Nutzung von Elektronischen Marktplätzen
im Hersteller-Distributionssystem
- dargestellt am Beispiel des Automobilvertriebs
DISSERTATION
der Universität St. Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Jens Holger Heinemann
aus
Deutschland
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Torsten Tomczak
und
Prof. Dr. Christian Belz
Dissertation Nr. 3294
Senner-Druck, Nürtingen 2007
Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen. St. Gallen, den 22. Januar 2007 Der Rektor: Prof. Ernst Mohr, PhD
Vorwort
Elektronische Marktplätze stellen einen Betriebstyp des Handels dar, der sich in der
starken Wachstumsphase des Internets in den 90er Jahren entwickelt hat und der sich
seitdem in einigen Branchen zu einem bedeutenden Element in der Distributionspolitik
herausbildete. Die vorliegende Arbeit untersucht die Wirkung Elektronischer
Marktplätze am Beispiel des Automobilvertriebs mit Hilfe einer empirisch-qualitativen
Methodik und soll mit ihren Erkenntnissen zu einem fachlich fundierten Umgang mit
diesem Betriebstyp beitragen.
Die Untersuchung entstand als externes Dissertationsprojekt parallel zu meiner
Berufstätigkeit, deshalb waren sowohl die fachliche als auch die methodische
Betreuung durch die Referenten und Mitarbeiter am Institut für Marketing und Handel
(IMH) der Universität St. Gallen von besonderer Bedeutung für das Gelingen. Hierbei
danke ich vor allem meinen Referenten, die mir den Weg in eine solche
wissenschaftliche Arbeit geebnet und das Vorhaben konstruktiv geführt und inhaltlich
begleitet haben. Von besonderem Wert war für mich das exzellente Doktorstudium,
das wichtiges Wissen vermittelte und die Möglichkeit zur Diskussion der eigenen
Themen bot.
Die empirisch-qualitative Analyse basiert auf der Teilnahme von Kunden und
Fachexperten, die ihre persönlichen Erfahrungen und Kenntnisse in die Arbeit
eingebracht haben. Ihnen gilt mein Dank für die wertvollen Beiträge. Die mehrjährige
intensive Arbeit wäre ohne privaten Rückhalt und Unterstützung nicht möglich
gewesen. Hierfür danke ich meinen Eltern und besonders meiner Frau Anja. Viele
subtile Beiträge zur Motivation lieferte mein Freund und Vorreiter Dr. Henning
Wartig. Nicht zuletzt danke ich Silvia Koch für die professionelle und angenehme
Unterstützung bei der Korrektur des Manuskripts.
Stuttgart, den 08. Februar 2007 Jens Holger Heinemann
Inhaltsverzeichnis ___________________________________________________________________________
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis.......................................................................................................................I
Abbildungsverzeichnis............................................................................................................ III
Tabellenverzeichnis ................................................................................................................. IV
Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................................V
Zusammenfassung................................................................................................................. VII
A. Einleitung.............................................................................................................................. 1
1. Problemstellung............................................................................................................................. 1 1.1 Elektronische Marktplätze als Herausforderung für den Hersteller......................................................... 1 1.2 Grundlegende Terminologie zur Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands....................................... 5 1.3 Wissenschaftliche Ansätze zur Untersuchung Elektronischer Marktplätze........................................... 10
2. Zielsetzung der Arbeit ................................................................................................................ 14 2.1 Forschungsfragen .................................................................................................................................. 14 2.2 Aufbau des Bezugsrahmens................................................................................................................... 19
3. Forschungsansatz und Forschungsmethodik ........................................................................... 21 3.1 Realitätsorientierte Marketingforschung ............................................................................................... 22 3.2 Qualitative Forschung und Generalisierbarkeit der Ergebnisse............................................................. 25 3.3 Forschungsmethodisches Vorgehen ...................................................................................................... 29
4. Aufbau der Dissertation ............................................................................................................. 30
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem.................................. 33
1. Der Untersuchungsrahmen des distributiven Leistungssystems ............................................ 33 1.1 Einordnung der Aufgabenstellung in den Funktionsbereich Distribution ............................................. 33 1.2 Methoden und wissenschaftliche Ansätze der Distributionsforschung ................................................. 34 1.3 Möglichkeiten zur Beschreibung unterschiedlicher Betriebstypen........................................................ 36
2. Leistung und Geschäftsmodell Elektronischer Marktplätze ................................................. 38 2.1 Definition und Einordnung Elektronischer Marktplätze........................................................................ 39
2.1.1 Abgrenzung Elektronischer Marktplätze im Internet ..................................................................... 39 2.1.2 Elektronische Marktplätze als Absatzhelfer................................................................................... 43 2.1.3 Strategische Optionen für den Einsatz im Distributionssystem ..................................................... 50
2.2 Elektronische Marktplätze in der Praxis................................................................................................ 52 2.2.1 Beispielhafte Realisierungen und Auswahl der Fallbeispiele........................................................ 52 2.2.2 Die Gebrauchtwagenbörse „Autoscout24“ ................................................................................... 53 2.2.3 Die Jobbörse „Stepstone“ ............................................................................................................. 57 2.2.4 Die Immobilienbörse „Immowelt“................................................................................................. 61
2.3 Erkenntnisse aus den Fallbeispielen ...................................................................................................... 65 2.3.1 Rahmenbedingungen der Online-Börsen ....................................................................................... 65 2.3.2 Das typische Geschäftsmodell Elektronischer Marktplätze........................................................... 67 2.3.3 Das typische Marktmodell Elektronischer Marktplätze................................................................. 70 2.3.4 Architektur des Elektronischen Marktplatzes ................................................................................ 72
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie........................................ 75
1. Distributionssysteme im Automobilvertrieb............................................................................. 76 1.1 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen.................................................................................................... 76 1.2 Das Distributionssystem der Automobilhersteller ................................................................................. 78
1.2.1 Distributionssubjekte ..................................................................................................................... 78
___________________________________________________________________________
II
1.2.2 Hersteller und Grosshandelsstufe.................................................................................................. 82 1.2.3 Absatzmittler .................................................................................................................................. 83 1.2.4 Verhaltensbeziehungen im Distributionssystem............................................................................. 85
1.3 Marktleistungen im Automobilvertrieb ................................................................................................. 88 1.3.1 Das Leistungsbündel des Automobilvertriebs................................................................................ 88 1.3.2 Das Neufahrzeuggeschäft .............................................................................................................. 91 1.3.2 Das Gebrauchtfahrzeuggeschäft.................................................................................................... 94
2. Konsumentenverhalten beim Autokauf .................................................................................... 98 2.1 Vorverständnis und Definitionen........................................................................................................... 99 2.2 Der Kaufentscheidungsprozess............................................................................................................ 104 2.3 Entscheidungsdeterminanten beim Autokauf ...................................................................................... 108
3. Einsatz des Internets im Automobilvertrieb........................................................................... 113 3.1 Automobilseiten im Internet ................................................................................................................ 113 3.2 Nutzung des Internets im Automobilvertrieb ...................................................................................... 116 3.3 Ergänzende ökonomische Aspekte aus Sicht der Anbieter.................................................................. 121 3.4 Situation der Online-Börsen in Deutschland ....................................................................................... 124
4. Zusammenfassung: Rahmenbedingungen anhand des heuristischen Bezugsrahmens ...... 129
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells.................................................... 135
1. Logische Herleitung eines Wirkungsmodells der Online-Börsen......................................... 135 1.1 Der Autokauf als Ablauf von Teilentscheidungen............................................................................... 135 1.2 Identifikation der Einzelaktivitäten im Kaufprozess ........................................................................... 139 1.3 Idealmodell der Marktplatznutzung..................................................................................................... 145
2. Empirische Prüfung und Diskussion des Wirkungsmodells ................................................. 148 2.1 Rahmenbedingungen der empirischen Erhebung ................................................................................ 149 2.2 Erkenntnisse zum allgemeinen Kaufprozess ....................................................................................... 151 2.3 Analyse von Teilentscheidungen und Einzelaktivitäten ...................................................................... 154 2.4 Die Rolle des Marktplatzes in den untersuchten Fällen....................................................................... 158
3. Bewertung von Chancen und Risiken ..................................................................................... 160
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen ..................... 168
1. Gestaltungsoptionen für die Ist-Situation der Online-Börsen .............................................. 168 1.1 Wettbewerbsrelevante Einflüsse der Mikro- und Makro-Ebene.......................................................... 168 1.2 Gestaltungsmöglichkeiten der Mikro-Ebene ....................................................................................... 169 1.3 Empfehlungen...................................................................................................................................... 171
2. Entwicklung der strategischen Handlungsoptionen .............................................................. 172 2.1 Ableitung der Handlungsoptionen....................................................................................................... 172 2.2 Alternativen im Umgang mit den Online-Börsen................................................................................ 175 2.3 Diskussion der Alternativen ................................................................................................................ 179
F. Fazit und weiterer Forschungsbedarf.............................................................................. 182
Literaturverzeichnis............................................................................................................... 185
Anhang 1: Beschreibung der verwendeten Internetadressen.............................................. 208
Anhang 2: Bildschirmdarstellungen der Kernprozesse ....................................................... 211
Anhang 3: Materialien zur qualitativen Untersuchung ...................................................... 214
Anhang 4: Liste der verwendeten Studien............................................................................ 219
Lebenslauf ............................................................................................................................. 220
Abbildungsverzeichnis ___________________________________________________________________________
III
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Struktur Elektronischer Marktplätze.................................................................... 1 Abbildung 2: Definition von Architekturebenen) ...................................................................... 6 Abbildung 3: Gestaltungsparameter und Gestaltungsebenen................................................... 16 Abbildung 4: Mögliche Formen der Zusammenarbeit ............................................................. 17 Abbildung 5: Heuristischer Bezugsrahmen.............................................................................. 20 Abbildung 6: Konzept für den Ablauf der Untersuchung ........................................................ 31 Abbildung 7: Wirkung der Autobörse (Kapitel D.) ................................................................. 32 Abbildung 8: Einordnung Elektronischer Marktplätze zu anderen Internet-Plattformen ........ 41 Abbildung 9: Einordnung Elektronischer Marktplätze im Distributionssystem...................... 43 Abbildung 10: Strategische Optionen im Distributionssystem................................................ 51 Abbildung 11: Beispiele für strategische Kooperationen der Börsen ...................................... 66 Abbildung 12: Kernprozesse beim Idealtyp der Online-Börse ................................................ 72 Abbildung 13: Unterschiedliche Distributionswege bei Neu- und Gebrauchtwagen .............. 79 Abbildung 14: Beispiele für Fahrzeugbestände bei Neu- und Gebrauchtwagen ..................... 91 Abbildung 15: Neuwagenpreise in der Europäischen Union ................................................... 93 Abbildung 16: Gebrauchtwagen-Marktmodell ........................................................................ 96 Abbildung 17: Gebrauchtwagen-Standkosten.......................................................................... 97 Abbildung 18: Typologie der Entscheidungsarten................................................................. 100 Abbildung 19: Untersuchungen über Entscheidungsphasen im Vergleich ............................ 106 Abbildung 20: Konsolidierte Entscheidungsphasen und Einbezug der Einkaufsstättenwahl 107 Abbildung 21: Modell der Automobil-Kaufentscheidung ................................................... 110 Abbildung 22: Übersicht der Internetanwendungen im Automobilbereich ........................... 114 Abbildung 23: Der Zielkonflikt zwischen Wirksamkeit und Kosteneffizienz....................... 124 Abbildung 24: Heuristischer Bezugsrahmen: Schnittstellen.................................................. 129 Abbildung 25: Einzelaktivitäten der Interessenten beim Autokauf ....................................... 141 Abbildung 26: Mögliche Wirkung der Online-Börsen auf die Einzelaktivitäten .................. 148 Abbildung 27: Kaufprozess am Beispiel: Dr. H. ................................................................... 154 Abbildung 28: Kaufprozess am Beispiel: Hr. G. ................................................................... 155 Abbildung 29: Kaufprozess am Beispiel: Hr. M.................................................................... 156 Abbildung 30: Vorgehen bei der Ableitung von Handlungsalternativen............................... 175 Abbildung 31: Strategische Szenarien für den Umgang mit den Börsenbetreibern .............. 176 Abbildung 32: Bildschirmdarstellung der Kernprozesse: Startseite ...................................... 211 Abbildung 33: Bildschirmdarstellung der Kernprozesse: Ergebnisliste ................................ 212 Abbildung 34: Bildschirmdarstellung der Kernprozesse: Detailansicht ................................ 213
___________________________________________________________________________
IV
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Das Konzept Geschäftsmodell .................................................................................. 8 Tabelle 2: Kriterien des Marktmodells....................................................................................... 9 Tabelle 3: Untersuchungen zum Phänomen des Electronic Marketplace ................................ 11 Tabelle 4: Untersuchungen Elektronischer B2B-Marktplätze ................................................. 11 Tabelle 5: Beziehungen im Bezugsrahmen und beispielhafte Wirkungen .............................. 21 Tabelle 6: Merkmale von Betriebstypen .................................................................................. 37 Tabelle 7: Übersicht der Kriterien von Geschäfts- und Marktmodellen.................................. 39 Tabelle 8: Eigenschaften von Marktveranstaltungen ............................................................... 46 Tabelle 9: Das typische Geschäftsmodell der Online-Börsen.................................................. 69 Tabelle 10: Das typische Marktmodell der Online-Börsen...................................................... 71 Tabelle 11: Gestaltungsrelevante Elemente aus der Frontend-Betrachtung ............................ 74 Tabelle 12: Kundenanforderungen an Autohändler ................................................................. 84 Tabelle 13: Inhalte von Händlerverträgen................................................................................ 86 Tabelle 14: Empirische Untersuchung über Involvement-Kriterien ...................................... 103 Tabelle 15: Indikatoren zur Kaufentscheidung ...................................................................... 109 Tabelle 16: Informationsquellen von Internet-Usern ............................................................. 118 Tabelle 17: Genutzte Informationen von Internet-Usern ....................................................... 119 Tabelle 18: Auflistung aktiver Online-Börsen in Deutschland.............................................. 126 Tabelle 19: Wichtigkeit von Suchkriterien ............................................................................ 127 Tabelle 20: Beurteilung von Privatanbietern ......................................................................... 128 Tabelle 21: Beurteilung von Händlern ................................................................................... 128 Tabelle 22: Mögliche Wirkung der Online-Börsen auf Teilentscheidungen ......................... 147 Tabelle 23: Kurzbeschreibung der Teilnehmer bei den Endkundeninterviews ..................... 150 Tabelle 24: Übersicht über die Ziele der Beteiligten ............................................................. 161 Tabelle 25: Diskussion der Handlungsoptionen..................................................................... 179 Tabelle 26: Liste der verwendeten Internetseiten .................................................................. 210 Tabelle 27: Liste der verwendeten Studien ............................................................................ 219
Abkürzungsverzeichnis ___________________________________________________________________________
V
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
ADAC Allgemeiner Deutscher Automobilclub e.V.
AG Aktiengesellschaft
ASA Norwegische Aktiengesellschaft
(Allmennaksjeselskap)
Aufl. Auflage
AUMA Ausstellungs- und Messeausschuss der
Deutschen Wirtschaft e.V.
Bd. Band
BMW Bayrische Motorenwerke AG
bzw. beziehungsweise
B2B Business-to-Business
B2C Business-to-Consumer
B2D Business-to-Dealer
C2C Consumer-to-Consumer
ca. circa
CRM Customer Relationship Management
DaimlerChrysler DaimlerChrysler AG
DAT Deutsche Automobil Treuhand GmbH
d.h. das heisst
eMP Elektronischer Marktplatz
ESP Elektronisches Stabilitätsprogramm
et al. et alii, et alia, et alter
etc. et cetera
EU Europäische Union
e.V. eingetragener Verein
EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
f., ff. folgende, fortfolgende
F+L Finanzierung und Leasing
ggf. gegebenenfalls
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GSM Global System for Mobile communications
GVO Gruppenfreistellungsverordnung
___________________________________________________________________________
VI
GW Gebrauchtwagen
Hrsg. Herausgeber
HTML Hyper Text Markup Language
HTTP Hyper Text Transfer Protocol
IAA Internationale Automobilausstellung Frankfurt/Main
IT Information Technology
Jg. Jahrgang
JW Jahreswagen
KBA Kraftfahrt-Bundesamt
KFZ Kraftfahrzeug
n Anzahl
Nr. Nummer
NW Neuwagen
o.Ä. oder Ähnlich(es)
o.Jg. ohne Jahrgang
o.O. ohne Ortsangabe
o.S. ohne Seitenangaben
o.V. ohne Verfasserangabe
OEM Original Equipment Manufacturer
PR Public Relations
S. Seite
SB Selbstbedienung
sog. so genannt
SUV Sport Utility Vehicle
TCP/IP Transmission Control Protocol/ Internet Protocol
u.a. unter anderem
UMTS Universal Mobile Telecommunications System
URL Unique Ressource Locator
USA Vereinigte Staaten von Amerika
vgl. vergleiche
vs. versus
WWW World Wide Web
XML Extensible Markup Language
z.B. zum Beispiel
ZDK Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V.
Zusammenfassung ___________________________________________________________________________
VII
Zusammenfassung Ausgangspunkt dieser Arbeit ist eine Problemstellung der Praxis aus dem
Funktionsbereich der Distribution. Seit Ende der 90er Jahre haben sich im Internet
Elektronische Marktplätze als spezielle Form von transaktionsorientierten Internet-
anwendungen entwickelt. Auf diesen Marktplätzen treffen die Nachfrager auf die
Leistungen einer Vielzahl von konkurrierenden Anbietern, wobei die Organisation der
Marktveranstaltung meist von einem unabhängigen Betreiber vorgenommen wird. Seit
ungefähr 10 Jahren gewinnen die Elektronischen Marktplätze auch im Endkunden-
geschäft, hier häufig als Online-Börse oder Virtueller Marktplatz bezeichnet, in
einigen Branchen eine zunehmende Bedeutung. Für den Hersteller stellt sich die
Frage, welche Chancen und Risiken diese Entwicklung bedeuten und wie er sein
Distributionssystem an die neue Ausgangslage anpassen kann.
Diese Fragestellung wird mithilfe einer empirisch-qualitativen Methodik untersucht.
Anhand von Fallbeispielen in drei verschiedenen Branchen wurde dabei zuerst geprüft,
ob das beschriebene Phänomen als eigenständiger Betriebstyp verstanden werden
kann. Dabei wurde eine weitgehende Homogenität von Geschäfts- und Marktmodell
festgestellt und dokumentiert. Für die Beurteilung der Chancen und Risiken des
Betriebstyps wurde eine situative Analyse anhand des Automobilvertriebs in
Deutschland durchgeführt. Grundlage der Beurteilung war dabei ein Wirkungsmodell,
das den Einfluss der Online-Börsen auf das Kaufverhalten untersucht. Auf Basis des
Wirkungsmodells und der ermittelten Chancen und Risiken wurden konkrete
Handlungsoptionen aufgezeigt und Empfehlungen für die Organisation der Teilnahme
abgeleitet.
Als Ergebnis konnten Online-Börsen als endkundenorientierte Form der
Elektronischen Marktplätze als weitgehend einheitlicher und stabiler Betriebstyp
beschrieben werden. Die Chancen und Risiken im Automobilvertrieb sind getrennt
nach der Rolle des Marktplatzbetreibers und der Wirkung des besonderen
Marktmodells des Marktplatzes zu bewerten. Das Marktmodell hat sich etabliert und
erscheint nicht mehr veränderbar. Das Distributionssystem muss sich mit einer
Optimierung seiner Prozesse an die veränderten Wettbewerbsbedingungen anpassen.
Das eigentliche Risiko stellt die zukünftige Entwicklungsrichtung der unabhängigen
Marktplatzbetreiber dar, die an der Schnittstelle zum Kunden einen wesentlichen
Einfluss auf den Vertrieb ausüben können.
___________________________________________________________________________
VIII
Abstract
The origin of this paper is a problem out of the practice of business decisions from the
functional area of distribution management. Since the end of the 90s Electronic Mar-
ketplaces have been established as a special form of internet applications. On these
marketplaces customers meet various competing suppliers. The organisation of these
marketplaces is run by an independent operator. Since about 10 years the Electronic
Marketplaces gain importance in the Business-to-Consumer market. In this case they
are often called Online-Börse or Virtueller Marktplatz. The manufacturers have to de-
cide about chances and risks of this development and have to adapt their distribution
system to the new conditions.
The question how to handle with the new distribution element Electronic Marketplace
is examined by means of an empirical qualitative analysis. On the basis of case studies
of three different branches, the homogeneity of the entity was checked first. The result
was a uniform business and market model of the Electronic Marketplace for the differ-
ent branches. In order to evaluate the chances and risks of this type of business, a
situative study has been carried out for the German car market. A model which analy-
ses the impact of the Electronic Marketplaces on the customer behaviour was taken as
basis of valuation. Based on this model and on the determined chances and risks, ad-
vocacies for the manufacturers are deducted.
As a result of the study, Online-Börsen can be described as Electronic Marketplaces
focusing on end customers. They are a uniform and steady type of business. Chances
and risks should be assessed separately according to the business model and the spe-
cial market model of the Electronic Marketplace. The market model is well established
and seems to be invariable so that the manufacturers have to react to the independent
marketplace operators. Their development will have the most important impact on the
market conditions and the distribution systems of the manufacturers.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
1
A. Einleitung
1. Problemstellung
1.1 Elektronische Marktplätze als Herausforderung für den Hersteller Elektronische Marktplätze stellen eine eigenständige Form von Verkaufsstellen im
Internet dar. Wie auf einem klassischen Marktplatz treffen hier mehrere Anbieter und
Nachfrager zusammen, werden jedoch durch die speziellen Kommunikations- und
Koordinationsmöglichkeiten der Internettechnologie unterstützt.1 Elektronische Markt-
plätze verfügen über ein sehr prägnantes Geschäftsmodell mit denen sie sich von
anderen Typen von Verkaufsstellen im Internet abgrenzen lassen.2 Eine solche
Abgrenzung zwischen den Internet-Verkaufsstellen erfolgt in der Praxis zumeist
entsprechend ihrer Ausrichtung auf die Ansprache von Anbietern oder Nachfragern.3
Nach dieser Einteilung können Internetseiten mit Produkt- und Leistungsangeboten als
Shop, Einkaufsplattform und Marktplatz klassifiziert werden. Beispiele für die als
Shop bezeichneten, anbieterorientierten Verkaufsstellen sind die Internet-Buchhändler
und der Online-Vertrieb von Versandhäusern. Der Online-Shop richtet sich von einem
Anbieter an eine grössere Anzahl von Nachfragern und wird vom Anbieter organisiert.
Auf der anderen Seite der Wertschöpfungskette sind im Internet Einkaufsplattformen
entstanden. Der Nachfrager führt hierbei die Internet-Plattform, über die er auf die
Angebote seiner Lieferanten zugreift. Vor allem grössere Unternehmen verwenden
diesen Typ zur Optimierung ihrer Einkaufsprozesse.4
Nachfrager
Anbieter
Internet-Zugriff
Net-Admin odereigenes IT-System
Austausch-Plattform
Shop-Lösung „neutrale“ Marktplatz Lösung
Einkaufsplattform
Abbildung 1: Struktur Elektronischer Marktplätze (Quelle: in Anlehnung an ZBORNIK 1996, S. 61)
1 SCHMID 1993, S. 48. 2 Vgl. SCHEER/DEELMANN/LOOS 2003, S. 8-22 und BIEGER/VON ROHR/RÜEGG-STÜRM 2001 zum Konzept Geschäftsmodell. Die Idee des Geschäftsmodells wird im Abschnitt B.2.1.1 aufgenommen. Anhand von Fallbeispielen wird im Abschnitt B.2.3.2 das typische Geschäftsmodell Elektronischer Marktplätze entwickelt. 3 MERZ 2002, S. 22-39; SCHNEIDER/SCHNETKAMP 2001, S. 21. 4 RUDOLPH/BUSCH 2002, S. 2-6.
___________________________________________________________________________
2
Bei einer solchen Einteilung ist es ein konstitutives Merkmal der Typen Shop und
Einkaufsplattform, dass eine der beiden Marktparteien die Gestaltung und
Organisation der Internet-Verkaufsstelle übernimmt. Eine solche Bindung an den
Anbieter oder den Nachfrager für die Konzeption und den Betrieb der Internet-
anwendung ist bei Elektronischen Marktplätzen nicht notwendig. Die Organisations-
leistung des Marktplatzes kann vom Anbieter, Nachfrager oder einer dritten Partei
erbracht werden.5 Der Organisator und Gestalter des Marktplatzes hebt sich durch
seine Möglichkeit, die Marktregeln verändern zu können, von den anderen Markt-
parteien ab. Neben der Unabhängigkeit vom Betreiber zeichnet sich das Marktplatz-
modell dadurch aus, dass immer mehrere Anbieter und mehrere Nachfrager
zusammentreffen.6 Aufgrund der direkten Wettbewerbssituation auf dem Marktplatz
ist ein unabhängiger Rahmen, der unter anderem fest definierte Prozesse und Regeln
beinhaltet, sogar notwendig. Denn nur bei konstanten und nicht willkürlich
veränderbaren Rahmenbedingungen sind konkurrierende Unternehmen von sich aus
bereit, sich dem Wettbewerb auf einer gemeinsamen Plattform zu stellen.
Es ist damit die Rolle des Marktplatzbetreibers als führender Gestalter dieses Kanals
entstanden. Der Marktplatzbetreiber bietet den unparteiischen Rahmen und ist auf die
Organisation des Marktplatzes spezialisiert, wie beispielsweise dessen technischen
Betrieb oder die Akquise neuer Teilnehmer. Im B2C-Geschäft tritt der Marktplatz-
betreiber nicht als eigenständiger Absatzmittler auf. Durch sein eigenständiges
Geschäftsmodell kann es jedoch zu abweichenden Zielen zwischen Anbieter und
Marktplatzbetreiber kommen.7 Denn er legt die Rahmenbedingungen auf dem
Marktplatz fest und hat damit Einfluss auf die Wettbewerbssituation der
Marktparteien.
Neben den Besonderheiten des Mediums Internet muss der Anbieter auf
Elektronischen Marktplätzen also eine besondere Marktsituation durch das
gleichzeitige Auftreten mehrerer Anbieter und Nachfrager sowie die distributions-
politischen Rahmenbedingungen durch die neue Rolle des Marktplatzbetreibers
berücksichtigen.8 Zusammengefasst soll der Untersuchungsgegenstand Elektronischer
Marktplatz im Rahmen dieser Arbeit durch die folgenden Kriterien beschrieben
werden:
5 ILLIK 1999, S. 65. 6 SCHWAB/MOEHLECKE 2002, S. 60ff.; RAISCH 2001, S. 22f.; SCHNEIDER/SCHNETKAMP, S. 51. 7 So waren alle Elektronischen Marktplätze, die in den Fallbeispielen untersucht wurden, durch unabhängige Marktplatzbetreiber organisiert, siehe B.2.3.2. 8 Vgl. SCHMID 1993, S. 468.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
3
• Elektronische Marktplätze schaffen einen virtuellen Handelsraum im Internet.
• Durch die Verwendung des Internets werden geografische und zeitliche
Beschränkungen überwunden.
• Die Elektronischen Marktplätze sind grundsätzlich offen für mehrere Anbieter
und Nachfrager, dabei treffen sich auch Konkurrenten mit vergleichbaren
Leistungen auf derselben Plattform.
• Sie besitzen eine eigenständige Organisation in Form von Prozessen, fest
definierter Marktregeln und einem der Dienstleistung des Marktplatzbetriebs
angepassten Geschäftsmodell.9
Elektronische Marktplätze dieser Definition haben in einigen Branchen zu erheblichen
Veränderungen der Vertriebssysteme geführt. Beispiele für solche Anwendungen sind
die Vermittlung von Immobilien und Arbeitsstellen, die Buchung von Flugpassagen
und das Gebrauchtfahrzeuggeschäft.10
Am Beispiel der Automobilindustrie lassen sich diese Veränderungen gut aufzeigen.
Unabhängige Elektronische Marktplätze, im Automobilvertrieb auch als Online-
Autobörsen bezeichnet, konnten innerhalb von wenigen Jahren einen Grossteil des
Gebrauchtwagenmarktes auf ihren Börsen abbilden.11 Gemessen an Bekanntheit,
Nutzung und Wirksamkeit haben diese Autobörsen die entsprechenden Plattformen
der Hersteller und Händler im Internet zum Teil deutlich überholt.12 Ursache für die
grosse Bedeutung der Online-Autobörsen ist ihre hohe Akzeptanz beim Endkunden
und die damit verbundene grosse Anzahl von Kunden, die bei der Fahrzeugauswahl
die Online-Autobörsen besuchen.13 Für den Autokäufer bieten die Autobörsen die
Möglichkeit, bequem und ohne weiteren Aufwand in einem grossen Angebot von
Fahrzeugen zu recherchieren. Im Gegensatz zum klassischen Automobilvertrieb heben
die Autobörsen zum einen die regionale Begrenzung des Marktes, wie auch die
Trennung der Anbieter in Marken- und freie Händler sowie zwischen privaten und
gewerblichen Angeboten auf. Es bildet sich so eine bisher nicht erreichbare Markt-
transparenz für den Kunden. Die Anbieter finden auf den Autobörsen eine sehr grosse
Zahl von Interessenten. Besonders attraktiv ist hierbei die Möglichkeit, dass
Interessenten angesprochen werden können, die aufgrund ihrer geografischen Lage
oder ihrer Präferenzen vorher nicht in der Zielgruppe eines Händlers lagen. Zudem
9 CÄSAR/ALT/GRAU 2002, S. 20; KOLLMANN 2001, S. 33ff.; SCHNEIDER/SCHNETKAMP 2001, S. 21. 10 Vgl. KOLLMANN 2001, S. 93, weiter ausgeführt in Abschnitt B.2.2. 11 SCHWIEDER 2006, S. 4f. 12 VIERTEL 2004, S. 11; ZIMMER 2003. 13 MEISSNER/MEHRLE 2000, S. 4f.
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4
bietet die Erweiterung der Zielgruppe auch die Möglichkeit, Fahrzeuge zu verkaufen,
die vor Ort bisher nicht abzusetzen waren.14
Im Gegenzug zu diesen Vorteilen verstärkt sich für den Händler der Wettbewerb. Auf
den Online-Börsen steht sein Angebot unter vielen anderen und der Kunde wird zum
direkten Preisvergleich zwischen Markenhändlern, freien Anbietern und Privat-
angeboten angeregt. Dem Markenhändler fehlen im Wettbewerb auf den Autobörsen
dabei seine Differenzierungsmöglichkeiten aus dem Handel vor Ort.15 Über die
zusätzlichen Leistungsangebote, die auf den Online-Autobörsen eingerichtet werden,
entsteht auch eine direkte Konkurrenzsituation um wichtige Zusatzgeschäfte, wie
Finanzierungen und Versicherungen, die neben dem reinen Fahrzeuggeschäft wichtige
Ertragsquellen der Automobilhersteller und ihrer Händler darstellen. Durch die
Transparenz der Plattform treten zudem regionale Preisunterschiede sowie
unterschiedliche Preise bei Eigen- und Fremdmarkenangeboten offen zutage, die
Händlern mit einem geschickten Gebrauchtwagenmanagement bisher im lokalen
Geschäft zusätzliche Arbitragegewinne versprachen. Die Online-Börsen stellen so
nicht nur eine neue Wettbewerbssituation für den auf dem Elektronischen Marktplatz
Anbietenden dar, sondern beeinflussen auch seine lokalen Geschäfte vor Ort.
Neben den direkten Auswirkungen auf die Beteiligten in ihrem Distributionssystem
müssen die Automobilhersteller auch die Auswirkungen der Autobörsen auf ihre
zentralen Marketingziele betrachten. Die Existenz unabhängiger Online-Autobörsen
führt dazu, dass ein Teil der Kundenkontakte über einen Kanal abgewickelt wird, auf
den der Hersteller nur sehr begrenzten Einfluss hat. Zudem wird durch die Autobörsen
der ungeplante Einstieg neuer Parteien in den Vertrieb deutlich erleichtert.16 Die
Online-Autobörsen wenden sich direkt an die Händler und bieten diesen eine
eigenständige Anbindung für die Verwaltung und Eingabe seiner Angebote.17 Die vom
Hersteller implementierten Verkaufsprozesse mit zentralen Fahrzeug- und Kunden-
datenbanken und fest definierten Lead-Management-Systemen werden gestört.
Systeme und Prozesse werden doppelt betrieben und so die Effizienz des Vertriebs
geschwächt. Nicht zuletzt stellen die Autobörsen einen Kanal dar, der durch die
Marketingvorgaben, wie beispielsweise die Gestaltungsvorgaben für das Händlernetz,
bisher nicht erreicht wurde.18 Für den Hersteller stellt sich die Frage, wie er unter
14 Experteninterviews DRECHSLER, EMBACHER, KLUXEN; vgl. auch DIEZ 2005, S.5. 15 Experteninterviews DRECHSLER, EMBACHER, KLUXEN. 16 KLEEBINDER/REITZ 2002, S. 363. 17 EDER 2006, S. 14f. sowie die Beschreibung der Fallbeispiele in B.2.2 und B.2.3. 18 Der Gestaltung des Absatzkanals kommt im Automobilvertrieb eine immer stärkere Rolle für die Markenbildung zu, siehe hierzu Abschnitt C.1.1.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
5
diesen Rahmenbedingungen seine Marketingziele optimal durchsetzen und seine
Händler im Wettbewerb unterstützen kann.
In den Branchen, in denen mit Elektronischen Marktplätzen, neue Kanäle zum Kunden
entstanden sind, ist zu prüfen inwieweit das Distributionssystem des Herstellers an die
veränderte Ausgangslage anzupassen ist. Es ergeben sich hierbei ähnliche
Aufgabenstellungen wie bei eigenständigen Absatzmittlern: neben dem Erreichen der
zu erzielenden Konsumreife müssen die Durchsetzung von Marketingzielen auf einer
fremden Plattform, die Aufgabenverteilung innerhalb des Distributionssystems und
Kosten- und Margenverteilung geklärt werden.19 Hierzu muss der Hersteller
Elektronische Marktplätze hinsichtlich des gewünschten Beitrags zu den Distributions-
zielen bewerten, eine für seine Ausgangssituation günstige Gestaltung entwerfen und
eine Strategie zur Durchsetzung dieser Ziele entwickeln.
1.2 Grundlegende Terminologie zur Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands
Bei der Analyse von Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Internet treten
regelmässig Probleme bei der Beschreibung durch eine uneinheitliche oder in
verschiedenen Sinnzusammenhängen gebrauchte Terminologie auf. Viele der Begriffe
sind aus der Informationstechnologie entlehnt. Mit der Übernahme dieser Begriffe zur
Beschreibung von Prozessen und wirtschaftlichen Sachverhalten ist oft nicht mehr
eindeutig zu klären, ob die Begriffe in einem technischen oder wirtschaftlichen
Sinnzusammenhang verwendet werden und die Bezeichnungen verlieren ihren
inhaltlichen Wert. Typische Beispiele sind die Begriffe Plattform, Schnittstelle oder
Service. Im Rahmen dieser Arbeit findet die Beschreibung von Internet-Angeboten
anhand der in Abbildung 2 zum Überblick dargestellten Begriffe statt. Diese
Definitionen bieten die Möglichkeit, Internetanwendungen ausgehend vom betriebs-
wirtschaftlich etablierten Konzept des Geschäftsmodells zu beschreiben. Durch die
begriffliche Trennung zwischen dem konzeptionellen Rahmen, wie er anhand von
Geschäfts- und Marktmodellen beschrieben wird und dem Begriff der Anwendung für
die konkrete Realisierung wird es möglich, die verschiedenen Angebote der
Internetanbieter logisch zu typologisieren und die Praxisbeispiele diesen Typen
19 Markt- bzw. Konsumreife bezeichnet das Ergebnis der Distributionsfunktion, die Leistung des Anbieters in gewünschter Form und Menge im Beschaffungsbereich des Kunden bereitzustellen; vgl. WEINHOLD-STÜNZI 1994, S. 338; TOMCZAK 1992, S. 15.
___________________________________________________________________________
6
zuzuordnen. Die technischen Grundlagen von Internet-Anwendungen, wie sie in der
Abbildung 2 hellgrau dargestellt werden, sind nicht Bestandteil der Untersuchung.
TCP/IPTCP/IP GSM/UMTSGSM/UMTS Smart Cards
Smart Cards HTML/XMLHTML/XML Krypto-
algorithmen
Krypto-algorithmen
Basis-technologie
DatenbanksystemeDatenbanksystemeCORBACORBA Web-ServerWeb-Server
IntershopEnfinity
IntershopEnfinity
IBMSan Francisco
IBMSan Francisco
Java-2Plattform
Java-2Plattform
Online-Shops:Amazon, Otto, Expedia
Online-Shops:Amazon, Otto, Expedia
Beschaffungssysteme:Systeme der Nachfrager
Beschaffungssysteme:Systeme der Nachfrager
Marktplätze:Autoscout24, Ebay, Covisint
Marktplätze:Autoscout24, Ebay, Covisint
Marktmodelle:Marktplätze, Online-Shops,
Auktionen, Portale
Marktmodelle:Marktplätze, Online-Shops,
Auktionen, Portale
Geschäftsmodelle:reiner Internetbetreiber, ergänzender
Absatzkanal
Geschäftsmodelle:reiner Internetbetreiber, ergänzender
Absatzkanal
Middleware
Frameworks
Anwendungen
Markt- undGeschäfts-modelle
definiert die Grundlagen
technische Realisierung
Abbildung 2: Definition von Architekturebenen (Quelle: Entwickelt aus MERZ 2002, S. 34)
Der Begriff der Anwendung soll den für den Kunden wahrnehmbaren Auftritt im Netz
bezeichnen. Die Wahrnehmbarkeit zeigt sich beispielsweise in einer einheitlichen
Internetadresse und Frontendgestaltung sowie durch den vom Besucher als einheitlich
wahrgenommenen Betreiber. Eine Anwendung kann beispielsweise die Internet-
präsenz eines Automobilherstellers wie Opel oder eine online Auktionsbörse wie Ebay
sein. Die meisten Anwendungen verfügen über verschiedene Funktionen, wie
Katalogdarstellungen, Konfiguratoren oder Dialogfunktionen im Frontend oder über
Content Management Systeme, Kundendatenbanken und definierte Workflow-
Prozesse im Backend. Die Anwendung bündelt diese Funktionen und präsentiert sie
den Kunden entsprechend der Zielsetzung der Seiten. Wie die Zusammenstellung der
einzelnen Funktionen einer Anwendung erfolgt, ist abhängig vom Geschäfts- und vom
Marktmodell.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
7
Das Konzept Geschäftsmodell
Die Idee des Konzepts Geschäftsmodell ist es, die unternehmerische Tätigkeit in einem
systematischen Modell zu erfassen und damit auch die Möglichkeit zu geben, dieses
Modell aktiv zu gestalten. Die Beschäftigung mit Geschäftsmodellen hängt eng mit
dem Aufkommen der Internet-Ökonomie zusammen. In der Internet-Ökonomie wurde
die Unternehmung als zentraler Rahmen der Wertschöpfungsprozesse in Frage gestellt.
Stichworte hierbei sind die Dekonstruktion von Wertschöpfungsketten und die
dynamische Veränderung der Geschäftsfelder innerhalb von Unternehmungen.20
Damit verlor die Unternehmung als mögliche Untersuchungseinheit an Wirksamkeit.
Gleichzeitig boten die neuen Rahmenbedingungen die Möglichkeit und die Not-
wendigkeit Leistungsangebote, Wertschöpfungsketten oder Ertragsmodelle neu zu
gestalten und damit den Raum für die Modellierung von Geschäftsideen. Der Umfang
des Geschäftsmodells kann wie folgt definiert werden:
„Ein Geschäftsmodell kann als abstrahierende Beschreibung der ordentlichen
Geschäftstätigkeit einer Organisationseinheit angesehen werden. Diese
Abstraktion basiert auf einer Abbildung von Organisationseinheiten,
Transformationsprozessen, Transfereinflüssen, Einflussfaktoren sowie
Hilfsmitteln oder einer Auswahl hieraus.“21
Ein Modell ist die vereinfachte Abbildung von realen Tatbeständen.22 Die
Vereinfachung wird durch die Konzentration auf relevante Aspekte einer bestimmten
Fragestellung erreicht. Wesentlich für die Qualität des Geschäftsmodells als wissen-
schaftliches Mittel der Analyse ist damit, ob die relevanten Aspekte erfasst werden.23
Dabei ergibt sich die Effektivität des Modells aus dem Mass an Ausschlüssen von
Faktoren, also dem Grad der Konzentration auf relevante Aspekte. Diese Präzisierung
ergibt sich durch die Fragestellung, die an das Geschäftsmodell gestellt wird.
Die mit dem Geschäftsmodell abzudeckende Fragestellung und die daraus
abzuleitenden, ein Geschäftmodell beschreibenden Entitäten sind Bestandteil einer
ausführlichen wissenschaftlichen Diskussion.24 SCHÖGEL pointiert die Ein-
schränkung der beschreibenden Entitäten und fokussiert sie auf das „spezifische
Geschäft eines Unternehmens, respektive die Frage danach, was ein Unternehmen aus-
20 SCHÖGEL 2002, S. 378. 21 SCHEER/DEELMANN/LOOS 2003, S. 22. 22 Einen Überblick über den Definitionen und Anwendung von Modellen gibt BROCKE 2003. 23 Die Qualität eines Modells kann nach den drei Merkmalen Abbildungskraft, Verkürzung und der pragmatischen Wirkung des Modells beurteilt werden, vgl. BROCKE 2003, S. 9ff. 24 SCHEER/DEELMANN/LOOS 2003, S. 8-22 und BIEGER/VON ROHR/RÜEGG-STRÜRM 2001, S. 35-48 liefern eine Übersicht über wissenschaftliche Arbeiten zum Konzept Geschäftsmodell und leiten daraus Definitionen und Kriterien ab.
___________________________________________________________________________
8
und besonders macht“ und zwar in Form der speziellen Ressourcen, Fähigkeiten und
Kompetenzen über die ein Unternehmen verfügt.25 TOMCZAK/SAUSEN zielen in
einem praxisorientierten Ansatz auf die Erfolgskriterien des Geschäftsmodells ab.
Hierzu benennen sie als Hauptbestandteile des Geschäftsmodells die „Architektur der
Wertschöpfung“, die „Value Proposition“ und das „Ertragsmodell“.26 Zusammen-
fassend besteht der Kern des Geschäftsmodells aus der Beschreibung des haupt-
sächlichen Tätigkeitsbereichs und der zentralen Erfolgsfaktoren.27 Tabelle 1 zeigt die
im Folgenden verwendeten Kriterien zur Beschreibung von Geschäftsmodellen.
Beschreibende Kriterien von Internetanwendungen: Geschäftsmodell
Architektur der Wertschöpfung
• Definition der zu erstellenden Leistung
• Definition der Zielgruppe
• Organisationsform und Wertschöpfungstiefe
• Kommunikations- und Vermarktungsmodell
Ertragsmodell • Vertriebskonzept (direkt-indirekt)
• Preispolitik
• Form der Vergütung
• Wachstumsstrategie
Value Proposition • Welcher besondere Mehrwert wird für den Kunden erzielt?
• Kompetenzkonfiguration
• Kooperations- und Koordinationskonzept
Tabelle 1: Das Konzept Geschäftsmodell (Quelle: in Anlehnung an TOMCZAK/SAUSEN 2002, S. 62)
Das Marktmodell zur Erfassung der Rahmenbedingungen auf
Marktveranstaltungen
Bei den verschiedenen Anwendungen im Internet haben sich Typen mit einheitlichen
Ausprägungen hinsichtlich wesentlicher Eigenschaften herausgebildet. Diese Eigen-
schaften sind beispielsweise die Zusammensetzung der Teilnehmer, die Konzeption
von Produktdarstellung und Preisfindung oder die Herkunft der Inhalte. Das Konstrukt
des Marktmodells soll eine Gliederung entsprechend dieser Eigenschaften
ermöglichen. Das Markmodell beinhaltet damit beispielsweise die Festlegung, ob
mehrere Anbieter auf einer Anwendung präsent sind, ob es eine unabhängige
Moderatorenfunktion gibt, ob eine feste oder eine dynamische Preisfindung vor-
gesehen ist und wer tatsächlich als Adressat der Inhalte und als Absatzmittler der
dargestellten Leistungen auftritt. Der Anbieter einer Anwendung gestaltet das
25 SCHÖGEL 2002, S. 383. 26 TOMCZAK/SAUSEN 2002, S. 62. 27 BIRKHOFER/SCHÖGEL 2002, S. 401.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
9
Marktmodell entsprechend seiner im Geschäftsmodell zusammengefassten Ziele und
Rahmenbedingungen. Das Marktmodell kann also für die im Rahmen der Arbeit zu
untersuchenden transaktionsorientierten Plattformen als Architektur der Leistungen
verstanden werden, die gemäss des Geschäftsmodells bereitgestellt werden sollen.
Anwendungen können prinzipiell verschiedene Marktmodelle in sich vereinen. In der
Praxis zeigt sich jedoch, dass viele Anwendungen ein typisches Marktmodell als
Schwerpunkt haben. Das Konstrukt bewährt sich insofern in der Praxis, als sich hier
Typen entsprechend der Merkmale der Marktmodelle entwickelt haben und die
entsprechenden Anwendungen sich auch selbst nach der so entstandenen Bezeichnung
benennen.
Beschreibende Kriterien von Internetanwendungen: Marktmodell
Marktbetreiber Anbieter, Nachfrager oder dritte Partei
Teilnehmer auf der Plattform Mehrere Anbieter oder Nachfrager, Offenheit für weitere Teilnehmer
Vergütung Verrechnung pro verkauftem Artikel, monatliche Beiträge, Fees
Kommunikationskonzept/ Verhandlung
Vermarktung der Plattform, Methoden der Preissetzung (fix/dynamisch), Unterstützung des Verhandlungsprozesses
Ausrichtung Unterstützung der Orientierung: B2C, B2B, B2D, C2C, o.Ä.
Tabelle 2: Kriterien des Marktmodells
Die Idee des Marktmodells und die Typisierung von Betriebsformen in der
Handelsforschung weisen eine grosse Ähnlichkeit auf.28 Die Kriterien des Markt-
modells können dabei als Teilmenge der Kriterien bei der Typisierung von
Betriebsformen gesehen werden. Da mit den Marktveranstaltungen schon eine
spezialisierte Form von Betriebstypen vorliegt, werden Kriterien, wie bei der Ab-
grenzung von eigenständigen Absatzmittlern, nicht benötigt. In Abschnitt B.1.3
werden Merkmale zur Bildung von Betriebstypen vorgestellt. Die relevanten
Merkmale gehen mit in die Beschreibung des Marktmodells ein.
28 Kriterien aus der Typenbildung der Betriebsformen in der Handelsforschung werden in Abschnitt B.1.3 aufgenommen.
___________________________________________________________________________
10
1.3 Wissenschaftliche Ansätze zur Untersuchung Elektronischer Marktplätze
Der Begriff des Elektronischen Marktplatzes hat in der Literatur eine eigenständige
Beachtung gefunden. In der frühen Phase der kommerziellen Entwicklung des
Internets wurde zum Teil das Internet in seiner Gesamtheit als Marktplatz bezeichnet.
