. Da aber zum Teil nicht ganz klar ist, wiedie neuen Systeme aussehen werden, kann nicht einfach »geschult« werden.

KooperationNeben den üblichen Zulieferbeziehungen mit großen und kleinen Zulieferern, wobeidie kleinen häufig aus der Region kommen, befasst sich das Unternehmen intensivmit dem Thema »Know-how-Gewinnung« in Kooperationen. Auslöser hierfür sindSchwierigkeiten in der Produktentwicklung, bei denen das Unternehmen durch dieimmer weiter angestiegenen Transportgeschwindigkeiten des Papiers im Druckpro-zess an physikalische Grenzen gestoßen ist und den jetzt notwendigen Forschungs-und Entwicklungsaufwand nicht mehr allein leisten kann.

Die mittelständischen Unternehmen kennen zwar ihre Produkte und Kunden sehrgenau, aber Spezialwissen, das auf physikalischer Grundlagenforschung aufbaut und»plötzlich« verfügbar sein muss, kann nur von außen in das Unternehmen herein-getragen werden. Deshalb ist man bereits mehrere Kooperationen mit Universitäteneingegangen, wobei es sich schwierig gestaltet, die richtigen Kompetenzen im Hoch-schulbereich zu finden. Im Augenblick ist ein externer »Scout« für Technologiever-mittlung in diesen Suchprozess eingebunden. Als klassisches Mittelstandsproblemsieht das Unternehmen die Fragestellungen: Wo sitzen die Spezialisten für bestimmteTechnologien? Und: Wie finden wir diese – weltweit?

OrganisationIn der Aufbauorganisation gibt es inklusive der Geschäftsleitung drei Hierarchie-stufen, darunter kommen die Teams. Veränderungen in der Organisation waren inden letzten Jahren eher gering. Es ist auch nicht an Veränderungen in der Aufbau-organisation gedacht, vielmehr denkt man an Veränderungen in der Ablauforganisa-tion, wie z. B. die Einführung von »ziehenden Produktionssystemen«, was deutlichmehr Verantwortung für den einzelnen Mitarbeiter bedeutet. Die Auswirkungendieser Veränderungen konnten an Pilotbereichen bereits getestet werden, in denenAufwandsreduzierungen von 40 Prozent erreicht wurden. Welche Veränderungendiese Umstellungen in der Arbeitsorganisation notwendig machen, ist noch nichtgeregelt. Die Geschäftsleitung stellt allerdings fest, dass die Umstellungen in derArbeitsorganisation »drastisch« werden.

Die stark schwankenden Auftragseingänge gleicht das Unternehmen momentandurch »variable Lieferzeiten« aus. Die Kunden akzeptieren in der momentanenkonjunkturellen Situation eine solche Vorgehensweise. Die Geschäftsleitung betontallerdings, dass die geplanten Umstellungen zu einer starken Durchlaufzeitreduzie-

Page 75: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

74

Abbildung 19: Übersicht Hersteller von Falzanlagen

Aussagen des Unternehmens:ÑDie Schwankungen im Auftragseingang liegen bei bis zu 100%.“

„Auftragsschwankungen werden im Augenblick mit schwankenden Lieferzeiten ausgeglichen.“

„ziehende Systeme können die Montage- und Durchlaufzeiten erheblich reduzieren.“

„Die Fertigung wird nicht über das PPS geplant, das geht mit Excel.“

„Eine bessere Logistik mit den Zulieferern könnte die Termintreue erheblich steigern.“

„Im Entwicklungsbereich werden Kooperationen immer wichtiger.“

„Der Servicebereich wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor werden.“

„Wir bräuchten einen Fertigungsverbund, in dem z.B. auch NC-Programme ausgetauscht werden.“

„Mit neuen Formen der Arbeitsorganisation können wir noch gewaltige Effekte erzielen.“

Hersteller von Falzanlagen

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Maschinenbau, Druckindustrie

200

780

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland, Portugal

Deutschland

Portugal, Deutschland

Groß

Einzel- und Kleinserien

Europa, Weltweit, stark USA

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

85%

2 bis 24 KW

Auftragsschwankungen ± 50%

Zunehmend

var. Arbeitszeit – 100 +100 +Sa

Kapazitätsregelungen

Gering, auch in Konstruktion

Zunehmend

Unklar, viel Excel

Produktionsorganisation Inseln, z.T. Fliessmontagen

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

* Wesentliche notwendige Neuausrichtungen.

Q

L*P

S*

Page 76: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

75

Problembereiche und Handlungsfelder

rung führen werden und damit den Kunden wieder »stabile Lieferzeiten« angebotenwerden sollen. Das Unternehmen möchte gerne über die Organisation »intelligentglätten«, hat dazu aber im Augenblick keine passenden Instrumente.

Die Pilotbereiche für das »ziehenden Produktionssystem« haben gezeigt, dass eineÜberarbeitung der Ablauforganisation über die gesamte Prozesskette bis zu denZulieferern notwendig ist, um alle Potentiale auszuschöpfen. Die Vorgehensweisenund das Zusammenspiel zwischen Unternehmen und Zulieferern wird gerade über diePilotbereiche selbst erarbeitet, da für die spezifischen Prozessketten des Maschinen-und Anlagenbaus mit ausländischen Zulieferern keine übertragbaren Beispielegefunden wurden.

Die Fertigung wird nicht über das vorhandene PPS geplant, sondern über eine Werk-stattplanung – ein selbst entwickeltes Excel-Tool, das nach Baugruppen strukturiertist. Die Anforderungen der Werkstatt und der Montagen – vor allem das Zusammen-spiel über die vielfältigen Komponenten – konnte bisher nicht mit einer adäquaten(käuflichen) EDV-Unterstützung abgebildet werden.

4.2.4Landmaschinenhersteller

Der im 19. Jahrhundert gegründete Landmaschinenhersteller in Ostwestfalen ist nachwirtschaftlichen Turbulenzen inzwischen im Besitz von vier ausländischen Finanzin-vestoren. Das Unternehmen produzierte 2007 mit weltweit ca. 220 Beschäftigten,davon 140 am Hauptstandort, etwa 130 Rübenroder und Verlademaschinen, so dassvon einer Kleinserienfertigung mit wenigen Varianten zu sprechen ist. Nach derUnternehmenskrise 2002 hat sich der Umsatz sehr positiv entwickelt und lag 2007bei ungefähr 38 Millionen Euro; für die nächsten Jahre wird weiteres Umsatz-wachstum erwartet.

Nach dem Aufschwung der letzten Jahren konzentriert sich das Unternehmenzukünftig darauf, das Produktprogramm mit der Entwicklung einer Sämaschine undinsbesondere dem Ausbau von Service- und Beratungsleistungen weiter abzurunden.Darüber hinaus soll die traditionell sehr hohe Fertigungstiefe weiter reduziert und dieKooperation mit Systemlieferanten weiter ausgebaut werden. Ziel ist, sich auf dieVor- und Endmontage zu beschränken.

Der Markt für Landmaschinen unterliegt aufgrund der zeitlich befristeten Zucker-rübenkampagnen starken saisonalen Schwankungen und zudem, aufgrund des Über-gewichts osteuropäischer Kunden, starken politischen Einflüssen, so dass wenigerPreis oder Qualität eine Rolle bei der Auftragsakquisition spielen, sondern eherpersönliche Beziehungen. Aufgrund der starken Saisonschwankungen und den teil-weise sehr kurzfristigen Auftragserteilungen ergeben sich gravierende Anforde-rungen an die Flexibilität des Unternehmens.

Page 77: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

76

PersonalIn den Fertigungsbereichen arbeiten 80 Prozent der Beschäftigten; daneben sind dieKonstruktion und die Versuchsabteilung mit etwa 12 Prozent der Beschäftigten amstärksten besetzt. Das Qualifikationsniveau ist hoch: In der Fertigung sind Fach-arbeiter, in der Konstruktion und Versuchsabteilung Ingenieure beschäftigt. Das hoheQualifikationsniveau hängt zum einen mit der Komplexität der Produkte zusammen,ist zum anderen aber durch die spezifische Fertigungsstruktur bedingt. Die Ferti-gungsbeschäftigten gehen mit ihrem Produkt mit, d. h., sie arbeiten zunächst in derVorfertigung, dann in der Vormontage und abschließend in der Endmontage. Dassetzt hohe Qualifikations- und Flexibilitätsanforderungen seitens der Beschäftigtenund entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen voraus. Für eine strukturierte Weiter-bildungsplanung fehlten dem Unternehmen aufgrund der wirtschaftlich ange-spannten Situation der letzten Jahre die Ressourcen; um diesen Nachholbedarf zubefriedigen, sind geeignete, auf KMU zugeschnittene Instrumente, etwa bei derVerankerung von Qualifizierung in Zielvereinbarungen, erforderlich.

Aufgrund der starken saisonalen Schwankungen und des »Mitgehens« der Beschäf-tigten mit dem Fertigungsfortschritt sind für den Landmaschinenhersteller flexibleArbeitszeitmodelle unabdingbar. Angewendet werden Arbeitszeitkonten, Über-stunden, unterschiedliche Schichtsysteme, Samstagsarbeit und Vertrauensarbeitszeit.Aufgrund der Ungleichverteilung der Auslastung, die regelmäßig im letzten Quartalbesonders niedrig und im Frühjahr und Sommer besonders hoch ist, möchte dieGeschäftsleitung ein Jahresarbeitszeitmodell implementieren, da dieses diePlanungen des Unternehmens vereinfachen und den Beschäftigten eine gewissePlanungssicherheit bringen würde.

Die Motivation und Bereitschaft der Beschäftigten, den Flexibilitätsanforderungengerecht zu werden, wird als gut eingeschätzt; es mangelt gerade den langjährigBeschäftigten jedoch vielfach an der Bereitschaft, Wandlungsprozesse zu akzep-tieren, sie zu unterstützen und sich zu beteiligen, obwohl die Geschäftsführung sieaktiv einbinden will. Das führt etwa dazu, dass etwa Optimierungen der Endmontagenicht die Fortschritte machen, die für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit unddes Unternehmenswachstum notwendig wären.

KooperationDie Thematik der Zulieferbeziehungen ist differenziert zu betrachten. Mit den regio-nalen, kleinen Zulieferern treten keine Probleme auf; hier stimmen sowohl die Liefer-termintreue als auch die Qualität. Probleme bestehen dagegen mit ausländischenZulieferern oder zuliefernden Großunternehmen, bei denen aufgrund fehlender Flexi-bilität immer wieder Lieferschwierigkeiten auftreten. Verschärfend kommt nochhinzu, dass manche Zulieferteile exklusiv für das Unternehmen entwickelt wurden.Deshalb will die Geschäftsleitung noch intensiver als bisher auf regionale Zulieferersetzen. Hierfür sind aber, gerade vor dem Hintergrund der teilweise sehr spezifischen

Page 78: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

77

Problembereiche und Handlungsfelder

Komponenten, Bewertungsinstrumente erforderlich, um die Kooperationsfähigkeitpotentieller Zulieferer zu analysieren.

OrganisationDie Losgrößen in den Montagebereichen liegen bei 30 Maschinen. Angestrebt wirddie Losgröße 1, um flexibler auf Auftragsänderungen der Kunden reagieren zukönnen und eine bessere Transparenz in bezug auf die Lieferanten zu erhalten. Mitder Senkung der Losgröße verbunden ist eine Veränderung der Zulieferungen. Bei derLosgröße 30 wurden schon alle erforderlichen Teile beschafft und die Fertigungs-aufträge erteilt; zudem hat man kaum Möglichkeiten, bei Änderungswünschen dieMaschine anders zu bauen. Für die Beschaffungsabteilung bedeutet das, dass sie nurnoch manuell eingreifen kann, was nicht erwünscht ist. Stattdessen sollen dieAbläufe insgesamt automatisiert und flexibilisiert werden, wofür entsprechendeInstrumente benötigt werden.

Aufgrund der spezifischen Fertigungsstruktur treten insbesondere in den erstenWochen nach der Verabschiedung des jährlichen Produktionsplanungen Probleme beider Materialdisposition auf; um diese Probleme mit der Materialdisposition zu redu-zieren, sind geeignete unterstützende EDV-Tools erforderlich. Die u. a. aus derfehlenden Materialverfügbarkeit resultierenden Notwendigkeiten der Lösung tägli-cher Probleme bei der Harmonisierung von Produktionsplanung und -ausführungbeanspruchen derzeit etwa 50 Prozent der mit der Abstimmung betrauten Meister.Hierfür werden pragmatische, nicht nur softwaretechnische Lösungen (z. B. ERP-Systeme) gesucht, um einerseits diesen Aufwand zu reduzieren und andererseits dieFertigungsaufträge erst kurzfristiger freizugeben und nicht, wie momentan, schonWochen oder gar Monate vorher; diese frühzeitige Freigabe bindet aufgrund derdamit einhergehenden Bestellungen der Zulieferteile Kapital und behindert dienotwendige Flexibilität.

Das zentrale Ziel auf dem Weg zu einer prozessorientierten Organisation ist für denLandmaschinensteller die Erhöhung der Flexibilität, was vor dem Hintergrund derjetzigen Ausgangslage eine Anpassung und Veränderung der Prozesse bedeutet.

Page 79: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

78

Abbildung 20: Übersicht Landmaschinenhersteller

Aussagen des Unternehmens:„Die Beschäftigten gehen mit dem Fertigungs-fortschritt mit den Maschinen mit.“

„…da viele, langjährige Beschäftigte sich gegen Veränderungen sperren…“

„Im letzten Quartal des Jahres ruht das Unter-nehmen quasi.“

„kleine Lieferanten aus der Region sind unproble-matisch, Große Zulieferer sind unflexibel und bereiten zum Teil erhebliche Probleme.“

„Ziel ist – aus Gründen der Flexibilisierung – die Losgröße 1.“

„Die Feinsterung der Produktion ist mit einem hohen Aufwand verbunden.“

„Momentan investieren die Meister ca. 50% ihrer Arbeitszeit in die Problemlösung, vor allem der Materialverfügbarkeit.“

„Um Liefertermine zur halten, stehen die Maschinen schon an der Grenze, und werden nach der end-gültigen Finanzierung geliefert.“

Landmaschinenhersteller

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Landmaschinen

140

220

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland

Deutschland

Deutschland

Groß

Kleinserie

Osteuropa

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

Sehr hoch

Nicht mess-/planbar

Auftragsschwankungen Stark saisonal, Kunden chaotisch

Notwendig

var. Arbeitszeit – 50 und unterschiedlich bis +600

Kapazitätsregelungen

Bis 30%

Zunehmend

Von Hand

Produktionsorganisation Vormontage: Inseln,Endmontage:Fliessmontage

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

P

L

Q

S

Page 80: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

79

Problembereiche und Handlungsfelder

4.2.5Hersteller von Stanzformen und Werkzeugen

Das Unternehmen ist familiengeführt und beschäftigt ca. 1.000 Mitarbeiter in derGruppe. Am Hauptstandort werden im Wesentlichen ein Stanzformenformenbauund ein Werkzeugbau mit zusammen ca. 500 Mitarbeitern betrieben. Weiterhinbefasst sich das Unternehmen mit der Automationstechnik für die Verpackungsindus-trie und dem Vertrieb von »Grundware« für den Stanzformenbau. Auftragsschwan-kungen sind kaum saisonal bedingt, da die Aufträge und Kundenstruktur sehr breitaufgestellt sind. Früher kannte das Unternehmen eine Sommerdelle im Auftragsein-gang, die allerdings heute keine Rolle mehr spielt. Das Unternehmen hat frühzeitigNiederlassungen in Polen und den USA gegründet. Heute ist die Unternehmens-gruppe weltweit mit ca. 20 Einzelgesellschaften vertreten.

Eine der Bestrebungen der Unternehmensleitung ist die Bestandssicherung desUnternehmens gerade an den deutschen Standorten. Hierzu wird als wesentlicheWettbewerbsstrategie die Technologieführerschaft angestrebt.

Die momentane gute konjunkturelle Situation wird von der Unternehmensleitung miteiner gewissen Skepsis betrachtet, allerdings wird die weitere Geschäftsentwicklungpositiv eingeschätzt.

PersonalIm Werkzeugbau werden praktisch ausschließlich qualifizierte Mitarbeiter beschäf-tigt. In den Konstruktionsbereichen sind ca. 20 Prozent Ingenieure, der Rest sindTechniker. Da jedes Produkt kundenindividuell ist, sind die Anforderungen an dieMitarbeiter relativ groß, da nicht alle Informationen in Zeichnungen und Dokumentenenthalten sind und die Mitarbeiter ein umfangreiches Wissen über die Produkte undHerstellverfahren benötigen, um effizient zu arbeiten.

Im Werkzeugbau gibt es ausschließlich Vollzeitstellen. Im Stanzformenbau gibt esca. 15 Prozent Teilzeitstellen, dieser Wert gilt auch für die Zentralbereiche. Leiharbeitspielt im Prinzip keine Rolle. Die Möglichkeiten, geeignetes Personal für die Produk-tion zu rekrutieren, werden vom Unternehmen als »schwierig« bezeichnet, weshalbintensiv die Möglichkeiten der Ausbildung zur Personalbeschaffung genutzt werden.

Das Unternehmen hat in der Produktion die Grenzen in den Arbeitszeitkonten nachoben abgeschafft, es gibt keine Monats- oder Jahresgrenzen und damit auch keineAusgleichszeiträume. Durch diese Regelung gibt es keine bezahlten Überstunden.Das Unternehmen geht davon aus, dass hiermit vor allem länger andauerndeKonjunkturzyklen besser bewältigt werden können. Die Geschäftsleitung wünschtsich allerdings mehr Unterstützung durch die Politik in Richtung Lebensarbeitszeit.

Page 81: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

80

Das Entgeltsystem orientiert sich am Tarif. Als zusätzliche Komponente gibt es einrenditeorientiertes Beteiligungssystem. Das Unternehmen sucht noch nach einerSystematik für die Führungskräfte, wie diese ein zusätzliches Entgeltbudget unterihren Mitarbeitern verteilen können. Heute geschieht dies auf Basis einer Mitarbeiter-beurteilung.

Die angebotenen Möglichkeiten zur Weiterbildung sind umfangreich. Der Personal-bereich »testet« hier immer wieder neue Möglichkeiten, was von den Mitarbeiternangenommen wird, wird beibehalten, ansonsten wieder verworfen.

KooperationDas Unternehmen hat in den letzten Jahren begonnen, auch Baugruppen und Teilean Zulieferer zu vergeben, die man in der Vergangenheit nicht fremdvergeben hat, daman Bedenken wegen Know-how-Verlustes hatte. Heute ist das Unternehmen derMeinung, dass die eigene Kernkompetenz im Know-how des gesamten Produktesund des gesamten Herstellungsprozesses liegt sowie in der Kenntnis des Marktes undder Kunden.

Diese neue Form der Zulieferbeziehungen hat zu vielfältigen (Anlauf-)Schwierigkeitengeführt. Zum einen haben die Zulieferer die gleichen Schwierigkeiten wie neue Mitar-beiter, da nicht alle Informationen in Zeichnungen und Dokumenten enthalten sindund somit ein umfangreiches Wissen über die Produkte und Herstellverfahrennotwendig ist, das nicht in allen Details in einem Zuliefervertrag, Hausnormen u.Ä.beschrieben werden kann. Somit ist das Unternehmen – zumindest bei komplexerenTeilen – auf stabile Zulieferkooperationen angewiesen.

Eine weitere Schwierigkeit ist der Informationsfluss über die Prozesskette, wenn es zuProblemen mit Zulieferteilen kommt. Termin- und Qualitätsprobleme werden oft erstin der letzten Produktionswoche transparent, obwohl die Informationen im Hausezugänglich wären. So geht die Produktion beispielsweise oft von vorhandenen Zulie-ferteilen aus, wenn diese noch gar nicht verfügbar sind. In diesem Zusammenhangsieht das Unternehmen vor allem Handlungsbedarf im Zusammenwirken von Produk-tion, Planung und Einkauf, um die Themen Mengen, Termine und Qualität mit einergemeinsamen Zielrichtung besser in den Griff zu bekommen. Unterstützungsinstru-mente innerhalb dieses Spannungsfeldes gibt es im Prinzip nur auf Mitarbeiterebenedurch entsprechende Erfahrung oder eigene Hilfsmittel.

