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ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ......

Date post: 25-Jun-2020
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Analyse 92 ÜBERBLICK #digital- gerecht? Herausforderungen der Digitalisierung für den Globalen Süden
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Page 1: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

Analyseensp92

Uuml BER BLICK

digitalshygerechtHerausforderungen der Digitalisierung fuumlr den Globalen Suumlden

Impressum

HerausgeberBrot fuumlr die Welt Evangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e VCaroline-Michaelis-Straszlige 110115 BerlinTelefon +49 30 65211 0kontaktbrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

Autoren Thomas Fritz Sven HilbigRedaktion Maike Lukow Elisabeth Schmidt-LandenbergerViSdP Klaus SeitzFoto Julien Eichinger ‒ stockadobecom (Titel)Grafiken Esther Gonstalla Katja Traumlnkner (S 1516)Layout Jaacutenos TheilDruck DBM Druckhaus Berlin-Mitte GmbHArt Nr 129 503 050

SpendenBrot fuumlr die WeltBank fuumlr Kirche und DiakonieIBAN DE10 1006 1006 0500 5005 00BIC GENODED1KDB

November 2019

Diese Publikation basiert auf der Studie Brot fuumlr die Welt (2019) Gerechtigkeit 40 ‒ Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Suumlden Analyse 85

Uuml BER BLICK

digitalshygerechtHerausforderungen der Digitalisierung fuumlr den Globalen Suumlden

4

Inhalt

Zusammenfassung 5

Einleitung 7

1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts 9 Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte Terrain 10 Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen 11

2 Industrie und Wertschoumlpfungsketten 14 Gewinner und Verlierer 14 Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen 15 Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen 15

3 EshyCommerce in Handelsabkommen 17 Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert 17 Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen 17 Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der Liberalisierung 18 Konzerne gegen Digitalsteuern 19

4 Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren 20 Afrikanische Start-ups Profittransfer gen Norden 20 Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die Menschenrechte 22

5 Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion 23 M-Pesa und die Armen 23 Elektronisches Zahlen Die Anti-Bargeld-Allianzen 23 Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der Armen 23 Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen 24

6 Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit 26 Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie 26 Aadhaar und das Recht auf Nahrung 26 Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte 26 Lobby fuumlr freien Datenverkehr 27

7 Anforderungen an eine entwicklungs gerechte Gestaltung der Digitalisierung 28 Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werden 28 Ansaumltze fuumlr eine entwicklungs politisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung 29

Bibliographie 32

5

digitalgerechtenspZusammenfassung

Zusammenfassung

Mit Digitalwirtschaft und elektronischem Handel werden haumlufig groszlige Hoffnungen fuumlr den Globalen Suumlden verknuumlpft Internet Mobiltelefonie oder die Plattformoumlkonomie sollen Laumlndern des Suumldens wirtschaftliche Fortschritte neue Beschaumlftigungsmoumlglichkeiten und eine Verringerung der Armut ermoumlglichen Doch unreguliert laumluft die Digitalisierung Gefahr die bestehende Ungleichheit innerhalb der Laumlnder und zwischen dem Globalen Suumlden und Norden noch zu verstaumlrken

Daten sind die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters wie Kapitel 1 zeigt Umso wichtiger wird die Frage sein wem diese Daten in Zukunft gehouml-ren Waumlhrend die groszligen transnationalen Unternehmen versuchen die Verfuumlgungsgewalt uumlber die Daten weiter auszubauen arbeiten die Laumlnder des Globalen Suumldens daran unter anderem durch sogenannte Lokalisierungs-auflagen die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck-) zu erlangen und so eine eigene digitale Wirtschaft aufzu-bauen (Kapitel 1) An der Frage wem zukuumlnftig die Daten gehoumlren entscheidet sich ob den Entwicklungslaumlndern ein neuer digitaler Kolonialismus droht oder nicht

Im Zuge der digitalen Innovationen in den Produkti-onsprozessen fuumlrchten einige Regierungen im Globalen Suumlden dass sich ihr traditioneller Wettbewerbsvorteil ‒ die niedrigeren Arbeitskosten ‒ relativiert und Produktio-nen zuruumlckverlagert werden (Reshoring) Damit wuumlrde sich der Anteil der Laumlnder des Globalen Suumldens an den industriellen Wertschoumlpfungsketten weiter verringern Diese Befuumlrchtungen sind nicht ohne Grund Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen dass Schwellenlaumlnder bereits weit staumlrkere Beschaumlfti-gungseinbuszligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Hoffnungen auf neue Einkommensmoumlglichkeiten durch die Digitalisierung scheint fuumlr die Menschen im Globalen Suumlden auf den ersten Blick das sogenannte Crowdworking (Arbeitsauftraumlge die uumlber Online-Platt-formen einer groszligen Gruppe von Menschen zur Verfuuml-gung gestellt werden) zu machen Erste Studien ergeben jedoch eine gemischte Bilanz Viele Crowdworker leiden unter den niedrigen Honoraren und der Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge Zudem sind sie haumlufig uumlberqualifi-ziert fuumlr die angebotenen Aufgaben (Kapitel 2)

Die Digitalisierung ist seit langem auch Bestandteil von bi- und multilateralen Handelsabkommen Die Welt-handelsorganisation WTO erarbeitete bereits in den 1990er Jahren erste Abkommen um beim E-Commerce

Standards zu setzen Sie sind zum Teil stark umstritten Studien der Vereinten Nationen zeigen dass die Laumlnder des Globalen Suumldens bis auf wenige Ausnahmen in der Digitalwirtschaft und im elektronischen Handel stark marginalisiert sind Trotz schlechter Erfahrungen draumln-gen jetzt einige der 40 WTO-Mitglieder (darunter die EU die USA und China) auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Andere Laumlnder wie Indien oder die afrikanischen WTO-Mitglieder lehnen weitere Verhand-lungen aus schlechten Erfahrungen oder Furcht vor wei-terer Marginalisierung ab (Kapitel 3)

Ein Blick in die Digitalwirtschaft Afrikas weckt eben-falls Zweifel ob die dortige Welle technologischer Unter-nehmensgruumlndungen eine eigenstaumlndige Entwicklung befoumlrdert Zwar gruumlnden sich manche Start-ups die digi-tale Loumlsungen fuumlr lokale Probleme entwickeln Doch oft stehen hinter den erfolgreichen Projekten Investoren aus Industriestaaten die einen betraumlchtlichen Teil der Profite abschoumlpfen ‒ etwa im Fall des Bezahldienstes M-Pesa der zur britischen Mobilfunkgesellschaft Vodafone gehoumlrt Auch sind die sozialen Auswirkungen der Geschaumlftsmo-delle digitaler Start-ups mitunter fragwuumlrdig Dies gilt etwa bei den immer weiter verbreiteten digitalen Prepaid-Systemen fuumlr den Zugang zu Basisdienstleistungen Statt Inklusion zu schaffen bringen sie arme und marginali-sierte Menschen teilweise sogar in existenzielle Notlagen (Kapitel 4)

Ein groszliger Teil der Digitalprojekte in Entwicklungs-laumlndern entfaumlllt auf den wachsenden Sektor der Digital Finance in dem sich Banken Versicherungen Kreditkar-ten- und FinTech-Unternehmen engagieren Doch ging von diesen Projekten meist kein positiver Effekt fuumlr die Armutsbekaumlmpfung aus wie sich auch am Beispiel des mobilen Bezahldienstes M-Pesa in Kenia zeigt (Kapitel 5)

Viele FinTech-Firmen sind darauf angewiesen ihre Kundinnen und Kunden eindeutig identifizieren zu koumln-nen Das versuchen sie uumlber biometrische Datenbanken

6

Da es in Entwicklungslaumlndern haumlufig an effektivem Daten-schutz mangelt koumlnnen biometrische Datenbanken den Schutz der Persoumlnlichkeitsrechte gefaumlhrden ‒ beispiels-weise durch haumlufig vorkommende Datenlecks (Kapitel 6)

Die Gestaltung einer fairen und Armut reduzieren-den Digitalisierung gehoumlrt zu den groumlszligten Herausforde-rungen aktueller Entwicklungspolitik Wichtig scheint vor allem den Gestaltungsspielraum der Laumlnder des Glo-balen Suumldens nicht durch voreilige Liberalisierungen einzuengen Es sollte deswegen auf handelspolitische Vorgaben wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- und Besteuerungsverbote verzichtet werden

Um die digitale Kluft zu schlieszligen sollten Entwick-lungslaumlnder unterstuumltzt werden eine eigene oumlffentliche IT- und Dateninfrastruktur aufzubauen Es bedarf der Kontrolle und Regulierung digitaler Monopole Digitale Zentren beduumlrfen einer Vernetzung um weitere Staumldte und laumlndliche Regionen einzubinden Begleitend brau-chen Start-ups im Globalen Suumlden einen grenzuumlber-schreitenden Zugang zu technologischem Know-how und digitalen Lernplattformen Da Entwicklungslaumlnder uumlberproportional von Arbeitsplatzverlusten durch die Digitalisierung bedroht sind muumlssen sie besonders dabei unterstuumltzt werden eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben und soziale Sicherungssysteme aufbauen zu koumlnnen Nur so kann Digitalisierung Entwicklung foumlr-dern (Kapitel 7)

Diese Publikation basiert auf der Studie von Brot fuumlr die Welt (2019) Gerechtigkeit 40 ‒ Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Suumlden Analyse 85

7

digitalgerechtenspEinleitung

Einleitung

Mobiltelefone als mobile Bank in abgelegenen Gegen-den Apps als technische Helfer in der Landwirtschaft eine Plattform fuumlr den Verkauf der Produkte von Klein-haumlndlerinnen und -haumlndlern Ist vom technologischen Wandel und Entwicklungslaumlndern die Rede ist die Euphorie oft grenzenlos Dank der Digitalwirtschaft und dem elektronischen Handel scheinen die Laumlnder des Suumldens in kuumlrzester Zeit gleich mehrere Entwicklungs-stufen uumlberspringen zu koumlnnen ‒ so der Eindruck den IT-Konzerne und manche Institutionen der Entwick-lungszusammenarbeit vermitteln Internet Mobiltele-fone und die Plattformoumlkonomien versprechen schein-bar nicht nur zu den Industriestaaten aufzuschlieszligen sondern auch Armut und Ungleichheit zu uumlberwinden

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch dass technische Loumlsungen nur sehr begrenzt wirken So ver-ringert eine Wetter-App allein noch nicht die besondere Verwundbarkeit von Kleinbaumluerinnen und -bauern gegenuumlber dem Klimawandel Die vorliegende Veroumlffent-lichung beleuchtet daher ob die Erwartungen staatlicher Hilfsorganisationen und der digitalen Start-up-Szene an die neuen Technologien gerechtfertigt sind ‒ oder womoumlglich viel zu hoch Im Fokus der Analyse stehen der elek tronische Handel digitalisierte Wertschoumlpfungsket-ten und mobile Anwendungen wie beispielsweise Bezahl-systeme da diesen besonders groszlige Potenziale fuumlr Ent-wicklung zugeschrieben werden

Schluumlsseltechnologien ‒ was war was kommtBig Data KI und Robotik verdraumlngen bisherige Technologien

1920

1850

1770

2019

KI

8

Die Studie gibt einen Uumlberblick daruumlber was der elektronische Handel im Hinblick auf den globalen Han-del zwischen Nord und Suumld bisher erreicht hat Sie schil-dert die sehr umstrittenen Verhandlungen zur Liberali-sierung des E-Commerce in bilateralen und multilatera-len Handelsabkommen Auszligerdem analysiert sie wie sich die globalen Produktionsnetzwerke durch die Digita-lisierung und die globale Verteilung der Wertschoumlpfung veraumlndern koumlnnten

Die Studie untersucht auch die Digitalwirtschaft einiger afrikanischer Laumlnder die stetig wachsenden Angebote der Digital Finance sowie den Aufbau biometri-scher Datenbanken Sie schlieszligt mit der Beschreibung von Aufgaben die sich die Politik stellen muss um eine entwicklungsgerechte und faire Digitalisierung zu errei-chen Im Fokus des entwicklungspolitischen Diskurses stehen die Grundbeduumlrfnisse benachteiligter Gruppen sowie deren Ermaumlchtigung fuumlr eine gerechte Teilhabe an der Digitalisierung

9

digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

10

und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

12

Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

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digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

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Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 2: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

Impressum

HerausgeberBrot fuumlr die Welt Evangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e VCaroline-Michaelis-Straszlige 110115 BerlinTelefon +49 30 65211 0kontaktbrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

Autoren Thomas Fritz Sven HilbigRedaktion Maike Lukow Elisabeth Schmidt-LandenbergerViSdP Klaus SeitzFoto Julien Eichinger ‒ stockadobecom (Titel)Grafiken Esther Gonstalla Katja Traumlnkner (S 1516)Layout Jaacutenos TheilDruck DBM Druckhaus Berlin-Mitte GmbHArt Nr 129 503 050

SpendenBrot fuumlr die WeltBank fuumlr Kirche und DiakonieIBAN DE10 1006 1006 0500 5005 00BIC GENODED1KDB

November 2019

Diese Publikation basiert auf der Studie Brot fuumlr die Welt (2019) Gerechtigkeit 40 ‒ Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Suumlden Analyse 85

Uuml BER BLICK

digitalshygerechtHerausforderungen der Digitalisierung fuumlr den Globalen Suumlden

4

Inhalt

Zusammenfassung 5

Einleitung 7

1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts 9 Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte Terrain 10 Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen 11

2 Industrie und Wertschoumlpfungsketten 14 Gewinner und Verlierer 14 Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen 15 Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen 15

3 EshyCommerce in Handelsabkommen 17 Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert 17 Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen 17 Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der Liberalisierung 18 Konzerne gegen Digitalsteuern 19

4 Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren 20 Afrikanische Start-ups Profittransfer gen Norden 20 Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die Menschenrechte 22

5 Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion 23 M-Pesa und die Armen 23 Elektronisches Zahlen Die Anti-Bargeld-Allianzen 23 Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der Armen 23 Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen 24

6 Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit 26 Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie 26 Aadhaar und das Recht auf Nahrung 26 Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte 26 Lobby fuumlr freien Datenverkehr 27

7 Anforderungen an eine entwicklungs gerechte Gestaltung der Digitalisierung 28 Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werden 28 Ansaumltze fuumlr eine entwicklungs politisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung 29

Bibliographie 32

5

digitalgerechtenspZusammenfassung

Zusammenfassung

Mit Digitalwirtschaft und elektronischem Handel werden haumlufig groszlige Hoffnungen fuumlr den Globalen Suumlden verknuumlpft Internet Mobiltelefonie oder die Plattformoumlkonomie sollen Laumlndern des Suumldens wirtschaftliche Fortschritte neue Beschaumlftigungsmoumlglichkeiten und eine Verringerung der Armut ermoumlglichen Doch unreguliert laumluft die Digitalisierung Gefahr die bestehende Ungleichheit innerhalb der Laumlnder und zwischen dem Globalen Suumlden und Norden noch zu verstaumlrken

Daten sind die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters wie Kapitel 1 zeigt Umso wichtiger wird die Frage sein wem diese Daten in Zukunft gehouml-ren Waumlhrend die groszligen transnationalen Unternehmen versuchen die Verfuumlgungsgewalt uumlber die Daten weiter auszubauen arbeiten die Laumlnder des Globalen Suumldens daran unter anderem durch sogenannte Lokalisierungs-auflagen die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck-) zu erlangen und so eine eigene digitale Wirtschaft aufzu-bauen (Kapitel 1) An der Frage wem zukuumlnftig die Daten gehoumlren entscheidet sich ob den Entwicklungslaumlndern ein neuer digitaler Kolonialismus droht oder nicht

Im Zuge der digitalen Innovationen in den Produkti-onsprozessen fuumlrchten einige Regierungen im Globalen Suumlden dass sich ihr traditioneller Wettbewerbsvorteil ‒ die niedrigeren Arbeitskosten ‒ relativiert und Produktio-nen zuruumlckverlagert werden (Reshoring) Damit wuumlrde sich der Anteil der Laumlnder des Globalen Suumldens an den industriellen Wertschoumlpfungsketten weiter verringern Diese Befuumlrchtungen sind nicht ohne Grund Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen dass Schwellenlaumlnder bereits weit staumlrkere Beschaumlfti-gungseinbuszligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Hoffnungen auf neue Einkommensmoumlglichkeiten durch die Digitalisierung scheint fuumlr die Menschen im Globalen Suumlden auf den ersten Blick das sogenannte Crowdworking (Arbeitsauftraumlge die uumlber Online-Platt-formen einer groszligen Gruppe von Menschen zur Verfuuml-gung gestellt werden) zu machen Erste Studien ergeben jedoch eine gemischte Bilanz Viele Crowdworker leiden unter den niedrigen Honoraren und der Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge Zudem sind sie haumlufig uumlberqualifi-ziert fuumlr die angebotenen Aufgaben (Kapitel 2)

Die Digitalisierung ist seit langem auch Bestandteil von bi- und multilateralen Handelsabkommen Die Welt-handelsorganisation WTO erarbeitete bereits in den 1990er Jahren erste Abkommen um beim E-Commerce

Standards zu setzen Sie sind zum Teil stark umstritten Studien der Vereinten Nationen zeigen dass die Laumlnder des Globalen Suumldens bis auf wenige Ausnahmen in der Digitalwirtschaft und im elektronischen Handel stark marginalisiert sind Trotz schlechter Erfahrungen draumln-gen jetzt einige der 40 WTO-Mitglieder (darunter die EU die USA und China) auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Andere Laumlnder wie Indien oder die afrikanischen WTO-Mitglieder lehnen weitere Verhand-lungen aus schlechten Erfahrungen oder Furcht vor wei-terer Marginalisierung ab (Kapitel 3)