Die Bezeichnungen Elektronischer oder Virtueller Marktplatz, Elektronischer Markt
oder Elektronischer Handel wurden hierbei synonym zur Definition des
Elektronischen Marktes verwendet.29 In diesem Verständnis definiert SCHMID:
„Elektronische Märkte im engeren Sinne sind mit Hilfe der Telematik realisierte
Marktplätze, d.h. Mechanismen des marktmässigen Tausches von Gütern und
Leistungen […]“.30 Der so beschriebene Sachverhalt erfasst einen grösseren Rahmen
als die Definition Elektronischer Marktplätze, wie sie in der Problemstellung dieser
Arbeit gegeben wurde. Elektronische Marktplätze im aktuellen Verständnis sind
organisatorisch und geschäftlich abgegrenzte Anwendungen, die parallel zu anderen
Applikationen im Internet existieren. Die von SCHMID ausgehende Untersuchung
Elektronischer Märkte an der Universität St. Gallen hat jedoch bereits wesentliche
Rahmenbedingungen des Marktmodells erfasst. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen
finden sich im Rahmen späterer Veröffentlichungen zum Thema B2B-Marktplätze
wieder.31
Als Internet- und Netzwerkphänomen wurden Elektronische Marktplätze unter der
direkten englischen Übersetzung Electronic Marketplace von amerikanischen
Forschern Ende der 90er Jahre diskutiert. Neben der Definition und Beschreibung des
Phänomens wurden anhand transaktionskostentheoretischer Überlegungen die
Auswirkungen und Entwicklungsmöglichkeiten Elektronischer Marktplätze analysiert.
Unter dem Schlagwort der „eletronic market hypothesis“ wurde dabei unter anderem
untersucht, in welchem Umfang die genannten Vorteile des n:n-Verhältnisses
bestehende Marktmodelle verdrängen wird und welche Auswirkungen Elektronische
Marktplätze als Koordinationsmechanismus auf die Tiefe der Wertschöpfungskette
haben können.32 Ein Schwerpunkt der Überlegungen waren dabei die besonderen
Rahmenbedingungen, die Aufgrund des Internets als Medium den Elektronischen
Marktplätzen zugrunde liegen und unter dem Begriff der Internet-Ökonomie
29 ILLIK 1999, S. 19ff.; GRÄF/TOMCZAK 1997, S. 5. 30 SCHMID 1993, S. 468. 31 Zur Untersuchung des Marktmodells des Elektronischen Marktes siehe ZBORNIK 1996; HIMBERGER 1994; KRÄHENMANN 1994. 32 MALONE/YATES/BENJAMIN 1989, S. 166; DANIEL/KLIMIS 1999, S. 318; ZBORNIK 1996, S. 31.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
11
zusammengefasst werden können.33 Einen Überblick über die gesamte Forschungs-
entwicklung zum Thema der Electronic Markteplaces zeigt ARNI.34
Überblick über die wissenschaftlichen Themenstellungen der transaktionskostentheoretischen Analyse der Electronic Marketplaces
Fragestellung Autor
Definition, Entstehungsgründe und Auswirkungen
MALONE et al. 1987; BAKOS 1991; BAILEY/BAKOS 1997
Auswirkung auf die Märkte (Markt vs. Hierarchie und Wettbewerbsbedingungen)
DANIEL 1999; BAILEY/BAKOS 1997; BAKOS 1997; WEIBER/KOLLMANN 1997; LEE/CLARK 1996
Rahmenbedingungen Elektronischer Märkte (Internet-Ökonomie)
BENJAMIN/WIGAND 1995; ROGERS 1991
Elektronische Märkte als eigenständige Organisationen
BAKOS 1991; CIRCU/KAUFMANN 2000
Tabelle 3: Untersuchungen zum Phänomen des Electronic Marketplace
Überblick über die Untersuchung von B2B-Marktplätzen
Fragestellung Autor
Rolle und Geschäftsmodell des Marktplatzbetreibers
ARNI 2003; CÄSAR/ALT/GRAU 2002; KOLLMANN 2001, S. 163-172; HONSEL 2001; BEHRENBECK et al. 2000
Typologie von B2B-Marktplätzen KLEIN/GOGOLIN/DZIUK 2002
Wettbewerbssituation auf dem Marktplatz SCHWAB/MOEHLECKE 2002, S. 60ff.; RAISCH 2001, S. 22f.; SCHNEIDER/SCHNETKAMP 2000, S. 51
Architekturen und Strukturen LINDEMANN 2000; ZBORNIK 1996
Nutzung für die Optimierung der Wertschöpfungskette (eProcurement)
Eine Zusammenfassung der Forschungsaktivitäten gibt HEILMANN 2003
Tabelle 4: Untersuchungen Elektronischer B2B-Marktplätze
Die in diesen Arbeiten aufgezeigten Entwicklungen und Phänomene sind zumeist nicht
auf Elektronische Marktplätze beschränkt, sondern sind als generelle Eigenschaften,
entstanden durch das zugrunde liegende Medium Internet und die Geschäftsmodelle
der Betreiber von Internet-Anwendungen, zu beschreiben. SHY nennt vier Eigen-
schaften der Internet-Ökonomie, die auf Elektronische Marktplätze wirken: „The pres-
ence of consumption externalities; the complementarity and compatibility of stan-
33 Beispiele dieser Rahmenbedingungen sind die von ZERDIK/PICOT/SCHARPE beschriebenen Lock-In-Effekte, das positive Feedback, die herausragenden Bedeutung von Standards sowie das Phänomen der Netzwerkeffekte, vgl. ZERDIK/PICOT/SCHARPE 2001, S. 157-164. 34 ARNI 2003, S. 14-22.
___________________________________________________________________________
12
dards; the existence of switching costs und lock-in; the specific cost function of net-
work market business models“.35 Diese Phänomene werden auch in den Fallbeispielen
(Abschnitt B.2.2) Elektronischer Marktplätze sichtbar. Aufgrund der ausführlichen
Behandlung der Internet-Ökonomie in der Literatur wird dieses Feld im Rahmen der
Arbeit nicht weiter behandelt.36 Eine detaillierte Betrachtung von Elektronischen
Marktplätzen als eigenständige Anwendungen wurde zuerst anhand der B2B-
Marktplätze durchgeführt.37 Dies kann auf die überragende Bedeutung zurückgeführt
werden, die den B2B-Marktplätzen prognostiziert wurde.38 Die hierzu betrachteten
Arbeiten sind in Tabelle 4 aufgeführt. Vermutlich geprägt durch die Beschäftigung mit
einem sehr innovativen und in der Realität noch kaum ausgeprägten
Untersuchungsgegenstand sind die frühen Arbeiten insgesamt sehr deskriptiv angelegt
und versuchen eher Trends aufzudecken und konkrete Handlungsempfehlungen zu
geben, als Hypothesen zur Wirkung dieser Gestaltung zu liefern. Aktuelle Arbeiten
sind aus dem Fokus der Optimierung der Wertschöpfungskette erstellt und betrachten
Elektronische Marktplätze als Plattform für den Einkauf und zur Verstärkung der
Zusammenarbeit zwischen dem Nachfrager und seinen Lieferanten.39
Zu den frühen Untersuchungen über die Nutzung des Internets im Marketing gehören
auch Überlegungen zur Bündelung von Internetaktivitäten verschiedener Anbieter in
Internet-Malls.40 Mit ihrer Bündelungsfunktion verschiedener selbständiger Anbieter
auf einer gemeinsamen Bühne entsprechen Malls ebenfalls der Definition
Elektronischer Marktplätze, insofern sie auf ihrer Plattform den Wettbewerb
konkurrierender Anbieter zulassen.41 In der Praxis konnte sich das Konzept nicht
gegen die anderen Betriebstypen durchsetzen.42 Die Idee der Mall ist in einzelnen
Funktionalitäten von Portal-Anwendungen aufgegangen. Wissenschaftliche Arbeiten
zu den Malls fanden, ebenso wie die Untersuchungen des Elektronischen Marktes, mit
grösserem zeitlichen Abstand vor der Entwicklung der heutigen Anwendungen von
Elektronischen Marktplätzen statt.
35 SHY 2001, S. 24ff., zur Untersuchung der Internet-Ökonomie: VARIAN 2001. 36 Eine Übersicht geben beispielsweise ZERDIK/PICOT/SCHARPE 2001; WHINSTON/STAHL 1997. 37 KLEIN/GOGOLIN/DZIUK 2002, S. 13; HEPP/SCHINZER 2000. 38 HONSEL 2001, o.S. 39 KLEIN/GOGOLIN/DZIUK, S. 7-19. 40 ESCH/LANGNER/FUCHS 1998; GRÄF/TOMCZAK 1997; ZIMMERMANN/KUHN 1995, S. 33ff.; HIMBERGER et al. 1991. 41 Vgl. ZIMMERMANN 1997, S. 13-17. 42 MERZ 2002, S. 402.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
13
Die dargestellten Untersuchungen können zur beschriebenen Problemstellung nur
begrenzt beitragen. Dies kann vor allem auf zwei Faktoren zurückgeführt werden.
Erstens konzentrieren sich die Untersuchungen auf B2B Marktplätze, womit eine
Betrachtung individueller (End-) Kundenbedürfnisse bisher nicht im Fokus lag. Damit
entfallen Fragestellungen, wie die Differenzierungsmöglichkeiten durch Gestaltung
auf dem Marktplatz. Dieser Aspekt wird noch dadurch verstärkt, dass auf den B2B
Marktplätzen mangels konkurrierender Anbieter häufig keine direkte Konkurrenz-
situation entstanden ist.43 Eine marketingorientierte Betrachtung aus Sicht des
Anbieters stellte sich damit nicht zwingend. Zweitens sind alle Überlegungen generell
für Elektronische Marktplätze angestellt worden. Es fehlt damit insgesamt ein
situativer Bezug, um konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten. Eine Betrachtung
der Wirkung Elektronischer Marktplätze auf der Ebene individueller Kaufprozesse und
der Distributionssysteme steht damit noch aus.
43 Expertengespräche BOCK, FREY.
___________________________________________________________________________
14
2. Zielsetzung der Arbeit
2.1 Forschungsfragen Im Kern der beschriebenen Problemstellung steht die Aufgabe, eine Entscheidung über
die Nutzung und die wirksame Organisation einer neuen Verkaufsstelle zu finden. Für
das Beispiel Automobilindustrie wurde dabei die besondere Bedeutung des Herstellers
aufgrund seiner führenden Rolle bei der Organisation des Distributionssystems
beschrieben. Im Automobilvertrieb sieht sich der Hersteller oder Importeur vor die
Aufgabe gestellt, seine Gestaltungsmacht gegenüber der neuen Partei des Marktplatz-
betreibers durchzusetzen und den sich durch die Offenheit der Elektronischen Markt-
plätze ergebenden möglichen Veränderungen zu begegnen. Gleichzeitig hat besonders
der Hersteller oder Importeur - im Vergleich zu den anderen Marktteilnehmern auf
dem Elektronischen Marktplatz - die Möglichkeit, die Gestaltung positiv im Sinne
seines Distributionssystems zu beeinflussen, also den Einsatz des Elektronischen
Marktplatzes in Richtung seiner Marketingziele und zum Vorteil der von ihm
genutzten Distributionssubjekte zu gestalten. Die Untersuchung erfolgt entsprechend
aus der Anbietersicht des Herstellers und zielt damit in die aktuellen Forschungslücken
der wissenschaftlichen Untersuchung Elektronischer Marktplätze: der fehlenden
Beschreibung und Analyse der B2C-Plattformen mit der hierzu notwendigen
Fokussierung auf den Nachfrager. Der theoretische Beitrag der Arbeit ist es, die
Verkaufsstelle Elektronischer Marktplatz mit ihren Eigenschaften als Betriebstyp zu
beschreiben, die Gestaltungsparameter ihres Einsatzes im Distributionssystem zu
identifizieren und die Wirkungsweisen der Gestaltungsparameter aufzuzeigen. Der
praktische Anteil liegt in der Entwicklung von konkreten Lösungsvorschlägen für die
Automobilindustrie. Das Zusammenspiel zwischen Lösungsvorschlägen für die Praxis
und der Wirkung einzelner Gestaltungsparameter soll durch einen theoretischen
Bezugsrahmen sichergestellt werden, der im Abschnitt A.2.2 vorgestellt wird.44
Ableitung der Aufgabenstellung für den Hersteller
Als erste strategische Entscheidung ist vom Anbieter festzulegen, ob Elektronische
Marktplätze in sein Distributionssystem integriert werden sollen. Als Entscheidungs-
grundlage müssen die Chancen und Risiken für den Hersteller durch eine
44 Vgl. TOMCZAK 1992, S. 126f. zum heuristischen Bezugsrahmen.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
15
systematische Analyse der Ausgangslage fundiert und gegenüber seinen Marketing-
zielen bewertet werden. Ein wesentlicher Baustein ist hierbei das Verständnis, wie
Online-Autobörsen den Kaufprozess unterstützen. Hierfür ist der Beitrag der
Autobörsen in den einzelnen Stufen des Kaufprozesses zu untersuchen. Dies ist die
Grundlage um die Bedeutung der Autobörsen insgesamt und die Wirkung der
Autobörsen auf die bestehenden Vertriebsprozesse zu verstehen. Sind Funktionen der
Online-Börsen im Verkaufsprozess identifiziert, kann die hierfür beste Form der
Ausgestaltung abgeleitet werden, die als Grundlage für das Erreichen von Wett-
bewerbsvorteilen dienen kann.
Die Form, mit der eine organisierte Teilnahme erfolgt, kann über eine Reihe von
Gestaltungsparametern beschrieben und modelliert werden. Diese Parameter lassen
sich nach der Gestaltung des Auftritts auf dem Marktplatz und nach der Organisation
der Teilnahme aufteilen. Die Organisation der Teilnahme umfasst Fragestellungen des
Verhaltens gegenüber den Autobörsen, der Funktionsaufteilung und der Integration im
Verkaufsprozess, der Steuerung und des gemeinsamen Geschäftsmodells. Diese
Funktionen können als Beschreibung der Makro-Ebene bezeichnet werden, während
die Ausgestaltung der Situation auf dem Marktplatz als Mikro-Ebene zu bezeichnen
wäre. Gestaltungsparameter der Makro-Ebene sind das Verhalten gegenüber dem
Marktplatzbetreiber und die Prozesse zum Kunden. Parameter der Mikro-Ebene
können beispielsweise die Produktdarstellung oder der gewählte Preismechanismus
sein.
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16
ProduktdarstellungProduktdarstellung
Frontend u. NavigationFrontend u. Navigation
Zusätzliche ServicesZusätzliche Services
PreismechanismusPreismechanismus
MarktteilnehmerMarktteilnehmer
MarktregelnMarktregeln
Geschäftsmodell und Strategie des BetreibersGeschäftsmodell und Strategie des Betreibers
Marktplatz
MarketingkonzeptMarketingkonzept
RessourcenRessourcen
……
LeistungsangebotLeistungsangebot
Strategische AusrichtungStrategische Ausrichtung
Anbieter
Händler
MikroMikroMikroMikro----EbeneEbeneEbeneEbene
MakroMakroMakroMakro----EbeneEbeneEbeneEbene
Gestaltungsparameter Mikro-Ebene
Gestaltungsparameter der Makro-Ebene
Prozessezum Kunden
Prozessezum Kunden
KooperationKooperation
TechnischeIntegrationTechnischeIntegration
Prozess-integrationProzess-integration
MarketingIntegrationMarketingIntegration
Abbildung 3: Gestaltungsparameter und Gestaltungsebenen
Die notwendige Strategie für das Verhalten des Anbieters gegenüber Elektronischen
Marktplätzen wäre entsprechend der beschriebenen Terminologie eine logisch
konsistente Konfiguration der Makro-Parameter. Hierbei ist eine begrenzte Anzahl von
Typen zu erwarten, bei denen es nicht zu widersprechenden Wirkungen zwischen den
einzelnen Parametern kommt. Anhand dieser Typen können verschiedene Ausgangs-
lagen, im Sinne von unterschiedlichen strategischen Zielsetzungen der Hersteller,
berücksichtigt werden. Die Abbildung 4 zeigt mögliche Beispiele für verschiedene
Strategien und die unterschiedliche Gestaltung der Handlungsparameter auf.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
17
Verhältnis des OEM zur Börse
Online Aktivitäten
Steuerung des Distributionssyst.
Wettbewerbs-verhalten
NegierenNegierenNegierenNegieren BekämpfenBekämpfenBekämpfenBekämpfen TolerierenTolerierenTolerierenTolerieren KooperierenKooperierenKooperierenKooperieren ÖffnenÖffnenÖffnenÖffnen
Werden als nicht relevant bewertet
Nicht von online Börsen beeinflusst
Teilnahme wird nicht unterstützt, da zusätzliche Aufwende ohne Ertrag
Keine Aktivitäten gegenüber Börsen
Wettbewerber um Kundenkontakt
Aktive Entwicklung eigener Lösungen
Boykott mit allen Händlern
Behinderung
Nutzung wo sinnvoll
Parallel eigene Entwicklungen und Schnittstellen schaffen
neutrales Verhalten
alle Wege offen halten
Partnerschaft
Möglichst gute Integration in eigene Prozesse
Aktive Unter-stützung der Händler
Gemeinsam einen Wettbewerbsvorteil schaffen
neue Lösung für einzelne Prozesse
teilweise Aufgabe eigener Aktivitäten
Nutzung der Börse wird gesetzt
Spieler auf fremder Plattform
Bewertung der BedeutungKeine Relevanz Relevant aus Sicht des Automobilherstellers
Notwendigkeit der Gestaltung
Handlungsparameter, Beispiele
Strat. Ausrichtung
Abbildung 4: Mögliche Formen der Zusammenarbeit
Grundsätzliche Probleme des Herstellers mit den Online-Autobörsen beruhen auf dem
Risiko eines verstärkt über den Preis gesteuerten Wettbewerbs und dem Entstehen
einer ungesteuerten Verkaufsstelle gegenüber dem Kunden. Es kann davon
ausgegangen werden, dass beide Problemstellungen durch eine gezielte Gestaltung der
Angebotspräsentation und der Prozesse auf den Autobörsen zu beeinflussen sind. Die
hierzu möglichen Ansätze zur Gestaltung finden sich als Parameter der Gestaltung der
Mikro-Umgebung im Wirkungsmodell. In Betracht kommt beispielsweise eine
Differenzierung über die optische Gestaltung, ein Sortiment und eine Preisgestaltung,
die auf den Marktplatz zugeschnitten sind, oder ein besseres Beratungsangebot als bei
den Wettbewerbern. Die Umsetzung solcher Massnahmen ist jedoch abhängig von
dem Spielraum, den der Marktplatzbetreiber dem Anbieter zur Gestaltung gewährt. Es
besteht damit ein enger Zusammenhang zwischen Mikro- und Makro-Umgebung.
Dieser Gestaltungsspielraum der Mikro-Umgebung ist die Verknüpfung zwischen der
Gestaltung der Angebotsdarstellung und der oben beschriebenen Form der
Zusammenarbeit, da über die Kooperationsform der Einfluss auf die Gestaltungs-
möglichkeiten bestimmt wird. Ist der Gestaltungsspielraum für einen Hersteller auf
dem Marktplatz ein wesentliches Erfolgskriterium, so muss eine Form der
Zusammenarbeit gewählt werden, die dem Hersteller oder seinen Partnern Möglich-
keiten zur Differenzierung lässt. Die Entscheidung des Herstellers ist damit im
Umkehrschluss zu fällen: Wenn ein bestimmtes Maß an Steuerung der Marketing-
___________________________________________________________________________
18
aktivitäten benötigt wird, determiniert dies die Wahl der Zusammenarbeit zwischen
Hersteller und Autobörse.
Definition der Forschungsfragen
Zusammenfassend müssen folgende Fragestellungen beantwortet werden:
• Welche Rolle können Internet-Börsen im Automobilvertrieb einnehmen?
Zur Bewertung der Autobörsen müssen Bedeutung und Wirkung den Zielen des
Herstellers gegenübergestellt werden. Zu ermitteln sind Reichweite und
Funktion der Autobörsen sowie die verschiedenen Marketingziele der
Hersteller. Zur Untersuchung der Ausgangslage gehört zudem eine Analyse des
Betreiber-Geschäftsmodells, um Ziele und Handlungen des Betreibers zu
erklären und einen Hinweis auf die weitere Entwicklung der Autobörsen zu
geben.
• Welche Chancen und Risiken ergeben sich durch die Online-Autobörsen?
Auswirkungen der Autobörsen sind auf die Preis- und Leistungsgestaltung
sowie auf die Wettbewerbssituation zu erwarten. Für den Hersteller bedeuten
die Autobörsen unabhängig von seiner Teilnahme einen Einfluss auf sein
Vertriebssystem.
• Wie sieht eine erfolgreiche Ausgestaltung aus?
Es ist zu erwarten, dass aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen
Rahmenbedingungen und Ziele von verschiedenen Herstellern nicht ein
Generalentwurf für den Einsatz von Online-Autobörsen entsteht, sondern dass
Lösungsansätze bestimmten Typen von Aufgabenstellungen zugeordnet werden
können.
• Welche Handlungsalternativen bieten sich dem Hersteller?
Als Handlungsalternativen wurden in den vorherigen Abschnitten verschiedene
in sich konsistente Konfigurationen der Form der Teilnahme auf dem
Marktplatz beschrieben. Hierzu sind die jeweiligen Gestaltungsparameter, ihre
Auswirkung auf die Ziele des Herstellers und die Interaktion der einzelnen
Parameter untereinander zu bestimmen.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
19
• Wie können einzelne Handlungsalternativen bewertet werden?
Die Wirkung der Alternativen muss gemäß ihres Einflusses auf die Erreichung
der Ziele im Distributionssystem erfolgen. Dimensionen sind hier u.a. die
Auswirkungen auf die Wettbewerbsstärke, die Effizienz des Vertriebssystems
und das akquisitorische Potential.
2.2 Aufbau des Bezugsrahmens
Zur Analyse der Fragestellung und zur fokussierten Ausrichtung der Arbeit auf die
Kernelemente wird ein heuristischer Bezugsrahmen entwickelt. Der heuristische
Bezugsrahmen enthält als Elemente die relevanten Grössen, Beziehungen und
Mechanismen zwischen den Elementen, um den Sachverhalt der Problemstellung zu
beschreiben.45 Bestandteil eines solchen Bezugsrahmens sind beispielsweise die
beteiligten Organisationen sowie die Verbindungen zwischen den Organisationen und
ihre gegenseitigen Einflussmöglichkeiten. Vorteil dieses Vorgehens ist es, dass anhand
einer solchen modellhaften Abbildung der Realität ein Schwerpunkt auf die Ermittlung
der relevanten Elemente und der für den Untersuchungsgegenstand wichtigen
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge gelegt wird. Die abstrakte Darstellung legt es
dabei nah verschiedene Ansätze oder theoretische Perspektiven, die für Untersuchung
der Zusammenhänge in Frage kommen, durchzuspielen und erschliesst der Arbeit
damit ein höheres heuristisches Potential ohne die Ausrichtung auf das
Untersuchungsziel zu beeinträchtigen.
In Abbildung 5 wird anhand des bestehenden Vorverständnisses ein solcher
Bezugsrahmen als Orientierung für das weitere Vorgehen in der Arbeit dargestellt.
Wie im vorherigen Abschnitt aufgezeigt können für die Problemstellung zwei Ebenen
der Gestaltung abgegrenzt werden. Die als Mikro- und Marko-Ebene abgegrenzten
Gestaltungsfelder, wie sie in Abbildung 3 vorgestellt wurden, stellen den Aus-
gangspunkt des Bezugsrahmens dar. Eine erfolgreiche Gestaltung der Mikro-Ebene
liegt vor, wenn auf der Plattform selbst ein Wettbewerbsvorteil erzielt werden kann.
Die Mikro-Ebene wird entsprechend mit ihren Gestaltungsvariablen in den Bezugs-
rahmen aufgenommen. Ausgangspunkt einer erfolgreichen Gestaltung ist die Unter-
stützung des Kunden im Kaufprozess, z.B. besonders auf Wünsche, Ängste oder das
spezifische Informationssuchverhalten einzugehen. Der Kunde und die Kontaktpunkte
45 KELLE 1999, S. 16; TOMCZAK 1992, S. 126f.
___________________________________________________________________________
20
zu ihm sind damit ein weiterer zentraler Bestandteil für den ersten Aufbau des
Bezugsrahmens.
Wie im Abschnitt B.1.1 dargestellt wird, kann die Aufgabenstellung bei der
Untersuchung der Makro-Ebene der Distributionsforschung zugeordnet werden. Diese
bietet erprobte Strukturen und Methoden, um das Agieren auf der Makro-Ebene zu
untersuchen. Als drittes wesentliches Element, neben dem Kunden und der
Abgrenzung von Mikro- und Makro-Ebene, stellt der Bezugsrahmen die Distributions-
subjekte dar.46 Die Parameter ihrer Gestaltung, hier als Beispiele in den weissen
Kästchen dargestellt, entsprechen dem Vorverständnis aus den Forschungsfragen. Sie
sind der Ergebnistyp des Abschnitts C dieser Arbeit und werden dort vervollständigt
und erklärt.
Kunde
ProduktdarstellungProduktdarstellung
Frontend u. NavigationFrontend u. Navigation
Zusätzliche ServicesZusätzliche Services
PreismechanismusPreismechanismus
MarktteilnehmerMarktteilnehmer
MarktregelnMarktregeln
Geschäftsmodell und Strategie des BetreibersGeschäftsmodell und Strategie des Betreibers
Marktplatz
MarketingkonzeptMarketingkonzept
RessourcenRessourcen
……
LeistungsangebotLeistungsangebot
Strategische AusrichtungStrategische Ausrichtung
Anbieter
Händler
MikroMikroMikroMikro----EbeneEbeneEbeneEbene
MakroMakroMakroMakro----EbeneEbeneEbeneEbene
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Abbildung 5: Heuristischer Bezugsrahmen
Die Beziehungen, wie sie in Abbildung 5 mit den Verbindungen 1-8 bezeichnet sind,
erfassen die Wirkung der einzelnen Elemente untereinander. Die Analyse der
Beziehungen 2-8 wird in der Branchenuntersuchung im Kapitel C vorgenommen. Die 46 Siehe Abschnitt B.1.1 zur Nutzung der Distributionsforschung.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
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Beziehung zwischen Marktplatz und Kunde ist der Ergebnistyp von Kapitel D. Die
Tabelle 5 erläutert die Beziehungen und gibt Beispiele für die jeweiligen Zusammen-
hänge:
Nummer Kontakt Beispiele für Beziehungen
1 Marktplatz – Kunde • Nachfragerakquisition des Marktplatzes
• Bedürfnisse des Kunden (Informationen zur Modellwahl, Preistransparenz)
• Wahrnehmen des Marktplatzbetreibers durch den Kunden
2 Händler - Kunde • Händler nimmt Verkaufsfunktionen im Auftrag des Anbieters (NW) oder auf eigene Rechnung (GW) wahr
• Kunde trifft Einkaufsortentscheidung
• Händler stellt persönlichen Kontakt nach dem Marktplatzbesuch dar
3 Anbieter - Kunde • Vermarktungsmassnahmen des Anbieters
• Produktentscheidung des Konsumenten
• Markenkommunikation auf dem Marktplatz
4 Händler - Marktplatz • Kosten der Marktpräsenz
• Vorteile aus der Marktpräsenz
• Abhängigkeit des Händlers von Interessenten des Marktplatzes
5 Anbieter - Marktplatz • Kooperationsmodelle
• Technische Integration
• Nutzung der Marktkenntnisse
6 Anbieter - Händler • Verteilung der Vertriebsmarge
• Vertriebseffizienz zwischen Hersteller und Händler
• Versorgung des Händlers mit notwendigen IT-Systemen
7 Marktplatz – Wettbewerber • Teilnehmer auf dem Marktplatz
• Differenzierungsmöglichkeiten
8 Anbieter – Wettbewerber • Kooperationen zwischen Wettbewerbern
• Einflussnahme von Branchenverbänden (Standardisierung, Wettbewerbsregeln)
Tabelle 5: Beziehungen im Bezugsrahmen und beispielhafte Wirkungen
3. Forschungsansatz und Forschungsmethodik Im folgenden Abschnitt sollen zuerst einige grundlegende Ausrichtungen der
Wissenschaftstheorie dargestellt werden, um im Anschluss das Vorgehen und den
angestrebten Beitrag der Arbeit einordnen zu können. Der Abschnitt A.3.2
konkretisiert dann diese wissenschaftliche Orientierung mit der Vorstellung der
ausgewählten Methoden und Verfahren. Im Abschnitt A.3.3 werden der Ablauf des
Forschungsvorgehens und die Hauptphasen mit ihren Arbeitspaketen dargestellt.
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3.1 Realitätsorientierte Marketingforschung Die wissenschaftstheoretische Orientierung der Arbeit soll anhand der verschiedenen
Bedeutungen, die der Begriff Wissenschaft enthält, dargestellt werden. Hierzu kann
eine Aufteilung in drei Sichtweisen erfolgen:
• Wissenschaft als menschliche Tätigkeit des Strebens und Forschens,
• Wissenschaft als Komplex des bereits gewonnen Wissens
• und Wissenschaft als Gesamtheit des wissenschaftlichen Betriebes.47
Die Wissenschaft als menschliche Tätigkeit des Strebens und Forschens steht für den
eigentlichen Prozess der Wissensentstehung. Die Motivation des Forschens wird von
einem natürlichen Bedürfnis nach Erkenntnis und Weltorientierung gespeist. Der
Ursprung der Wissenschaften, wenn er mit dem Beginn der Philosophie gleichgesetzt
wird, war aber zugleich auch von dem konkreten Ziel der Lageverbesserung
getragen.48 Zur Problemlösung werden hierbei Sachverhalte nach ihren Ursachen
untersucht, aus der unendlichen Masse möglicher Einflüsse wird eine Auswahl von
relevant gehaltenen Faktoren eingegrenzt und ein vermuteter Wirkungszusammenhang
zwischen ihnen festgelegt. Dieser Wirkungszusammenhang entspricht dem
allgemeinen Verständnis von Theorien.49 Das Ergebnis einer solchen frühen praxis-
orientierten Wissenschaft liegt damit in mehr oder weniger guten Theorien.50
Entsprechend dieser Bedeutung stellen die Definition des Sachverhalts Theorie und
das Vorgehen der Theoriebildung Basisthemen der Wissenschaftstheorie dar, in denen
sich viele wissenschaftstheoretische Fragestellungen widerspiegeln.51 Hierzu gehört
der bisher nicht auflösbare Diskurs zwischen der deduktiven Ableitung neuer
Aussagen aus theoretischen Sätzen und dem induktiven Entwickeln neuer Regeln.
Aktuelle wissenschaftstheoretische Ansätze versuchen die Kluft zwischen dem
Verständnis von Wissenschaft als Aufdeckung von Hypothesen in der Induktion und
dem Wissenschaftsverständnis der Hypothesenprüfung, durch eine Nutzung der
Deduktion im Sinne eines sensibilisierenden Konzeptes oder einer Heuristik zu
mildern. Einem solchen induktiven Vorgehen, das auf ein systematisches und trans-
parentes Aufdecken von Regeln ausgerichtet ist, die Notwendigkeit der Hypothesen-
47 Vgl. DIEMER 1996, S. 20; STRÖKER 1992, S. 1-11, zum Begriff der Wissenschaft. 48 SCHANZ 1988, S.6; RÖD 1988, S. 32-34. 49 CHMIELEWICZ 1994, S. 80-87, STRÖKER 1992, 60ff. 50 SCHANZ 1988, S. 7. 51 Vgl. LAMBERT/BRITTAN 1991, S. 143-145. Bezogen auf die Methoden werden hierbei der Entdeckungszusammenhang und der Begründungs- und Rechtfertigungszusammenhang diskutiert, siehe CHMIELEWICZ 1994, S. 37.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
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bildung und ihrer Überprüfung aber nicht verneint, wird hier gefolgt. Ein solcher
Ansatz gewinnt Hypothesen aufgrund empirischer Beobachtungen und versucht damit
den Schluss auf Theorien.52
Wissenschaft als Komplex des durch wissenschaftliche Tätigkeit gewonnen Wissens,
weist auf die Bedeutung des Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Aussagen
hin. Jede neue wissenschaftliche Aussage beruft sich, bewusst oder unbewusst aus
dem Hintergrund des Forschenden, auf ein System bereits vorhandener Aussagen.
Wissenschaft in dem hier verwendeten Sinne definiert sich als „[...] ein Gesamt von
Sätzen über einen thematischen Bereich, die mit diesem in einem Begründung-
szusammenhang stehen.“53 Neue Aussagen müssen eine Integration in dieses System
suchen. Das heisst, sie müssen zu den Aussagen dieses Systems widerspruchsfrei und
mit ihnen verknüpfbar sein. Hierzu müssen sie hinreichend und notwendig zur
Erklärung bisher ungeklärter Beobachtungen sein und ihre Bezugspunkte benennen.54
Umgekehrt bedeutet dies, dass auch bei dem gewählten induktiv empirischen
Forschungsansatz die Kenntnis über theoretische Bezugspunkte notwendig ist, um ein
hinreichendes Vorverständnis zu liefern. 55 Nur so ist es dem Forscher möglich, seine
Arbeit in das bestehende Wissenschaftsgebäude einzuordnen, dem Neuheitsanspruch
zu genügen oder in der praktischen Arbeit die relevanten Aspekte aus dem Daten-
material zu erkennen. Das Verständnis der Wissenschaft als Komplex des gewonnen
Wissens beinhaltet auch unterschiedliche Ebenen, auf denen wissenschaftliche
Tätigkeit notwendig ist. Die Wissenschaft umfasst so ein Spektrum von
Metawissenschaften, wie der Wissenschaftstheorie, bis hin zu den oben genannten
Zielen praktischer Lageverbesserung in den anwendungsorientierten Wissenschaften,
beispielsweise durch technische Grundlagen oder Handlungsempfehlungen im
sozialen Bereich.56 Ausgangspunkt der Aufgabenstellung dieser Arbeit ist ein Praxis-
problem und dies definiert damit ein anwendungsorientiertes Forschungsprojekt. Zu
untersuchen sind für den Betriebstyp Elektronischer Marktplatz Wirkungsweisen und
Gestaltungsparameter, um daraus Handlungsempfehlungen für Unternehmen zu
entwickeln.
52 ULRICH 1981, S. 29ff. 53 DIEMER 1964, S. 67. 54 POPPER 1973, S. 41. 55 GLASER/STRASS sprechen hierbei von einer „theoretischen Sensibilität“, die Voraussetzung für das Erstellen neuer Hypothesen ist, KLUGE/KELLE 1999, S. 34 sprechen bei der theoretischen Perspektive von „Linsen“, mit denen relevante Phänomene betrachtet werden. 56 Vgl. zur Zuordnung praxisorientierter Fragestellung in die Wissenschaften ULRICH 2001, S. 221f.; SCHANZ 2000, S. 83; CHMIELEWICZ 1994, S. 15-17.
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Wissenschaft als Gesamtheit des wissenschaftlichen Betriebes betrachtet, bedeutet
einen Fokus auf die Teilnehmer am Wissenschaftsprozess und auf die Institutionen
und Strukturen zu legen, in denen diese organisiert sind. Der Kulturbereich
Wissenschaft hat erheblichen Einfluss auf das Wissenschaftsgeschehen.57 Hierzu
gehört der Bereich der Normen- und Wertvorstellungen innerhalb der verschiedenen
Disziplinen. Wissenschaft besteht in diesem Sinne aus verschiedenen Gruppen von
Gemeinschaften, die denselben Regeln und Normen für ihre wissenschaftliche Praxis
folgen. Man spricht von einem gemeinsamen Forschungsparadigma.58 Die
gemeinsamen Meinungen und Einstellungen sind keine geregelte Norm, sondern ein
im Zeitverlauf entstandenes gemeinsames Verständnis, das sich auch weiterhin im
Wandel befindet. Die hierbei stattfindende Diskussion betrifft die Wissenschaftsziele
an sich, Forschungskonzeptionen, die verwendeten Methoden bis hin zu Begriffs-
definitionen.59 Besonders in interdisziplinären Bereichen oder langfristigen Diskursen
ist deshalb eine explizite Definition dieser Sachverhalte notwendig. Das Thema dieser
Arbeit ordnet sich mit seinem einzelwirtschaftlichen Fokus in das Forschungsfeld der
Betriebswirtschaftslehre ein.60 Da die auf Distributionspolitik und Konsumenten-
verhalten zielende Fragestellung der Untersuchung sozialer Systeme bedarf, grenzt sie
sich jedoch von dem Idealmodell einer „[…] mikorökonomisch fundierten und durch
die Unternehmensforschung mathematisch verfeinerten Betriebswirtschaftslehre“61 ab.
Es wird der Einsicht gefolgt, dass das menschliche Handeln in sozialen Strukturen
nicht durch einfache mathematische Modelle erklärt oder vorhergesagt werden kann.
Die Forschungskonzeption muss in diesem Sinne als spezielle, interdisziplinär
orientierte Sozialwissenschaft verstanden werden. Hierdurch wird die Methodik
definiert, die sich der Verfahren der Sozialforschung, gemeint sind insbesondere
interpretierende Verfahren, bedienen muss. Hier steht vielen Bereichen die Basis für
eine theoretische Ableitung von Hypothesen nicht zur Verfügung.62 Es muss deshalb
in der Frage des Induktionsproblems bewusst von den Positionen des kritischen
Rationalismus, wie er ansonsten für die verschiedenen Forschungskonzeptionen der
Betriebswirtschaftslehre konstitutiv ist, abgewichen werden.63 Ausgehend von dem
Mangel an Theorien kann der gesamte Ansatz des klassischen phasenweisen
57 STRÖKER 1992, S. 20. 58 KUHN 1978, S.26. 59 KÖNIG 1971, S. 32; vgl. CHMIELEWICZ 1994, S. 17ff. zur Diskussion der Forschungskonzeptionen in der Betriebswirtschaftslehre. 60 Vgl. SCHNEIDER 1995, S. 231f. zur Diskussion über die Aufgabenstellung der Betriebswirtschaftslehre. 61 SCHNEIDER 1995, S. 244. 62 TOMCZAK 1992, S. 109. 63 Vgl. KRETSCHMANN 1990, S. 1-8; SCHNEIDER 1985, S. 178f. zur Rolle des „Kritischen Rationalismus“ in der Betriebswirtschaftslehre.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
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Forschungsablaufs hinterfragt werden. Anstelle von einer bestehenden Theorie
auszugehen, die durch die Ableitung von Hypothesen an der Realität zu bewähren ist,
sollte der Weg zu neuer Erkenntnis den Schwerpunkt wissenschaftlicher Arbeit bilden.
Die Arbeit orientiert sich damit an einem anwendungsorientierten Forschungs-
programm, das als realitätsorientierte Marketing-Forschung bezeichnet werden
kann.64 Es wird hierbei mit den Methoden eines theoriegeleiteten Empirismus
analysiert, ein Verständnismodell aufgezeigt und es werden konkrete Lösungen
angeboten.65
Da für die Fragestellung kein direkter Ansatz auf bestehende Vorarbeiten erfolgen
kann und keine Theorie absehbar ist, mit der die Fragestellung umfassend behandelt
werden kann, besteht die wesentliche Aufgabe der Arbeit zuerst in der
Systematisierung und Strukturierung der Problemstellung. Hierfür bietet sich der
qualitative Forschungsansatz an, da er besondere Vorteile in der Exploration, der
Integration verschiedener Methoden und der Konkretisierung auf Sachproblemen in
sich vereint. Im Zentrum der qualitativen Forschung steht die ganzheitliche
Betrachtung und Analyse von einzelnen Fällen. Damit kommt der Abgrenzung des
Untersuchungsumfeldes eine wichtige Bedeutung zu. Um den Untersuchungs-
gegenstand in diesem Sinne ganzheitlich untersuchen zu können, erfolgt eine
Einschränkung der zu prüfenden Rahmenbedingungen auf die Automobilbranche und
auf den deutschen Automobilmarkt.66 Durch dieses Vorgehen können das notwendige
Verständnis und die notwendige Tiefe der Untersuchung erreicht werden.67
3.2 Qualitative Forschung und Generalisierbarkeit der Ergebnisse
Die Wahl eines qualitativen Forschungsansatzes und die Einbindung in den situativen
Kontext des Automobilvertriebs bedeuten, dass die Forschung selbst wichtigen
Qualitätskriterien genügen muss, um nicht die wissenschaftliche Nutzbarkeit zu
gefährden. Dies bezieht sich vor allem auf das intersubjektive Verständnis, die
Nachvollziehbarkeit des Forschungsprozesses und die Generalisierbarkeit der
Aussagen. MAYRING zeigt eine Reihe von Verfahrensrichtlinien auf, die im Rahmen
dieser Arbeit genutzt werden sollen:
64 TOMCZAK 1992, S. 83. 65 Vgl. RAFFEE 1994, S. 25ff.; SCHNEIDER 1994, S. 117-148 Zu den unterschiedlichen Forschungsprogrammen der Betriebswirtschaftslehre. 66 Vgl. zu den grundlegenden Unterschieden der nationalen Automobilmärkte BICKELMANN 1995, S. 634ff. 67 BELZ 1993, S. 7.
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• Verfahrensdokumentation,
• argumentative Interpretationsabsicherung,
• Regelgeleitetheit,
• Nähe zum Gegenstand,
• kommunikative Validierung,
• Triangulation.68
Auch bei einem Forschungsprozess, der explizit die iterative Gewinnung von
Erkenntnissen zulassen soll, ist zur Sicherstellung der Qualität der einzelnen Methoden
ein kontrolliertes Vorgehen notwendig. MAYRING schlägt hier den Einsatz von
definierten Ablaufmodellen vor, die eine bewusste Kombination quantitativer und
qualitativer Daten ermöglichen. So soll ein Mittelweg zwischen einer völlig freien und
einer völlig strukturierten Vorgehensweise gefunden werden.69 Hierzu gehört die
genaue Definition der Fragestellung und des Materials, das untersucht werden soll.
Methode und Quellen sind kritisch zu hinterfragen und die Auswahl der Stichprobe ist
argumentativ zu begründen. Für die Durchführung ist ein Leitfaden, der die
Vorgehensweise während der Untersuchung koordiniert und transparent macht, zu
erstellen und das gesamte Vorgehen zu protokollieren. Das zentrale Ziel eines solchen
multimethodischen Designs muss in der Konvergenz der qualitativen und quantitativen
Forschungsergebnisse stehen. Der theoretische Bezugsrahmen stellt dabei die
Klammer um diese Ergebnisse dar.
Unter dem Begriff der Triangulation wird die Verwendung mehrerer Methoden und
Quellen zur Untersuchung eines Sachverhalts verstanden. Triangulation stellt in
diesem Sinne den gemeinsamen Einsatz von qualitativen und quantitativen Methoden
dar, um denselben Gegenstand aus unterschiedlichen Richtungen zu betrachten. Neben
einem möglichen Widerspruch oder der Validierung von Ergebnissen durch die
Verwendung weiterer Methoden, können diese auch komplementär wirken und das
Wissen über den jeweiligen Sachverhalt weiter vertiefen.70 Ein typisches Mittel der
Triangulation ist die im Rahmen der Desk-Research betriebene Dokumentenanalyse.71
Im Rahmen der Desk-Research wurde vor allem die Einbindung der relevanten
quantitativen Untersuchungen vorgenommen. Hierbei galt es, die Erkenntnisse zum
Konsumentenverhalten zu interpretieren, um diese in einen Bezug zu den Funktionen 68 MAYRING 1999, S. 119f. zur Beurteilung qualitativer Methoden siehe auch KEPPER 1994, S. 182ff. 69 MAYRING 2001. 70 KELLE 1999, S. 5ff. 71 MAYRING 2002, S. 49.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
27
des Marktplatzes zu setzen. Mit der Desk-Research waren zudem die Produktspezifika
aus dem Automobilgeschäft und der Rahmenbedingungen im Automobilvertrieb sowie
die Geschäftsmodelle der Partner im Distributionssystem zu erfassen. Zur Klärung der
in der Desk-Research ermittelten zentralen Fragestellungen und zur Prüfung weiterer
relevanter Faktoren wurden Tiefeninterviews mit Endkunden und Fachexperten
durchgeführt.72 Eine Ergänzung der Desk-Research wurde durch die Verwendung von
Fallbeispielen bei der Untersuchung zu Funktionen und Geschäftsmodellen von
Elektronischen Marktplätzen durchgeführt.73
Um aus dem Schlüsselprozess der Vermarktung und des Verkaufs von Fahrzeugen die
Erfolgskriterien für den Einsatz Elektronischer Marktplätze ableiten zu können, wurde
dieser Prozess mit einer teilnehmenden Beobachtung genauer untersucht.74 Diese
wurde im Oktober 2005 im Rahmen einer fünftägigen Begleitung des Verkaufs-
personals in der Mercedes-Benz Niederlassung in Dresden durchgeführt. Zielsetzung
war es, die Prozesse im Verkauf und die hierzu notwendige Organisation im Detail
kennen zu lernen, da hierzu keine Materialien gefunden wurden. Ausserdem konnte
vor Ort die Einbindung des Internets in die Verkaufsprozesse und die Nutzung der
Online-Börsen im Tagesgeschäft verfolgt werden. Vorteil der Methode der teil-
nehmenden Beobachtung für diese Fragestellung ist die besondere Nähe zum
Gegenstand, mit der die abstrahierten Aussagen in der Literatur über die Verkaufs-
prozesse hinterfragt und vertieft werden konnten.75
Typisierung als Mittel der Generalisierung
Die situationsbezogene qualitative Forschung analysiert Einzelfälle. Jegliche Formen
der Verallgemeinerung ihrer Aussagen müssen deshalb aktiv begründet werden und
der genaue Umfang der Generalisierung ist zu definieren.76 Typen sollen das
untersuchte Material überschaubarer machen und den Blick auf die Bestandteile
lenken, die das Material in besonderer Weise repräsentieren. Wurden Typen bestimmt,
die gegenstandsadäquat zur Fragestellung sind, so können mit Hilfe von Einzel-
fallanalysen dieser Typen anschauliche Aussagen über einen grösseren Gegenstands-
72 Für Tiefeninterviews wird auch der Begriff des problemzentrierten Interviews verwendet, vgl. MAYRING 2002, S. 67f. 73 MAYRING 2002, S. 42. 74 Vgl. MAYRING 2002; KELLE 1999, S. 9.; KEPPER 1994, S. 107f. zur Methode der teilnehmenden Beobachtung. 75 Vgl. zur teilnehmenden Beobachtung MAYRING 2002, S. 55, S. 84-84; der verwendete Beobachtungsleitfaden befindet sich im Anhang 2. 76 MAYRING 2002, S. 25ff.