OrganisationNeben einer Reihe von zentralen Diensten ist das Unternehmen nach Produkten undProduktgruppen organisiert. Das arbeitsorganisatorische Prinzip in der Fertigung sindTeams, die produkt- oder technologieorientiert aufgestellt sind; die Mitarbeiter sindeiner bzw. meist mehreren Maschinen zugeordnet.

Page 82: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

81

Problembereiche und Handlungsfelder

Die Produktgruppenbereiche werden in etwa wie Profit-Center gehandhabt, wasallerdings die innerbetriebliche Kooperation behindert. Die Geschäftsleitung siehtjedoch noch erhebliches Potential in innerbetrieblichen Kooperationen. Für diehierbei anstehenden Probleme wie die notwendigen Qualifikationen oder Prämienbe-rechnungen, Darstellung von Kennzahlen usw. gibt es zur Zeit keine Unterstützungs-instrumente.

In der Auftragsabwicklung sieht das Unternehmen zwei wesentliche Handlungs-felder: auf der einen Seite die Materialdisposition, die bei komplexen Teilen mit mehr-stufigen externen Bearbeitungsschritten nur sehr ungenaue Terminaussagen machenkann, und auf der anderen Seite die interne Planung und Feinsteuerung. Der Team-leiter erstellt unter Berücksichtigung vielfältiger Einflüsse mit Hilfe eines selbst entwi-ckelten Instrumentes eine wöchentliche Maschinenplanung, die durch die täglichenAbweichungen immer ungenauer wird. Da ein ständiges Umplanen nicht sinnvoll ist,wird mit einem sehr großen Aufwand über die Teams hinweg koordiniert. Unterstüt-zungsinstrumente für diese interne Koordination gibt es keine, die Abstimmungerfolgt in täglichen standardisierten Gesprächen und in zusätzlichen bilateralenAbstimmungen. Nach Aussage der Produktionsleitung investieren die Führungskräfteviel Zeit in diese Koordination, die ihnen dann für ihre eigentlichen Aufgaben fehlt.

Page 83: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

82

Abbildung 21: Übersicht Hersteller von Stanzformen und Werkzeugen

Aussagen des Unternehmens:„Wegen der hohen Auslastung ist unsere Lieferzeit um 80% angestiegen.“

„Mit der EDV machen wir nur eine Grobplanung, die Feinsteuerung wird manuell vor Ort ausgeführt.“

„… kein innerbetrieblicher Kapazitätsausgleich.“

„Die Termineinhaltung der Bauteile-Lieferanten ist ein sehr großes Problem.“

„Die Disposition fremdgefertigter Teile berücksichtigt oft Spezifika der weiteren Bearbeitung nicht.“

„Da wir gezielt überbuchen (System Lufthansa) sind 100% Termintreue unmöglich.“

„Die „Reihenfolgeplanung an den Maschinen funktioniert nur bedingt, da hierzu viel Erfahrung notwendig ist.“

„Der notwendige Koordinationsaufwand in der Fertigung hält den Produktgruppenleiter von seinen ‚eigentlichen Aufgaben‘ ab.“

„EDV-Unterstützung für die Feinplanung wäre dringend notwendig.“

Hersteller von Stanzformen und Werkzeugen

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Werkzeugbau

500 (Stanzformenbau 150 + Werkzeugbau 350)

980

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland, Polen, Montage weltweit

Deutschland

Deutschland

Werkzeugbau groß

Einzel- und Kleinserien

Deutschland, Weltweit

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

70%

14 KW (bis 20)

Auftragsschwankungen Ja, nicht saisonal

Notwendig

var. Arbeitszeit – 50, +∞, +Sa

Kapazitätsregelungen

Zunehmend

Neu, zunehmend

Excel und von Hand

Produktionsorganisation Dezentrale Teams

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

Q

P

LS

Page 84: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

83

Problembereiche und Handlungsfelder

4.2.6Hersteller von Gas-Sicherheitstechnik

Das Unternehmen wurde 1945 als handwerklicher Elektroinstallationsbetriebgegründet und heute noch familiengeführt. 1963 erfolgte der Einstieg in die Brancheder Gebäudeautomatisierung, als Schwerpunkt und Kernkompetenz hat sich dasUnternehmen auf Feuerungs- und Sicherheitstechnik, sowohl mechanisch als auchelektronisch, für Gasverbrennung spezialisiert. Die hohe Spezialisierung erforderteschon sehr früh die internationale Ausrichtung des Unternehmens. In zwei Produkti-onsstandorten und ca. 20 Niederlassungen werden mit etwa 800 Personen dieProdukte in vier Geschäftsfeldern entwickelt, gebaut und vertrieben. Der größteStandort ist mit bis zu 500 Mitarbeitern in Deutschland.

Die Kerntechnologie ist wegen der Sicherheitsanforderungen und der notwendigenGenehmigungen und Baumusterprüfungen weitgehend standardisiert, die Endpro-dukte sind dennoch stark kundenindividuell.

Die Wachstumsmärkte liegen für das Unternehmen in Asien und Osteuropa. Vorallem weil dort Gastechnik ein günstiger Energielieferant ist und durch den hohenWeltmarktanteil des Unternehmens die wachsenden Industrien, die vornehmlich Gasals Energiequelle nutzen, die Zulieferer der Gas-Sicherheitstechnik quasi mitwachsenlassen. Der Exportanteil liegt heute bei 80 Prozent.

PersonalDas Qualifikationsniveau ist vor allem in den Montagen eher niedrig; hier sind sehrviele angelernte Mitarbeiter und relativ wenige mit einer fachspezifischen Ausbildungbeschäftigt. In der Fertigung sind mehr Mitarbeiter mit fachspezifischer Ausbildungnotwendig. Durch die neuen zusätzlichen Verantwortlichkeiten aufgrund einer Reor-ganisation in der Produktion sind die Anforderungen an die Mitarbeiter insgesamtgestiegen, am stärksten jedoch für die Führungskräfte.

Typische Arbeitsform ist die Vollzeitbeschäftigung, Teilzeit spielt keine Rolle. Leihar-beit wird als Ventil für kurz- und längerfristige Kapazitätsschwankungen genutzt. Inder Spitze waren dies zuletzt ca. 50 Leiharbeiter am deutschen Standort (bei ca.350 Beschäftigten im Bereich Produktion).

Leiharbeiter, die auch auf die hochwertige Technik geschult wurden, sollen auchlängerfristig im Unternehmen gehalten werden. Hierzu werden z. B. bei Auftrags-schwankungen nach unten keineswegs als erstes die Leiharbeiter abgebaut, sondernzunächst die Arbeitszeitkonten der eigenen Mitarbeiter reduziert, um so bei neuenAuftragsspitzen durch gut eingearbeitete Leiharbeiter ein erhöhtes Kapazitätsan-gebot sofort zur Verfügung zu haben. Die durchschnittliche Einarbeitung an einemMontagearbeitsplatz liegt bei ca. 4 Wochen, bis eine ausreichende Produktivitäterreicht wird.

Page 85: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

84

Die Arbeitszeitkonten können +150/-100 Stunden annehmen. Der Ausgleichszeit-raum beträgt ein Jahr. Wenn Aufträge fehlen, gehen die Mitarbeiter auch früher nachHause, da es hierfür Prämien gibt (Produktivität).

Die Weiterbildung ist im Augenblick vor allem durch die Reorganisation geprägt.Spezielle Weiterbildungen sind z. B. KVP-Moderatoren oder Themen der Gruppenar-beit. In den neuen Teams wird durch Training on the job versucht, eine gewisseEinsatzflexibilität zu erreichen. Die Geschäftsleitung erwartet vor allem bei demThema Qualität durch die Ausbildung noch zusätzliche Effekte: Wenn die MitarbeiterProdukte und Kundenanforderungen genau kennen und so optimale Produkteerstellen, sind noch wesentliche Potentiale für das Unternehmen zu erwarten.Spezielle Programme hierzu sind allerdings nicht vorhanden.

KooperationDer Bereich Kooperation ist für das Unternehmen sehr breit angelegt. Zu nennen sinddie klassischen Zulieferkooperationen für Teile und Baugruppen. Weiterhin gibt esEntwicklungskooperationen mit großen OEM genauso wie mit kleinen hochspeziali-sierten Ingenieurbüros.

Bei den Zulieferbeziehungen spielt es eine Rolle, ob es sich um einen »großen«Zulieferer oder einen kleinen, oft regionalen Zulieferer handelt. Bei den kleinen mussdas Unternehmen oft ganze Prozesse, die mit der Zulassung, Zertifizierung oderNormung zu tun haben, mit übernehmen oder mitgestalten, da die kleinen Zuliefererhierfür nicht das Know-how und die Kapazität haben. Bei den »Großen« ist es häufigso, dass bei Problemen die Einflussmöglichkeiten des Unternehmens und die Reakti-onsfähigkeit des Zulieferers sehr schlecht ist.

Das Unternehmen überdenkt gerade seine Zulieferstruktur unter dem Gesichtspunkt»Risikomanagement«. In diesem Prozess soll beleuchtet werden welche Auswir-kungen der Ausfall eines Zulieferers hat. Im Falle von einfachen, nicht baumuster-geprüften Drehteilen geht man davon aus, dass innerhalb kürzester Zeit ein Ersatz fürdiesen Lieferanten gefunden ist. Anders sieht es aus, wenn das Teil beim Zuliefererbemustert und evtl. noch der gesamte Prozess z. B. vom TÜV abgenommen werdenmuss, damit dieses Teil verbaut werden kann. In einem solchen Fall müssten entspre-chende Sicherungsmechanismen über mögliche Eigenfertigungen oder Zweitliefe-ranten greifen.

OrganisationDie Produktion befindet sich mitten in einer Reorganisation, die auf erweiterte Grup-penarbeit mit mehr Produkt- und Qualitätsverantwortung setzt und vor allem dras-tisch kleinere Losgrößen ermöglichen soll. Mit dieser Reorganisation möchte man sichden Prozessen der Kunden anpassen und vor allem auf die immer größer werdendenSchwankungen des Marktes reagieren.

Page 86: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

85

Problembereiche und Handlungsfelder

Die Produktionsplanung bzw. Feinsteuerung ist stark dezentralisiert. In jeder Gruppegibt es einen Mitarbeiter, der sich mit dieser Feinsteuerung befasst; übergreifendgibt es keinen Standardtermin für diesen Abgleich. Um auf entsprechende Problemereagieren zu können, wurde inzwischen eine übergreifende Funktion »Auftrags-logistik« als Problemlösungsinstanz eingeführt, die die Probleme, die über dieGruppen hinausgehen, aufgreift. Angestrebt ist bei Problemen eine direkte Kommu-nikation zwischen den Bereichen. Unterstützungsinstrumente wurden hierzu nochkeine eingeführt bzw. gefunden.

Die Anpassung der EDV, der Steuerungs- und Dispositionsverfahren und – ganzwesentlich – die Integration der Lieferanten sind weitere Instrumente, die notwendigsind, um die Schwankungen des Marktes beherrschbar zu machen. Wenn man dieseUmstellungen im Sinne von Wandlungsfähigkeit beleuchtet, ist vor allem eineBeschleunigung der ganzen Prozesse anzustreben, was durch fehlende Kapazitäten,notwendige Detailarbeit, für die geeignete Unterstützungsinstrumente fehlen, undfehlende prozessübergreifende Umsetzungen behindert wird.

Aus Sicht der Produktionsleitung können weitergehende Standardisierung undMethodiken, die zu mehr Nachhaltigkeit bei Problemlösungen führen, ebenfallswesentlich zur Beschleunigung von Wandel beitragen.

Page 87: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

86

Abbildung 22: Übersicht Hersteller von Gas-Sicherheitstechnik

Aussagen des Unternehmens:„… für die Integration der Lieferanten sind weitere Instrumente notwendig, um die Schwankungen beherrschbar zu machen.“

„Zur Zeit werden die Dispositionsverfahren alle überprüft.“

„… Bei Kanban haben wir Probleme mit den notwendigen Kapazitäten für die Kartenkreisläufe.“

„In jeder Gruppe gibt es einen Mitarbeiter der sich mit dieser Feinsteuerung befasst.“

„Bestimmte Funktionen werden wieder zentralisiert.“

„Bessere Steuerungsinstrumente sollten im gesamten Auftragsablauf vorhanden sein.“

Hersteller von Gas-Sicherheitstechnik

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Gas-Sicherheitstechnik

500

800

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland, Dänemark

Deutschland

Europa

Mittel

Kleinserie, tw. Einzelfertigung

weltweit, Wachstum in Asien, Osteuropa

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

Sehr hoch

2 bis 4 KW

Auftragsschwankungen Erheblich

Zunehmend

var. Arbeitszeit +150/–100 Std., +Sa

Kapazitätsregelungen

Ja, Produktion bis 20%

Ja

Feinsteuerung von Hand

Produktionsorganisation Dezentrale Teams

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

Q

P

LS

Page 88: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

87

Problembereiche und Handlungsfelder

4.2.7Kunststoffproduzent

Das familiengeführte Unternehmen wurde Mitte der fünfziger Jahre im Ruhrgebietals Handelsunternehmen gegründet und wurde erst Ende der achtziger Jahre zueinem Hersteller von Kunststoffprodukten. Inzwischen werden mit 300 Beschäftigtenan drei Standorten zu 80 Prozent kundenindividuelle Kunststoffprodukte fürAnwender aus unterschiedlichen Branchen – vom Maschinenbau bis zu Brauereien –hergestellt. Das Unternehmen erzielte 2007 einen Umsatz von ca. 44 Millionen Euro.Das Unternehmen ist in den letzten Jahren gewachsen; auch für die nächsten Jahrewird ein Umsatzplus erwartet.

Das primäre Unternehmensziel ist die Verteidigung seiner Position als Technologie-führer bei kundenindividuellen Produkten, bei denen nicht der Preis oder die Qualitätim Vordergrund stehen, sondern die Innovationsfähigkeit und der hohe Entwick-lungsaufwand. Das Unternehmen sieht sich nicht nur als Problemlöser für denKunden, sondern sieht seine Stärke wesentlich in dem Finden von Problemen beimKunden, für die dann Lösungen zu entwickeln sind. Die beiden deutschen Standortelassen sich nur mit kundenbezogenen Produkten sichern; hierzu ist eine hohe Flexibi-lität und Wandlungsfähigkeit notwendige Voraussetzung. Der Auftragseingang istgekennzeichnet durch nicht planbare kurzfristige Schwankungen, was zusätzlicheFlexibilisierungsbedarfe erzeugt.

Die derzeitige Marktlage wird als sehr gut charakterisiert, wobei die weitere Entwick-lung eher vorsichtig eingeschätzt wird, da man sich nicht sicher ist, wie nachhaltigdas momentane Wachstum sein wird, zumal das Unternehmen in besonderemUmfang von den Rohölpreisen abhängig ist.

PersonalIn der Fertigung arbeiten zu 90 Prozent Facharbeiter. Dieses hohe Qualifikationsni-veau, auch im Sinne von Mehrfachqualifikationen, ist Voraussetzung, um die aus denkleinen Losgrößen – und damit verbundenen häufigen Werkzeugwechseln etc. –sowie der Fertigungsorganisation resultierenden Flexibilitätsanforderungen bewäl-tigen zu können; Leiharbeit spielt deshalb eine nur untergeordnete Rolle. Aufgrunddes Anspruchs der Technologieführerschaft werden in den technischen Abteilungenund dem Vertrieb Hochschulabsolventen und Techniker eingesetzt. Aus den gleichenGründen wird der Weiterbildung große Aufmerksamkeit geschenkt; die Einarbei-tungsmaßnahmen sowie Produktschulungen sind für alle Beschäftigten verpflich-tend, weitere Qualifizierungsmaßnahmen können die Beschäftigten auf eigenenWunsch besuchen.

Die Arbeitszeitmodelle variieren je nach Unternehmensbereich; es existieren verschie-dene Schichtsysteme in Abhängigkeit von der Kapitalintensität der Maschinen undAnlagen, Samstagsarbeit, Arbeitszeitkonten (100 Stunden) und in der Verwaltung ein

Page 89: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

88

Gleitzeitsystem sowie eine Jahreszeitkonto. Auf das in der Fertigung existierendeArbeitszeitkonto haben die Beschäftigten keinen Zugriff; das wird in auftragsschwä-cheren Zeiten genutzt, um Kurzarbeit zu vermeiden und so den BeschäftigtenEntgelteinbußen zu ersparen. Die Arbeitszeit wird genutzt, um auf die schwankendenAuftragseingänge flexibel reagieren zu können; ist das individuelle Arbeitszeitkontovoll, werden Überstunden gemacht.

KooperationDie Lieferantenbeziehungen mit den etwa 20 Hauptlieferanten sind gut; Problememit der Nicht-Einhaltung von Lieferterminen oder mangelhafter Qualität kommenkaum vor. Abgesichert wird das durch eine Lieferantenbeurteilung, mit der unsichereKandidaten aussortiert werden, und eine strikte Lieferterminüberwachung.Außerdem bestätigt der Vertrieb den Kunden erst dann die Liefertermine, wenn eineLieferbestätigung des Zulieferers vorliegt. Probleme bestehen derzeit insbesondereaufgrund der guten Auftragslage bei den Lieferanten, so dass es schon vorkommenkann, dass beispielsweise Ersatzteile für Maschinen mehrere Wochen Lieferzeithaben.

Die Auftragsvergabe nach außen als zusätzliche Flexibilitätsreserve ist keine Alterna-tive, da die Aufträge nur an Konkurrenten vergeben werden könnte, so dass Know-how-Verluste befürchtet werden.

OrganisationDie Aufbauorganisation ist aufgrund des hohen Anteils kundenindividueller Produkteebenso wie die Hierarchie sehr flach gehalten, um flexibel reagieren zu können. In derFertigung existieren autonome so genannte Fertigungscenter, die im Normalfall einenAuftrag komplett produzieren – und dafür alle notwendigen Maschinen zur Verfü-gung haben – sowie für die Termin- und Qualitätsüberwachung verantwortlich sind.Zur Sicherung der Flexibilität und der kurzen Lieferfristen hält das Unternehmen aufdie Auftragspitzen ausgerichtete Maschinenkapazitäten vor. Aufgrund des hohenQualifikationsniveaus der Facharbeiter sind diese an den verschiedenen Maschineneinsetzbar.

Logistikkonzepte wie Kanban sind für das Unternehmen nicht einsetzbar, da sich dasTeilespektrum zu schnell ändert, so dass es schwierig ist, sinnvoll beispielsweiseVorratsbestände zu definieren. Insbesondere die Bestellungen für das Lager werdenausschließlich manuell von dem Disponenten vorgenommen; automatisierteLösungen fehlen.

Die Reihenfolgeplanung obliegt den Leitern der Fertigungscenter. Die täglichenAuftragseingänge in den Fertigungscentern werden von den Verantwortlichenmanuell »einsortiert«, was schneller als mit einer EDV-Unterstützung geht.

Page 90: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

89

Problembereiche und Handlungsfelder

Abbildung 23: Übersicht Kunststoffproduzent

Aussagen des Unternehmens:„Das Ziel ist eben, die Durchlaufzeit zu verkürzen.“

„Die Auftragsschwankungen sind nicht planbar.“

„Unser Teilespektrum ändert sich ständig.“

„Die vollen Auftragsbücher der Lieferanten führen dort zu Engpässen.“

„Langfristige Partnerschaften mit Lieferanten haben sich als gut und zuverlässig bewährt.“

„Die zur Verfügung stehende EDV wird nicht genutzt, weil die die Fertigungscenterleiter aufgrund ihrer Erfahrung schneller sind.“

„Der Verkauf bestätigt einen Kundenauftrag erst dann, wenn der Einkauf eine Lieferbestätigung des Lieferanten hat.“

„Hinzu kommen muss ein hohes Maß an (Einsatz-) Flexibilität der Beschäftigten.“

„Leiharbeit hilft nicht weiter, weil man keine passenden Facharbeiter bekommt.“

Kunststoffproduzent

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Kunststoffe

260

300

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland, geringe Produktion in Tschechien und Niederlande

Deutschland

Deutschland

Bearbeitung/Montage: gering

Kleinserie, z.T. Einzelfertigung

Deutschland

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

98%

10 Tage

Auftragsschwankungen Ja, nicht saisonal

Notwendig

var. Arbeitszeit +100, +Sa

Kapazitätsregelungen

Gering

Von Hand

Produktionsorganisation Autonome Fertigungscenter

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

Q

P

LS

Page 91: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

90

4.2.8Hersteller von Spannzeugen und Antriebstechnik

Das Unternehmen in Familienbesitz hat an seinem deutschen Hauptstandort ca.250 Mitarbeiter. An diesem Standort liegen die Hauptfunktionen für Entwicklung,Vertrieb und Produktion. Weltweit existieren in den wichtigen Märkten Tochtergesell-schaften mit ca. 5 bis 15 Mitarbeitern; diese konzentrieren sich hauptsächlich auf denVertrieb der Produkte. Aktuell hat das Unternehmen einen kleinen deutschen Wett-bewerber mit einem deutschen Produktionsstandort aufgekauft; bisher sind dessenProdukte zugekauft worden.