Ein Blick in die Digitalwirtschaft Afrikas weckt eben-falls Zweifel ob die dortige Welle technologischer Unter-nehmensgruumlndungen eine eigenstaumlndige Entwicklung befoumlrdert Zwar gruumlnden sich manche Start-ups die digi-tale Loumlsungen fuumlr lokale Probleme entwickeln Doch oft stehen hinter den erfolgreichen Projekten Investoren aus Industriestaaten die einen betraumlchtlichen Teil der Profite abschoumlpfen ‒ etwa im Fall des Bezahldienstes M-Pesa der zur britischen Mobilfunkgesellschaft Vodafone gehoumlrt Auch sind die sozialen Auswirkungen der Geschaumlftsmo-delle digitaler Start-ups mitunter fragwuumlrdig Dies gilt etwa bei den immer weiter verbreiteten digitalen Prepaid-Systemen fuumlr den Zugang zu Basisdienstleistungen Statt Inklusion zu schaffen bringen sie arme und marginali-sierte Menschen teilweise sogar in existenzielle Notlagen (Kapitel 4)

Ein groszliger Teil der Digitalprojekte in Entwicklungs-laumlndern entfaumlllt auf den wachsenden Sektor der Digital Finance in dem sich Banken Versicherungen Kreditkar-ten- und FinTech-Unternehmen engagieren Doch ging von diesen Projekten meist kein positiver Effekt fuumlr die Armutsbekaumlmpfung aus wie sich auch am Beispiel des mobilen Bezahldienstes M-Pesa in Kenia zeigt (Kapitel 5)

Viele FinTech-Firmen sind darauf angewiesen ihre Kundinnen und Kunden eindeutig identifizieren zu koumln-nen Das versuchen sie uumlber biometrische Datenbanken

6

Da es in Entwicklungslaumlndern haumlufig an effektivem Daten-schutz mangelt koumlnnen biometrische Datenbanken den Schutz der Persoumlnlichkeitsrechte gefaumlhrden ‒ beispiels-weise durch haumlufig vorkommende Datenlecks (Kapitel 6)

Die Gestaltung einer fairen und Armut reduzieren-den Digitalisierung gehoumlrt zu den groumlszligten Herausforde-rungen aktueller Entwicklungspolitik Wichtig scheint vor allem den Gestaltungsspielraum der Laumlnder des Glo-balen Suumldens nicht durch voreilige Liberalisierungen einzuengen Es sollte deswegen auf handelspolitische Vorgaben wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- und Besteuerungsverbote verzichtet werden

Um die digitale Kluft zu schlieszligen sollten Entwick-lungslaumlnder unterstuumltzt werden eine eigene oumlffentliche IT- und Dateninfrastruktur aufzubauen Es bedarf der Kontrolle und Regulierung digitaler Monopole Digitale Zentren beduumlrfen einer Vernetzung um weitere Staumldte und laumlndliche Regionen einzubinden Begleitend brau-chen Start-ups im Globalen Suumlden einen grenzuumlber-schreitenden Zugang zu technologischem Know-how und digitalen Lernplattformen Da Entwicklungslaumlnder uumlberproportional von Arbeitsplatzverlusten durch die Digitalisierung bedroht sind muumlssen sie besonders dabei unterstuumltzt werden eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben und soziale Sicherungssysteme aufbauen zu koumlnnen Nur so kann Digitalisierung Entwicklung foumlr-dern (Kapitel 7)

Diese Publikation basiert auf der Studie von Brot fuumlr die Welt (2019) Gerechtigkeit 40 ‒ Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Suumlden Analyse 85

7

digitalgerechtenspEinleitung

Einleitung

Mobiltelefone als mobile Bank in abgelegenen Gegen-den Apps als technische Helfer in der Landwirtschaft eine Plattform fuumlr den Verkauf der Produkte von Klein-haumlndlerinnen und -haumlndlern Ist vom technologischen Wandel und Entwicklungslaumlndern die Rede ist die Euphorie oft grenzenlos Dank der Digitalwirtschaft und dem elektronischen Handel scheinen die Laumlnder des Suumldens in kuumlrzester Zeit gleich mehrere Entwicklungs-stufen uumlberspringen zu koumlnnen ‒ so der Eindruck den IT-Konzerne und manche Institutionen der Entwick-lungszusammenarbeit vermitteln Internet Mobiltele-fone und die Plattformoumlkonomien versprechen schein-bar nicht nur zu den Industriestaaten aufzuschlieszligen sondern auch Armut und Ungleichheit zu uumlberwinden

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch dass technische Loumlsungen nur sehr begrenzt wirken So ver-ringert eine Wetter-App allein noch nicht die besondere Verwundbarkeit von Kleinbaumluerinnen und -bauern gegenuumlber dem Klimawandel Die vorliegende Veroumlffent-lichung beleuchtet daher ob die Erwartungen staatlicher Hilfsorganisationen und der digitalen Start-up-Szene an die neuen Technologien gerechtfertigt sind ‒ oder womoumlglich viel zu hoch Im Fokus der Analyse stehen der elek tronische Handel digitalisierte Wertschoumlpfungsket-ten und mobile Anwendungen wie beispielsweise Bezahl-systeme da diesen besonders groszlige Potenziale fuumlr Ent-wicklung zugeschrieben werden

Schluumlsseltechnologien ‒ was war was kommtBig Data KI und Robotik verdraumlngen bisherige Technologien

1920

1850

1770

2019

KI

8

Die Studie gibt einen Uumlberblick daruumlber was der elektronische Handel im Hinblick auf den globalen Han-del zwischen Nord und Suumld bisher erreicht hat Sie schil-dert die sehr umstrittenen Verhandlungen zur Liberali-sierung des E-Commerce in bilateralen und multilatera-len Handelsabkommen Auszligerdem analysiert sie wie sich die globalen Produktionsnetzwerke durch die Digita-lisierung und die globale Verteilung der Wertschoumlpfung veraumlndern koumlnnten

Die Studie untersucht auch die Digitalwirtschaft einiger afrikanischer Laumlnder die stetig wachsenden Angebote der Digital Finance sowie den Aufbau biometri-scher Datenbanken Sie schlieszligt mit der Beschreibung von Aufgaben die sich die Politik stellen muss um eine entwicklungsgerechte und faire Digitalisierung zu errei-chen Im Fokus des entwicklungspolitischen Diskurses stehen die Grundbeduumlrfnisse benachteiligter Gruppen sowie deren Ermaumlchtigung fuumlr eine gerechte Teilhabe an der Digitalisierung

9

digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

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und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

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Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

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digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

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Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

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digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

18

und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

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digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 3: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

Uuml BER BLICK

digitalshygerechtHerausforderungen der Digitalisierung fuumlr den Globalen Suumlden

4

Inhalt

Zusammenfassung 5

Einleitung 7

1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts 9 Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte Terrain 10 Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen 11

2 Industrie und Wertschoumlpfungsketten 14 Gewinner und Verlierer 14 Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen 15 Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen 15

3 EshyCommerce in Handelsabkommen 17 Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert 17 Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen 17 Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der Liberalisierung 18 Konzerne gegen Digitalsteuern 19

4 Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren 20 Afrikanische Start-ups Profittransfer gen Norden 20 Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die Menschenrechte 22

5 Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion 23 M-Pesa und die Armen 23 Elektronisches Zahlen Die Anti-Bargeld-Allianzen 23 Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der Armen 23 Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen 24

6 Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit 26 Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie 26 Aadhaar und das Recht auf Nahrung 26 Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte 26 Lobby fuumlr freien Datenverkehr 27

7 Anforderungen an eine entwicklungs gerechte Gestaltung der Digitalisierung 28 Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werden 28 Ansaumltze fuumlr eine entwicklungs politisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung 29

Bibliographie 32

5

digitalgerechtenspZusammenfassung

Zusammenfassung

Mit Digitalwirtschaft und elektronischem Handel werden haumlufig groszlige Hoffnungen fuumlr den Globalen Suumlden verknuumlpft Internet Mobiltelefonie oder die Plattformoumlkonomie sollen Laumlndern des Suumldens wirtschaftliche Fortschritte neue Beschaumlftigungsmoumlglichkeiten und eine Verringerung der Armut ermoumlglichen Doch unreguliert laumluft die Digitalisierung Gefahr die bestehende Ungleichheit innerhalb der Laumlnder und zwischen dem Globalen Suumlden und Norden noch zu verstaumlrken

Daten sind die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters wie Kapitel 1 zeigt Umso wichtiger wird die Frage sein wem diese Daten in Zukunft gehouml-ren Waumlhrend die groszligen transnationalen Unternehmen versuchen die Verfuumlgungsgewalt uumlber die Daten weiter auszubauen arbeiten die Laumlnder des Globalen Suumldens daran unter anderem durch sogenannte Lokalisierungs-auflagen die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck-) zu erlangen und so eine eigene digitale Wirtschaft aufzu-bauen (Kapitel 1) An der Frage wem zukuumlnftig die Daten gehoumlren entscheidet sich ob den Entwicklungslaumlndern ein neuer digitaler Kolonialismus droht oder nicht

Im Zuge der digitalen Innovationen in den Produkti-onsprozessen fuumlrchten einige Regierungen im Globalen Suumlden dass sich ihr traditioneller Wettbewerbsvorteil ‒ die niedrigeren Arbeitskosten ‒ relativiert und Produktio-nen zuruumlckverlagert werden (Reshoring) Damit wuumlrde sich der Anteil der Laumlnder des Globalen Suumldens an den industriellen Wertschoumlpfungsketten weiter verringern Diese Befuumlrchtungen sind nicht ohne Grund Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen dass Schwellenlaumlnder bereits weit staumlrkere Beschaumlfti-gungseinbuszligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Hoffnungen auf neue Einkommensmoumlglichkeiten durch die Digitalisierung scheint fuumlr die Menschen im Globalen Suumlden auf den ersten Blick das sogenannte Crowdworking (Arbeitsauftraumlge die uumlber Online-Platt-formen einer groszligen Gruppe von Menschen zur Verfuuml-gung gestellt werden) zu machen Erste Studien ergeben jedoch eine gemischte Bilanz Viele Crowdworker leiden unter den niedrigen Honoraren und der Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge Zudem sind sie haumlufig uumlberqualifi-ziert fuumlr die angebotenen Aufgaben (Kapitel 2)

Die Digitalisierung ist seit langem auch Bestandteil von bi- und multilateralen Handelsabkommen Die Welt-handelsorganisation WTO erarbeitete bereits in den 1990er Jahren erste Abkommen um beim E-Commerce

Standards zu setzen Sie sind zum Teil stark umstritten Studien der Vereinten Nationen zeigen dass die Laumlnder des Globalen Suumldens bis auf wenige Ausnahmen in der Digitalwirtschaft und im elektronischen Handel stark marginalisiert sind Trotz schlechter Erfahrungen draumln-gen jetzt einige der 40 WTO-Mitglieder (darunter die EU die USA und China) auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Andere Laumlnder wie Indien oder die afrikanischen WTO-Mitglieder lehnen weitere Verhand-lungen aus schlechten Erfahrungen oder Furcht vor wei-terer Marginalisierung ab (Kapitel 3)

Ein Blick in die Digitalwirtschaft Afrikas weckt eben-falls Zweifel ob die dortige Welle technologischer Unter-nehmensgruumlndungen eine eigenstaumlndige Entwicklung befoumlrdert Zwar gruumlnden sich manche Start-ups die digi-tale Loumlsungen fuumlr lokale Probleme entwickeln Doch oft stehen hinter den erfolgreichen Projekten Investoren aus Industriestaaten die einen betraumlchtlichen Teil der Profite abschoumlpfen ‒ etwa im Fall des Bezahldienstes M-Pesa der zur britischen Mobilfunkgesellschaft Vodafone gehoumlrt Auch sind die sozialen Auswirkungen der Geschaumlftsmo-delle digitaler Start-ups mitunter fragwuumlrdig Dies gilt etwa bei den immer weiter verbreiteten digitalen Prepaid-Systemen fuumlr den Zugang zu Basisdienstleistungen Statt Inklusion zu schaffen bringen sie arme und marginali-sierte Menschen teilweise sogar in existenzielle Notlagen (Kapitel 4)

Ein groszliger Teil der Digitalprojekte in Entwicklungs-laumlndern entfaumlllt auf den wachsenden Sektor der Digital Finance in dem sich Banken Versicherungen Kreditkar-ten- und FinTech-Unternehmen engagieren Doch ging von diesen Projekten meist kein positiver Effekt fuumlr die Armutsbekaumlmpfung aus wie sich auch am Beispiel des mobilen Bezahldienstes M-Pesa in Kenia zeigt (Kapitel 5)

Viele FinTech-Firmen sind darauf angewiesen ihre Kundinnen und Kunden eindeutig identifizieren zu koumln-nen Das versuchen sie uumlber biometrische Datenbanken

6

Da es in Entwicklungslaumlndern haumlufig an effektivem Daten-schutz mangelt koumlnnen biometrische Datenbanken den Schutz der Persoumlnlichkeitsrechte gefaumlhrden ‒ beispiels-weise durch haumlufig vorkommende Datenlecks (Kapitel 6)

Die Gestaltung einer fairen und Armut reduzieren-den Digitalisierung gehoumlrt zu den groumlszligten Herausforde-rungen aktueller Entwicklungspolitik Wichtig scheint vor allem den Gestaltungsspielraum der Laumlnder des Glo-balen Suumldens nicht durch voreilige Liberalisierungen einzuengen Es sollte deswegen auf handelspolitische Vorgaben wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- und Besteuerungsverbote verzichtet werden

Um die digitale Kluft zu schlieszligen sollten Entwick-lungslaumlnder unterstuumltzt werden eine eigene oumlffentliche IT- und Dateninfrastruktur aufzubauen Es bedarf der Kontrolle und Regulierung digitaler Monopole Digitale Zentren beduumlrfen einer Vernetzung um weitere Staumldte und laumlndliche Regionen einzubinden Begleitend brau-chen Start-ups im Globalen Suumlden einen grenzuumlber-schreitenden Zugang zu technologischem Know-how und digitalen Lernplattformen Da Entwicklungslaumlnder uumlberproportional von Arbeitsplatzverlusten durch die Digitalisierung bedroht sind muumlssen sie besonders dabei unterstuumltzt werden eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben und soziale Sicherungssysteme aufbauen zu koumlnnen Nur so kann Digitalisierung Entwicklung foumlr-dern (Kapitel 7)

Diese Publikation basiert auf der Studie von Brot fuumlr die Welt (2019) Gerechtigkeit 40 ‒ Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Suumlden Analyse 85

7

digitalgerechtenspEinleitung

Einleitung

Mobiltelefone als mobile Bank in abgelegenen Gegen-den Apps als technische Helfer in der Landwirtschaft eine Plattform fuumlr den Verkauf der Produkte von Klein-haumlndlerinnen und -haumlndlern Ist vom technologischen Wandel und Entwicklungslaumlndern die Rede ist die Euphorie oft grenzenlos Dank der Digitalwirtschaft und dem elektronischen Handel scheinen die Laumlnder des Suumldens in kuumlrzester Zeit gleich mehrere Entwicklungs-stufen uumlberspringen zu koumlnnen ‒ so der Eindruck den IT-Konzerne und manche Institutionen der Entwick-lungszusammenarbeit vermitteln Internet Mobiltele-fone und die Plattformoumlkonomien versprechen schein-bar nicht nur zu den Industriestaaten aufzuschlieszligen sondern auch Armut und Ungleichheit zu uumlberwinden

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch dass technische Loumlsungen nur sehr begrenzt wirken So ver-ringert eine Wetter-App allein noch nicht die besondere Verwundbarkeit von Kleinbaumluerinnen und -bauern gegenuumlber dem Klimawandel Die vorliegende Veroumlffent-lichung beleuchtet daher ob die Erwartungen staatlicher Hilfsorganisationen und der digitalen Start-up-Szene an die neuen Technologien gerechtfertigt sind ‒ oder womoumlglich viel zu hoch Im Fokus der Analyse stehen der elek tronische Handel digitalisierte Wertschoumlpfungsket-ten und mobile Anwendungen wie beispielsweise Bezahl-systeme da diesen besonders groszlige Potenziale fuumlr Ent-wicklung zugeschrieben werden

Schluumlsseltechnologien ‒ was war was kommtBig Data KI und Robotik verdraumlngen bisherige Technologien

1920

1850

1770

2019

KI

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Die Studie gibt einen Uumlberblick daruumlber was der elektronische Handel im Hinblick auf den globalen Han-del zwischen Nord und Suumld bisher erreicht hat Sie schil-dert die sehr umstrittenen Verhandlungen zur Liberali-sierung des E-Commerce in bilateralen und multilatera-len Handelsabkommen Auszligerdem analysiert sie wie sich die globalen Produktionsnetzwerke durch die Digita-lisierung und die globale Verteilung der Wertschoumlpfung veraumlndern koumlnnten

Die Studie untersucht auch die Digitalwirtschaft einiger afrikanischer Laumlnder die stetig wachsenden Angebote der Digital Finance sowie den Aufbau biometri-scher Datenbanken Sie schlieszligt mit der Beschreibung von Aufgaben die sich die Politik stellen muss um eine entwicklungsgerechte und faire Digitalisierung zu errei-chen Im Fokus des entwicklungspolitischen Diskurses stehen die Grundbeduumlrfnisse benachteiligter Gruppen sowie deren Ermaumlchtigung fuumlr eine gerechte Teilhabe an der Digitalisierung

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digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

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und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

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digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

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Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

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digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

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Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

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digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

erts

choumlp

fun

g gt

gt

Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

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Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

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digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

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digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 4: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

4

Inhalt

Zusammenfassung 5

Einleitung 7

1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts 9 Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte Terrain 10 Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen 11

