LeichtbauHerbstsemester 2015 Übung 10
Ausgabe: 02.12.2015
Übung 10: Verbindungstechnik
Einleitung und Lernziele
Der Einsatz effizienter Verbindungstechnologien ist für die Realisierung komplexer Leicht-baustrukturen von grosser Bedeutung. Diese Übung soll eine Einführung in dieses Gebietgeben. Aufgabe 1 behandelt Nietverbindungen, wie sie typischerweise in Schubfeldsystemen zurAnbindung der Gurte und Pfosten an die Schubfelder eingesetzt werden. In Aufgabe 2 wird dieKlebeverbindung einer Kranhaken-Halterung analysiert.
Aufgabe 1: Nietverbindung
Schubfeldsysteme finden insbesonere im Flugzeugbau zahlreiche Anwendungen wie beispielsweiseim Rumpf (Haut + Stringer/Spanten) sowie den Tragflächen (Holm). Die Realisierung solcherSchubfeldsysteme erfolgt in der Regel mittels dünner Bleche und angeschlossener Profile, welchedurch Nietverbindungen form- und kraftschlüssig miteinander verbunden werden. Man betrachtedas Schubfeldsystem in Abbildung 1, welches Gegenstand der zweiten Vorführung war. Die Gurteund Pfosten bestehen aus T-Profilen mit der in Abb. 2 gezeigten Querschnittgeometrie. Die Lastwird in vertikaler Richtung am rechten Pfosten eingeleitet (Abb. 2). Stringer und Schubfelder(Dicke: 1mm) werden im Bereich der Stege mittels einer formschlüssigen Nietverbindung gefügt(Schema in Abb. 3), wobei die Nieten jeweils äquidistant angeordnet werden.
Abbildung 1: Schubfeldsystem aus Vorführung 2
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Abbildung 2: Skizze des Schubfeldsystems mit Hinweis auf die Querschnittgeometrie der Stringer
Abbildung 3: Schematik der Nietverbindung zwischen Blech und Stringer
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1. Dimensionieren Sie die Nietverbindung im rechten Pfosten des Schubfeldsystems hinsicht-lich ihres Durchmessers. Ignorieren Sie dabei eventuelle Überlappungen der Gurte undPfosten an den Ecken. Zur Auswahl stehen Nieten mit folgenden Durchmesser (jeweilsin mm): 2, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 12 und 14, wobei alle Nieten den gleichen Durchmesserbesitzen sollen. FE-Analysen haben ergeben, dass die auf die beiden aussen liegendenNieten wirkenden Kräfte etwa 20% höher sind als in den restlichen Nieten.
Gegeben:
• Last: F = 1′000N• Sicherheitsfaktor für die Niete: SFN = 2• Sicherheitsfaktor für die Stringer: SFS = 5• Sicherheitsfaktor für die Stege: SFSt = 3• Gesamtanzahl an Nieten: z = 10• Material der Gurte, Pfosten und Bleche: Aluminium 6061• Fliessgrenze (bei Zugbelastung) der Aluminiumlegierung 6061: σAl,e = 55MPa
• Scherfestigkeit der Aluminiumlegierung 6061: τAl,e = 1/√
3σAl,e
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Lösung Aufgabe 1
Zunächst soll die maximale Nietbelastung ermittelt werden. Aufgrund der Querkraft F werdendie Nieten so belastet, dass die 8 inneren die gleiche Kraft Finnen und die 2 äusseren die gleicheKraft Faussen tragen. Es gilt:
F =∑FQi = 8 · Finnen + 2 · Faussen = 1′000N
Mit Finnen = (1/1.2)Faussen bekommt man
Faussen = 1000(8
1.2 + 2) = 115.4N
Es treten keine Kräfte infolge Biegemomente, was dazu führt, dass die äusseren Nieten diekritischsten sind. Mit der nun bekannten Beanspruchung FNiet,max = Faussen werden dieScherbeanspruchung und Flächenpressung der Nieten berechnet. Für die Scherbeanspruchunggilt:
τa = FNiet,maxA
= FNiet,maxπ·d2
4≤ τa,zul = τAl,e
2
=⇒ d ≥√
8√
3FNiet,maxπ · σAl,e
=
√8√
3 · 115.4π · 55 = 3.04mm
Für die Flächenpressung im Niet gilt:
(Der Stegbereich ist kritischer als der Stringer!)
σl = FNiet,maxd · sSteg
≤ σl,zul = σAl,eSFN
=⇒ d ≥ 2 · 115.41 · 55 = 4.20mm
Als nächstes wird die Beanspruchung der Bauteile ermittelt. Zuerst wird die Flächenpressung(Lochleibung in der Bohrung) berechnet. Es gilt:
Für den Stringer: σl = FNiet,maxd · sStr
≤ σl,zul = σAl,eSFS
=⇒ d ≥ 5 · 115.47 · 55 = 1.50mm
Für den Steg: σl = FNiet,maxd · sSteg
≤ σl,zul = σAl,eSFSt
=⇒ d ≥ 3 · 115.41 · 55 = 6.29mm
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Weiterhin wird die Normalspannung im Stringer im durch die Nieten reduzierten Querschnittberechnet:
σz = FNiet,max(b− d) sStr
≤ σz,zul = σAl,eSFS
=⇒ d ≤ 17− 5 · 115.47 · 55 = 15.5mm
Es wird also ein Nietdurchmesser von 8 mm ausgewählt. Als letzter Schritt wird die Bauteilfe-stigkeit durch Bilden der Vergleichsspannung ermittelt.