Die Kunden kommen aus dem klassischen Maschinenbau. Das Unternehmen struktu-riert sich heute in zwei Sparten: die Spanntechnik und die Antriebstechnik. Da nurwenige Standardprodukte existieren, ist die typische Fertigungsart die Kleinserie. Beiden Spannzeugen, die an der Schnittstelle zur Maschine oft kundenspezifischkonstruiert werden, dominiert die Einzelfertigung.

Die Abgrenzungen zum Wettbewerb sind der bessere Service und die bessere Bera-tung. Der Vertrieb ist größer, der technische Bereich ist stärker und damit auf diekundenspezifischen Anforderungen ausgerichtet. Die Wettbewerber bauen auchmehr Komponenten im Ausland.

Die Schwankungen im Auftragseingang sind erheblich, neben einer ausgeprägtenSaisonalität mit nahezu Nullzugang im Dezember liegen die typische Schwankungenzwischen 80 und 130 Prozent.

PersonalEs gibt ca. 30 außertarifliche Mitarbeiter (inklusive der Geschäftsführung) mit40 Wochenstunden-Verträgen. Tarifliche Mitarbeiter haben 35 Wochenstunden-Verträge, bis auf ca. 6 Personen im Maschinenbereich, die 40 Wochenstunden-Verträge haben. Das typische Arbeitszeitverhältnis ist Vollzeit; 90 Prozent derVerträge sind unbefristet. Leiharbeit wurde in den letzten Jahren gezielt aufgebautund beträgt heute ca. 8 Prozent. An neuen, sehr teuren Anlagen wird dreischichtiggearbeitet, ansonsten überwiegend einschichtig. Das Arbeitszeitkonto kann+170/–80 Stunden annehmen, der Ausgleichszeitraum ist ein Jahr. Zusätzlich könnendie Mitarbeiter jeden Monat ein zusätzliches sogenanntes 12 Stunden Freizeitkontoaufbauen und in Anspruch nehmen.

Die Qualifikation in der Fertigung sind ca. 85 Prozent Facharbeiter. Leiharbeiter gibtes hauptsächlich wegen des Ausgleichs von Urlaub und Krankheit, allerdings inletzter Zeit auch als zusätzliche Kapazitätsreserve. Von den Leiharbeitern sind ca.5 qualifizierte Facharbeiter, der Rest wird für einfache Arbeiten eingesetzt.

Page 92: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

91

Problembereiche und Handlungsfelder

Im Rahmen der Reorganisation wurde gezielt das Thema »Mehrfachqualifikation« beiden Mitarbeitern angegangen. Die Erfolge sind zwar sichtbar, es zeigen sich aberauch Grenzen: So enden die Mehrfachqualifikationen an den Teamgrenzen, aucheinfache Aufgaben werden bei Kapazitätsbedarf nicht intern »gehandelt«. Es stellensich zudem Fragen, die in der alten Struktur keine Rolle spielten: Wie wird mit »nichtweiter qualifizierbaren« Mitarbeitern umgegangen? Früher gingen ältere Mitarbeitertypischerweise in die Kontrollbereiche. Heute müssen diese Mitarbeiter bis zum»letzten Tag« an der Maschine arbeiten. Dies macht sich vor allem bei Umsetzungenund bei neuen Maschinen bemerkbar.

Weiterhin fragt sich die Produktionsleitung, wie »neue Themen« in die Firma bis nachunten zu tragen sind. Die gegenwärtigen Methoden der Wissensvermittlung sind zukomplex.

KooperationDas Unternehmen hat vielfältige Zulieferbeziehungen, bei denen zwei wesentlicheArten unterschieden werden: zum einen die Zulieferungen und Fremdvergaben, diedas Unternehmen vergeben muss, da es die entsprechenden Technologien gar nichtim Haus hat, und zum anderen die Zulieferungen und Fremdvergaben, die sich ausKapazitäts- bzw. Kostengründen ergeben. Dieser Bereich kann in zwei weitere Unter-bereiche aufgeteilt werden: in den Bereich, der kurzfristig der Kapazitätserweiterungdient (hier spielen dann Kostenüberlegungen eine untergeordnete Rolle), und in denBereich, der gezielt im Sinne einer Make-or-Buy-Entscheidung für einen längerenZeitraum, d. h. mindestens 4 bis 6 Monate, vergeben wird.

Im Bereich der Lieferantenauswahl sieht das Unternehmen vor allem das Problemkurzfristig einen ›richtigen‹ Lieferanten auswählen zu müssen, ohne eine genaueKenntnis der Rahmenbedingungen bei den Lieferanten zu haben. Hier wäre es hilf-reich, ein EDV-gestütztes Bewertungsinstrumente zur schnellen, strategie- undkompetenzbasierten Lieferantenauswahl zu haben. Dieses Instrument müsste nebentechnischen Aspekten auch weitere Kriterien zur Kooperationsfähigkeit regionalerund internationaler Partner berücksichtigen.

OrganisationAuf der obersten Ebene ist das Unternehmen nach den Funktionen Vertrieb,Konstruktion, Produktion und Finanzen gegliedert. Unterhalb dieser Funktionengibt es die beiden produktorientierten Sparten, die dann wieder in eine Art Matrix-organisation übergehen. Innerhalb der Sparten gibt es z.B. Fertigungsteams, dieproduktbezogen die Wertschöpfung erstellen. Unterstützende Bereiche sind nichtden Sparten zugeordnet, sondern stehen als Dienstleister allen zur Verfügung.

Das Unternehmen hat sich in den letzten Jahren reorganisiert. Die wesentlicheUmstellung war die von der Werkstattfertigung hin zu produktorientierten Teams.Dieses Prinzip ist jetzt zu 90 Prozent umgesetzt. Die kurzen Wege machen sich im

Page 93: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

92

Unternehmen durchweg positiv bemerkbar. Die Teamgröße geht von 5 bis12 Personen im Bürobereich, in der Fertigung von 8 bis über 30 Personen.

Die Liefertreue ist seit der Reorganisation (2002–2005) von unter 80 Prozent aufca. 90 Prozent gestiegen. Gleichzeitig wurde mit der gleichen Belegschaft der Umsatzum 40 Prozent gesteigert. Hierdurch ist das Unternehmen in vielen Bereichen anseine Kapazitätsgrenzen gestoßen. Erhebliche Probleme bereitet die Dispositionbestimmter Teile, da die früher einmal vereinbarten Lieferfristen nicht mehr gelten.Die Produktionsleitung würde gerne eine tägliche Disposition haben, was aus Kapazi-tätsgründen nicht immer geht. Im Augenblick kann es deshalb vorkommen, dass z.B.drei Tage nicht disponiert wird. Der Disponent erzeugt dann eine zusätzliche »Welle«,welche die Kundenschwankungen noch überlagert.

Da sich je nach zu fertigendem Produktionsprogramm die Engpässe im Unternehmenan unterschiedlichen Stellen darstellen, wünscht sich das Unternehmen eine bereichs-bzw. maschinenbezogene Kapazitätsflexibilisierung. Hier wurde bisher eine Samm-lung der Probleme durchgeführt; eine Lösung der Probleme gibt es zur Zeit nicht. DieGeschäftsleitung sieht hier einen wesentlichen Forschungsbedarf.

Page 94: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

93

Problembereiche und Handlungsfelder

Abbildung 24: Übersicht Hersteller von Spannzeugen und Antriebstechnik

Aussagen des Unternehmens:„Auslöser für eine Reorganisation war unsere schlechte Liefertreue (< 80%).“

„Der notwendige Abstimmungsaufwand zwischen Fertigungssteuerung, Teamleitern und Betriebsleitung ist sehr groß.“

„Die Versprechungen zur kapazitätsflexiblen Planung von EDV-Anbietern glauben wir nicht.“

„Die Beseitigung von (ständig neuen) Engpässen ist ein Dauerthema.“

„Ein simulierbares Auftragsnetz könnte wenigstens kommende Probleme und Engpässe aufzeigen.“

„Die kurzfristig ‚richtige Lieferantenauswahl‘ sollte EDV-gestützt gehen.“

„Die erheblichen Schwankungen der Auftragszugänge werden in der Bearbeitung durch Strecken von umfangreicheren Kundenaufträgen geglättet.“

„Leiharbeiter werden hauptsächlich für einfachere Arbeiten eingesetzt.“

Hersteller von Spannzeugen und Antriebstechnik

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Maschinenbauzulieferer

240

>300

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland, geringe Wertschöpfung im Ausland

Deutschland

Deutschland

Gering bis mittel

Schwerpunkt Kleinserie, etwas Mittelserie

Europa, Weltweit, stark USA

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

90%

Ab Lager bis 6 KW

Auftragsschwankungen Typ: 80 bis 130%

Mehr gewünscht

var. Arbeitszeit –80/+170, +Sa

Kapazitätsregelungen

Ca. 8%

Ja, ständige Aufgabe

Schwierig, ist ein erhebliches Problem

Produktionsorganisation Dezentrale Teams

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

Q

P

L

S

Page 95: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

94

4.2.9Hersteller von optischen Geräten

Das badische Unternehmen ist Teil einer weltweit agierenden Unternehmensgruppeund wurde 1963 gegründet. Hergestellt werden Infrarotspektrometer für wissen-schaftliche und industrielle Anwendungen; Infrarotspektrometer sind Standardpro-dukte, die sich durch eine Vielzahl von Varianten an die kundenindividuellen Bedarfeanpassen lassen. In dem Unternehmen arbeiten ca. 240 Beschäftigte; der Umsatz lag2006 bei ca. 104 Millionen Euro. Seit einigen Jahren wächst das Unternehmen inbezug auf Stückzahlen und Umsatz zweistellig; die Entwicklung für die nächste Jahrewird positiv eingeschätzt.

Der Markt für die Infrarotspektrometer wandelt sich: Zum einen stagnieren dieAbsatzchancen im wissenschaftlichen Bereich, so dass der Zuwachs bei den indus-triellen Kunden zu verzeichnen ist. Zum anderen legen die Kunden zunehmend Wertauf Serviceleistungen (Gesamtlösungen, permanente Verfügbarkeit etc.). Die Unter-nehmensziele richten sich auf weiteres Wachstum, insbesondere durch die Erschlie-ßung neuer Absatzmärkte, und den Ausbau des Serviceangebots, wo die Konkurrenzschon weiter ist.

PersonalIn den Kernbereichen wie Entwicklung, Montage und Endprüfung ist die Qualifika-tion der Beschäftigten hoch. In der Montage arbeiten vorwiegend Facharbeiter miteinschlägigen Ausbildungsberufen, in der Endprüfung Techniker und in der Entwick-lung technische Zeichner und Ingenieure. Mehrfachqualifikationen sind insofern vonBedeutung, da die Beschäftigten an mehreren Arbeitsplätzen eingesetzt werden.Trotz der hohen Qualifikationsanforderungen wird Weiterbildung eher geringgehalten und bedarfsorientiert durchgeführt. Zentrales Qualifizierungsinstrument istdas Learning-by-doing und – insbesondere bei den Ingenieuren – die Beteiligung anForschungsvorhaben. Da eine wesentliche Verantwortung für Weiterbildung bei denFührungskräften liegt, müssten diese Instrumente zur Verfügung haben, mit denensie besser mittelfristige Weiterbildungsplanung vornehmen können.

Ausgefeilte Arbeitszeitmodelle fehlen; die Regel sind feste Arbeitszeiten. Um diesaisonalen und Auftragsschwankungen auszugleichen, wird auf Überstundengesetzt, die mit Freizeit ausgeglichen werden; dieses Instrument deckt die Flexibili-tätsbedürfnisse ab.

KooperationZulieferbeziehungen bestehen zu über 200 Unternehmen; immer wieder tauchensowohl Liefertermin- als auch Qualitätsprobleme auf. Während diese Schwierigkeitenin den Griff zu bekommen sind, gibt es bei einigen Zulieferteilen nur einen Liefe-ranten, was bei Lieferproblemen zu enormen Herausforderungen führt. Hier sollenalternative Lieferanten aufgebaut werden. Zudem soll die Vielzahl der Lieferanten

Page 96: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

95

Problembereiche und Handlungsfelder

reduziert werden. Für beide Strategien sind Methoden und Instrumente zur Lieferan-tenbewertung und deren Kooperationsfähigkeiten erforderlich.

Darüber hinaus ist das Unternehmen angesichts der Marktsituation darauf ange-wiesen, seine Lieferzeiten zu verkürzen. Ein Ansatz hierfür wäre eine höhere Flexibi-lität seitens der Zulieferunternehmen. Die Voraussetzung wären passgenaue Organi-sationsmodelle für atmende Zulieferbeziehungen.

Vergabe von Aufträgen, etwa einzelner Baugruppen an Lieferanten, spielt für dasUnternehmen eine untergeordnete Rolle, weil Know-how-Verluste befürchtetwerden. Aufgrund der Übersichtlichkeit des Marktes kaufen die Konkurrenten beiden gleichen Zulieferern ein. Outsourcing geschieht deshalb nur bei unbedenklichenFertigungsaufträgen wie Beschichten oder Lackieren.

OrganisationDie Aufbauorganisation des Unternehmens ist klassisch und führt unterhalb derGeschäftsleitung nach Funktionen organisierte Abteilungen auf. Darüber hinausgehende Ansätze wie Profit Center, bei denen Probleme mit der Größe undden Zuordnungen bestehen, oder eine Matrixstruktur zeitigen nicht die gewünschtenErfolge. Auch wenn die Organisationsstruktur als grundsätzlich zufriedenstellendbewertet wird, sieht dass Unternehmen noch Veränderungsbedarf. Ähnliches gilt fürdie Arbeitsorganisation; hier sollen die Gruppen neu strukturiert werden, indemdas Strukturierungsprinzip Gruppen mit gleichen Aufgaben angewendet wird. DieBeschäftigten werden nach der Umstellung keinen festen Arbeitsplatz mehr haben,sondern müssen rotieren. Um diese Planungen ex ante optimieren zu können,müssten entsprechende Instrumente für die Bewertung der Strukturen und Abläufevorliegen.

Auftragsänderungen durch den Kunden kommen vor und beziehen sich in der Regelauf die Ausstattung der Geräte. Problematischer sind die Fehler, die in der Akquisiti-onsphase insbesondere bei den ausländischen Vertriebsunternehmen entstehen, woes aufgrund der Variantenvielzahl häufiger zu nicht zulässigen Gerätekonfigurationenkommt. Hier sind IT-gestützte Hilfsmittel erforderlich (Konfigurator).

Änderungen der Fertigungsaufträge, Maschinenstörungen oder Personalengpässesind ebenso wenig ein Thema wie Fehlmengen bei Fertigungsaufträgen. Etwasanders stellt sich die Situation in der Reihenfolgeplanung dar, bei der die entspre-chenden Software-Instrumente fehlen. Das Unternehmen kann bei der Reihenfolge-planung nicht »tief genug auflösen«, was beispielsweise bedeutet, dass nicht immerersichtlich ist, ob bestimmte optische Komponenten verfügbar sind oder nicht.

Page 97: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

96

In bezug auf die Fertigungssteuerung generell besteht der Wunsch nach einemPlanungstool, das die Fertigungssteuerung, und zwar von der Auftragsregistrierungbis zum Fertigungsstart, unterstützt. Kriterien sind u. a. Schnelligkeit, bessere Infor-mationen und Informationen auf einen Blick.

Abbildung 25: Übersicht Hersteller von optischen Geräten

Aussagen des Unternehmens:„Früher war der Lebenszyklus der Produkte deutlich länger.“

„Der Service wird eine immer größere Rolle spielen müssen.“

„Es ist völlig unklar, welche Varianten in einem Jahr bevorzugt geordert werden.“

„Bei der Reihenfolgeplanung besteht noch erhebliche Verbesserungsbedarf.“

„Einzelnen Lieferanten, sind wir bei Schwierigkeiten hilflos ausgeliefert.“

„Eine höhere Flexibilität seitens der Lieferanten würde uns viel helfen.“

„… ist nicht immer ersichtlich, ob bestimmte optische Komponenten, die der Kunde bestellt hat, vorhanden sind oder nicht.“

Hersteller von optischen Geräten

Branche (Schwerpunkt)

Mitarbeiterzahl desStandortes

Mitarbeiterzahl Gruppe

Produktionsstandorte(wesentlich)

Entwicklung

Wesentliche Zulieferer

Komplexität

Seriengröße

Schwerpunkt der Marktausdehnung

Messtechnik

240

>300

Leistungsportfolio Kundenbedürfnisse:

Deutschland, USA

Deutschland

Deutschland, Europa

Mittel bis groß

Kleinserie, Einzelfertigung

Weltweit

Termintreue

Typ. Lieferzeit

Mehrfachqualifikation

Leiharbeiter

Fremdvergabe

Feinsteuerung <--> PPS

80 bis 90%

6 bis 12 KW

Auftragsschwankungen Saisonal

Notwendig

var. Arbeitszeit Ja, „nach Bedarf“

Kapazitätsregelungen

Gering

Keine

Feinsteuerung von Hand

Produktionsorganisation Montageteams

Wichtigkeit für den Kunden

Differenzierung zum Wettbewerb

Q

P

L

S

Page 98: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

97

Problembereiche und Handlungsfelder

4.3 Zusammenfassung der empirischen Erhebung

Die Interviews wurden von Juli bis November 2007 vom Fraunhofer-Institut fürArbeitswirtschaft und Organisation und vom Lehrstuhl Wirtschafts- und Industrieso-ziologie der Technischen Universität Dortmund durchgeführt. In einer ersten Verdich-tung können die Aussagen der Unternehmen wie folgt zusammengefasst werden.

PersonalDie notwendige Qualifikation der Mitarbeiter steigt mit der Individualisierung derProdukte. Selbst der Büromöbelhersteller mit einem hohen Anteil gering qualifizierterBeschäftigter und der höchsten Leiharbeiterquote im Sample stellte fest: Je individua-lisierter seine Produkte werden, um so höher werden auch die Qualifikationsanforde-rungen an die Mitarbeiter.

Die Bedeutung von Mehrfachqualifikationen für die Sicherung der eigenen Flexibilitätwurde von den Gesprächspartnern durchgängig bestätigt, allerdings gab es auch eineReihe von Problemen: angefangen von der mangelnden Eignung bestimmter Mitar-beiter für Mehrfachqualifikationen bis zur Beurteilung welche Qualifikationen undKompetenzen die richtigen sind. Die Komplexität dieser Probleme steigt an, wenn einUnternehmen dieses Thema zusätzlich über Bereichsgrenzen hinweg betreibenmöchte.

Weiterbildung wurde von allen Unternehmen als äußerst wichtig eingestuft, gleich-zeitig wurde zu gestanden, dass die tatsächlich durchgeführte Weiterbildung nichtsehr umfangreich ist. Ausnahmen sind die Qualifizierungen bei umfangreichen Reor-ganisationen, wo inzwischen sehr viel in die Ausbildung der Mitarbeiter investiertwird. Teilweise wurden – ähnlich wie bei zurückhaltender Mehrfachqualifikation – mitder guten Konjunktur begründet: »Dafür fehlte uns einfach die Zeit«.