2 Industrie und Wertschoumlpfungsketten 14 Gewinner und Verlierer 14 Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen 15 Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen 15

3 EshyCommerce in Handelsabkommen 17 Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert 17 Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen 17 Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der Liberalisierung 18 Konzerne gegen Digitalsteuern 19

4 Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren 20 Afrikanische Start-ups Profittransfer gen Norden 20 Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die Menschenrechte 22

5 Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion 23 M-Pesa und die Armen 23 Elektronisches Zahlen Die Anti-Bargeld-Allianzen 23 Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der Armen 23 Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen 24

6 Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit 26 Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie 26 Aadhaar und das Recht auf Nahrung 26 Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte 26 Lobby fuumlr freien Datenverkehr 27

7 Anforderungen an eine entwicklungs gerechte Gestaltung der Digitalisierung 28 Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werden 28 Ansaumltze fuumlr eine entwicklungs politisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung 29

Bibliographie 32

5

digitalgerechtenspZusammenfassung

Zusammenfassung

Mit Digitalwirtschaft und elektronischem Handel werden haumlufig groszlige Hoffnungen fuumlr den Globalen Suumlden verknuumlpft Internet Mobiltelefonie oder die Plattformoumlkonomie sollen Laumlndern des Suumldens wirtschaftliche Fortschritte neue Beschaumlftigungsmoumlglichkeiten und eine Verringerung der Armut ermoumlglichen Doch unreguliert laumluft die Digitalisierung Gefahr die bestehende Ungleichheit innerhalb der Laumlnder und zwischen dem Globalen Suumlden und Norden noch zu verstaumlrken

Daten sind die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters wie Kapitel 1 zeigt Umso wichtiger wird die Frage sein wem diese Daten in Zukunft gehouml-ren Waumlhrend die groszligen transnationalen Unternehmen versuchen die Verfuumlgungsgewalt uumlber die Daten weiter auszubauen arbeiten die Laumlnder des Globalen Suumldens daran unter anderem durch sogenannte Lokalisierungs-auflagen die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck-) zu erlangen und so eine eigene digitale Wirtschaft aufzu-bauen (Kapitel 1) An der Frage wem zukuumlnftig die Daten gehoumlren entscheidet sich ob den Entwicklungslaumlndern ein neuer digitaler Kolonialismus droht oder nicht

Im Zuge der digitalen Innovationen in den Produkti-onsprozessen fuumlrchten einige Regierungen im Globalen Suumlden dass sich ihr traditioneller Wettbewerbsvorteil ‒ die niedrigeren Arbeitskosten ‒ relativiert und Produktio-nen zuruumlckverlagert werden (Reshoring) Damit wuumlrde sich der Anteil der Laumlnder des Globalen Suumldens an den industriellen Wertschoumlpfungsketten weiter verringern Diese Befuumlrchtungen sind nicht ohne Grund Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen dass Schwellenlaumlnder bereits weit staumlrkere Beschaumlfti-gungseinbuszligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Hoffnungen auf neue Einkommensmoumlglichkeiten durch die Digitalisierung scheint fuumlr die Menschen im Globalen Suumlden auf den ersten Blick das sogenannte Crowdworking (Arbeitsauftraumlge die uumlber Online-Platt-formen einer groszligen Gruppe von Menschen zur Verfuuml-gung gestellt werden) zu machen Erste Studien ergeben jedoch eine gemischte Bilanz Viele Crowdworker leiden unter den niedrigen Honoraren und der Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge Zudem sind sie haumlufig uumlberqualifi-ziert fuumlr die angebotenen Aufgaben (Kapitel 2)

Die Digitalisierung ist seit langem auch Bestandteil von bi- und multilateralen Handelsabkommen Die Welt-handelsorganisation WTO erarbeitete bereits in den 1990er Jahren erste Abkommen um beim E-Commerce

Standards zu setzen Sie sind zum Teil stark umstritten Studien der Vereinten Nationen zeigen dass die Laumlnder des Globalen Suumldens bis auf wenige Ausnahmen in der Digitalwirtschaft und im elektronischen Handel stark marginalisiert sind Trotz schlechter Erfahrungen draumln-gen jetzt einige der 40 WTO-Mitglieder (darunter die EU die USA und China) auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Andere Laumlnder wie Indien oder die afrikanischen WTO-Mitglieder lehnen weitere Verhand-lungen aus schlechten Erfahrungen oder Furcht vor wei-terer Marginalisierung ab (Kapitel 3)

Ein Blick in die Digitalwirtschaft Afrikas weckt eben-falls Zweifel ob die dortige Welle technologischer Unter-nehmensgruumlndungen eine eigenstaumlndige Entwicklung befoumlrdert Zwar gruumlnden sich manche Start-ups die digi-tale Loumlsungen fuumlr lokale Probleme entwickeln Doch oft stehen hinter den erfolgreichen Projekten Investoren aus Industriestaaten die einen betraumlchtlichen Teil der Profite abschoumlpfen ‒ etwa im Fall des Bezahldienstes M-Pesa der zur britischen Mobilfunkgesellschaft Vodafone gehoumlrt Auch sind die sozialen Auswirkungen der Geschaumlftsmo-delle digitaler Start-ups mitunter fragwuumlrdig Dies gilt etwa bei den immer weiter verbreiteten digitalen Prepaid-Systemen fuumlr den Zugang zu Basisdienstleistungen Statt Inklusion zu schaffen bringen sie arme und marginali-sierte Menschen teilweise sogar in existenzielle Notlagen (Kapitel 4)

Ein groszliger Teil der Digitalprojekte in Entwicklungs-laumlndern entfaumlllt auf den wachsenden Sektor der Digital Finance in dem sich Banken Versicherungen Kreditkar-ten- und FinTech-Unternehmen engagieren Doch ging von diesen Projekten meist kein positiver Effekt fuumlr die Armutsbekaumlmpfung aus wie sich auch am Beispiel des mobilen Bezahldienstes M-Pesa in Kenia zeigt (Kapitel 5)

Viele FinTech-Firmen sind darauf angewiesen ihre Kundinnen und Kunden eindeutig identifizieren zu koumln-nen Das versuchen sie uumlber biometrische Datenbanken

6

Da es in Entwicklungslaumlndern haumlufig an effektivem Daten-schutz mangelt koumlnnen biometrische Datenbanken den Schutz der Persoumlnlichkeitsrechte gefaumlhrden ‒ beispiels-weise durch haumlufig vorkommende Datenlecks (Kapitel 6)

Die Gestaltung einer fairen und Armut reduzieren-den Digitalisierung gehoumlrt zu den groumlszligten Herausforde-rungen aktueller Entwicklungspolitik Wichtig scheint vor allem den Gestaltungsspielraum der Laumlnder des Glo-balen Suumldens nicht durch voreilige Liberalisierungen einzuengen Es sollte deswegen auf handelspolitische Vorgaben wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- und Besteuerungsverbote verzichtet werden

Um die digitale Kluft zu schlieszligen sollten Entwick-lungslaumlnder unterstuumltzt werden eine eigene oumlffentliche IT- und Dateninfrastruktur aufzubauen Es bedarf der Kontrolle und Regulierung digitaler Monopole Digitale Zentren beduumlrfen einer Vernetzung um weitere Staumldte und laumlndliche Regionen einzubinden Begleitend brau-chen Start-ups im Globalen Suumlden einen grenzuumlber-schreitenden Zugang zu technologischem Know-how und digitalen Lernplattformen Da Entwicklungslaumlnder uumlberproportional von Arbeitsplatzverlusten durch die Digitalisierung bedroht sind muumlssen sie besonders dabei unterstuumltzt werden eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben und soziale Sicherungssysteme aufbauen zu koumlnnen Nur so kann Digitalisierung Entwicklung foumlr-dern (Kapitel 7)

Diese Publikation basiert auf der Studie von Brot fuumlr die Welt (2019) Gerechtigkeit 40 ‒ Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Suumlden Analyse 85

7

digitalgerechtenspEinleitung

Einleitung

Mobiltelefone als mobile Bank in abgelegenen Gegen-den Apps als technische Helfer in der Landwirtschaft eine Plattform fuumlr den Verkauf der Produkte von Klein-haumlndlerinnen und -haumlndlern Ist vom technologischen Wandel und Entwicklungslaumlndern die Rede ist die Euphorie oft grenzenlos Dank der Digitalwirtschaft und dem elektronischen Handel scheinen die Laumlnder des Suumldens in kuumlrzester Zeit gleich mehrere Entwicklungs-stufen uumlberspringen zu koumlnnen ‒ so der Eindruck den IT-Konzerne und manche Institutionen der Entwick-lungszusammenarbeit vermitteln Internet Mobiltele-fone und die Plattformoumlkonomien versprechen schein-bar nicht nur zu den Industriestaaten aufzuschlieszligen sondern auch Armut und Ungleichheit zu uumlberwinden

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch dass technische Loumlsungen nur sehr begrenzt wirken So ver-ringert eine Wetter-App allein noch nicht die besondere Verwundbarkeit von Kleinbaumluerinnen und -bauern gegenuumlber dem Klimawandel Die vorliegende Veroumlffent-lichung beleuchtet daher ob die Erwartungen staatlicher Hilfsorganisationen und der digitalen Start-up-Szene an die neuen Technologien gerechtfertigt sind ‒ oder womoumlglich viel zu hoch Im Fokus der Analyse stehen der elek tronische Handel digitalisierte Wertschoumlpfungsket-ten und mobile Anwendungen wie beispielsweise Bezahl-systeme da diesen besonders groszlige Potenziale fuumlr Ent-wicklung zugeschrieben werden

Schluumlsseltechnologien ‒ was war was kommtBig Data KI und Robotik verdraumlngen bisherige Technologien

1920

1850

1770

2019

KI

8

Die Studie gibt einen Uumlberblick daruumlber was der elektronische Handel im Hinblick auf den globalen Han-del zwischen Nord und Suumld bisher erreicht hat Sie schil-dert die sehr umstrittenen Verhandlungen zur Liberali-sierung des E-Commerce in bilateralen und multilatera-len Handelsabkommen Auszligerdem analysiert sie wie sich die globalen Produktionsnetzwerke durch die Digita-lisierung und die globale Verteilung der Wertschoumlpfung veraumlndern koumlnnten

Die Studie untersucht auch die Digitalwirtschaft einiger afrikanischer Laumlnder die stetig wachsenden Angebote der Digital Finance sowie den Aufbau biometri-scher Datenbanken Sie schlieszligt mit der Beschreibung von Aufgaben die sich die Politik stellen muss um eine entwicklungsgerechte und faire Digitalisierung zu errei-chen Im Fokus des entwicklungspolitischen Diskurses stehen die Grundbeduumlrfnisse benachteiligter Gruppen sowie deren Ermaumlchtigung fuumlr eine gerechte Teilhabe an der Digitalisierung

9

digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

10

und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

12

Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

erts

choumlp

fun

g gt

gt

Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

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Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 5: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

5

digitalgerechtenspZusammenfassung

Zusammenfassung

Mit Digitalwirtschaft und elektronischem Handel werden haumlufig groszlige Hoffnungen fuumlr den Globalen Suumlden verknuumlpft Internet Mobiltelefonie oder die Plattformoumlkonomie sollen Laumlndern des Suumldens wirtschaftliche Fortschritte neue Beschaumlftigungsmoumlglichkeiten und eine Verringerung der Armut ermoumlglichen Doch unreguliert laumluft die Digitalisierung Gefahr die bestehende Ungleichheit innerhalb der Laumlnder und zwischen dem Globalen Suumlden und Norden noch zu verstaumlrken

Daten sind die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters wie Kapitel 1 zeigt Umso wichtiger wird die Frage sein wem diese Daten in Zukunft gehouml-ren Waumlhrend die groszligen transnationalen Unternehmen versuchen die Verfuumlgungsgewalt uumlber die Daten weiter auszubauen arbeiten die Laumlnder des Globalen Suumldens daran unter anderem durch sogenannte Lokalisierungs-auflagen die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck-) zu erlangen und so eine eigene digitale Wirtschaft aufzu-bauen (Kapitel 1) An der Frage wem zukuumlnftig die Daten gehoumlren entscheidet sich ob den Entwicklungslaumlndern ein neuer digitaler Kolonialismus droht oder nicht

Im Zuge der digitalen Innovationen in den Produkti-onsprozessen fuumlrchten einige Regierungen im Globalen Suumlden dass sich ihr traditioneller Wettbewerbsvorteil ‒ die niedrigeren Arbeitskosten ‒ relativiert und Produktio-nen zuruumlckverlagert werden (Reshoring) Damit wuumlrde sich der Anteil der Laumlnder des Globalen Suumldens an den industriellen Wertschoumlpfungsketten weiter verringern Diese Befuumlrchtungen sind nicht ohne Grund Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen dass Schwellenlaumlnder bereits weit staumlrkere Beschaumlfti-gungseinbuszligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Hoffnungen auf neue Einkommensmoumlglichkeiten durch die Digitalisierung scheint fuumlr die Menschen im Globalen Suumlden auf den ersten Blick das sogenannte Crowdworking (Arbeitsauftraumlge die uumlber Online-Platt-formen einer groszligen Gruppe von Menschen zur Verfuuml-gung gestellt werden) zu machen Erste Studien ergeben jedoch eine gemischte Bilanz Viele Crowdworker leiden unter den niedrigen Honoraren und der Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge Zudem sind sie haumlufig uumlberqualifi-ziert fuumlr die angebotenen Aufgaben (Kapitel 2)

Die Digitalisierung ist seit langem auch Bestandteil von bi- und multilateralen Handelsabkommen Die Welt-handelsorganisation WTO erarbeitete bereits in den 1990er Jahren erste Abkommen um beim E-Commerce

Standards zu setzen Sie sind zum Teil stark umstritten Studien der Vereinten Nationen zeigen dass die Laumlnder des Globalen Suumldens bis auf wenige Ausnahmen in der Digitalwirtschaft und im elektronischen Handel stark marginalisiert sind Trotz schlechter Erfahrungen draumln-gen jetzt einige der 40 WTO-Mitglieder (darunter die EU die USA und China) auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Andere Laumlnder wie Indien oder die afrikanischen WTO-Mitglieder lehnen weitere Verhand-lungen aus schlechten Erfahrungen oder Furcht vor wei-terer Marginalisierung ab (Kapitel 3)

Ein Blick in die Digitalwirtschaft Afrikas weckt eben-falls Zweifel ob die dortige Welle technologischer Unter-nehmensgruumlndungen eine eigenstaumlndige Entwicklung befoumlrdert Zwar gruumlnden sich manche Start-ups die digi-tale Loumlsungen fuumlr lokale Probleme entwickeln Doch oft stehen hinter den erfolgreichen Projekten Investoren aus Industriestaaten die einen betraumlchtlichen Teil der Profite abschoumlpfen ‒ etwa im Fall des Bezahldienstes M-Pesa der zur britischen Mobilfunkgesellschaft Vodafone gehoumlrt Auch sind die sozialen Auswirkungen der Geschaumlftsmo-delle digitaler Start-ups mitunter fragwuumlrdig Dies gilt etwa bei den immer weiter verbreiteten digitalen Prepaid-Systemen fuumlr den Zugang zu Basisdienstleistungen Statt Inklusion zu schaffen bringen sie arme und marginali-sierte Menschen teilweise sogar in existenzielle Notlagen (Kapitel 4)

Ein groszliger Teil der Digitalprojekte in Entwicklungs-laumlndern entfaumlllt auf den wachsenden Sektor der Digital Finance in dem sich Banken Versicherungen Kreditkar-ten- und FinTech-Unternehmen engagieren Doch ging von diesen Projekten meist kein positiver Effekt fuumlr die Armutsbekaumlmpfung aus wie sich auch am Beispiel des mobilen Bezahldienstes M-Pesa in Kenia zeigt (Kapitel 5)

Viele FinTech-Firmen sind darauf angewiesen ihre Kundinnen und Kunden eindeutig identifizieren zu koumln-nen Das versuchen sie uumlber biometrische Datenbanken

6

Da es in Entwicklungslaumlndern haumlufig an effektivem Daten-schutz mangelt koumlnnen biometrische Datenbanken den Schutz der Persoumlnlichkeitsrechte gefaumlhrden ‒ beispiels-weise durch haumlufig vorkommende Datenlecks (Kapitel 6)

Die Gestaltung einer fairen und Armut reduzieren-den Digitalisierung gehoumlrt zu den groumlszligten Herausforde-rungen aktueller Entwicklungspolitik Wichtig scheint vor allem den Gestaltungsspielraum der Laumlnder des Glo-balen Suumldens nicht durch voreilige Liberalisierungen einzuengen Es sollte deswegen auf handelspolitische Vorgaben wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- und Besteuerungsverbote verzichtet werden

Um die digitale Kluft zu schlieszligen sollten Entwick-lungslaumlnder unterstuumltzt werden eine eigene oumlffentliche IT- und Dateninfrastruktur aufzubauen Es bedarf der Kontrolle und Regulierung digitaler Monopole Digitale Zentren beduumlrfen einer Vernetzung um weitere Staumldte und laumlndliche Regionen einzubinden Begleitend brau-chen Start-ups im Globalen Suumlden einen grenzuumlber-schreitenden Zugang zu technologischem Know-how und digitalen Lernplattformen Da Entwicklungslaumlnder uumlberproportional von Arbeitsplatzverlusten durch die Digitalisierung bedroht sind muumlssen sie besonders dabei unterstuumltzt werden eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben und soziale Sicherungssysteme aufbauen zu koumlnnen Nur so kann Digitalisierung Entwicklung foumlr-dern (Kapitel 7)

Diese Publikation basiert auf der Studie von Brot fuumlr die Welt (2019) Gerechtigkeit 40 ‒ Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Suumlden Analyse 85