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28
bereich verallgemeinert werden.77 Ziel ist es, eine Handlungsempfehlung aufgrund der
Untersuchung nicht mehr nur für die genau in diesem situativen Kontext stehenden
Rahmenbedingungen gelten zu lassen, sondern die Geltung auf einen bestimmten Typ
zu erhöhen. Neben der Deskription hat die Typisierung eine hypothesengenerierende
Funktion und leitet die Einzelfallaussage in eine theoretische Aussage über.78 So kann
eine abgrenzungsscharfe Typisierung als Zwischenschritt zwischen einer generellen
Aussage und den untersuchten Einzelfällen eingeordnet werden.79
Grundlage der Typisierung ist die Festlegung über welche Materialbestandteile
typisiert werden soll und welche Aussagen die Typen treffen sollen. Die Material-
bestimmung meint die für die Charakterisierung der Typen relevanten Kriterien und
ihre Ausprägungen. Im Fall eines Automobilkäufers beispielsweise Kriterien der
Kaufkraft oder die genutzten Kommunikationskanäle, mit denen sich die Kunden im
Sinne der Fragestellung und des Lösungsansatzes unterscheiden lassen. Bei der Frage
in welcher Form der Typ unterschieden werden soll, MAYRING spricht vom
Typisierungskriterium, lassen sich Idealtypen und Realtypen unterscheiden. Realtypen
sind etwa Typen mit besonderer Häufigkeit, besonders extreme Fälle oder Fälle von
besonderem theoretischem Interesse.80 Das Typisierungskriterium sollte dement-
sprechend gemäss dem Forschungsauftrag eingesetzt werden.
Eine Typologie ist das Ergebnis eines Gruppierungsprozesses.81 Hierzu sind die
relevanten Vergleichsdimensionen zu identifizieren und das Material muss anhand
dieser Dimensionen bewertet werden, um eine Gruppierung anhand empirischer
Regelmässigkeiten vorzunehmen. Die Zusammenhänge zwischen den Ausprägungen
innerhalb der Gruppen sind zu untersuchen und es sollte hier ein Verständnis
hergestellt werden. Anschliessend muss eine Charakterisierung der gebildeten Typen
erfolgen, wozu die klare Abgrenzung zwischen den Gruppen gehört. Im Ergebnis muss
die Typisierung einigen Anforderungen genügen, damit sie im Rahmen der Unter-
suchung einen Mehrwert bietet. Hierzu gehört, dass die Typisierung anhand von
Merkmalen erfolgt, die relevant für die Fragestellung sind und die zu bildenden
Merkmalsdimensionen zur Differenzierung im betrachteten Fall beitragen. Formal
muss eine Unabhängigkeit zwischen Typen und Parametern gegeben sein, da sonst mit
der Typisierung keine eigenständige Aussage erzielt wird.
77 MAYRING 2002, S. 130; KLUGE/KELLE 1999, S. 75. 78 KLUGE/KELLE 1999, S. 9. 79 BELZ 1998, S. 8. 80 MAYRING 2002, S. 131. 81 Vgl. KLUGE/KELLE 1999, S. 75ff. zur praktischen Durchführung der Typenbildung.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
29
3.3 Forschungsmethodisches Vorgehen
In den folgenden Arbeitsschritten der Untersuchung werden je nach Aufgabenstellung
unterschiedliche Methoden angewendet. Die Darstellung von Online-Börsen als ein
eigenständiger Betriebstyp in Kapitel B. basiert auf der Analyse von Fallbeispielen,
die anhand von Desk-Research durchgeführt wurde. Genutzt wurden hierbei u.a.
Berichte in Fachzeitschriften sowie eine Analyse der Inhalte und Prozesse der Online-
Börsen, wie sie sich im Internet beobachten lassen. Die daran anschliessende
Ermittlung der branchenspezifischen Rahmenbedingungen im Automobilvertrieb wird
als Fallstudienuntersuchung geführt. Aufgabe des Fallstudienansatzes ist es, die realen
Einflussfaktoren in die Untersuchung einzubeziehen.82 Für die Fallstudien-
untersuchung sind dabei verschiedene Informationsquellen und Methoden zu
kombinieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurden neben wissenschaftlichen und privat-
wirtschaftlichen Veröffentlichungen vor allem quantitative Studien aus der Praxis
verwendet.83 Die qualitativen Methoden des Experteninterviews und der teil-
nehmenden Beobachtung wurden eingesetzt, um die Ergebnisse des Desk-Researchs
zu erklären, nachzuvollziehen und zu vertiefen.84 Hierzu wurden Experteninterviews
mit Fachleuten des Automobilvertriebs geführt.85 Ziel war hierbei vor allem ein
tieferer Einblick aus der Perspektive des Handels. Im Rahmen einer teilnehmenden
Beobachtung wurde vor allem die konkrete Ausgestaltung der Verkaufsprozesse in der
Praxis betrachtet.
Im Kapitel D. wird die Wirkung der Online-Börsen anhand der Bedürfnisse und
Erwartungen der Nachfrager auf dem Marktplatz ermittelt. Hierzu wurden 14
Interviews mit Endkunden geführt.86 Das problemzentrierte Interview mit Endkunden
wurde dazu verwendet, die verschiedenen Formen der Nutzung von Online-
Autobörsen im Zusammenspiel mit anderen Kontaktstellen zu untersuchen.87 Das
problemzentrierte Interview bot sich als Instrument einer theoriegeleiteten Forschung
an, da aufgrund der Branchenfallstudie und mit der teilnehmenden Beobachtung
bereits ein umfassendes Vorverständnis der Prozesse vorlag. Dies galt es im Detail zu
vertiefen und auf spezifische Fragestellungen bezüglich der Wirkung der Online-
82 YIN 1994, S. 13. 83 Eine Übersicht der verwendeten quantitativen Studien sowie eine kurze inhaltliche Beschreibung befinden sich im Anhang 3. 84 Vgl. zum Einsatz der teilnehmenden Beobachtung den vorherigen Abschnitt. 85 Vgl. Anhang 3 für die Auflistung der beteiligten Experten sowie dem Gesprächsleitfaden. 86 Die genaue Beschreibung der Durchführung und Rahmenbedingungen der Interviews erfolgt im Abschnitt D.2.1. 87 Vgl. zum problemzentrierten Interview MAYRING 2002, S. 67-72.
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30
Börsen zu hinterfragen. Ziel hierbei war vor allem ein Verständnis der übergreifenden
Handlungszusammenhänge und Verkettungen.
Die rein empirischen Ergebnisse der Endkundeninterviews wurden bewusst von den
anderen Kapiteln getrennt und gehen erst ab Abschnitt D.2 in die Arbeit ein. An
Stellen, an denen es in vorgelagerten Kapiteln eine wichtige Ergänzung oder einen
Widerspruch durch diese Ergebnisse gab wurde dies explizit erwähnt. Dieses
Vorgehen dient der besseren Identifizierbarkeit der Aussagen aus den Endkunden-
interviews. Gründe hierfür sind zum einen, dass so die aktuelle Orientierung der
Kunden den allgemeinen Annahmen gegenüber gestellt werden kann, zum anderen
sollen die ermittelten qualitativen Aussagen nicht unzulässig verallgemeinert werden.
4. Aufbau der Dissertation
Ausgangspunkt der Untersuchung ist eine explorative Sammlung von Wissen über den
Untersuchungsgegenstand und die Rahmenbedingungen des situativen Kontexts.
Hierzu wird im Kapitel B. zuerst das Phänomen des Elektronischen Marktplatzes im
B2C-Geschäft als neuer Betriebstyp betrachtet. Elektronische Marktplätze werden
hierzu als Distributionssubjekt und mit ihrem Beitrag im Distributionssystem
eingeordnet. Anhand von drei Fallbeispielen erfolgreicher Elektronischer B2C-
Marktplätze in Deutschland werden Geschäfts- und Marktmodelle erfasst und die
Erfolgsfaktoren der jeweiligen Anwendung dargestellt. Hieraus wird eine allgemeine
Beschreibung Elektronischer B2C-Marktplätze mit ihrem Aufbau, Funktionen,
Leistungen und dem typischen Betreibermodell abgeleitet.
A. Einleitung ___________________________________________________________________________
31
Gestaltungsparameter auf dem Marktplatz
Gestaltungsparameter bei der Integration
Wirkungshypothesen
Herleitung des Wirkungsmodells (D.1)Erkenntnisse zum Kaufprozess
Teilentscheidungen u.Einzelaktivitäten
Rolle des Marktplatzes in den Fällen
Prüfung des Wirkungsmodells (D.2)
Abschnitt
D.
Abschnitt
E.
Funktionen und Architektur
Geschäftsmodell der Betreiber
Wettbewerbsbedingungen
eMP als Betriebstyp (B.)Produkteigenschaftenund Kaufverhalten
Bestehende Distributionssysteme
Wettbewerbsumfeld der Branche
Branchenanalyse (C.)
Bewertung des Status-Quo (D.3)• Bewertung der Chancen und Risiken• Identifizierung der Gestaltungsparameter• Potential der Plattform im Vertriebsprozess
• Beitrag der Autobörsen im Buying Cycle• Möglichkeiten zur Differenzierung• Typisierung der Anbieter
Abschnitt
B. + C.
Abgeleitete Handlungsempfehlungen
Entwicklung des Lösungsmodells und Beurteilung der strategischen Varianten
Abbildung 6: Konzept für den Ablauf der Untersuchung
Die anschliessende branchenbezogene Untersuchung im Kapitel C. basiert auf der
Darstellung der spezifischen Produkteigenschaften, den Rahmenbedingungen der
Automobilwirtschaft, dem Kaufverhalten beim Autokauf und den bestehenden
Distributionssystemen mit den Handelsleistungen des Automobilvertriebs. Als
Ergebnis für die weiteren Stufen der Arbeit werden hieraus Möglichkeiten zur
Differenzierung, die gegebenenfalls durch Elektronische Marktplätze unterstützt
werden können, entwickelt. Es werden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der
Automobilhersteller oder Importeure erfasst und ein Phasenmodell über die
Kaufentscheidung aufgestellt, anhand dessen der Beitrag der Online-Autobörsen zu
einzelnen Phasen des Verkaufs zugeordnet werden kann. Für die Analyse der
Distributionssysteme in den Fallbeispielen und als Struktur für die Branchenanalyse
liefern Untersuchungen der Distributionsforschung ein detailliertes Raster.88
Aus den Ergebnissen der Analyse der Ausgangslage werden im Kapitel D. die
Parameter für die Gestaltung von Makro- und Mikro-Ebene abgeleitet. Hierzu werden
entsprechend den Beziehungen im vorgestellten Bezugsrahmen Hypothesen über die
Wirkung der einzelnen Parameter aufgestellt. Wie in Abbildung 7 dargestellt wird
davon ausgegangen, dass in den einzelnen Phasen des Autokaufs jeweils ein
88 AHLERT 1998, S. 34-66; SPECHT 1992, S. 127-142.
___________________________________________________________________________
32
unterschiedliches Informationsbedürfnis besteht und deshalb auch die Wirkung des
Marktplatzes auf die verschiedenen Phasen unterschiedlich ist. Entsprechend wird im
Abschnitt D.1 zuerst ein Phasenmodell entwickelt an dem dann Hypothesen über die
jeweilige Wirkung des Marktplatzes formuliert werden. So wird ein Idealmodell der
Marktplatznutzung entwickelt, das dann im Abschnitt D.2 anhand der Endkunden-
interviews diskutiert wird.
Awareness Consideration Acquisition OwnershipRe-
consideration
VehicleConfi-
guration &
Profiler
InfoEnlarge-
mentFinancialServices
After-sales
Services
Cross-Selling/Other
Services
Trade-in
Dealer Locator
VehiclePackage
TestDrive
Reser-vation
RequestQuote Order Nego-
tiationOrder
Handling Contract Pay-ment
Deli-very/
Pick-up
VehicleCom-
parison
Prozesse im Fokus
AUTOBÖRSE
Zur Verfügung stehende Leistungen
Steuerung des Leistung sangebo ts
Anzahl de r GW Redaktione lle Inhalte Präsentation Händle r Werbung im Frontend Anzahl de r GW ...
Geschäftsmodell des Marktplatzes
Ges taltungs-e influss des OEM
Technis che Rahmenbed. ...
Wirkung der AutobörseWirkung der AutobörseWirkung der AutobörseWirkung der Autobörse auf auf auf auf die die die die einzelnen Prozesseeinzelnen Prozesseeinzelnen Prozesseeinzelnen Prozesse
Abbildung 7: Wirkung der Autobörse (Kapitel D.)
Anhand der bewerteten Chancen und Risiken aus dem Abschnitt D.3 werden im
Kapitel E. die Gestaltungsebenen des heuristischen Bezugsrahmens wieder auf-
genommen und konkrete Vorschläge für die Mikro- und Makro-Ebene abgeleitet.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
33
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem
1. Der Untersuchungsrahmen des distributiven Leistungssystems
1.1 Einordnung der Aufgabenstellung in den Funktionsbereich Distribution Die Hauptfunktion Elektronischer Marktplätze, wie sie in der Problemstellung
beschrieben wurde, ist die Zusammenführung von Anbietern und Nachfragern.89
Elektronische Marktplätze bieten dem Anbieter eine neue Schnittstelle zum Nach-
frager und bedeuten zugleich die Veränderung seines Absatzkanals. Die Gestaltung
und Integration Elektronischer Marktplätze sind damit ein Teil der distributiven
Aufgabe des Marketings, die Verfügbarkeit der Leistungen im Zugriffsbereich des
Kunden in effizienter und wirksamer Form sicherzustellen.90
Der Bereich der Distribution umfasst die betrieblichen Aktivitäten, die dazu dienen,
eine Leistung vom Ort ihrer Entstehung unter Überbrückung von Raum und Zeit in
den Verfügungsbereich des Kunden zu bringen. Anders formuliert handelt es sich bei
der Distribution um weitere Massnahmen, die zur eigentlichen Leistung hinzutreten
müssen, um den Umsatz mit dem Verbraucher zu bewirken.91 Die Gesamtheit aller
absatzwirtschaftlichen Institutionen, die gemeinsam die Konsumreife sicherstellen,
wird als Distributionssystem bezeichnet.92 Zum Distributionssystem gehören die beim
anbietenden Unternehmen mit diesen Aufgaben befassten Stellen sowie alle
eingesetzten Absatzmittler und Absatzhelfer.93 Absatzmittler bieten als selbständige
Unternehmungen Distributionsleistungen an. Grundsätzlich können diese Distri-
butionsleistungen sowohl von dem anbietenden Unternehmen als auch von
89 BAKOS 1998, S. 35. 90 SCHÖGEL et al. 2002, S. 17: „Häufig findet sich ein Grossteil der Anwendungen des E-Business in Bereichen, die auch das Distributionsmanagement betreffen. Sie basieren auf einem mehr oder minder intensivem Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, um die wertschöpfenden Aktivitäten und Aufgaben innerhalb der distributiven Wertschöpfung im Absatzkanal zu unterstützen.“ 91 NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 2002, S. 881; AHLERT 1996, S. 10. 92 TOMCZAK 1992, S. 12f. 93 Vgl. NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1991, S. 625f. zur Definition von Absatzmittlern und Absatzhelfern.
___________________________________________________________________________
34
Absatzmittlern oder Absatzhelfern erfüllt werden.94 Typisch für Absatzhelfer ist, dass
sie sich auf eine bestimmte Distributionsfunktion konzentrieren, sie kein Eigentum an
der Ware erwerben und sie gegenüber ihrem Auftraggeber, der sowohl die anbietende
Unternehmung, ein Absatzmittler als auch ein Absatzhelfer sein kann, weisungs-
gebunden sind.95 Elektronische Marktplätze nehmen im Distributionssystem die Rolle
von Absatzhelfern ein. Der Nachfrager wird im Rahmen einer systemischen
Betrachtung des Distributionssystems nicht innerhalb von diesem eingeordnet, sondern
im Rahmen der Systemumwelt betrachtet.96
Die Aufgaben der Distribution können grundsätzlich in die physische Distribution und
die akquisitorische Distribution aufgeteilt werden. Die physische Distribution stellt
dabei den körperlichen Transfer der Leistung zum Kunden sicher. Die akquisitorische
Distribution bezieht sich auf die Gestaltung der Absatzwege. Absatzweg oder Absatz-
kanal wird der Weg eines Gutes über die verschiedenen Stationen des Absatzkanal-
systems genannt.97 Die verschiedenen Stationen werden von den beteiligten
Absatzmittlern und Absatzhelfern gebildet, die auch als Distributionssubjekte
bezeichnet werden. Die Selektion und Akquisition dieser Distributionssubjekte steht
im Mittelpunkt der distributionspolitischen Entscheidungen. Zur Absatzmittler-
akquisition, d.h. zur Einflussnahme auf das Verhalten der Absatzmittler der
verschiedenen Handelsstufen, kann der Lieferant auf das gesamte Arsenal absatz-
politischer Instrumente zurückgreifen. Absatzkanalpolitik stellt in diesem Sinne einen
instrumentenübergreifenden Massnahmenkomplex dar, dessen Ziele aus den über-
geordneten Marketingzielen abzuleiten sind.98
1.2 Methoden und wissenschaftliche Ansätze der Distributionsforschung
Neben Marktleistungsgestaltung, Preisgestaltung und Marktbearbeitung stellt die
Distribution einen der vier Instrumentalbereiche des Marketings dar und kann
dementsprechend als eigenständiger Forschungsbereich abgegrenzt werden.99 Wie
bereits genannt, wird für die Durchsetzung der distributionspolitischen Ziele das
gesamte Instrumentarium der Absatzpolitik verwendet. Hinzu kommen spezielle
94 OLBRICH/SCHRÖDER 1995, S. 13. 95 OLBRICH/SCHRÖDER 1995, S. 14. 96 Vgl. AHLERT 1996; TOMCZAK 1992, S. 13 zur Abgrenzung des Distributionssystems. 97 AHLERT 1996, S. 27. 98 AHLERT 1996, S. 21. 99 Vgl. KUSS/TOMCZAK 1998, S. 153ff.; AHLERT 1996, S. 19ff. zur Abgrenzung des Begriffs Distribution und Distributionspolitik.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
35
Themen der Koordinierungs- und Führungsmassnahmen, die für die Implementierung
und Steuerung der Distributionssysteme benötigt werden. Die Themen der
Distributionsforschung können in vier fachspezifische Ansätze eingeteilt werden, die
sowohl die schwerpunktmässige Ausrichtung der Forschungsansätze als auch die
Entwicklung der Distributionsforschung erkennen lassen. AHLERT unterscheidet
hierzu in eine warenorientierte, eine institutionenorientierte, eine funktion-
enorientierte und eine verbraucherorientierte Distributionsforschung.100 Wie im
Folgenden gezeigt wird, betrachten die so bezeichneten Ansätze jeweils
unterschiedliche Aspekte der Distributionsfunktion und variieren deshalb auch in den
Methoden. Eine eindeutige Zuordnung der veschiedenen Ansätze zu bestimmten
Methoden ist jedoch nicht möglich, da in sämtlichen Forschungsrichtungen heute
zumeist mehrere wissenschaftliche Ansätze (System-, Verhaltens- und Entscheidungs-
analyse) gleichzeitig angewendet werden.101
Eine waren- und institutionenorientierte Analyse des Distributionssystems dient in
dieser Arbeit zur Analyse der branchenbezogenen Rahmenbedingungen. Waren-
orientierte Ansätze der Distributionsforschung sollen den Einfluss der Leistung auf das
Distributionssystem untersuchen. Dies geschieht in dieser Arbeit im Rahmen der
situativen Untersuchung im Abschnitt C.1.1 (Wirtschaftliche Rahmenbedingungen).
Die institutionenorientierte Distributionsanalyse analysiert Betriebs- und Verbund-
formen des Handels sowie vertikale Kooperationssysteme zwischen Industrie und
Handel. Zu ihren Methoden gehören die Kategorisierung und Untersuchung
verschiedener Betriebstypen, wie sie im nächsten Abschnitt werden. Sie sollen zur
Beschreibung Elektronischer Marktplätze als Verkaufsstellen in Abgrenzung zu
anderen Betriebstypen dienen. Die institutionenorientierte Distributionsanalyse
beschäftigt sich mit der Beschreibung und Analyse der Distributionsorgane. Sie
bedient sich Betriebs- und Verfahrensvergleichen für die Analyse der unternehmens-
und konkurrenzbezogenen Bestimmungsfaktoren. Diese Faktoren sind beispielsweise
Organisation, Kapitalausstattung und Know-how der Händler, die Händlerdichte oder
die Breite und Tiefe des Absatzprogramms. Diese Arbeit greift diesen Bereich bei
dieser Untersuchung zur Beschreibung der Ausgangslage im Abschnitt C.1.2 auf. Auf
Basis dieser Grundlage sollen mithilfe der Anforderungen, die für die gewünschte
Einbindung Elektronischer Marktplätze gestellt werden, mögliche Konzepte für die
Entwicklung der Distributionssysteme entwickelt werden. Diese Anforderungen an ein
erfolgreiches Distributionssystem unter Einbeziehung Elektronischer Marktplätze
100 Vgl. AHLERT 1996, S. 34ff. zu den verschiedenen Ansätzen der Distributionsforschung und ihren Methoden. 101 AHLERT 1996, S. 36.
___________________________________________________________________________
36
werden im Rahmen einer verbraucherorientierten Analyse, die den Schwerpunkt der
Arbeit darstellt, ermittelt.
Die verbraucherorientierte Distributionsforschung entwickelt verhaltenstheoretisch
begründete Erklärungen für das Verhalten in der Distribution. Hierbei werden Ansätze
zur Motivation innerhalb des Distributionssystems (push- und pull-Konzepte), zum
Einfluss des Rollenverhaltens, zu dem durch den Handel beschränkten Zugang zum
Kunden (Gatekeeper-Ansatz), zum Umgang mit Macht oder zur Führung des
Distributionskonzeptes einbezogen.
Aufgrund der vielen Kombinationsformen bei der Gestaltung und Führung des
Distributionssystems, beispielsweise aus den verschiedenen absatzpolitischen
Instrumenten oder den unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit, ist eine extrem
hohe Anzahl von alternativen Absatzkanalstrategien denkbar. Die Entwicklung eines
verhaltenswissenschaftlichen Modells zur Ermittlung der idealen Entscheidung für das
Gestaltungsproblem in der Praxis ist damit nicht realisierbar.102 Vielmehr sollen im
Rahmen der Arbeit situativ angepasste Anhaltspunkte für die Nutzung erfolgreicher
Kombinationslösungen und deren Wirkung identifiziert und vorgeschlagen werden.
1.3 Möglichkeiten zur Beschreibung unterschiedlicher Betriebstypen
Elektronische Marktplätze stellen für das Geschäft mit Endkunden eine relativ neue
Form von Verkaufsstellen dar. Die institutionenorientierte Analyse in der
Distributions- oder der Handelsforschung bedient sich für die Analyse von Verkaufs-
stellen der Bildung von Betriebstypen. Es wird so möglich, aus der unüberschaubaren
Menge verschiedener Geschäftsmodelle der Absatzmittler und Absatzhelfer homogene
Typen zu bilden, die im Einzelnen untersucht, verglichen und in ihrer Entwicklung
beobachtet werden können. In der Literatur werden hierbei die Begriffe Betriebstyp
und Betriebsform teilweise synonym, teilweise auch mit differenzierender Aussage
verwendet.103 Unter dem Begriff der Betriebsform wird hier eine Klassifizierung der
Unternehmenspolitik nach mehreren Kennzeichen verstanden. Typische Kennzeichen
zur Einordnung von Betriebsformen im Einzelhandel sind beispielsweise die Grösse
der Verkaufsfläche, das Bediensystem, die Zusammenstellung des Sortiments und die
102 AHLERT 1996, S. 175. 103 MÜLLER-HAGEDORN 1998, S. 31f.; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1991, S. 393f. und S. 404ff.; WÖLLENSTEIN 1996, S. 14 ff.; PEPELS 1995, S. 10.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
37
Preispolitik.104 Die abzugrenzende Einheit ist der Betrieb, verstanden als räumlich
abgegrenzter Teil einer Unternehmung, als kleinste institutionelle Einheit innerhalb
des Distributionssystems. Für das Internet kann entsprechend der in Abschnitt A.1.2
getroffenen Definition der Betrieb mit dem Begriff der Anwendung gleichgesetzt
werden. Betrieb und Anwendung entsprechen damit dem zuvor verwendeten Begriff
der Verkaufsstelle.
Merkmal Beschreibung
Sortimentspolitik Festlegung von Sortimentsinhalt (Branche) und -tiefe.
Betriebsgrösse Zumeist über die Verkaufsfläche definiert.
Bedienungsprinzip Unterscheidung von Fremd- oder Selbstbedienung.
Art des Inkassos Persönliche Abrechnung oder Automatenverkauf.
Distanzüberwindung Unterscheidung zwischen Holkauf (z.B. SB-Warenhaus) und Bringkauf (z.B. Haustürgeschäfte) oder Zwischenformen (z.B. Wochenmarkt, Ausstellungen).
Art der Preisstellung Beispielsweise Niedrigpreisstrategie der Discounter.
Art des Kundenkreises Festlegung der Zielgruppe.
Integration in die Agglomeration Typischer Ort, an dem entsprechende Betriebsform ansässig ist (z.B. Stadtkern oder Stadtrand).
Tabelle 6: Merkmale von Betriebstypen (MÜLLER-HAGEDORN 1998, S. 43f.)
Die in Tabelle 6 dargestellten Merkmale stellen nur einen Ausschnitt aus den
möglichen Einteilungen dar. Weitere Einteilungskriterien sind etwa die Form der
Interaktion oder die Kommunikation mit dem Kunden.105 Die ausgewählten Kriterien
ermöglichen es, innerhalb einzelner Betriebstypen eine möglichst grosse Homogenität
in einer überschaubaren Anzahl von Merkmalsdimensionen abzubilden. Mit den
aufgezeigten Merkmalen grenzen sich die Betriebstypen zudem voneinander
vorwiegend über Merkmale der Absatzpolitik ab.106 Im Vergleich zum Konzept des
Geschäftsmodells orientiert sich diese Klassifikation an dem durch den Kunden
wahrnehmbaren Erscheinungsbild des Handelsbetriebs. Die Merkmale zur Typisierung
der Betriebsformen stellen damit nur eine enge Teilmenge der Elemente zur
Untersuchung eines Geschäftsmodells dar.107 Dies erscheint aus Sicht der
104 MÜLLER-HAGEDORN 1998, S. 31. 105 PEPELS 1995, S. 10ff.; zu den Merkmalskatalogen von Betriebstypen bzw. -formen siehe ebenfalls MATTMÜLLER 1993, S. 104; SCHENK 1991, S. 157; SPECHT 1992, S. 59-60. 106 MÜLLER-HAGEDORN 1998, S. 42. 107 Vgl. BIEGER/VON ROHR/RÜEGG-STÜRM 2001, S. 50-53 zum Umfang der Merkmale im Leistungs- und Kundensystem eines Geschäfstmodells.
___________________________________________________________________________
38
Distributionspolitik ausreichend, wenn der Handelsbetrieb vornehmlich in seiner Rolle
im Distributionssystem und nicht um seiner selbst willen betrachtet wird.
Das Ergebnis sind beispielhafte Typen wie das SB-Warenhaus, Discounter oder
Fachmarkt. Auch interaktive Medien lassen sich hier einordnen. MÜLLER-
HAGEDORN bildet beispielsweise mit Elektronischen Kaufhäusern, Electronic Malls,
Multimedialen Verkaufssystemen und Homeshopping vier Typen, um transaktions-
orientierte Internetanwendungen zu erfassen.108 Diese Anwendungen kann man in
diesem Zusammenhang als Meta-Betriebsform betrachten, gruppierbare Markt- und
Geschäftsmodelle können dann jeweils eigenständige Betriebsformen darstellen.109
Die Beschreibung des Elektronischen Marktplatzes als eine solche eigenständige
Betriebsform innerhalb einer Gruppe von transaktionsorientierten Internet-
anwendungen erfolgt nach der Darstellung der Praxisbeispiele im Abschnitt B.2.3.
2. Leistung und Geschäftsmodell Elektronischer Marktplätze
Im folgenden Abschnitt werden die Elektronischen Marktplätze noch ohne den
expliziten Branchenfokus des Automobilvertriebs dargestellt. Zielsetzung ist es,
möglichst allgemeine Funktionen und Eigenschaften der Elektronischen Marktplätze
zu identifizieren, die später in der konkreten Marktsituation der Automobilindustrie
überprüft werden. Hierzu werden Elektronische Marktplätze zuerst innerhalb der
Funktionsträger des Distributionssystems eingeordnet, um durch Vergleich,
Abgrenzung und Analogien wichtige Kriterien zur Beschreibung von Marktplätzen zu
erkennen, die typische Ausprägung bei Elektronischen Marktplätzen aufzuzeigen und
an den anderen Marktplattformen zugleich mögliche Entwicklungstendenzen und
Handlungsoptionen zu identifizieren.
108 MÜLLER-HAGEDORN 1998, S. 45-48. 109 DACH 2002, S. 9ff.; DACH fasst hierbei alle eCommerce bzw. transanktionsorientierten Betriebstypen im Internet zusammen, um dann die Meta-Betriebsform Internet-Handel mit dem stationären Handel bezüglich des Einkaufsstättenwahlverhaltens zu vergleichen. Diese grundsätzliche Unterteilung ist sinnvoll, da alle Internetanwendungen gemeinsam über spezifische durch das Medium hervorgerufene Eigenschaften verfügen.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
39
2.1 Definition und Einordnung Elektronischer Marktplätze
2.1.1 Abgrenzung Elektronischer Marktplätze im Internet
Elektronische Marktplätze werden stark durch das zugrunde liegende Medium Internet
bestimmt. Elektronische Marktplätze sollen hier deshalb zuerst von den verschiedenen
Anwendungen im Internet abgegrenzt werden. Die Abgrenzung der verschiedenen
Anwendungen im Internet kann nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen. Hier sollen
die Kriterien der bereits beschriebenen Konstrukte von Geschäfts- und Marktmodell
sowie den im Marktmodell aufgegangenen Merkmalen der Betriebstypen verwendet
werden (siehe Tabelle 7).
Beschreibende Kriterien von Internetanwendungen
Geschäftsmodell
Architektur der Wertschöpfung • Definition der zu erstellenden Leistung
• Definition der Zielgruppe
• Organisationsform und Wertschöpfungstiefe
• Kommunikations- und Vermarktungsmodell
Ertragsmodell • Vertriebskonzept (direkt-indirekt)
• Preispolitik
• Form der Vergütung
• Wachstumsstrategie
Value Proposition • Welcher besondere Mehrwert wird für den Kunden erzielt?
• Kompetenzkonfiguration
• Kooperations- und Koordinationskonzept
Marktmodell
Marktbetreiber Anbieter, Nachfrager oder dritte Partei
Teilnehmer auf der Plattform Mehrere Anbieter oder Nachfrager, Offenheit für weitere Teilnehmer
Vergütung Verrechnung pro verkauftem Artikel, monatliche Beiträge, Fees
Kommunikationskonzept Vermarktung der Plattform
Ausrichtung Unterstützung der Orientierung: B2C, B2B, B2D, C2C, o.Ä.
Tabelle 7: Übersicht der Kriterien von Geschäfts- und Marktmodellen
Bei der Definition von Elektronischen Marktplätzen in der Problemstellung wurde
bereits die Abgrenzung zwischen Elektronischen Marktplätzen, Internet-Shops oder
Einkaufsplattformen vorgenommen. Gemeinsam ist diesen Anwendungen, dass sie der
___________________________________________________________________________
40
Allokation bzw. dem Austausch von Ressourcen dienen. Damit kann eine grund-
sätzliche Abgrenzung zwischen solchen transaktionsorientierten Anwendungen und
Internetauftritten, die beispielsweise der Unterhaltung oder dem Austausch von
Meinungen dienen, vorgenommen werden. Diese Arbeit beschränkt sich auf
transaktionsorientierte Anwendungen, wie sie im deutschsprachigen Raum auch unter
der Bezeichnung Elektronischer Markt wissenschaftlich diskutiert wurden.110 Bei den
Bezeichnungen der Modelle wird den typischen Namen der Praxis gefolgt.
Mit einem Internet-Shop wendet sich ein Anbieter an eine grössere Anzahl von
Nachfragern.111 Der Warenaustausch erfolgt in eigenem Namen und auf eigene
Rechnung, so dass dieses Marktmodell die Basis für eigenständige Absatzmittler
darstellt. Betreiber von Shop-Anwendungen im Internet können sowohl reine Internet-
Geschäftsmodelle sein als auch Anbieter aus dem klassischen Vertrieb oder Anbieter,
die das Internet als alternativen Vertriebsweg verwenden wollen.112 Beispiele für
Internet-Geschäftsmodelle sind das Reisebüro Opondo oder der Generalist Amazon.
Versandhändler wie Quelle, Otto oder Conrad Electronic ergänzen mit Internet-Shops
ihren bestehenden Vertrieb.
Neben Shops und Marktplätzen fallen unter die oben genannte Definition der
Elektronischen Märkte auch noch die Anwendungen der Auktionsplattformen (Ebay,
Ricardo) und Portale (Yahoo, T-Online, Lycos). Die Auktionsplattformen stellen einen
Sonderfall der Elektronischen Marktplätze dar. Sie schaffen einen virtuellen
Handelsraum und stellen diesen vielen Anbietern zur Verfügung. Die Auktions-
plattformen grenzen sich jedoch beim Marktmodell über die gewählten Prozesse der
Verhandlung und Preisfindung ab. Idee der Portale ist es, die Inhalte des Internets zu
strukturieren und Transparenz für den Nutzer zu schaffen. Portale integrieren Inhalte
verschiedener Quellen entsprechend den Bedürfnissen des Benutzers.113 Neben
Portalen, die themenübergreifend einen Zugang im Internet darstellen (Yahoo, T-
Online, Lycos), gibt es eine Reihe spezialisierter Portale, beispielsweise um Themen
wie Reisen (Fernweh) oder Wohnen (Planethome). Die Portale weisen eine Reihe der
Eigenschaften von Elektronischen Marktplätzen auf. Auf Portalen gilt ebenfalls das
oben genannten „Treffprinzip“, das heisst, ihre Hauptaufgabe ist ebenfalls die
110 HUMMEL 2002, S. 713f.; SCHMID 1993, S. 468, siehe hierzu auch Abschnitt A.1.3 zum Stand der wissenschaftlichen Forschung. Englischsprachig wurde dieser Zusammenhang häufig als „3rd party marketplace“ bezeichnet: siehe TIMMERS 1998, S. 5. 111 MERZ 2002, S. 402. 112 SCHÖGEL/BIRKHOFER/TOMCZAK 1999a, S. 288-305. 113 SCHMID 2001, S. 15; ÖSTERLE 2000, S. 7f.; HESS/HERWIG 1999, S. 551-553. Eine Aufteilung von Internet-Anwendungen nach dem Geschäftsmodell liefert TIMMERS 1998, S. 5-8.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
41
Zusammenführung von Anbietern und Nachfragern.114 Der Portalanbieter tritt jedoch
nicht unbedingt als unabhängige dritte Partei auf. Je nach der Gestaltung des
Geschäftsmodells finanzieren sich Portale auch aus Geschäften in eigenem Namen und
auf eigene Rechnung. So stellt das Portal Yahoo Deutschland für bestimmte Güter
einen Elektronischen Marktplatz dar, ist aber im Geschäft der Reisebuchungen ein
selbständiger Absatzmittler. Entsprechend dieses Integrationsansatzes finden sich
unter dem Dach der Portale verschiedene Geschäfts- und Marktmodelle. Portale sind
nach den verwendeten Abgrenzungskriterien damit eine Mischform von Shops und
Marktplätzen. Im Rahmen der Untersuchung werden nur typische Elektronische
Marktplätze behandelt, Portale werden deshalb nicht untersucht. Trotzdem sind die
Erkenntnisse über Elektronische Marktplätze auf die Portalbeispiele anwendbar, wenn
die entsprechende Funktion des Portals nach dem Marktmodell des Elektronischen
Marktplatzes arbeitet.
PortalePortale
ForenForen
ShopsShops
TransaktionsorientiertePlattformen
TransaktionsorientiertePlattformen
ElektronischeMarktplätze
ElektronischeMarktplätze
Online-BörsenOnline-Börsen
B2B-MarktplätzeB2B-Marktplätze
AuktionsplattformenAuktionsplattformen
Virtuelle MallsVirtuelle Malls
Online-ServicesOnline-Services weitereweitere
Einkaufs-plattformen
Einkaufs-plattformen
Abbildung 8: Einordnung Elektronischer Marktplätze zu anderen Internet-Plattformen
Abbildung 8 zeigt zusammenfassend eine mögliche Aufteilung der verschiedenen
transaktionsorientierten Plattformen nach ihrem Marktmodell. Nach den in der Praxis
realisierten Anwendungen können Elektronische Marktplätze in vier verschiedene
Typen aufgeteilt werden: B2B-Marktplätze, Online-Börsen, Auktionsplattformen und
Virtuelle Malls. B2B-Marktplätze unterstützen das Beschaffungswesen zwischen
Unternehmen. Diese Marktplätze sind entweder auf Branchen spezialisiert und sind
dann tief in die Wertschöpfungsketten der teilnehmenden Unternehmen integriert. Sie
werden entsprechend als vertikale Marktplätze bezeichnet. Bekannte Vertreter sind
Covisint als Marktplatz für die Automobilindustrie oder CC-Chemplorer für die
114 Zum „Treffprinzip“ siehe Abschnitt 2.1.2.
___________________________________________________________________________
42
Chemieindustrie.115 Oder Marktplatzbetreiber sind branchenübergreifend orientiert
und bieten einen bestimmten Gütertyp an, wie beispielsweise C-Güter. Branchen-
übergreifende Marktplätze werden auch als horizontale Marktplätze bezeichnet.
Beispiele sind die Marktplätze T-Mart oder Conextrade.
Die Idee virtueller Malls ist die Bündelung mehrerer Internet-Shops unter einem
gemeinsamen Dach.116 Hierbei sollte gemeinsam eine grössere Aufmerksamkeit erzielt
werden. Ausserdem konnte im Rahmen der Mall Firmen ohne eigenen Internetauftritt
mit geringerem Aufwand eine Internetpräsenz geschaffen werden. Da virtuelle Malls
in der Praxis häufig regional ausgerichtet sind und den Charakter lokaler Werbe-
gemeinschaften haben, sind auf der Plattform nicht unbedingt konkurrierende
Angebote verschiedener Anbieter aufgenommen worden. Damit handelt es sich bei der
Mall nicht mehr unbedingt um einen Marktplatz im Verständnis dieser Arbeit. Wie
bereits im Abschnitt A.1.3 genannt, stellen die Virtuellen oder Electronic Malls eine
Frühform des Internethandels dar. Die Idee der Mall wird in den Portalen weiter-
verfolgt. Unter dem Begriff der Online-Börsen werden Elektronische B2C-
Marktplätze zusammengefasst. Der Begriff der Online-Börse oder Internet-Börse
ersetzt in der Praxis häufig den Begriff des Marktplatzes, beispielsweise wenn
Angebote von Stellen, Immobilien oder gebrauchten Gegenständen (Fahrzeuge,
Sportgeräte, Maschinen) nach dem Treffprinzip gehandelt werden. Es handelt sich bei
den schwerpunktmässig dargestellten Angeboten also nicht um weitgehend fungible
Güter, wie der Begriff einer Börse nahelegen würde.117 Wie die Fallbeispiele zeigen,
sind die Angebote in standardisierter Form gut beschreibbar gemacht. Bei den
genannten Angeboten ist aber ein Kauf nach der Beschreibung, wie er bei klassischen
Börsengütern üblich ist, eher unwahrscheinlich. Da sich der Begriff der Online-Börse
bei den realisierten Anwendungen stark durchgesetzt hat, soll er zum besseren
Praxisbezug auch in dieser Arbeit verwendet werden. Auktionsplattformen stellen
eine Sonderform der Elektronischen Marktplätze dar. Hier steht neben dem
„Treffprinzip“ die dynamische Preisfindung im Fokus. Auktionsbörsen gibt es mit
einer Ausrichtung auf Endkunden, wie bei den Börsen Ebay und Ricardo oder im
B2B-Bereich. Im B2B Geschäft werden diese Marktplätze auch nur zur Preisfindung
verwendet, wenn im Rahmen einer Ausschreibung der Kontakt zwischen Anbietern
und Nachfragern bereits besteht.
115 BOLD/KNORR 2002, S. 49-51. 116 MÜLLER-HAGEDORN 1998, S. 45-48, siehe auch Erläuterungen zur virtuellen Mall im Abschnitt 1.3. 117 BOGASCHEWSKY 1999, S. 754.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
43
2.1.2 Elektronische Marktplätze als Absatzhelfer
Der institutionelle Handel kann als ein Zusammenspiel von Warenprozessen und
Dienstleistungen verstanden werden. Seine Aufgaben liegen in der Raum- und
Zeitüberbrückung, der Kundenakquisition und dem Mengenausgleich.118 Die für diese
Handelsfunktionen notwendigen Institutionen werden dazu in der Distributions-
forschung in Absatzmittler und Absatzhelfer gegliedert. Der Absatzmittler ist dabei
das wirtschaftlich und rechtlich selbständige absatzwirtschaftliche Organ im
Absatzkanal.119 Wie in den folgenden Fallbeispielen der Online-Börsen deutlich wird,
stehen Elektronische Marktplätze nicht in der eigenverantwortlichen Rolle des Absatz-
mittlers, da kein Eigentum an der Ware übernommen wird und die Elektronischen
Marktplätze sich auf einen sehr begrenzten Teilbereich der Handelsfunktionen
spezialisiert haben. Elektronische Marktplätze stellen damit in der Terminologie der
Distributionsforschung einen Absatzhelfer dar.
HerstellerHersteller
ErgänzendeLeistungen
ErgänzendeLeistungen
EinzelbetriebeEinzelbetriebe
AbsatzmittlerAbsatzmittler
LogistikLogistik
Messen u. AusstellungenMessen u. Ausstellungen Elektronische MarktplätzeElektronische MarktplätzeAuktionenAuktionenBörsenBörsen
AbsatzhelferAbsatzhelfer
AkquisitionAkquisition
MarktveranstaltungenMarktveranstaltungen
Abbildung 9: Einordnung Elektronischer Marktplätze im Distributionssystem
Absatzhelfer sind Funktionsträger, die keinen eigenständigen Bestandteil der
Absatzkette darstellen, aber bei der Anbahnung von Kontakten und dem Ablauf im
Distributionssystem unterstützen.120 Wesentliche Eigenschaften der Absatzhelfer sind
die Konzentration auf Teilfunktionen und die Weisungsgebundenheit an den
Vertragspartner. Zu den Absatzhelfern des Handels zählen Handelsvertreter, Kommis-
sionäre, Handelsmakler, Versteigerer und Auktionatoren, Spediteure und Frachtführer,
Lager- und Kühlhausbetriebe, Auskunfteien, Banken, Versicherungsgesellschaften,
118 PEPELS 1995, S. 6ff. 119 NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1991, S. 5. 120 NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1991, S. 625f.
___________________________________________________________________________
44
Marketing- und Unternehmensberater, Werbeagenturen, Markt- und Marktforschungs-
institute, Adressenverlage und Übersetzungsbüros.121 Die Absatzhelfer lassen sich
nach ihren hauptsächlich ausgeübten Funktionen in akquisitorisch, logistisch und
leistungsergänzend tätige Dienstleister einteilen.122 Wie im Kapitel B. gezeigt wird, ist
die Hauptaufgabe Elektronischer Marktplätze die Vermittlung von Kontakten
zwischen Anbietern und Nachfragern. Elektronische Marktplätze lassen sich damit als
hauptsächlich akquisitorisch orientierte Absatzmittler einordnen. Entsprechend dieser
funktionalen Nähe zu den Absatzhelfern der Akquisition ist deshalb für die Analyse
von Elektronischen Marktplätzen ein Vergleich mit Handelsvertretern, Maklern,
Kommissionären und Marktveranstaltungen von besonderem Interesse.
Handelsvertreter und Kommissionäre sind vor allem aufgrund ihrer Weisungs-
gebundenheit an ihren Auftraggeber als Absatzhelfer einzuordnen.123 Sie können sonst
auch das gesamte Spektrum der Handelsleistungen abdecken und bedienen sich
verschiedener Absatzinstrumente.124 Die Aufgabe des Maklers beschränkt sich
demgegenüber auf das Anbahnen von Gelegenheiten zum Vertragsabschluss.
Marktveranstaltungen, wie Waren- oder Finanzbörsen, Auktionen, Messen und
Ausstellungen, sind überbetriebliche Veranstaltungen. Charakteristisch ist für sie, die
von AHLERT als Treffprinzip bezeichnete Eigenschaft, Anbieter und Nachfrager an
einem Ort zusammenzubringen.125 Aus transaktionskostentheoretischer Sicht heisst
dies, dass durch das Ersetzen des Domizil- bzw. des Residenzprinzips durch das
Treffprinzip bei gleicher Anzahl von Kommunikationsbeziehungen die Zahl der
Besuchswege reduziert werden kann.126 Marktveranstaltungen übernehmen kein
Eigentum an der Ware, sie dienen nur der Zusammenführung von Anbietern und
Nachfragern. Nach DILLER sind „Marktverantstaltungen von öffentlichen oder
privaten Institutionen permanent oder temporär betriebene Marktplätze, welche der
Zusammenführung von Anbietern und Nachfragern zu Zwecken des Verkaufs-
abschlusses dienen.“127 Hierfür werden ein gemeinsamer Ort und verbindliche Regeln
121 Die Funktion der Absatzhelfer wird in der Literatur nach verschiedenen Funktionen unterschiedlich weit gefasst, siehe hierzu OLBRICH/SCHRÖDER 1995; KUSS/TOMCZAK 1998, S. 173, NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1991, S. 625. Hier wird dem Vorgehen gefolgt, alle unterstützenden Funktionen zur Erstellung der Konsumreife, die nicht durch andere Institutionen als den Hersteller oder seine Absatzmittler geleistet werden, zu den Absatzhelfern zu zählen. 122 SPECHT 1992, S. 81f. 123 Eine genaue Definition von Handelsvertretern und Kommissionären findet sich aufgrund der rechtlich unterschiedlichen Stellung im Vergleich zu den unabhängigen Absatzmittlern in der Gesetzgebung, beispielsweise im deutschen Handelsgesetzbuch die Paragraphen 7, 93-107, 383-406. 124 PAFFHAUSEN 1995, S. 894f. 125 AHLERT 1996, S. 144; OLBRICH/SCHRÖDER 1995, S. 14. 126 FLIESS 1994, S. 120. 127 DILLER 2001, S. 1083.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
45
bzw. Prozesse bereitgestellt. Dieser Definition können auch Elektronische Markt-
plätze zugeordnet werden. Marktverantstaltungen sind in ihrer Existenz von zentralen
infrastrukturellen, politischen und wirtschaftlichen Faktoren geprägt.128 Bei
Elektronischen Marktplätzen, wie bei Börsen, Auktionen und Messen, sind die
Marktorganisation und der Marktveranstalter von besonderer Bedeutung. Zwischen
den Veranstaltern, die Marktveranstaltungen für die gleichen Zielgruppen und mit
ähnlicher Konzeption anbieten, herrscht ein starker Wettbewerb. Dieser zeigt sich
beispielsweise zwischen den Wertpapierbörsen, den grossen Messeplätzen, bei den
Auktionsanbietern für exklusive Güter oder dem Wettbewerb unter den Elektronischen
Marktplätzen. Die Marktveranstalter betreiben bei der Akquisition von Anbietern und
Nachfragern für ihren Markt ein intensives Marketing, das oft mit dem Marketing der
anbietenden Marktteilnehmer in eine Wechselwirkung tritt. Wichtige Markt-
veranstaltungen konnten sich dabei als eigenständige Marken, wie Deutsche Börse
Xetra, die Cebit am Messeplatz Hannover oder der Name Southerbys als
Auktionshaus, verankern. Im Vergleich zu Einzelgeschäften erfahren die Geschäfte
während Marktveranstaltungen eine stärkere Beachtung, auch ausserhalb des direkten
Marktgeschehens. Aufgrund des räumlichen und zeitlichen Zusammentreffens führen
Marktveranstaltungen zu einer höheren Preis- und Leistungstransparenz, die sich auf
den restlichen Markt auswirkt. Zudem können diese gebündelten Marktaktivitäten gut
über die Medien kommuniziert werden. Tabelle 8 gibt einen Überblick über die
verschiedenen Marktveranstaltungen.129
128 STROTHMANN 1995, S. 1886f. 129 Vgl. Börsen: MATTMÜLLER 1995; DILLER 2001, S. 187; Auktion: SCHMITZ 1995, S. 87; SKIERA/WISEDE 2001, S. 73-74; Messen: FLIESS 1994; STROTHMANN 1995, S. 1889; BUSCHE 1992, S. 69; ZIEGLER 1992, S. 117; zu Marktveranstaltungen generell: DILLER 2001. Die Darstellung kann aufgrund ihrer sehr stark komprimierten Form, beispielsweise der Zusammenfassung von Messen und Ausstellungen, keine exakte Beschreibung der einzelnen Veranstaltungsformen geben, sondern soll die Abgrenzung der verschiedenen Veranstaltungen an typischen Eigenschaften ausmachen und damit den Vergleich zwischen den Plattformen ermöglichen.