In den meisten Unternehmen kommen flexible Arbeitszeitmodelle zum Einsatz,die auch intensiv genutzt werden. Aufgrund des konjunkturellen Hochs sind imAugenblick praktisch keine Konten im Minus. Samstagsarbeit ist eine weit verbreiteteKapazitätsreserve für bestimmte Produkte bei Mitarbeitern mit bestimmten Qualifika-tionsprofilen ist sie quasi zum Normalfall geworden.

Widersprüchlich waren die Aussagen zur Motivation der Mitarbeiter bei Verände-rungsprozessen. Auf der einen Seite kamen Aussagen, dass die Unternehmensleitungnach angestoßenen Veränderungen in bestimmten Bereichen nicht schnell genug mitden weiteren Umsetzungen nachkommt. Auf der anderen Seite wurde diemangelnde Bereitschaft der Mitarbeiter zur Beteiligung an Veränderungsprozessenbeklagt.

Page 99: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

98

KooperationBei den befragten Unternehmen waren die Kooperationsbeziehungen relativ stabil.Ersichtlich war – aus verschiedenen Gründen – eine Zunahme der Kooperationsbezie-hungen in den letzten Jahren. Neue Kooperationen sind meist in der ersten Phaseproblembehaftet; dies ist sicher mit ein Grund, warum KMU auf stabile Kooperations-beziehungen setzen. Unsicherheiten zeigten die Unternehmen bei der Fragestellung,wie sie schnell einen neuen Lieferanten für neue Leistungen auswählen. Neben tech-nischen und kapazitiven Fragestellungen fehlen den Unternehmen frühzeitige Infor-mationen, ob ein Partner überhaupt »kooperationsfähig« ist.

Mehrfach wurde auf die unbefriedigende Zusammenarbeit mit internationalen Zulie-ferern und der Großindustrie als Zulieferer hingewiesen. Hier gab es zum Teil erheb-liche Probleme, insbesondere bei der Liefertreue und -qualität. Die meisten Unter-nehmen hatten Probleme, die eigene Liefersicht innerhalb eines recht komplexenZulieferernetzwerkes sicherzustellen. Vor allem bei mangelnder Liefertreue lag dieSchwierigkeit darin, dass das Fehlen der Teile meist erst bemerkt wurde, wenn siebenötigt wurden. Bei mangelnder Lieferqualität war eine typische Vorgehensweisedas Nacharbeiten im eigenen Haus, da nur so der Lieferverzug der eigenen Produkteeingegrenzt werden kann.

In der momentan sehr guten konjunkturellen Situation sind auch die meisten Zulie-ferer an ihren Kapazitätsgrenzen. Dies führt einerseits zu einer nahezu durchgängigschlechter werdenden Liefertreue der Zulieferer, andererseits können die Zuliefererden Wunsch der Unternehmen, dass durch die Zulieferer eigene Kapazitätsspitzenabgefangen werden, nicht nachkommen.

Als besonders schwierig stellt sich der Wunsch nach Entwicklungspartnerschaftendar. Hier fehlt es meist an entsprechenden Erfahrungen und dem Wissen, »wo undwie« man Partner für Entwicklungskooperationen findet.

OrganisationTypischerweise waren die Unternehmen mit ihrer Aufbauorganisation zufrieden, nurin wenigen Fällen wurde darauf hingewiesen, dass man im Einzelfall eine neue,zusätzliche Führungsfunktion besetzen möchte. Anders sah es mit der Ablauf- undArbeitsorganisation aus; hier wurden vom Großteil der Unternehmen wesentlicheÄnderungen gefordert oder – wenn diese schon beschlossen waren – angekündigt,wie beispielsweise von dem Hersteller von Falzmaschinen: »Die Umstellungen in derArbeitsorganisation werden drastisch werden.«

Eine Segmentierung ist bei den meisten Unternehmen vorgenommen worden(Ausnahme: die beiden kleinsten KMU), was bei den Unternehmen zu mehr Transpa-renz in den Abläufen geführt hat. Die Autonomie der Segmente ist begrenzt, wasmeist mit übergeordneten Zielsetzungen oder nur begrenzt verfügbaren Kompe-tenzen begründet wird. Gleichzeitig werden an den horizontalen und vertikalen

Page 100: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

99

Problembereiche und Handlungsfelder

Schnittstellen nahezu ständig Prozessoptimierungen und Verschiebungen vonAufgaben und Tätigkeiten vorgenommen, woraus man schließen kann, dass das Fest-legen des Autonomiegrades eher ein permanenter Lernprozess ist.

»Ziehende Systeme« über Prozessstufen und Bereichsgrenzen hinweg sind wenigrealisiert, wurden aber als Aufgabe für die Zukunft formuliert. Probleme bereitenmangelnde Erfahrungen mit solchen mehrstufigen Zugsystemen.

Auffallend war die Unzufriedenheit mit der Unterstützung im Bereich der Ablauforga-nisation. Das operative Auftragsmanagement wird bei den meisten Firmen miteigenen, relativ unflexiblen Instrumenten durchgeführt oder gleich manuell gemacht(Kunststoffproduzent: »Das geht schneller.«). Diese Vorgehensweise erfordert vonden verantwortlichen Personen viel Erfahrung und Prozesswissen und ist zudemfehleranfällig. Notwendige, vor allem bereichsübergreifende Harmonisierungenwerden mit einem großen Personalaufwand betrieben.

Eine unterstützende flexible Kapazitäts- und Personaleinsatzplanung haben diemeisten Unternehmen vermisst. Entweder wird mit den vorhandenen Instrumentengegen eine unendliche oder eine fixe Kapazität geplant. In beiden Fällen werden mitweiteren eigenen Instrumenten oder manuell die Ergebnisse dieser Planungsläufe andie Realität angepasst

4.4 Öffentlicher Diskurs

4.4.1Einführung und Beiträge der Industrie

Die ersten Ergebnisse der Voruntersuchung »Wandlungsfähige Organisation produ-zierender Unternehmen« wurden auf einer Diskursveranstaltung mit dem Titel»Organisatorische Wandlungsfähigkeit – Konzepte und Szenarien für produzierendeUnternehmen« am 20. November 2007 in Stuttgart vorgestellt. Die Ziele diesesDiskurses waren die Präsentation und Diskussion der vorliegenden Resultate, aberauch die Möglichkeit des Erfahrungsaustausches zwischen den Teilnehmenden sowie– in drei parallelen Workshops am Nachmittag – die Aufnahme von Forschungs- undTransferbedarfen.

Die Resonanz auf den Diskurs war äußerst positiv. Insgesamt nahmen an der Diskurs-veranstaltung über 100 Personen teil, von denen die Mehrheit aus Unternehmenkamen, so dass gewährleistet war, dass die Tagung nicht an den Bedürfnissen derPraxis vorbeiging. Mit knapp einem Drittel der Teilnehmenden stellten Forschungsein-richtungen und Hochschulen die zweitgrößte Gruppe; die restlichen Besucherverteilten sich auf Verbände, Unternehmensberatungen etc.

Page 101: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

100

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch ein Vortrag von Dr. Arne Simon (Bundesmi-nisterium für Bildung und Forschung, Referat Produktionssysteme und -technologien)über die bisherigen Aktivitäten in dem BMBF-Rahmenkonzept »Forschung für dieProduktion von morgen«. Einige Zahlen illustrieren den Erfolg des Rahmenpro-gramms: 39 Ideenwettbewerbe seit 1999, 282 Verbundprojekte mit annähernd1.800 Partnern und Zuwendungen in Höhe 403 Millionen Euro. Besonders hervor-zuheben sind hierbei die teilnehmenden kleinen und mittleren Unternehmen, die50 Prozent der Partner in den Verbundprojekten stellen. Im Rahmen der aktuellenHightech-Strategie der Bundesregierung stellte Simon das Programm »KMU inno-vativ« vor, mit dem Vorhaben von KMU in den Feldern Biotechnologie, Nanotechno-logie, IuK-Technologien, Produktionstechnologien sowie Technologien für dieRessourcen- und Energieeffizienz unterstützt werden.

Prof. Dr.-Ing. Dieter Spath (Fraunhofer IAO) präsentierte in seinem Vortrag die erstenErgebnisse der Voruntersuchung »Organisatorische Wandlungsfähigkeit – Konzepteund Szenarien für produzierende Unternehmen«. Ausgangspunkt seiner Darstellungwar die Frage, ob unter den heutigen Marktbedingungen Flexibilität für die produ-zierenden Unternehmen noch ausreichend sei. Grundsätzlich, so die Antwort, müssezu der Flexibilität noch die Wandlungsfähigkeit kommen, damit Unternehmen auchzukünftig im globalen Wettbewerb bestehen könnten. Während Flexibilität sichinnerhalb eines vorhandenen Korridors bewegt, geht Wandlungsfähigkeit über diebetrieblichen Systemgrenzen hinaus, so dass sich ein Unternehmen entsprechendseiner Erfordernisse auch strukturell verändert. Wandlungsfähigkeit kann grundsätz-lich an den drei Objekten Mensch, Organisation und Technik ansetzen, wobei ins-besondere der Mensch und die Organisation zentrale Ansatzpunkte für die Wand-lungsfähigkeit bilden.

Anschließend ging Spath auf den Stand der empirischen Erhebungen der Voruntersu-chung ein. Die bis dahin untersuchten acht Unternehmen kamen aus so unter-schiedlichen Branchen wie dem Werkzeugbau, der Druckindustrie, der Messtechnikoder der Büromöbelindustrie und bewegten sich hinsichtlich der Betriebsgrößezwischen 100 und 1.000 Beschäftigten; die Interviewpartner kamen aus derGeschäftsleitung und der operativen Auftragssteuerung. Außerdem wurden dieDaten der Erhebung »Modernisierung der Produktion«, die das Fraunhofer ISI regel-mäßig in über 1.600 Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes durchführt, aus-gewertet.

Seitens der Kundenanforderungen haben es die befragten Unternehmen zunehmendmit den Themen des Verhältnisses von Preis und Leistung, steigenden Qualitäts-anforderungen, der Lieferfähigkeit und des zunehmenden Wunsches nach Service-leistungen zu tun. Die Strategien, mit denen die Unternehmen auf diese Kundenan-forderungen reagieren, variieren und reichen vom global sourcing und preisgünstigerIndividualisierung der Produkte bei dem Thema Preis-Leistungs-Verhältnis über Quali-tätsmanagementsysteme und Lieferantenbewertungen bei dem Thema Qualitäts-

Page 102: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

101

Problembereiche und Handlungsfelder

anforderungen bis hin zu flexiblen Arbeitszeiten, Leiharbeit und Mehrfachqualifika-tionen bei dem Thema Liefertermintreue; dem Kundenwunsch nach mehr Servicewird vielfach durch schnelle Ersatzteilversorgung oder intensiven Beratungs- undProblemlösungsleistungen nachgekommen.

Die Betrachtung der drei zentralen Dimensionen der Voruntersuchung – Organisa-tion, Personal, Kooperation – ergab hinsichtlich der Dimension Personal die hoheBedeutung der Qualifikation für die Flexibilität und Wandlungsfähigkeit der Unter-nehmen. Mehrfachqualifikationen sind insbesondere bei dezentralen Organisations-strukturen unabdingbar, höhere Qualifikationen brauchen in besonderem Maße dieUnternehmen mit einem hohen Anteil kundenindividueller Produkte und mit höher-wertigen Produkten; im Umkehrschluss bedeutet das, dass Leiharbeit als Flexibilitäts-instrument bei hohen Qualifikationsanforderungen in der Produktion eine unter-geordnete Rolle spielt, und dass etwa Maschinenstillstände aufgrund fehlenderQualifikationen der Beschäftigten immer wieder vorkommen. Die Erhebung derFraunhofer ISI zeigt zudem, dass es in vielen Unternehmen aufgrund unausge-schöpfter Potentiale bei der Nutzung avancierter Formen der Gruppenarbeit nochSpielräume für die Erhöhung von Flexibilität und Wandlungsfähigkeit gibt.

Bei der Dimension Kooperation zeigen die Ergebnisse zunächst, dass die kleinen undmittleren Unternehmen immer weniger in der Lage sind, Produktinnovationen mitden eigenen Ressourcen zu »stemmen«. Ein weiterer Aspekt ist die Wertschöpfungs-tiefe; Wandlungsfähigkeit bedarf immer eines Mindestmaßes an eigener Wertschöp-fungstiefe. Hierfür leisten beispielsweise flexible Produktionskooperationen einewichtige Unterstützung für die Wandlungsfähigkeit der Unternehmen. Ein dritterAspekt betrifft die Zulieferbeziehungen, wo bei den befragten Unternehmenbeispielsweise häufigerProbleme mit internationalen Zulieferern auftauchten. Liefe-rantenbewertung kann hier Abhilfe schaffen, wird aber angesichts der zunehmendenIndividualisierung der Produkte, die wiederum enge Partnerschaften mit den Liefe-ranten erfordert, immer schwieriger. Die Zahlen der Produktionserhebung des Fraun-hofer ISI zeigen, dass hier bei vielen Unternehmen noch Optimierungsbedarf besteht;Produktionskooperationen werden derzeit von weniger als der Hälfte der befragtenUnternehmen genutzt.

Auch bei der Organisation als der letzten betrachteten Dimension zeigen sich Defi-zite. Zwar zeitigen die Dezentralisierungen in den Unternehmen durchaus positiveFolgen, aber es entstehen auch ein Mehr an Bereichegoismen oder Probleme mit derTerminsteuerung bei mehrstufigen Prozessketten. Darüber hinaus ließ sich erkennen,dass ziehende Systeme wie beispielsweise Kanban in den Unternehmen zwargewünscht, aber wenig verbreitet sind; das bestätigen die Ergebnisse der Produkti-onserhebung. Insgesamt zeigt sich bei dieser Dimension, dass die Anpassung derbetrieblichen Prozesse eine Daueraufgabe ist, wobei der Druck durch die Kunden einwesentlicher Faktor für den organisatorischen Wandel darstellt.

Page 103: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

102

Als Kontrapunkt zu den KMU-orientierten Ausführungen von Spath zeigte WolfgangPausch von der BMW Group, was Wandlungsfähigkeit für ein Großunternehmenam Beispiel eines wandlungsfähigen Arbeitssystems im BMW-Werk Landshut mit3.500 Beschäftigten bedeutet. Gemeinsam mit der Fraunhofer IAO legte BMW einProjekt auf, in dem es um die Konzeption von Methoden zur Gestaltung wandlungs-fähiger Arbeitssysteme und deren Bewertung sowie der pilothaften Anwendung inder Cockpitfertigung ging. Das Ziel war, zukünftig den Aspekt Wandlungsfähigkeitbei Planungen von Reorganisationsmaßnahmen systematisch zu berücksichtigen.

Im Anschluss an die Unterscheidung zwischen Flexibilität und Wandlungsfähigkeitvon Spath wird letzteres bei BMW als nachhaltige Veränderung definiert, die struktu-relle Anpassungen des Arbeitssystems erzwingt. Die Anpassungen beziehen sich aufdie Arbeitssystemelemente Organisation, Personal und Technik. Ausgelöst werdenWandlungsprozesse bei BMW durch eine Vielzahl von Faktoren wie beispielsweiseVeränderungen der Stückzahlen, Variantenvielfalt, veränderte Produktanforderungenoder neue Produkte, Fertigungsinnovationen oder Bedingungen des Arbeitsmarktesund der Arbeitspolitik.

Die erarbeitete Methodik mündet in eine so genannte Wandlungsmatrix mit denFaktoren Wandlungsauslöser und Arbeitssystemelemente, zwischen denen sich Wirk-zusammenhänge ergeben. Analysiert wird, wie welche Wandlungsauslöser aufeinzelne Arbeitssystemelemente wirken. So sind etwa bei Veränderungen der Stück-zahlen verschiedene Szenarien mit jeweils unterschiedlichen Folgen für die Arbeits-systemelemente denkbar: höhere Stückzahlen mit zunehmenden Unsicherheiten,höhere Stückzahlen mit saisonalen Ausprägungen oder sinkende Stückzahlen. Daraufaufbauend lassen sich Maßnahmen entwickeln (z. B. Umstellen der Produktionslo-gistik) und bewerten.

Insgesamt sieht Pausch für BMW die Notwendigkeit, das Thema Wandlungsfähigkeitin das BMW-Produktionssystem zu integrieren. Wünschenswert hierfür ist dieEntwicklung eines Tools, mit dem Wandlungsfähigkeit strukturiert in die Planungs-prozesse einfließen kann.

Aus der Sicht eines mittelständischen Maschinenbauzulieferers beleuchtet Dr. HolgerBuchner von dem Firma Ringspann GmbH das Thema der flexiblen Kapazitäts-steuerung. Ringspann beschäftigt bei einem Umsatz von ca. 45 Millionen Euro welt-weit ca. 300 Mitarbeiter und bietet Lösungen für die industrielle Antriebs- undSpanntechnik an. Ringspann hat ca. 5.000 Kunden, bietet 50.000 aktive Teile an undkennzeichnet sich durch eine hohe Wertschöpfungstiefe; die Fertigungsart lässt sichals Einzel- und Kleinserienfertigung bezeichnen.

Die aktuellen Herausforderungen, denen sich Ringspann stellen muss, liegen zumeinen in der Liefertermintreue, die unterhalb der Kundenwünsche liegt, und in den zulangen Lieferzeiten für nicht am Lager vorgehaltene Katalogprodukte. Zum zweiten

Page 104: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

103

Problembereiche und Handlungsfelder

kommen Probleme mit den Zulieferern von Ringspann hinzu, bei denen sich derzeitdie Lieferfristen verlängern. Drittens gibt es interne Kapazitätsprobleme in den derFertigung vorgelagerten Bereichen wie der Konstruktion oder aufgrund von Maschi-nenengpässen. Viertens nehmen die Änderungswünsche der Kunden in bezug aufMenge, Termin und Konstruktion zu. Insgesamt ist zu konstatieren, dass Ringspannnach fünf Jahren Unternehmenswachstum mit denen derzeitigen Strukturen weiteresWachstum nicht mehr bewältigen kann.

Ein Ansatz zur Bewältigung der Probleme ist die Flexibilisierung der Kapazitätssteue-rung. Aufgrund einer genauen Analyse einzelner Fertigungsbereiche ließen sichGesetzmäßigkeiten erkennen und Regeln ableiten, die zu einer flexibleren Kapazitäts-auslastung und damit zu kürzeren Durchlaufzeiten und Lieferterminen führen sollen.

Dennoch bleiben eine Reihe von Verbesserungsbedarfen bei Ringspann bestehen:Die beziehen sich auf die Lieferfähigkeit, die Vorausschau in bezug auf die Kapazi-tätsbedarfe und -angebote, die Steigerung der Flexibilität von Menschen undMaschinen sowie das Einbeziehen der Beschäftigten in den Prozess permanentenWandels. Bei den über Ringspann hinausgehenden Bedarfen sieht Buchner in ersterLinie Verbesserungen des Wissenstransfers. Diese beziehen sich zunächst auf dieÜbertragbarkeit vorhandener Steuerungskonzepte auf die Bedürfnisse der kleinenund mittleren Unternehmen, sodann fehlen vielen Konzepten die erforderlichenMethoden, die zudem selten für produktorientierte Organisationsformen geeignetsind, zur nachhaltigen Integration in das Unternehmen und zuletzt fehlen unterstüt-zende Instrumente für KMU bei der Auswahl, Einführung und Weiterentwicklung dervorhandenen Steuerungsinstrumente.

Den letzten Impulsvortrag hielt Dr. Rainer Wagner von dem BüromöbelherstellerTopstar GmbH. Das 1976 gegründete Unternehmen produziert mit etwa500 Beschäftigten 20.000 Drehstühle pro Tag und erreichte 2006 einen Umsatz von108 Millionen Euro; Beschaffung und Absatz erfolgen weltweit.

Der Büromöbelmarkt in Deutschland ist mit einem Gesamtvolumen von 1,5 Milli-arden Euro pro Jahr (Einkaufspreise) vergleichsweise klein und mit zehn Anbietern,die 80 Prozent des Volumens auf sich vereinigen, übersichtlich. Charakteristisch fürden Büromöbelmarkt sind seine saisonalen Schwankungen, wobei bei Topstar dieHauptumsätze im Herbst und Winter getätigt werden. Obwohl Topstar durchverschiedene Strategien versucht, diese saisonalen Schwankungen auszugleichen,existiert dennoch eine Diskrepanz bei den monatlichen Umsätzen von teilweise über100 Prozent.