7

digitalgerechtenspEinleitung

Einleitung

Mobiltelefone als mobile Bank in abgelegenen Gegen-den Apps als technische Helfer in der Landwirtschaft eine Plattform fuumlr den Verkauf der Produkte von Klein-haumlndlerinnen und -haumlndlern Ist vom technologischen Wandel und Entwicklungslaumlndern die Rede ist die Euphorie oft grenzenlos Dank der Digitalwirtschaft und dem elektronischen Handel scheinen die Laumlnder des Suumldens in kuumlrzester Zeit gleich mehrere Entwicklungs-stufen uumlberspringen zu koumlnnen ‒ so der Eindruck den IT-Konzerne und manche Institutionen der Entwick-lungszusammenarbeit vermitteln Internet Mobiltele-fone und die Plattformoumlkonomien versprechen schein-bar nicht nur zu den Industriestaaten aufzuschlieszligen sondern auch Armut und Ungleichheit zu uumlberwinden

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch dass technische Loumlsungen nur sehr begrenzt wirken So ver-ringert eine Wetter-App allein noch nicht die besondere Verwundbarkeit von Kleinbaumluerinnen und -bauern gegenuumlber dem Klimawandel Die vorliegende Veroumlffent-lichung beleuchtet daher ob die Erwartungen staatlicher Hilfsorganisationen und der digitalen Start-up-Szene an die neuen Technologien gerechtfertigt sind ‒ oder womoumlglich viel zu hoch Im Fokus der Analyse stehen der elek tronische Handel digitalisierte Wertschoumlpfungsket-ten und mobile Anwendungen wie beispielsweise Bezahl-systeme da diesen besonders groszlige Potenziale fuumlr Ent-wicklung zugeschrieben werden

Schluumlsseltechnologien ‒ was war was kommtBig Data KI und Robotik verdraumlngen bisherige Technologien

1920

1850

1770

2019

KI

8

Die Studie gibt einen Uumlberblick daruumlber was der elektronische Handel im Hinblick auf den globalen Han-del zwischen Nord und Suumld bisher erreicht hat Sie schil-dert die sehr umstrittenen Verhandlungen zur Liberali-sierung des E-Commerce in bilateralen und multilatera-len Handelsabkommen Auszligerdem analysiert sie wie sich die globalen Produktionsnetzwerke durch die Digita-lisierung und die globale Verteilung der Wertschoumlpfung veraumlndern koumlnnten

Die Studie untersucht auch die Digitalwirtschaft einiger afrikanischer Laumlnder die stetig wachsenden Angebote der Digital Finance sowie den Aufbau biometri-scher Datenbanken Sie schlieszligt mit der Beschreibung von Aufgaben die sich die Politik stellen muss um eine entwicklungsgerechte und faire Digitalisierung zu errei-chen Im Fokus des entwicklungspolitischen Diskurses stehen die Grundbeduumlrfnisse benachteiligter Gruppen sowie deren Ermaumlchtigung fuumlr eine gerechte Teilhabe an der Digitalisierung

9

digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

10

und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

12

Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

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Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

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digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

22

Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

28

Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

30

(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 6: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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Da es in Entwicklungslaumlndern haumlufig an effektivem Daten-schutz mangelt koumlnnen biometrische Datenbanken den Schutz der Persoumlnlichkeitsrechte gefaumlhrden ‒ beispiels-weise durch haumlufig vorkommende Datenlecks (Kapitel 6)

Die Gestaltung einer fairen und Armut reduzieren-den Digitalisierung gehoumlrt zu den groumlszligten Herausforde-rungen aktueller Entwicklungspolitik Wichtig scheint vor allem den Gestaltungsspielraum der Laumlnder des Glo-balen Suumldens nicht durch voreilige Liberalisierungen einzuengen Es sollte deswegen auf handelspolitische Vorgaben wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- und Besteuerungsverbote verzichtet werden

Um die digitale Kluft zu schlieszligen sollten Entwick-lungslaumlnder unterstuumltzt werden eine eigene oumlffentliche IT- und Dateninfrastruktur aufzubauen Es bedarf der Kontrolle und Regulierung digitaler Monopole Digitale Zentren beduumlrfen einer Vernetzung um weitere Staumldte und laumlndliche Regionen einzubinden Begleitend brau-chen Start-ups im Globalen Suumlden einen grenzuumlber-schreitenden Zugang zu technologischem Know-how und digitalen Lernplattformen Da Entwicklungslaumlnder uumlberproportional von Arbeitsplatzverlusten durch die Digitalisierung bedroht sind muumlssen sie besonders dabei unterstuumltzt werden eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben und soziale Sicherungssysteme aufbauen zu koumlnnen Nur so kann Digitalisierung Entwicklung foumlr-dern (Kapitel 7)

Diese Publikation basiert auf der Studie von Brot fuumlr die Welt (2019) Gerechtigkeit 40 ‒ Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Suumlden Analyse 85

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digitalgerechtenspEinleitung

Einleitung

Mobiltelefone als mobile Bank in abgelegenen Gegen-den Apps als technische Helfer in der Landwirtschaft eine Plattform fuumlr den Verkauf der Produkte von Klein-haumlndlerinnen und -haumlndlern Ist vom technologischen Wandel und Entwicklungslaumlndern die Rede ist die Euphorie oft grenzenlos Dank der Digitalwirtschaft und dem elektronischen Handel scheinen die Laumlnder des Suumldens in kuumlrzester Zeit gleich mehrere Entwicklungs-stufen uumlberspringen zu koumlnnen ‒ so der Eindruck den IT-Konzerne und manche Institutionen der Entwick-lungszusammenarbeit vermitteln Internet Mobiltele-fone und die Plattformoumlkonomien versprechen schein-bar nicht nur zu den Industriestaaten aufzuschlieszligen sondern auch Armut und Ungleichheit zu uumlberwinden

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch dass technische Loumlsungen nur sehr begrenzt wirken So ver-ringert eine Wetter-App allein noch nicht die besondere Verwundbarkeit von Kleinbaumluerinnen und -bauern gegenuumlber dem Klimawandel Die vorliegende Veroumlffent-lichung beleuchtet daher ob die Erwartungen staatlicher Hilfsorganisationen und der digitalen Start-up-Szene an die neuen Technologien gerechtfertigt sind ‒ oder womoumlglich viel zu hoch Im Fokus der Analyse stehen der elek tronische Handel digitalisierte Wertschoumlpfungsket-ten und mobile Anwendungen wie beispielsweise Bezahl-systeme da diesen besonders groszlige Potenziale fuumlr Ent-wicklung zugeschrieben werden

Schluumlsseltechnologien ‒ was war was kommtBig Data KI und Robotik verdraumlngen bisherige Technologien

1920

1850

1770

2019

KI

8

Die Studie gibt einen Uumlberblick daruumlber was der elektronische Handel im Hinblick auf den globalen Han-del zwischen Nord und Suumld bisher erreicht hat Sie schil-dert die sehr umstrittenen Verhandlungen zur Liberali-sierung des E-Commerce in bilateralen und multilatera-len Handelsabkommen Auszligerdem analysiert sie wie sich die globalen Produktionsnetzwerke durch die Digita-lisierung und die globale Verteilung der Wertschoumlpfung veraumlndern koumlnnten

Die Studie untersucht auch die Digitalwirtschaft einiger afrikanischer Laumlnder die stetig wachsenden Angebote der Digital Finance sowie den Aufbau biometri-scher Datenbanken Sie schlieszligt mit der Beschreibung von Aufgaben die sich die Politik stellen muss um eine entwicklungsgerechte und faire Digitalisierung zu errei-chen Im Fokus des entwicklungspolitischen Diskurses stehen die Grundbeduumlrfnisse benachteiligter Gruppen sowie deren Ermaumlchtigung fuumlr eine gerechte Teilhabe an der Digitalisierung

9

digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

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und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

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digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

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Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

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digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

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Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

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digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

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Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

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digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

31

digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 7: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

7

digitalgerechtenspEinleitung

Einleitung

Mobiltelefone als mobile Bank in abgelegenen Gegen-den Apps als technische Helfer in der Landwirtschaft eine Plattform fuumlr den Verkauf der Produkte von Klein-haumlndlerinnen und -haumlndlern Ist vom technologischen Wandel und Entwicklungslaumlndern die Rede ist die Euphorie oft grenzenlos Dank der Digitalwirtschaft und dem elektronischen Handel scheinen die Laumlnder des Suumldens in kuumlrzester Zeit gleich mehrere Entwicklungs-stufen uumlberspringen zu koumlnnen ‒ so der Eindruck den IT-Konzerne und manche Institutionen der Entwick-lungszusammenarbeit vermitteln Internet Mobiltele-fone und die Plattformoumlkonomien versprechen schein-bar nicht nur zu den Industriestaaten aufzuschlieszligen sondern auch Armut und Ungleichheit zu uumlberwinden

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch dass technische Loumlsungen nur sehr begrenzt wirken So ver-ringert eine Wetter-App allein noch nicht die besondere Verwundbarkeit von Kleinbaumluerinnen und -bauern gegenuumlber dem Klimawandel Die vorliegende Veroumlffent-lichung beleuchtet daher ob die Erwartungen staatlicher Hilfsorganisationen und der digitalen Start-up-Szene an die neuen Technologien gerechtfertigt sind ‒ oder womoumlglich viel zu hoch Im Fokus der Analyse stehen der elek tronische Handel digitalisierte Wertschoumlpfungsket-ten und mobile Anwendungen wie beispielsweise Bezahl-systeme da diesen besonders groszlige Potenziale fuumlr Ent-wicklung zugeschrieben werden

Schluumlsseltechnologien ‒ was war was kommtBig Data KI und Robotik verdraumlngen bisherige Technologien

1920

1850

1770

2019

KI

8

Die Studie gibt einen Uumlberblick daruumlber was der elektronische Handel im Hinblick auf den globalen Han-del zwischen Nord und Suumld bisher erreicht hat Sie schil-dert die sehr umstrittenen Verhandlungen zur Liberali-sierung des E-Commerce in bilateralen und multilatera-len Handelsabkommen Auszligerdem analysiert sie wie sich die globalen Produktionsnetzwerke durch die Digita-lisierung und die globale Verteilung der Wertschoumlpfung veraumlndern koumlnnten

Die Studie untersucht auch die Digitalwirtschaft einiger afrikanischer Laumlnder die stetig wachsenden Angebote der Digital Finance sowie den Aufbau biometri-scher Datenbanken Sie schlieszligt mit der Beschreibung von Aufgaben die sich die Politik stellen muss um eine entwicklungsgerechte und faire Digitalisierung zu errei-chen Im Fokus des entwicklungspolitischen Diskurses stehen die Grundbeduumlrfnisse benachteiligter Gruppen sowie deren Ermaumlchtigung fuumlr eine gerechte Teilhabe an der Digitalisierung

9

digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

10

und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

12

Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

18

und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

22

Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

24

formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

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Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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34

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 8: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

8

Die Studie gibt einen Uumlberblick daruumlber was der elektronische Handel im Hinblick auf den globalen Han-del zwischen Nord und Suumld bisher erreicht hat Sie schil-dert die sehr umstrittenen Verhandlungen zur Liberali-sierung des E-Commerce in bilateralen und multilatera-len Handelsabkommen Auszligerdem analysiert sie wie sich die globalen Produktionsnetzwerke durch die Digita-lisierung und die globale Verteilung der Wertschoumlpfung veraumlndern koumlnnten

Die Studie untersucht auch die Digitalwirtschaft einiger afrikanischer Laumlnder die stetig wachsenden Angebote der Digital Finance sowie den Aufbau biometri-scher Datenbanken Sie schlieszligt mit der Beschreibung von Aufgaben die sich die Politik stellen muss um eine entwicklungsgerechte und faire Digitalisierung zu errei-chen Im Fokus des entwicklungspolitischen Diskurses stehen die Grundbeduumlrfnisse benachteiligter Gruppen sowie deren Ermaumlchtigung fuumlr eine gerechte Teilhabe an der Digitalisierung

9

digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

10

und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

12

Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

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digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 9: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

9

digitalgerechtenspKapitel 1

Kapitel 1

Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts

Seit Beginn der ersten industriellen Revolution waren die energetischen Rohstoffe neben Gas und Kohle vor allem Erdoumll die Treiber fuumlr Wachstum und Veraumlnderung In naher Zukunft werden Daten diese zentrale Rolle uumlberneh-men Sie bilden die Grundlage der Schluumlsseltechnologien des digitalen Zeitalters Cloud Computing 3D-Drucker Robotik Industrie 40 und Kuumlnstliche Intelligenz (KI) Einige Laumlnder des Globalen Suumldens kaumlmpfen deshalb darum die Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten (zuruumlck) zu erlan-gen um eine eigene digitale Wirtschaft aufzubauen Gleichzeitig versuchen die groszligen transnationalen Kon-zerne ihren technologischen Vorsprung auszubauen und die Verfuumlgungsgewalt uumlber sie an sich zu reiszligen Gelingt

ihnen das weiter in diesem Ausmaszlig und dieser Schnellig-keit bedeutet das eine zunehmende Marginalisierung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Nicht nur Erdoumll auch Daten sind abhaumlngig von einer umfassenden und reibungslos funktionierenden globalen Infrastruktur (Hardware) Die sogenannten Big Five des Silicon Valley konnten die groszligen Vier des Oumllgeschaumlfts (ExxonMobil Royal Dutch Shell BP und Chevron) nur deswegen von ihren angestammten Spitzenplaumltzen an den Boumlrsen verdraumlngen weil sie die Infrastruktur des Internets nahezu global beherrschen und mittels ihrer Server in Kalifornien und Seattle kontrollieren Ohne direkten Zugriff auf diese Groszligrechner waumlren Facebook

Wertvoll wertvoller am wertvollsten Tech-Unternehmen vs Erdoumllkonzerne

Quelle PWC (2019) Global Top 100 companies by market capitalisation

Big Five des Silicon Valley

Facebook

Microsoft

AppleAmazon

Alphabet (Google)

4 Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

Big Four der Erdoumllkonzerne

Exxon Mobil

Royal Dutch Shell

ChevronBP

11Billionen US-Dollar Boumlrsenwert

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und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

12

Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

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digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

18

und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

22

Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

24

formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

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Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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34

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 10: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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und Google nicht imstande in Sekundenbruchteilen mil-lionenfach und gewinnbringend Daten zusammenzutra-gen zu analysieren und auszuwerten

Big Data der groszlige Berg von Daten aus dem Internet aus Kommunikation Finanzindustrie Energiewirtschaft Gesundheitswesen und dem Verkehr waumlchst und waumlchst Nach konservativen Schaumltzungen verdoppelt sich die glo-bal zur Verfuumlgung stehende Quantitaumlt der Daten alle zwanzig Monate Auch die Qualitaumlt der Daten steigt ‒ zu den persoumlnlichen Daten kommen auch Sachdaten durch das Internet der Dinge hinzu Die moumlglicherweise wich-tigste Veraumlnderung Der Wert von Daten nimmt zu Face-book und Google haben herausgefunden dass Daten in KI oder kognitive Dienste wie voraussehende Wartung

(Predictive Maintenance) oder Produktempfehlungen im Bereich des E-Commerce umgewandelt werden koumlnnen die wiederum als neue Einnahmequelle dienen (vgl Eco-nomist 2017)

Datensouveraumlnitaumlt ‒ das umkaumlmpfte TerrainMit jedem Schritt mit dem wir unsere Lebens- und Arbeitswelt weiter digitalisieren steigt der Wert und die Bedeutung von Daten ‒ und unsere Abhaumlngigkeit von ihnen Ein selbstbestimmtes Leben und Wirtschaften ist nur jenen moumlglich die uumlber (ihre) Daten verfuumlgen Das zeigt das Beispiel Verkehr Unsere autonom fahrenden Enkelkinder werden zu 100 Prozent von einem smarten datenbasierten Verkehrssystem abhaumlngig sein Ohne Big Data faumlhrt das Zukunftsfahrzeug des 21 Jahrhunderts keinen Millimeter mehr Die groszlige Frage auf die wir also eine Antwort finden muumlssen lautet Wem gehoumlren all diese Daten Besser gesagt Wer hat die Verfuumlgungs-gewalt uumlber sie

Wer Daten erzeugt ist (in Deutschland) keineswegs schutzlos vielmehr profitiert er oder sie von einer Fuumllle von Schutzrechten (vgl DewenterLuumlth 2018) Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) spricht den Menschen ausdruumlcklich das Recht auf Datenportabilitaumlt zu bdquoDie betroffene Person hat das Recht die sie betreffenden personenbezogenen Daten die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt hat () einem anderen Verantwortlichen ohne Behinderung durch den Verantwortlichen (hellip) zu uumlbermitteln hellipldquo (DSGVO 2018 Artikel 20)

Microsoft beispielsweise reagiert darauf Vom Som-mer 2019 an bietet Microsoft eine sbquoMicrosoft Cloud Deutschlandlsquo an Dabei werden der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom T-Systems International die auf den Servern gespeicherten Daten treuhaumlnderisch uumlbertragen Nun kontrolliert T-Systems den Zugriff Eine Offenlegung der Daten gegenuumlber Dritten ist aus-druumlcklich verboten es sei denn die Kundin oder der Kunde oder das deutsche Strafrecht verlangen das (vgl Microsoft oJ)

Staaten und Bevoumllkerung im Globalen Suumlden werden langfristig nur dann vom digitalen Wandel profitieren wenn sie im Rahmen dieses Prozesses ihre Chancen auf gesellschaftliche und oumlkonomische Teilhabe erhoumlhen Mit der Souveraumlnitaumlt uumlber ihre Daten koumlnnen sie eine auf

Globale Datenmenge2018

Geschaumltze

globale Datenmenge2025

Quelle International Data CorporationSeagate 2018

175 Zettabyte

33 Zettabyte

Unendliches Wachstum ‒ Die weltweite Datenmenge

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

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Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