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46
VeranstaltungsKonzept
Waren und Finanzbörsen
Auktionen Messen u. Ausstellungen
Elektronische Marktplätze
Kommunikation
„Treffprinzip“
Produkte Standardisierte, vertretbare Leistungen, nicht am Veranstaltungsort präsent
Gut nicht fungibel, Seltenheitsgüter, Rohwarenauktionen wenn Waren nicht börsenfähig sind
Unbestimmt Unbestimmt
Zweck
(Schwerpunkt)
Preisfindung und Kaufabschluss im Rahmen der Veranstaltung
Preisfindung und Kaufabschluss im Rahmen der Veranstaltung
Produkt- und Anbieterinformation; Anbahnung und Verkauf
Produkt- und Anbieterinformation; Anbahnung und Verkauf
Verantstaltungs-ort
Fester Ort, physisch oder virtuell
Unbestimmt Fester physischer Ort
Fester virtueller Ort
Veranstaltungs-termine
Regelmässige Veranstaltungen (täglich, wöchentl.)
Unbestimmt Turnus: 1-, 2-, oder mehrjährig
Fortwährend
Einzugsgebiet International/ national
National/ regional International/ national/ regional
International/ national/ regional
Begleitver-antstaltungen Keine Keine
Informationsfunktion über Branchen- und Techniktrends
Informationsfunktion über Branchen- und Techniktrends
Besondere Eigenschaften
Zu festen Zeiten am festen Ort unter fixierten Regeln mit staatlicher Aufsicht.
Broker und Clearing Houses prüfen und sichern die Geschäfte
Werden öffentlich angekündigt und werden nach veröffentlichten Auktionsprozessen durchgeführt
Zeitllich begrenzt, regelmässig wiederkehrend,
zunehmend Kontaktanbahnung, Bestellung erst im Nachmessegeschäft
Zeitliche und geografische Begrenzung durch das Medium Internet aufgehoben
Tabelle 8: Eigenschaften von Marktveranstaltungen
Vergleich von Messen und Elektronischen Marktplätzen
Wie Tabelle 8 zeigt, sind die grundlegenden Aufgaben von Elektronischen Markt-
plätzen und Messen sehr ähnlich. Die Veranstalter von Messen und Ausstellungen
haben gleiche Aufgaben zu bewältigen wie die Betreiber Elektronischer Marktplätze.
Im Gegensatz zur jungen Plattform des Elektronischen Marktplatzes verfügen die
Messen und Ausstellungen hierbei jedoch über eine über Jahrhunderte gehende
Entwicklung. Die Messe im heutigen Verständnis der Mustermesse entwickelte sich
aus frühen Handelsformen von Märkten und Jahrmärkten. Sie ist als Mittel der Pflege
von Wirtschaftsbeziehungen über grössere Distanzen seit dem Jahr 634
dokumentiert.130 Die Messen haben dabei immer wieder ihre Konzeptionen und
Aufgaben an die Marktgegebenheiten anpassen müssen.131 Die Bedeutung der Messen
wurde unter anderem durch die Entwicklung von Transport und Kommunikations-
130 OPLL 1996, S. 189. 131 Ein berühmtes Beispiel liefert der Wettbewerb der Messeplätze Köln und Leipzig während der Entwicklung von der Waren- zur Mustermesse. Siehe zur Entwicklung der Messen: BLASCHKE 1998, S. 298-302
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
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mitteln und der Infrastruktur in Frage gestellt, indem die technischen Entwicklungen
die Pflege der Geschäftsbeziehungen an einem zentralen Ort nicht mehr zwingend
notwendig machte.132 Erkenntnisse aus der Messeforschung können dazu dienen, das
Verhalten Elektronischer Marktplätze im Vergleich zu Messen zu definieren, eventuell
Gestaltungsoptionen zu übernehmen oder Entwicklungstrends zu erkennen.
Messen und Elektronischen Marktplätzen ist eine relativ grosse Offenheit in ihrer
Zielsetzung gemein.133 Im Gegensatz zu Waren-, Finanzbörsen und Auktionen erfolgt
keine Konzentration auf eine Teilfunktion, wie beispielsweise die Preisfindung.
Stattdessen nutzen Messen, Ausstellungen und Elektronische Marktplätze ihre
Eigenschaft, einen Markt in konzentrierter Form auf ihrer Plattform abzubilden, um
Anbieter, Nachfrager und oft auch die interessierte Öffentlichkeit zu informieren.
Hierzu gehört auch die Gewinnung von Neukunden. Messen haben bei den
Ausstellerfirmen eine besondere Bedeutung für den Marktzutritt, beispielsweise als
erster Schritt für die Erschliessung von Exportmärkten.134 BACKHAUS gliedert die
Funktionen von Messen und Ausstellungen in Informationsfunktion, Motivations- oder
Beeinflussungsfunktion und Verkaufsfunktion.135 Dabei umfasst die Information-
sfunktion die Informationsweitergabe, die Informationsbeschaffung und konkrete
Markttests. Zu den Instrumenten der Informationsweitergabe gehören die Bereit-
stellung von Mustern und Informationsmaterial und die persönliche Beratung auf dem
Messestand. Die Informationsfunktion ist auf den Messen in den Vordergrund gerückt.
Wichtigste Ziele sind die Verkaufsanbahnung, die Pflege von Kontakten und die
Darstellung der Produkt- und Leistungskompetenz. Dieses Bedürfnis wird durch die
Ausrichtung von Foren und Begleitveranstaltungen unterstützt.136 Ziele der
Informationsbeschaffung sind die Ermittlung der Marktentwicklung und der
technischen Entwicklung. Die Verkaufsfunktion, im Sinne von Kontaktanbahnung,
Verhandlungen und dem Abschliessen von Kontrakten, wandert dabei zunehmend in
das Nachmessegeschäft.137 Im Investitionsgüterbereich werden Messen auch als
wichtige Kommunikationsplattformen für den Kontakt zu Zulieferern, potentiellen
Absatzmittlern oder neuen Mitarbeitern genutzt. Sie stellen zudem eine Plattform für
erste Produkttests und Marktforschung dar.138
132 STROTHMANN 1995, S. 1886. 133 EBERT 1992, S. 42; Expertengespräche BOCK, FREY aus der Sicht der Marktplatzbetreiber. 134 NEGLEIN 1992, S. 18f. 135 BACKHAUS 1992, S. 90f. 136 STROTHMANN 1992, S. 104; ARNOLD 2003, S. 26. 137 BACKHAUS 1992, S. 89. 138 Zusammenfassender Überblick über Literatur zu den Messezielen bei FLIESS 1994, S. 12f.
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Eine Besonderheit von Messeveranstaltungen ist ihr Ereignischarakter. Der Ereignis-
charakter entsteht durch die Bedeutung der Messeveranstaltung als Abbild einer
ganzen Branche und der damit verbundenen persönlichen Kontakte sowie durch die
Konzentration auf einen zeitlich begrenzten Rahmen pro Jahr. Der Ereignischarakter
führt zu einer besonderen Motivations- und Beeinflussungsmöglichkeit und gibt
Messen die Möglichkeit Interesse zu wecken, Erlebnisse zu vermitteln oder durch
persönliche Beziehungen den Messebesuch zu emotionalisieren. 139 Damit schaffen sie
auch den Anreiz sich zu einem vorgegebenen Zeitpunkt mit anstehenden
Entscheidungen auseinander zu setzen oder Kontakte zu pflegen. Da im
Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen die Anzahl der persönlichen Kontakte im
Geschäft seltener werden, herrscht zwischen Anbietern und Nachfragern ein Bedürfnis
nach persönlichem Dialog.140 Messen sind damit schwerpunktmässig als
Dialogmedium zu verstehen. Die Wirkung kann dabei mit unterschiedlichsten
Marketinginstrumenten unterstützt werden.141 Typische Marketinginstrumente zur
Unterstützung eines Messeauftritts sind die Werbung im Umfeld der
Messeveranstaltung und des eigenen Messestandes, beispielsweise auf Werbeflächen
in der Nähe des Messegeländes oder im Eingangsbereich, speziell auf die Messe
zugeschnittenes Informationsmaterial wie Messezeitungen oder die Präsenz in
Messekatalogen, der Einsatz von PR-Massnahmen vor und während der Messe,
Investitionen in die Standgestaltung und das Engagement bei den Begleit-
verantstaltungen der Messe. Da mit der Messeaktivität in den meisten Fällen nur ein
kleiner Ausschnitt des Buying Cycle unterstützt wird, ist eine Einbindung der Messe in
das Marketingsystem des Ausstellers notwendig. Hierzu gehören die Kommunikation
vor der Messe und die Nachbearbeitung der Kontakte.142
Aufgaben der Messeveranstalter sind die Planung der Messekonzeption, die
Durchsetzung der Messe am Markt und die Organisation des Messeablaufs. In
Deutschland gibt es grosse unabhängige Messegesellschaften, die ihre Professionalität
in der Schaffung von Themenmessen, der Vermarktung und der Durchführung der
Messe und aus der Organisation einer Anzahl von verschiedenen Messen schöpfen.
Die Grösse und Bekanntheit der veranstaltenden Messegesellschaft und der Messeort
stellen dabei auch die erfolgreiche Akquisition von Anbietern und Besuchern sicher.143
Die Durchsetzung der Messe am Markt ist gleichzusetzen mit der Akquisition von 139 ARNOLD 2003, S. 54f.; BACKHAUS 1992, S. 93. 140 BACKHAUS 1992, S. 91ff.; NEGLEIN 1992, S. 17. 141 STROTHMANN 1992, S. 101; FLIESS 1994, S. 130ff. 142 FLIESS 1994, S. 8. 143 NEGLEIN 1992, S. 25.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
49
Ausstellern und Besuchern. Dabei gibt es zwischen Messeveranstalter und Anbietern
häufig eine enge Kooperation. Die Aussteller arbeiten dabei in Gremien zusammen,
die über Ausstellerbeiräte Einfluss auf Konzeption und Vermarktung nehmen.144
Durch die Einbindung von Institutionen, wie beispielsweise Verbänden, findet auch
die Selektion einzelner Messen als Leitmesse für eine bestimmte Branche statt.
Wichtige Kriterien für die Akquisition von Besuchern sind die Zusammenstellung der
teilnehmenden Anbieter und die Öffentlichkeitsarbeit.145
Welche Besucher die Messe nutzen, hängt von der Messekonzeption und vom
Messemarketing des Veranstalters ab.146 Um aber die verschiedenen Marketing-
instrumente auf der Messe wirkungsvoll einsetzten zu können, muss er sich den
Erwartungen der vorgegebenen Besucher anpassen. Die Organisation und Gestaltung
des Messestandes muss beispielsweise bei einer Verkaufsorientierung anders
vorgenommen werden als bei einem reinen Informationswunsch der Besucher. So
muss ein verkaufsorientierter Messestand eine qualifizierte Ansprache durch das
Standpersonal und in der Möblierung die Möglichkeit zur Verhandlung geben und
damit kommunikationsfreundlich gestaltet werden. Im Gegensatz dazu ist die
Wirksamkeit eines informationsorientierten Messestandes mit höherer Anonymität,
selbsterklärenden Mustern und Beschreibungen und ausliegendem Informations-
material höher. 147 Aufgrund der grossen Bedeutung der Messen für viele Unter-
nehmen verfolgen diese Teilnehmer mehrere Ziele gleichzeitig, wobei eine spezifische
Ansprache wirkungsvoller wäre. Zumeist muss es eine parallele Ausrichtung auf
verschiedene Kundenbedürfnisse geben, da Messen ein Dialogmedium sind und so
individuell auf die Besucher eingegangen wird. Eine auf verschiedene Kunden-
segmente ausgerichtete Ansprache nimmt dementsprechend eine wichtige Rolle für die
Anbieter ein. In der Messforschung werden zu diesem Zweck Untersuchungen über
Nutzer und Nutzertypen durchgeführt, um das Angebot segmentorientiert zuschneiden
zu können.148
Zwei dominante Merkmale machen die Messe zu einem besonderen Instrument: dies
sind die Möglichkeit des persönlichen Kontakts und der Ereignischarakter der Messen
als zeitlich begrenzter Treffpunkt einer ganzen Branche. Elektronische Marktplätze
haben diese beiden Eigenschaften nicht. Ihr Vorteil liegt im Vergleich, in der
dauernden Verfügbarkeit und der höheren Effizienz. Zusammenfassend sind die 144 STROTHMANN 1995, S. 1892; NEGLEIN 1992, S. 20. 145 STROTHMANN 1995, S. 1903f. 146 STROTHMANN 1992, S. 111ff. 147 STROTHMANN 1992, S. 101.
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50
folgenden Unterschiede von Messen im Vergleich mit den im Rahmen der
Fallbeispiele (Abschnitt B.2.2) und der Online-Autobörsen (Abschnitt C.3.4)
betrachteten Elektronischen Marktplätze festzuhalten:
• Das Marktmodell der Messen hat im Rahmen der Veränderungen in Branchen
und der Infrastruktur regelmässige Änderungen erfahren. Dem Phänomen des
Netzmarktes unterliegend gibt es eine Tendenz zu einer oligopolen
Wettbewerbssituation mit einer geringen Zahl dominierender Leitmessen
(Cebit, IAA, u.Ä.).
• Die Messebetreiber verfügen über ein hoch spezialisiertes Know-how für die
Entwicklung und die Durchführung von Marktveranstaltungen.
• Die wichtigsten Branchenmessen sind in die Absatzkommunikation der
Aussteller integriert.
• Anbieter, Nachfrager und die jeweiligen Branchenverbände nehmen aktiv
Einfluss auf die Messekonzeption.
• Messen haben eine wichtige Kommunikationsfunktion.
• Auftritt und Einsatz ist den jeweiligen Benutzerbedürfnissen anzupassen. Diese
Bedürfnisse können sehr unterschiedlich sein. Sie sind abhängig davon, welche
Besucher die Marktveranstaltung nutzen.
Diese Punkte sollen bei der Betrachtung der Gestaltungsparameter wieder aufgegriffen
werden.
2.1.3 Strategische Optionen für den Einsatz im Distributionssystem
Die im Abschnitt A.1.2 beschriebenen Internetanwendungen lassen sich in
verschiedener Weise im Distributionsmanagement einsetzen. Betrachtet man den
Einfluss auf die Veränderungen des Vertriebssystems, kann der Einsatz in einem
Kontinuum von der Unterstützung des bestehenden Systems, bis hin zum Aufbau einer
vollständig neuen Wertkette aufgezeigt werden.149 Im gesamten Bereich zwischen dem
Einsatz in bestehenden Wertketten und dem Aufbau einer neuen Wertkette gibt es
erfolgreiche Praxisbeispiele. Als spezielle Form der Internetanwendungen gilt dieser
Sachverhalt auch für die Online-Börsen.
149 SCHÖGEL/BIRKHOFER/TOMCZAK 2000, S. 22f.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
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Support für bestehendesVertriebs-system
Support für bestehendesVertriebs-system
ZusätzlichesVertriebs-system
ZusätzlichesVertriebs-system
Neues Geschäfts-feld
Neues Geschäfts-feld
Beispiele:
Online KatalogeKonfiguratorenFinanzierungsrechner
Beispiele:
Tchibo.deFlydba (Deutsche BA)
Beispiele:
AmazonEbay
Einsatz inbestehendenWertketten
Aufbau einer neuenWertkette
Abbildung 10: Strategische Optionen im Distributionssystem (Quelle: SCHÖGEL/BIRKHOFER/ TOMCZAK 1999, S. 297)
Abbildung 10 stellt die grundsätzlichen strategischen Varianten dar, in denen
Internetanwendungen als Kanal zum Kunden verwendet werden können. Die in der
Problemstellung beschriebenen Auswirkungen der Online-Börsen im Automobil-
vertrieb sind hierbei in der konventionellen Variante des Einsatzes in bestehenden
Wertketten angesiedelt. Es handelt sich in der aktuell zu beobachteten Situation um die
Unterstützung der bestehenden Vertriebssysteme. Genau wie bei den in Abbildung 10
genannten Beispielen von Tchibo und der Deutschen BA bietet die Möglichkeit des
direkten Marktzugriffs eine interessante Möglichkeit zum Direktvertrieb für die
Hersteller. Hier gibt es bereits erste Ansätze, bei denen Hersteller zentrale
Gebrauchtfahrzeugbestände auf solchen Marktplätzen anbieten.150 Die Nutzung der
bekannten Online-Börsen zum Aufbau neuer Wertketten konnte bislang nicht
beobachtet werden. Diese Variante weißt jedoch auf die Möglichkeit hin, dass die
Online-Börsen auch für neue Geschäftsmodelle, die in dieser Form bislang nicht im
Markt aktiv sind, den Zugang zum Kunden eröffnen können. Dies wären alle
Varianten bei denen ein neuer Teilnehmer in den Handel mit Fahrzeugen einsteigt,
oder ein Marktplatzbetreiber seine Rolle als Absatzhelfer verlässt und in Konkurrenz
zum bestehenden Handel tritt.
150 Ein Beispiel hierfür ist der Gebrauchtwagen-Direktvertrieb von Mercedes-Benz in Deutschland und England.
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52
2.2 Elektronische Marktplätze in der Praxis
2.2.1 Beispielhafte Realisierungen und Auswahl der Fallbeispiele
In diesem Abschnitt wird der Elektronische Marktplatz am Beispiel von erfolgreich
operierenden Anwendungen beschrieben. Zielsetzung ist es, Geschäftsmodelle zu
erfassen, die von den Marktplatzbetreibern angebotenen Leistungen im Detail
darzustellen und Gestaltungsparameter abzuleiten. Es zeigt sich, dass bei den
Fallbeispielen die Marktplätze starke Übereinstimmungen hinsichtlich des be-
treibenden Unternehmens und dem Aufbau der Marktplätze aufweisen, so dass ein
Idealtyp eines Elektronischen Marktplatzes beschrieben werden kann. Die gewählten
Fallbeispiele wurden hierzu noch nicht auf den Branchenfokus Automobilvertrieb
eingeschränkt. Es wurde so vorgegangen, da zum einen durch die Wahl sehr
unterschiedlicher Elektronischer Marktplätze die allgemeinen Grundstrukturen besser
deutlich werden. Zum anderen bildet die branchenübergreifende Betrachtung die
Möglichkeit, die später im Rahmen der Branchenuntersuchung situativ ermittelten
Faktoren auf ihre Generalisierbarkeit zu überprüfen.
Am Beispiel des deutschen Marktes zeigt sich, dass sich zum Angebot der
verschiedenen Güter und Leistungen unterschiedliche Betriebstypen im Internet
durchgesetzt haben.151 So werden Finanz- und Reisedienstleistungen häufig im
Betriebstyp Portal oder Medien und Elektronikartikel im Betriebstyp Internet-Shop,
angeboten. Elektronische Marktplätze haben besonders in den Bereichen Gebraucht-
wagen-, Immobilien- und Stellenangebote eine bedeutende Veränderung der
bestehenden Kanäle verursacht. In allen drei Fällen führte das Wachstum der Online-
Börsen zu einem starken Verdrängungswettbewerb mit Anzeigen in Tages- und
Wochenzeitungen.152 Zu diesen Anzeigen, die auch als Rubrikenanzeigen bezeichnet
werden, gehören neben dem Kfz-Markt, Stellen- und Immobilienanzeigen auch
Familien-, Veranstaltungs-, Reise-, Kontakt- oder lokale Geschäftsanzeigen. Die
Rubrikenanzeigen erbringen bei den grossen überregionalen Zeitungen in Deutschland
über die Hälfte der Erträge aus dem Anzeigengeschäft und tragen damit wesentlich zur
Finanzierung der Zeitungen bei.153 Im Automobil-, Immobilien- und Stellenmarkt
151 Vgl. Abschnitt B.1.3 zur Verwendung von Betriebstypen bei der Definition von Online-Anwendungen. 152 HÄUSER 2003, S. 56f.; SAAL 2003, S. 38. 153 MEYER-LUCHT 2002, S. 148.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
53
haben die Online-Börsen einen signifikanten Anteil in der Geschäftsanbahnung
einnehmen können und die Marktplatzbetreiber haben eigenständige Geschäfts-
modelle.154 Die ausgewählten Fallbeispiele aus diesen Märkten stellen jeweils einen
Marktführer, bzw. einen Anbieter in einer besonders starken Marktposition, dar.155 Die
Fallbeispiele wurden zudem so gewählt, dass die verschiedenen strategischen
Netzwerke von Marktplatzbetreiber, Zeitungsverlegern und weiteren Internet-
unternehmen für den deutschen Markt mit abgedeckt werden.
2.2.2 Die Gebrauchtwagenbörse „Autoscout24“
Der Marktplatzbetreiber
Anbieter der Autobörse Autoscout24 ist die Scout24 AG und T-Online als Tochter der
Deutschen Telekom AG. Der rechtliche Vorläufer der aktuellen Börse startete 1997 als
MasterCar in München und wurde zuerst über eine Finanzierungsgesellschaft
unterstützt. 1999 wurde Autoscout24 in die Scout24-Gruppe integriert. Die Scout24-
Gruppe ist ein auf Elektronische Marktplätze spezialisierter Anbieter, der auch Börsen
für Finanzprodukte (Financescout24), Immobilien (Immobilienscout24), Stellen-
angebote (Jobscout24), Reisen (Travelscout24) oder Kontaktanzeigen (Friendscout24)
anbietet. Autoscout24 hat nach eigenen Angaben 150 Mitarbeiter für 10 europäische
Länder. Das Wachstum wurde zunächst durch Gründung ausländischer Tochter-
gesellschaften und später durch die Akquisition von bestehenden Autobörsen im
Ausland gesucht. Die Scout24-Gruppe wurde von T-Online übernommen, wird aber
weiterhin eigenständig geführt.156 Besondere Bedeutung für die erreichte
Marktposition hatte die Errichtung strategischer Partnerschaften mit denen neues
Kundenpotential erschlossen wurde.157 Kooperationspartner sind dabei andere
wichtige Internet-Plattformen, Tageszeitungen und strategische Partner in der
Automobilwirtschaft. Die Kooperation mit anderen Internet-Plattformen wie ADAC,
Freenet, MSN Auto-Channel (Microsoft), Focus.de, Lycos, T-Online oder den
Internetseiten der Zeitschrift Auto, Motor und Sport boten die Chance schnell hohe 154 Vgl. ZIMMER 2003; VIRTEL 2004, S. 3, zur besonderen Bedeutung von Elektronischen Marktplätzen in diesen Branchen. 155 Die Position der Marktführerschaft hat als Signal an Anbieter und Nachfrager eine besondere Bedeutung für Elektronische Marktplätze. Die konkurrierenden Marktplätze zeigen ihre Leistungsfähigkeit deshalb mit unterschiedlichen, jeweils für sie günstigen Kennzahlen an. Typische Kennzahlen der Bedeutung von Marktplätzen sind die Anzahl der eingestellten Angebote, die Menge der Zugriffe, der geschätzte Umsatz über die Plattform, die Anzahl der Händler auf der Plattform oder der Bekanntheitsgrad bei Anbietern und Nachfragern. Die eindeutige Bestimmung eines stärksten Anbieters ist damit nicht möglich. 156 BAUECHLE 2004, S. 21. 157 JAHNKE 2003.
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Nutzerzahlen auf der Plattform zu erzielen.158 Damit konnte sich Autoscout24 im
Wettbewerb mit anderen Autobörsen die zugriffsstärksten Anwendungen als Partner in
Deutschland sichern.159 Lediglich AOL und Autobild.de arbeiten mit Autoboerse.de
zusammen.160 Die im Vergleich mit dem Markteintritt 1998 im Jahr 2004, zu einem
späten Zeitpunkt gestarteten Kooperationen mit den Zeitungsverbünden Westdeutsche
Zeitung und Rheinpfalz erschliesst neue Kunden unter den privaten Anbietern, die
bislang noch nicht online aktiv waren. Als eines der wichtigsten Erfolgskriterien,
nennt die Scout24-Gruppe selbst ihre Strategie die Börsen als Marken zu verankern
und Marketing auch ausserhalb des Internets zu betreiben.161 Autoscout24 generiert
seinen Umsatz aus den Bereichen der bezahlten Angebote auf dem Marktplatz,
Werbung, IT-Lösungen und Marktforschung. Während private Inserate auf
Autoscout24 kostenlos sind, bezahlen gewerbliche Anbieter in Staffeln, je nach der
Anzahl eingestellter Fahrzeuge für den Gebrauchtwagenmarktplatz, zwischen 100,-
und 640,- Euro im Monat oder auf dem Neuwagenmarktplatz ab 199,- Euro pro Monat
für die Darstellung der Fahrzeuge.162 Der Marktplatz macht drei Viertel des Umsatzes
aus.163 Die Werbeangebote von Autoscout24 beziehen sich auf den Verkauf von
Werbeplätzen auf der Börse, beispielsweise in Form von Bannern oder Specials im
redaktionellen Bereich. Der Preis richtet sich dabei danach, wie stark die zugreifende
Zielgruppe bereits nach den Suchkriterien, wie Postleitzahlgebiet oder Marke,
eingeschränkt ist. Autoscout24 nutzt die vorhandenen Internet-Applikationen und das
erworbene spezielle Know-how im Umgang mit Fahrzeugdaten zur Unterstützung
speziell von Autohändlern. Hier werden Dienste, wie Datenanbindungen oder die
Bereitstellung einer Gebrauchtfahrzeugsuche, für den individuellen Internetauftritt
eines Händlers angeboten. Für den Bereich Marktforschung nutzt Autoscout24 die
Auswertung des Verhaltens der grossen Zahl an Benutzern auf ihrer Seite, diese
Zahlen werden regelmässig mit Umfragen auf den Online-Börsen unterstützt.
Wettbewerber von Autoscout24 sind Marktplätze wie Mobile.de, Faircar,
Autoboerse.de, Motoversum, Portale mit einem Inseratanteil wie Autobild.de und die
Auktionsbörse Ebay. Wie Autoscout24 im Portal von T-Online wurde auch der Haupt-
konkurrent Mobile.de mit Ebay von einem der grossen Anbieter übernommen.164
Direkter Wettbewerber in Deutschland ist Mobile.de, mit dem sich Autoscout24 ein
158 BENDER 2003, S. 32. 159 Zur Darstellung der konkurrierenden Betreiber siehe Abschnitt C.3.4. 160 SAAL 2003, S. 35. 161 MADERNER 2005, S. 23; JAHNKE 2003, S. 70. 162 Autoscout24 Preise gemäss Preisliste im Internet, Stand: 10.01.2005. 163 Internet: <e-Market> vom 30.09.2004: Autoscout24 wirbt für Gebrauchte. 164 VIRTEL 2004, S. 3.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
55
Kopf-an-Kopf-Rennen um Marktanteile lieferte, wobei sich mittlerweile Autoscout24
gegenüber Mobile.de durchgesetzt zu haben scheint.165 Hauptargument im Wettbewerb
zwischen den Börsen war dabei die Anzahl der inserierten Fahrzeuge.166 Der seit 2001
hinzugetretene Konkurrent Ebay Motors, zeigt jetzt jedoch, dass auch mit einer
geringeren Fahrzeuganzahl schnelles Wachstum möglich ist. Bei Ebay Motors stehen
weit weniger Fahrzeuge zur Auswahl und der Dienst ist immer kostenpflichtig. Die
Bekannheit von Ebay und der grosse Nutzerkreis haben diesen Anbieter aber schnell
zu einem bedeutenden Mitspieler gemacht.167
Die Leistungen des Marktplatzes
Das Internet-Angebot von Autoscout24 lässt sich in vier Bereiche einteilen:
• Fahrzeugdatenbank mit der Fahrzeugdarstellung und -suche
• Leistungsdarstellung von Dienstleistungsunternehmen und deren Integration in
den Kernbereich
• redaktioneller Teil
• Anbieterschnittstelle mit Servicehinweisen168
Die Fahrzeugdarstellung und -suche ist bereits in die Startseiten von Autoscout24
integriert. Anhand einer grossen Auswahl von Beschreibungskriterien können hier
Fahrzeuge gesucht werden. Es ist sowohl eine Suche nach Neu- wie
Gebrauchtfahrzeugen möglich. Die bereitgestellten Suchkriterien ermöglichen eine
Suche nach Fahrzeugart und -typ, Preis, Alter, Gebiet und verschiedensten
Ausstattungs- und Konfigurationsformen. Die Suchergebnisse werden als Übersicht in
Listenform dargestellt und verweisen auf jeweils eine Detailansicht, in der eine
genauere Beschreibung des Fahrzeugs mit Bildern und Adresse des Anbieters erfolgt.
Übersichtsseite und Detailansicht sind für die verschiedenen Angebote weitgehend
identisch. Händler haben nur die Möglichkeit, sich über die Integration ihres
Firmenlogos kenntlich zu machen. Die Fahrzeugdarstellung und -suche ist bei den
Hauptkonkurrenten, wie Mobile.de oder Autobild.de, auf dem deutschen Markt
weitgehend identisch.
165 JAHNKE 2003, S. 70. 166 SCHMIDT 2003, S. 19. 167 o.V. FOCUS vom 01.09.2003, S.90. 168 Eine Darstellung der betrachteten Online-Börsen anhand von Bildschirmdarstellungen der Kernprozesse befindet sich im Anhang 2. Die Prozesse selbst werden im Abschnitt B.2.3.3 dargestellt.
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Die Autobörsen binden die Angebote von Finanz- und Versicherungsdienstleistern
direkt mit in die Fahrzeugangebote ein, zudem werden diese Anbieter häufig mit
eigenen Seiten zur Darstellung ihrer Leistungen und zur Weiterleitung auf Finanz-
kalkulatoren dargestellt. Hier sind die Berechnungen individueller Kreditraten und
Versicherungsprämien möglich. Wie bei den Fahrzeuganbietern treffen auch bei den
Finanz- und Versicherungsdienstleistern konkurrierende Anbieter auf der Börse direkt
aufeinander. In einem redaktionellen Teil bietet Autoscout24 ein Magazin mit
Autotests, Galerien und Gewinnspielen an. Die Börse generiert damit einen
eigenständigen Mehrwert für den Besucher und schafft zugleich eine Plattform auf der
Marketingaktionen einzelner Hersteller möglich werden.
Autoscout24 bietet dem Fahrzeuganbieter verschiedene Wege an, auf denen er Inserate
einrichten, pflegen und löschen kann. Neben verschiedenen Wegen des elektronischen
Datenaustauschs stellt Autoscout24 eine geschützte Seite auf seinem Internetauftritt
zur Verfügung, auf der die Fahrzeuge manuell eingegeben und Bilder zu Autoscout24
überspielt werden können. Die Börse bietet auf den Seiten selbst zahlreiche
Informationen zum online Inserieren von Fahrzeugen und bietet professionellen
Händlern zudem persönliche Beratung an. Neben dem offen zugänglichen Angebot
von Fahrzeugen gibt es noch einen durch Login geschützten Händlerbereich, in dem
zwischen Händlern Fahrzeuge verkauft werden.
Trotz der Vielzahl von Informationsangeboten wie Finanzierungs- und Leasing-
kalkulatoren, redaktionellen Inhalten oder Links zu kooperierenden Börsen anderer
Themen, steht die Fahrzeugsuche immer dominant im Mittelpunkt der
Seitennavigation. Von der Startseite aus kommt der Interessent über die zwei Schritte
Suchauswahl und Ergebnisliste dabei schnell auf die konkreten Angebote.
Das Angebot auf dem Marktplatz
Autoscout24 bietet über fünf verschiedene Instanzen Online-Börsen im
Fahrzeuggeschäft an. Neben dem Gebrauchtwagen- gibt es einen Neuwagenmarkt,
Teile- und Zubehörmarkt, Motorradmarkt und mit TruckScout24 einen speziellen
Nutzfahrzeugmarkt. Nach Angaben des Marktplatzbetreibers können die monatlich ca.
2,1 Mio. Besucher in einem Angebot von 1.200.000 Gebrauchtfahrzeugen und
100.000 Neufahrzeugen suchen.169 Über die Nutzung ihrer Seiten gibt Autoscout24
detaillierte Informationen an die Anbieter. Demnach liegt der Schwerpunkt der
169 Gemäss eigener Darstellung von Autoscout24 auf ihren Internetseiten, Stand: 10.01.2005.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
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Seitennutzung auf den Inhalten der Fahrzeugdatenbanken. Bei einer Befragung von
Nutzern, die bereits eine E-Mail Anfrage bei einem Anbieter gestartet haben, zeigte
sich, dass 67% von ihnen keine weitere Information über die Seiten bezogen hatten,
18% benutzten die redaktionellen Infos, 15% Versicherungen, 10% Finanzierung und
Leasing.170 Nach der genannten Befragung der Autoscout24 Nutzer haben 83% der
Anfrager auf Autoscout24 einen Gebrauchtwagen gesucht. Davon haben 72% auch
einen Gebrauchtwagen gekauft. 22% der Fahrzeugsuchenden haben einen Jahres- oder
Neuwagen gekauft. Die Differenz zwischen Anfrage und tatsächlichem Kauf ist bei
Jahreswagen und EU-Importen besonders hoch. So interessierten sich beispielsweise
15% für EU-Importfahrzeuge, jedoch haben nur 4% dann ein Fahrzeug gekauft. In
diesen Fällen scheinen die Online-Börsen nur als Informationsmedium, beispielsweise
zur Ermittlung von Preisen, zu dienen.
2.2.3 Die Jobbörse „Stepstone“
Der Marktplatzbetreiber
Der Betreiber der Jobbörse Stepstone ist die Firma Stepstone ASA, eine norwegische
Aktiengesellschaft mit Sitz in Oslo. Die Gesellschaft wurde 1996 gegründet und
erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2005 bei einem Umsatz von 32 Mio. Euro einen
Nettoverlust von 2,2 Mio. Euro.171 Zum Ende des Jahres 2005 waren 322 Mitarbeiter
weltweit bei Stepstone beschäftigt. Ziel der Gesellschaft ist die Entwicklung von
Informationssystemen für die Personalauswahl und der Betrieb von Online-Stellen-
börsen.172 Stepstone ASA betreibt Stellenbörsen über eigenständige Gesellschaften in
14 europäischen Ländern. Die deutsche StepStone Deutschland AG mit der
Anwendung www.stepstone.de wurde 1999 installiert. In ihr sind über die Jahre die
Stellenbörsen Stellennet.de, Careernet.de und Job-today aufgegangen.173 Sie weist seit
dem ersten Quartal 2004 schwarze Zahlen aus. Seit 2004 ist das Medienunternehmen
Axel Springer AG aus Hamburg zu 49,9% an StepStone Deutschland beteiligt. Im
dritten Quartal 2005 wurde mit knapp 14 Mio. Sessions auf die Stellendatenbank
zugegriffen.174 Eine Schätzung für das Jahr 2004 nimmt eine Anzahl von ungefähr
170 Quelle Internet: www.autoscout24.de, Zugriff vom 17.07.2005, Grundlage ist eine Online-Befragung der Firma TNS-Emind im Auftrag von Autoscout24. 171 Stepstone ASA Anual Report 2005. 172 Stepstone ASA Anual Report 2005. 173 RITTER 2004, S. 18. 174 Stepstone ASA Anual Report 2005.
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58
3000 inserierenden Firmen an.175 In der ersten Phase der Unternehmensentwicklung
von Stepstone ASA wurde eine Expansion über die Gründung von ausländischen
Tochtergesellschaften vorangetrieben, so dass Stepstone ASA zeitweise in 17 Länder
Stellenbörsen anbot, die aber aus wirtschaftlichen Gründen zum Teil wieder
geschlossen wurden.176 Wie bei den Autobörsen findet bei den Stellenbörsen ein
Wettlauf um die höchste Bekanntheit und die daraus entstehenden Zugriffsraten von
Interessenten statt. Das Mittel hierzu ist ebenfalls eine sehr aktive Werbung im
Internet und den klassischen Medien sowie die Bildung strategischer Partnerschaften.
Neben dem Abschluss von Partnerschaften mit anderen Internetfirmen, zum
gegenseitigen Austausch von Nutzern, spielen Partnerschaften mit Medien-
unternehmen und insbesondere Zeitungsverlagen eine besondere Rolle für die Stellen-
börsen. Die Kooperation mit Zeitungsverlagen bietet für die Stellenbörsen die
Möglichkeit, die Anzahl der dargestellten Stellenangebote - die aus Sicht der
Interessenten eine der wichtigsten Bewertungskriterien der Börsen darstellt - mit den
Printanzeigen der Zeitungsverlage wesentlich zu erhöhen. Gleichzeitig kann über die
Kooperationen im Print günstig für die Stellenbörsen geworben werden. Für Verlage
und Online-Stellenbörsen ist es zudem interessant, den Unternehmenskunden ein Paket
mit der Kombination aus Internet- und Printanzeige verkaufen zu können.177 Mit der
Beteiligung des Axel Springer Verlags wurde deshalb zugleich ein zehnjähriger
Kooperationsvertrag mit den grossen Zeitungen und Magazinen des Verlags
vereinbart. Zudem gibt es eine enge Verbindung mit den Online-Medien des Springer
Verlags.
Die Stepstone ASA generiert ihre Umsätze aus den beiden Geschäftseinheiten
Stepstone-Online und der Stepstone-Solutions. Stepstone-Online ist der Betreiber der
Online-Stellenbörsen. Wie bei Auto- und Immobilienbörsen ist die Verwendung der
Seiten durch den Interessenten kostenfrei. Der Anbieter der Stellen zahlt für die
Möglichkeit, Inserate einzustellen, in der Bewerberdatenbank zu recherchieren, sich
mit verschiedenen Möglichkeiten auf der Stellenbörse prominenter darzustellen oder
sich von Stepstone eigene Personalseiten seiner Firma erstellen zu lassen. Die Kosten
werden dabei je nach Nutzungsmenge und Dauer berechnet, zusätzlich werden
Leistungspakete angeboten. Das Einstellen von 10 Stellen kostet so beispielsweise
625,- Euro, der Zugriff auf die Bewerberdatenbank 1150,- Euro und die Schaltung
175 MEYER 2004, S. B3. 176 RIDDER 2002, S. 55. 177 GULNERITS/GEDINGER 2001, S. E9.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
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eines Banners ab 900,- Euro.178 Dieser Geschäftsbereich schloss 2004 mit einem
Nettogewinn von 1,9 Mio. Euro ab. Stepstone-Solutions bietet Softwarelösungen für
das Personalmanagement an. Stepstone nutzt hier fachliches und technisches Know-
how mit der Hoffnung auf eine starke Rendite aus dem attraktiven Lizenzmodell des
Softwaregeschäfts. Stepstone-Solutions schloss 2004 mit einem Nettoverlust von 2,6
Mio. Euro.
Auch bei den Online-Stellenbörsen hat eine starke Konzentration stattgefunden.179 Im
Gegensatz zu den Autobörsen spielen hier jedoch neben einer kleiner Gruppe starker
Wettbewerber, zu denen neben Stepstone, Jobpilot, Monster und Stellensuche.de
gehören, eine Reihe kleinerer Börsen eine, gemessen an Datenbankgrösse und
Zugriffen, etwas grössere Rolle.180 Neben den kleinen Börsen gibt es noch eine Reihe
von redaktionellen Internetseiten zum Thema Karriere und Stellensuche, die über
einen gegenseitigen Austausch die Anzahl ihrer Inserate erhöhen. Bei Stepstone sind
dies die Internetseiten der Zeit, vom Handelsblatt und der Wirtschaftswoche. Die
Börsen sind sehr abhängig von der konjunkturellen Lage und der daraus erwachsenen
Nachfrage der Unternehmen nach neuem Personal. Die Umsätze bei Stepstone ASA
gingen so von fast 28 Mio. Euro im Jahr 2002 auf 19 Mio. Euro in 2004 zurück.
Waren die Unternehmenskunden in wirtschaftlich starken Zeiten noch bereit, den
Online-Stellenbörsen und Recruitment-Veranstaltern hohe Preise für ihre
Dienstleistungen zu bezahlen, findet heute zwischen den Stellenbörsen ein
Preiswettbewerb statt.181 Im Wettbewerb der Online-Stellenbörsen gibt es im
Vergleich zu Auto- und Immobilienbörsen noch zwei Unterschiede. Zum einen wird
eine der grössten Online-Stellenbörsen direkt vom Arbeitsamt angeboten, zum anderen
gibt es mit Jobstairs eine Börse, die von einem Konsortium von Anbietern betrieben
wird.182 Grund für die eigenen Aktivitäten von 27 deutschen Grossunternehmen war
dabei vor allem das hohe Kostenniveau der Online-Börsen bedingt durch aufwändige
redaktionelle Inhalte und die Vermarktungsaktivitäten. Trotzdem verwenden die
meisten Hersteller einige weitere Börsen.183
178 Preisliste von Stepstone Deutschland, Quelle: Internet www.stepstone.de/fs_CVindex.cfm?contentpage, Zugriff: 07.08.2006. 179 HÜBNER-WEINHOLD 2004, S. 78. 180 JACOBY 2006, S. 48. 181 GULNERITS/GEDINGER 2001, S. E9. 182 ATTLFELLNER 2003, S. 24. 183 WEIDNER 2003, S. 44-45.
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60
Die Leistungen des Marktplatzes
Das Angebot von Stepstone im Internet lässt sich in die folgenden Bereiche einteilen:
• Stellendatenbank mit der Stellendarstellung und -suche
• Bewerberdatenbank
• Darstellung der anbietenden Unternehmen
• redaktioneller Teil
• Anbieterschnittstelle mit Servicehinweisen
Die Stellendarstellung und -suche sind zusammen mit der Bewerberdatenbank der
Kern der Seitengestaltung des Marktplatzes. Dem Interessenten werden verschiedene
Möglichkeiten zur Suche gegeben. Da sich Stellen nicht so eindeutig beschreiben
lassen wie übliche Produkte oder Dienstleistungen, wird die Suche beispielsweise über
Branchen, Aufgaben- oder Tätigkeitsgruppen ermöglicht. Für die richtige Kategori-
sierung und Verschlagwortung ist spezifisches Personalwissen beim Marktplatz-
betreiber notwendig. Nach einer Registrierung kann der Interessent auch Angebote
abspeichern oder sich in einen Suchagenten eintragen, der ihn nach Zugang
interessanter Stellen über E-Mail benachrichtigt. Die Registrierung und die
Suchagentenfunktion sind für den Marktplatzbetreiber ein wichtiges Mittel zur
Kundenbindung. In dieser Form identifizierte Benutzer erhalten über E-Mail Hinweise
über Neuigkeiten oder die Ergebnisse des Suchagenten und werden hierdurch wieder
auf die Börse geleitet.184 Der Marktplatzbetreiber kann so die Zahl der Zugriffe
effizient steigern und durch die Suchagentenfunktion zugleich das Matching
verbessern. Die Registrierung stellt den ersten Schritt für die Nutzung der
Bewerberdatenbank durch den Interessenten dar. In der Bewerberdatenbank stellt der
Interessent seine Daten in anonymisierter Form den teilnehmenden Unternehmen zur
Verfügung. Der Zugriff auf die Bewerberdatenbank durch die Anbieter ist eine weitere
Einkommensquelle des Marktplatzes. Mit dem Zugriff der Unternehmen auf die
Bewerberdatenbanken findet ein interessanter Wechsel der Suchrichtung auf dem
Marktplatz statt. Dies führt zu einer Aufwertung des Bewerbers, der aufgrund seiner
Daten direkt vom Unternehmen kontaktiert wird.185 Die Ergebnisse der Suche in der
Stellendatenbank werden in einer Ergebnisliste aufgezeigt. Von dieser Ergebnisliste
erfolgt eine Verlinkung auf die Detailansicht mit der Stellenbeschreibung, die bereits 184 Aufgrund der technischen Architektur des Internets sind für Betreiber von Anwendungen alle Besucher ihrer Seiten anonym. Es ist dem Betreiber zwar häufig möglich, wiederkehrende Besucher bei Benutzung des gleichen Zugangsrechners zu identifizieren (sog. Cookies), eine Kontaktaufnahme nach dem Besuch ist jedoch ohne eine Aktivität des Besuchenden (beispielsweise eine Registrierung) nicht möglich. 185 FÄRBER 2002, S. 39.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
61
im Corporate Design der anbietenden Unternehmung gestaltet ist. Die Stellenbörsen
bieten darüber hinaus noch verschiedene Möglichkeiten an, die Unternehmen auf ihrer
Plattform zu präsentieren. Beispielsweise werden Unternehmensportraits im
redaktionellen Teil eingebunden oder analog zu Printanzeigen Werbung auf den Seiten
eingeblendet. Die redaktionellen Inhalte, dies sind zumeist Tipps zu den Themen
Bewerbung und Karriere, sind bei Stepstone zwar vorhanden, treten aber in der
Gestaltung und Navigation im Vergleich zu den Mitbewerbern in den Hintergrund.
Grundsätzlich gibt es auf den Seiten wesentlich weniger Material für Anbieter als bei
Autoscout24, wo umfangreiches Zahlenmaterial, Tipps zum Umgang mit der Börse
und allgemeine Downloads bereitgestellt werden.
Das Angebot auf dem Marktplatz
Ende 2005 waren auf dem Marktplatz knapp 30.000 Stellenanzeigen in den Ländern
Deutschland, Österreich und der Schweiz dargestellt.186 In der Bewerberdatenbank
sind über 1.000.000 Lebensläufe hinterlegt und ca. 100.000 Interessenten haben den
Suchagenten aktiviert.187 Wie bereits dargestellt, ist der Marktplatz mit verschiedenen
anderen Marktplätzen verknüpft. Über die eigenen Stellenbörsen in anderen Ländern
und über kooperierende Börsen können in 34 Ländern Stellen ausgeschrieben werden
und Inserate in diesen Ländern über Stepstone recherchiert werden.