Das zentrale Problem für Topstar bei dem Ausgleich der saisonalen Schwankungenliegt in der Personaleinsatzplanung. Während im Sommer teilweise eine 4-Tage-Woche ausreicht, muss im Winter ein 3-Schicht-Betrieb gefahren werden. WeitereAnforderungen, die aus den Saisonschwankungen resultieren, sind insbesondere ein

Page 105: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

104

äußerst flexible Lagerhaltung sowie eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Zuliefe-rern, die sich auf die saisonalen Schwankungen einstellen müssen.

Topstar versucht diesen Problemen mit drei Strategien zu begegnen. Zum einenwerden interne, vorrangig personalbezogene Maßnahmen vorgenommen. Dazuzählt zuvörderst eine weitere Flexibilisierung des bestehenden Jahresarbeitszeit-modells; hier kommt insbesondere die Wochenarbeitszeit ins Spiel, wobei im Sommervier Tage und im Herbst und Winter sechs Tage in der Woche gearbeitet werden. Zumzweiten werden Leiharbeitnehmer in der Fertigung eingesetzt; dabei wird eng miteiner Zeitarbeitsfirma kooperiert, um zu gewährleisten, dass Topstar immer die selbenLeiharbeiter zugewiesen bekommt, um die Einarbeitungszeit zu reduzieren. Drittenswerden die Anstrengungen forciert, bei den Fertigungsbeschäftigten der Stamm-belegschaft Mehrfachqualifikationen zu schaffen, um sie flexibler einsetzen zukönnen. Außerdem werden permanent das Forecasting und die Materialversorgungoptimiert.

Zum zweiten werden neue Marktstrategien verfolgt. Dazu zählt eine weitere Inter-nationalisierung der Absatzmärkte, um so die Chance zu erhöhen, durch andereSaisonverläufe (etwa in den USA oder Indien) die Schwankungsausschläge abzumil-dern. Hierzu werden neue OEM-Partner benötigt. Die dritte Strategie zielt auf dieLieferanten, die zunehmend die Lagerhaltung für Topstar übernehmen, außerdemihre teilweise vorhandenen Betriebsurlaube streichen und nicht zuletzt intensiver alsbisher in die Jahresplanung von Topstar einbezogen werden sollen.

Bislang sind in bezug auf eine Glättung der saisonalen Schwankungen die Erfolgenicht in dem erhofften Umfang eingetreten. Während man früher in starkem Maßevon Aktionen großer Discounter im Segment Drehstühle für den Privathaushaltabhängig war, hat der Rückzug aus diesem Geschäft und die Hinwendung zu demhöherwertigen Objektbereich mit gewerblichen Kunden nicht zu einer Abflachungder Saisonkurve geführt. Das bedeutet für die Zukunft, dass zum einen die interneOrganisation noch stärker als bisher zu einer atmenden werden muss, und dass zumanderen eine Optimierung und ständige Überwachung und Anpassung der gesamtenZulieferkette erfolgen muss.

4.4.2Workshop Personal und Personalinstrumente

Der Relevanz des Themas Personal und Personalinstrumente für die Wandlungsfähig-keit produzierender Unternehmen wurde durch den Workshop 1 »Personal undPersonalinstrumente« dokumentiert. Moderiert wurde der Workshop durch Prof. Dr.Hartmut Hirsch-Kreinsen und Dr. Jörg Abel vom Lehrstuhl Wirtschafts- und Industrie-soziologie der Technischen Universität Dortmund. Die Teilnehmenden des Workshopsstammten mehrheitlich aus Unternehmen, aber auch aus Verbänden, Unternehmens-beratungen und wissenschaftlichen Einrichtungen.

Page 106: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

105

Problembereiche und Handlungsfelder

Eingeleitet wurde der Workshop durch ein Impulsreferat von Jörg Abel, in dem dieersten Ergebnisse der bisherigen Projektarbeit, insbesondere der empirischen Erhe-bungen, präsentiert wurden. Zusammenfassend lassen sich vier Problemfeldererkennen: (1) Qualifikation: Generell wurde die Notwendigkeit höherer Qualifika-tionen der Beschäftigten, insbesondere auch Mehrfachqualifikationen, konstatiert.Dies hätte positive Auswirkungen auf die Flexibilität und Wandlungsfähigkeit derUnternehmen. (2) Weiterbildung: Auf der einen Seite betonten die befragten Unter-nehmensvertreter vor dem Hintergrund der Anforderungen an höhere Flexibilität undWandlungsfähigkeit die Bedeutung von Weiterbildung, beispielsweise im Rahmenvon Prozess- und Produktinnovationen, auf der anderen Seite besteht eine Diskre-panz zwischen Anspruch und Realität, die durchaus selbstkritisch eingeräumt wird.(3) Arbeitszeit: Die befragten Unternehmen weisen in der Mehrzahl flexible Arbeits-zeitmodelle auf, mit denen sie ihre aktuellen Flexibilitätsanforderungen weitgehendbewältigen können. Gleichwohl existieren sowohl Probleme mit den bestehendenModellen als auch Wünsche nach weitergehenden Arbeitszeitformen (Jahresarbeits-zeit, Lebensarbeitszeit), die nicht zuletzt als Voraussetzung für Wandlungsfähigkeitgesehen werden. (4) Motivation und Beteiligung der Beschäftigten: Angesichts derhohen Dynamik in den Unternehmen in bezug auf tiefgreifende Wandlungsprozessekam bei einigen Unternehmensvertretern die Klage auf, dass sich bestimmte Beschäf-tigtengruppen nicht aktiv beteiligen würden.

In der anschließenden Diskussion wurden die Ergebnisse der bisherigen empirischenErhebung grundsätzlich bestätigt, jedoch legten einige Teilnehmende Wert darauf,dass die Schwierigkeiten der Unternehmen eigentlich schon bei dem Erkennen deserforderlichen Flexibilitäts- und Wandlungsbedarfs hätten. Konkret meint dies, dasszunächst in den Unternehmen sich darüber Klarheit verschafft werden muss, welchenBedarf an Flexibilität und Wandlungsfähigkeit sie überhaupt haben. Dies ist deshalbvon besonderer Relevanz, damit Unternehmen nicht in eine »selbstverschuldeteFalle« laufen, wie es ein Teilnehmer formulierte. Manche Unternehmen fühlen sichnicht zuletzt angesichts der öffentlichen Diskussion unter Druck gesetzt, alles zu tun,um wandlungsfähig zu werden, ohne dass hierfür marktliche oder betriebliche Erfor-dernisse bestehen würden. Bestehen Notwendigkeiten an höherer Flexibilität undWandlungsfähigkeit, sind Instrumente zu entwickeln, die die Unternehmen zurErmittlung ihres spezifischen Bedarfs nutzen können. Dazu können beispielsweisePrognosetools, Szenarien, Benchmarks oder Good-Practice-Beispiele dienen. Wichtigbei deren Entwicklung sind nach Ansicht der Teilnehmenden die folgenden Leitlinien:

– Früherkennung ist wichtiger als Reaktion!– Die Instrumente müssen schnell erlern- und einsetzbar sein und schnelle Analyse-

ergebnisse erbringen.– Die Instrumente müssen den Bedingungen der Unternehmen, insbesondere denen

der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), angepasst sein. Deshalb müssensie die begrenzten Ressourcen von KMU berücksichtigen wie knappe Finanzen,

Page 107: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

106

wenig Zeit, geringe personelle Mittel oder unter Umständen nicht ausreichendemanagerielle Kompetenzen.

Bezogen auf die vier in die Diskussion eingebrachten Schwerpunkte kamen bei derDimension Qualifikation zwei entgegengesetzte Positionen zur Sprache. Auf dereinen Seite wurde von einigen Teilnehmenden dafür plädiert, die Arbeitssysteme sozu gestalten, dass die Problematik der steigenden Anforderungen an (Mehrfach-)Qualifikationen zumindest reduziert werden kann. Das Ziel sind somit »einfacheArbeitssysteme« mit entsprechend geringen Qualifikationsanforderungen an dieMehrzahl der Beschäftigten. Auf der anderen Seite wurde die Position vertreten, dassein hohes Qualifikationsniveau der Beschäftigten wichtig sei und man eher darauf hinwirken müsse, dieses Qualifikationsniveau zu erreichen, zu sichern und zu erhöhen.Hier wurde deshalb sowohl die Entwicklung eines Konzepts für Mehrfachqualifika-tionen als auch Maßnahmen zur Unterstützung bei der Verbreitung bisher insbeson-dere bei Fertigungsbeschäftigten noch nicht so gängiger Instrumente wie struktu-rierte Mitarbeitergespräche oder Zielvereinbarungen angeregt. Gerade in bezug aufZielvereinbarungen kam der Hinweis, dass diese durchaus ein Instrument seinkönnten, um die Wandlungsfähigkeit quasi »in den Köpfen« der Beschäftigten zuverankern. Einer mittleren Position ist der Gedanke zuzurechnen, dass zu entwi-ckelnde »Springerkonzepte« einen Kompromiss zwischen einer generellen Höher-qualifizierung großer Belegschaftsteile und dem Weg der Implementierung einfacherArbeitssysteme sein könnten.

Die aus den Befragungen resultierende Erkenntnis einer Diskrepanz zwischenAnspruch und Wirklichkeit in bezug auf die betriebliche Weiterbildung bestätigte sichauch in den auf diesen Aspekt bezogenen Diskussionsbeiträgen. Als Gründe wurdendie fehlenden betrieblichen Rahmenbedingungen, und hier insbesondere die Zeit-knappheit, gerade in KMU angesprochen. Die Vorschläge zur Verbesserung dieserSituation konzentrierten sich einerseits auf die gesellschaftliche Ebene, auf der eingesellschaftliches Leitbild von Weiterbildung zu etablieren sei, und zum anderen aufdie konkrete betriebliche Ebene, für die in Umkehrung der bisher häufig anzutref-fenden Praxis, dass Jüngere von Älteren lernen, auch die älteren von den jüngerenBeschäftigten lernen sollten, die vielfach über das aktuellere Wissen verfügen.

Auch bei der Dimension Arbeitszeit stießen unterschiedliche Auffassungen aufei-nander. Einerseits wurde von einigen Diskutanten sehr deutlich gemacht, dassArbeitszeitflexibilisierung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität derUnternehmen eine zentrale Voraussetzung sei, andererseits gab es eine Reihe vonÄußerungen, die Arbeitszeitflexibilisierung nicht zu weit zu treiben. Arbeit auf Abruf,wie dies in einigen Unternehmen schon praktiziert wird, könne demzufolge nicht derrichtige Weg sein. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass das »Lebensumfeld« derBeschäftigten (Kinderbetreuung, öffentliche Verkehrsmittel etc.) Grenzen für sehrweitreichende Arbeitszeitflexibilisierungsmodelle setzt; hier müsse es zunächst darumgehen, Arbeitszeit für die Beschäftigten planbar zu machen. Hierfür sind Arbeitszeit-

Page 108: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

107

Problembereiche und Handlungsfelder

planungsinstrumente insbesondere auf die Bedingungen von KMU zuzuschneidenund ihnen bekannt zu machen; außerdem sollten Möglichkeiten geschaffen undInstrumente dafür bereitgestellt werden, damit Arbeitszeit stärker von den Beschäf-tigten selbst organisiert werden kann. Darüber hinausgehend wurde – wie auch zumTeil von den befragten Unternehmensvertretern – der Wunsch geäußert, die Ausei-nandersetzung mit dem Thema Lebensarbeitszeitkonten mit seinen Vorzügen undProblemen zu intensivieren, weil hier Potentiale für eine höhere Flexibilität und Wand-lungsfähigkeit lägen.

Das letzte der in dem Impulsvortrag angesprochenen Themen lautete Motivation undBeteiligung der Beschäftigten. Auch hier wurde die Relevanz von Teilnehmendengrundsätzlich bestätigt. Interessanterweise sahen die Diskutanten das Problemfehlender Mitarbeiterbeteiligung in vielen Unternehmen nicht in erster Line bei denBeschäftigten; diese seien vielfach durchaus bereit, Wandel mitzutragen. Das eigent-liche Problem ist bei den Führungskräften zu sehen, die von einigen Beiträgern als»Bottleneck« im Veränderungsprozess und als »zu abgehoben« charakterisiertwurden, wobei gleichzeitig zugestanden wurde, dass die Führungskräfte einenSpagat schaffen müssten zwischen der Bewältigung ihrer täglichen Arbeit und denAnforderungen, die Veränderungsprozesse mit sich brächten. Hier wäre dafür Sorgezu tragen, dass die Motivierung der Beschäftigten, sich in Reorganisationsmaß-nahmen aktiv einzubringen, zum »Kerngeschäft« von Führungskräften wird. Hierfürsind die erforderlichen Instrumente und Methoden bereitzustellen, um Führungs-kräfte dabei zu unterstützen, den Beschäftigten die Notwendigkeit von Wandlungs-fähigkeit zu vermitteln.

Über die bisherigen Anregungen hinaus kamen einzelne, zu den bisherigen Themenquer liegende Vorschläge, die sich unter die Kategorie Sonstiges fassen lassen. Hierzuzählt zunächst der Anstoß, das Thema der ganzheitlichen Produktionssysteme nicht –wie bisher verbreitet diskutiert – primär auf die Produktion zu fokussieren, sondernauch Lösungen zu entwickeln, die die produktionsnahen und Verwaltungsbereicheeines Unternehmens stärker einbeziehen; dies ist primär ein Aspekt der Organisation.Ein zweiter relevanter Aspekt wurde von einigen Teilnehmenden in der Frage derdemographischen Entwicklung gesehen, die zunehmend für die Unternehmen drän-gender werde.

4.4.3Workshop Zwischenbetriebliche Kooperationen

Der zweite Workshop behandelte mit dem Thema »Zwischenbetriebliche Koopera-tion« ein weiteres Schwerpunktthema, das in den Experteninterviews der Vorunter-suchung »Wandlungsfähige Organisation produzierender Unternehmen« als zentralfür die Sicherstellung und Verbesserung der zukünftigen Wandlungsfähigkeit derjeweiligen Unternehmen eingeschätzt wurde. Moderiert wurde der Workshop durchDr. Steffen Kinkel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI).

Page 109: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

108

Die Workshopteilnehmer waren mehrheitlich Unternehmensvertreter, aber auch Inte-ressierte aus Beratungseinrichtungen und wissenschaftlichen Institutionen.

Dr. Kinkel stellte zunächst in einem Impulsreferat die wesentlichen Ergebnisse derbisherigen Arbeiten im Rahmen der Voruntersuchung vor. Demnach zeigen Auswer-tungen der ISI-Erhebung Modernisierung der Produktion 2006 bei 1.663 Betriebendes Verarbeitenden Gewerbes (vgl. Kapitel 4.1), dass Produktionskooperationen mitanderen Unternehmen insgesamt dazu genutzt werden können, die Produkt- undVariantenflexibilität zu verbessern. Zur Verbesserung der Lieferflexibilität scheinendagegen insbesondere Produktionskooperationen mit Partnern aus dem eigenenregionalen Umfeld geeignet, mit denen aufgrund der räumlichen und kulturellenNähe sehr flexible und verlässliche Beziehungen aufgebaut werden können. Dabeiwerden Produktionskooperationen derzeit von weniger als der Hälfte der Firmengenutzt. Größere Betriebe mit 250 und mehr Beschäftigten kooperieren insgesamtetwas häufiger, während kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit weniger als250 Beschäftigten stärker auf Partner aus der eigenen Region setzen.

Die im Rahmen der Voruntersuchung durchgeführten Experteninterviews bestätigendiese Ergebnisse. Wandlungsfähigkeit muss demnach nicht nur eine Eigenschafteines einzelnen Unternehmens, sondern eine Eigenschaft des gesamten Netzwerkssein. Die Sicherstellung der Lieferfähigkeit in einem komplexen Lieferantennetzwerkist jedoch eine enorme Herausforderung insbesondere für KMU, für die noch keineadäquaten Lösungen und Steuerungsinstrumente existieren. Insbesondere internatio-nale Zulieferer und manchmal auch die Großindustrie als Zulieferer bereiten zum Teilerhebliche Probleme, wenn es darum geht, die notwendige Lieferflexibilität und-treue einzuhalten. Die befragten Experten kommen zu dem Schluss, dass wand-lungsfähige Strategien, die eine hohe Lieferflexibilität oder eine hohe Individualisie-rung der Produkte erfordern, stärker als andere Strategien auf flexible und engeProduktionskooperationen, insbesondere mit verlässlichen Partnern aus der eigenenRegion angewiesen sind.

In der anschließenden Diskussion wurden die aus den empirischen Erhebungenherausgearbeiteten bisherigen Forschungs- und Transferbedarfe grundsätzlich be-stätigt. Dabei wurde zunächst betont, dass es auch für das Eingehen und Betreibenzwischenbetrieblicher Kooperationen zur Unterstützung der betrieblichen Wand-lungsfähigkeit zentral ist, dass alle Mitarbeiter motiviert sind, die entsprechendenKonzepte voranzutreiben, und dafür auch ausreichend qualifiziert sind. In diesemKontext ist es auch wichtig, das Spannungsfeld zwischen der geforderten Flexibilität(»flexibility«) und die für die Motivation der Belegschaft hilfreiche Sicherheit(»security«) sinnvoll auszutarieren und Lösungen zu schaffen, um diese Balance imSinne einer »flexicurity« sicherstellen und aufrecht erhalten zu können. Diese perso-nalen Aspekte wurden in dem Workshop »Personal und Personalinstrumente«bearbeitet, so dass an dieser Stelle nur festzuhalten bleibt, dass die Motivation und

Page 110: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

109

Problembereiche und Handlungsfelder

Qualifizierung der Mitarbeiter für Kooperationen ein zentraler Erfolgsfaktor auf demWeg zu einer wandlungsfähigen Organisation ist.

Ein wesentlicher, von den Workshopteilnehmern eingebrachter und stark betonterAspekt zum Aufbau von Kooperationen zur Unterstützung der Wandlungsfähigkeitist das Erkennen und die flexible Vergabe einfacher, nicht kernkompetenzrelevanterFertigungs- und Entwicklungsaufgaben an andere Partnerunternehmen. Punkte,die hier explizit angesprochen wurden, betrafen den Abbau von »Hemmschwellen«zur Kooperation bei Forschung und Entwicklung und den Abbau von Ängsten, auch»08/15«-Entwicklungsleistungen an externe Partner zu vergeben. Demgegenübersteht die teilweise berechtigte Angst vor Know-how-Verlust, insbesondere beiEntwicklungskooperationen mit ausländischen Partnern, und die Notwendigkeit,diese Risiken systematisch bewerten und managen zu können. Vermisst werden indiesem Kontext geeignete Werkzeuge, die rasch und verlässlich helfen zu bewerten,welche Entwicklungsleistungen ohne die Gefahr eines Know-how-Verlustes outge-sourct werden können und für welche Leistungen auch weiterhin Ankopplungs- undProzesskompetenzen vorgehalten werden müssen. Als sinnvoll wird zudem erachtet,entsprechende »Good practice«-Beispiele von bei Entwicklungskooperationen erfah-renen Unternehmen zu sammeln und die Vorgehensweisen und Erfolgsfaktoren fürdie Bedarfe der KMU herauszuarbeiten. Diese Bedarfe wurden von den Teilnehmernin der abschließenden Priorisierung am höchsten gewichtet.

Stark unterstützt wurde von den Workshopteilnehmern auch der Befund, wonach dieSicherstellung der Lieferfähigkeit in komplexen Lieferanten-Netzwerken für einedauerhafte Wandlungsfähigkeit unabdingbar ist, insbesondere KMU aber nach wievor vor große Probleme stellt. Komplexitätssteigernd wirkt hier, dass Zulieferbezie-hungen zunehmend nicht mehr überwiegend als Ketten (»supply chains«) modelliertwerden können, sondern in ihrer Gestalt mehrheitlich verschachtelte Netzwerke(»supply nets«) darstellen. Flexible Win-win-Zuliefererkooperationen, bei denen alleSeiten durch flexiblere Auftragserfüllung und damit höhere Kundenzufriedenheit und-bindung profitieren, sind leider nicht die Regel. Machtasymmetrien mit größerenUnternehmen sowie große geografische und kulturelle Distanzen zu ausländischenPartnern beschneiden nicht selten die erschließbaren Potentiale erheblich. Hierbesteht noch grundlegender Methoden- und Gestaltungsbedarf. Gefragt sind hiergeeignete Referenz- und Steuerungskonzepte, die es auch KMU mit ihren begrenztenpersonellen und Management-Kapazitäten erlauben, komplexe »supply nets« sicherzu koordinieren und flexibel entsprechend der jeweiligen Kundenwünsche undMarktbedingungen auszulasten. Dieser Bedarf hatte in der abschließenden Gewich-tung die zweithöchste Priorität.