27

digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

Bibliographie

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 11: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

11

digitalgerechtenspKapitel 1

ihre lokalen und nationalen Beduumlrfnisse ausgerichtete digitale Wirtschaftspolitik gestalten Indien diskutiert deshalb gegenwaumlrtig daruumlber im Land erhobene Daten zu vergesellschaften und sie als kollektives Gut seiner Buumlrgerinnen und Buumlrger zu betrachten

Entscheidend fuumlr die Frage ob Entwicklungslaumlnder langfristig (mehr) Datensouveraumlnitaumlt erlangen werden ist inwieweit in Handelsabkommen zunehmend lokale Datenspeicherung eingeschraumlnkt wird Das Kapitel 3 (E-Commerce in Handelsabkommenldquo s S17 ff) geht naumlher darauf ein

Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen PlattformenDer Erfolg von Plattformen wie Facebook amp Co spiegelt sich nicht nur in ihren hohen Boumlrsennotierungen wider Sie konnten auch in kurzer Zeit eine globale Monopol-stellung aufbauen

Nach Ansicht von Expertinnen und Experten (vgl Economist 2017 Singh 2017b) fuszligt der Erfolg digitaler

Plattformen auf fuumlnf Saumlulen (1) neue Geschaumlftsideen und -modelle (2) Technologievorsprung (3) Netzwerkef-fekt (4) Risikokapital sowie (5) aggressives Marktverhal-ten und Daten die von den Nutzern kostenlos zur Verfuuml-gung gestellt werden

Die Geschaumlftsidee von Google hat das Ziel die Infor-mationen der Welt zu organisieren und fuumlr alle zu jeder Zeit zugaumlnglich und nutzbar zu machen Facebook kre-ierte eine Plattform auf der die ganze Welt Inhalte und Gedanken kostenlos teilen kann Beide Ideen sind einfach und leicht umzusetzen

Hinzu kam ein neues Geschaumlftsmodell die digitale Oumlkonomie bdquoDas Hauptaugenmerk von Plattformen besteht () in der Organisation des Zugangs zu Wissen und Informationen welche die Nutzer den Plattformen kostenlos zur Verfuumlgung stellen In einer digitalen Oumlkono-mie werden Daten zum zentralen Rohstoff Algorithmen zum entscheidenden Produktionsmittel und Informatio-nen zur Ware Nummer einsldquo (Daum 201712)

Amazon und Google verfuumlgen in der westlichen Welt uumlber die groumlszligten Clouds und treiben die Forschung und Anwendung kuumlnstlicher Intelligenz intensiv voran Sie

Die Gier der Konzerne nach Daten ist grenzenlosWie souveraumln sind die Buumlrgerinnen

Buumlrgerin

Verkehr

Kommunikation

Daten

Finanz-industrie Energie-

wirtschaft

Gesundheits-wesen

Digitale Konzerne

12

Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

18

und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

30

(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 12: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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Daten sind das neue Erdoumll

1ErdoumllshyWertschoumlpfungskette

2DatenshyWertschoumlpfungskette

Auch Daten sind abhaumlngig von einer globalen Infrastruktur Wer diese kontrolliert beherrscht die Digitalwirtschaft

haben einen enormen Technologievorsprung und bauen ihn kontinuierlich aus Dazu kommt der Netzwerkeffekt ein oumlkonomisches Prinzip wonach sich der Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit jedem Kunden fuumlr alle vergroumlszligert

Privates oder staatliches Risikokapital ist eine wei-tere wichtige Voraussetzung Es hat die USA und China zu den Vorreitern in der Digitalisierung und des techni-schen Wandels gemacht Finanzstarke Unternehmen wie

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

gtgt W

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choumlp

fun

g gt

gt

Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

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digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

18

und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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34

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UNCTAD (2019) Digital Economy Report

Unique Identification Authority of India (oJ) Registrars Veroumlf-fentlicht unter httpsuidaigovinenrolment-updateecosystem-part-nersregistrarshtml 252019

Urban Soweto (2018) Eskom technicians chased away in Doorn-kop while conducting meter audits Veroumlffentlicht unter httpssowe-tourbancoza53935eskom-technicians-chased-away-doornkop-con-ducting-meter-audits 252019

Urech Fabian (2018) Weltweit findet heute jede zweite mobile Geldtransaktion in Kenya statt Veroumlffentlicht unter wwwnzzchinter-nationalder-weltmarktfuehrer-aus-afrika-ld1338079 252019

USTR (2019) 2019 National Trade Estimate Report on Foreign Trade Barriers Veroumlffentlicht unter httpsustrgovsitesdefaultfiles 2019_National_Trade_Estimate_Reportpdf 252019

Weltbank (2017) World Development IndicatorsVeroumlffentlicht unter httpsdataworldbankorgcountrykenyaview=chart 14112019

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Wyche SusanNightingale SimiyuMartha E Othieno (2016) Mobile Phones as Amplifiers of Social Inequality among Rural Kenyan Women ACM Transactions on Computer-Human Interaction 23 3 Art 14 Veroumlffentlicht unter wwwsusanwychecompubsTOCHIpdf 252019

Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 13: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

13

digitalgerechtenspKapitel 1

Amazon festigen ihre Monopolstellung zusaumltzlich mit aggressivem Marktverhalten selbst wenn sie dabei Ver-luste schreiben ‒ um langfristig alle anderen Online-Anbieter vom Markt zu verdraumlngen Nachdem Amazon in 2017 den sehr erfolgreichen Online-Haumlndler sbquoSouqcomlsquo fuumlr 580 Millionen US-Dollar aufkaufte gab Amazon im Juni 2019 bekannt das in Dubai ansaumlssige Unternehmen zu schlieszligen und zukuumlnftig dort eine eigene Filiale fuumlr den Nahen Osten aufzubauen

Welche Chancen haben Laumlnder des Globalen Suumldens sich in diesem internationalen Wettbewerb durchzuset-zen und zugleich eine breitenwirksame Digitalisierung aufzubauen Das Kapitel 7 (bdquoAnforderungen an eine ent-wicklungsgerechte Gestaltung der Digitalisierungldquo s S 30) nennt dazu einige wichtige Eckpfeiler

14

Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

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digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

27

digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

30

(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

31

digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 14: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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Kapitel 2

Industrie und Wertschoumlpfungsketten

Der Aufbau einer eigenen Industrie sowie die Integration in den Weltmarkt und dessen Wertschoumlpfungsketten gel-ten in der Regel als Koumlnigswege fuumlr eine erfolgreiche Ent-wicklung Die Digitalisierung hat die Produktionspro-zesse jedoch so stark veraumlndert dass diese traditionellen Strategien in Frage gestellt werden muumlssen Die Regie-rungen des Globalen Suumldens sehen sich zunehmend in Bedraumlngnis Sie befuumlrchten zum einen dass Unterneh-men ihre Produktionen im Zuge der Digitalisierung in Industrielaumlnder zuruumlckverlagern (Reshoring) zum ande-ren dass ihre Wertschoumlpfungsanteile in den digitalen Lieferketten zuruumlckgehen Nicht zuletzt koumlnnte auch das Crowdworking zu Fehlentwicklungen in ihren Laumlndern fuumlhren Erste Zahlen und Erfahrungen zeigen dass diese Sorgen begruumlndet sind

Gewinner und Verlierer

(Zahlreiche) Akteure aus der Entwicklungszusammenar-beit versprechen sich von der Digitalisierung globaler Lieferketten mehrere positive Impulse Mehr Effizienz mehr Produktivitaumlt und Transparenz sowie eine erhoumlhte

Wertschoumlpfung fuumlr jene Menschen die am Anfang der Lieferkette stehen beispielsweise Kleinbauernfamilien

Erste Untersuchungen unter anderem am Beispiel ostafrikanischer Teeproduzenten bestaumltigen diese Hoff-nungen ‒ zum Teil Durch das Internet hat sich die Kom-munikation der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker mit ande-ren Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette stark ver-bessert Dank der immer mehr zur Verfuumlgung stehenden Daten ist die Lieferkette auszligerdem transparenter gewor-den ‒ was wiederum ermoumlglicht sie staumlrker zu kontrollie-ren und zu pruumlfen ob Standards eingehalten werden

Trotzdem hat sich die Lage der Teepfluumlckerinnen und -pfluumlcker nicht grundlegend verbessert Denn dank der Datenmenge und der erhoumlhten Transparenz haben jetzt auch die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer eine bessere Uumlbersicht Sie sehen nun wo Tee in vergleichbarer Quali-taumlt sowie gleichen Arbeits- und Umweltstandards ange-baut wird Potentielle Lieferantinnen und Lieferanten treten verstaumlrkt miteinander in Konkurrenz Waumlhrend die Groszligeinkaumluferinnen und -einkaumlufer ihre Machtposition ausbauen konnten sind die Einnahmen der Teepfluumlcke-rinnen und -pfluumlcker in Kenia und Uganda deswegen heute niedriger als zu Zeiten der sbquoanalogenlsquo Lieferketten

Einnahmen

Wer profitiert von digitalen Wertschoumlpfungsketten Die erhoumlhte Transparenz digitaler Lieferketten kommt besonders den Konzernen zugute da sie zwischen mehr Produzentinnen waumlhlen und so Preise druumlcken koumlnnen

Transparenz

nimmt zu

Teepfluumlckerin

Tee

Konzernvertreterin

nehmenab

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

Bibliographie

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 15: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

15

digitalgerechtenspKapitel 2

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Vertei-lung der Wertschoumlpfung in den globalen Produktionsnetz-werken werden in der Literatur haumlufig mit der sogenann-ten Smile-Kurve illustriert (vgl WIPO 2017b) Sie zeigt dass es sich bei den Erfahrungen auf dem Teemarkt in Ostafrika um einen allgemeinen Trend handelt

Die Smile-Kurve stellt das Ergebnis verschiedener Studien dar nach denen in globalen Produktionsnetz-werken die groumlszligten Wertschoumlpfungsanteile in den

Phasen vor oder nach der Produktion anfallen Also dort wo die transnationalen Konzerne der Industrielaumlnder dominieren Die Befuumlrchtung ist dass die fortschrei-tende Digitalisierung in der Produktion die Smile-Kurve vertieft und damit auch die Wertschoumlpfungsanteile der Entwicklungslaumlnder verringert

Reshoring Foumlrdert die Digitalishysierung RuumlckverlagerungenDie Auslagerung industrieller Produktion vom Globalen Norden in den Globalen Suumlden war das Kennzeichen der in den 1970er Jahren beginnenden juumlngsten Phase der Globalisierung Empirische Untersuchungen zeigen dass durch die Digitalisierung ein entgegengesetzter Trend in den vergangenen Jahren signifikant zugenom-men hat Ruumlckverlagerungen industrieller Produktion das sogenannte Reshoring (vgl De Backer et al 2016) Die Digitalisierung und die Veraumlnderungen in den industriel-len Produktionsprozessen relativieren den bisher wich-tigsten Wettbewerbsvorteil des Globalen Suumldens die im Vergleich zu den Industriestaaten niedrigeren Arbeits-kosten (vgl Mayer 2018)

Karlsruher Forscherinnen und Forscher untersuch-ten unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verlagerungen ins Ausland (Offshoring) und Ruumlckverlagerungen bei deutschen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie (KinkelJaumlger 2017) Dabei zeigte sich Firmen die ihre Produktionsprozesse staumlrker digita-lisierten zeigten keine houmlhere Neigung Funktionen ins Ausland zu verlagern Bei der Tendenz zur Ruumlckverlage-rung bestehe allerdings bdquoein signifikant positiver Zusam-menhangldquo Firmen die in fortgeschrittenem Maszlige Digi-talisierungstechnologien nutzen haumltten bdquoeine etwa 10-mal houmlhere Ruumlckverlagerungswahrscheinlichkeitldquo als Betriebe die auf die neuen Technologien weitgehend verzichten (ebd S 26) Studien der Vereinten Nationen uumlber den Robotereinsatz belegen auch dass Schwellen-laumlnder bisher schon weit staumlrkere Beschaumlftigungseinbu-szligen hinnehmen mussten als Industrielaumlnder

Crowdwork Entwicklung durch OnlineshyArbeitsplattformenGroszlige Hoffnungen richten sich auf Online-Plattformen die weltweit kleinere Jobs und Auftraumlge vermitteln und

ForschungDesign Produktion Vermarktung Services

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Wertschoumlpfung in Produktionsnetzwerken SmileshyKurve

20171970

Quelle WIPO 2017

Mensch versus Maschine Wer produziert guumlnstiger

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Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

22

Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 16: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

16

Freelancern auch in Laumlndern des Globalen Suumldens Ein-kommensmoumlglichkeiten verschaffen sollen Bekannte Plattformen sind etwa Amazon Mechanical Turk mit Sitz in den USA Freelancer aus Australien oder Clickworker aus Deutschland

Mittlerweile konkurrieren auf diesen Plattformen viele Menschen weltweit miteinander In Indien das bereits ein bevorzugtes Zielland fuumlr das Outsourcing webbasierter Dienstleistungen ist lebt nach dem Online Labour Index auch die groumlszligte Zahl der Crowdworker Neben der technischen Infrastruktur macht sich dabei auch der Vorteil bezahlt dass viele Inderinnen und Inder die englische Sprache sehr gut beherrschen Auch in anderen Laumlndern des Globalen Suumldens ist Englisch stark verbreitet So gibt es auch auf den Philippinen in Bang-ladesch oder Pakistan besonders viele Crowdworker (weltweite Verteilung s Grafik )

Die Meinungen uumlber den entwicklungspolitischen Nutzen des Crowdworking gehen weit auseinander Waumlh-rend die Weltbank darin eine vielversprechende Alterna-tive zu traditioneller Beschaumlftigung sieht wecken empiri-sche Analysen Zweifel ob Crowdworking ein sinnvoller Bestandteil nationaler Entwicklungsstrategien sein kann (vgl Graham et al 2017)

Viele Crowdworker beklagen den niedrigen Lohn die Unsicherheit uumlber Folgeauftraumlge und die erhebliche Uumlberlastung Die Uumlberlastung entsteht insbesondere dadurch dass die sbquodigitalenlsquo Tageloumlhner keiner Arbeits-zeitbegrenzung unterliegen und sie aufgrund des zum Teil sehr niedrigen Lohns mehr Stunden am Tag arbei-ten muumlssen als andere Arbeiterinnen und Arbeiter Das Uumlberangebot an Arbeitssuchenden druumlckt das Honorar (vgl ebd) Zudem verfuumlgen Crowdworker in Laumlndern des Suumldens noch seltener uumlber Kranken- und Rentenversi-cherungen als ihre Kolleginnen und Kollegen in staumlrker entwickelten Staaten (vgl ILO 2018b)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung und die Beschaumlftigung Niedrigqualifizierter bieten die Arbeitsplattformen nur wenig Potenzial Crowdworker in Entwicklungslaumlndern verfuumlgen oft uumlber Hochschulabschluumlsse wie die Interna-tionale Arbeitsorganisation ILO analysiert Die gute Aus-bildung sei eine Verschwendung kostbarer Ressourcen (vgl Berg et al 2018) Viele Regierungen haumltten in die Ausbildung junger Menschen investiert in der Erwar-tung sie wuumlrden die wirtschaftliche Modernisierung ihrer Laumlnder vorantreiben Crowdwork lasse dieses inno-vatorische Potenzial meist brachliegen (vgl ebd) Die Crowdworker im Globalen Suumlden laufen damit Gefahr in niedrig qualifizierter und schlecht entlohnter Arbeit gefangen zu bleiben

Regionale Verteilung der Crowdworker (Anteile in Prozent)

Quelle Online Labour Index Stand 1712019

55 Asien24

Nordamerika

14 Europa

35 Afrika

25 Suumldamerika 1

Ozeanien

17

digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

22

Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 17: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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digitalgerechtenspKapitel 3

Kapitel 3

E-Commerce in Handelsabkommen

Vor 25 Jahren kaufte ein Internetnutzer aus Philadelphia mit seiner Kreditkarte am Computer eine Audio-CD des Musikers Sting Der elektronische Handel war damit gebo-ren ‒ und entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit Als die WTO 1994 gegruumlndet wurde erarbeitete sie gleich mehrere multilaterale Handelsabkommen um ihn zu gestal-ten und Standards zu setzen Wie unter anderem Studien der Vereinten Nationen belegen profitierten von ihnen bisher vor allem die groszligen multinationalen Konzerne die Laumlnder des Globalen Suumldens wurden bis auf einige Ausnahmen stark marginalisiert Trotz schlechter Erfahrungen draumlngen jetzt 49 WTO-Mitglieder auf noch weitergehende E-Com-merce-Abkommen Veraumlndern sich aber die bisherigen Mus-ter der Handelsbeziehungen nicht wird sich die Lage der Laumlnder des Globalen Suumldens weiter verschlechtern

Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert Eines der wichtigsten Abkommen der WTO ist das Infor-mationstechnologieabkommen ITA (Information Tech-nology Agreement) das den Abbau von Zoumlllen auf

informationstechnologische Guumlter vom PC bis zum Handy vorschreibt Es trat 1998 in Kraft und wurde inzwischen von 81 Staaten unterzeichnet Die Folgen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens lassen sich am Beispiel Indiens zeigen Das Land litt in der Folge unter Import-fluten multinationaler Konzerne der Telekommunika-tion und Unterhaltungselektronik die zunehmend Billig-ware aus China einfuumlhrten und indische Hersteller und Zulieferer vom Markt verdraumlngten