2.2.4 Die Immobilienbörse „Immowelt“
Der Marktplatzbetreiber
Der Marktplatz Immowelt wurde 1996 von der damaligen Firma Dataconcept GmbH
gegründet. Die Dataconcept GmbH, die sich seit 1991 mit der Entwicklung von
Software für die Immobilienbranche befasst, wurde zur Vorbereitung ihres
Börsengangs im Jahr 2000 in Immowelt AG umbenannt. Zum Zeitpunkt der
Marktplatzgründung war die Dataconcept GmbH bereits mit verschiedenen
branchenspezifischen Softwarelösungen etabliert.188 Im Jahr 2000 beteiligte sich die
Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck an der Immowelt AG und seit Anfang 2003 ist
186 Quelle: Internet www.stepstone.de/home_fs.cfm, Zugriff: 07.08.2006. 187 Quelle: Internet www.stepstone.de/content/De/DE/about, Zugriff: 07.08.2006. 188 FRIEDEMANN 2000, S. 59.
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62
die ISA Holding, in der die Zeitungsgruppen Holtzbrinck, WAZ und Ippen ihre
gemeinsamen Internetaktivitäten für die Online-Vermarktung von Rubrikenanzeigen
bündeln, Mehrheitsaktionär der Immowelt AG.189
Nach eigenen Angaben stellt die Immowelt AG über 4000 Kunden Softwarelösungen
für den gesamten Leistungsbereich der Immobilienbranche zur Verfügung.190 Neben
Software werden hierzu ergänzende Leistungen wie Schulungen, Beratung oder
Services für den Betrieb der Software angeboten. Immowelt bietet zudem Intra- und
Extranetlösungen, die Entwicklung von Internetpräsenzen sowie den Betrieb der
Online-Börse. Aufgrund dieser Verankerung in der Software bei den Dienstleistern der
Immobilienbranche kann die Immowelt AG Lösungen anbieten, die eine direkte und
effiziente Verknüpfung der Backoffice-Systeme und der Präsentation im Internet
ermöglichen. Nach Angabe der Börse waren zum Zeitpunkt April 2006 über 250.000
Immobilienangebote bei Immowelt eingestellt, hierbei wurden 2,7 Mio. Besucher
gezählt.191 Im Vergleich zu Automobil- und Stellenbörsen besteht seitens der
Immobilienbörsen eine geringere Werbepräsenz. Dies wird vermutlich durch die
besonderen Produkteigenschaften von Immobilien und dem spezifischen Kauf-
verhalten bei der Immobiliensuche beeinflusst. Wie bei den Automobil- und
Stellenbörsen war in der Anfangsphase der Wettbewerb um die grösste Anzahl von
Anzeigen ausschlaggebend. Die Immowelt AG ging hierzu früh Kooperationen mit
Zeitungen ein, um durch Übernahme der Rubrikenangebote in den Online-Bereich
schnell eine kritische Masse zu erreichen. Über ein Kooperationsnetzwerk stellen
heute fast 20 grössere Zeitungen, darunter die Presseartikel der am Unternehmen
Immowelt beteiligten Verlage sowie Spiegel, Stern und die Zeit, ihre
Immobilienangebote in Immowelt dar. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der
Immobilienbörsen hat sich dabei die Form der Zusammenarbeit stark verändert.
Wurden zuerst die Darstellung in der Online-Börse als zusätzliche Funktion beim
Verkauf der Rubrikenanzeige angeboten, bietet heute die Online-Börse beim Ein-
stellen der Angebote ins Internet zusätzlich die Darstellung in den Partnerzeitungen an
und erhält für diese Vermittlung eine Provision.192 Weitere Umsatzträger sind neben
dem Verkauf von Softwarelizenzen die Gebühren für die Präsentation der Anzeigen,
der Verkauf von Werbeflächen auf dem Marktplatz und Agenturleistungen für
Internetauftritte von Immobilienunternehmen.
189 SAAL 2003, S. 38; SALZMANN 2001, S. 29. 190 Internet www.immowelt.de/ImmoweltAG/Wir/PresseFaktenAWG.aspx Zugriff: 07.08.2006. 191 Internet www.immowelt.de/ImmoweltAG/Wir/PresseportraitAWG.aspx Zugriff: 07.08.2006. 192 SAAL 2003a, S. 38.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
63
Im Vergleich zu Auto- und Stellenbörsen wurde das Wachstum von Immowelt nicht
durch die Übernahme kleinerer Börsen betrieben, es wurde nur eine konkurrierende
Börse zur Stärkung des Geschäfts mit gewerblichen Immobilien übernommen.193
Wettbewerber bei den Immobilienbörsen sind Immoscout24 und Immonet. Zudem gibt
es eine grössere Zahl regionaler oder auf bestimmte Immobilienformen spezialisierter
Anbieter und Börsen der Banken und Bausparkassen. Im Gegensatz zu Autoscout24
und Stepstone vertritt Immowelt auch gegenüber diesen Anbietern eine integrative
Strategie und bietet diesen die Funktionalität der Immowelt-Plattform und ihre Dienst-
leistungen an. So werden beispielsweise die Portale der Quelle Bausparkasse, der
Sparkassen Immobilienseiten oder das Meinestadt-Portal durch Immowelt betrieben,
ohne dass Immowelt hier bei den Kunden in Erscheinung tritt.
Die Leistungen des Marktplatzes
Wie auch in den vorherigen Fallbeispielen bietet Immowelt im Online-Angebot die
typischen Bereiche der Online-Börsen:
• Kernbereich der Immobiliendarstellung und -suche
• Leistungsdarstellung von Dienstleistungsunternehmen und deren Integration in
den Kernbereich
• redaktioneller Teil
• Anbieterschnittstelle mit Servicehinweisen
• eingebundener Shop der Firma Amazon
Die Immobiliendarstellung und -suche ist prominent auf der Startseite von Immowelt
dargestellt. Neben der Suchfunktionalität ist auch eine Navigation zur Eingabe-
möglichkeit von Immobilieninseraten auf der ersten Seite vorhanden. Bei der
Eingabemöglichkeit von Inseraten wird keine Unterscheidung zwischen privaten und
professionellen Inseraten getroffen. Es erfolgt kein Ausschluss der privaten Inserate. In
der Suchfunktionalität, die in der Hauptnavigation eingebunden ist, sind die privaten
Inserate dann jedoch nicht integriert, die privaten Inserate können nur über einen
separaten Aufruf in einer Suchmaske mit eingeschränkter Suchfunktionalität
recherchiert werden. Im Gegensatz zu Autoscout24, wo gewerbliche und private
Anbieter die gleichen Chancen in der Suchfunktion haben, unterstützt Immowelt hier
die gewerblichen Anbieter. Auch bei den direkten Konkurrenten Immoscout24 oder
193 SALZMANN 2001, S. 29.
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64
Immonet können private Inserate eingestellt werden. Bei der Recherche konnten
jedoch keine privaten Angebote identifiziert werden.
Die Suchfunktionalität der gewerblich angebotenen Immobilien bietet zahlreiche
Suchkriterien, wie Grössen- und Preisspannen, Kategorisierungen in Kauf-, Miet-,
Gewerbe- oder Ferienimmobilien und vor allem eine Zuordnung nach Gebieten. Die
Kategorisierung und Recherchemöglichkeiten nach dem Standort stellen eine
Besonderheit der Immobilienbörsen dar, da die gewünschten Suchgebiete der
Interessenten nicht unbedingt mit den rechtlichen Abgrenzungen, wie Stadtgrenzen
oder Landkreisen übereinstimmen und eine Darstellung über Geokoordinaten
unverständlich wäre. Die Immobilienbörsen haben zur Lösung regionale Karten
integriert, bieten Suchmöglichkeiten nach Ballungsräumen oder Autokennzeichen.
Zudem gibt es die Möglichkeit sich Treffer in einem individuell auswählbaren
Umkreis anzeigen zu lassen. Die Ergebnisse der Suchanfragen werden in einer
Ergebnisliste dargestellt, die die wichtigsten Merkmale der Angebote in einer
Übersicht auflistet. In der Detailansicht eines Immobilienangebotes findet sich eine
weitergehende Beschreibung sowie meist mehrere Bilder. Wie in den Immobilien-
anzeigen im Print wird auch hier in den meisten Anzeigen vermieden, dass der
Interessent das Haus identifizieren kann. Durch das Weglassen einer genauen Adresse
des Objekts und den Verzicht von Strassenansichten bei den Bildern soll das Umgehen
des Maklers verhindert werden.
Auch auf Immowelt sind Finanz- und Versicherungsdienstleister mit in der
Detailansicht eingebunden, dabei handelt es sich jedoch nur um eine Verlinkung.
Individuelle Kalkulationen von Kreditraten für die Objekte, wie sie bei den
Autobörsen zum Teil möglich sind, werden nicht angeboten. In einem redaktionellen
Teil bietet Immowelt einen „Ratgeber zum Immobilienkauf“. Inhalte sind neben
Hinweisen zum Immobilienerwerb, Themen im Zusammenhang mit Grundbesitz,
Wohnen und Lifestyle.
Das Angebot auf dem Marktplatz
Über die Suchfunktion von Immowelt kann nach Aussage des Unternehmens in über
250.000 Angeboten recherchiert werden, 2,5 Mio. Besucher haben den Immowelt
Service im Juni 2005 genutzt.194 Diese Zahl enthält aber auch die Angebote der
ausländischen Partnerbörsen. Die Immowelt Online-Börse ist neben dem eigenen
194 Quelle: Internet http://www.immowelt.de/wir_ueber_uns/statistiken.asp, Zugriff vom 17.07.2005, die Zahlen wurden zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr im Internet kommuniziert.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
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Auftritt auf 30 weiteren Internetseiten integriert. Dies sind zumeist Tageszeitungen
oder, wie zuvor genannt, Unternehmen der Immobilienbranche mit eigener
Internetpräsenz. Es werden hier die Angebote des jeweils die Seite betreibenden
Unternehmens angezeigt. Die Abläufe und die Seitengestaltung der Immobiliensuche
entspricht der bei Immowelt, jedoch sind die Seiten in einen Frame des Anbieters
integriert und farblich dessen Corporate Design angepasst. Ein Hinweis auf Immowelt
erfolgt über die Darstellung des Immowelt-Logos. Immowelt bietet als separat
suchbare Kategorien sogenannte Top Angebote oder Typenhäuser an. Über eine
separate Suchfunktion können Angebote im Ausland gesucht werden.
2.3 Erkenntnisse aus den Fallbeispielen
2.3.1 Rahmenbedingungen der Online-Börsen
Wie bei zahlreichen anderen Anwendungen im Internet, hat auch bei den Online-
Börsen zuerst ein Prozess des Wachstums und dann der starken Konsolidierung
stattgefunden. Die Fallbeispiele zeigen, wie von der Vielzahl von Börsen, die Mitte bis
Ende der neunziger Jahre entstanden sind, sich jeweils nur wenige als dominant
durchgesetzt haben.195 Die Wettbewerbssituation zwischen den Marktplatzanbietern
kann als quasi homogenes Oligopol betrachtet werden. Es gibt nur eine geringe Anzahl
von Anbietern, die über ihre Nutzerzahlen und die Abdeckung der Angebote innerhalb
eines Marktes eine dominante Stellung im Markt haben. Initiativen eines dieser
Anbieter führen zu sofortigen Marktveränderungen. Neben den dominanten
Marktplatzanbietern gibt es eine Reihe kleiner Nischenlösungen, die sich durch
Spezialisierung gegen den Netzwerkeffekt, wie er bei den dominierenden
Marktplätzen wirkt, zur Wehr setzen. Die bedeutendsten Marktplatzbetreiber haben
strategische Gruppen gebildet, mit denen sie die interessantesten Märkte für
Rubrikenanzeigen abdecken. In den Beispielen der Abbildung 11 sind diese jeweils
zusammen dargestellt. Trotz der Zusammenarbeit und den zum Teil gleichen Inhabern,
sind die Organisationen der Betreiber und die Technik der Anwendungen bei den
kooperierenden Online-Börsen meist nicht identisch.
195 Abschnitt B.2.2.1 – B.2.2.3.
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66
Elektronische MarktplätzeElektronische Marktplätze
Autoscout24Autoscout24
Immobilienscout24Immobilienscout24
Jobscout24Jobscout24
ImmonetImmonet
JobpilotJobpilot
Mobile.deMobile.de
StepstoneStepstone
Autobild.deAutobild.de
ImmoweltImmowelt
Autoanzeigen.deAutoanzeigen.de
Stellenanzeigen.deStellenanzeigen.de
MedienunternehmenMedienunternehmen
ISA (Ippen, Holtzbrinck)
ISA (Ippen, Holtzbrinck)
Axel Springer VerlagAxel Springer Verlag
Süddeutsche ZeitungVerlag
Süddeutsche ZeitungVerlag
Internet-Unternehmen
Internet-Unternehmen
YahooDeutschland
YahooDeutschland
Ebay MotorsEbay Motors
T-OnlineT-Online
Lycos.deLycos.de
Kooperation Kooperation und Beteiligung
Abbildung 11: Beispiele für strategische Kooperationen der Börsen
In den Fallbeispielen zeigt sich auch die in der Einleitung dieses Abschnitts genannte
Nähe der Online-Börsen zu den Rubrikenanzeigen in den Zeitungen. Es gibt einen
dauerhaften Trend, dass die Inhalte von Rubrikenanzeigen statt in Zeitungen im
Internet geschaltet werden.196 Neben den Vorteilen des Mediums Internet liegt dies
auch daran, dass die Reichweite von Zeitungen bei jüngeren Zielgruppen abnimmt und
diese so mit Zeitungsanzeigen nicht mehr angesprochen werden können. Für die
Herausgeber der Zeitungen reduziert sich damit ein wichtiger Umsatzträger.
Dementsprechend sind die Zeitungsunternehmen im Bereich der Online-Börsen aktiv.
Zielsetzung ist es, durch Kombinationsprodukte von Print und Internet Kunden an die
Zeitungen zu binden oder zumindest als Börsenbetreiber an dem neuen
Geschäftsmodell wirtschaftlich zu partizipieren.197 Ein Beispiel für dieses Engagement
der Zeitungsverlage, sich mit den wichtigsten Rubrikenthemen auch im Internet zu
positionieren, ist der Axel Springer Verlag. Nach den erfolglosen Versuchen
verschiedener Zeitungsverleger sich unter dem Dach der hierzu gegründeten Versum-
Gruppe den Anbietern im Internet zur Wehr zu setzen, hatte sich der Springer Verlag
selbständig in den wichtigsten Rubrikenmärkten positioniert.198 Auf Basis des Print
Titels Autobild und dessen Online-Ableger Autobild.de wurde eine eigene Autobörse
etabliert. Für das Immobiliengeschäft wurde in einer strategischen Partnerschaft mit
dem Ring Deutscher Makler die Börse Immonet gegründet. Der Springer Verlag deckt
196 o.V. 2003a, S. 12; HÄUSER 2003, S. 56f. 197 HÄUSER 2003, S. 57. 198 BERNAU 2004, S. 6.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
67
heute mit Immonet, Stepstone und Autobild.de seine wichtigsten Anzeigenmärkte
online ab.
Eine wichtige Rolle im Geschäft der Online-Börsen spielen zudem die grossen
Internetanbieter, wie Shops, Suchmaschinen oder Internetprovider. Die meisten
publikumsstarken Seiten binden Rubrikenanzeigen ein oder betreiben sogar eigene
Online-Börsen. So gehören die wichtigsten Online-Börsen für Automobile in
Deutschland heute zu den Firmen T-Online und Ebay und die grossen und
finanzstarken Online-Anbieter, wie Yahoo oder Lycos, kaufen kleinere Börsen auf und
integrieren sie in ihre Anwendungen. Die Abbildung 11 stellt diesen Zusammenhang
stark vereinfacht dar. Aus der Grafik kann jedoch bereits herausgelesen werden, dass
das Kooperationsverhalten von Zeitungsverlagen sich von dem der Internet-
unternehmen grundsätzlich unterscheidet. Während die Zeitungsverlage über eine
möglichst vollständige geografische Abdeckung und über Vertriebskooperationen die
Lösung der Probleme ihrer Rubrikenanzeigen suchen, kooperieren die Internet-Firmen
mit einzelnen Börsen, die sie als besonders erfolgreich einschätzen. Zum Teil nutzen
die Internet-Firmen die hohen eigenen Zugriffszahlen auch für das Angebot eigener
Marktplätze.
2.3.2 Das typische Geschäftsmodell Elektronischer Marktplätze
In Abschnitt A.1.2 wurden Kriterien zur Beschreibung von Geschäftsmodellen
herausgestellt.199 Zur vertiefenden Beschreibung wurde neben das Konzept Geschäfts-
modell die Idee einer strukturierten Beschreibung eines Marktmodells gestellt, das mit
seinen Kriterien der Beschreibung und Abgrenzung von Betriebstypen im Handel
dienen soll. Für Absatzhelfer, wie die Elektronischen Marktplätze, kann das Markt-
modell als inhaltliche Beschreibung des Geschäftsmodell-Teilbereichs Wertschöpfung
verstanden werden. Betrachtet man die beobachtete Ausprägung der Kriterien der
Markt- und Geschäftsmodelle in den Fallbeispielen, zeigt sich eine weitgehende
Übereinstimmung der Ausprägungen bei den einzelnen Fällen auch über die
unterschiedlichen Leistungen hinweg. Aufgrund dieser Homogenität kann deshalb die
199 Abschnitt A.1.2.
___________________________________________________________________________
68
in den Tabellen 9 und 10 dargestellte Zusammenfassung als Beschreibung eines
Idealtyps für den Betriebstyp Online-Börse verstanden werden.200
Das typische Geschäftsmodell der Online-Börsen
Definition der zu erstellenden Leistung
Bereitstellung und Betreuung einer Internetanwendung mit dem Zweck der Vermittlung von Kontakten zwischen Anbietern und Nachfragern.
Vermarktungsfunktion bei der Akquisition von Anbietern und Nachfragern zur Bündelung auf der Plattform.
Definition der Zielgruppe
• Es erfolgt keine Einschränkung der Zielgruppe, stattdessen soll möglichst der gesamte Markt abgedeckt werden.
• Einschränkungen sind branchenspezifisch bei den Anbietern möglich.
Organisationsform und Wertschöpfungstiefe
• Bezogen auf den gesamten Verkaufsprozess der Leistungen ist die Wertschöpfungstiefe auf dem Marktplatz sehr gering.
• Die Wertschöpfungstiefe bei der Erstellung der eigenen Leistung ist hoch. In allen Fällen bündelt der Marktplatzbetreiber technische Erstellung und Betrieb, Vermarktung und Betreuung in der eigenen Organisation.
Architektur der Wertschöpfung
Kommunikations- und Vermarktungsmodell
Medien- und zielgruppenspezifisch adaptierte Kommunikation über verschiedene Kanäle:
• Markenkommunikation über klassische Medien an Anbieter und Nachfrager.
• Nutzung von Internetverweisen und Fachzeitschriften zu Akquisition von Zugriffen konkreter Nachfrager.
• Nutzung von Fachzeitschriften und aktiver Pressearbeit zur Ansprache der Anbieter.
Vertriebskonzept (direkt-indirekt)
• Vermarktung analog dem Anzeigenverkauf bei Rubrikenanzeigen.
• Sowohl direkte Vermarktung über den Marktplatzbetreiber als auch über die Kooperationen mit Zeitungsverlagen oder Media-Agenturen.
Preispolitik • Die Preispolitik ist zwischen den gewählten Fallbeispielen nicht einheitlich. Sie unterscheidet sich von transparenten Preislisten der Autobörsen bis zu nicht genannten individuellen Verträgen zwischen den Stellenbörsen und den ausschreibenden Unternehmen.
• Es kann hinsichtlich der Preise von einem hohen Wettbewerbsdruck zwischen den Marktplatzbetreibern ausgegangen werden.
Ertragsmodell
Form der Vergütung • Die Anzeigen werden nach Menge der
200 Die Beschreibung bezieht sich hierbei explizit auf den Internet-Betriebstyp Online-Börse als spezielle Form des Elektronischen Marktes.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
69
eingestellten Angebote und der Dauer der Nutzung bezahlt. Die Kosten werden vom Anbieter der Leistung getragen.
• Es werden verschiedene Leistungen (Banner, redaktionelle Einbindung, Beratung) mit unterschiedlichen Preismodellen angeboten, diese werden oftmals in Leistungspaketen kombiniert.
• Individuelle Abrechnungsverfahren (z.B. pay-per-view, Verkauf einer bestimmten Anzahl von Kontakten) werden bei Börsen genutzt.
Wachstumsstrategie Ziel aller Online-Börsen ist es dominante Börse im Markt zu werden (Netzmarkt-Prinzip):
• Wichtigste Methode ist die offensive Akquisition von Anbietern und Nachfragern.
• Für die Akquisition spielen Kooperationen (Einbindung auf anderen Internetplattformen, integrierte Vermarktung) eine wichtige Rolle.
Welcher besondere Mehrwert wird für den Kunden erzielt?
Mit der notw. Akquisition von Anbietern und Nachfragern müssen beide Zielgruppen durch die Marktplatzleistung zufrieden gestellt werden.
• Anbieter als Kunde: grössere Anzahl potentieller Nachfrager, Prozessoptimierung bei der Präsentation der eigenen Leistungen.
• Nachfrager als Kunde: höhere Markttransparenz, grössere Auswahl.
• Siehe Leistungsbeschreibung in D.3.
Kompetenzkonfiguration
Kompetenzen sind bei den erfolgreichen Betreibern (Marktführern):
• Branchewissen (Produkt- und Marktgegebenheiten).
• Know-how in der Softwareerstellung und im Softwarebetrieb.
• Kenntnisse der Vermarktung (speziell der Etablierung einer eigenständigen Marke).
• Besondere Fähigkeiten bei der Bildung von Kooperationen.
Value Proposition
Kooperations- und Koordinationskonzept
• In den untersuchten Fallbeispielen wurden Koordinations- und Kooperationsaktivitäten vollständig über den Marktplatz gesteuert.
• Es gibt eine grosse Anzahl von wichtigen Kooperationen die zudem jeweils über unterschiedliche Zusammenarbeitsmodelle gesteuert wurden (Leistungsaustausch, Beteiligungen, etc.).
Tabelle 9: Das typische Geschäftsmodell der Online-Börsen
___________________________________________________________________________
70
2.3.3 Das typische Marktmodell Elektronischer Marktplätze
Zwischen den Marktmodellen der drei beispielhaft betrachteten Online-Börsen gibt es
jeweils nur partielle Unterschiede. Hierbei handelt es sich jeweils um branchen-
spezifische Anpassungen. Die Online-Börsen unterstützen in den Branchen eine
bestehende Marktsituation sowie die dort bereits agierenden Parteien und bilden
faktisch ein gleiches, wenn auch umfassenderes und besser recherchierbares Bild des
Marktes, als die Rubrikenanzeigen der Zeitungen. Im Gegensatz hierzu wäre vor-
stellbar, dass die Betreiber der Online-Börsen oder ein weiterer Intermediär die
Plattformen mit ihren hohen Zugriffszahlen nutzen, um einen alternativen Vertriebs-
weg zu etablieren oder ein gänzlich neues Geschäftsfeld aufzubauen.201 In den Fällen,
in denen die Online-Börsen als Plattform für alternative Vertriebswege dienen, wie der
Umgehung von Maklern bei der Direktvermarktung von Objekten durch Bauträger auf
den Immobilienbörsen oder dem Angebot von so genannten grauen Neufahrzeugen
durch freie Autohändler auf den Online-Autobörsen, handelt es sich um Modelle, die
bereits im physischen Vertrieb existieren und kein eigenständiges Modell der
Internetwelt sind. Das Geschäftsmodell mit dem Erlös über die Beiträge der Anbieter
ist aktuell so attraktiv, dass dieses nicht durch eigene Aktivitäten der Markt-
platzbetreiber gefährdet wird. Stattdessen passt sich der Marktplatzbetreiber der
jeweiligen Branche und deren Wünschen und Anforderungen an.
201 Vgl. zu den strategischen Optionen im Distributionssystem B.2.1.3.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
71
Das typische Marktmodell der Online-Börsen
Marktbetreiber Anbieter, Nachfrager oder dritte Partei
• Marktbetreiber als dritte Partei.
• Unabhängigkeit des Marktplatzbetreibers von Anbieter- oder Nachfragerorganisationen, jedoch in strategischen Kooperationen mit Medienunternehmen.
• Einzige bekannte Anbieterbindung ist ein Zusammenschluss bei den Stellenbörsen, der aber keine hohe Marktbedeutung hat.
Ausrichtung der Teilnehmer
• Anbieter und Nachfrage können jeweils als private (B2C) und gewerbliche (B2B) Teilnehmer eingeordnet werden (Ausnahme: Jobbörsen). Die Kernfunktionalitäten werden übergreifend genutzt.
• Für den B2B-Bereich werden zusätzliche Funktionalitäten geschaffen (geschlossene Benutzerbereiche).
Anzahl • Sehr grosse Anzahl von Anbietern und Nachfragern.
Offenheit der Plattform • Keine Einschränkung bei den Nachfragern.
• Teilweise Einschränkung oder Benachteiligung bei privaten Anbietern.
Teilnehmer auf der Plattform
Wettbewerb zwischen den Teilnehmern
• Es gibt keine Einschränkungen bezüglich dem Einstellen gleichartiger und damit konkurrierender Angebote.
• Alle Angebote werden vollständig und transparent dargestellt.
Akquisition
• Nutzung der Interessenten, die auf den Marktplatz zugreifen.
• Eigene Marketingaktivitäten der Marktplätze.
• Verkaufsunterstützung durch redaktionelle Inhalte.
Preisfindung
• Bislang keine Unterstützung der Preisbildung (Auktionsverfahren).
Verhandlung • Wird nicht unterstützt.
Vereinbarung • Wird nicht unterstützt.
Unterstützung des Verkaufs-prozesses
Auslieferung, Abrechnung
• Wird nicht unterstützt.
Tabelle 10: Das typische Marktmodell der Online-Börsen
Trotz der verschiedenen Dienstleistungsangebote ist die Marktleistung des Markt-
platzes im Vergleich zur Wertschöpfung des gesamten Vertriebsprozesses beim
Anbieter vergleichsweise gering. Im Kern beschränken sie sich darauf, Interessenten
zusammenzubringen.202 Grundsätzlich würde die Technologie des Internets die
202 VIRTEL 2003, S. 30.
___________________________________________________________________________
72
Möglichkeit bieten, den Kaufprozess wesentlich weiter zu unterstützen. Beispiele
hierfür wären Funktionen zur Beratung, zum Produktvergleich oder der dynamischen
Preisbildung.
2.3.4 Architektur des Elektronischen Marktplatzes
Im Folgenden soll auf den Aufbau der in den Fallbeispielen betrachteten
Anwendungen eingegangen werden, um den Untersuchungsgegenstand bis auf Detail-
ebene zu erfassen und um anhand des Seitenaufbaus Gestaltungsmöglichkeiten für den
Anbieter ableiten zu können. Die wichtigsten Elemente der Online-Börsen werden
hierfür kurz beschrieben. Die Aufnahme in die Granularität einzelner Elemente der
Anwendungen erfolgt in Tabelle 11.
Redaktionelle InhalteRedaktionelle Inhalte
Agenten-funktionen
Agenten-funktionen
StartseiteerweiterteSuchmaske
ErgebnislisteDetail-beschreibung AnfrageAnfrage
WerbeflächenWerbeflächen Ergänzende AngeboteErgänzende Angebote
User Interface der online Börse
• Positionierung auf Startseite• Einbindung auf Navigation
• Positionierung• Kontextsensitive Einbindung
• Kontextsensitive Einbindung• Einbindung im Kernprozess
Abbildung 12: Kernprozesse beim Idealtyp der Online-Börse
Betrachtet man die Architektur der Online-Börsen aus Sicht der Benutzer-Interaktion,
können die Inhalte der Anwendung in drei Bereiche aufgeteilt werden. Dies sind neben
dem Kernprozess der Produktsuche und Darstellung, die redaktionellen Inhalte der
Seiten sowie ergänzende Seiten, beispielsweise zur Pflege der eingestellten Leistungen
für den Anbieter oder Navigationshilfen. Der Kernprozess folgt einem generellen
Interaktionsschema, das sich im Internet zum Suchen und Finden durchgesetzt hat und
in Abbildung 12 dargestellt ist.203 Hierbei wird dem Nutzer möglichst früh eine so
genannte Schnellsuche zur Verfügung gestellt. Ohne weitere Navigationsschritte kann
203 Eine Darstellung der entsprechenden Internetseiten am Beispiel von Autoscout24 befindet sich im Anhang 3.
B. Elektronische Marktplätze als Betriebstyp im Distributionssystem ___________________________________________________________________________
73
er hiermit eine Suche nach den wichtigsten Kategorien des jeweiligen Themas
einschränken. Über eine erweiterte Suche erhält er Zugang zu einer umfangreicheren
Filtermöglichkeit. Das Suchergebnis wird in einer Ergebnisliste dargestellt. Diese
Auflistung enthält wichtige Schlüsselinformationen für die Selektion des einzelnen
Angebots durch den Interessenten. Solche Informationen sind beispielsweise eine
bildliche Darstellung, eine Typbezeichung, der Standort und der Preis. Meist kann die
Sortierreihenfolge der Liste auch nach diesen Kriterien vom Nutzer individuell
eingestellt werden. Von der Ergebnisliste kommt der Nutzer zur Detailansicht. Hier
sind alle Eigenschaften der Leistung aufgeführt. Zumeist enthält die Detailansicht
einen Bereich, der das Objekt strukturiert beschreibt. Hier werden vordefinierten
Kriterien Ausprägungen zugeordnet, beispielsweise ob ein Ausstattungsdetail
vorhanden ist oder nicht. Zudem gibt es die Möglichkeit für eine weitere individuelle,
schriftliche Beschreibung und die Funktion mehrere Bilder einzufügen. Im Fallbeispiel
der Stellenbörsen ist diese Funktionalität natürlich an die Gegebenheiten der
Stellenvermittlung angepasst, indem beispielsweise in der Ergebnisliste anstelle von
Produktbildern ein Logo des ausschreibenden Unternehmens enthalten ist. Die
Funktionalität zwischen Fahrzeug-, Stellen- und Immobilenbörsen ist sonst vollständig
identisch.
Ort des Einsatzes Mögliche Gestaltungsobjekte aus Anbietersicht
Präsenz in den redaktionellen Inhalten
• Vorstellung von Produkten
• Unternehmenspräsentation
• Pressebilder in den redaktionellen Inhalten
• Pressemitteilungen über Unternehmens- oder Produktneuheiten
• Kooperationen bei Verlosungen oder Events (auf der Online-Börse oder bei deren Vermarktung)
Nutzung von Werbeflächen oder adaptiver/interaktiver Einblendungen auf dem Marktplatz
• Banner
• Pop-Up oder Werbefläche, aktiviert nach definierten Benutzeraufrufen (z.B. bei der Suche nach bestimmten Orten)
• Einbindung von Logos oder Hinweisen (z.B. über Sponsorship)
• Einbindung der eigenen Angebote in Bereiche, die einzelne Angebote herausheben („Topangebote“)
Präsentation ausserhalb der Kernprozesse
Einbindung bei den ergänzenden Angeboten
• Kalkulatoren
• Finanzierungs- oder Leasingrechner
Präsentation innerhalb der Kernprozesse
Schnellsuche • Drop-Down-Boxen (Voreinstellung gewünschter Ausprägungen zu Suchkriterien)
• Freitextsuche
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74
• Sucheinschränkung über vordefinierte Optionsfelder (z.B. nur aktuelle Angebote oder nur Angebote mit Bild)
• Eingabe einer Sucheinschränkung mit vordefinierten Bereichen (z.B. Preis von x bis y)
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• Übersicht über Darstellungsdetails (z.B. Piktogramme über Produkt- oder Anbietereigenschaften)
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• Ergänzende Leistungsbeschreibung, bzw. Beschreibung des Produktzustands in einem Testfeld
• Kontaktadresse mit verschiedenen Kontaktmöglichkeiten
Tabelle 11: Gestaltungsrelevante Elemente aus der Frontend-Betrachtung
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
75
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie Die Automobilbranche stellt einen wichtigen Wirtschaftsfaktor in den europäischen
Volkswirtschaften dar. Entsprechend weitgehend sind die einzelnen Wertschöpfungs-
stufen durch wissenschaftliche und privatwirtschaftliche Institutionen untersucht
worden. Hinsichtlich des Einsatzes des Internets im Automobilvertrieb gibt es für den
deutschen Markt eine Reihe von Studien und regelmässigen Erhebungen, mit denen
diese Arbeit durch empirische Werte fundiert werden kann.204 In den folgenden
Abschnitten werden die branchenspezifischen Rahmenbedingungen beschrieben. Die
Schwerpunkte dieser Ist-Analyse sind die Beschreibung der spezifischen Distributions-
systeme der Automobilindustrie, der Aufbau eines heuristischen Rahmens zur
Erfassung des Konsumentenverhaltens beim Autokauf und eine Bestandsaufnahme des
Status-quo bei der Internetnutzung der Endkunden. Mit dieser Analyse dient der
Abschnitt C. drei Aufgaben. Erstens liefert der Abschnitt die notwendigen
vertiefenden Kenntnisse, um den Betriebstyp Online-Börse im Zusammenspiel mit den
spezifischen Branchensituationen bewerten und damit hinreichende Handlungs-
empfehlungen ableiten zu können. Zweitens wird identifiziert, welche möglichen und
sinnvollen Ziele für den Einsatz von Online-Börsen aus Sicht der Anbieter gelten
sollen. Hieran sollen im Abschnitt D. die Handlungsempfehlungen ausgerichtet
werden. Drittens ist für die Bewertung, welche Wirkung Online-Börsen auf die
Kaufentscheidung ausüben können, aber auch für die zielgerichtete Gestaltung, die
Kenntnis der genauen Nutzung der Börsen und ihres Einflusses auf die einzelnen
Phasen des Kaufprozesses notwendig. Da für die Bewertung der Wirkung keine
ausreichende theoretische Basis für eine direkte Ableitung besteht, wird hierzu ein
hypothetisches Wirkungsmodell erstellt. Im Rahmen der Ist-Analyse liefert dieser
Abschnitt hierzu den bekannten Stand der Forschung für die spezifische Fragestellung.
Die Untersuchung des Kundenprozesses und die damit verbundene Fokussierung auf
die Kundenbedürfnisse im Kaufprozess gibt zudem die Möglichkeit, differenzierende
Merkmale in der Gestaltung zu identifizieren.
204 Eine Auflistung des verwendeten empirischen Sekundärmaterials befindet sich im Anhang 3.
___________________________________________________________________________
76
1. Distributionssysteme im Automobilvertrieb
1.1 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Das Automobilgeschäft in Deutschland kann als reifer Markt bezeichnet werden. Es
befinden sich derzeit ca. 50 Mio. Personenwagen in Deutschland und Neufahrzeuge
werden zu 90% als Ersatzbedarf gekauft.205 Das Wachstumspotential ist zumindest
stückzahlmäßig eng begrenzt.206 Im Jahr 2005 wurden 3,3 Mio. Neufahrzeuge und 6,6
Mio. Gebrauchtfahrzeuge umgeschrieben oder neu zugelassen.207 Bei einem
durchschnittlichen Wert von 24.360 Euro für Neufahrzeuge und 8.330 Euro für
Gebrauchtfahrzeuge ist das Neufahrzeuggeschäft immer noch der wichtigste
Umsatzträger.208 Es wird jedoch angenommen, dass der Umsatz des Gebraucht-
fahrzeuggeschäfts stärker wächst als der des Neufahrzeuggeschäfts. Für Wartungs-
arbeiten sowie Verschleiß- und Unfallreparaturen an Personenwagen wurden knapp
33,4 Mrd. Euro ausgegeben.209 Der Automobilmarkt ist ein Markt mit zyklischen und
saisonalen Schwankungen. Konjunkturelle Schwächen verschieben Neuinvestitionen
bei den Kunden, so dass die Verkäufe zurückgehen und das durchschnittliche
Fahrzeugalter steigt. In Aufschwungphasen wird diese Entwicklung dann teilweise
wieder aufgeholt. Langfristige Verträge, wie im Leasinggeschäft sowie der Gebraucht-
wagenmarkt sind konjunkturellen Schwankungen nicht so stark ausgesetzt. Über den
Jahresverlauf sind die Verkäufe unterschiedlich stark verteilt. Hinzu kommt ein
verstärkt saisonales Geschäft mit bestimmten Aufbautypen wie Cabrios oder
Sportwagen.
Die Organisation des Automobilvertriebs war in Europa über Jahrzehnte nahezu
unverändert.210 Dies ist bemerkenswert, da in dieser Zeit die Distributionssysteme und
Betriebstypen des Handels in anderen Branchen einen grundlegenden Wandel erfahren
haben. Zudem wird der Vertriebskostenanteil auf fast 30% der gesamten Wert-
schöpfung geschätzt, so dass der Bereich der Distribution einen wesentlichen 205 DAT 2001, S. 36. 206 DUDENHÖFFER et al. 2005, S. 4. 207 Gemäss der Zulassungsstatistik des KBA und DAT 2006, S. 7; der DAT-Report (DAT 2006) stellt eine Umfrage unter knapp 400.000 Autokäufern dar, die zwischen März und Juni 2005 ein Fahrzeug gekauft haben. Untersuchungszeitraum war Oktober 2005 bis Januar 2006. Die Untersuchungen werden jährlich und mit leichten Veränderungen seit mehr als 30 Jahren durchgeführt. 208 DAT 2006, S. 11; die Aufteilung des Umsatzes zwischen Neu- und Gebrauchtwagen variiert stark zwischen den Händlern, bei Vertragshändlern liegt der durchschnittliche Wert der Gebrauchtwagen mit 11.830 Euro aber wesentlich höher. 209 DAT 2006, S. 41. 210 HESS/MEINING 1996, S. 280; BRIKÉ/KREUTZER/EBERT 1999, S. 48.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
77
Ansatzpunkt für Optimierungen darstellt.211 Eine mögliche Begründung für diese, im
Vergleich zu anderen Branchen relativ hohe Stabilität im Distributionssystem, kann
darin gesehen werden, dass die Hersteller anderen Aktivitäten, wie der Optimierung
von Einkauf, Produktion und Entwicklung grössere Aufmerksamkeit geschenkt
haben.212 Ebenfalls zur Erklärung wird angeführt, dass die europäische Vertriebs-
landschaft, die durch kleine und mittlere Vertriebspartner dominiert ist, von den Auto-
mobilherstellern aus distributionspolitischen Überlegungen als vorteilhaft eingeschätzt
worden ist und sie deshalb gegenüber neuen Distributionspartnern und Betriebstypen
sehr restriktiv vorgegangen sind. Dieses Vorgehen begründet sich auch aus der
negativen Erfahrung der Hersteller mit einer schwächeren Machtsituation gegenüber
dem Handel, wie dies im Automobilvertrieb in den USA der Fall ist.213 Die
Automobilhersteller haben deshalb eine Professionalisierung, wie sie durch größere
Händlerzusammenschlüsse oder durch externe Investoren entstanden wäre, verhindert.
Mittlerweile befinden sich die Strukturen des Autohandels jedoch in einem
wesentlichen Anpassungs- und Professionalisierungsprozess. So ist die Zahl der
markengebundenen Händler seit dem Jahr 2000 von 18.000 auf derzeit rund 11.000
gesunken, während die Zahl der Betriebsstätten nur leicht gesunken ist und die
Gesamtzahl der Verkäufe stieg.214 Als „Treiber“ können die folgenden zentralen
Entwicklungen in der Automobilindustrie angesehen werden:
• Die aus Sicht der Hersteller als zu hoch eingeschätzten Vertriebskosten bei
gleichzeitig zu geringen Margen bei den Händlern,
• die zunehmende Bedeutung des Absatzkanals für die Profilierung der Marke,
• das Auftreten neuer Wettbewerber in allen Bereichen der Leistungserbringung
und das Entstehen neuer Absatzkanäle,
• die Veränderungen im Produktmanagement, vor allem durch kürzere
Produktlebenszyklen und größere Variantenzahlen,
• die starke Konzentration auf Herstellerseite und das Auftreten von stärker
professionalisierten Händlergruppen und Systemanbietern im
Werkstattgeschäft,
211 DIEZ 2001, S. 308; MÜLLER/REUSS 1995, S. 11; HUNDT 1995, S. 375, diese Schätzung beinhaltet die zentralen Vertriebsaufwände der Hersteller- und Grosshandelsstufe sowie die Kosten beim Händler in Relation zum Nettoverkaufspreis (sogen. Nettolistenpreis). 212 GEISELER 2002, S. 28; BECKER 1998, S. 13. 213 DIEZ 2006, S. 34. 214 DIEZ 2006, S. 22, vgl. zur Abgrenzung der Begriffe Händler und Betriebsstätte C.1.3.1.
___________________________________________________________________________
78
• veränderte rechtliche Rahmenbedingungen, vor allem für die Gestaltung der
Händlerverträge in der Europäischen Union (Stichwort: GVO).215
1.2 Das Distributionssystem der Automobilhersteller
1.2.1 Distributionssubjekte
Zielsetzung eines Distributionssystems ist es, den optimalen Grad von Markt- und
Konsumreife in quantitativer und qualitativer Form sicherzustellen.216 Für die Auto-
mobilhersteller bedeutet dies, eine hohe Marktausschöpfung und Kundenbindung bei
möglichst niedrigen Vertriebskosten zu erreichen.217 In Deutschland nutzen die
Automobilhersteller hierzu unterschiedliche Distributionswege. Abbildung 13 zeigt
die verschiedenen Distributionssubjekte, die in den unterschiedlich konfigurierten
Distributionssystemen der Automobilhersteller genutzt werden.218
215 Zu den generellen Trends im Automobilvertrieb siehe: DIEZ 2001, S. 308; SCHÖGEL/SAUER 2001, S. 19; DUDENHÖFER 2000, S. 1081; HÜNERBERG/HEISE/HOFFMEISTER 1995, S.11ff. 216 TOMCZAK 1992, S. 53f. 217 DIEZ 2001, S. 388. 218 Vgl. zu Distributionssystemen im Automobilvertrieb in Deutschland DIEZ/MEFFERT/BRACHAT 1994, S. 105ff.; HESS/MEINING 1996, S. 307ff.; REUSS 1995, S. 45.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
79
HerstellerHersteller
LändergesellschaftLändergesellschaft
VertragshändlerVertragshändlerNiederlassungNiederlassung
ImporteurImporteur Vermittlungs-modelle
Vermittlungs-modelle
EndkundeEndkunde
Freier HändlerFreier Händler
MatchmakerBrokeru.a.
HerstellerHersteller
LändergesellschaftLändergesellschaft
VertragshändlerVertragshändlerNiederlassungNiederlassung
ImporteurImporteur
EndkundeEndkunde
Freier HändlerFreier Händler
Vertriebsweg Gebrauchtwagen
Vertriebsweg Neuwagen
AgentAgent
PrivatPrivat
MarktplätzeMarktplätze
Abbildung 13: Unterschiedliche Distributionswege bei Neu- und Gebrauchtwagen
Neben dem hauptsächlich genutzten Distributionsweg über Ländergesellschaften und
Absatzmittler legen viele Hersteller so genannte Vorbehaltskunden fest, bei denen ein
Direktverkauf erfolgt. Vorbehaltskunden sind beispielsweise die Betreiber grosser
Fuhrparks wie Autovermieter, Staatsgeschäfte (Regierungen, Streitkräfte, Diplomaten)
oder Geschäfte mit den eigenen Mitarbeitern. Teilweise wird auch die Verwertung von
Gebrauchtwagen aus diesen Geschäften direkt von den Herstellern vorgenommen oder
zumindest zentral organisiert. Zur Koordination in den Ländern, der Abwicklung der
operativen Geschäfte und zur Unterstützung der Händler setzen die meisten Hersteller
eine Grosshandelsstufe ein. Diese wird entweder als Landesgesellschaft selbst
betrieben oder, zumeist in Ländern mit geringeren Umsätzen, an einen Importeur
vergeben.219 Eine Reihe von Automobilherstellern tritt im deutschen Markt auch selbst
als Händler im Endkundengeschäft in Erscheinung. Die als Niederlassungen
bezeichneten Handelsbetriebe werden vor allem von den Herstellern BMW und
DaimlerChrysler sowie Citroen und Peugeot aktiv genutzt.220 Agenten stellen eine
Sonderform des Automobilvertriebs gemäss Paragraf 84 des deutschen Handels-
219 DIEZ 2001, S. 312; DUDENHÖFFER 2000, S. 1081. 220 Umfrage des ZDK vom März 2006, vgl. JOHN 2006.
___________________________________________________________________________
80
gesetzbuches dar.221 Vor allem kleine Unternehmen treten hierbei als reine Vermittler
von Neufahrzeugen im Auftrag grösserer Händler oder Niederlassungen auf. Dominant
ist jedoch traditionell der indirekte Vertrieb über die rechtlich selbständigen
Vertragshändler. Der Vertragshändler ist ein durch vertragliche Regelungen an einen
oder mehrere Hersteller gebundener Absatzmittler, während sich Niederlassungen im
Besitz eines Herstellers befinden.222 Durch den Einsatz der Vertragshändler können
die Automobilhersteller einen Teil der Aufgaben im komplexen Vertriebssystem
delegieren und vermeiden hohe Investitionen in ein flächendeckendes Vertriebsnetz.223
Neben den Begriffen Niederlassung, Vertragshändler, Agenten und freie Händler, die
Auskunft über das rechtliche Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem
vermittelnden Unternehmen geben, wird in der Praxis häufig der Begriff Autohaus
verwendet. Der Begriff Autohaus wird in dieser Arbeit zur Bezeichnung der einzelnen
Standorte, an denen der Kontakt mit dem Kunden stattfindet, verwendet, während die
rechtliche und organisatorische Einheit als Händler oder Absatzmittler bezeichnet
wird.224 So betreiben in Deutschland eine zunehmende Anzahl von Händlern mehrere
Autohäuser mit unterschiedlichen Marken an verschiedenen Standorten. Ein Autohaus
bietet in Deutschland fast immer den gesamten Leistungsbereich von Neu- und
Gebrauchtfahrzeuggeschäft, Werkstatt und ergänzendem Service.225 Findet eine
Aufsplittung dieser Kernfunktionen des Autohauses statt oder handelt es sich um einen
Standort, der nur Teile der Autohaus-Kernfunktionen anbietet, so werden diese
Standorte als Betriebsstätten bezeichnet.