Bestätigt und betont wurde von den Workshopteilnehmern auch, dass es für dieSicherstellung der betrieblichen Wandlungsfähigkeit wichtig und notwendig ist, inlängerfristig aufgebauten Zuliefererbeziehungen flexibel »atmen« zu können. EinHauptproblem ist hier, dass längerfristig outgesourcte Kompetenzen häufig intern

Page 111: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

110

verlorengehen und es dann, wenn die Markt- oder Zuliefererbedingungen es erfor-dern würden, nicht mehr möglich ist, diese Leistungen temporär oder längerfristigwieder im eigenen Hause zu erbringen (»einzuatmen«). In vielen Bereichen ist dasPrinzip der »verlängerten Werkbank« daher nicht praktikabel, da die für wandlungs-fähige Strategien erforderlichen Fähigkeiten zum Kapazitätsausgleich (»Prozesskom-petenz«) oder zur Kompetenzergänzung (»Ankopplungskompetenz«) mittelfristigempfindlich beschnitten werden. Eine notwendige Voraussetzung ist also eine ausrei-chend hohe und bewusst beibehaltene Wertschöpfungstiefe, um die gefordertenAnkopplungskompetenzen weiterhin halten zu können. Sehr hilfreich wären hier fürdie Belange der KMU geeignete Organisationsmodelle, die es erlauben, »atmende«Zuliefererkooperationen – insbesondere mit regionalen Partnern – unter Beibehal-tung einer hohen eigenen Wertschöpfungstiefe aufzubauen, ohne dazu wirklichkostspielige Überkapazitäten vorhalten zu müssen. Hier werden sowohl geeigneteReferenzmodelle vermisst als auch gute Erfolgsbeispiele, aus denen KMU für dieeigene Organisationsgestaltung lernen können.

Des Weiteren gaben die Workshopteilnehmer zu bedenken, dass es oftmals nichteinfach ist, geeignete Partner für flexible und »atmende« Zulieferer- und Produkti-onskooperationen zu finden und ihre Flexibilität und Kooperationsfähigkeit einzu-schätzen, auch im regionalen Umfeld. Auch in diesem Punkt wurden damit die Ergeb-nisse der empirischen Voruntersuchung bestätigt. Viele Unternehmen habenErfahrungen gemacht, wonach sie bei der Partnersuche nicht einschätzen konnten,wie flexibel der jeweilige Betrieb auf geänderte Rahmenbedingungen zu reagieren inder Lage ist oder auch wie offen er sich in längerfristigen Beziehungen für geänderteKonstellationen zeigt. Unterstützen könnten hier geeignete Methoden, die KMUhelfen, auf Basis zentraler Kriterien der Wandlungsfähigkeit rasch und dennoch eini-germaßen verlässlich bereits vorab einschätzen zu können, welche potenziellenPartner sich als offen und damit »kooperationsfähig« genug erweisen könnten, umdie geforderten Anforderungen an Anpassungsfähigkeit in gemeinsamen Netzwerk-beziehungen mittragen zu können.

Schließlich wurde über die in der empirischen Voruntersuchung erarbeiteten Ergeb-nisse hinaus von den Workshopteilnehmern ein weiterer Aspekt eingebracht undbetont. Demnach ist es gerade für KMU oftmals sehr schwierig abzuschätzen, welcheTechnologien zukünftig für sie eine hohe Relevanz erlangen werden und welchepotenziellen externen Partner hier nutzbare Kompetenzen aufgebaut haben. Schwie-rigkeiten bereitet hier zunächst das Erkennen wichtiger technologischer Trends undihrer potenziellen Auswirkungen für das eigene Geschäft. Zum anderen ist es trotzoder gerade wegen der zunehmenden digitalen Informationsdichte sehr schwierigfür KMU, Suchstrategien und -verfahren für das Auffinden der geeigneten technolo-gischen Kompetenz zu implementieren. Gefordert wurden von den Workshopteilneh-mern daher geeignete Werkzeuge mit »Radarfunktion« für die zukunftsorientierteTechnologie-Trendanalyse. Diese Tools sollten auch gleichzeitig Suchstrategien und-kriterien für die strukturierte Suche nach kompetenten externen Partnern bereit-

Page 112: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

111

Problembereiche und Handlungsfelder

stellen. Letzterer Aspekt könnte gegebenenfalls auch durch geeignete Beratungsan-gebote oder Kompetenzzentren unterstützt werden, deren Leistungen spezifisch fürdie Bedarfe der KMU zu konzipieren wären. Dieser neu eingebrachte Bedarf wurdevon den Teilnehmern in der abschließenden Bewertung mit der dritthöchsten Prioritätversehen.

4.4.4Workshop Prozessorientierte Organisation

Der Workshop wurde von Peter Rally vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaftund Organisation (IAO) moderiert. Viele der Teilnehmer kamen aus kleinen und mitt-leren Unternehmen, aber auch aus Verbänden und wissenschaftlichen Einrichtungen.In einem Einführungsreferat hat Herr Rally die bisherigen Ergebnisse und Erfahrungenvorgestellt. Als Leitbild wurde festgehalten: Eine prozessorientierten Organisationfolgt in ihrem strukturellen Aufbau den notwendigen betrieblichen Prozessen.Aus den Befragungen der Unternehmen lassen sich drei wesentliche Felder für dieDiskussion erkennen. Erstens: Die Firmen, die in der Untersuchung wesentlichekundenorientierte Effekte erzielt hatten, hatten typischerweise Segmentierungen inunterschiedlichen Ausprägungen vorgenommen, so dass die Frage gestellt werdenkann, ob Segmentierungen die Grundlage für eine prozessorientierte Organisationdarstellen. Innerhalb dieser Fragestellung wurde auch die vertikale Kooperation imUnternehmen diskutiert, welche Kompetenzen mit welcher Ausprägung zentralbzw. dezentral zu installieren sind. Zweitens: Nahezu alle besuchten Unternehmenhatten Probleme bei der Steuerung ihrer Produktionsbereiche, mit zunehmendenSchwierigkeiten bei mehrstufigen Prozessketten. Bei einem Wandel in der Organisa-tion steigen die Aufwände in diesem Bereich erheblich. Drittens: Auch bei erfolgrei-chen Projekten und Strategien vermissen die Unternehmen Methoden und Instru-mente, die sie bei Schwankungen, Veränderungen und erst recht bei einem Wandelunterstützen können.

Die Diskussion wurde von einem Teilnehmer mit einem Fallbeispiel seines eigenenUnternehmens begonnen, in dem er von dem Segmentierungsprozess, den Schwie-rigkeiten und Erfolgen berichtete. Als wesentliche Elemente der erfolgreichenWeiterführung der Segmentierung bezeichnete dieser Teilnehmer die Kompetenzund Qualifizierung der Mitarbeiter und die Ergebnisverantwortung in denSegmenten. Die hierauf aufbauende Diskussion hatte folgende Themen zum Inhalt:

Gruppen- und Teamarbeit als wesentliches arbeitsorganisatorisches Element derSegmentierung: Sehr unterschiedliche Auffassungen gab es zur Autonomie derSegmente und Gruppen. Je nach betrieblicher Ausgangslage werden einzelne Funk-tionen in einigen Unternehmen zentral, in anderen Unternehmen dezentral besetzt.Besondere Vor- bzw. Nachteile konnten nicht identifiziert werden. Einigkeit bestandjedoch darin, dass für eine Gestaltung der prozessorientierten Organisation immerder Gesamtprozess zu betrachten sei (ganzheitlicher Ansatz) und die administrativen

Page 113: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

112

Funktionen so nahe wie möglich an die operativen Bereiche angegliedert werdensollen. Eine Unterstützung bei der Festlegung dezentraler Funktionen wärewünschenswert, wird jedoch als schwierig umsetzbar angesehen. Die Autonomie derSegmente führt in den Unternehmen häufig zu »Bereichsegoismen« mit Problemenin der Auftragsabwicklung bis zum Personaleinsatz. Genannt wurde hier die Notwen-digkeit, durchlässige Organisationsmodelle zu entwickeln, in denen dennoch immeralle Kompetenzen und Funktionen zur Auftragsbearbeitung vorhanden sind.

Als Sonderthema wurde der Bereich Lieferantenintegration behandelt, zu dem eseinen eigenen Workshop »Zwischenbetriebliche Kooperation« gab. Der Schwerpunktim Zusammenhang mit der prozessorientierten Organisation waren in der Diskussiondie Themen der Fremdvergabe und Zulieferung. Hier wurde eine intensive Diskussionüber die Vergabe von Aufgaben diskutiert, wenn es sich um eine Kernkompetenzhandelt. Einig waren sich die Teilnehmer darüber, dass eine Lieferantenbeziehung ineinem längeren Prozess aufgebaut werden muss, als Zeitraum wurde ca. ein Jahrgenannt. Für schwierige Prozesse und Teile hätten die Firmen gerne mehr als einenZulieferer, aber gerade dann ist ein zusätzlicher Aufbau nicht einfach. Als Erfolgs-kriterium für einen schnellen Wandel wurde die Integration der Zulieferer in dieUnternehmensprozesse genannt, also »wie einen eigenen Prozess handhaben«. Umbei Outsourcing dem Problem des Verlustes von Kernkompetenzen zu begegnen,wurde die Innovationsgeschwindigkeit genannt: Wenn eine Technologie nach außenvergeben wird, sollte die »nächste Generation« bereits in Arbeit sein, so dass dasUnternehmen mit seiner Kernkompetenz und seinen Produkten immer einen Innova-tions- und Marktvorsprung hat.

Die angestrebte Selbstorganisation der Segmente stellt sich im Tagesgeschäft fürkleinere und mittlere Unternehmen schwierig dar, da auf der einen Seite häufig über-geordnete Zielsetzungen den Eingriff in dezentrale Abläufe erforderlich machen,andererseits auch die notwendigen Kompetenzen für eine Selbstorganisation in denSegmenten nicht richtig ausgebildet sind. Neben der Steigerung der (Methoden-)Kompetenz der Mitarbeiter wird hier eine konsequente Ausrichtung und Steuerungder Selbstorganisation über Regeln und Richtwerte an den Zielen und Strategien desUnternehmens als Lösungsansatz angesehen, um auch dezentral Wandel betreibenzu können. Ebenfalls zum Thema der Selbstorganisation wurde der Bereich Auto-nomie in der Steuerung gesehen, dem auch die IT-Unterstützung für Steuerungenzugeordnet werden kann; hierunter wurde die Kapazitäts- und Personaleinsatzpla-nung verstanden. Eine IT-Unterstützung der Steuerungen von Segmenten für dasTagesgeschäft ist offensichtlich nicht oder nur mit »Eigenentwicklungen« vorhanden.Die individuellen Anforderungen der kleinen und mittleren Unternehmen sind nichtoder nur in Ansätzen in den käuflichen Instrumenten abbildbar. Hilfreich könnenInformationssysteme sein, die zumindest mehr Transparenz in der Datensicht bringen.

Dezentrale Segmente sind grundsätzlich gut geeignet, Veränderungen im Sinne einesWandels voranzutreiben, Schwierigkeiten haben die Unternehmen mit den dezen-

Page 114: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

113

Problembereiche und Handlungsfelder

tralen Einheiten jedoch im Bereich der innerbetrieblichen Kommunikation. DerAbstimmungsaufwand horizontal und vertikal steigt, so dass es zu Informationsver-lusten kommt. Lösungsansätze wie »Regeltermine zwischen den Segmenten«bringen zwar Verbesserungen, erhöhen allerdings den Aufwand noch mehr und sindim Ergebnis dennoch unvollständig.

Moderne Systeme zum Aufbau von Regelkreisen intern, mit anderen Segmenten undnach außen werden mit Ausnahme von Ansätzen bei Kanban-Regelkreisen nichtdurch die vorhandenen Systeme unterstützt.

Ein weiteres Thema war für die Unternehmen die Frage, ob die derzeitigen Strukturenund Abläufe im Sinne der Notwendigkeit für Wandel beurteilt bzw. bewertet werdenkönnen. Meist werden Defizite erst dann bemerkt, wenn die Strukturen und Abläufesich bereits weit von einem Optimum entfernt haben.

Bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Wandel wurde intensiv über Top-Down-und Bottom-Up-Strategien diskutiert. Wann muss der operative Bereich, zumindestmit Informationen, in den Wandel einbezogen werden oder wie werden notwendigeVeränderungen kommuniziert, waren typische Fragestellungen dieser Diskussion, diezeigte, dass eine Kombination von Top-Down- und Bottom-Up-Vorgehen die bestenErgebnisse erzielen dürfte. Einigkeit bestand weiterhin in der Nutzung des Wissensder Mitarbeiter, um Fehler bei Wandlungsmaßnahmen zu vermeiden. Da jedes Unter-nehmen von einer individuellen Ausgangsposition in den Wandel startet, könnenkeine direkten Vorgehensweisen definiert werden. Um das Thema besser greifen zukönnen, gliederte sich die Diskussion in die Themen Führungskonzepte für denWandel und Beteiligungskonzepte für den Wandel. Bei den Führungskonzeptenwurde für »einfache Instrumente« zur Unterstützung der Umsetzung eines strategi-schen Gesamtkonzeptes plädiert, wobei die Betonung auf »einfach« mehrfachwiederholt wurde, da es bereits genügend »Strategiekonzepte« gibt, aber Unterstüt-zungen für kleinere und mittlere Unternehmen, die sich keine Strategieabteilungenaußer dem Chef leisten, fehlen. Ähnlich wurde bei den Beteiligungskonzepten argu-mentiert: Hier fehlt es den kleinen und mittleren Unternehmen an Instrumenten, umden Prozess des Wandels zu begleiten, die Mitarbeiter adäquat zu coachen undunternehmensindividuell auf Besonderheiten zu reagieren. Dieser Punkt derfehlenden Instrumente zur Unterstützung des Wandels beim Einführungs- undUmsetzungsprozess wurde von den Teilnehmern in der Priorisierung am höchstengewichtet.

SchlussworteDr. Simon vom BMBF hob am Ende der Veranstaltung hervor, dass die aufgezeigtenHandlungsfelder in den Unternehmen und den Workshops daraufhin zu analysierensind, ob es sich um Transferbedarf oder neue Forschungsfelder handelt.

Page 115: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

114

Professor Spath vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation gabhierzu zu bedenken, dass sich der Forschungsbedarf auch an einer Topologie derUnternehmen und Handlungsfelder orientieren sollte, dass vor dem Hintergrund derunterschiedlichen Treiber der künftig notwendige Zeitfaktor noch nicht ausreichendbeleuchtet ist und dass die Unternehmen ihre Wandlungsfähigkeit in Zukunft szena-rienorientiert an Wandlungsmanövern erproben sollen.

Page 116: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

115

5Fazit

Die Voruntersuchung hat gezeigt, dass wesentliche Handlungsfelder der organisato-rischen Wandlungsfähigkeit auf die Bereiche

– Personal und Personalinstrumente,– zwischenbetriebliche Kooperationen und– prozessorientierte Organisation

zu beziehen sind.

In diesem Kapitel wird aufgezeigt, wo Handlungsfelder eher im Sinne eines nochnicht erfüllten Transferbedarfes von vorliegenden Erkenntnissen einzuordnen sindund wo es sich um neuen Forschungsbedarf in diesen Bereichen handelt.

Zu betonen ist, dass die hier aufgeführten, analytisch getrennten Dimensionen mit-einander verbunden sind; es wird somit eine ganzheitliche Betrachtungsweiseverfolgt. Bei allen Interviews in den Unternehmen und bei dem Diskurs in Stuttgartwurden immer wieder die engen Verknüpfungen der eigenen Organisation mit denProzessen der Zulieferer und die personalen Einflussfaktoren bei organisatorischenVeränderungen aufgezeigt.

Zu den im Folgenden genannten Forschungs- und Transferbedarfen gibt es noch eineReihe von Fragestellungen, die unabhängig von den drei Dimensionen formuliertwerden können. So ist zunächst in einer generellen Perspektive zu klären, wie dieUnternehmen ihre Bedarfe an Flexibilität und Wandlungsfähigkeit überhaupterkennen können und welche Rolle die Schnelligkeit von Wandel künftig einnimmt,m.a.W.: Wie wichtig wird der Zeitfaktor? Bedeutet dies die Entwicklung neuerMethoden und Instrumente für die organisatorische Wandlungsfähigkeit? Weiterhinstellt sich die grundsätzliche Frage, wie Unternehmen Wandel im Sinne von »Wand-lungsmanövern« üben können. Zwar wurden hierzu Hinweise in den Vorträgen aufdem Stuttgarter Diskurs gegeben, aber dennoch bleibt die Frage unbeantwortet, wiekönnen diese für KMU praktikabel angewendet werden können.

Personal und PersonalinstrumenteDer Mensch gilt als der entscheidende Erfolgsfaktor für die Umsetzung der Flexibili-täts- und Wandlungsanforderungen und damit – angesichts des turbulentenMarktgeschehens – auch für den Unternehmenserfolg. Dies bestätigt sowohl dieAufarbeitung der bisherigen Forschungsvorhaben als auch die eigene empirischeUntersuchung in ausgewählten Unternehmen. Insbesondere die betrieblichen Erhe-bungen haben gezeigt, dass die Unternehmen auf wachsende Flexibilitäts- undWandlungsanforderungen reagieren müssen, die u. a. aus der zunehmenden Indivi-dualisierung der Produkte, der größeren Kundennähe, den steigenden Kooperations-herausforderungen oder dem wachsenden Termindruck resultieren. Hierfür fehlenden Unternehmen vielfach die geeigneten Methoden und Instrumente, um die Mitar-beiter entsprechend zu qualifizieren, die notwendigen Bedingungen für den flexiblen

Page 117: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

116

Personaleinsatz zu schaffen oder die Mitarbeiter zu motivieren, sich aktiv den betrieb-lichen Veränderungsprozessen zu beteiligen.

TransferbedarfEin zentrales Problem für die Unternehmen ist das Thema Weiterbildung. Zwar wirdvon den meisten betrieblichen Gesprächspartnern konzediert, dass Weiterbildung fürdie Unternehmen ein wichtiger Aspekt der Personalpolitik darstellt, zugleich wirdjedoch zugegeben, dass die notwendige Aufmerksamkeit fehlt. Weiterbildung wirdnicht systematisch genug betrieben, die zeitlichen und finanziellen Spielräume sindnicht vorhanden und zudem fehlen gerade in den kleinen und mittleren Unter-nehmen auch die personellen Voraussetzungen in den Personalabteilungen. Insge-samt ist diese konstatierte Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit nicht neu;dennoch ist angesichts der Vielzahl existierender Konzepte und Instrumente, die fürdie betriebliche Weiterbildung entwickelt wurden, ein Transferbedarf zu erkennen.Dies bezieht sich insbesondere auf die Vermittlung geeigneter Instrumente (Train-the-Trainer etc.), aber auch auf eine Verankerung eines gesellschaftlichen Leitbildes vonWeiterbildung. Denn vielfach erfährt das Thema, allen Beteuerungen zum Trotz, nichtdie gebührende Aufmerksamkeit, weil Weiterbildung (»lebenslanges Lernen«) nochnicht tief genug in dem Bewusstsein der Führungskräfte verankert ist.