Beim Handel mit immateriellen Produkten wie E-Books Videospiele Filme Musik und Software spielen die Entwicklungslaumlnder ebenfalls nur eine untergeord-nete Rolle wie die Statistiken der Vereinten Nationen zeigen Unter den Top 10 der groumlszligten E-Commerce-Maumlrkte taucht kein einziges Land des Globalen Suumldens auf (vgl UNCTAD 2017b) Beim grenzuumlberschreitenden Handel sind China und Suumldkorea die einzigen ehemali-gen Entwicklungslaumlnder in dieser Gruppe (vgl IPC 2017) Die Marginalisierung druumlckt sich auch monetaumlr aus Eine UNCTAD-Studie beziffert den globalen Handel mit immateriellen Guumltern fuumlr 2015 auf 63 Milliarden US-Dol-lar China hat in dieser Produktkategorie relevante Han-delsuumlberschuumlsse erzielt waumlhrend viele Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder nur Nettoimporteure von digital uumlbertragenen Produkten waren und teils hohe Handels-defizite aufweisen (vgl UNCTAD 2017a)

Geistige Eigentumsrechte Das TRIPSshyAbkommen Ein weiteres Abkommen der WTO ist die Regelung uumlber handelsbezogene geistige Eigentumsrechte TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Es verpflichtet die WTO-Mitglieder geistige Eigentums-rechte wie Patente Markenzeichen und Urheberrechte auch im grenzuumlberschreitenden Handel zu schuumltzen Ziel der Digitalkonzerne ist es ihre Software Designs und Marken so lange wie moumlglich exklusiv zu verwerten und Verstoumlszlige gegen Patente sanktionieren zu koumlnnen

Wie groszlig das Schutzbeduumlrfnis der maumlchtigen Kon-zerne ist zeigt die steigende Zahl der Patentanmeldun-gen im Bereich der Kuumlnstlichen Intelligenz Der Loumlwen-anteil der Anmeldungen kommt dabei aus wenigen Industriestaaten Entwicklungslaumlnder sind auch auf die-sem Gebiet fast vollkommen marginalisiert

Schon laumlngst fordern die Digitalkonzerne auch ihre Quellcodes Algorithmen Verschluumlsselungstechnologien

Alles wird gehandelt selbst Daten

Materielle Guumlter

Immaterielle Guumlter

Dienst-leistungen

Daten

E-Books

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und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

22

Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

27

digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

30

(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

31

digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 18: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

18

und Geschaumlftsgeheimnisse zu schuumltzen Auch ein erzwun-gener Technologietransfer soll verboten werden (vgl AmCham EUDigitalEurope et al 2018) Dabei koumlnnte dieser den Laumlndern des Globalen Suumldens den Anschluss ermoumlglichen Mit ihren Forderungen finden die groszligen Konzerne Gehoumlr Sie haben bereits zu groszligen Teilen Ein-gang gefunden in offizielle Verhandlungsdokumente die die EU und die USA in der WTO eingebracht haben (vgl WTO 2017 WTO 2016) Sollten sie sich durchsetzen wuumlrde es fuumlr die Entwicklungslaumlnder immer schwerer eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

Freunde des EshyCommerce wollen umfassendes AbkommenTrotz dieser Bedenken setzen sich die EU USA Japan und andere Laumlnder fuumlr ein neues weitergehendes E-Commerce-Abkommen ein Multinationale Konzerne wie jene die sich unter dem Dach des Lobbyverbandes BusinessEurope zusammengeschlossen haben wollen damit die Weichen fuumlr die Digitalwirtschaft des 21

Jahrhunderts legen (vgl Business Europe 2018) Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019 unter-schrieben jetzt 49 WTO-Mitglieder ihre bdquoAbsicht WTO-Verhandlungen uumlber handelsbezogene Aspekte des elekt-ronischen Handels zu beginnenldquo (vgl WTO 2019) Indien lehnt weitere Verhandlungen aus oben genannten Gruumln-den ab ebenso wie die afrikanischen WTO-Mitglieder Letztere fuumlrchten um den Verlust einer bdquoSonder- und Vor-zugsbehandlungldquo die ihnen bisher weniger Marktoumlff-nung und laumlngere Uumlbergangsfristen bei den Senkungen der Zoumllle gewaumlhrt (vgl WTO 2017)

Die Sorgen auch anderer zahlreicher Laumlnder des Glo-balen Suumldens in Bezug auf ein erweitertes E-Commerce-Abkommen umfasst vor allem die folgenden Streitpunkte

bull ein permanentes Zollmoratorium bull der freie Datenverkehr bull ein Verbot von Lokalisierungsauflagen (s u) bull der Schutz von Quellcodes vor Offenlegung sowie bull das Verbot von verpflichtendem Technologietransfer

Bilaterale Abkommen Die Uumlberholspur der LiberalisierungBilaterale Handelsabkommen dienen dem Ziel die Libe-ralisierung des digitalen Handels auszligerhalb der WTO voranzubringen Von den 75 Abkommen wurden 47 zwi-schen Industrie- und Entwicklungslaumlndern geschlossen 25 zwischen Entwicklungslaumlndern und nur drei zwischen Industrielaumlndern (vgl MonteiroTeh 2017)

Der Umfang der Bestimmungen nahm im Laufe der Jahre stetig zu Zollverbote auf digitale Uumlbertragungen und Produkte finden sich laut WTO in 56 Abkommen (vgl ebd) Laut WTO gibt es 19 Abkommen zum grenz-uumlberschreitenden Transfer von Informationen

Erst wenige Abkommen umfassen bisher die heftig umstrittenen Verbote von Lokalisierungsauflagen Das transpazifische Partnerschaftsabkommen CPTPP (Com-prehensive and Progressive Agreement for Transpacific Part-nership) geht hier am weitesten (vgl Wu 2017) Letztere werden seit einigen Jahren von mehreren Laumlndern aus-gesprochen und zwingen transnationale Unternehmen Daten auf den lokalen Servern zu speichern Dies zu ver-bieten liegt im besonderen Interesse transnationaler Digitalkonzerne gilt jedoch als Hindernis eine eigene Digitalwirtschaft in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufzubauen (vgl South Centre 2017a)

opyright

Trademark

Diebstahl oder Selbstverstaumlndlichkeit ‒ Wer hat die Eigentumsrechte an digitalen Daten

Nachdem Software fuumlr patentierbar erklaumlrt wurde wollen Konzerne auch Patente auf Quellcodes und Verschluumlsselungstechnologien anmelden

-7 + x = -y + 2z

3x - y = 2 - z

00000110001010001001100

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

31

digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 19: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

19

digitalgerechtenspKapitel 3

Konzerne gegen Digitalsteuern

Transnationale Unternehmen der Digitalwirtschaft ver-suchen auch mit Hilfe von Handelsabkommen gegen die in verschiedenen Laumlndern geplante Digitalsteuer vor-zugehen Nach Ansicht der Vereinigung der CCIA (Com-puter amp Communications Industry Association) treffen

die geplanten Steuern vornehmlich US-Unternehmen und seien daher eine unerlaubte Diskriminierung nach den Regeln des GATS-Abkommens der WTO (CCIA 2018) Mit ihren Beschwerden war die CCIA bisher recht erfolgreich Sie fanden unter anderem Eingang in den juumlngsten Bericht des US-Handelsbeauftragten uumlber aus-laumlndische Handelsschranken (USTR 2019)

Wer bestimmt die Regeln Tech-Konzerne kapern zunehmend Handelsabkommen

WTOshyAbkommen

Bilaterale Abkommen

Freunde des EshyCommerce

Regierung will Digitalsteuer

einfuumlhren

KENIA

75 Mrd US$Nominales

Bruttoinlandsprodukt (2017)817 Mrd US$

Boumlrsenwert

GoogleDroht

Handelskrieg

will keine Besteuerung seiner Geschaumlfte

David gegen Goliath ‒ Heiszliger Kampf um Digitalsteuern

Quelle Weltbank 2017 PWC 2019

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

27

digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

30

(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 20: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

20

Kapitel 4

Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren

Eine Vielzahl von Medienberichten erweckt den Ein-druck Afrika erfreue sich einer Gruumlnderwelle von Start-ups in der Digitalwirtschaft die den Kontinent mehrere Entwicklungsstufen uumlberspringen lassen ‒ das soge-nannte bdquoLeapfroggingldquo Doch ein genauerer Blick auf die afrikanische Digitalwirtschaft weckt Zweifel ob dabei eine eigenstaumlndige wirtschaftliche Entwicklung angesto-szligen wird die das draumlngendste Problem des Kontinents ‒ die extreme Armut ‒ beseitigen hilft Sicher bieten viele Projekte kreative Loumlsungen fuumlr verschiedene Probleme und Beduumlrfnisse der Menschen vor Ort Haumlufig allerdings werden die Profite der Jungunternehmen in den Industrie-laumlndern des Nordens abgeschoumlpft Und einige digitale Projekte verstoszligen gegen die Menschenrechte

Afrikanische Startshyups Profittransfer gen NordenIn einigen afrikanischen Metropolen entstehen Hubs in denen besonders viele junge Technologie-Unternehmen gegruumlndet werden wie etwa in Nairobi Kapstadt Lagos oder Kigali Hier finden sich mitunter auch kleine Start-up-Schmieden wie FabLabs oder MakerSpaces in denen afrikanische Digitalunternehmen entwickelt werden

Dabei entstanden bereits einige kreative Geschaumlfts-ideen So gibt es mittlerweile kleine Unternehmen die aus Elektroschrott 3D-Drucker herstellen (beispielsweise das kenianische Unternehmen AB3D) Andere Mikro-Firmen verwenden Plastikabfall als Grundstoff um dar-aus im 3D-Druck einfache Geraumltschaften fuumlr Schulen und Krankenhaumluser zu produzieren etwa Prothesen (vgl Birrell 2017)

In Laumlndern wie Tansania und Ruanda bieten Solar-kioske die Moumlglichkeit Handys aufzuladen und Telefon- und WLAN-Guthaben zu kaufen (vgl Jackson 2015) Besonders stark verbreitet sind mobile Bezahldienste wie Kenias M-Pesa mit denen man per Handyguthaben und SMS zahlreiche Guumlter und Dienstleistungen bezahlen kann ‒ von der Tankfuumlllung uumlber den Einkauf bis zur Stromrechnung (vgl Schlenker 2018)

Eine genauere Betrachtung aber zeigt dass hinter vie-len afrikanischen Digitalunternehmen auslaumlndische Investoren stehen Viele der Jungunternehmen die es erfolgreich bis zur Marktreife geschafft haben erwirtschaf-ten Profite die in Industriestaaten des Nordens abge-schoumlpft werden Ein Beispiel Die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet investierte 2012 in die nigerianische

E-Commerce-Plattform Jumia die mittlerweile in 21 Laumlndern Afrikas und des Mittleren Ostens taumltig ist (vgl Handelsblatt 2018)

Im Jahr 2019 ging die Jumia International AG an der New York Stock Exchange an die Boumlrse und brachte Rocket Internet rund 200 Millionen US-Dollar ein Wei-tere Anteilseigner sind die Telekomgruppe MTN die US-Bank Goldman Sachs sowie die franzoumlsischen Konzerne Axa und Orange (vgl Pilling 2019)

Auch an Safaricom einem der profitabelsten Unter-nehmen Afrikas und einstige Tochter des kenianischen Telefonunternehmens Telkom Kenya verdienen mittler-weile auslaumlndische Investoren kraumlftig mit Die britische Vodafone uumlbernahm 2000 einen Anteil von 40 Prozent an Safaricom (vgl Rice 2007) Gewinntraumlchtig fuumlr Voda-fone sind dabei auch die hohen Gebuumlhren die die Nut-zerinnen und Nutzer des zu Safaricom gehoumlrenden mobilen Zahldienstes M-Pesa zahlen muumlssen Beson-ders hoch sind die Gebuumlhren wenn Geld auf Konten uumlberwiesen wird die nicht bei Safaricom eroumlffnet wur-den (vgl Economist 2016) Dies gilt vor allem fuumlr die von Armen transferierten kleinen Geldbetraumlge (s a Kapitel 5 Digital Finance)

Solarkiosk und das Data Mining

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG eine Tochter der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau) und die Europaumlische Union unterstuumltzen die Ber-liner Solarkiosk AG die in mehreren afrikani-schen Laumlndern Solarkioske installiert hat bei-spielsweise in Aumlthiopien Kenia und Madagaskar Diese E-Hubbs genannten Kioske liefern Strom um Handys oder andere Geraumlte aufzuladen (vgl Ecosummit 2015)

Das Unternehmen wirbt damit bdquowertvolles Data Miningldquo zu betreiben Im Sommer 2018 unter-zeichneten Solarkiosk und Siemens ein Memoran-dum of Understanding Danach wird Siemens zunaumlchst in Ruanda ein cloudbasiertes Microgrid Gateway einrichten um die Daten der E-Hubbs zu sammeln zu analysieren und die Kioske zu uumlber-wachen (Siemens 2018) Das widerspricht dem Prinzip der Datensouveraumlnitaumlt das in zunehmen-den Maszlige von Laumlndern des Globalen Suumldens ein-gefordert wird (s Kapitel 1 Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts)

21

digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

23

digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 21: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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digitalgerechtenspKapitel 4

Die Entwicklung des M-Pesa-Prototyps ermoumlglichte die staatliche britische Entwicklungsagentur Depart-ment for International Development (DFID) mit einem Zuschuss von einer Million Pfund Ohne diese Unter-stuumltzung haumltte sich Vodafone nicht auf die riskante Investition eingelassen (vgl Urech 2018) Vom Engage-ment der DFID profitierte damit ein Unternehmen des eigenen Landes ‒ ein bis heute verbreitetes Muster staat-licher Entwicklungszusammenarbeit auch der deut-schen (siehe Kasten) Das ist problematisch denn in

Laumlndern des Globalen Suumldens kann die Konkurrenz durch transnational taumltige Unternehmen die mit staatli-chen Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden den Auf-bau produktiver Kapazitaumlten im Land behindern

Auslaumlndischer Investorin

Lovestory oder Heiratsschwindler ‒ Profite und Data-Mining machen Investitionen in afrikanische Start-ups attraktiv

$Afrikanisches Startshyup

diktiert Preispolitik

unterstuumltzt f nanziell

liefert Prof te

liefert Daten

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

Bibliographie

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 22: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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Digitale Prepaidsysteme Wo bleiben die MenschenrechteIn Afrika flieszligen derzeit sehr viele Investitionen in den Aufbau digitaler Prepaidsysteme fuumlr Basisdienstleistungen wie Wasser oder Strom Sie sind ein gutes Beispiel dafuumlr wie sich das Internet der Dinge auf den Alltag der Men-schen auswirkt Ob und inwieweit den aumlrmsten Bevoumllke-rungsschichten damit geholfen ist bleibt fraglich

Ein Beispiel Das kenianische Start-up Paygo Energy ‒ finanziert durch Kapitalspritzen internationaler Fondsge-sellschaften ‒ adaptierte die digitale Prepaid-Technologie fuumlr Kochgas (vgl Toboar 2017) Kundinnen und Kunden bekommen Gasflaschen geliefert muumlssen aber nicht die ganze Flasche bezahlen sondern nur die von ihnen benouml-tigte Gasmenge Die Flaschen sind mit einem intelligen-ten Ventil ausgestattet einem bdquoSmart Meterldquo das nur soviel Gas freigibt wie die Kaumluferinnen und Kaumlufer vorher uumlber den mobilen Bezahldienst M-Pesa bezahlt haben Wer das Geld hat kann also gesundheitsschaumldliche Brennstoffe zum Kochen wie Holzkohle oder Kerosin mei-den (vgl GIZ 2018) Wer nicht wird seine Gesundheit wei-ter aufs Spiel setzen muumlssen

Ein anderes Beispiel In den suumldafrikanischen Armenvierteln haben Wasser- und Stromversorger bdquoPre-paid Metersldquo eingebaut was immer wieder teils gewalt-same Proteste ausloumlst Auch heute noch attackieren die Bewohnerinnen und Bewohner von Townships die Mit-arbeitenden des Energieversorgers Eskom wenn sie diese Zaumlhler warten wollen (vgl Urban 2018) Denn die Messgeraumlte geben erst dann Wasser oder Strom frei wenn zuvor uumlber Chipkarten oder Codes ein individuel-les Konto aufgeladen wurde ‒ fuumlr arme Menschen mit unregelmaumlszligigen Einkuumlnften ein erhebliches Problem

Zwar koumlnnen manche solcher Projekte mit digitalen Prepaidsystemen durchaus einen sozialen Mehrwert haben weil sie etwa saubere Energietraumlger verbreiten und eine Elektrifizierung ermoumlglichen Es stellt sich jedoch die Frage inwieweit die digitalen Prepaidsysteme dem Men-schenrecht auf universellen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser und Energie entsprechen Der Zugang zu Wasser und Energie darf danach nicht allein zahlungskraumlftigen Menschen vorbehalten sein

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

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Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Wu Mark (2017) Digital Trade-Related Provisions in Regional Trade Agreements Existing Models and Lessons for the Multilateral Trade System Veroumlffentlicht unter httpe15initiativeorgwp-con-tentuploads201509RTA-Exchange-Digital-Trade-Mark-Wu-Finalpdf 252019

Wyche SusanNightingale SimiyuMartha E Othieno (2016) Mobile Phones as Amplifiers of Social Inequality among Rural Kenyan Women ACM Transactions on Computer-Human Interaction 23 3 Art 14 Veroumlffentlicht unter wwwsusanwychecompubsTOCHIpdf 252019

Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 23: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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digitalgerechtenspKapitel 5