Die im vorherigen Abschnitt genannten Veränderungen zeigen sich im
Distributionssystem in der zunehmenden Verbreitung des Mehrmarkenvertriebs durch
Händlerzusammenschlüsse und das Entstehen von Autohandelsgruppen. Diese
Entwicklungen werden als die wichtigsten Einflussgrößen auf den Automobilvertrieb
in den nächsten Jahren angesehen.226 Als Mehrmarkenhändler werden Absatzmittler
verstanden, die sich nicht mehr exklusiv an eine Herstellermarke binden, sondern
mehrere Herstellermarken gemeinsam anbieten.227 Für den Händler bedeutet das
Angebot mehrerer Marken die Möglichkeit, dem Kunden eine grössere Auswahl zu
bieten und die Abhängigkeit von der jeweiligen Attraktivität einer Marke zu
221 Agenten agieren im Sinne eines Handelsvertreters gemäss des deutschen Handelsgesetzbuches §§ 84-92c. 222 MEINIG 1995, S. 447ff.; zum Vertragshändler METHNER 2002, S. 20. 223 GEISELER 2002, S. 30; KRÖGER 1995, S. 42; HESS/MEINING 1999, S. 293. 224 Diese Definition orientiert sich an den in der Praxis üblichen Definitionen; vgl. DAT 2006; HAMPRECHT 2006; DUDENHÖFER et al. 2005. 225 Siehe Abschnitt C.1.3.1 zur Erläuterung des Leistungsbündels im Automobilvertrieb. 226 DUDENHÖFER et al. 2005, S. 7ff; DAHLHOFF 2001, S 568; KRÖGER 2001, S. 6-11. 227 DUDENHÖFFER et al. 2005, S.6.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
81
reduzieren. Gleichzeitig muss der Händler jedoch mehrere Herstellerstandards parallel
erfüllen. Händlerzusammenschlüsse sind zumeist Kooperationen, vormals rechtlich
selbständige Autohäuser, in denen die Kernfunktionen der Autohäuser neu strukturiert
werden. Hierbei können Synergien genutzt werden, wenn beispielsweise
unterstützende Bereiche wie Rechnungswesen oder Personal zusammengelegt werden
oder ein gemeinsamer Fuhrpark an Vorführwagen unterhalten wird. Besonders
investitionsintensive Bereiche, wie Karosseriebau oder Lackierwerkstatt, können
zusammengelegt oder geschlossen und nach aussen vergeben werden. Bedeutsamer
jedoch ist das Unbundling der Autohausfunktionen, des Neu- und Gebraucht-
fahrzeugvertriebs, der Werkstatt und der ergänzenden Servicefunktionen. Hier werden
die Funktionen neu organisiert und einzelne Betriebsstellen entsprechend den
Erwartungen der Kunden und eigenen Effizienzüberlegungen neu angeordnet.228 In
dem auch als Betriebsverbund bezeichneten neuen Leistungskonfigurationen erfolgt
eine Spezialisierung der betrieblichen Leistungserbringung an den verschiedenen
Betriebsstätten.229 So wird beispielsweise der Neufahrzeugvertrieb vom Gebraucht-
fahrzeugangebot getrennt, da der Kunde hier nur in einem begrenzten räumlichen
Umfeld Verkaufsstellen aufgesucht und somit möglichst eine räumliche Nähe zum
Standort des Kunden sichergestellt werden muss. Im Gebrauchtwagenvertrieb, bei dem
seitens der Kunden längere Anfahrtswege zugunsten einer grösseren Auswahl in Kauf
genommen werden, erfolgt statt dessen eine Bündelung der Aktivitäten an zentralen
Standorten. Diese Netzwerke können aus der Kooperation unabhängiger Betriebe oder
innerhalb von Autohandelsgruppen gebildet werden.230
Als Autohandelsgruppen werden Händler mit mehreren eigenständigen Autohäusern
bezeichnet.231 Sie sind aus dem Wachstum einzelner Händler oder über Händler-
zusammenschlüsse entstanden. Beispiele für Autohandelsgruppen sind die Emil-Frey-
Gruppe, die Deutsche Automobilhandels Holding oder die AVAG Holding. Besonders
grosse Organisationen führen dabei zumeist mehrere Marken und übernehmen in
kleineren Märkten auch Grosshandelsfunktionen.232 Diese entstehenden Handels-
organisationen, auch als Autohaus-Ketten oder Systemhändler bezeichnet, spielen eine
zunehmende Bedeutung in den Distributionssystemen der Hersteller. Der Grad der
Professionalisierung, beispielsweise in Form von definierten Prozessen, dem
Controlling oder dem Zugang zum Kapitelmarkt, ist wesentlich höher als bei den
228 RHYS/NIEWENHUIS/WELLS 1995, S. 168f. 229 SEEBA 1995, S. 537; DIEZ/MEFFERT/BRACHAT 1994, S 282ff. 230 DIEZ 1999a, S. 24. 231 HAMPRECHT 2006, S. 4. 232 HAMPRECHT 2006, S. 4.
___________________________________________________________________________
82
zumeist mittelständischen Vertragshändlern.233 Da die Autohandelsgruppen meistens
eine grosse Zahl verschiedener Marken vertreten, ist die Abhängigkeit von einzelnen
Herstellern nicht so gross. Es zeichnet sich ein verstärkt selbständiger Handel gegen-
über den zentralen Funktionen der Hersteller und ihrer Grosshandelsstufe ab. Zudem
bauen einzelne Autohandelsgruppen ihr Handelsgeschäft als parallele Marke zu den
Herstellermarken auf.234 Während in Deutschland die meisten Händler nur einige
hundert Fahrzeuge pro Jahr verkaufen, setzen die grossen Gruppen jeweils mehrere
tausend Fahrzeuge ab. So wird geschätzt, dass der durchschnittliche Vertragshändler in
Deutschland ungefähr 250 Neufahrzeuge verkauft, während beispielsweise von der
Emil-Frey-Gruppe, der grössten Autohandelsgruppe europaweit, über 40.000
Neuwagen abgesetzt werden.235 Aufgrund der erheblich höheren Stückzahlen haben
Autohandelsgruppen wesentlich geringere Verkaufskosten als mittelständische
Händler.236
1.2.2 Hersteller und Grosshandelsstufe
Innerhalb der Wertschöpfungskette der Automobilwirtschaft übernehmen die
Automobilhersteller eine klare Führerschaft. In Bezug auf Unternehmensgröße,
finanzieller Leistungsfähigkeit, Markenstärke und im Grad der Wahrnehmung durch
den Kunden sind sie den anderen Beteiligten in der Wertschöpfungskette deutlich
überlegen. Dies zeigt sich auch in der Gewinnverteilung, abzulesen in den häufig
geringeren Margen der vor- und nachgelagerten Stufen. Unter den Automobil-
herstellern fanden immer wieder große Konzentrationsprozesse statt. Von 36
selbständigen Automobilherstellern im Jahr 1970 gibt es heute weltweit nur noch 16
selbständige Konzerne.237 Es kann damit von einer Oligopolstruktur unter den
Herstellerkonzernen gesprochen werden.238 Der Konzentrationsprozess bezog sich
dabei auf die wirtschaftliche Selbständigkeit der Unternehmen. Eine Reduktion der
Marken und Produkte hat nicht im gleichen Verhältnis stattgefunden. Die verbliebenen
Unternehmen sind heute alle international, zumeist global, tätig und bieten, von
233 METHNER 2002, S. 31; DIEZ 2001, S. 16ff. 234 DUDENHÖFFER et al. 2005, S. 5f. 235 Die Verkaufszahlen variieren nach Zählweise der Handelsbetriebe. So schätzen DIEZ 236 Fahrzeuge (DIEZ 2006) und DUDENHÖFFER 271 Fahrzeuge (DUDENHÖFFER et al. 2005, S. 4) pro Handelsbetrieb. 236 In einer Musterkostenrechnung des Instituts für Automobilwirtschaft an der FH Geislingen wurde für eine Autohandelsgruppe mit einem Absatz von 5000 Fahrzeuge gegenüber einem Händler mit 500 Fahrzeugen ein Kostenvorteil von über 5 % angenommen, vgl. DIEZ 2006, S. 10f. 237 DIEZ 2001, S. 33; es gibt jedoch mittlerweile eine Reihe neuer selbständiger Unternehmen, die aus den früheren Staatsbetrieben in den Ländern der ehemaligen Wahrschauer-Pakt-Staaten hervorgegangen sind. Dies betrifft vor allem China. 238 BERG 1984, S. 174.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
83
wenigen Ausnahmen abgesehen, mehrere Marken an.239 Die meisten Automobil-
hersteller verfolgen eine Wachstumsstrategie durch eine stärkere Marktdurchdringung.
Zu diesem Zweck wird das Sortiment konsequent nach oben und unten ausgeweitet.
Diese Strategie wird auch als Produktproliferation bezeichnet.240 Gleichzeitig werden
zunehmend Produkte auch für kleinere Segmente entwickelt. Neben dem erwarteten
Umsatzwachstum bringt dieses Vorgehen den Herstellern weitere Vorteile. Die
Ausweitung des Sortiments stärkt die Kundenbindung und erschliesst neue Ziel-
gruppen.241
Der Konzentrationsprozess unter den selbständigen Automobilherstellern und die
Produktproliferation sind die Hauptgründe für das sehr tiefe Absatzprogramm der
Hersteller. Über gemeinsame Entwicklungen, Gleichteile und Kooperationen mit
anderen Herstellern sollen die Kosten für die grosse Anzahl von Typen reduziert und
positive Kosteneffekte zwischen den Baureihen genutzt werden. Es wird versucht,
durch einzelne kaufentscheidende Merkmale beim Produkt und eine Differenzierung
der Marke, die sehr ähnlichen Produkte in unterschiedlichen Marktsegmenten zu
verkaufen. Auch unter den direkten Wettbewerbern bestehen nur noch sehr geringe
Unterschiede bezüglich der Fahrzeugeigenschaften und -kosten, so dass versucht wird
diese Differenzierung im Absatzkanal vorzunehmen.242 Dabei werden die
verschiedenen Marken eines Herstellers zurzeit noch häufig über separate Vertriebs-
netze angeboten. Wachsende Bedeutung im Herstellergeschäft haben die so genannten
Value-Added-Services. Eine besondere Rolle spielen hierbei die Finanzdienst-
leistungen, die zunehmend von eigenen Banken oder Partnerfirmen der Automobil-
hersteller angeboten werden und einen sehr grossen Durchdringungsgrad erzielen.243
1.2.3 Absatzmittler
Der Vertrieb von Neufahrzeugen findet hauptsächlich über den Betriebstyp des
Vertragshändlers statt. Andere Betriebstypen wie Discounter oder Internetgeschäfte
spielen nur eine untergeordnete Rolle.244 Die Rolle des Vertragshändlers ist durch die
Einflussnahme und die Machtposition der Hersteller sowie durch die besondere
Rechtslage im Automobilvertrieb der Gruppenfreistellungsverordnung geprägt.
239 HÜNERBERG/HEISE/HOFFMEISTER 1995, S.19-21. 240 MEFFERT 1998, S. 425. 241 In einem erweiterten Sortiment bedeutet beispielsweise ein Variety Seeking (Vgl. KUSS/TOMCZAK, S. 137) des Kunden nicht unbedingt einen Markenwechsel. 242 DUDENHÖFFER 2001, S. 11ff.; HOFFMEISTER 1995, S 419. 243 Expertengespräche EMBACHER; MENSING. 244 DUDENHÖFFER et al. 2005, S. 8.
___________________________________________________________________________
84
Wichtigste Funktionen der Automobilhandelsbetriebe im Neufahrzeugvertrieb sind:
• Akquisitionsfunktion (Neukundengewinnung, Bedarf wecken),
• Kommunikationsfunktion (Beratung, Probefahrten, Rückfragen),
• Abschlussfunktion (Preisdarstellung, Verkaufsgespräch, Auftrag),
• Servicefunktion (Übergabe, Beschwerden, Einladung),
• Informationsfunktion (Kundendatei, Wettbewerbsbeobachtung)
• und Koordinationsfunktion (Auslieferung, Finanzierung, Versicherung,
Anmeldung).245
Das Autohaus ist also sowohl ein Handels- als auch ein Dienstleistungsbetrieb.246 Dies
beruht auf den Produkteigenschaften des Kraftfahrzeugs, bei dem regelmässige
Wartungs- und Reparaturarbeiten zum normalen Betriebsumfang gehören.
Der Autohändler stellt bei diesen Funktionen zugleich einen wichtigen Partner bei der
Entscheidungsfindung des Kunden dar. Dies zeigt die besondere Bedeutung, die das
Kriterium Vertrauen als Anforderung an Händler spielt. Tabelle 12 zeigt die
wichtigsten Einzelfunktionen aus Sicht des Kunden.247
Anforderungen Wichtigkeit
Vertrauen 3,8
Bestes Preis-Leistungs-Verhältnis 3,8
Angebot von Probefahrten 3,7
Inzahlungnahme Vorwagen 3,6
Erreichbarkeit 3,5
Finanzierungsmöglichkeiten 3,4
Rückgabemöglichkeiten 3,2
Übersichtliche Präsentation 3,2
Auswahl 3,0
Öffnungszeiten bis 20:00 Uhr 3,0
1 = wichtig, 4 = sehr wichtig
Tabelle 12: Kundenanforderungen an Autohändler (o.V. 1999)
245 DIEZ 2001, S. 442; HAAS 1993, S. 1137f. 246 Vgl. zur Differenzierung von Handels- und Dienstleistungsbetrieben: MÜLLER-HAGEDORN 1998, S. 20ff. 247 Vgl. zur Beurteilung der Handelsleistung auch DAT 2006, S. 24.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
85
Die Leistungen des Automobilvertriebs im Neuwagengeschäft werden dem Händler
vor allem mit einem Rabatt auf den Verkaufspreis vergütet. Die verbleibende Marge
pro Fahrzeug errechnet sich aus der Differenz zwischen dem erzielten Verkaufspreis
und dem Einstandspreis des Händlers. Sie lag 1998 bei 9,5%.248 Trotz dieses hohen
prozentualen Anteils trägt das Neufahrzeuggeschäft aufgrund der geringen Stück-
zahlen pro Händler nur einen begrenzten Anteil des Deckungsbeitrags des Händlers.
Es wird geschätzt, dass mit dem Werkstattgeschäft 60% des Deckungsbeitrags
erwirtschaftet wird, obwohl es nur 20% des Umsatzes ausmacht.249 Die meisten
Vertragshändler leiden unter einer Ertragsschwäche, die sich in der niedrigen erzielten
Umsatzrendite ausdrückt.250 Viele Händler erreichen nur eine Umsatzrentabilität von
weniger als einem Prozent. Dies ist auch für die Automobilhersteller problematisch, da
damit der langfristige Bestand der Händler nicht gesichert ist, vor allem aber die hohen
Investitionen in eine markengerechte Präsentation der Fahrzeuge nicht erreicht werden
kann.
1.2.4 Verhaltensbeziehungen im Distributionssystem
Hersteller und Händler stehen im Wettbewerb um die Verteilung der Vertriebsmarge
der Fahrzeugverkäufe. Hierbei hat der Hersteller eine starke Machtposition gegenüber
dem Händler, da die Herstellerleistung für den Händler fast nicht substituierbar ist.251
Die Leistungen der Vertragshändler sind über umfangreiche Verträge durch den
Hersteller fest definiert. Der Vertragshändler hat meist sehr hohe Investitionen in eine
markenspezifische Ladengestaltung entsprechend der Corporate Identity der
Herstellermarke und in eine auf dessen Produkte ausgerichtete Werkstattausstattung
getätigt. Das originäre akquisitorische Potenzial des Händlers ist im Vergleich zur
Markenloyalität gering, zudem führt ein Markenwechsel im Regelfall auch zum
Händlerwechsel, da die Zahl der Marken pro Händler trotz wachsender Bedeutung des
Mehrmarkenvertriebs meist gering ist.252
Aus dem Spektrum möglicher Organisationsformen von Distributionssystemen können
Vertriebssysteme als schwerpunktmässig vertraglich, herstellergebunden oder
herstellereigen eingeordnet werden.253 Bei den im deutschen Markt hauptsächlich ein-
248 DUDENHÖFFER 2000, S. 1083. 249 DIEZ 2001, S. 194. 250 Die Umsatzrentabilität setzt das Jahresergebnis vor Steuern ins Verhältnis zum Umsatz und ist der Indikator für die Ertragskraft des Unternehmens; vgl. DIEZ 2006, S. 6f. 251 HAACK 2002, S. 4f. 252 Vgl. DUDENHÖFFER et al. 2005, S. 4ff. 253 Zum Spektrum der Organisationsformen siehe OLBRICH 1995, S. 2621f.
___________________________________________________________________________
86
gesetzten vertraglichen Vertriebssystemen regeln ausführliche Vertragswerke die
Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Händler. Das Händler- oder Vertriebs-
vertrag genannte Vertragswerk regelt die Rechte und Pflichten des Händlers.254
Händler ohne Vertrag werden vom Hersteller nicht mit Neufahrzeugen beliefert. Mit
dieser starken Reglementierung und der Einschränkung des freien Verkaufs stellt der
Automobilvertrieb einen Sonderfall innerhalb des Rechtssystems der Europäischen
Union dar.255
Beispiele möglicher Inhalte eines Vertriebsvertrags
Rechte Pflichten
Exklusiver Vertrieb im Vertragsgebiet (bei Wahl des exklusiven Vertriebsmodells)
Weiterverkaufsverbot an Händler
Führung von Markenzeichen des Herstellers
Vorgaben des Herstellers bezüglich der Gestaltung des Ladens- und der Unternehmensprozesse
Gewährung von Rabatten und Boni auf den Werkseinkaufspreis
Bevorratung von Vorführ- und Lagerfahrzeugen
Abnahme und Nutzung bestimmter Leistungen (z.B. Ersatzteile, Werkstatt- und Serviceeinrichtungen, Verkaufsmaterial)
Händler
Qualifikation der Mitarbeiter
Setzen von Jahreszielvorgaben (zumeist über Rabatt- und Bonisysteme).
Unterstützung bei den Marketing- und Vertriebsaktivitäten (Vorlagen für regionale Werbung des Händlers, Herstellerwerbung, Zuschüsse für Werbemassnahmen, Beratungsleistungen)
Setzen von Qualitätsvorgaben (u.a. Schauraumgrösse und –gestaltung, Anzahl der Fahrzeuge)
Informationsübertragung für Vertriebs- und Technikthemen (Schulung von Mitarbeitern, Handbücher, Hotlines)
Zugriff auf Kundendaten Bereitstellung von Softwaresystemen
Ausschöpfung des Kundenpotentials, z.B. durch Handelsmarketing
Abstimmung bestimmter vertriebspolitischer Entscheidungen mit dem Händlerverband
Hersteller/ Importeur
Lagerhaltung und Bevorratung durch den Händler
Belieferung des Händlers mit Fahrzeugen
Tabelle 13: Inhalte von Händlerverträgen
254 Vgl. ZIELKE/PREISSNER/WIERICH 2002, S. 131; MEINIG 1995, S. 447f. u. 450ff.; DIEZ/MEFFERT/BRACHAT 1994, S. 115ff.; REUSS 1995, S. 45. 255 Die Europäische Union beruht auf der vormaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Die Bezeichnung Europäische Union für die Teilnehmerländer der Europäischen Gemeinschaft sowie deren Erweiterung, wird seit dem EG-Vertrag von Maastricht 1993 verwendet. Die Europäische Kommission stellt eine Art der Exekutive der Europäischen Union dar und ist für die Anwendung der EG-Verträge und der Umsetzung der getroffenen Beschlüsse verantwortlich. Vgl. SCHMIDT 1997, S. 3f.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
87
Das Recht der EU untersagt alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die eine
Verhinderung, Verfälschung oder Einschränkung des Wettbewerbs innnerhalb eines
gemeinsamen Marktes bewirken. Dabei wird der Begriff der Vereinbarung von der
Europäischen Kommission sehr umfassend ausgelegt. Als Vereinbarungen gelten auch
Massnahmen, die eher den Charakter einseitiger Verpflichtungen haben, wie beispiels-
weise allgemeine Geschäftsbedingungen oder Musterverträge. Beispielsweise ist durch
diese Gesetze der vertragliche Ausschluss von Lieferanten für den Vertragshändler
verboten.256 Die Möglichkeit den Weiterverkauf an professionelle Händler durch die
Vertragshändler zu beschränken, stellt für die Hersteller ein wichtiges Mittel dar, um
die Absatzkanäle zu kontrollieren.257 Es ist jedoch möglich, Ausnahmen des Ver-
einbarungsverbotes zuzulassen, wenn aus solchen Vereinbarungen wichtige Vorteile
für den Verbraucher erwachsen.258 Eine solche Ausnahme wurde durch die
Europäische Kommission für den Vertrieb und Service von Neufahrzeugen
zugelassen. Diese Ausnahmeregelung wird als Gruppenfreistellungsverordnung
(GVO) bezeichnet.259
Damit gesteht die Europäische Kommission den Herstellern von Kraftfahrzeugen
aufgrund der Komplexität und Wartungsbedürftigkeit von Kraftfahrzeugen das Recht
zu, den Absatz über vertragliche Regeln zu steuern. Insbesondere beinhaltet die
Verordnung das Recht auf selektiven und exklusiven Vertrieb.260 Besonders durch die
stark unterschiedlichen Verkaufspreise von Neufahrzeugen in verschiedenen Ländern
der Europäischen Union, gezeigt in Abbildung 15, ging die Europäische Kommission
davon aus, dass der Wettbewerb durch die GVO nicht hinreichend sichergestellt ist.261
Die Europäische Kommission versuchte in den Folgejahren mit Änderungen an der
Verordnung einen stärkeren Wettbewerb sicherzustellen. Hierzu gehört das Verbot der
Werbebeschränkung des Händlers auf sein Vertriebsgebiet (GVO 1475/95 29.06.1995)
sowie die Neuregelung der Niederlassungsfreiheit (GVO 1400/2002 vom 31.07.2002).
Mit der Neuregelung der Niederlassungsfreiheit wurde die Kombination von
selektivem und exklusivem Vertrieb verboten. Die Hersteller müssen sich also
zwischen einem selektiven oder einem exklusiven Vertriebsmodell entscheiden. Mit
256 GEISELER 2002, S. 57. 257 SCHMIDT 1997, S. 26; KRÖGER 1995, S. 13. 258 Dies ist u.a. festgehalten im Artikel 81 Abs. 1 des EG-Vertrages, zu den Ausnahmen siehe Abs. 3 des genannten Vertrages. Siehe hierzu auch: GEISELER 2002, S. 59; SCHMIDT 1997, S. 195. 259 Einführung der Gruppenfreistellungsverordnung für den Vertrieb und Kundendienst von Kraftfahrzeugen mit der Verordnung: EWG Nr. 123/85 der Europäischen Kommission vom 12.12.1984 (auch als GVO 123/85 bezeichnet). 260 Siehe zur Entscheidung zwischen selektivem und exklusiven Vertrieb TOMCZAK 1992, S. 63. 261 WOLTERMANN et al. 2004, S. 4; BANGEMANN 1995, S. 38.
___________________________________________________________________________
88
Wirkung vom 01.10.2005 trat zudem eine Regelung in Kraft, mit der vertraglich
gebundene Händler grenzüberschreitend Verkaufs- und Auslieferungsstellen in
fremden Verkaufsgebieten eröffnen können. Die GVO hat damit wesentlichen Einfluss
auf den möglichen Wettbewerb zwischen den Vertragshändlern einer Marke. Sie gibt
die Richtlinien für die Gestaltung der Händlerverträge vor und beeinflusst damit das
Zusammenspiel zwischen Hersteller und Händler. Durch die GVO 1400/2002 wurde
dementsprechend bei den meisten Automobilherstellern der Abschluss neuer
Händlerverträge mit allen Händlern notwendig. Dies wurde in den Jahren 2002 bis
2004 zu einem grundlegenden Umbau der Händlerstruktur genutzt, der den heutigen
Status-quo der Händlernetze vorgibt. Es verringerte sich beispielsweise im Jahr 2003
die Zahl der autorisierten Werkstätten um 1.100 durch Kündigung und ausbleibenden
Neuabschluss von Händlerverträgen, wobei diese überwiegend als markenfreie
Werkstätten weiter existieren.262 Die Entwicklung durch die neue Nieder-
lassungsfreiheit hinsichtlich einer höheren Wettbewerbsintensität wird vor allem durch
das Verhalten der Hersteller beeinflusst, die über unterschiedliche Werksabgabepreise
in den Ländern die Attraktivität für ausländische Händler steuern können.263
1.3 Marktleistungen im Automobilvertrieb
1.3.1 Das Leistungsbündel des Automobilvertriebs
Unter dem Begriff Automobilvertrieb sollen Marketing, Verkauf sowie das
Aftersalesgeschäft des Leistungsbündels Automobil verstanden werden. Dieses
Leistungsbündel umfasst die vier Teilbereiche Neufahrzeug- und Gebraucht-
fahrzeughandel, Werkstattgeschäft und ergänzende Angebote.264 Die ergänzenden
Angebote des Automobilvertriebs sind vor allem die dem Automobilverkauf
anhängigen Finanzierungs- und Versicherungsleistungen sowie der Verkauf fahrzeug-
naher Produkte, wie Händlerzubehör oder Accessoires.265 Da dieses Leistungsangebot
262 DAT 2005, S. 26. 263 WOLTERMANN et al. 2004, S. 34. 264 DIEZ 2001, S. 25; DIEZ/MEFFERT/BRACHAT 1994, S. 157; die gleichen Leistungsumfänge, jedoch in einer anderen Gliederung finden sich bei AHLERT/KOLLENBACH/KORTE, S. 135 oder in früheren Definitionen von DIEZ, z.B. DIEZ 1999, S. 100. 265 Im Automobilvertrieb werden die Ausstattungen des Fahrzeugs danach unterschieden, ob sie seitens des Herstellers ausgerüstet werden (Sonderausstattungen) oder ob sie unabhängig von der Produktion des Fahrzeugs vom Händler verkauft und nachgerüstet werden können (Händlerzubehör oder auch „dealer-fitted-option“). Bei einer Aufteilung der Umsätze zwischen diesen Leistungen wäre damit ein zusätzlich gewähltes
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
89
gemeinsam über das Distributionssystem abgewickelt wird und zudem eine Reihe
wichtiger Verbindungen zwischen den Teilgeschäften bestehen, sollen sie im Rahmen
dieser Arbeit gemeinsam betrachtetet werden, wobei für die Untersuchung des
Konsumentenverhaltens der Fahrzeugverkauf die Grundlage bildet. Die wichtigsten
positiven Effekte aus der Verbindung von Neu- und Gebrauchtfahrzeugverkauf,
Werkstattleistungen und ergänzenden Angeboten für den Kfz-Handel werden im
Folgenden vorgestellt.266
Das Neufahrzeuggeschäft wird als Schlüsselleistung im Automobilvertrieb betrachtet,
da es den Auslöser für eine Reihe von Folgegeschäften darstellt. So wird ein Grossteil
der ergänzenden Angebote im direkten Zusammenhang mit dem Neufahrzeuggeschäft
verkauft und im Regelfall werden Neufahrzeugkunden auch Werkstattkunden bei
ihrem Händler. Für viele Kunden im Neufahrzeuggeschäft ist zudem die Möglichkeit
der Fahrzeugrückgabe an den Händler von grosser Bedeutung. Ein gut
funktionierender Gebrauchtfahrzeugbereich im Autohaus gibt dem Händler für die
Fahrzeugrücknahme im Neufahrzeugverkauf ausreichendes Wissen über Ver-
marktungschancen und die Preissetzung und versetzt ihn so in die Lage, dem Kunden
ein attraktives Rücknahmeangebot zu erstellen. Die Erträge aus dem Gebraucht-
fahrzeuggeschäft stellen bei vielen Händlern eine wichtige wirtschaftliche Säule dar.
Das Gebrauchtfahrzeuggeschäft des Händlers ist wiederum auf attraktive Gebraucht-
wagenangebote angewiesen, die der Händler zum großen Teil als Rückläufer des
Neufahrzeuggeschäfts erwirbt. Dabei übernimmt das Gebrauchtfahrzeuggeschäft, vor
allem im Bereich der Premium Hersteller, eine wichtige Funktion in der Akquisition
neuer Kunden. Zum einen hat der Gebrauchtwagen im höheren Preissegment die Rolle
eines Einsteigermodells, zum anderen hat das Gebrauchtfahrzeuggeschäft im
Vergleich zum Neufahrzeuggeschäft eine höhere Abwerbungsrate.267 Der Service folgt
dem Neu- und zum Teil auch dem Gebrauchtfahrzeuggeschäft. Für beide übernimmt er
eine wichtige Rolle bei der Kundenbindung. Wichtige Aspekte der Kundenbindung
können auch den ergänzenden Services, vor allem den Finanzdienstleistungen
zugerechnet werden.268
Automatikgetriebe eine Sonderausstattung, Alufelgen würden als Händlerzubehör und Reifen würden als Werkstattgeschäft eingeordnet. 266 Vgl. DIEZ 2001, S. 362 zu den positiven Effekten aus dem Leistungsverbund. 267 Gemäss der Befragung für den DAT-Report 2006 kauften 2005 59% der Neuwagenkäufer in Deutschland ein Modell derselben Marke wie ihr Vorwagen. Beim Gebrauchtwagenkauf waren dies nur 45%; vgl. DAT 2006, S. 21. 268 DIEZ 2001, S. 194.
___________________________________________________________________________
90
Abgrenzung zwischen Neu- und Gebrauchtfahrzeuggeschäft
In der Praxis des Automobilhandels erfolgt der Verkauf von Neu- und Gebraucht-
fahrzeugen organisatorisch zumeist deutlich getrennt.269 Dies kann unter anderem
damit begründet werden, dass in den beiden Geschäften signifikant unterschiedliche
Prozesse benötigt werden und es nur wenig Überschneidungen zwischen den
Zielgruppen für Neu- und Gebrauchtfahrzeugen gibt. Bei knapp 10 Mio. Besitz-
umschreibungen im Jahr 2004 in Deutschland wechselten jedoch immerhin knapp 1
Mio. Gebrauchtwagenkunden zum Neuwagen und nochmals knapp 1 Mio. Neuwagen-
kunden kauften einen Gebrauchtwagen.270 Zusätzlich verwischt die Grenze zwischen
Neu- und Gebrauchtwagen durch das verstärkte Auftreten und die gezielte Ver-
marktung von Fahrzeugbeständen wie reimportierten Neufahrzeugen und so genannten
jungen Gebrauchtfahrzeugen, die im Vertrieb häufig ähnlich wie Gebrauchtwagen
behandelt werden.271
Als junge Gebrauchte werden zumeist Fahrzeuge bezeichnet, deren erste Zulassung
noch nicht länger als ein Jahr zurück liegt. Zumeist sind dies Vorführ- und Geschäfts-
fahrzeuge, Leasing- und Mietwagenrückläufer. Grundsätzlich kann die Einordnung
eines Fahrzeugs als Neu- oder Gebrauchtwagen eindeutig über die behördliche
Zulassung definiert werden.272 Fahrzeuge, die mindestens über eine eingetragene
Zulassung verfügen, werden als Gebrauchtwagen bezeichnet. Bei Neufahrzeugen gibt
es teilweise zusätzliche Anforderungen bezüglich maximaler Standzeiten, dem
maximalen Fahrzeugalter oder einer möglichen baulichen Abweichung des
angebotenen Neufahrzeugs von den aktuell produzierten Modellen. Es handelt sich
hierbei um rechtliche Fragestellungen, vor allem aus dem Bereich des Konsumenten-
schutzes, die nicht weiter verfolgt werden sollen. Eine Übersicht der verschiedenen
Typen von Neu- und Gebrauchfahrzeugen findet sich in Abbildung 14.
269 Vgl. WAGNER 2005, S. 14. 270 DAT 2005, S. 8. 271 Bei reimportierten Fahrzeugen und bei jungen Gebrauchtfahrzeugen handelt es sich wie bei den normalen Gebrauchtfahrzeugen um Unikate, ebenfalls werden sie vor dem Kauf des Kunden als Bestandsfahrzeuge durch den Händler erworben. 272 Zur Definition von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen siehe MEINIG 1995, S. 166 u. 307.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
91
Händlerbestand:
• Vorführwagen• Rückkauf (Trade-In)• Zugekaufte Zentralbestände
Händlerbestand:
• Vorführwagen• Rückkauf (Trade-In)• Zugekaufte Zentralbestände
• Kundenspezifisch gebaute KFZ(Build-To-Order)
• Bestandsfahrzeuge ohne Zulassung(Bestände im Besitz des Händlers, Grosshändlers oder Herstellers)
• Kundenspezifisch gebaute KFZ(Build-To-Order)
• Bestandsfahrzeuge ohne Zulassung(Bestände im Besitz des Händlers, Grosshändlers oder Herstellers)
• „Graue“ Fahrzeuge(Bestandsfahrzeuge ohne Zulassung im freien Markt)
• „Graue“ Fahrzeuge(Bestandsfahrzeuge ohne Zulassung im freien Markt)
Zentralbestände:
• Jahreswagen• Mietwagenrückläufer• Leasingrückläufer• Fuhrpark und Testfahrzeuge
Zentralbestände:
• Jahreswagen• Mietwagenrückläufer• Leasingrückläufer• Fuhrpark und Testfahrzeuge
Neuwagen Gebrauchtwagen
für Online-Börsen relevante Bestände für Online-Börsen relevante Bestände
Abbildung 14: Beispiele für Fahrzeugbestände bei Neu- und Gebrauchtwagen
1.3.2 Das Neufahrzeuggeschäft
Wie bereits dargestellt sind die Prozesse des Neufahrzeuggeschäfts zumeist durch den
Hersteller oder Importeur weitestgehend vorgegeben.273 Für den Händler bietet sich
nur ein geringer geschäftlicher Spielraum. Im Mittelpunkt der im Folgenden
aufgelisteten Aufgaben des Handels steht der Verkauf. Die wichtigsten Bausteine des
Verkaufsprozesses sind:
• Bedarfsanalyse mit dem Kunden,
• Organisation der Probefahrt,
• Zusammenstellen des Fahrzeugs oder ggf. Recherche nach einem passenden
Bestandsfahrzeug,
• Gebrauchtwagenbewertung bei der Rücknahme eines Fahrzeugs,
• Preisverhandlung und Ermittlung von passenden Leasing- oder Finanzierungs-
angeboten,
• Bestellung und Anlieferung des Fahrzeugs,
• Fahrzeugübergabe und Einweisung.274
Die Bestellungen im Autohaus werden an die Ländervertretung oder den Importeur
weitergeleitet, dieser führt die Abstimmung mit dem Werk durch. Vertriebs-
273 Siehe Abschnitt C.2.4. 274 Teilnehmende Beobachtung im Autohaus.
___________________________________________________________________________
92
gesellschaft oder Importeur ermitteln in Abstimmung mit dem Hersteller auch
Vorgaben für die Verkaufspreise oder legen Leistungsumfänge der Produkte fest. Es
gibt, je nach Hersteller, unterschiedliche Formen der Vergütung, beispielsweise wenn
ein Agenten- oder Kommissionsgeschäft vorliegt.275 Neben der vereinbarten Marge
kann der Händler zusätzliche Vorteile nur über eine möglichst restriktive Vergabe von
Rabatten an den Endverbraucher oder über den Verkauf von Fahrzeugen mit
Sondervergütungen erzielen. Neufahrzeuge sind, neben den auf Kundenwunsch
gebauten Fahrzeugen, die Lagerbestände an fertigen Fahrzeugen, die sowohl beim
Hersteller als auch beim Händler und teilweise auch in der Grosshandelsstufe vorrätig
gehalten werden.
Diese Bestände werden hier gesondert erwähnt, da die Lagerbestände hohe Kosten
verursachen und damit den jeweiligen Besitzer des Fahrzeugbestands zu einer hohen
Umschlaggeschwindigkeit zwingen. Durch die hohe Kapitalbindung, das Problem des
Wertverlusts durch Modellpflegemassnahmen und neue Modelle während der
Standzeit, kann es für den Anbieter attraktiv sein, wie bei den Gebraucht-
fahrzeugbeständen bei der Preissetzung zwischen Rabatten und Standkosten
abzuwägen.276 Mögliche Anbieter solcher Bestandsfahrzeuge mit Rabatten sind der
Hersteller selbst, die Grosshandelsstufe oder Händler, die zu grosse Neufahrzeug-
bestände mit grossen Abschlägen verkaufen. Aufgrund der dabei angestrebten hohen
Umschlaggeschwindigkeit und des geringeren Beratungsbedarfs im Vergleich zu den
kundenindividuell bestellten und gefertigten Fahrzeugen, eignen sich solche
Bestandsfahrzeuge besonders für den Absatz auf Elektronischen Marktplätzen.
Während die kundenindividuell gefertigten Fahrzeuge von den Herstellern exklusiv
über das eigene Vertragshändlernetz verkauft werden, gewinnt der Verkauf von neuen
Bestandsfahrzeugen über nicht vertragsgebundene Händler zunehmend an Bedeutung.
Die Wettbewerbssituation gleicht der in der Einleitung beschriebenen Problemstellung
bei den Gebrauchtfahrzeugen. Neufahrzeuggeschäfte über nicht markengebundene
Händler entstehen immer dann, wenn Händler ausserhalb des Distributionssystems des
Herstellers Neufahrzeuge erwerben können und diese zudem günstiger sind als der
Bezugspreis der Markenhändler. Gründe für die Preisdifferenzen zwischen diesen so
genannten grau gehandelten Fahrzeugen und den offiziellen Händlerfahrzeugen
können neben dem zuvor genannten Abbau von Fahrzeugbeständen die vom Hersteller
gesteuerten Unterschiede in den nationalen Verkaufspreisen sein. Dies hat in der
Praxis auch zu der Bezeichnung des Re-Imports geführt. Abbildung 15 stellt die 275 DIEZ 2001, S. 322. 276 Zum Sortiments- und Standzeitenmanagement siehe Abschnitt C.1.3.2.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
93
Preissituation in der Europäischen Union dar. Es ist jedoch zu beachten, dass
unterschiedliche Steuern und Zölle in den Marktländern die Differenzen der
Werkseinkaufspreise verzerren.277
Index der Endverbraucherpreise für Neuwagen, inkl. SteuernErhebung: 2. Quartal 2005; Durchschnittspreis = 100
Abbildung 15: Neuwagenpreise in der Europäischen Union (Quelle: Internet www.eurocarprice.com, Zugriff: 10.08.2006)
Der unabhängige Handel mit Neufahrzeugen stellt ein Risiko für den Distributions-
kanal des Herstellers dar. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Grossteil der
unabhängig gehandelten Fahrzeuge dem Neufahrzeuggeschäft der Markenhändler
verloren geht. Grau gehandelte Bestandsfahrzeuge geben die Möglichkeit, dass sich
vom Hersteller nicht erwünschte Verkaufsstellen parallel zum Distributionssystem
etablieren. Da diese Verkaufsstellen nicht den Herstellerstandards der Vertragshändler
genügen müssen, haben sie zudem eine günstigere Kostenstruktur und bieten die
Fahrzeuge prinzipiell preiswerter an. Der Distributionskanal des Herstellers verliert
durch die Graumarktgeschäfte einen Teil seines Potentials zur Refinanzierung seiner
Aufgaben. Die konkurrierenden Anbieter von Graumarktfahrzeugen werden aus
verschiedenen Gruppen aus dem Automobilvertrieb gestellt. Mögliche Anbieter sind:
• Autorisierte Vertragshändler (teilweise auch anderer Marken), die das Angebot
ihrer Marke um günstige Graumarktangebote erweitern,
• Autorisierte Werkstätten, die keinen eigenen Vertrag mit dem Hersteller für den
Vertrieb von Neufahrzeugen (mehr) haben,
• Betriebe in Serviceketten,
277 DAHLHOFF 2001, S. 569f.
___________________________________________________________________________
94
• Internet-Geschäftsmodelle, wie Autobytel in den USA,
• Alternative Absatzkanäle, wie der Vertrieb von Neufahrzeugen über
Lebensmitteldiscounter.278
Diesen Anbietern bieten die Online-Börsen einen attraktiven Zugang zum Kunden.
1.3.2 Das Gebrauchtfahrzeuggeschäft
Handelsleistungen im Gebrauchtfahrzeuggeschäft
Im Gebrauchtwagengeschäft tritt anstelle der Beratung bei der Entscheidung über
Marke, Modell und Ausstattung die Information über den Fahrzeugzustand in den
Vordergrund. Preis, Verfügbarkeit und Zustand sind die dominierenden Argumente im
Gebrauchtfahrzeugverkauf.279 Der Verkauf von Gebrauchtwagen verläuft im Regelfall
schneller und der Personalaufwand pro verkauftem Fahrzeug ist geringer. Im
Gegensatz zum Neufahrzeuggeschäft kann der Händler bereits den Einkauf der
Fahrzeuge aktiv gestalten. Damit kann er im Gebrauchtwagengeschäft Einfluss auf das
Sortiment und die Einkaufspreise nehmen.
Der Wettbewerb des Vertragshändlers findet zwischen anderen Vertragshändlern und
freien Händlern, reinen Gebrauchtwagenhändlern und privaten Anbietern statt. Dabei
machte 2004 in Deutschland das Privatgeschäft einen Anteil von ca. 50%, der
Neuwagenhandel ca. 34% und der reine Gebrauchtwagenhandel 16% aus.280 Der
Marktanteil der markengebundenen Händler liegt herbei nur bei 33%, mit rückläufiger
Tendenz. Vor allem der zur Gewinnung von jungen Kunden wichtige Teilbereich der
über 6-jährigen Fahrzeuge wird nur zu 15% von Vertragshändlern abgedeckt.281 Dabei
kann als Trend eine leichte Steigerung bei den Marktanteilen der reinen
Gebrauchtwagenhändler beobachtet werden. Markengebundene Händler verkaufen vor
allem jüngere hochwertige Fahrzeuge und zumeist ihre eigene Marke.282 Im Vergleich
zu den privaten Anbietern fallen beim Vertragshändler pro Auto im Durchschnitt mehr
als 1000 Euro höhere Vertriebskosten an.283
278 Expertengespräch KLUXEN. 279 Expertengespräch MENSING. 280 DAT 2005, S. 10; Werte bezogen auf die Anzahl der Fahrzeuge. 281 DAT 2005, S. 8. 282 DAT 2005, S. 11. 283 Als Vertriebskosten sind hier die Kosten für Präsentation, Personal, Marketing, Garantie und Kulanz, jedoch nicht die Aufbereitungskosten des Fahrzeugs summiert; Vgl. DIEZ 2006, S. 11.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
95
Sortimentsmanagement
Der Besuch beim Händler stellt die wichtigste Informationsquelle für die Interessenten
von Gebrauchtwagen dar. Dabei werden in der Informationsphase durchschnittlich
fünf Händler aufgesucht.284 Da ein Grossteil des Gebrauchtwagengeschäfts über den
Besuch des Interessenten beim Händler initiiert wird, muss der Händler seinen
Standort durch ein attraktives Angebot bewerben. Attraktiv bedeutet für den Kunden
hierbei, dass die von ihm erwarteten Fahrzeuge vorrätig sind, diese zu marktgerechten
Preisen angeboten werden und dass die Angebote aktuell sind, also ein regelmässiger
Austausch der Fahrzeuge besteht.285 Für den Händler kann es sinnvoll sein, zusätzlich
zu den hereingenommenen Fahrzeugen Gebrauchtwagen zu beschaffen, die von ihm
gut abzusetzen sind. Zusätzlich ist vom Händler über den Absatzkanal zu entscheiden.
Er hat die Möglichkeit, Fahrzeuge für den Verkauf an den Endkunden bereitzustellen
oder diese ohne Zeitverzug an einen anderen Händler weiterzuverkaufen. Ein
typisches Beispiel hierfür sind hochwertige Fahrzeuge anderer Marken. Für diese, im
Kfz-Handel als Sortimentsmanagement bezeichnete Aufgabe, bedient sich der Händler
neben physischen Auktionen ebenfalls einer Reihe von Internetanwendungen, um
junge Gebrauchtwagen vom Hersteller, der Grosshandelsstufe oder grossen
Flottenbetreibern zu erwerben oder für ihn schwer verkäufliche Fahrzeuge an andere
Markenhändler, freie Gebrauchtwagenhändler oder Zwischenhändler zu verkaufen.286
Eine Ergänzung des Angebots findet teilweise auch über Zukäufe auf dem Privatmarkt
statt.
284 So nannten in der DAT-Erhebung die Interessenten den Händler 75%, Gespräche mit Bekannten 71%, Werbung 59% und das Internet 55% als Informationsquelle beim Autokauf. Zum Informationsverhalten beim Gebrauchtwagenkauf siehe: DAT 2005; DIEZ 2005, S. 6; WAGNER 2005, S. 16. 285 WAGNER 2005, S. 15f. 286 WAGNER/HÖSCHLER 2005, S. 42.
___________________________________________________________________________
96
1 795 000
3 200 000
115 000265 00025 000
2 174 000
803 000
498 000 62 000
53 000
61 000
40 000
65 000
52 000
Abgabe von Gebrauchten PKW und Kombi 9 524 000
Abgabe von Gebrauchten PKW und Kombi 9 524 000
GW-Handel 943 000GW-Handel 943 000
NW-Handel 3 087 000NW-Handel 3 087 000
privat 3 262 000privat 3 262 000
Schrott 2 393 000Schrott 2 393 000 Export 675 000Export 675 000
Kauf von gebrauchten PKW und Kombi 6 610 000
Kauf von gebrauchten PKW und Kombi 6 610 000
Import 154 000Import 154 000
privat 3 305 000privat 3 305 000
GW-Handel 1 058 000GW-Handel 1 058 000
NW-Handel 2 247 000NW-Handel 2 247 000
12 000 150 000
Stilllegung 437 000Stilllegung 437 000
308 000
Abbildung 16: Gebrauchtwagen-Marktmodell (Quelle: DAT 2005, S. 53)
Die aus dem Sortimentsmanagement entstehenden Geschäfte zwischen den Händlern
machen einen bedeutenden Anteil am Gebrauchtwagenmarkt aus. Die Abbildung 16
zeigt, neben der originären Verwendung der abgegebenen Fahrzeuge, den Fahrzeug-
austausch zwischen den verschiedenen Teilnehmern auf dem Gebrauchtfahrzeugmarkt.
Eine grosse Anzahl von Fahrzeugen kommt hierbei über den, in der Praxis als Trade-
In bezeichneten, Rückkauf von Fahrzeugen beim Fahrzeugverkauf. Die Anzahl der
wieder verkauften Fahrzeuge an den Endverbraucher ist aber wesentlich geringer.
Diese Transaktionen zwischen Händlern zeigen sich auch auf den Online-Börsen, bei
denen ein wesentlicher Anteil der initiierten Umsätze zwischen gewerblichen
Händlern abgewickelt wird.287
Standzeitenmanagement
Dem potentiellen Ertrag zwischen dem Einstands- und dem Verkaufspreis steht das
Risiko teurer Standzeiten gegenüber. Kosten der Standzeiten entstehen durch die
Kapitalbindung, dem fortlaufenden Wertverlust des Fahrzeugs, der Nutzung des
Standplatzes, möglichen Standschäden oder Versicherungen. Abbildung 17 zeigt am
Beispiel die Kosten während der Standdauer eines Fahrzeugs auf.288 Es muss dabei
beachtet werden, dass die Kosten, beispielsweise in Abhängigkeit vom Fahrzeugwert
287 Expertengespräche: EMBACHER; MENSING. 288 WAGNER/HÖSCHLER 2005, S. 76.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
97
oder den Rahmenbedingungen beim Händler, sehr stark variieren. Allgemein kann
jedoch davon ausgegangen werden, dass bei Vertragshändlern spätestens nach zwei bis
drei Monaten Standzeit eines Fahrzeugs die Marge durch die Standkosten aufgezehrt
ist.289
Wertverlustca. 200 €
Anteilige Werbekostenca. 15 €
Anteilige Gemeinkostenca. 20 €
Standplatzkostenca. 40 €
Pflegekostenca. 40 €
Kapital-verzinsungca. 85 €
Musterrechnung für GW-Standkosten
Ausgangsbasis:Kosten pro Monat Standzeit,Einstandspreis 10.000 €,Alle Werte sind stark abhängigvon der Kostenstruktur des Händlers.
Abbildung 17: Gebrauchtwagen-Standkosten (Quelle: WAGNER 2005, S. 16)
Entscheidende Kriterien für ein wirtschaftlich erfolgreiches Gebrauchtwagengeschäft
sind damit das für das Sortiments- und Standzeitenmanagement notwendige Markt-
wissen, eine möglichst niedrige Kostenstruktur und die Etablierung der notwendigen
Prozesse und Systeme, um ein Sortiments- und Standzeitenmanagement aktiv
betreiben zu können.