Insbesondere seit den neunziger Jahren werden verschiedene Führungsinstrumentewie Zielvereinbarungen oder Mitarbeitergespräche intensiv diskutiert. Diese Instru-mente können den Weg eines Unternehmens zu einem flexiblen und wandlungs-fähigen Unternehmen unterstützen, da sie den Beschäftigten Beteiligungs- undKommunikationschancen einräumen. Auch hier ist jedoch in der Praxis der kleinenund mittleren Unternehmen ein Defizit festzustellen, das teilweise aus einer Unwis-senheit und teilweise aus fehlenden Implementierungsstrategien herrührt. Hier giltes, die vorhandenen Instrumente auf die spezifischen Bedingungen von KMU aus-zurichten, Überzeugungsarbeitarbeit zu leisten und Unterstützung bei der Implemen-tierung zu leisten.

Flexible und wandlungsfähige Organisationen lassen sich nur mit Unterstützung derbetroffenen Mitarbeiter realisieren; dies bestätigt auch die Aufarbeitung der vorhan-denen einschlägigen Projekte. Gleichwohl ist in den Unternehmen immer wieder fest-zustellen, dass die Mitarbeiterbeteiligung ein Problem darstellt. Unternehmenslei-tungen klagen über die mangelnde Bereitschaft und Motivation der Beschäftigten, anbetrieblichen Reorganisationsmaßnahmen aktiv mitzuwirken. Die Gründe hierfürliegen zum einen bei den Mitarbeitern, die aus Altersgründen Veränderungen skep-tisch gegenüberstehen oder schon zu viele und erfolglose Reorganisationsprozesseüber sich ergehen lassen mussten, und zum anderen bei den Führungskräften, dienicht in der Lage sind, die Mitarbeiter entsprechend zu motivieren und einzubinden.Hier gilt es, die existierenden Verfahren und Methoden der Mitarbeiterbeteiligungden Unternehmen näher zu bringen.

Page 118: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

117

Fazit

ForschungsbedarfAnschließend an den letzten Punkt des Transferbedarfs ist jedoch in bezug auf dasThema Mitarbeiterbeteiligung ein Forschungsbedarf zu vermerken, der sich auf dieFührungskräfte als Vermittler betrieblichen Wandels bezieht. Sowohl in den Betriebs-erhebungen als auch auf der Diskursveranstaltung wurde betont, dass Führungs-kräften teilweise die geeigneten Methoden und Instrumente fehlen, den Mitarbeiterndie Notwendigkeit von Wandel zu vermitteln, sie in diese Wandlungsprozesse einzu-beziehen und entsprechend mit den Mitarbeitern zu kommunizieren. Hierfür bedarfes einerseits genauerer Untersuchungen über die Ursachen und andererseits dieEntwicklung von Konzepten und Instrumenten für die Führungskräfte.

Ein immer wieder diskutiertes Thema während der Voruntersuchung war die Notwen-digkeit von Mehrfachqualifikationen. Die Existenz von Mehrfachqualifikationen etwabei den Fertigungsbeschäftigten wird von vielen Unternehmensvertretern alsentscheidender Flexibilitätsvorteil gesehen, wenn beispielsweise Änderungen in derReihenfolgeplanung oder der Einsatz an anderen Maschinen notwendig sind.Unterstützt werden sollen die Mehrfachqualifikationen durch entsprechende organi-satorische Maßnahmen, wobei etwa die Gruppenarbeit inzwischen schon ein fastklassisches Modell darstellt. Hiermit verbunden ist das Thema eine weiteren Dezen-tralisierung in den Unternehmen. Erhebt man unternehmensseitig den Anspruch,Entscheidungsspielräume aus Flexibilitätsgründen »nach unten« zu verlagern,werden Mehrfachqualifikationen (i. S. des Beherrschen einer breiten Palette fachlicherQualifikationen) allein nicht mehr ausreichen. Für die höhere Autonomie müssendie Beschäftigten auch die entsprechenden extrafunktionalen Qualifikationen(Kommunikationsfähigkeit etc.) aufweisen. Wie Mehrfachqualifikationen in jeweilsspezifischen Kontexten auszusehen haben und wie sie vermittelt werden, bedarfweiterer Forschungsanstrengungen.

Als Alternative zu dem schwierigen Weg des Aufbaus von Mehrfachqualifikationenbreiter Teile der Belegschaften wurde vorgeschlagen, Konzepte zu entwickeln, diebestehenden, zum Teil äußerst komplexen Arbeitssysteme wieder zu vereinfachen,um so auch weniger qualifizierten Beschäftigten eine Chance zu geben und dieUnternehmen von Aufwendungen in die Qualifizierung zu entlasten. Aber auchhierfür fehlen derzeit angemessene Konzepte.

Der Ruf nach größerer Personaleinsatzflexibilität ist immer deutlicher zu vernehmen;die Arbeitszeiten sollen sich nach den Bedürfnissen der Produktion richten. DasProblem aus Arbeitnehmersicht scheint dabei jedoch vielfach zu sein, dass die Flexibi-litätsanforderungen einseitig zu Lasten der Beschäftigten gehen. Hierfür gilt es,Konzepte der Work-Life-Balance zu entwickeln, die auch den Mitarbeitern Flexibili-tätsspielräume eröffnet.

Flexibilität gewinnen viele Unternehmen derzeit durch den Einsatz flexibler Arbeits-zeitmodelle (Arbeitszeitkonten etc.). Doch vereinzelt wurden in den Interviews Forde-

Page 119: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

118

rungen nach noch weitergehenden Flexibilisierungen laut. Die Wünsche gingen in dieRichtung einer Lebensarbeitszeit. Zwar wird dieses Konzept in der öffentlichenDiskussion immer häufiger erwähnt, aber es fehlen aus der Sicht der betrieblichenPraktiker für kleine und mittlere Unternehmen geeignete Konzepte.

Zwischenbetriebliche KooperationenDie empirischen Untersuchungen haben gezeigt, dass viele KMU ein umfangreichesProduktionsnetzwerk betreiben. Vielfältige Kunden- und Lieferantenbeziehungenexistieren in nahezu allen Fällen, unabhängig von der Position des Unternehmens inder Wertschöpfungskette. Auch Zuliefer- und Abnehmerbeziehungen mit anderenStandorten des eigenen Unternehmens sind, zumindest bei größeren KMU, häufigePraxis. Produktionskooperationen mit anderen Unternehmen jenseits von marktlichenLieferantenbeziehungen, beispielsweise zum unternehmensübergreifenden Kapazi-tätsausgleich, werden dagegen derzeit von weniger als der Hälfte der Firmengenutzt. Dabei setzen KMU stärker als größere Unternehmen auf Partner aus dereigenen Region.

Viele dieser Netzwerkbeziehungen, insbesondere mit internationalen Zulieferern oderder Großindustrie, sind mit mehr oder weniger großen Problemen behaftet. Ange-fangen von unsicheren Bevorratungsebenen, unzureichender Flexibilität der Partnerbis zu Qualitäts- oder Kommunikationsproblemen werden diese Netzwerke mit einemrelativ großen Aufwand betrieben, ohne dass die Probleme zufriedenstellend gelöstsind. Die Sicherstellung der Lieferfähigkeit in einem komplexen Lieferantennetzwerkist eine enorme Herausforderung insbesondere für KMU, für die noch keineadäquaten Lösungen und Steuerungsinstrumente existieren. Das heißt Wandlungsfä-higkeit ist nicht nur eine notwendige Eigenschaft für das eigene Unternehmen,sondern muss eine Eigenschaft des gesamten Netzwerks sein.

TransferbedarfBei vielen KMU existieren noch immer große »Hemmschwellen« zur Kooperation beiForschung und Entwicklung. Auch bei einfachen Entwicklungsleistungen ohne Kern-kompetenzrelevanz tun sich noch viele Betriebe schwer, diese an externe Partner zuvergeben. Demgegenüber steht die teilweise berechtigte Angst vor Know-how-Verlust, insbesondere bei Entwicklungskooperationen mit ausländischen Partnern.Als hilfreich gewünscht wird hier, entsprechende »Good-practice«-Beispiele von beiEntwicklungskooperationen erfahrenen Unternehmen zu sammeln und die Vorge-hensweisen und Erfolgsfaktoren für die Bedarfe der KMU herauszuarbeiten.

Des Weiteren ist es gerade für KMU oftmals sehr schwierig abzuschätzen, welcheTechnologien zukünftig für sie eine hohe Relevanz erlangen werden und welcheExterne hier bereits nutzbare Kompetenzen aufgebaut haben, um sich diese flexibelaneignen zu können. Schwierigkeiten bereitet hier neben dem Erkennen der wich-tigsten technologischen Trends an sich insbesondere das Auffinden kompetenterpotenzieller Partner, trotz oder gerade wegen der zunehmenden digitalen Informati-

Page 120: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

119

Fazit

onsdichte. Dieses Defizit könnte gegebenenfalls durch geeignete Beratungsangeboteoder Kompetenzzentren unterstützt werden, deren Leistungen spezifisch für dieBedarfe der KMU zu konzipieren wären.

ForschungsbedarfKMU könnten weitere Potentiale der Wandlungsfähigkeit erschließen, wenn siezuverlässig in der Lage wären, einfache und nicht kernkompetenzrelevante Ferti-gungs- und Entwicklungsaufgaben zu erkennen und flexibel an andere Partnerunter-nehmen zu vergeben. Demgegenüber steht die Notwendigkeit, die Risiken einespotenziellen Know-how-Verlusts, insbesondere bei Entwicklungskooperationen mitausländischen Partnern, systematisch bewerten und managen zu können. Vermisstwerden in diesem Kontext geeignete Werkzeuge, die rasch und verlässlich helfen zubewerten, welche Entwicklungsleistungen ohne die Gefahr eines Know-how-Verlustes outgesourct werden können und für welche Leistungen auch weiterhinAnkopplungs- und Prozesskompetenzen vorgehalten werden müssen.

Experten und Unternehmensvertreter sind sich einig, dass die Sicherstellung derLieferfähigkeit in komplexen Lieferanten-Netzwerken für eine dauerhafte Wand-lungsfähigkeit unabdingbar ist, insbesondere KMU aber nach wie vor vor großeProbleme stellt. Komplexitätssteigernd wirkt hier, dass Zulieferbeziehungen zuneh-mend nicht mehr überwiegend als Ketten (»supply chains«) modelliert werdenkönnen, sondern in ihrer Gestalt mehrheitlich verschachtelte Netzwerke (»supplynets«) darstellen. Machtasymmetrien mit größeren Unternehmen sowie großegeografische und kulturelle Distanzen zu ausländischen Partnern beschneiden zudemdie erschließbaren Potentiale erheblich. Hier besteht noch grundlegender Methoden-und Gestaltungsbedarf. Gefragt sind geeignete Referenz- und Steuerungskonzepte,die es auch KMU mit ihren begrenzten personellen und Managementkapazitätenerlauben, komplexe »supply nets« sicher zu koordinieren und flexibel entsprechendder jeweiligen Kundenwünsche und Marktbedingungen auszulasten.

Zur Sicherstellung der betrieblichen Wandlungsfähigkeit ist es darüber hinaus wichtigund notwendig, in längerfristig aufgebauten Zuliefererbeziehungen flexibel »atmen«zu können. Ein Hauptproblem ist hier, dass längerfristig outgesourcte Kompetenzenhäufig intern verlorengehen und es dann, wenn die Markt- oder Zuliefererbedin-gungen es erfordern würden, nicht mehr möglich ist, diese Leistungen wieder imeigenen Hause zu erbringen (»einzuatmen«). In vielen Bereichen ist das Prinzip der»verlängerten Werkbank« daher nicht praktikabel, da die für wandlungsfähige Stra-tegien erforderlichen Fähigkeiten zum Kapazitätsausgleich (»Prozesskompetenz«)oder zur Kompetenzergänzung (»Ankopplungskompetenz«) empfindlich beschnittenwerden. Eine notwendige Voraussetzung ist eine ausreichend hohe und bewusstbeibehaltene Wertschöpfungstiefe, um die geforderten Ankopplungskompetenzenweiterhin halten zu können. Sehr hilfreich wären hier für die Belange der KMU geeig-nete Organisations- und Referenzmodelle, die es erlauben, »atmende« Zuliefererko-operationen – insbesondere mit regionalen Partnern – unter Beibehaltung einer

Page 121: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

120

hohen eigenen Wertschöpfungstiefe aufzubauen, ohne dazu kostspielige Überkapa-zitäten vorhalten zu müssen.

Des Weiteren ist es für viele Betriebe nicht einfach, geeignete Partner für flexibleZulieferer- und Produktionskooperationen zu finden und ihre Flexibilität und Koope-rationsfähigkeit vorab verlässlich einzuschätzen, auch im regionalen Umfeld. DieErfahrungen zeigen, dass es in der Phase der Partnersuche äußerst schwierig ist zubewerten, wie flexibel der jeweilige Betrieb auf geänderte Rahmenbedingungen zureagieren in der Lage ist oder wie offen er sich in längerfristigen Beziehungen fürgeänderte Konstellationen zeigen könnte. Unterstützen könnten hier geeigneteBewertungsmethoden, die KMU helfen, auf Basis zentraler Kriterien der Wandlungs-fähigkeit rasch und dennoch einigermaßen verlässlich bereits vorab einschätzen zukönnen, welche potenziellen Partner sich als offen und damit »kooperationsfähig«genug erweisen könnten, um die geforderten Anforderungen an Anpassungsfähig-keit in gemeinsamen Netzwerkbeziehungen mittragen zu können.

Schließlich ist es für viele KMU sehr schwierig zu erkennen, welche technologischenTrends hohe Auswirkungen auf das eigene Geschäft haben könnten und daher gege-benenfalls ein hohes Maß an Wandlungsfähigkeit erfordern. Gefordert wurden dahergeeignete Werkzeuge mit »Radarfunktion« für die zukunftsorientierte Technologie-Trendanalyse. Diese Tools sollten gleichzeitig in der Lage sein, Suchstrategien und-kriterien für die strukturierte Suche nach kompetenten externen Partnern bereitzu-stellen und mit geeigneten Vorgehensweisen zu unterstützen.

Prozessorientierte OrganisationEine prozessorientierte Organisation folgt dem Leitbild, dass sich der strukturelleAufbau eines Unternehmens an den notwendigen betrieblichen Prozessen orientiert.Unternehmen müssen also organisatorische Methoden und Abläufe finden, welchedie Prozessorientierung unabhängig von Bereichs- und Abteilungsstrukturen in denVordergrund stellen. In diesem Themenfeld sind sowohl die strukturellen aufbauorga-nisatorischen als auch die ablauf- und arbeitsorganisatorischen Fragestellungenverankert. Die empirischen Untersuchungen haben gezeigt, dass die Unternehmenständig ihre betrieblichen Prozessen optimieren, dass allerdings entsprechende struk-turelle organisatorische Veränderungen in größeren Abständen erfolgen; ob hierbeiimmer die Prozessorientierung im Vordergrund steht, ist offen. Um Prozessorientie-rung umzusetzen, ist Segmentierung offensichtlich ein Erfolgsbaustein für KMU,wobei die eigentliche Segmentierung die radikalste Umstellung im Sinne von Wandelfür ein Unternehmen ist. Die weiteren organisatorischen Veränderungen passen dieAufbau- und Ablauforganisation den jeweiligen Marktanforderungen und perso-nellen Möglichkeiten des Unternehmens an.

Page 122: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

121

Fazit

TransferbedarfDie Unternehmen gaben immer wieder Hinweise, dass es auch nach als erfolgreicheingestuften Veränderungen zu erheblichen Kommunikationsschwierigkeiten sowohlhorizontal als auch vertikal kommt. Diese Schwierigkeiten werden mit einem er-heblichen Aufwand an zusätzlicher Regelkommunikation und zusätzlicher IT-Unter-stützung angegangen. Betrachtet man die Möglichkeiten zur Kommunikationsunter-stützung, die aus den Projekten zum Projektmanagement, simultaneous engineeringusw. zur Verfügung stehen, kann in diesem Handlungsfeld von einem Transferbedarfausgegangen werden.

Die logistische Verknüpfung von Bereichen z. B. mit Kanban-Regelkreisen bereitetimmer noch erhebliche Schwierigkeiten. So kommt es weiterhin vor, dass Regelkreisein ungeeigneten Bereichen implementiert werden. Zudem gibt eine Vielzahl vonUnternehmen, denen trotz der vorliegenden Erkenntnissen zum Aufbau und zurDimensionierung von Regelkreisen keine Übertragung auf das eigene Unternehmengelingt. Demzufolge ist hier ein Transferbedarf für spezifische Branchen und Prozess-fertiger zu konstatieren. Hier könnten Good-Practice-Beispiele und entsprechendeBeratungsangebote weiterhelfen.

ForschungsbedarfGruppen- und Teamarbeit ist das wesentliche arbeitsorganisatorische Element derSegmentierung. Eine Kernfragestellung ist die Bestimmung des Autonomiegrades derSegmente bzw. Gruppen innerhalb eines Unternehmens. Gerade in KMU kann nichtjedes Segment mit allen Kompetenzen so ausgestattet werden, dass es nahezuautonom agieren kann. Die Festlegung zwischen zentralen und dezentralenProzessen ist oft nicht gegeben und führt zu unklaren Zuständigkeiten. Um hierbeinicht nur in einem Lernprozess zu entsprechenden Strukturen zu kommen, sindInstrumente notwendig, mit denen aus den operativen Aufgaben und den notwen-digen Prozessen Hinweise zur Bestimmung des Autonomiegrades dezentraler Organi-sationseinheiten abgeleitet werden können.

In den meisten Diskussionen wird Wandel als Unternehmensaufgabe dargestellt. DieUnternehmen, die schon erhebliche Veränderungen durchgesetzt haben, sehen einenzunehmend Bedarf an Wandlungsfähigkeit in dezentralen Einheiten. Hier stellt sichdie Frage, wie Wandel in dezentralen Einheiten initiiert und umgesetzt wird. Es istzum Teil unklar, ob es für Wandlungsschritte standardisierte Vorgehensweisen gebenmuss, oder ob im Sinne eines schnellen Wandels eher Prozessbewertungen hilfreichsind. Um einen notwendigen Wandel nicht »zu verschlafen«, wünschen sich dieUnternehmen Instrumente zur Bewertung von Strukturen und Abläufen. Hier sindallerdings keine klassischen Benchmarks gemeint, sondern unternehmensspezifischeBewertungsmuster, die bis auf die dezentralen Einheiten heruntergebrochen werdenkönnen und Hinweise für notwendigen Wandel liefern.

Page 123: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

122

Eine wesentliche Fragestellung ist: »Wie leitet ein Unternehmen den Wandel ein undwie wird er umgesetzt?« Die Unternehmen vermissen Strategien zur Umsetzung vonWandel. Angefangen von den Fragestellungen, welche Prozesse Top-Down undwelche Bottom-Up gefahren werden sollen, bis hin zu der Unterstützung desGesamtprozesses werden Hilfsmittel und Instrumente vermisst.

Im Rahmen der Voruntersuchung wurde ein erheblicher Bedarf an Lösungskonzeptenzur flexiblen Kapazitäts- und Personaleinsatzplanung festgestellt. Typischerweisefindet man hier »selbstgestrickte« Instrumente mit erheblichen Mängeln in der Hand-habung und den Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Ebenso wird die operativeUmsetzung einer flexiblen Kapazitäts- und Personaleinsatzplanung im Tagesgeschäftmit einem erheblichen Aufwand an Personalressourcen betrieben, die sich um dieoperative Feinplanung wie tatsächliche Maschinenbelegung, Abstimmung über denBereich hinaus usw. kümmern.

Wandel und Notwendigkeit für Wandel wird wesentlich von den Kundenanforde-rungen an der Lieferschnittstelle getrieben. Mit kurzen Durchlaufzeiten undmodernen ziehenden Prozessketten haben die Unternehmen zunehmend dieMöglichkeit, die Art ihrer Auftragsabwicklung auch unter Gesichtspunkten der Lager-haltung von Fertig- und Halbfertigprodukten zu gestalten. Hieraus könnenGeschäftsstrategien an der Kundenschnittstelle im Sinne von Lagerfertigung oderDirektlieferung – auch über mehrere Prozessketten hinweg – neu gestaltet werden.Instrumente und Hilfsmittel zur Festlegung und Gestaltung von Geschäftsstrategienin diesem Sinne fehlen.