Kapitel 5

Digital Finance Das Geschaumlft mit der finanziellen Inklusion

Technologiebasierte Finanzinnovationen gehoumlren zu den dynamischsten Bereichen der Digitalwirtschaft ‒ und die staatliche Entwicklungszusammenarbeit gibt sich mitunter recht euphorisch was ihre Chancen fuumlr aumlrmere Bevoumllkerungsschichten betrifft Die Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) etwa schreibt die Digitalisie-rung senke die Vertriebskosten der Unternehmen was eine bdquofinanzielle Inklusionldquo armer Haushalte ermoumlgliche (KfW 20171) Letzteres waumlre wuumlnschenswert ‒ dennoch sollten die Risiken mancher Digital Finance-Projekte bedacht werden Denn sie koumlnnen die sozialen Kluften konservieren oder sogar noch vertiefen und das Armuts-risiko erheblich vergroumlszligern

MshyPesa und die Armen

Wie beschrieben steht hinter der Entwicklung des kenia-nischen mobilen Bezahldienstes M-Pesa eine Zusam-menarbeit der britischen Entwicklungsagentur DFID mit der britischen Vodafone DFID unterstuumltzte M-Pesa mit einem Millionenzuschuss und bewegte die keniani-sche Zentralbank dazu das Zahlungssystem zu protegie-ren obgleich es dem kenianischen Banksektor Konkur-renz macht Auszligerdem ermoumlglichte die Bank der Voda-fone-Tochter Safaricom M-Pesa ohne Banklizenz betrei-ben zu koumlnnen (vgl Gibson 2016)

Das gruumlne Licht der Bankenaufsicht verschaffte Safaricom die Gelegenheit seine marktbeherrschende Stellung im mobilen Telefonieren auch auf mobile Zah-lungssysteme auszudehnen Das Unternehmen erreichte mit uumlber 95 Prozent des Marktanteils schlieszliglich eine Monopolstellung Diese erlaubte Safaricom eine Preispo-litik die es zum profitabelsten Unternehmen in Ostafrika machte (vgl Wyche et al 2016)

Fuumlr die Armutsbekaumlmpfung blieb M-Pesa weitge-hend wirkungslos wie selbst eine offizielle Folgenab-schaumltzung der DFID-Organisation FSD Kenya (2016) einraumlumt bdquoIn Kenia gibt es keine quantitativen Studien die einen Zusammenhang zwischen ZugangNutzung von Finanzdienstleistungen und der Reduzierung von Armut belegenldquo (Gibson 2016 30)

Eine Feldstudie uumlber die Nutzung der Dienste von Safaricom in Kenia durch Frauen auf dem Land zeigt im Gegenteil dass M-Pesa die soziale Kluft sogar noch ver-tiefen und benachteiligten Menschen mitunter sogar schaden kann (vgl Wyche et al 2016) Unter den Armen sind zum Beispiel Augenkrankheiten stark verbreitet die

es erschweren die mehrstelligen Codes zum Aufladen der Handy-Guthaben zu identifizieren und einzutippen Falsche Eingaben aber machen die Guthaben wertlos Daneben hat Safaricom die Bedienungsoberflaumlche seiner Handydienste so gestaltet dass es mit wenigen (haumlufig auch irrtuumlmlichen) Klicks moumlglich ist kostspielige Zusatzleistungen zu abonnieren Viele arme kranke oder aumlltere Nutzerinnen und Nutzer scheitern daran diese Kostentreiber zu kuumlndigen ‒ wovon Safaricom profitiert (vgl ebd) Ein inklusives System saumlhe gewiss anders aus

Elektronisches Zahlen Die AntishyBargeldshyAllianzenDer Erfolg von M-Pesa animierte transnationale Techno-logiekonzerne auch in anderen Entwicklungslaumlndern digitale Finanzdienstleistungen durchzusetzen Die Bill amp Melinda Gates Foundation die Stiftung des Microsoft-Gruumlnders Bill Gates sponserte unter anderem die Gruumln-dung der Better than Cash Alliance (BTCA) ‒ ein Zusam-menschluss der die Zuruumlckdraumlngung des Bargelds durch digitale Zahlungssysteme vorantreibt Neben mehreren Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern gehoumlren der Allianz einige internationale Organisationen und weitere Finan-ziers an (wwwbetterthancashorgmembers) Im Rahmen der deutschen G20-Praumlsidentschaft unterstuumltzte auch das deutsche Bundesministerium fuumlr wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (BMZ) die BTCA mit einer halben Million Euro (vgl KfW 2017)

Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der ArmenWelche Folgen eine uumlbereilte und schlecht geplante Zuruumlckdraumlngung von Bargeld haben kann zeigt sich in Indien Dort erklaumlrte Ministerpraumlsident Narendra Modi am 8 November 2016 dass vom Folgetag an die Bankno-ten uumlber 500 und 1000 Rupien (ca sieben und 14 Euro) ihre Guumlltigkeit verlieren (vgl Safi 2016) Die bdquoDemoneti-sierungldquo loumlste chaotische Zustaumlnde in einem Land aus in dem 97 Prozent der Zahlungen mit Bargeld erfolgen

Sie schlug sich besonders im informellen Sektor nie-der in dem die Mehrheit der Inderinnen und Inder in prekaumlrer Beschaumlftigung taumltig sind (vgl SharmaSingh 2017) Sie erhielten keine Loumlhne und konnten Dienstleis-tungen und Einkaumlufe nicht mehr bezahlen Auch im

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

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36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 24: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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formellen Sektor hinterlieszlig die Demonetisierung ihre Spuren Schaumltzungen uumlber die Jobverluste bewegen sich zwischen 35 und 15 Millionen Eine der Hautpursachen war dass Arbeitslose waumlhrend der Demonetisierung die Arbeitssuche auf dem formellen Arbeitsmarkt eingestellt haben (vgl ENS Economic Bureau 2018)

Auch die Ziele der Regierung wurden weitgehend ver-fehlt Digitale Zahlungen nahmen nach einem kurzen Hoch wieder ab Bargeld bleibt im indischen Alltag unver-zichtbar (vgl Nayak D 2018) Als unrealistisch erwies sich auch die Annahme Falschgeld und Schwarzgeld wuumlrden aus Furcht vor Entdeckung nicht eingetauscht und dadurch weitgehend verschwinden (vgl Saha 2016)

Der indische Oumlkonom CP Chandrasekhar und die indische Oumlkonomin Jayati Ghosh verdeutlichen in einer

Studie die Irrationalitaumlt dieses Experiments (vgl Chand-rasekharGhosh 2018) Anders als manche Bargeldgeg-ner behaupteten ist die Verwendung von Scheinen und Muumlnzen kein Indikator fuumlr wirtschaftliche Ruumlckstaumlndig-keit Dies verdeutlicht ein internationaler Vergleich des Verhaumlltnisses von umlaufendem Bargeld zum Bruttoin-landsprodukt (BIP) in verschiedenen Waumlhrungsraumlumen (siehe Grafik)

Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlenSchulgebuumlhren und indirekte Kosten (Uniformen Buumlcher Transport) sind wesentliche Gruumlnde warum noch immer

187

Japan

Indien

119107

Schweiz

99

Eurozone

USA

74

Mexik

o

58

38

Brasil

ien

36

Groszligbrit

annien

23

Schweden

Kein Bargeld ist auch keine Loumlsung Bargeldanteil am Bruttoinlandsprodukt von 2011 bis 2015 (in Prozent)

Quelle ChandrasekharGhosh 2018

25

digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

26

Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

27

digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 25: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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digitalgerechtenspKapitel 5

264 Millionen Kinder in Laumlndern des Suumldens weder Pri-mar- noch Sekundarschulen besuchen und viele weitere den Schulbesuch vorzeitig abbrechen (vgl Human Rights Watch 2018) Das in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen niedergelegte Ziel welt-weit bis 2030 kostenlosen Zugang zu Primar- und Sekun-darschulbildung zu erreichen scheint noch in weiter Ferne (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Die Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) ein von der Weltbank koordiniertes Netzwerk von Finanzins-titutionen Entwicklungsagenturen und Unternehmens-stiftungen bietet leider keinen Vorschlag wie kostenlose Schulbesuche zu foumlrdern sind Stattdessen verweist es auf Beispiele wie Mobilfunkbetreiber verdienen koumlnnen etwa in der Republik Cocircte drsquoIvoire Dort werden die Gebuumlhren fast aller Schuumllerinnen und Schuumller der Sekun-darstufe seit wenigen Jahren uumlber mobile Zahlungs-dienste entrichtet (vgl Braniff 2017) Die Abwicklungsge-buumlhren fuumlr die Geldtransfers zahlt das ivorische Bildungs-ministerium an die privaten Mobilfunkunternehmen

Mehrere Unternehmen haben die Geschaumlfte weiter-entwickelt und bieten mittlerweile Digitalkredite im Bil-dungswesen an Die mangelhafte Regulierung und Kon-trolle digitaler Kredite (vgl Anderson et al 2017) erzeugt zusaumltzliche Armutsrisiken denn viele der Kreditnehmer-innen und Kreditnehmer tappen in die Schuldenfalle Diese Geschaumlftsmodelle funktionieren aber so lange die Regierungen Schulgebuumlhren erheben und die Missstaumlnde weiter unangetastet lassen

26

Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

27

digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 26: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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Kapitel 6

Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit

Viele E-Commerce-Angebote sind darauf angewiesen potenzielle Kundinnen und Kunden eindeutig identifi-zieren zu koumlnnen Deswegen propagieren IT-Konzerne mit Entwicklungsagenturen seit einigen Jahren den Auf-bau biometrischer Datenbanken Die Weltbank legte das Projekt ID for Development (ID4D) auf das oumlffentlich-pri-vate Partnerschaften foumlrdert die digitale Identifizie-rungssysteme entwickeln (httpid4dworldbankorg) Derartige Systeme bergen mitunter erhebliche gesell-schaftliche Risiken Sie koumlnnen den Schutz der Persoumln-lichkeit und die soziale Sicherheit bedrohen wie das Bei-spiel Indiens zeigt

Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale DystopieDas indische Identifikationssystem Aadhaar erfasst 12 Milliarden Menschen und ist damit die groumlszligte biometri-sche Datenbank der Welt Die Identifizierungsbehoumlrde UIDAI die das 2009 installierte System verwaltet vergibt fuumlr jede erfasste Person eine zwoumllfstellige Nummer (Aad-haar) unter der sie personenbezogene Angaben (etwa Name Geschlecht Geburtsdatum Adresse) sowie bio-metrische Daten (Fingerabdruumlcke Iris-Scans und Fotos) speichert UIDAI hat diese Arbeit an sogenannte Regist-rare ausgelagert zu denen neben oumlffentlichen Behoumlrden auch Privatunternehmen gehoumlren vor allem Banken und Versicherungen Diese wiederum duumlrfen Subunterneh-men mit der Eintragung der Buumlrgerinnen und Buumlrger in das Aadhaar-System beauftragen (vgl Unique Identifica-tion Authority of India oJ)

Bis heute existiert keine Gesetzgebung die verhin-dert dass die Daten auf diesem Weg gespeichert weiter-geben oder gestohlen werden koumlnnen Ein Gesetz zum Persoumlnlichkeitsschutz (Personal Data Protection Bill) wird derzeit im indischen Kongress debattiert (vgl Chakrab-ortyChowdury 2018) Eine Entscheidung des Kongresses wird fuumlr Ende 2019 erwartet

Trotzdem ist der Eintrag in die biometrische Daten-bank mittlerweile eine Voraussetzung um zahlreiche staatliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen wie subventioniertes Kochgas Rentenzahlungen Stipendien oder Jobs und vieles mehr Auch immer mehr private Unternehmen verlangen die Aadhaar-Nummern Ban-ken fuumlr Konten und Kredite Telekomfirmen fuumlr Sim-Kar-ten Versicherungen fuumlr ihre Policen sowie Tausende von Start-ups fuumlr diverse Dienstleistungen (vgl Dixon 2017)

Aadhaar und das Recht auf NahrungDie Digitalisierung der staatlichen Leistungen bedroht die aumlrmsten Inderinnen und Inder in ihrer sozialen Sicher-heit Aufgrund fehlender Aadhaar-Nummern wurden Mil-lionen Menschen Lebensmittelrationen verweigert Kin-der von der Einschulung oder Schulspeisungen ausge-schlossen und alten Menschen die Rentenzahlungen gestoppt Die Lesegeraumlte um Fingerabdruumlcke zu pruumlfen sind oftmals ebenso unzuverlaumlssig wie die Internet- oder Mobilfunkverbindungen Die biometrische Identifikation geht auszligerdem an der Lebensrealitaumlt der Armutsbevoumllke-rung vorbei Menschen die schwere koumlrperliche Arbeit leisten reiben dabei beispielsweise haumlufig ihre Fingerkup-pen ab sodass ihre Abdruumlcke fuumlr die Scan-Geraumlte unleser-lich werden Und bei den weit verbreiteten Augenkrank-heiten versagen die Iris-Scanner (vgl Kolocharam 2018)

Solche technischen Defizite koumlnnen lebensbedroh-lich sein Forscherinnen und Forscher ermittelten dass 27 Menschen im Zeitraum 2015 bis 2018 an Hunger gestorben sind weil sie keine Nahrungsmittelhilfen erhielten (vgl Huffington Post India 2018)

Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und GrundrechteZahlreiche Skandale enthuumlllten bereits die Sicherheitsluuml-cken des Aadhaar-Systems Presseberichte haben offenge-legt dass personenbezogene Aadhaar-Daten wegen Datenlecks fuumlr weniger als umgerechnet zehn Euro online gekauft werden konnten Ferner erschienen Millionen von Aadhaar-Nummern mitsamt persoumlnlichen Informationen auf uumlber 200 Regierungswebseiten (vgl Safi 2018) Amnesty International sieht die Grundrechte auch deshalb bedroht weil die UIDAI die Aadhaar-Identifikationsnummern aus vielerlei Gruumlnden deaktivieren darf Die Betroffenen ver-lieren dadurch ihren Zugang zu den staatlichen Leistun-gen (vgl Amnesty International India 2018)

Im September 2018 beschied das Oberste Gericht Indiens der Supreme Court die grundsaumltzliche Verfas-sungsmaumlszligigkeit des biometrischen Systems schraumlnkte jedoch die Moumlglichkeit privater Unternehmen ein die Aaadhaar-Nummern von ihren Kundinnen und Kunden zu verlangen Dagegen laufen Banken Telekom- und FinTech-Unternehmen derzeit Sturm Die Regierung sig-nalisierte bereits Entgegenkommen (vgl PTI 2018b)

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digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

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digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 27: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

27

digitalgerechtenspKapitel 6

Die besonders problematische Verknuumlpfung der Sozialleistungen mit den Aadhaar-Nummern erklaumlrte das Oberste Gericht indes als verfassungsgemaumlszlig Kritiker-innen und Kritiker glauben dass sich der Ausschluss Beduumlrftiger von grundlegenden Dienstleistungen des Staates so fortsetzen koumlnne (vgl EPW Engage 2018)

Lobby fuumlr freien Datenverkehr

Angesichts der lukrativen Geschaumlftsmoumlglichkeiten mit E-Commerce Digital Finance und Big Data ist es wenig verwunderlich dass transnationale Unternehmen auch auf die Handelspolitik Einfluss nehmen wollen So setzt die Finanzindustrie auf freien Datenverkehr um Kredit-kartenoperationen Geldtransfers oder den Vertrieb ihrer Kredite durchfuumlhren zu koumlnnen Versicherungskonzerne sammeln weltweit Daten um Geschaumlftsrisiken abschaumlt-zen und gezielt Policen an die zahlungskraumlftigsten Kun-dinnen und Kunden verkaufen zu koumlnnen

Auch Mobilfunkunternehmen sammeln eifrig Kun-dendaten die sie nicht nur fuumlr das eigene Geschaumlft son-dern auch fuumlr die Dienste verwenden die uumlber ihre Han-dynetze angeboten werden Die IT-Unternehmen schlieszlig-lich stellen die Technologie fuumlr all diese Geschaumlftsmodelle bereit und treten ebenfalls fuumlr freien Datenverkehr

Lokalisierungsverbote sowie den Schutz ihrer geistigen Eigentumsrechte ein In einem Positionspapier beklagt der internationale Lobbyverband der Mobilfunkanbieter GSMA der vor allem die EU-Handelspolitik im Visier hat uumlberambitionierte Datenschutzregeln oder Auflagen die eine Datenspeicherung in oumlrtlichen Servern vorschrei-ben Er fordert Regierungen und Aufsichtsbehoumlrden auf bdquoLokalisierungsauflagen zuruumlckzuweisenldquo um bdquounnoumltige Duplizierungen und Kosten fuumlr Unternehmenldquo zu verhin-dern (vgl GSMA 2017) Zu den GSMA-Mitgliedern gehouml-ren weltweite Telekom-Riesen wie China Mobile ATampT Vodafone oder die deutsche Telekom

Dass die Daten in Laumlndern des Suumldens haumlufig voumlllig unreguliert gesammelt und gespeichert werden bleibt in den Stellungnahmen von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern ebenso ungenannt wie die Risiken fuumlr den Per-soumlnlichkeitsschutz Bitkom der Lobbyverband der in Deutschland ansaumlssigen Digitalunternehmen verweist den Daten- und Persoumlnlichkeitsschutz sogar ausdruumlcklich in die zweite Reihe Die EU muumlsse den Handelspartnern die Moumlglichkeit nehmen bdquoDatenschutzbedenken potenzi-ell fuumlr letztlich protektionistische Zwecke zu missbrau-chen und Lokalisierungsanforderungen einzufuumlhrenldquo (Bitkom 20182) Mitglieder des Verbands sind unter ande-rem SAP Siemens Telekom Alibaba Amazon Apple Facebook Google IBM und Microsoft (vgl Bitkom oJ)

Unternehmen

Buumlrgerin

IndischerStaat

Outsourcing von Daten-

erhebung und -verwaltung persoumlnliche D

aten

Daten-

schutz

Ausverkauf der Persoumlnlichkeitsrechte ‒ 100thinsp Digitalisierung bei minimalem Datenschutz in Indien