289 WAGNER 2005, S. 16.
___________________________________________________________________________
98
2. Konsumentenverhalten beim Autokauf Um die Frage nach der Bedeutung und der Wirkung von Online-Börsen beim
Autokauf zu beantworten, müssen zuerst die Funktionen identifiziert werden, die auf
den Online-Börsen tatsächlich durch den Kunden genutzt werden. Anhand der
Bedürfnisse des Interessenten, die mit den Funktionen erfüllt werden sollen, kann ein
möglicher Einfluss auf die Kaufentscheidung abgeschätzt werden. Für das weitere
Vorgehen ist damit ein detailliertes Verständnis der Abläufe im Automobil-Kauf-
prozess notwendig.
Auch wenn aufgrund der Komplexität der Aufgabenstellung bei der Alternativen-
bewertung und der Vielschichtigkeit des menschlichen Verhaltens ein vollständiges
Wirkungsmodell über das Kaufentscheidungsverhalten im Autokauf nicht erreichbar
erscheint, so ist doch die individuell situative Nutzung beobachtbar und mögliche
Wirkungen auf die Kaufentscheidung können auf ihrer Basis interpretiert werden. In
diesem Sinne soll anstelle eines Totalmodells eine möglichst genaue Beschreibung
der einzelnen Kaufentscheidungsphasen und der in ihnen ablaufenden Prozesse erstellt
werden. Die Untersuchung der Online-Börsen kann dann als ein möglicher
Kommunikationskanal, der auf diese Phasen wirkt, untersucht werden. Auch wenn so
ein streng empirisches Vorgehen konstruiert wird, ist im Sinne des beschriebenen
Wissenschaftsverständnisses die Verknüpfung an das bestehende Wissensgebäude
sicherzustellen.290 Dies betrifft vor allem den Forschungsbereich des Konsumenten-
verhaltens. Im Abschnitt C.2 wird in die hierzu notwendige Terminologie eingeführt.
Neben dem Erlangen des notwendigen Vorverständnisses ist es das heuristische Ziel,
ein möglichst vollständiges Idealmodell der Teilentscheidungen auf Basis bestehender
Untersuchungen zu entwickeln, das dann im Abschnitt D.2 der Arbeit anhand der
Endkundeninterviews überprüft und ausgefüllt wird.
290 Vgl. Abschnitt A.3.1 zu den Rahmenbedingungen des wissenschaftlichen Vorgehens in dieser Arbeit.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
99
2.1 Vorverständnis und Definitionen
Einordnung des Autokaufs in die Kauftypologien
Die grösste Herausforderung bei der Untersuchung des Konsumentenverhaltens liegt
im Zusammenspiel von aktivierenden und kognitiven Prozessen, die personell und
situativ wechseln und in ihrer jeweiligen Ausprägung nur schwer zu ermitteln sind.
Entsprechend dieser Problemstellung kann das Entscheidungsverhalten sinnvoll nach
dem Ausmass der kognitiven Kontrolle im Entscheidungsprozess unterschieden
werden.291
Ein eindeutig kognitiver Beitrag im Rahmen der Automobil-Kaufentscheidung ist
beispielsweise die Ermittlung von Unterhalts- und Betriebskosten eines Fahrzeugs
anhand ausgewählter Parameter, wie Benzinverbrauch, Steuer oder Versicherungs-
beiträgen. Zur kognitiven Steuerung gehört auch die bewusste oder unbewusste
Planung, die vor der Bewertung zu treffen ist. Hierzu gehört die Konstruktion des
Entscheidungsmusters, also die Auswahl der Parameter oder das Vorgehen bei der
Informationsbeschaffung. Die Ermittlung der Beurteilungskriterien und des Vorgehens
müssen zumindest bei erstmaligem Kauf einmal durchlaufen werden, um die
Entscheidungsmuster zu gestalten. Danach ist es prinzipiell möglich, den Aufwand der
Informationsverarbeitung abzukürzen und das einmal gewählte Muster, im
Forschungsbereich des Konsumentenverhaltens als Skript bezeichnet, wieder zu
verwenden.292
Neben kognitiven Einflüssen, also dem intellektuell-gedanklichen oder im allgemeinen
Sprachgebrauch rationalen Beitrag, sind emotionale und reaktive Prozesse zu
ergänzen, um die aktivierenden Komponenten zu erfassen. KROEBER-RIEL/
WEINBERG definieren Emotionen als nach innen gerichtete Motivationen auf ein
Handeln, Einstellungen oder Objekte.293 Diese Prozesse erfassen damit den gefühl-
mässigen Beitrag im Entscheidungsprozess. Entscheidungskriterien sind hier unter
anderem Glaubwürdigkeit, Vertrauen oder persönlicher Kontakt. Diese können im
Automobilvertrieb beispielsweise die Atmosphäre im Händlerbetrieb oder das
Vertrauensverhältnis zum Verkäufer vermitteln.
Reaktive Prozesse sind Stimuluswahrnehmungen, die nur in geringem Masse kognitive
oder motivationale Prozesse anstossen. Der Verarbeitungsprozess zwischen Reiz und
291 WEINBERG 1991, S. 12f. 292 KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S. 390. 293 KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S. 55.
___________________________________________________________________________
100
Reaktion ist minimiert. Ein Beispiel für ein grosses Mass an reaktivem Beitrag ist der
Impulskauf, der als spontane Realisierung wahrgenommener Bedürfnisse beschrieben
werden kann.294 Beim Impulskauf spielt die Reaktion auf eine spezielle Kaufsituation
mit einer starken emotionalen Aktivierung eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung
des Konsumenten. Die Nutzung reaktiver Prozesse geschieht vor allem am Ort des
Verkaufs, beispielsweise durch atmosphärische Reize oder besondere Angebots-
präsentation. Hier spielt damit der Händler eine wichtige Rolle. Die Bedeutung von
Impulskäufen liegt jedoch vor allem im Bereich geringwertiger Produkte.295 Die
Relevanz von reaktiven Prozessen im Automobilvertrieb ist daher eher in den mit dem
Automobilverkauf verbundenen Geschäften, wie dem Verkauf von Sonder-
ausstattungen, Zubehör und Accessoires zu erwarten.
Art der EntscheidungDominante Prozesse
emotional kognitiv reaktiv
extensiv
limitiert
habitualisiert
impulsiv
Abbildung 18: Typologie der Entscheidungsarten (KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S. 359)
Die in Abbildung 18 als extensiv benannte Art der Entscheidung hat den Charakter des
geplanten und subjektiv gesteuerten Handelns. Extensive Entscheidungen dienen der
Konzeptbildung. Sie sind vor allem in innovativen Entscheidungssituationen
anzutreffen. Charakterisiert werden Sie über
• hohen Informationsbedarf,
• lange Entscheidungsdauer
• und die Notwendigkeit, Entscheidungskriterien zu erarbeiten und Kaufkriterien
aufzubauen.
Dieser Typus deckt den vollständigen Kaufprozess mit der Bildung von Bewertungs-
kriterien, wie er bereits oben angesprochen wurde, ab.296 Limitierte, habitualisierte und
impulsive Entscheidungen stellen vereinfachte Kaufentscheidungen dar, bei denen ein
294 KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S. 399. 295 PIRON 1991, S. 510f. 296 RAFFEE 1969, S. 48.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
101
verkürzter Kaufprozess durchlaufen wird. Bei limitierten Kaufentscheidungen greift
der Konsument auf Erfahrungen mit dem Produkt und auf bestehende Beurteilungs-
kriterien zurück.297 Er nutzt hierzu Schlüsselinformationen, die in kognitiven
Prozessen verarbeitet werden.298 Wesentliches Konzept limitierter Kaufentscheidungen
ist die Bildung eines Evoked-Set.299 Der Konsument beschränkt sich hier auf eine
begrenzte Zahl von Produktalternativen bei der Entscheidungsfindung. Teilweise wird
davon ausgegangen, dass mit dem Evoked-Set auch die Entscheidungskriterien bereits
vorliegen.
Habitualisiertes Konsumentenverhalten beruht im Kern auf einem routinemässigen
Verhalten, bei dem bereits durchlaufene Kaufentscheidungen wiederholt werden.
Versucht der Konsument beim limitierten Kaufverhalten mit wenigen prägnanten
Kriterien den Entscheidungsprozess bewusst oder unbewusst abzukürzen, so findet
beim habitualisierten Kauf eine geringere kognitive Kontrolle statt.300 Das Konzept der
habitualisierten Kaufentscheidung kann eine Reihe wichtiger Phänomene im
Kaufverhalten erklären. So besteht eine starke Verbindung zwischen Produkttreue und
Habitualisierung. Positive Erfahrungen mit einem Produkt führen zu einem geringeren
Hinterfragen und Folgekäufen. Interessant ist hierbei, dass die Erfahrungen nicht durch
den Konsumenten selbst erlebt worden sein müssen, auch Produkterfahrungen aus der
Familie oder dem Freundeskreis werden übernommen.301
Übergreifende Konzepte zur Untersuchung des Konsumentenverhaltens
Jede Art der Verarbeitung von Informationen setzt ein gewisses Mass an Energie
voraus. Dieser Zusammenhang wird über das Konzept der Aktivierung in der
Verhaltensforschung behandelt. Aktivierung wird hierbei als das Mass an Energie
verstanden, das der Organismus zur Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit
benötigt.302 Das Ausmass der kognitiven Steuerung einer Entscheidung ist abhängig
vom Grad der Aktivierung. Ausgelöst wird Aktivierung durch emotionale, kognitive
oder physische Reizwirkungen. Diese Reizwirkungen können gezielt zur Be-
einflussung eingesetzt werden. Entsprechend diesem Hintergrund haben Ansätze der
297 CORSTEN/MEIER 1982, S. 118. 298 KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S. 372. 299 DIEZ 2000, S. 63. 300 DIETERICH 1986. 301 KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S 393; in den Endkundeninterviews zeigte sich das Verhalten vor allem bezüglich der Markenwahl. 302 KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S 58.
___________________________________________________________________________
102
Aktivierung grosse Resonanz in der Praxis gefunden und es besteht eine breite Basis
an empirischen Arbeiten zum Thema. Theoretischer Hintergrund der Arbeiten zur
Aktivierung basieren auf der Funktion zwischen dem Grad der Aktivierung, auch
Spannkraft oder Angeregtheit, und der Leistungsfähigkeit. Bekannteste Annahme ist in
diesem Zusammenhang die Lambda-Hypothese. Hier wird eine kurvenlineare Ab-
hängigkeit zwischen Aktivierung und Leistung angenommen. Mit zunehmender
Aktivierung steigt dabei die Leistung bis zu einem Punkt hoher Aufmerksamkeit und
nimmt danach mit zunehmender Erregung wieder ab. Die Lambda-Hypothese selbst
wird durchaus kontrovers diskutiert.303 Als sicher kann aber gelten, dass bei einer
Aktivierung im normalen Masse, also in dem Rahmen, in dem aktivierende Reize in
den Marketinginstrumenten eingesetzt werden, grundsätzlich eine positive Wirkung
auf Informationsaufnahme, Informationsverarbeitung und Informationsspeicherung
erzielt wird. Solange eine Steigerung der Aktivierung nicht zu Irritation oder Reaktanz
führt, bewirkt sie einen höheren Grad an Aufmerksamkeit, eine verbesserte
Beschäftigung mit der Aussage und eine bessere Erinnerung. In diesem Sinne werden
Aktivierungstechniken neben der klassischen Kommunikation auch am Point-of-Sales
im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und die Verarbeitung der gegebenen Information
eingesetzt.304 In diesem Zusammenhang soll auch die Relevanz der Aktivierung für
den Untersuchungsgegenstand betrachtet werden.
Die Konzeption des Involvements hängt eng mit der Motivation und Aktiviertheit im
Kaufprozess zusammen. Das Konstrukt des Involvements soll dabei die innere
Beteiligung des Konsumenten im Kaufprozess eines bestimmten Gutes messen. Dieses
Engagement des Konsumenten wird dabei durch seine Beurteilung der Bedeutung der
zu erwerbenden Leistung verursacht. Das Involvement ist abhängig von
Einflussgrössen, die
• kaufobjekt-bedingt,
• situativ-bedingt
• oder individuell-bedingt
zugeordnet werden können.305
303 KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S 78. 304 GRÖPPEL 1991, S. 121ff. 305 CELSI/OLSON 1988, S. 210f.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
103
Beispielhafte Einordnung des Autokaufs
Für die Bewertung der Einflussgrössen im Rahmen der Automobil-Kaufentscheidung
wurde 1994 an der Universität Trier eine schriftliche Befragung von 50 Neu-
wagenkäufern durchgeführt.306 Die Untersuchung war eine Vorarbeit zur Ermittlung
von Determinanten des Kaufverhaltens, die im nächsten Abschnitt vorgestellt wird.
Die als Bestimmungsgründe bezeichneten Charakteristika wurden entsprechend den
Einflussgrössen des Involvements strukturiert und über eine Ratingskala von 1 bis 5
abgefragt. Zielsetzung war eine Einordnung innerhalb der Entscheidungstypen (siehe
Tabelle 14).
Entscheidungstyp
Bestimmungsgründe Ratingwert Bewertung
Auszuwählendes Produkt (kaufobjekt-bedingt)
Subjektive Neuheit 3,41 mittel
Evoked-Set – wird erst gebildet 27,6%
Evoked-Set – ist bereits bekannt 72,4%
Subjektive Bedeutung 3,21 mittel
Bedarfshäufigkeit 2,21 gering
Wahrgenommene relative Preishöhe 4,34 hoch
Wahrgenommene Produktkomplexität 3,94 hoch
Beurteilbarkeit vor dem Kauf 2,21 leicht
Produktbeurteilungskriterien – werden erst gebildet 27,6%
Produktbeurteilungskriterien – sind bereits bekannt 72,4%
Kaufsituation
Zeitdruck 2,07 gering
Emotionaler Reizwert 2,79 mittel
Neuartigkeit der Situation 2,69 mittel
Persönliche Prädisposition
Neigung zur Informationsaufnahme 3,76 hoch
Kognitive Steuerung des Involvements 3,83 hoch
Emotionale Steuerung des Involvements 2,66 mittel
Risikoneigung 2,21 gering
Tabelle 14: Empirische Untersuchung über Involvement-Kriterien (Quelle: UNGER 1998, S. 60)
306 UNGER 1998, S. 60.
___________________________________________________________________________
104
Aufgrund der geringen Stichprobe hat die hilfreiche Aufstellung leider nur begrenzte
Aussagekraft. UNGER weist selbst auf den beispielsweise zu geringen Anteil von
Erstkäufern hin (4 Personen) und vermutet, dass so das geringe emotionale
Involvement und der hohe Anteil von bereits bekannten Produktbeurteilungskriterien
zustande gekommen ist.307 Problematisch in Bezug auf das Involement ist zudem das
Fehlen sozialer Einflussfaktoren, wie Aussenwirkung oder Einwirkungen des
persönlichen Umfelds. Insgesamt kann aber der Aussage gefolgt werden, dass der
Automobilkauf einem High-Involvement-Gut entspricht und gemäss der in der Tabelle
14 wiedergegebenen Kriterien im Bereich des extensiven und des limitierten Kaufs
einzuordnen ist. Diese Einordnung nehmen auch DIEZ und TRAPP vor, die das Auto
auch aufgrund der besonderen Investitionshöhe, die ausser beim Hauskauf kaum von
einer anderen Anschaffung erreicht wird, als ein high cost/high involvement Produkt
bezeichnen.308
2.2 Der Kaufentscheidungsprozess
Für die weitere Analyse des Kaufentscheidungsprozesses werden Phasenmodelle
eingesetzt, wie sie bei der allgemeinen Untersuchung des Kaufverhaltens häufig
Verwendung finden.309 Auch für den Autokauf wurde gezeigt, dass eine solche
chronologische Einteilung grundsätzlich genutzt werden kann.310 Es lassen sich
anhand der genannten Literatur folgende übereinstimmend identifizierte Schritte und
Funktionen zusammenfassen:
• Phase der Anregung
Die Anregung zum Fahrzeugkauf erfolgt zuerst passiv. Der Kunde nimmt
beispielsweise attraktive neue Produkte oder einen Mangel bei seinem aktuellen
Fahrzeug wahr. Informationen erhält der Konsument durch persönliche
Kontakte und Beobachtungen sowie den Medien. Die Phase führt zu einem
konkreten Kaufinteresse. Mit der bewussten Entscheidung, sich aktiv mit dem
Autokauf zu beschäftigen und ein Fahrzeug in einem konkreten Zeitraum
307 UNGER 1998, S. 61. 308 DIEZ 2001, S. 63; TRAPP 1993, S. 259. 309 Vgl. zur Phasenmodellen auch KOTLER/BLIEMEL 1995, S. 309; ENGEL/BLACKWELL/MINIARD 1990, S. 473. 310 Vgl. AHLERT 1998, S. 77; LEIGH/RETHANS 1983, S. 668; MOTOR-PRESSE 1990, S. 14f.; DIEZ 2000, S. 66f.; zur Zuordnung konkreter Funktionen zu den Phasen siehe BETZ 2002, S. 24; eine Aufteilung in einzelne Teilaufgaben liefert RENNERT 1996.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
105
kaufen zu wollen, kann der Übertritt in die Phase der Präferenzbildung und
Bewertung definiert werden.
• Phase der Präferenzbildung und Bewertung
Der Konsument sucht proaktiv Informationen. Quellen sind Fachzeitschriften,
Händlerbesuche oder Meinungsführer. Wünsche und Entscheidungskriterien
werden konkretisiert, die Kaufalternativen eingeschränkt. Ergebnis der
Präferenzbildung ist ein Evoked-Set, das Leistungsbündel umfasst, zwischen
denen sich der Interessent entscheiden möchte. Häufig sind bereits vor der
ersten Beschäftigung mit konkreten Fahrzeugangeboten die Prämissen und
Rahmenbedingungen festgelegt. Kriterien für die Auswahl werden bewusst
oder unbewusst getroffen.
• Phase der Verhandlung und Entscheidung
Ausgehend vom Evoked-Set werden die Kaufalternativen zielgerichtet geprüft
und im Rahmen des sozialen Umfelds diskutiert. Wichtig ist in dieser Phase der
konkrete Kontakt zum Händler. Es werden konkrete Angebote eingeholt und
verglichen. In dieser Phase sind häufig noch einzelne Fragen an das Produkt zu
klären. Wichtiges Element ist die Rückgabe des Fahrzeugs aus Vorbesitz.
Zudem erfolgt die endgültige Preisverhandlung in dieser Phase.
• Nachkaufphase
In dieser Phase erfolgt die Fahrzeugübernahme und der Nutzungsbeginn. Der
Kunde macht die ersten Erfahrungen mit dem Produkt und erlebt die Reaktion
seines sozialen Umfelds auf die Wahl. Es erfolgt eine Bewertung des Produkts,
der Einkaufsstätte und eventuell des gewählten Vorgehens beim Autokauf
selbst.
___________________________________________________________________________
106
Situation vor Beginn des
Kaufentscheidungs-prozesses
Situation vor Beginn des
Kaufentscheidungs-prozesses
AnregungsphaseAnregungsphase
SuchphaseSuchphase
Entscheidungs-findung
Entscheidungs-findung
Entscheidungs-durchsetzung
Entscheidungs-durchsetzung
Situation nach Beendigung des Kaufentscheidungs-
prozesses
Situation nach Beendigung des Kaufentscheidungs-
prozesses
AHLERT 1998
Phase der Bedürfnisweckung (Entscheidung über Kauf, Werbeanzeigen)
Phase der Bedürfnisweckung (Entscheidung über Kauf, Werbeanzeigen)
Informationssuche (Freunde, Familie,
Prüfung der Finanzen, Verkaufspersonal,
Testfahrt, Händlerbesuch)
Informationssuche (Freunde, Familie,
Prüfung der Finanzen, Verkaufspersonal,
Testfahrt, Händlerbesuch)
Bewertung Bewertung
Kaufphase(Auswahl Fahrzeug, Verhandlung, Unterschrift, Rückgabe)
Kaufphase(Auswahl Fahrzeug, Verhandlung, Unterschrift, Rückgabe)
Nachkauf (Fahrzeugabholung)
Nachkauf (Fahrzeugabholung)
LEIGH/RETHANS1983
Informations-aufnahme(Anregung,
Bedürfnisweckung)
Informations-aufnahme(Anregung,
Bedürfnisweckung)
Informationssuche (strukturiert, gezielt)
Informationssuche (strukturiert, gezielt)
Kaufabschluss Kaufabschluss
Gap zur Auslieferung
Gap zur Auslieferung
Erste Produkt-erfahrungen
Erste Produkt-erfahrungen
MOTOR-PRESSE 1990
Konkretisierung der Kaufabsicht
Konkretisierung der Kaufabsicht
AlltagsnutzungAlltagsnutzung
Allgemeiner Ansatz Kleinere Befragung mit Auswahlliste
Institut für Demoskopie Allensbach
Informations-phase- passiv- aktiv
Informations-phase- passiv- aktiv
Nachkaufphase- Kaufvollzug
- Nutzungsphase
Nachkaufphase- Kaufvollzug
- Nutzungsphase
DIEZ 2000
Kaufent-scheidungsphase- Marke und Modell- Einkaufsstätte
Kaufent-scheidungsphase- Marke und Modell- Einkaufsstätte
Mit Einkaufsstättenwahl
Abbildung 19: Untersuchungen über Entscheidungsphasen im Vergleich (Quelle: in Anlehnung an AHLERT 1998, S. 77; LEIGH/RETHANS 1983, S. 668; MOTOR-PRESSE 1990, S. 14f; DIEZ 2000, S. 66f.)
Aus diesen Phasen des Fahrzeugkaufs lassen sich jeweils einzelne Entscheidungs-
situationen des Kunden logisch ableiten. Wie bei den Kaufphasen gilt auch für die
aufgegliederten Entscheidungen, dass sie zum einen in der Reihenfolge geändert
werden können und dass es zum anderen Abhängigkeiten zwischen den Ent-
scheidungen gibt, so dass Entscheidungen vorbelegt werden oder zuvor bereits
getroffene Entscheidungen revidiert werden müssen. Es kann ausserdem nicht davon
ausgegangen werden, dass der Kunde alle Entscheidungen tatsächlich wahrnimmt.311
Zum anderen kann es auch möglich sein, dass der Kunde keine Kenntnis von
Entscheidungsalternativen hat. Aus den vier identifizierten Entscheidungsphasen
sollen für die Untersuchung der Wirkung Elektronischer Marktplätze die Phasen
Anregung, Präferenzbildung sowie Verhandlung und Entscheidung weiter betrachtet
werden. Mit einbezogen in den Kaufprozess werden Elemente der Einkaufs-
stättenwahl, die der Interessent während der Entscheidungsphasen treffen muss.
311 Hier sind Verhaltensweisen des limitierten oder habitualisierten Entscheidungsverhaltens zu erwarten, vgl. Abb. 18.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
107
Notwendig für das Anstossen des Kaufentscheidungsprozesses ist zuerst die Teil-
entscheidung über einen tatsächlich angestrebten Kauf. Diese Teilentscheidung wird
als Entscheidung über den Zeitpunkt aufgenommen.312 Entsprechend der zumeist
vorgefundenen starken Trennung von Neu- und Gebrauchtfahrzeuggeschäft wird diese
Teilentscheidung als Art des Ersatzbedarfs als nächste Entscheidung angenommen.313
Die Aufschlüsselung nach den Teilentscheidungen Marke, Typ, Händler folgen einer
idealtypischen Entscheidungsfindung im Neufahrzeuggeschäft. Die Teilentscheidung
Form des Geschäfts bezeichnet die Unterscheidung zwischen Barkauf, Finanzierung
oder eines Leasing- oder Mietmodells.
Phase der AnregungPhase der Anregung
Phase der Präferenzbildung und
Bewertung
Phase der Präferenzbildung und
Bewertung
Phase der Verhandlung und Entscheidung
Phase der Verhandlung und Entscheidung
NachkaufphaseNachkaufphase
Erkennen eines Einkaufsanlasses
Erkennen eines Einkaufsanlasses
Ermittlung alternativer Einkaufsstätten
Ermittlung alternativer Einkaufsstätten
Nachträgliche Bewertung
Nachträgliche Bewertung
VerwendeteStruktur
Bewertung alternativer Einkaufsstätten
Bewertung alternativer Einkaufsstätten
Auswahl und Kontaktieren einer Einkaufsstätte
Auswahl und Kontaktieren einer Einkaufsstätte
Elemente derEinkaufsstättenwahl
MEHTNER 2002DACH 1999
Art des ErsatzbedarfsArt des Ersatzbedarfs
Entscheidungendes Konsumenten
ZeitpunktZeitpunkt
MarkeMarke
TypTyp
Entscheidung über…
HändlerHändler
Form des Geschäftes
Form des Geschäftes
RealisierungRealisierung
Eigene Zusammenfassung
Hypothesenzu den Entscheidungen
Abbildung 20: Konsolidierte Entscheidungsphasen und Einbezug der Einkaufsstättenwahl (Quellen: in Anlehnung an METHNER 2002, S. 132f.; DACH 1999, S. 45ff.)
Abbildung 20 zeigt die abgeleiteten Teilentscheidungen in der Reihenfolge des
Phasenmodells. Die Teilentscheidungen werden in Abschnitt D.1 zur Entwicklung des
Wirkungsmodells von Elektronischen Marktplätzen wieder aufgenommen.
312 Vgl. Abb. 25 zu den identifizierten Teilentscheidungen. 313 Vgl. Abschnitt C.1.3.1 zur Abgrenzung zwischen Neu- und Gebrauchtfahrzeuggeschäft.
___________________________________________________________________________
108
2.3 Entscheidungsdeterminanten beim Autokauf
Nach der Betrachtung der Typen und Phasen des Kaufprozesses sollen jetzt die
Faktoren aufgezeigt werden, nach denen der Konsument seine Entscheidungen trifft.
Für die Automobil-Kaufentscheidung stehen dabei nahezu beliebig viele Parameter zur
Verfügung. Wie eine Untersuchung von BÖCKER zeigt, kann die Bewertung durch
den Konsumenten aber auf einer beschränkten Zahl von Kriterien, die sich zudem
einzelnen Phasen zuordnen lassen, zurückgeführt werden.314
In der bereits zitierten Untersuchung der Universität Trier wurden 1994 und 1995 zwei
schriftliche Befragungen zur Ermittlung und Wirkung der Determinanten der
Automobil-Kaufentscheidung durchgeführt.315 Als Struktur der Untersuchung wurde
den einzelnen Phasen der Kaufentscheidung jeweils eine Reihe von Konstrukten
gegenübergestellt. Die Zuordnung erfolgte aufgrund bestehender Arbeiten zum Auto-
kauf oder aus der allgemeinen theoretischen Basis. So wurden beispielsweise mit den
Konstrukten wahrgenommenes Kaufrisiko und Informationssuchaktivität zwei
informationsökonomisch begründete Konstrukte für die Informationssuche auf-
genommen. Als weitere Konstrukte wurden der Grad der Meinungsführerschaft und
die Einstellung zum Auto als Erklärungen zur Bewertung, der Händlereinfluss zur
Kaufentscheidung und das Konstrukt der Wechselneigung für den Bereich des
Nachkaufs integriert. Jedem Konstrukt wurde jeweils eine Reihe von Indikatoren,
ebenfalls basierend auf bestehenden Arbeiten und zum Teil durch Expertengespräche
mit Autohändlern, zugeordnet. Konstrukte und Indikatoren werden in Tabelle 15
dargestellt.
314 BÖCKER 1987, S. 16-24. 315 Für die Voruntersuchung wurden 121 Käufer zu ihrem Kaufentscheidungsverhalten befragt. Die Hauptuntersuchung beinhaltete 618 Käufer von 36 im Saarland ansässigen Händlern. Verwertbar waren aus der Hauptuntersuchung 530 Fragebögen.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
109
Konstrukt Indikator
Wahrgenommenes Risiko • Empfundene Fehlkaufgefahr
• Wahrgenommener Zeitdruck
• Alternativenzahl beim Kauf
• Imageversprechen des Autos
• Wahrgenommene Händlerleistung
Informationssuchaktivität • Pers. Gespräche mit Verkäufern
• Pers. Gespräche mit Freunden, Familie
• Eigene Erfahrungen
• Probefahrten beim Händler
• Berichte und Tests in Fachzeitschriften
• Berichte und Tests im Fernsehen
• Medienwerbung Händler und OEM
Graduelle Meinungsführerschaft • Interesse an Autos
• Wissen über Autos
• Innehaben einer Ratgeberfunktion
• Urteilsfähigkeit bei Autos
Einstellung zum Auto • Preis-/Leistungsverhältnis
• Sicherheit
• Design
• Zuverlässigkeit
• Freizeitwert des Autos
• Leistung/Sportlichkeit
• Wertbeständigkeit
• Qualität und technischer Standard
• Komfort
• Spass mit dem Auto
• Grundausstattungsniveau
• Fahrverhalten
Händlereinfluss • Lieferfristen
• Finanzierungsmöglichkeiten
• Inzahlungnahme
• Gestaltung des Ladenlokals
• Ruf des Händlers
• Sachkenntnis des Händlers
• Werkstattleistung
• Atmosphäre beim Verkaufsgespräch
Tabelle 15: Indikatoren zur Kaufentscheidung (Quelle: UNGER 1998, S. 223)
___________________________________________________________________________
110
Die Kaufkriterien, bei UNGER als Indikatoren dargestellt, werden auch durch praxis-
orientierte Umfragen beispielsweise der Deutschen Automobil Treuhand gestützt.316
Aus den oben genannten Indikatoren wurden bei UNGER in einer Analyse der
bivariaten Korrelation 13 Indikatoren ausgeschlossen, da diese nicht zu einer validen
und reliablen Messung der Konstrukte beitragen konnten. Bei den Konstrukten wurde
festgestellt, dass mit der Aufteilung der Informationssuchaktivität in jeweils medien-
und händlerspezifischen Suchaktivitäten bessere Ergebnisse erzielt werden konnten, so
dass sich als Ergebnis ein Modell mit sieben Elementen und deren wechselseitigen
Wirkungen ergibt.
I-MED = Informationssuchaktivität Medien (I-MED und I-HAEN wurden nachträglich gesplittet)
I-HAEN = Informationssuchaktivität Händler
GMF = Graduelle Meinungsführerschaft
H = Händlereinfluss
WR = Wahrgenommenes Risiko
E = Einstellung
W = Wechselneigung
I-MED = Informationssuchaktivität Medien (I-MED und I-HAEN wurden nachträglich gesplittet)
I-HAEN = Informationssuchaktivität Händler
GMF = Graduelle Meinungsführerschaft
H = Händlereinfluss
WR = Wahrgenommenes Risiko
E = Einstellung
W = Wechselneigung
.351
GMFGMF
HH
WW
EE
WRWR
I-HAENI-HAENI-MEDI-MED
.314
- .701.314
- .195
- .100
- .116
- .160
- .280
- .497
- .272
Abbildung 21: Modell der Automobil-Kaufentscheidung (Quelle: UNGER 1998, S. 243)
Abbildung 21 zeigt die jeweiligen Parameterschätzungen der beteiligten Konstrukte.
Schlüsselelement des Modells ist die Wechselneigung W. Mit der Wechselneigung
wird die allgemeine Entscheidungstendenz des Konsumenten angezeigt. Die je-
weiligen Einflüsse zwischen den Elementen wurden vor der Modellbildung durch 316 DAT 2002, S. 15.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
111
Hypothesen definiert. Das Modell soll die Wirkung der anderen Konstrukte hierauf
überprüfen. Auf die Darstellung der einzelnen Indikatorreliabilitäten wurde aus
Gründen der Übersichtlichkeit in der obigen Grafik verzichtet.
Neben dem zu erwartenden starken Einfluss der Produktbewertung, im Modell von
UNGER über die Einstellung E abgedeckt, zeigt sich ein starker Einfluss der
Konstrukte der graduellen Meinungsführerschaft und dem Händlereinfluss. Beide
wirken sowohl direkt wie auch indirekt auf die Wechselneigung des Konsumenten.
Wenn man beide Effekte zusammenfasst, kommen Meinungsführerschaft und
Händlereinfluss im Modell auf einen ungefähr gleich starken Wert (-0,299 und -
0,268).
Aus den Ergebnissen der Universität Trier können die folgenden Erkenntnisse in den
Untersuchungsgang übernommen werden:
• Beim Händler sind die Indikatoren Ruf des Händlers und die Atmosphäre beim
Verkaufsgespräch stärkste Einflussgrössen. Knapp gefolgt von der Sach-
kenntnis des Händlers und der Werkstattleistung. Konsumenten, für die der
Autohändler von besonderer Bedeutung bei ihrer Kaufentscheidung ist, werden
also weniger zum Wechseln neigen, wenn die Indikatoren erfolgreich erfüllt
werden.
• Das wahrgenommene Risiko wird vor allem über die graduelle
Meinungsführerschaft beeinflusst. Das Modell zeigt nur die indirekte Wirkung
für die Kaufentscheidung über die Einstellung auf. Neben den produkt-
bezogenen Indikatoren im Konstrukt Einstellung und den direkten Wirkungen
von gradueller Meinungsführerschaft und Händlereinfluss, ist das wahr-
genommene Risiko nicht ausschlaggebend. Das wahrgenommene Risiko und
die Wechselneigung sinken bei subjektiv guter Sachkenntnis des Konsumenten.
Die sinkende Wechselneigung könnte damit erklärt werden, dass der
Meinungsführer aufgrund seiner besseren Informationen bei der Autowahl eher
seine Ansprüche erfüllen kann. Dies stützt auch die positivere Einstellung zum
Auto des Meinungsführers.
• Bei der Informationssuche unterscheidet der Konsument zwischen Medien- und
Händlerinformationen. Er billigt den Medieninformationen ein höheres Risiko-
reduktionspotential, sprich eine grössere Objektivität, zu als den Aussagen des
Händlers.
___________________________________________________________________________
112
• Das Konstrukt der graduellen Meinungsführerschaft im oben skizzierten Modell
von UNGER führte zu einer geringeren Wechselneigung. Auf der Ebene der
Indikatoren zeigte sich aber, dass mit zunehmender Meinungsführerschaft die
Neigung zum Händlerwechsel zunimmt. Dies kann im Rahmen des Konzepts
der Meinungsführerschaft mit dem höheren Fachwissen, der geringeren Risiko-
wahrnehmung und stärkeren Informationsaktivität erklärt werden.317
Leider fehlen in dem dargestellten Ansatz Konzepte über soziale Wirkungen, die
jedoch als bedeutend angenommen werden können. Beim Ausschluss der 13
Indikatoren ist der Indikator persönliche Gespräche mit Freunden und Familie für das
Konstrukt Informationssuchaktivität weggefallen. Bei der Befragung zum
Informationsverhalten in der DAT-Veedol-Untersuchung wurden jedoch beide Punkte
als wichtige Entscheidungskriterien genannt.318 Trotzdem konnten die hier auf-
gezeigten Erkenntnisse auch in den im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten End-
kundeninterviews bestätigt werden. Zum einen können die Indikatoren Informations-
suchaktivität, graduelle Meinungsführerschaft, Händlereinfluss, wahrgenommenes
Risiko und Einstellung als mögliche Auslöser des Verhaltens bei den Probanden
identifiziert werden, zum anderen bestätigt das Material auch die vier genannten
Aussagen zu diesen Indikatoren. 319
Einfluss der Einkaufsstätte auf die Kaufentscheidung
Im Automobilvertrieb ist die Kundenbindung für den Händler stark von der
Markenbindung des Kunden abhängig.320 Gleichzeitig muss aber auch der Händler,
beziehungsweise die Einkaufsstätte, als wichtiger Einfluss der Marken-Kauf-
entscheidung betrachtet werden. Der enge Zusammenhang zwischen Markentreue und
Geschäftstreue konnte in einer Reihe von Arbeiten empirisch nachgewiesen werden.321
317 UNGER 1998, S. 256. 318 DAT 2002, S. 16f. 319 Die Ergebnisse der Endkundeninterviews werden im Abschnitt D.2 dargestellt. 320 DIEZ 2000, S. 74. 321 KROEBER-RIEL/WEINBERG 1996, S. 396.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
113
3. Einsatz des Internets im Automobilvertrieb
3.1 Automobilseiten im Internet Eine Vielzahl von Internetanwendungen liefern Interessierten Informationen zu
Kraftfahrzeugen im Internet. Die Internetseiten bieten dem Benutzer unterschiedliche
Unterstützung an und weisen verschiedene Geschäftsmodelle auf. Es kann
dementsprechend auch davon ausgegangen werden, dass die verschiedenen
Informationsanbieter unterschiedliche Funktionen im Kaufprozess erfüllen und damit
andere Wirkungen haben. In diesem Abschnitt sollen zuerst die einzelnen
Informationsanbieter aufgezeigt und abgegrenzt werden.
Verschiedene Typen von Internetanwendungen im Automobilbereich: Info-Broker, Contact-Broker und Matchmaker
Die Internetseiten von Herstellern und Händlern sind der wichtigste Anlaufpunkt für
Neufahrzeuginformationen im Internet.322 Alle Hersteller verfügen über ausführliche
Informationsseiten und stellen aufgrund der Bekanntheit und dem Vertrauen in ihre
Marke die massgebliche Informationsquelle für ihre Produkte im Internet dar. Neben
den Seiten der Hersteller und der Händler gibt es spezifische Automobilseiten durch
private Aktivitäten, die sich zumeist in der Form von Foren präsentieren sowie
verschiedene Typen von Anwendungen weiterer gewerblicher Anbieter.323 In der
Praxis werden diese zusätzlichen, gewerblichen Anbieter von automobilspezifischen
Internetanwendungen auch als 3rd-Party-Teilnehmer bezeichnet. Als weitere
Differenzierung zwischen den 3rd-Party-Anwendungen haben sich die Bezeichnungen
Info-Broker, Contact-Broker und Matchmaker etabliert.324 Abbildung 22 stellt die
Abgrenzung zwischen diesen 3rd-Party-Anwendungen hinsichtlich der erwarteten
Wirkung im Verkaufsprozess dar.
322 Siehe Tabelle 16: Informationsquellen von Internet-Usern sowie Abschnitt C.4.2. 323 Zur Typisierung der verschiedenen Internetanwendungen siehe Abschnitt B.2.1. 324 GAIDE 2000, S. 265ff.; BAUER/GRETHER/BRÜSEWITZ 2000, S. 10ff.; DREIER 1999; S. 125ff.
___________________________________________________________________________
114
Info-Broker
Contact-Broker
Matchmaker
Service / Solution Provider
Portal/Suchmaschine
Online-Börsen im Automobilvertrieb
Phase der Anregung
Phase der Anregung
Phase der Präferenzbildungund Bewertung
Phase der Präferenzbildungund Bewertung
Phase der Verhandlung
und Entscheidung
Phase der Verhandlung
und Entscheidung
Hersteller- und Händlerseiten
Abbildung 22: Übersicht der Internetanwendungen im Automobilbereich
Anbieter von Internetseiten, die bereits in der physischen Welt eine hohe Bekanntheit
und Akzeptanz besitzen, spielen als Informationsquelle im Internet eine wichtige
Rolle. Dies sind beispielsweise Automobilclubs, Fachmagazine oder auch die
technischen Prüfstellen. Der als Info-Broker bezeichnete Typ von Internet-
anwendungen erbringt seinen Mehrwert für den Internetnutzer durch die Bereitstellung
von Informationen. Dies sind beispielsweise Testberichte, Kostenvergleiche oder
automobilspezifische Nachrichten. Die Akzeptanz der Info-Broker beruht auf der
wahrgenommenen Objektivität und der Qualität der Informationen. Die
Refinanzierung erfolgt als Mehrwertdienst für bestehende Verbindungen, wie
Mitgliedschaften und Abonnements oder über den Verkauf von Content an andere
Plattformen, über Nutzungsgebühren, vor allem aber über den Verkauf der Werbe-
flächen auf den Anwendungen. Im deutschen Markt betreibt der Automobilclub
ADAC die meistgenutzte Internetseite zum Thema Automobil, die als typischer Info-
Broker einzuordnen ist. Ebenfalls als Info-Broker für Automobilthemen können die
Internetseiten von TÜV, Dekra oder der Autoseiten überregionaler Zeitungen oder
Zeitschriften betitelt werden. Aus Konsumentensicht sind auch die Internet-Ableger
der grössten deutschen Auto Fachmagazine Auto, Motor und Sport (auto-motor-
sport.de) und Autobild (Autobild.de) in der Rolle des Info-Brokers. Hier werden
jedoch zunehmend Fahrzeugangebote integriert, so dass es sich eigentlich um ein
hybrides Modell von Info-Broker und Contact-Broker handelt. In einer ähnlichen
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
115
Situation befinden sich auch Portale wie Yahoo oder T-Online mit ihren
Automobilseiten.
Das Geschäftsmodell der Contact-Broker besteht aus der Vermittlung von
Interessenten in ein bestehendes Distributionssystem. Online-Börsen stellen die im
deutschen Markt aktive Form von Contact-Brokern dar. Die Vermittlung bezieht sich
hierbei auf das Zusammenführen von Interessenten zu konkreten Gebraucht-
fahrzeugangeboten. Die Vermittlung von Neufahrzeugangeboten befindet sich im
Aufbau. Eine aus Sicht der Automobilhersteller wesentlich aggressivere Form
Elektronischer Marktplätze wird als Matchmaker bezeichnet. Matchmaker versuchen
sich stärker in den Handel zu integrieren. Vor allem in den USA gibt es
Geschäftsmodelle, die über die reine Vermittlung von Interessenten hinausgehen.
Zielsetzung ist es, die Kunden weiter über die Entscheidungsphase hinaus zu
begleiten, um dann entweder die Adresse eines Kunden, der sich bereits für einen
bestimmten Fahrzeugtyp entschieden hat, an einen Händler zu verkaufen oder über ein
Vertragsverhältnis mit einem Händler den Verkauf weitestgehend online abzu-
bilden.325 Matchmaker wie Carpoint, Autoweb und Autobytel haben vor allem in den
USA eine grosse Beachtung gefunden. In Deutschland konnte sich bislang kein
erfolgreiches Matchmaker-Modell etablieren.326 Es wird deshalb bei der Untersuchung
der Online-Börsen nicht weiter betrachtet, jedoch als mögliche Entwicklung bei den
Handlungsempfehlungen mit berücksichtigt.
Bei einem weiteren Typ von Anwendungen, der mit dem Begriff Service- oder
Solution-Provider gekennzeichnet werden kann, stehen nicht Produktinformationen,
sondern fahrzeugnahe Dienstleistungen im Vordergrund. Solche Dienstleistungen sind
beispielsweise Versicherungen, Finanzierungen oder die Ermittlung des Fahrzeug-
wertes. Verkauft wird entweder die Dienstleistung selbst oder die Leistung rechnet
sich durch getätigte Abschlüsse im Finanzbereich. Typische Betreiber sind Banken
und Versicherungen, die Anbieter fahrzeugnaher Services wie die Deutsche Automobil
Treuhand (DAT) und EurotaxSchwacke. Serviceportale bieten Banken, Versicher-
ungen und weiteren Service-Anbietern die Gelegenheit, sich in den Verkaufsprozess
zu integrieren. Diese Unternehmen sind teilweise selbst Initiator oder Investor der
Internet-Plattformen oder zeigen dort zumindest eine hohe Werbepräsenz. Es wird
erwartet, dass die Themen Telematik und Mobilität eine grössere Bedeutung erlangen
werden, sobald eine Anbindung des Internets im Auto verfügbar ist und damit
325 Vgl. zum Modell des Matchmakers: DIEZ 2001, S. 337; FRETER/DREIER 2000, S. 350; PILLER 2000; WADE/RIGDEN 2000, S. 16. 326 BETZ 2003, S. 3.
___________________________________________________________________________
116
beispielsweise eine Datenverbindung zwischen Fahrzeug und Werkstatt möglich
wird.327
3.2 Nutzung des Internets im Automobilvertrieb Die Bedeutung des Internets für den Automobilvertrieb kann anhand von drei
Fragestellungen erfasst werden. Welche Reichweite hat das Medium bei der
Zielgruppe? Wie werden die Anwendungen für den Autokauf genutzt? Wie ist die
Wirkung der verschiedenen Internetanwendungen auf den Autokauf?
Die Reichweite und die genutzten Funktionen lassen sich aufgrund von empirischen
Erhebungen gut bewerten. Nutzungsverhalten und Nutzerzahlen werden im Folgenden
vorgestellt.328 Aussagen über die Wirkung von Internetanwendungen auf den Autokauf
wären beispielsweise Kennzahlen über die Umwandlungsquote von Anfragen aus
Online-Börsen zu abgeschlossenen Verkäufen oder die Anzahl von Interessenten, die
sich im Autohaus an einen Verkäufer wenden und den Kontakt zum Autohaus über die
Händlersuchfunktion einer Herstellerseite im Internet aufgenommen haben.
Repräsentative Zahlen über solche Wirkungen sind nicht bekannt. Vermutlich liegt
dies daran, dass die Schnittstelle zwischen der Online-Nutzung und dem Autohaus
bisher nicht systematisch erfasst werden kann.329 Es besteht also eine Lücke zwischen
den Kenntnissen der Online-Nutzung und den Erhebungen über die Bedeutung
einzelner Inhalte beim Interessenten.330 Da auch eine wissenschaftliche Untersuchung,
die eine Grundlage für die Abschätzung der Wirkung vollständig darlegt, nicht
existiert, werden zum Abschluss für den weiteren Fortgang der Untersuchung
notwendige Annahmen getroffen.
327 DUDENHÖFFER 2005, S. 9. 328 Auf eine weitere Betrachtung der Internet-Nutzer, z.B. hinsichtlich demografischer Merkmale, wird hier verzichtet, da bei der Entwicklung des Wirkungsmodells keine detaillierte Aufschlüsselung nach Nutzersegmenten erfolgen soll. Informationen über die Nutzer von automobilspezifischen Internetanwendungen geben: DAT 2006; PSYMA 2005 oder o.V. 2005a. 329 Expertengespräche: EMBACHER; KLUXEN; MENSING. 330 Die Bedeutung der einzelnen Funktionen für den Kunden wird beispielsweise in der Psyma Umfrage erfasst, vgl. PSYMA 2005.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
117
Reichweite des Mediums
Im Jahr 2006 nutzen 37,8 Millionen Menschen über 14 Jahre regelmässig das Internet,
dies entspricht einer Internetnutzung von 58%.331 Eine Befragung von Kunden nach
dem Kaufabschluss ergab, dass bezogen auf die Fahrzeugkäufer 72% der Neu- und
64% der Gebrauchtwagenkäufer nach eigenen Angaben einen Zugang zum Internet
besitzen.332 Von den 64% der Gebrauchtwagenkäufer mit Internetzugang hatte 51%
das Internet tatsächlich genutzt und 35% der Käufer neuer PKW nutzten das Internet
für Ihre Kaufentscheidung. Für jeden vierten dieser Käufer, also insgesamt rund 9%,
beeinflusste die Internetrecherche die Händlerwahl.333 Die folgende Tabelle 16 zeigt,
welche Kontaktstellen von den Interessenten bei der Informationssuche verwendet
wurden. Die Erhebung wurde bereits im Jahr 1999 vorgenommen. Aufgrund der
mittlerweile grösseren Reichweite des Internets generell und der höheren Akzeptanz
des Mediums bei der Informationssuche kann heute von einer höheren Gewichtung der
einzelnen Internetanwendungen ausgegangen werden. Die Werte zeigen den grossen
Unterschied bei der Nutzung der verschiedenen Internetanwendungen, je nachdem, ob
es sich um die Informationssuche nach Neu-, Gebraucht- oder Jahreswagen handelt. In
jedem dieser Fälle spielt jedoch zumindest eine Internetanwendung eine wichtige
Rolle.