Für den Stringer: σV =√σ2x + 3τ2
xy = σx = FNiet,maxd · sStr
= 115.48 · 7 = 2.06MPa
σV,zul = 555 = 11MPa =⇒ σV ≤ σV,zul => erfüllt!
Für den Steg: σV =√σ2x + 3τ2
xy =
√√√√(FNiet,maxd · sSteg
)2
+ 3(
F
h · sSteg
)2
=√(115.48 · 1
)2+ 3
( 1000350 · 1
)2= 15.25MPa
σV,zul = 553 = 18.3MPa =⇒ σV ≤ σV,zul => erfüllt!
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Aufgabe 2: Klebeverbindung
Im Rahmen eines Forschungsversuchs eines Klebstoffherstellers wird die Verbindung einesKranhakens mit seiner Halterung (Abb. 4) durch Kleben realisiert. In diesem Zusammenhangwerden drei verschiedene Konfigurationen untersucht: eine auf Zug (Abb. 5), eine auf Scherung(Abb.6) sowie eine auf Schälung (Abb. 7) beanspruchte Klebstelle. Die Klebefläche ist jeweilsvon einem unbekannten Parameter abhängig (in den Abbildungen mit ? angedeutet). Für dieseAufgabe soll nur der eingekreiste Bereich um die Klebstelle betrachtet werden. Ignorieren Siedie Verhältnisse im Haken.
1. Berechnen Sie die unbekannten Parameter für alle drei Konfigurationen, sodass dieKlebefläche jeweils minimal wird. Berücksichtigen Sie die zulässige Spannung im Kleber.
2. Erbringen Sie für die Konfiguration in Abb. 6 den Festigkeitsnachweis für den Hakenschaft(kritischer Querschnitt gleich unterhalb der Verklebung).
Abbildung 4: Darstellung der Verbindung Haken-Halterung
Gegeben:
• Material des Hakens: S235 (St 37) => σF = 235 MPa• Sicherheitsfaktor gegen Fliessen: SF = 1.5• Dicke der Klebeschicht in Abb. 6: 1 mm• Material des Klebstoffs: 2K Epoxid
– Zugfestigkeit: σB = 40 MPa– Scherfestigkeit: τB = 20 MPa– Schälfestigkeit: σabs = 2 MPa– E-modul = 2000 MPa– Schubmodul = 750 MPa
• Sicherheitsfaktor gegen Bruch für Zug-, Druck- und Scherbeanspruchung im Klebstoff:SB = 2.5• Sicherheitsfaktor gegen Schälbeanspruchung im Klebstoff: SK = 4
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Abbildung 5: Auf Zug beanspruchte Klebstelle
Abbildung 6: Auf Scherung beanspruchte Klebstelle
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Abbildung 7: Auf Schälung beanspruchte Klebstelle
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Lösung Aufgabe 2
• Bestimmung der unbekannten Parameter
Berechnung des minimalen Durchmessers bei
Zugbelastung:
σx = F
A; A = πd2
4 (1)
σzul = σBSB
= 402.5 = 16MPa (2)
A ≥ Amin,Zug = F
σzul= 1562.5mm2 (3)
dmin =√
1562.5 · 4π
= 44.6mm (4)
Scherbeanspruchung:
τm = F
A; A = 2hb = b2 (5)
Anhand von der Volkersen-Gleichung berechnet man den Kerbwirkungsfaktor.
n = τmaxτm
=
√G · h2
2E · tKlebeschicht · s=
√750 · b2/4
2 · 2000 · 1 · 20 = 0.048b (6)
τzul = τBSB
= 202.5 = 8MPa (7)
τmax = n · τm = 0.048b · Fb2 ≤ 8 (8)
bmin = 150mm (9)
Schälbeanspruchung:
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σx = F
A; A = b · EH; EH = Einheitslange = 1mm (10)
σzul = σabsSK
= 24 = 0.5MPa (11)
A ≥ Amin,Schalung = F
σzul= 50′000mm2 (12)
bmin = F
EH · σzul= 50′000mm (13)
• Festigkeitsnachweis für den Haken in Abb. 6
Gegeben: b = bmin = 150mm; s = 20mm
σx = F
A= F
bmin · s= 25′000
150 · 20 = 8.33MPa (14)
σV = σx = 8.33MPa ≤ σzul = σFSF
= 2351.5 = 156.7MPa (15)
=⇒Erfüllt.
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