Page 124: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

123

6Zitierte und weiterführende Literatur

Abel, J.; Campagna, S.; Hirsch-Kreinsen, H. (Hrsg.) (2006): Skalierbare Organisation –Überlegungen zum Ausgleich von Auftragsschwankungen. Soziologisches Arbeits-papier 17. Dortmund

Böhle, F.; Bolte, A. (2002): Die Entdeckung des Informellen. Der schwierige Umgangmit Kooperation im Arbeitsalltag, Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag,ISBN: 3-593-37143-X

Brödner, P.; Kötter, W. (1999): Frischer Wind in der Fabrik, Berlin: Springer Verlag,ISBN: 3-540-65545-X

Brödner, P.; Knuth, M. (Hrsg.) (2002): Nachhaltige Arbeitsgestaltung – Trendreportszur Entwicklung und Nutzung von Humanressourcen, München/Mering: RainerHampp Verlag, ISBN: 978-3-87988-663-0

Bullinger, H.-J., Schweizer, W. (1990): Wechselwirkungen zwischen Arbeitsorganisa-tion und Arbeitszeitmanagement. In: Flexible Arbeits- und Betriebszeiten: Gestaltungund Einführung. Tagungsbericht 23.-24. Januar 1990, München (1990)

Bullinger, H.-J. u. a. (Hrsg.) (2003): Neue Organisationsformen im Unternehmen.Ein Handbuch für das moderne Management, 2., neu bearb. und erw. Aufl. Berlin:Springer Verlag, 2003, ISBN: 3-540-67610-4

Bullinger, H.-J.; Schweizer, W. (2005): Intelligent production competition strategiesfor producing enterprises, Pasquino, R.: 18th International Conference on ProductionResearch 2005: »The networked enterprise: a challenge for a sustainable develop-ment«; abstracts; July 31 – August 4, 2005, University of Salerno, Fisciano Campus,Italy; ICPR 18, Salerno: Univ. of Salerno, 2005, ISBN: 88-87030-96-0

Dieckhoff, K..; Hoffmann, T.; Schreurs, M.; Schröder, W. (2003): Arbeit innovativgestalten! Empfehlungen und Hinweise zur Arbeitsgestaltung, Eschborn: RKW-Verlag, ISBN: 3-89644-209-0

Döhl, V. (2002): Strategien überbetrieblicher Personalflexibilisierung, Bielefeld:Bertelsmann Verlag, ISBN

Dieckhoff, K.; Hoffmann, T.; Schreurs, M.; Schröder, W. (2001): Arbeitsinnovationenin kleinen und mittelständischen Unternehmen – Ergebnisse einer Repräsentativ-befragung von mittelständischen Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes,in: angewandte Arbeitswissenschaft (2001) Nr. 170, ISSN: 3-7639-0977-X

Döhl, V.; Lacker, T.; Stöhr, M. (2003): Über Firmengrenzen hinweg – Neue Formen derZusammenarbeit im Mittelstand, München: ISF München

Dreher, C.; Fleig, J.; Harnischfeger, M.; Klimmer, M. (1995): Neue Produktionskon-zepte in der deutschen Industrie. Bestandsaufnahme, Analyse und wirtschaftspoliti-sche Implikationen. Technik, Wirtschaft und Politik: Schriftenreihe des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI). Physica-Verlag, Heidelberg

Page 125: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

124

Gabler, S.; Hoffmeyer-Zlotnik, J. H. P.; Krebs D.(Hrsg.) (1994): Gewichtung in derUmfragepraxis. Opladen.

Goldmann, S. L.; Nagel, R.N; Preiss, K.; Warnecke, H.-J. (1996): Agil im Wettbewerb.Die Strategie der virtuellen Organisation zum Nutzen des Kunden (Originalausgabe:»Agile Competition and Virtual Organizations«), Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag

Haipeter, T.; Lehndorff, S. (2004): Atmende Betriebe, atemlose Beschäftigte?Erfahrungen mit neuartigen Formen betrieblicher Arbeitszeitregulierung. Berlin:edition sigma

Hammer, M.; Champy, J. (1994): Business Reengineering. Die Radikalkur für dasUnternehmen (Originalausgabe: »Reengineering the Corporation«); 2. Auflage.Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag

Hartmann, M. (1995): Merkmale zur Wandlungsfähigkeit von Produktionssystemenfür die mehrstufige Serienfertigung bei turbulenten Aufgaben. Diss. Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (1995).

Hartmann, M. (Hrsg.) (1996): DYNAPRO – Erfolgreich produzieren in turbulentenMärkten. Band 1: Anforderungen und industrielle Lösungsansätze. Stuttgart:LOGIS Verlag, ISBN: 3-932298-00-4

Hartmann, M. (Hrsg.) (1997): DYNAPRO – Erfolgreich produzieren in turbulentenMärkten. Band 2: Leitfaden zur Umsetzung dynamischer Strukturen, Stuttgart:LOGIS Verlag, ISBN: 3-932298-01-2

Hartmann, M. (Hrsg.) (1998): DYNAPRO – Erfolgreich produzieren in turbulentenMärkten. Band 3: Betrieb und Weiterentwicklung dynamischer Unternehmens-strukturen, Stuttgart: LOGIS Verlag, ISBN: 3-932298-03-9

Hartmann, M. et al. (1999): Strategische Themen im Ausschnitt, Stuttgart: LOGISVerlag

Hartmann, M. (2003a): Dauerhafter Wandel – Unternehmen werden zukunftsfähig,Stuttgart: LOG_X Verlag, ISBN: 3-932298-20-9

Hartmann, M. (2003b): Wandlungsfähigkeit gestalten. Wie Sie Ihr Unternehmenganzheitlich ausrichten und formen, Stuttgart: LOG_X Verlag, ISBN: 3-932298-24-1

Hauptmanns, P.; Saurwein, R. G. (1992): Probleme bei schriftlichen Betriebsbefra-gungen. Ein Erfahrungsbericht zur ersten Welle des NIFA-Panels. In: ZUMA-Nach-richten 31/1992. S. 70–86.

Hildebrand, T.; Mäding, K.; Günther, U. (2005): Plug+Produce – Gestaltungsstrate-gien für die wandlungsfähige Fabrik, Chemnitz: Institut für Betriebswissenschaftenund Fabriksysteme (IBF) der TU Chemnitz, ISBN: 3-00-016076-0

Jahn, E. (2006): Überlegungen zur Skalierbarkeit von Organisationen. In: J. Abel, S.Campagna & H. Hirsch-Kreinsen (Hg.), Skalierbare Organisation – Überlegungen zum

Page 126: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

125

Zitierte und weiterführende Literatur

Ausgleich von Auftragsschwankungen (S. 9–17), Soziologisches Arbeitspapier 17,Dortmund

Kaluza, B.; Blecker, Th. (2004): Heterarchische Hierarchie als Organisationsprinzipflexibler Produktionssysteme, in: Wildemann, H. (Hrsg.): Organisation und Personal.Festschrift für Rolf Bühner, TCW-Verlag, München 2004, S. 177–195.

Kiel, U.; Kirner, E. (Hrsg.) (2002): Innovative Arbeitsgestaltung in Unternehmen undöffentlichen Einrichtungen, München/Mering: Rainer Hampp Verlag, ISBN: 978-3-87988-662-3

Kinkel, S.; Lay, G.; Jäger, A. (2007): Mehr Flexibilität durch Organisation; Stellenwertstrategischer Flexibilitätsziele, Nutzung organisatorischer Befähiger und Erreichbar-keit von Flexibilitätszuwächsen Mitteilungen aus der ISI-Erhebung zur Modernisie-rung der Produktion, Nr. 42, Karlsruhe: Fraunhofer ISI

Kirchner, S.; Winkler, R,; Westkämper, E. (2003): Turbulenz und Wandlungsfähigkeitin produzierenden Unternehmen. Unternehmungsbefragung unter 200 Unter-nehmen. Studie des IFF, Universität Stuttgart und des Fraunhofer IPA. Stuttgart imRahmen des Sonderforschungsbereichs 467, 2003

Kleiner, M.; Chatti, S.; Maevus, F. (Hrsg.) (2007): Untersuchung zur Aktualisierung derForschungsfelder für das Rahmenkonzept ›Forschung für die Produktion vonmorgen‹. Abschlussbericht. Dortmund

Koch, S. (2005): Concept of adaptive entrepreneurial labour organisation, in:Wojciechowski, J.: Studentow i mlodych inzynierow mechanikow: VIII. SeminariumNaukowe; Gdansk, 7–8 kwietnia 2005, Gdansk: Politechnika, 2005, S. 213–220,ISBN: 83-88579-31-2

Köchling, A. (Hrsg.) (2008, i.E.): Wertschöpfung durch Wertschätzung – Unterneh-merischer Erfolg durch Nutzung personeller Vielfalt. Ein Leitfaden für Unternehmen,Dortmund: GfAH-Selbstverlag, ISBN: 3-927671-60-6

Kohlgrüber, M.; Schnauffer, H.-G.; Jaeger, D. (Hrsg.) (2003): Das einzigartige Unter-nehmen – Mit strategischen Potenzialen zur Differenzierung im Wettbewerb, Berlin:Springer Verlag, ISBN: 3-540005-81-1

Nyhuis, P.; Heinen, T.; Reinhart, G.; Rimpau, C.; Abele, E.; Wörn, A. (2008):Wandlungsfähige Produktionssysteme. In: wt Werkstattstechnik online, Jg. 98 (2008)H. 1/2, S. 85–91

Projektgemeinschaft RAMONA (1999): Kennen Sie RAMONA? WettbewerbsfaktorKulturwandel, VDI-Berichte 1465, Düsseldorf: VDI-Verlag, ISBN: 3-18-091465-3

Reinhart, G.; Dürrschmidt, S.; Hirschberg, A.; Selke, C. (1999): Reaktionsfähigkeit fürUnternehmen. Eine Antwort auf turbulente Märkte. ZWF 94 (1999) 1–2, S. 21–24.

Reinhart, G.; Selke, C. (1999): Wandel – Bedrohung oder Chance? io Management(1999) 5, S. 20–24.

Page 127: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

126

Reinhart, G.; Berlak, J.; Effert, C.; Selke, C. (2002): Wandlungsfähige Fabrik-gestaltung. ZWF 97 (2002) 1–2, S. 18–23.

Richter, M. (2006): Adaptiv-unternehmerische Arbeitsorganisation. Ein Konzept zurVerbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. In: J. Abel, S. Campagna & H. Hirsch-Kreinsen (Hg.), Skalierbare Organisation – Überlegungen zum Ausgleich vonAuftragsschwankungen (S. 18–32). Soziologische Arbeitspapiere Nr. 17. Dortmund

Rothe, G.(1990): Wie (un)wichtig sind Gewichtungen? Eine Untersuchung amALLBUS 1986. In: ZUMA-Nachrichten 26/1990. S. 31–46.

Spath, D.; Baumeister, M.; Rasch, D. (2002): Wandlungsfähigkeit und Planung vonFabriken. In: ZWF 97 (2002), Nr. 1/2, Seite 28–32

Spath, D.; Buck, H.; Kremer, D. (2003): Wandel aktiv gestalten – Wandlungsfähigkeitstärken. Stuttgart, Fraunhofer IRB, 2003

Spath, D. (Hrsg.) (2003): Ganzheitlich produzieren: Innovative Organisation undFührung. Stuttgart (2003); ISBN: 3-932298-22-5.

Spath, D.; Korge, A. (2003): Production System Enhancement in German Industry.In: 17th International Conference on Production Research, August 3–7, 2003,Blacksburg, Virginia USA; ICPR 17; Electronic Proceedings; Blacksburg (2003)

Spath, D. (2004): Ausblick: Weltmarktführer bei der Arbeitsorganisation –Was müssen wir noch tun?, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisa-tion -IAO-, Stuttgart; Deutsche MTM-Vereinigung; Institut für angewandte Arbeits-wissenschaft -IfAA-; REFA-Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation undUnternehmensentwicklung, Fachausschuss Fahrzeugbau: Kongress Arbeit undOrganisation 2004. CD-ROM: Mehr Produktivität durch Systeme, Methoden undStandards; Standortsicherung durch Interessenausgleich und Zusammenarbeit;13. und 14. Mai 2004 in Berlin. Stuttgart: Fraunhofer IAO, 2004

Spath, D.; Koch, S.; Rally, P.; Richter, M. (2004): Lessons Learned – GescheiterteTrends in der Montage: Vortrag auf dem 18. Deutschen Montagekongress,26./27. April 2004, München.

Spath, D. (2005): Flexibilität in der deutschen Wirtschaft – Wunsch oder Realität?,Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation -IAO-, Stuttgart; DeutscheMTM-Vereinigung; Institut für angewandte Arbeitswissenschaft -IfAA-; REFA-Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung,Fachausschuss Fahrzeugbau: Kongress Arbeit und Organisation 2005: Mit Flexibilitätzum Unternehmenserfolg; Deutschland im Wettbewerb der Standorte; 9. und10. Juni 2005 in Berlin; Stuttgart: Fraunhofer IAO, 2005

Spath, D.; Becker, M.; Koch, S. (2005): Die adaptive unternehmerische Arbeitsorgani-sation, wt Werkstattstechnik online 95 (2005), Nr. 1/2, S. 3–6 ISSN: 1436–4980

Page 128: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

127

Zitierte und weiterführende Literatur

Spath, D.; Richter, M.; Becker, M. (2005): The adaptive business labour organisation,In: Pasquino, R.: 18th International Conference on Production Research 2005:»The networked enterprise: a challenge for a sustainable development«; abstracts;July 31 – August 4, 2005, University of Salerno, Fisciano Campus, Italy; ICPR 18,Salerno: Univ. of Salerno, 2005, ISBN: 88-87030-96-0

Spath, D. (2006): Innovationen für Arbeit und Organisation. In: Gesellschaft fürArbeitswissenschaft -GfA-; Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation-IAO-, Stuttgart: Innovationen für Arbeit und Organisation: Bericht zum 52. Kongressder Gesellschaft für Arbeitswissenschaft vom 20.–22. März 2006, Fraunhofer-IAO,Stuttgart, Dortmund: GfA-Press, 2006 (Jahresdokumentation der Gesellschaft fürArbeitswissenschaft e.V. 2006), S. 15–20, ISBN: 3-936804-03-6

Spath, D.; Rally, P.; Richter, M. (2006): Adaptiv-unternehmerische Arbeitsorganisa-tion, Industrie-Management 22 (2006), Nr. 1, S. 27–30, ISSN: 0179–2679.

Spath, D.; Richter, M. (2007): Produktionsorganisation. In: Bullinger, H.-J. (Hrsg.):Technologieführer: Grundlagen – Anwendungen – Trends, Berlin: Springer, 2007,S. 428–433, ISBN: 978-3-540-33788-1

Statistisches Bundesamt (2006a): Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.1.2:Betriebe, Beschäftigte und Umsatz des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbausund der Gewinnung von Steinen und Erden nach Beschäftigtengrößenklassen,Ausgabe 2005. Wiesbaden.

Statistisches Bundesamt (2006b): Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.1.2:Beschäftigung und Umsatz der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes sowie desBergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden nach Bundesländern, Ausgabe2005. Wiesbaden.

Stenger, H.(1994): Anforderungen an eine repräsentative Stichprobe aus der Sichtdes Statistikers. In: Gabler, Siegfried; Hoffmeyer-Zlotnik, Jürgen H. P.; Krebs, Dagmar(Hrsg.): Gewichtung in der Umfragepraxis. S. 42–45. Opladen.

Volkholz, V. (2004): Einzigartigkeit gestalten. Zu Vielfalt und Individualität von Unter-nehmen, Stuttgart: LOG_X Verlag, ISBN: 3-932298-25-X

Warnecke, H.-J. (1992): Fraktale Fabrik – Revolution der Unternehmenskultur. Berlin:Springer-Verlag 1992

Warnecke, H.-J.; Braun, J. (1999): Vom Fraktal zum Produktionsnetzwerk. Berlin:Springer 1998

Wengel, J.; Lay, G.; Pekruhl; U.; Maloca, S. (2002): Verbreitung innovativer Arbeits-gestaltung – Stand und Dynamik des Einsatzes im internationalen Vergleich,München/Mering: Rainer Hampp Verlag,ISBN: 978-3-87988-661-6

Westkämper, E.; Zahn, E.; Balve, P.; Tilebein, M. (2000): Ansätze zur Wandlungsfähig-keit von Produktionsunternehmen. Ein Bezugsrahmen für die Unternehmens-

Page 129: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

128

entwicklung im turbulenten Umfeld. In: wt Werkstattstechnik online, Jg. 90 (2000)H. 1/2, S. 22–26

Westkämper, E. (2002): Wandlungsfähigkeit: Herausforderungen und Lösungen imturbulenten Wettbewerb. In: Westkämper, E. (Hrsg.): Wandlungsfähige Unterneh-mensstrukturen für die variantenreiche Serienproduktion. Stuttgart: Fraunhofer IRBVerlag 2002, S. 17–46.

Westkämper, E. (2006): Wandlungsfähige Unternehmensstrukturen für die varianten-reiche Serienproduktion – Abschlussbericht 1997–2005: Sonderforschungsbereich467 (2006)

Westkämper, E. (2007): Wandlungsfähigkeit I. In: Vorlesung Strategien derProduktion IFF Universität Stuttgart (2007), Vorlesung Nr. 7, Seite 8–21http://download.afs.iff.unistuttgart.de/lehrveranstaltungen/sdp/_protected/2007/sdp-ss2007-vl07.pdf

Wiendahl, H.-P.; Hernández, R.; Scheffczyk, H. (1999): Die Wandlungsfähige Fabrik –Ansätze und Lösungen, Tagungsband zur Fachkonferenz, Frankfurt am Main, 26. und27. April (1999)

Wiendahl, H.-P. (2002): Wandlungsfähigkeit: Schlüsselbegriff der zukunftsfähigenFabrik. In: wt-Werkstattstechnik online, Jg. 92 (2002) H. 4, S. 122–127.

Wiendahl, H.-P.; Hernández, R.(2002): Fabrikplanung im Blickpunkt. HerausforderungWandlungsfähigkeit. wt Werkstattstechnik online 92 (2002) 4, S. 133–138.

Wiendahl, H.-P.; Klußmann, J.; Nofen, D.; Breitenbach, F. (Hrsg.) (2005): Planungmodularer Fabriken – Vorgehen und Beispiele, München: Hanser-Verlag

Wildemann H. (1998): Der Weg zum agilen Unternehmen: Kostenführerschaft undService, in: Das agile Unternehmen, hrsg. v. H. Wildemann, München 1998, S. 1–42

Wirth, S.; Enderlein, H.; Hildebrand, T. (2000a): Vision zur Wandlungsfähigen Fabrik.ZWF 95 (2000) 10, S. 456–462.

Wirth, S.; Enderlein, H.; Hildebrand, T. (Hrsg.) (2000b): Flexible, temporäre Fabrik –Arbeitsschritte auf dem Weg zu wandlungsfähigen Strukturen. Ergebnisbericht derVA 16, FZKA-PFT 203. Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe, Mai 2000,ISSN: 0948–1427

Witte, K.-W.; Vielhaber, W. (Hrsg.) (2004): Neue Konzepte für wandlungsfähigeFabriken und Fabrikparks, Aachen: Shaker Verlag, ISBN: 3-8322-2423-3

Womack, J. P.; Jones, D. T.; Roos, D. (1990): The Machine that Changed the World.Based on the Massachusetts Institute of Technology 5-Million-Dollar 5-Year Study onthe Future of the Automobile. New York: Macmillan Publishing Company

Page 130: Organisatorische Wandlungsfähigkeit …...Dr. Wolfgang Schweizer Leiter des Competence Center Produktionsmanagement am Fraunhofer IAO, Stuttgart 4 Inhalt 1 Zusammenfassung 6 2 Ausgangslage,

129

Zitierte und weiterführende Literatur

Zahn, E. (2002): Strategien beurteilen und erneuern. In: Zahn, E.; Foschiani, S. (Hrsg.),Strategien auf dem Prüfstand – Innovative Antworten auf neue Herausforderungen,Aachen 2003.

Zahn, E. (2006): Wandlungsfähige Produktionsstrukturen – das Stuttgarter Unter-nehmensmodell. In: J. Geißlinger (Hg.), Forschung stärken – Produktion sichern(S. 47–59), Berlin/Heidelberg/New York: Springer Verlag


Recommended