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 28: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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Kapitel 7

Anforderungen an eine entwicklungs-gerechte Gestaltung der Digitalisierung

Die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Handel den digitalisierten Produktionsnetzwerken sowie Finanz-projekten der Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens bestaumltigen vor allem einen Befund Bestehende Ungleichheiten seien diese zwischen- oder innerstaat-lich werden in der Regel nur selten reduziert

Eine Gefahr der Debatte uumlber die Digitalisierung liegt dabei unter anderem darin von zentralen Entwick-lungsanliegen und -ansaumltzen abzulenken Den unzaumlhli-gen Beispielen uumlber kreative Unternehmensgruumlnderin-nen und -gruumlndern die digitale Start-ups im Globalen Suumlden errichten steht ein eindrucksvolles Schweigen uumlber die Milliarden Menschen gegenuumlber denen es trotz neuer Technologien am Noumltigsten zum Leben fehlt Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Forderungen

bull Die immer staumlrker vernachlaumlssigten Grundbeduumlrf-nisse der groszligen Mehrheit benachteiligter Menschen muumlssen in das Zentrum der Digitalisierungsdiskus-sion geruumlckt werden

bull Die Analyse der digitalen Entwicklung sollte daher nicht die Geschaumlftsmoumlglichkeiten transnationaler Unternehmen zum leitenden Kriterium erheben son-dern Armutsbekaumlmpfung Nachhaltigkeit und eine sozial gerechte und oumlkologisch nachhaltige oumlkonomi-sche Entwicklung im Sinne der Agenda 2030

bull Auf handelspolitische Regeln zum E-Commerce wie freier Datenverkehr Lokalisierungs- oder Besteue-rungsverbote sollte verzichtet werden Sie untergra-ben eine eigenstaumlndige Entwicklung in Laumlndern des Globalen Suumldens

bull Viele digitale Trends sind in ihrem Verlauf und ihren Folgen bisher noch unklar etwa im Bereich der indus-triellen Wertschoumlpfungsketten Regierungen und Zivil-gesellschaft in Laumlndern des Suumldens sollten daher darin unterstuumltzt werden diese Prozesse zu analysieren um entsprechende Gesetzesvorhaben und Regulierungen entwickeln zu koumlnnen

bull Internationale Prozesse die Handlungsdruck erzeu-gen und schaumldliche Formen der Digitalisierung befoumlr-dern sollten zuruumlckgedraumlngt oder aufgehalten wer-den Dazu gehoumlren unfaire Handelsabkommen frag-wuumlrdige Standards (etwa Anti-Bargeld-Vorschriften)

sowie einseitige Interventionen internationaler Orga-nisationen zugunsten transnationaler Konzerne

bull Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sollte bei ihrer Projektfoumlrderung groumlszligeres Augenmerk auf eine funktionsfaumlhige staatliche Regulierung legen Die Unterstuumltzung von Digitalprojekten im Suumlden ohne Verbraucher- und Datenschutz oder Wettbe-werbskontrolle birgt betraumlchtliche entwicklungspoli-tische Risiken

bull UN-Organisationen internationale Finanzinstituti-onen (IFIs) und Entwicklungsagenturen sollten ver-pflichtet werden auch bei Digitalprojekten ihre Man-date zur Bekaumlmpfung der Armut zu erfuumlllen die Menschenrechte zu wahren und auf Nachhaltigkeit zu achten

bull Kooperationen von UN-Organisationen IFIs und Entwicklungsagenturen mit Digital- und FinTech-Konzernen sollten auf den Pruumlfstand kommen Die Konkurrenz durch transnationale Unternehmen die mit Entwicklungsgeldern gefoumlrdert wurden kann den Aufbau einer lokalen Digitalwirtschaft in Laumlndern des Globalen Suumldens behindern

bull Verschaumlrfte Uumlberwachung Verhaltenskontrolle und Sanktionen durch biometrische Datenbanken erfor-dern eine Staumlrkung der Zivilgesellschaft in Laumlndern des Suumldens Die Foumlrderung biometrischer Daten-banken durch Entwicklungsbanken sollte kritisch gepruumlft werden

Wie kann Digitalisierung fair gestaltet werdenEs ist an der Zeit eine progressive digitale Agenda zum Wohl der Entwicklungslaumlnder und ihrer benachteiligten Bevoumllkerungsgruppen zu formulieren Eine Kehrtwende in Richtung einer gemeinwohlorientierten Digitalisie-rung wird die Chancen auf gesellschaftliche und oumlkono-mische Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der erhoumlhen

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

30

(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 29: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

29

digitalgerechtenspKapitel 7

Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige Digitalisierung

(1) Digitale Kluft schlieszligen mittels oumlffentlicher Infrastruktur Der Ausbau der Infrastruktur darf nicht (allein) dem Sili-con Valley und den Global Playern aus Asien uumlberlassen werden Die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder muumlssen befaumlhigt werden in ihren Laumlndern eine oumlffentliche Daten-infrastruktur auf- und auszubauen Die Entwicklungszu-sammenarbeit und die internationale Staatengemein-schaft sind herausgefordert sie dabei zu unterstuumltzen Die Industriestaaten muumlssen vor allem die dafuumlr notwendigen

Ressourcen zur Verfuumlgung stellen ‒ angefangen von der finanziellen Unterstuumltzung bis hin zum Wissens- und Technologietransfer

(2) Digitale Monopole kontrollieren und regulierenDie fuumlhrenden IT-Unternehmen aus den USA und China haben eine historisch einmalige marktmaumlchtige Stellung eingenommen Sogar etablierte Unternehmen in Indien oder auf dem afrikanischen Kontinent geraten durch digi-tale Plattformen in Bedraumlngnis Die Politik muss Rah-menbedingungen schaffen die die Monopole und ihre (digitalen) Transaktionen physischer sowie immaterieller Guumlter kontrollieren und regulieren und lokale Industrien einschlieszliglich der High-Tech-Unternehmen foumlrdern

Daten

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Heute

Finanzielle Ressourcen

Globaler Norden

Globaler Suumlden

Faire Zukunft

Technologie-transfer

Faire Digitalisierung umfasst mehr als Zugang zum Internet ‒ Gesellschaften muumlssen auch befaumlhigt werden eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen

30

(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

31

digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

Bibliographie

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Wyche SusanNightingale SimiyuMartha E Othieno (2016) Mobile Phones as Amplifiers of Social Inequality among Rural Kenyan Women ACM Transactions on Computer-Human Interaction 23 3 Art 14 Veroumlffentlicht unter wwwsusanwychecompubsTOCHIpdf 252019

Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 30: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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(3) Handelspolitische Spielraumlume erweiternDas Handelsrecht erlaubt den Laumlndern den Schutz der eigenen Wirtschaft nur unter sehr strikten Konditionen Staaten aber sollten Schutzmaszlignahmen ergreifen duumlr-fen um eine auf die lokalen Beduumlrfnisse zugeschnittene Wirtschaftspolitik zu betreiben Auszligerdem duumlrfen keine handelsrechtlichen Vereinbarungen getroffen werden

die eine lokale Datenspeicherung sowie die Erhebung von Zoumlllen verbieten (wie beispielsweise im transpazifi-schen CPTPP-Abkommen) Solche Regelungen schicken Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder bereits jetzt auf die Verliererstraszlige

(4) Nationale und regionale Plattformen foumlrdernDamit die Entwicklungslaumlnder nicht langfristig auf die Rolle von Datenzulieferern fuumlr die globalen Akteure beschraumlnkt bleiben muumlssen sie eigene nationale und regi-onale Plattformen aufbauen Eine der wichtigsten Vor-aussetzungen ist grenzuumlbergreifende regionale Maumlrkte zu schaffen Deutschland und die EU sind bei diesem Ziel doppelt herausgefordert Zum einen muumlssen sie die Laumln-der dabei unterstuumltzen regionale Maumlrkte zu schaffen Zum anderen darf die EU diese Anstrengungen nicht mit bilateralen Abkommen konterkarieren wie sie es gegen-waumlrtig mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen tut

(5) Genossenschaftliche Plattformen und neue GovernanceshyStrukturen schaffenUm moumlglichst vielen Menschen eine Arbeit zu bieten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu staumlrken sollten digitale Plattformen aufgebaut werden die einzelne Pro-dukte und Dienstleistungen auch genossenschaftlich erbringen koumlnnen Zugleich muumlssten neue Governance-Strukturen etabliert werden die diese genossenschaftli-chen Plattformen gegenuumlber Aktiengesellschaften wett-bewerbsfaumlhiger werden lassen Staatliche Programme ‒ unterstuumltzt durch globale Kapitalgeber ‒ koumlnnten hier eine wichtige Rolle einnehmen und den digitalen Platt-formen im Globalen Suumlden das notwendige Kapital zur Verfuumlgung stellen

(6) Digitale Zentren breiter denken Auch Laumlnder des Suumldens werden aller Wahrscheinlich-keit nach nicht daran vorbeikommen digitale Zentren aufzubauen um langfristig im internationalen Wettbe-werb bestehen zu koumlnnen Um eine Breitenwirkung zu ermoumlglichen sollte eine Foumlrderung Technologie- und Wissenstransfer umfassen aber vor allem auch lokale Behoumlrden dabei unterstuumltzen auf Augenhoumlhe mit den digitalen (Groszlig-)Unternehmen zu agieren um die loka-len Interessen zu wahren Damit diese Zentren einer

90des Marktwerts der 70 groumlszligten digitalen Plattformen gehoumlren den USA und China

USA 68

China22

Lateinamerika02 

restliches Asien5 

Afrika13 

Europa

36 

Globale (Ohn)Macht ‒ Laumlnder des Globalen Suumldens klar im Nachteil

Quelle UNCTAD 2019

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

32

Bibliographie

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34

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UNCTAD (2019) Digital Economy Report

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Urech Fabian (2018) Weltweit findet heute jede zweite mobile Geldtransaktion in Kenya statt Veroumlffentlicht unter wwwnzzchinter-nationalder-weltmarktfuehrer-aus-afrika-ld1338079 252019

USTR (2019) 2019 National Trade Estimate Report on Foreign Trade Barriers Veroumlffentlicht unter httpsustrgovsitesdefaultfiles 2019_National_Trade_Estimate_Reportpdf 252019

Weltbank (2017) World Development IndicatorsVeroumlffentlicht unter httpsdataworldbankorgcountrykenyaview=chart 14112019

WIPO (2017) World Intellectual Property Report 2017 Intangible Capital in Global Value Chains S 24 Veroumlffentlicht unter wwwwipointpublicationsendetailsjspid=4225 252019

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
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  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
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  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
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  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 31: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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digitalgerechtenspKapitel 7

diversifizierten Wirtschaftsentwicklung des ganzen Lan-des zugute kommen sollten mehrere Zentren in den Laumln-dern gefoumlrdert werden

(7) Bildungspolitik oumlffnen und gestaltenBuumlrgerinnen und Buumlrger werden zunehmend zu innova-tiven Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren Entwick-lungs- und Industrielaumlnder sollten ihre Wissensinstituti-onen oumlffnen und den Zugang zu Wissen kostenfrei bereit-stellen Westliche digitale Lernplattformen sollten inten-siver mit denen in den Laumlndern des Globalen Suumldens verbunden werden Ein weiterer wichtiger Schritt waumlre eine Zusammenarbeit (europaumlischer) Hochschulen mit lokalen Hochschulen in Laumlndern des Suumldens und die Anerkennung der dort erlangten Abschluumlsse in der EU

(8) Sozialpolitik international denkenBerechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zeigen dass die meisten Laumlnder prinzipiell in der Lage sind eine Grundsicherung zu finanzieren In der Realitaumlt fehlt es ihnen aber regelmaumlszligig an Geld um diese Sozialtransfers zu finanzieren Internationale Anstren-gungen zur Vermeidung von Steuerflucht sind dafuumlr genauso notwendig wie die Vermeidung von Schulden-krisen und der Schutz vor den Folgen verordneter Auste-ritaumltspolitik Daruumlber hinaus brauchen jene Entwick-lungslaumlnder Hilfe deren Haushalte nicht in der Lage sind Sozialtransfers zu leisten

(9) Kleine und mittelstaumlndische Unternehmen vor Ort unterstuumltzenDie lokalen zumeist klein- und mittelstaumlndischen Unter-nehmen (KMU) verfuumlgen in der Regel weder uumlber das Wissen noch die finanziellen Moumlglichkeiten den digita-len Wandel erfolgreich zu gestalten Partnerschaften mit westlichen Unternehmen sind fuumlr den Wissens- und Erfahrungsaustausch notwendig um die Transformati-onskosten zu senken Fuumlr die Entwicklungslaumlnder emp-fiehlt sich auszligerdem das sbquoInsider-Modelllsquo So sollten tra-ditionelle KMUs transformiert werden anstatt Modelle aus China oder den USA zu kopieren Da in diesen Laumln-dern so genanntes Risikokapital rar ist muss die interna-tionale Staatengemeinschaft uumlberlegen wie sie Start-ups und KMUs finanziell unterstuumltzen kann

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Bibliographie

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Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 32: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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Bibliographie

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Unique Identification Authority of India (oJ) Registrars Veroumlf-fentlicht unter httpsuidaigovinenrolment-updateecosystem-part-nersregistrarshtml 252019

Urban Soweto (2018) Eskom technicians chased away in Doorn-kop while conducting meter audits Veroumlffentlicht unter httpssowe-tourbancoza53935eskom-technicians-chased-away-doornkop-con-ducting-meter-audits 252019

Urech Fabian (2018) Weltweit findet heute jede zweite mobile Geldtransaktion in Kenya statt Veroumlffentlicht unter wwwnzzchinter-nationalder-weltmarktfuehrer-aus-afrika-ld1338079 252019

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Wyche SusanNightingale SimiyuMartha E Othieno (2016) Mobile Phones as Amplifiers of Social Inequality among Rural Kenyan Women ACM Transactions on Computer-Human Interaction 23 3 Art 14 Veroumlffentlicht unter wwwsusanwychecompubsTOCHIpdf 252019

Brot fuumlr die WeltEvangelisches Werk fuumlr Diakonie und Entwicklung e V

Caroline-Michaelis-Straszlige 110115 Berlin

Tel +49 30 65211 0 Fax +49 30 65211 3333infobrot-fuer-die-weltdewwwbrot-fuer-die-weltde

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Daten ‒ Das Rohoumll des 21 Jahrhunderts
  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
  • Demonetisierung in Indien Ein Feldversuch auf Kosten der shyArmen
  • Schulgebuumlhren Abschaffen oder mobil bezahlen
  • Biometrische Datenbanken im Suumlden Uumlberwachung und Profit
  • Indiens Megadatenbank Aadhaar Eine digitale Dystopie
  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
  • Ansaumltze fuumlr eine entwicklungsshypolitisch zukunftsfaumlhige shyDigitalisierung
  • Bibliographie
Page 33: ÜBERBLICK #digital gerecht?€¦ · Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen 18 ... Zentren bedürfen einer Vernetzung, um weitere Städte und ländliche Regionen einzubinden.

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digitalgerechtenspBibliographie

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USTR (2019) 2019 National Trade Estimate Report on Foreign Trade Barriers Veroumlffentlicht unter httpsustrgovsitesdefaultfiles 2019_National_Trade_Estimate_Reportpdf 252019

Weltbank (2017) World Development IndicatorsVeroumlffentlicht unter httpsdataworldbankorgcountrykenyaview=chart 14112019

WIPO (2017) World Intellectual Property Report 2017 Intangible Capital in Global Value Chains S 24 Veroumlffentlicht unter wwwwipointpublicationsendetailsjspid=4225 252019

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WTO (2017) Work Programme on Electronic Commerce ‒ Trade Policy the WTO and the Digital Economy JOBGC116

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Wyche SusanNightingale SimiyuMartha E Othieno (2016) Mobile Phones as Amplifiers of Social Inequality among Rural Kenyan Women ACM Transactions on Computer-Human Interaction 23 3 Art 14 Veroumlffentlicht unter wwwsusanwychecompubsTOCHIpdf 252019

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  • Einleitung
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  • Datensouveraumlnitaumlt ‒ shydas shyumkaumlmpfte Terrain
  • Facebook und Co Das Einmaleins der digitalen Plattformen
  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
  • Gewinner und Verlierer
  • Reshoring Foumlrdert die Digitalisierung Ruumlckverlagerungen
  • Crowdwork Entwicklung durch Online-Arbeitsplattformen
  • E-Commerce in Handelsabkommen
  • Entwicklungslaumlnder sind beim Handel marginalisiert
  • Geistige Eigentumsrechte Das TRIPS-Abkommen
  • Freunde des E-Commerce wollen umfassendes Abkommen
  • Bilaterale Abkommen Die shyUumlberholspur der Liberalisierung
  • Konzerne gegen Digitalsteuern
  • Afrikas Digitalwirtschaft Ein El Dorado fuumlr Investoren
  • Afrikanische Start-ups shyProfittransfer gen Norden
  • Digitale Prepaidsysteme Wo shybleiben die Menschenrechte
  • Digital Finance Das Geschaumlft mit der shyfinanziellen Inklusion
  • M-Pesa und die Armen
  • Elektronisches Zahlen Die shyAnti-Bargeld-Allianzen
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  • Aadhaar und das Recht auf shyNahrung
  • Sicherheitsmaumlngel Datenlecks und Grundrechte
  • Lobby fuumlr freien Datenverkehr
  • Anforderungen an eine entwicklungsshygerechte Gestaltung der Digitalisierung
  • Wie kann Digitalisierung fair shygestaltet werden
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  • Bibliographie
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  • Industrie und Wertschoumlpfungsketten
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