331 Diese Werte wurden im Rahmen der Initiative D21 e.V. durch 50.000 Telefoninterviews im Zeitraum vom 12.01.-21.04.2006 erhoben. Quelle: www.initiatived21.de/ssi/fragmente/102 html, Zugriff: 05.08.2006. 332 DAT 2005, S. 8f. 333 Die Werte der DAT-Erhebung sind wesentlich geringer als beispielsweise in der regelmässigen Befragung Cartrack (siehe COSPIRIT 2003a) oder den Online-Umfragen der Gebrauchtwagenbörsen (o.V. 2005), die von einer Informationsquote von 2/3 der Internetnutzer ausgehen. Die DAT-Erhebung erscheint jedoch transparenter und hinsichtlich ihrer Zielsetzung neutraler. Die grosse Bedeutung des Internets für den Gesamtmarkt zeigen auch diese Zahlen bereits auf.
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118
Information NW GW JW
Berichte und Tests in Autozeitschriften 66,5 51,6 59,8
Gespräche m. Partner/Freunden/Bekannten 48,9 52,1 52,9
Prospekte vom Hersteller/Handel 54,5 19,5 37,4
Internet-Websites von Herstellern 45,3 23,4 39,0
Gespräche mit Autohändlern 36,9 24,1 35,7
Informationen eines Automobilclubs 29,2 32,2 32,4
KFZ-Anzeigenmarkt in Zeitungen 10,2 45,0 27,9
Fernsehberichte 26,7 17,4 27,5
KFZ-Anzeigen im Internet 7,3 33,8 18,3
Andere Zeitschriften und Tageszeitungen 19,3 13,3 17,4
Internet-Websites von Autobörsen 4,1 22,1 13,3
KFZ-Anzeigenmarkt in Zeitschriften 3,6 15,0 7,6
Internet-Websites von Händlern 6,2 11,2 9,7
Werbung in Zeitungen und Zeitschriften 8,1 5,0 6,5
Internet-Sites von Autozeitschriften 6,5 6,6 5,6
Werbung im Fernsehen 5,9 2,6 5,1
Internet-Sites von Online-Auktionshäusern 1,2 2,9 1,8
Internet-Sites von Autovermietern 0,5 0,7 0,7
Angaben in %, n= 3.204 2.851 2.537
Tabelle 16: Informationsquellen von Internet-Usern (Quelle: SYMPOSION 2000, S. 73f.)
Nutzung der Internetanwendungen
Mit den Erhebungen der Psyma-Studien können konkrete Aussagen zumindest über
die Nutzung der Hersteller- und Händlerseiten im Internet gemacht werden.334 Die
Studie zeigt einen klaren Schwerpunkt der Nutzerziele bei der Informationssuche.
Gesucht werden hauptsächlich Informationen wie technische Details, Händlerstandorte
334 Psyma Online-Automobil-Benchmarking, halbjährlicher Online-Fragebogen auf den 19 wichtigsten Herstellerseiten in Deutschland. Befragungszeitraum 04.04.-02.05.2005. 1000 Befragungen pro Hersteller, mit Ausnahme der Marken Chevrolet und Lexus (Werte entsprechend gewichtet): PSYMA 2005; ähnliche Werte zeigte auch bereits SYMPOSION 2000, S. 65.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
119
oder Preise für bestimmte Fahrzeugkonfigurationen. Transaktionsorientierte Funk-
tionen, wie die Nachfrage nach einer Probefahrt oder einem Angebot, werden in
wesentlich geringerem Umfang genutzt. Dies trifft auch für weniger konkretisierte
Anfragen, wie beispielsweise die Bestellung von Prospektmaterial, zu. Funktionen, die
der Verhandlungs- oder Transaktionsphase zugeordnet werden können, werden nur
von einer sehr kleinen Gruppe von Nutzern verwendet.
Aus welchen Anlässen sind Sie heute hier?
(Online-Befragung auf Herstellerseiten)
Nennung in %
Möchte mich ganz allgemein informieren 49
Möchte mein Wunschfahrzeug konfigurieren 41
Möchte die Raten für mein Wunschfahrzeug berechnen
12 Ziele
Möchte mir ein konkretes Angebot erstellen lassen 7
Händler 17
Werkstatt 4
Online-Kontaktmöglichkeit zum Hersteller oder zum Händler
6 Suche
Andere 11
Über einen bestimmten Neuwagen 63
Über meinen jetzigen Wagen 12
Gebrauchtwagen 18
Wartungs- und Serviceleistungen 9
Zu technischen Details 41
Zu Ersatzteilen (z.B. Lampen) 6
Informationssuche
Über Zubehör (z.B. Dachgepäckträger) 16
n(gesamt)=18.151, Online-Befragung auf 19 deutschen Herstellerseiten (Hersteller n=1000, ausser: Chevrolet n=518, Lexus n=633)
Tabelle 17: Genutzte Informationen von Internet-Usern (Quelle: PSYMA 2005, S. 17ff.)
Diese, auf die Nutzung von Hersteller- und Händlerseiten bezogenen Aussagen,
können auch auf andere automobilspezifische Internetanwendungen übertragen
werden.335
Im vorherigen Teil des Abschnitts wurde die Informationsvermittlung als die
dominante Funktion in der Phase der Präferenzbildung und Bewertung beschrieben.
Das Internet stellt damit für die meisten Nutzer weiterhin keinen eigenständigen
Vertriebskanal dar, sondern etabliert sich als Kontaktstelle in dem Zusammenspiel von
335 COSPIRIT 2003a.
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120
informationsbasierten und physischen Komponenten.336 In der im Abschnitt C.1.2
beschriebenen Entwicklung neuer Konfigurationen zwischen den Vertriebs-
komponenten und des Unbundling der Distributionsfunktionen konnte das Internet
einen eigenen Funktionsbereich besetzen.337 Die physischen Komponenten werden im
deutschen Markt fast vollständig von den Händlern erfüllt.338 Dem Verhältnis von
Internet und Händler kommt damit eine besondere Bedeutung zu.339 Für die Mehrzahl
der Internetnutzer beginnt mit der Probefahrt eine Konzentration auf den Händler. Das
Beispiel des Mercedes-Benz Direktvertriebs für Gebrauchtfahrzeuge zeigt jedoch, dass
es auch eine Gruppe von Interessenten gibt, die für den gesamten Prozess das Internet
als Kommunikationskanal nutzen wollen. Versuche zum direkten Vertrieb von
Neuwagen über das Internet durch die Hersteller waren jedoch bisher nicht
erfolgreich.340
Verwendete Annahmen zur Nutzung des Internets beim Autokauf
Aufgrund der teilweise stark abweichenden Aussagen über die Reichweite des
Mediums beim Autokauf und der bisher nur geringen Erkenntnisse über die
tatsächliche Wirkung sollen die folgenden Punkte für die Relevanz des Internets
zusammengefasst werden, um daraus einen Vergleichsmassstab für die zu ermittelnde
konkrete Wirkung der Online-Börsen zu haben:
• Internetanwendungen verfügen über eine hohe Reichweite bei der Zielgruppe
der Autokäufer. Bei Internetnutzern gehört das Internet zu den wichtigsten
Informationsquellen. Über das Internet können annähernd zwei Drittel der
Neufahrzeugkunden erreicht werden.
• Die Ziele und Erwartungen bei der Internetnutzung sind sehr unterschiedlich.
Die Nutzung reicht von der Suche nach einer Kontaktadresse bis hin zur
Bereitschaft, den Fahrzeugkauf vollständig über das Internet abzuwickeln.
• Das Internet dient den Internetnutzern vor allem in der Phase der Präferenz-
bildung und Bewertung zur Information über Produkteigenschaften einzelner
Fahrzeuge.
336 TOMCZAK/SCHÖGEL/BIRKHOFER 1999, S. 132. 337 SCHÖGEL/SAUER 2001, S.8. 338 Ausnahmen sind nur der Direktvertrieb von Fahrzeugen, beispielsweise der Gebrauchtwagen Direktvertrieb von Mercedes-Benz PKW in Deutschland oder von Jahreswagen und EU-Importen. 339 Die gleiche Verteilung stellt auch DAHLHOFF dar, die hier jedoch nicht empirisch gestützt wurde: DAHLHOFF 2001, S. 576f. 340 Der Vertrieb neuer Personenwagen über das Internet wurde im Jahr 2000 von mehreren Automobilherstellern versucht. Dies waren beispielsweise Opel und Lancia in Deutschland, Fiat in Italien oder Ford in Finnland; vgl. hierzu: BUSCH/SCHMIDT 2000, S. 20; CREUTZIG 2000, S. 22f.; MESSNER/MEHRLE 2000, S. 7.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
121
• Das Internet unterstützt bei der Zusammenführung von Interessent und Händler.
Die Händlerauswahl erfolgt direkt über Händlersuchfunktionen oder indirekt,
indem der Händler bei dem jeweiligen Gebrauchtfahrzeugangebot mit dem
Interessenten verbunden ist. Zentrale Anfragen des Interessenten an den
Hersteller werden häufig zu den Händlern weitergeleitet, so dass diese die
Möglichkeit zur Kontaktaufnahme haben.
• Für die Internetnutzer ist das Internet die wichtigste Informationsquelle für
Preisinformationen.341
Auf die Kaufphasen bezogen kann damit geschlossen werden, dass ein Grossteil der
Internetnutzung zur Information zwischen der Anregungsphase und dem Besuch beim
Händler dient und damit in die Phase der Präferenzbildung und Bewertung
einzuordnen ist.342
3.3 Ergänzende ökonomische Aspekte aus Sicht der Anbieter
Neben den in der Problemstellung beschriebenen Wirkungen der Online-Autobörsen,
wie dem schnelleren Zugang zu potentiellen Käufern, einer erhöhten Wettbewerbs-
intensität und der Wirkung der Marktplatzbetreiber im Distributionssystem, können
aus Sicht des Anbieters noch zwei weitere Aspekte identifiziert werden, die generell
dem Medium Internet zuzuordnen sind. Dies ist zum einen die Frage, ob durch die
grundsätzliche Automatisierung der Prozesse im Internet die physischen Vertriebs-
prozesse reduziert und damit Kosten eingespart werden können. Zum anderen stellt
sich die grundsätzliche Frage, ob im Internet die gleichen Preise erzielt werden können
wie in den physischen Märkten.
Das Internet mit seinen einfach zu bedienenden Funktionalitäten, beispielsweise einer
Gebrauchtfahrzeugsuche, stellt die Überführung von Prozessen in die Selbstbedienung
dar, die vorher nur vom Verkaufspersonal durchgeführt werden konnten. Kosten-
einsparungen im Vertriebsprozess sollen dadurch erfolgen, dass die Kunden die
Funktionen der Erklärung, Präsentation und Konfiguration online selbst durchführen
können. In der konsequentesten Form soll der vollständige Wegfall der Beratungs- und
Serviceleistungen im Handel gemäss einer Kalkulation von DIEZ zu einem
Kostensenkungspotential bis zu 27% führen.343 Die grundsätzliche Möglichkeit, durch
Vorinformation Kosten zu sparen, wird jedoch in der Praxis kontrovers diskutiert.
341 COSPIRIT 2003a. 342 Die gleiche Annahme erfolgt auch bei APICELLA/FENTON 2001, S. 9. 343 DIEZ 2000, S. 28.
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122
Ansatzpunkt der Diskussion ist, ob durch die Nutzung von Internetfunktionen der
Aufwand im Autohaus reduziert wird. Es muss gefragt werden, ob durch die
Vorinformation der Kunden die Beratungs- und Verkaufsgespräche entfallen oder
verkürzt werden oder ob eventuell durch die Informationsvielfalt sogar ein erhöhter
Beratungsbedarf entsteht.344 Zu dieser Frage konnte in der Literatur und auch im
Gespräch mit den Experten keine eindeutige Klärung gefunden werden. Die
selbständige Nutzung der Internetfunktionalität führt aber zumindest bei einem Teil
der Nutzer zu einer besseren Entscheidungsqualität und damit zu einer höheren
Kundenzufriedenheit.345
Auch die tatsächliche Wirkung des Internets auf einzelne Güterpreise ist schwer zu
ermitteln. Im Gebrauchtfahrzeugvertrieb wird davon ausgegangen, dass in den Online-
Börsen weitestgehend die Marktpreise abgebildet werden, wie sie auch vor Ort
gelten.346 Nicht marktgerechte Preise, wie sie teilweise lokal erzielt werden können,
sind im Internet dagegen nur schwer durchzusetzen. Preisreduktionen gibt es vor allem
bei schwer zu vermittelnden Bestandsfahrzeugen. Auch wenn eine grundsätzliche
Aussage über die Wirkung des Internets auf die Preissensibilität wissenschaftlich noch
nicht entschieden scheint, wird in der Praxis den Internetnutzern eine höhere
Preissensibilität unterstellt, wobei nicht eindeutig unterschieden werden kann, ob hier
nicht eher die gestiegene Preistransparenz ausschlaggebend ist.347
Das Internet als Mehrkanalinstrument im Zielkonflikt zwischen Wirksamkeit
und Kosteneffizienz
Bei der Betrachtung des Konsumentenverhaltens beim Autokauf und den Rahmen-
bedingungen im Distributionssystem der Hersteller zeigt sich, dass das Kom-
munikationsbedürfnis des Kunden ein weites Gestaltungsfeld der Kontakte der
Händler mit dem Kunden ist. Der Kunde kombiniert bei der Information in der
Kaufphase verschiedene Kommunikationskanäle, aufgrund deren Wirkung er Marke,
Produkt und Einkaufsstätte bewertet. Optimal in der Wirkung ist der persönliche
Kontakt mit dem Verkaufspersonal. Bei gut ausgebildeten Verkäufern lässt sich die
Produktargumentation gut übermitteln, Motivation zum Kauf erzeugen und über
Verkaufstechnik und persönliche Präferenzen ein Kauf durchsetzen. Bei einer 344 BUSCH/SCHMIDT 2000, S. 32. 345 Vgl. COSPIRIT 2003a. 346 Expertengespräche: EMBACHER; KLUXEN; MENSING. 347 Zur Diskussion über die Wirkung des Internets auf die Preissensibilität siehe beispielsweise LYNCH/ARIELY 2000, S. 92f. oder SHANKAR/RANGASWAMY/PUSATERI 1999, S. 22ff.; zum Preisverhalten des Internetnutzers wurden alle angegebenen Experten befragt.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
123
geringeren Anzahl von Schnittstellen wachsen die Kundenzufriedenheit mit der
Einkaufsstätte und entsprechend auch die Loyalität. Den Vorteilen des persönlichen
Kontakts stehen die hohen Kosten der Beratung durch das Verkaufspersonal entgegen.
Zusätzlich ist die Organisation innerhalb der Autohäuser in Deutschland meist so, dass
die Mitarbeiter der Verkaufsteams zu einem grossen Anteil über den Umsatz der
getätigten Verkaufsabschlüsse bezahlt werden und so wenig Interesse an einer
längerfristigen Betreuung des Kunden weit vor einem Kauf oder in der Nachkaufphase
besteht. Das Beispiel Internet zeigt, wie eine Selbstbedienbarkeit in der Informations-
phase möglich ist. Die Konfiguratoren auf den Herstellerseiten sind die meist
genutzten Funktionen in diesem Bereich und mit der Verbreitung des Internets konnte
im Verkauf eine bessere Vorinformation des Kunden festgestellt werden. Ein
aktuelles Mittel der Rationalisierung im Vertrieb ist die Aufteilung der Leistungs-
funktionen bei Systemhändlern, wenn an einem Standort beispielsweise nur Fahrzeug-
wartung vorgenommen wird. Weitere Möglichkeiten sind der Einsatz zentral
gesteuerter Kundenbindungsmassnahmen oder Call-Center als Ansprechpartner für
den Kunden, wobei im Regelfall die Anzahl von Schnittstellen ungünstig erhöht wird.
Das Realisierungspotential für eine Kostenreduktion in den Vertriebsprozessen soll am
Beispiel von zwei Extrempositionen für die Vermittlung von Gebrauchtwagen
dargestellt werden. In einem personenorientierten Prozess fragt der Interessent direkt
beim Verkäufer nach einem bestimmten Gebrauchtwagentyp. Der Verkäufer klärt
anhand der individuellen Bedürfnisse des Kunden die weitere notwendige Ausstattung
des Wagens und gibt auch eventuell eigene Empfehlungen, beispielsweise bezüglich
möglicher Motorisierungen oder sinnvoller Zusatzausstattungen, ab. Dieses Wunsch-
fahrzeug sucht der Verkäufer und bietet dem Interessenten eine Reihe seinen
Wünschen entsprechender Fahrzeuge in einer verkaufsunterstützenden Form an, also
als Dokument für den Kunden mit Bildern und einer ausführlichen Beschreibung.
Derselbe Prozess kann auch vollständig ohne den Einsatz eines Verkäufers erfolgen.
Hier ermittelt der Kunde das von ihm gewünschte Fahrzeug selbständig im Internet
und klärt über eine Hotline die Verfügbarkeit und die Möglichkeit einer Probefahrt ab.
Beide Extrempositionen werden aktuell im deutschen Markt angewendet.348
348 Der ausführliche Angebotsprozess wird vor allem von Vertragshändlern angestrebt, während die Optimierung nach Kostengesichtspunkten vor allem grosse unabhängige Gebrauchtwagenhändler betreiben. So hat in Deutschland der Händler „Dat Autohus“ mit dem beschriebenen Modell 2005 mit 7 Verkäufern über 14.000 Fahrzeuge verkauft; vgl. SPECHT 2006, S. 12.
___________________________________________________________________________
124
Kommunikationsbedürfnis des Kunden
(Multichannel-User)
Notwendigkeit
von expliziten Prozess-
Definitionen und der
IT-Systemunterstützung
Rationalisierung im Distributionssystem(Automatisierung,Spezialisierung)z.B. Internet
Persönlicher Kontaktzum Kunden
(Geringe Anzahl von Schnittstellen)z.B. Verkäufer
Anzahl
Schnittstellen
Kosten
Abbildung 23: Der Zielkonflikt zwischen Wirksamkeit und Kosteneffizienz
Für die aktive Gestaltung des Einsatzes von Internetanwendungen, wie dies bei
Online-Börsen der Fall ist, stellt sich damit die Frage an welchen Stellen es
zweckmässig ist eine Selbstbedienbarkeit durch zusätzliche Funktionalitäten, die
Beratungsfunktionen übernehmen können, anzubieten oder wo dem Kunden eher ein
persönlicher Service wichtig ist. Grundsätzlich kann die Hypothese aufgestellt werden,
dass in einer direkten Wettbewerbssituation der Anbieter im Vorteil ist, der zuerst
einen persönlichen Kontakt zum Kunden herstellen kann. Diese Abwägung zwischen
Kostengesichtspunkten und dem Vorteil des persönlichen Kontakts muss sich am
Kommunikationsbedürfnis des Kunden ausrichten.
3.4 Situation der Online-Börsen in Deutschland Betrachtet man die generelle Nutzung des Internets beim Automobilkauf, so nehmen
Plattformen, die neben den bekannten Herstellerseiten auftreten, eine zunehmend
bedeutende Rolle ein. Bei Befragungen zur Nutzung von Automobil-Webseiten ergibt
sich seit einigen Jahren die folgende Reihenfolge in der Nutzungshäufigkeit: Unter den
Top 10 der besuchten Internetseiten befanden sich mit Autoscout24, Mobile.de und
Faircar drei Marktplätze mit dem Schwerpunkt Gebrauchtwagen sowie mit den Seiten
des ADAC und Schwacke zwei Service-Anbieter.349 Die weiteren Plätze sind mit den
Hersteller-Websites der grossen Automobilhersteller besetzt. Auch für den Händler
349 Die zumeist privatwirtschaftlichen Befragungen werden u.a. zitiert in: FINSTERWALDER-REINECKE 2006, S. 66; DUDENHÖFFER 2005, S. 8-9; SYMPOSION 2000, S. 103.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
125
spielen Gebrauchtwagenbörsen eine besondere Rolle. So wurden bei einer Umfrage
unter 120 Autohändlern als Ziele der Beteiligung die Verbesserung des GW-Um-
schlags und die Standzeitenverringerung genannt. Auch Umsatzsteigerung und die
Ansprache einer neuen Zielgruppe wurden als wichtig erachtet.350 Dies entspricht der
ersten Erfahrung des Handels, dass mit Internetaktivitäten das Absatzgebiet wesentlich
ausgeweitet werden kann. Elektronische Marktplätze haben sich dabei für den Handel
als wesentlich schlagkräftiger erwiesen als die Gebrauchtwagensuchfunktion des
eigenen Herstellers.
Im Schnitt präsentierte 2004 jeder Händler 74 Gebrauchtwagen im Netz, wobei er
durchschnittlich 2,6 Online-Börsen verwendete.351 Insgesamt wurden dabei ungefähr
75% des Gebrauchtwagenbestandes der Händler im Internet abgedeckt.352 Diese Werte
werden mittlerweile weiter gestiegen sein.353 Internet-Plattformen mit den Merkmalen
Elektronischer Marktplätze werden von potenziellen Autokäufern in zunehmendem
Masse in den Kaufentscheidungsprozess mit einbezogen.354
Wie bereits bei der Beschreibung des Fallbeispiels Autoscout24 in Abschnitt B.2.2.2
dargestellt, haben sich bei den Online-Börsen im Automobilvertrieb mit Autoscout24
und Mobile.de zwei dominante Betreiber am Markt durchgesetzt. Daneben gibt es eine
Reihe kleinerer Börsen, die entweder eine regionale oder inhaltliche Spezialisierung
aufweisen. Zudem bieten einige grosse Internet-Portale eigenständige Gebraucht-
wagen-Suchfunktionen an. Grundsätzlich gibt es jedoch eine sehr starke Konzentration
auf wenige Plattformen. So wird angenommen, dass 90% der in Online-Börsen
eingestellten Fahrzeuge sich auf den grössten sechs Börsen befinden.355 Dabei gibt es
starke inhaltliche Überschneidungen im Fahrzeugbestand zwischen den Börsen.356
Zum einen werden Fahrzeuge automatisch auf mehrere Börsen verteilt, gleichzeitig
nutzen aber auch die Besucher häufig verschiedene Börsen parallel, was die
Austauschbarkeit der Ergebnisse zwischen den Börsen erhöht.357
350 MEISSNER 2000, S. 66. 351 DIEZ 2005, S. 5. 352 DIEZ 2005, S. 5. 353 In den Praxiskontakten zeigte sich, dass die meisten Händler mittlerweile ihren gesamten Gebrauchtfahrzeugbestand vollständig in die Börsen übertragen. Nicht enthalten sind nur Fahrzeuge, bei denen beim Ankauf bereits der Weiterverkauf organisiert ist sowie Fahrzeuge von kleineren Händlern, die das Internet gar nicht nutzen. 354 MEISSNER/MEHRLE 2000, S. 5. 355 DAT 2001, S. 4. 356 JAHNKE 2001. 357 Zur parallelen Nutzung verschiedener Online-Börse erhob beispielsweise Autoscout24, dass von den Besuchern Ihrer Seite 67% auch die Börse Faircar und 57% die Börse Mobile.de nutzen; Online-Umfrage unter Autoscout24-Nutzern, Quelle: http://magazin.autoscout24.de/ua_autoscout24_index/ua_pb_index/i/ autos_per_mausklick_2006_i_pdf, Zugriff 05.08.2005.
___________________________________________________________________________
126
Name URL Bemerkung
Allianz Autowelt www.allianz-autowelt.de/ allianz/ger/search.asp
Auto Aktuell www.autoaktuell.de
Autobild.de www.autobild.de
Autobörse www.autoboerse.de
Automobile.Coop www.automobile.coop Kooperationsmodell von Händlern
Autoscout24 www.autoscout24.de
Car4you www.car4you.de Applikation Webauto
Ebay Motors www.ebaymotors.de
Faircar www.faircar.de/faircar/frameset.html Applikation Mobile.de
Gebrauchtwagen.de www.gebrauchtwagen.de
Kfz-Anzeigen www.kfz-anzeigen.de
Mobile.de www.mobile.de
Motoversum www.motoversum.de Applikation Webauto
Webauto www.webauto.de
Webmobil24 www.webmobil24.de
Tabelle 18: Auflistung aktiver Online-Börsen in Deutschland
Eine Online-Befragung, die durch den Marktplatzbetreiber Autoscout24 auf seiner
Börse durchgeführt wurde, zeigt die wichtigsten Ziele der Nutzer auf. Bei der
Interpretation der Ergebnisse, die in Tabelle 19 zusammengefasst dargestellt werden,
muss beachtet werden, dass es sich um Nutzer handelt, die eine Anfrage gestellt haben,
also bereits so weit in ihrer Kaufentscheidung fortgeschritten sind, dass sie den
Kontakt zu konkreten Angeboten suchen. Allgemeine Informationen werden von
diesen Kunden deshalb naturgemäss als weniger wichtig gewertet.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
127
Suchkriterien Bewertung
Schnelles, gezieltes Finden Ø 1,3
Detaillierte, komfortable Suchoptionen Ø 1,4
Vertrauenswürdiges Angebot Ø 1,5
Aktualität des Angebots Ø 1,6
Grosses Angebot Ø 1,6
Schnelligkeit der Kontaktaufnahme Ø 1,9
Überregionales Fahrzeugangebot Ø 2,4
Interessante Zusatzinformationen Ø 2,5
Informationen zum Thema Automobil Ø 3,8
Angebot von Versicherungen Ø 4,5
Angebot von Finanzierungen Ø 4,5
n=1.422, 1=sehr wichtig bis 6=unwichtig. Befragung von Autoscout24-Nutzern, die eine eMail-Anfrage gestellt haben. Zeitraum: August 2003
Tabelle 19: Wichtigkeit von Suchkriterien (Quelle: TNS-Emnid 2004, S. 15)
Die priorisierten Kriterien in Tabelle 19 weisen auf die massgebliche Bedeutung der
Suche von konkreten Fahrzeugangeboten bei den Online-Börsen hin. Entsprechend
sind die Funktionalität des Suchen und Findens, sowie die Kontaktaufnahme die ent-
scheidenden Funktionen, die von den Börsen erwartet werden. Allgemeine
Informationen zu Herstellern, Typen und zusätzlichen Leistungen werden hier im
Durchschnitt weit weniger gefragt. Diese Aussage wird später auch in den
Endkundeninterviews bestätigt.
Die Tabellen 20 und 21 zeigen die Beurteilung der Erfahrung der Nachfrager mit
privaten und gewerblichen Anbietern. Die Befragung bezieht sich ebenfalls auf die
Online-Börse Autoscout24. Die Werte zeigen wie positiv der Kanal mit seiner an-
schliessenden physischen Leistung wahrgenommen wird. Dabei fällt die Wahr-
nehmung privater Anbieter nicht prinzipiell hinter die Leistung der gewerblichen
Händler zurück.
___________________________________________________________________________
128
Entwicklung der Beurteilung Beurteilung hinsichtlich folgender Anforderungen
2001 2003
Aktualität der Fahrzeugangebote 2,9 2,3
Möglichkeit einer Probefahrt 2,9 2,3
Schnelle telefonische Antwort 3,0 2,2
Schnelle eMail-Antwort 3,0 2,3
Kompetente Ansprechpartner 3,3 2,6
Zuverlässigkeit Ansprechpartner 3,3 2,4
Nimmt sich Zeit 2,9 2,3
Entgegenkommen im Preis 3,1 2,7
Hol- und Bringservice 4,6 4,0
n=1.068, 1=sehr gut bis 6=ungenügend. Befragung von Autoscout24-Nutzern, die eine eMail-Anfrage gestellt haben. Zeitraum: August 2003
Tabelle 20: Beurteilung von Privatanbietern (Quelle: TNS-Emnid 2004, S. 18)
Entwicklung der Beurteilung Beurteilung hinsichtlich folgender Anforderungen
2001 2003
Aktualität der Fahrzeugangebote 3,0 2,3
Möglichkeit einer Probefahrt 3,2 2,5
Schnelle telefonische Antwort 3,3 2,4
Schnelle eMail-Antwort 3,3 2,5
Kompetente Ansprechpartner 3,1 2,4
Zuverlässigkeit Ansprechpartner 3,3 2,5
Nimmt sich Zeit 3,3 2,6
Entgegenkommen im Preis 3,8 2,9
Hol- und Bringservice 4,3 3,8
n=1.099, 1=sehr gut bis 6=ungenügend. Befragung von Autoscout24-Nutzern, die eine eMail-Anfrage gestellt haben. Zeitraum: August 2003
Tabelle 21: Beurteilung von Händlern (Quelle: TNS-Emnid 2004, S. 19)
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
129
4. Zusammenfassung: Rahmenbedingungen anhand des
heuristischen Bezugsrahmens
Nach der erfolgten Darstellung der Rahmenbedingungen im Automobilvertrieb, sollen
diese Ergebnisse anhand des heuristischen Bezugsrahmens für die Verwendung in den
folgenden Abschnitten strukturiert zusammengefasst werden.
Kunde
ProduktdarstellungProduktdarstellung
Frontend u. NavigationFrontend u. Navigation
Zusätzliche ServicesZusätzliche Services
PreismechanismusPreismechanismus
MarktteilnehmerMarktteilnehmer
MarktregelnMarktregeln
Geschäftsmodell und Strategie des BetreibersGeschäftsmodell und Strategie des Betreibers
Marktplatz
MarketingkonzeptMarketingkonzept
RessourcenRessourcen
……
LeistungsangebotLeistungsangebot
Strategische AusrichtungStrategische Ausrichtung
Anbieter
Händler
MikroMikroMikroMikro----EbeneEbeneEbeneEbene
MakroMakroMakroMakro----EbeneEbeneEbeneEbene
Wet
tbew
erbe
rW
ettb
ewer
ber
Wet
tbew
erbe
rW
ettb
ewer
ber
3
2
4
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Abbildung 24: Heuristischer Bezugsrahmen: Schnittstellen
Schnittstelle 1: Kunde – Marktplatz
Aus Sicht des Marktplatzbetreibers können neben den Kaufinteressenten auch die
Hersteller und die Händler als Kunden aufgefasst werden. Von diesen Parteien stehen
die Interessenten im Fokus der Ausrichtung des Marktplatzbetreibers und die
Funktionalität der Online-Börsen ist stark an den Bedürfnissen dieser Kunden
ausgerichtet. Die Leistung des Marktplatzes ist es, Interessenten auf die Plattform zu
ziehen und den möglichen Kontakt über konkrete Fahrzeugangebote oder Werbe-
flächen zu verkaufen. Dabei misst sich die Stärke des Marktplatzes an der Anzahl der
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130
Kaufinteressenten, die der Marktplatz erreichen kann. Die Attraktivität für Kauf-
interessenten ist entscheidend abhängig von der Anzahl und Qualität der eingestellten
Fahrzeuge. Dies begründet den Wettbewerb zwischen den Marktplatzbetreibern um
die meisten präsentierten Fahrzeuge auf der jeweiligen Plattform. Dieses Ziel der
Betreiber macht auch deutlich, dass es keine vollständige Ausrichtung auf den
Kaufinteressenten geben kann, wenn es bei der Marktplatzgestaltung einen
Interessenskonflikt zwischen Anbietern und den Nutzern gibt. Vergleicht man
beispielsweise die Online-Börsen mit den Matchmaker Modellen, werden Funktionen,
die die Anbieter zu weiteren Rabatten auffordern, nicht angeboten.358 Für den
Interessenten ist der Marktplatz eine der wichtigsten Informationsquellen im Internet.
Prioritäten der Interessenten sind zuerst das Auffinden attraktiver Fahrzeuge auf dem
Marktplatz. Erwartet werden eine möglichst grosse Anzahl von Fahrzeugen und ein
überregionales Angebot. Detaillierte Informationen über Fahrzeugangebote oder
allgemeine Informationen zum Auto im redaktionellen Teil der Online-Börsen sind der
Fahrzeugrecherche hintenangestellt. Über die genaue Nutzung und Wirkung des
Marktplatzes in den einzelnen Kaufphasen und Teilentscheidungen werden im
Abschnitt D.1 Hypothesen abgeleitet. Ein weiteres Zusammenspiel, neben dem
Informationsangebot und der Informationsnachfrage, besteht nicht. Der Marktplatz-
betreiber tritt bei der Anbahnung des Geschäfts nach der Herstellung des Kontakts
durch die Übermittlung der Anbieterdaten nicht in Erscheinung. Zwischen dem
Kaufinteressenten und der Online-Börse findet keine finanzielle Transaktion statt.
Solange der Nachfrager nicht selbst ein Fahrzeug auf der Online-Börse einstellt nimmt
er den Marktplatzbetreiber nicht wahr.
Schnittstelle 2: Kunde – Händler
Geht man von dem aktuell in Deutschland dominanten Distributionsweg aus, wird fast
der gesamte Neufahrzeugabsatz über Händler durchgeführt und auch im
Gebrauchtfahrzeuggeschäft werden über die Hälfte der Geschäfte über den Handel, in
diesem Fall sind Markenhändler, freie Händler und spezialisierte Gebrauch-
twagenhändler gemeinsam gemeint, abgewickelt. Der Händler stellt den wichtigsten
Kontaktpunkt zum Kunden dar. Dies gilt vor allem für die Phase der Präferenzbildung
und Entscheidung. Neben den Produktentscheidungen trifft der Kunde auch eine
Entscheidung über die Einkaufsstätte. Neben dem Preis sind hierbei das Vertrauen in
den Händler, die räumliche Nähe aber auch persönliche Sympathien zum Verkäufer
358 Die Anfragefunktion, bei der die Internetnutzer automatisiert eine Online-Anfrage nach dem günstigsten Preis an mehrere Händler stellen können, wird als Referral Service bezeichnet, vgl. MORTON/ZETTELMEYER/RISSO 2000, S. 2.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
131
und zum Handelsbetrieb wichtig. Beim Händler entscheidet sich der Verkaufspreis
und damit verbunden die Vertriebsmarge, die zur Finanzierung des Vertriebs zur
Verfügung steht. Bei fast allen Angeboten herrscht ein starker Wettbewerb zwischen
den Händlern, so dass sich der Nachfrager in einer starken Verhandlungsposition
gegenüber dem Händler befindet. Der Kontakt zwischen Kunde und Händler findet
zumeist in den Räumen des Händlers statt und ist stark abhängig von der persönlichen
Kommunikation. Hierzu sucht der Kunde im Regelfall verschiedene Händler mehrfach
auf. Besuchsanlässe sind die Besichtigung des Fahrzeugs, ein Beratungsgespräch oder
Rückfragen, Probefahrt, Preisanfragen, die Verhandlung über Verkaufsbedingungen
und ggf. Rückkauf eines vorhandenen Fahrzeugs. In vielen Fällen schliesst zwar der
Kunde den Kaufvertrag mit dem Händler ab, längerfristige Verträge, wie beispiels-
weise Finanzierungs- und Leasingverträge, werden aber fast immer über den
Hersteller, Hersteller- oder Hausbanken abgewickelt, so dass es bei den Privat-
geschäften keine längerfristigen vertraglichen Beziehungen zwischen Kunde und
Händler gibt. Da die Mehrzahl der Händler zurzeit meist nur eine Marke vertritt,
kommt es für den Kunden bei einem Markenwechsel fast immer zum Wechsel der
Einkaufsstätte.
Schnittstelle 3: Kunde – Hersteller/Importeur
Der Kontakt zwischen Kunde und Hersteller/Importeur findet durch alle
überregionalen Marketingmassnahmen sowie durch vertragliche Bindungen ab dem
Autokauf statt. Kommunikationskanäle sind beispielsweise die überregionale
Werbung, der Auftritt auf Messen, die Internetpräsenz der Hersteller/Importeure oder
die Ansprache über CRM Aktivitäten. Durch zentrale Aktivitäten, wie das Generieren
von Interessenten aus dem CRM oder die Vorqualifizierung der Interessenten,
beispielsweise durch die Bereitstellung der vom Interessenten benötigten
Informationen im Internet, unterstützt die Hersteller- oder Grosshandelsstufe den
Händler vor Ort. Wenn ein direkter Verkauf zwischen privaten Kunden und dem
Hersteller erfolgt, dann übernehmen die herstellereigenen Niederlassungen die Rolle
des Handels. Der Hersteller sucht einen durchgängigen Kontakt mit dem Kunden über
den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs. Mithilfe dieser Kontakte kann er gezielte
Loyalitätsprogramme durchführen und für die Serviceleistungen in seinem
Vertriebsnetz werben. In Deutschland sind jedoch die Fahrzeughalter bei einem Gross-
teil der Fahrzeuge ab dem zweiten Besitzer eines Fahrzeugs nicht mehr bekannt.
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Schnittstelle 4: Händler - Marktplatz
Das Einstellen von Fahrzeugen durch gewerbliche Anbieter und die Nutzung der
speziellen Online-Werbeformen auf dem Marktplatz stellen für den Marktplatz-
betreiber die wichtigste Einnahmequelle dar. Zur Akquisition von gewerblichen
Fahrzeuganbietern gibt es ein speziell auf den Handel ausgerichtetes Marketing, bei
dem beispielsweise mit Anzeigen in Fachmagazinen und einem eigenen Aussendienst
gearbeitet wird. Mit dem Angebot spezieller Formen der priorisierten Darstellung
einzelner Händler versuchen die Marktplatzbetreiber weiteren Umsatz mit den
Händlern zu generieren. Für die Händler gibt es aufgrund der Dominanz der beiden
Online-Börsen Mobile.de und Autoscout24 kaum eine Auswahlmöglichkeit bei der
Börsennutzung. Zudem werden meist alle wichtigen Börsen verwendet, um den Markt
möglichst gut abzudecken. Die Kosten für den Marktplatz werden akzeptiert, da die
Kosten für den Fahrzeugbestand wesentlich höher sind. Die Händler verfügen über
Verträge mit den Börsen selbst oder mit Serviceanbietern, die die Fahrzeuge der
Händler auf einer gewünschten Anzahl von Börsen einstellen und pflegen. Aufgrund
der hohen Fahrzeugbestände und der messbaren Interaktion der Kaufinteressenten auf
seinen Seiten, verfügt der Marktplatzbetreiber über Informationen zur tagesaktuellen
und regional differenzierten Angebots-, Preis- und Nachfragesituation. Da die Anzahl
der Händler um ein vielfaches grösser ist als die der Hersteller, sind sie für das
Geschäftsmodell der Marktplatzbetreiber der wichtigere Ansprechpartner.
Schnittstelle 5: Hersteller – Marktplatz
Durch Kooperationen mit den Online-Börsen kann der Hersteller eine Verbesserung
seiner Wettbewerbssituation und seines Vertriebsnetzes durch eine optimale Ein-
bindung der Kontaktstelle Marktplatz in die Vertriebsprozesse erreichen. Die Themen
lassen sich in einen Bereich der technischen Integration und der Marketing-Integration
aufteilen. Hinsichtlich der technischen Integration ist es zu einer Zusammenarbeit mit
den Börsen gekommen. So haben viele Hersteller oder ihre Ländergesellschaften für
die Händler die Möglichkeit geschaffen, Fahrzeuge aus den lokalen IT-Systemen des
Autohauses automatisch als Angebote in die Börsen einzuspielen und zu pflegen.
Hierdurch wird eine bessere Reaktionszeit erzielt und die Aufwende für die Pflege
werden gesenkt. Einige Hersteller haben Online-Börsen für Marketingaktionen, ins-
besondere beim Launch neuer Modelle, genutzt. Die Hersteller treten hierbei auch als
Nachfrager von Online-Werbeplätzen auf. Eine Kooperation im Verständnis einer
gegenseitigen Verpflichtung zwischen den grossen Online-Börsen und den Herstellern
in Deutschland ist nicht bekannt.
C. Fallstudienuntersuchung am Beispiel der Automobilindustrie ___________________________________________________________________________
133
Schnittstelle 6: Hersteller – Händler
Die Schnittstelle zwischen Hersteller und Händler wurde im Abschnitt C.1.2.4
beschrieben. Hersteller und Händler verbindet eine langfristige Zusammenarbeit, deren
Rahmenbedingungen der Händlervertrag bildet. Adäquates Verhalten im Sinne des
Herstellers, beispielsweise bei der Einhaltung gewünschter Qualitätsstandards oder
Abnahmemengen, wird durch erhöhte Rabatte auf die Werkverkaufspreise motiviert.
In Bezug auf regionale Werbemassnahmen agieren die Händler relativ eigenständig,
beispielsweise bei Zeitungs- oder Rubrikenanzeigen. Dieses Verhalten gilt auch für die
Nutzung von Online-Börsen, bei denen häufig eigene Aktivitäten gestartet werden. In
Bezug auf die Aktivitäten auf den Online-Börsen hat der Hersteller ein Interesse an
einem erfolgreichen Gebrauchtwagengeschäft in seinem Distributionssystem. Ein
erfolgreiches Gebrauchtwagengeschäft hilft bei der Finanzierung des Vertriebskanals
und ist über die Möglichkeit attraktiver Rückkaufangebote notwendig für das
Neufahrzeuggeschäft. Für den Hersteller sind zudem stabile Restwerte der Fahrzeuge
wichtig. Zum einen sind hohe Restwerte im Neufahrzeuggeschäft ein wichtiges
Verkaufsargument, zum anderen basiert die Kalkulation der Leasingangebote auf dem
erwarteten Restwert der zurücklaufenden Fahrzeuge. Sinkende Werte der eigenen
Gebrauchtwagen führen damit zu höheren Leasingraten für den Kunden oder senken
die Gewinne aus dem Leasinggeschäft.
Schnittstelle 7: Marktplatz – Wettbewerber
Die Online-Börsen bieten prinzipiell für alle Hersteller die gleichen Rahmen-
bedingungen. Für neue Anbieter eröffnet sich durch die Marktplätze ein neuer Zugang
zum Kunden. Dies kann für neue Marken und Produkte gelten, beispielsweise beim
Markteintritt chinesischer Automobilhersteller oder für den Vertrieb einzelner Services
wie Finanzierungen und Versicherungen, bei denen die Fahrzeughersteller in
Konkurrenz zu den spezialisierten Banken und Versicherungsunternehmen treten. Für
den Marktplatzbetreiber gibt es keinen Unterschied in der Bedeutung der Fahrzeug-
angebote von Vertragshändlern oder freien Händlern. Entsprechend lässt er keine
Möglichkeit zur gestalterischen Differenzierung der markengebundenen Händler, um
die freien Händler nicht zu verlieren. Die Gleichbehandlung der Anbieter bedeutet
auch, dass die Möglichkeiten der Differenzierung auf dem Marktplatz selbst sofort von
den Konkurrenten imitiert werden können.
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Schnittstelle 8: Hersteller – Wettbewerber
In der Automobilindustrie finden zahlreiche Kooperationen zwischen den konkur-
rierenden Automobilherstellern statt. Bezüglich des Auftretens gegenüber einem
fremden Betriebstyp, wie den Online-Börsen, sind vor allem die Möglichkeiten zur
Durchsetzung der Herstellerbedürfnisse durch eine Bündelung der Interessen zu
betrachten. Der Automobilindustrie stehen mit Organisationen wie dem Zentral-
verband der Kraftfahrzeughersteller als generellem Gremium oder beispielsweise der
AUMA als Vertretung der Messeaussteller gegenüber Messegesellschaften,
Institutionen zur Verfügung, um solche Interessen abzustimmen und zu bündeln. Eine
solche Aktivität konnte jedoch nicht ermittelt werden.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
135
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells
1. Logische Herleitung eines Wirkungsmodells der Online-Börsen
Wie in Abschnitt C.2.2 aufgezeigt, hat der Kaufinteressent während seines Autokaufs
eine Reihe von Teilentscheidungen zu treffen, für die er jeweils unterschiedliche
Quellen nutzt.359 Es kann davon ausgegangen werden, dass die Nutzung von Online-
Börsen auf verschiedene dieser Teilentscheidungen jeweils unterschiedlichen Einfluss
hat. Um die Wirkung von Online-Börsen zu beurteilen, müssen die einzelnen Aus-
wirkungen der Börsen auf die Informationsaufnahme und Verarbeitung bei allen
Aktivitäten und Parteien in der Entscheidungsfindung untersucht werden. Ein hierzu
notwendiges Gesamtmodell der automobilen Kaufentscheidungen ist nicht vorhanden
und kann auf Grundlage des vorliegenden Wissens auch nicht erstellt werden.360 Die
folgenden Abschnitte zeigen jedoch, dass die einzelnen Teilentscheidungen und die
Aktivitäten des Interessenten bei der Entscheidungsfindung für diese Teilent-
scheidungen identifiziert werden können. Zudem konnte den einzelnen Teil-
entscheidungen die jeweilige Nutzung der Online-Börsen zugewiesen werden, so dass
auch ohne übergreifendes Modell eine detaillierte Untersuchung der Wirkung möglich
war. Hierzu wird in den folgenden Abschnitten auf Basis der identifizierten
Teilentscheidungen (Abschnitt D.1.1) sowie aus den Ergebnissen der allgemeinen
Betrachtung des Betriebstyps Online-Börse (Abschnitt B.2) und der Fallstudie
Automobilvertrieb (Abschnitt C.) ein idealtypisches Modell logisch abgeleitet, das alle
potentiellen Wirkungen der Online-Börsen zusammenfasst. Abschnitt D.2 greift dieses
Modell auf und nutzt Tiefeninterviews mit Endkunden zur empirischen Prüfung und
Weiterentwicklung dieser Aussagen.
1.1 Der Autokauf als Ablauf von Teilentscheidungen Zwischen der ersten Anregung zum Kauf und dem Kaufabschluss entscheidet der
Kaufinteressent über eine Reihe von Sachverhalten, wie beispielsweise über die Höhe
des Kaufpreises, den er aufbringen will oder über Marke, Typ und Händler.361 Diese
359 Siehe Tabelle 16 sowie DAT 2006, S. 18 u. 20. 360 Vgl. Abschnitt A.3 zur Bildung von Verhaltensmodellen aus wissenschaftstheoretischer Sicht sowie Abschnitt C.2.3 zum Forschungsstand für den Autokauf. 361 Vgl. C.2.2.
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136
Sachverhalte werden hier als Teilentscheidungen bezeichnet. Durch die Auf-
schlüsselung des Kaufprozesses in ein Bündel von Teilentscheidungen soll eine
empirisch erfassbare Zuordnung der Nutzung der Online-Börsen zu einzelnen
Teilentscheidungen möglich werden. Die Konstruktion der Teilentscheidungen erfolgt
durch eine Unterteilung der Kaufentscheidung in einzelne Zwischenstufen, wobei die
Abgrenzung zwischen den Teilentscheidungen möglichst der Wahrnehmung durch den
Kaufinteressenten und dem Verkäufer entsprechen soll. Wie aufgezeigt wurde, können
die einzelnen Aspekte des Autokaufs in die Phasen der Anregung, der Präferenz-
bildung und Bewertung sowie der Verhandlung und Entscheidung aufgeschlüsselt
werden.362 Diese Phasen werden durch die Teilentscheidungen weiter präzisiert. Bei
diesen kann es eine Aktivität hinsichtlich einer Informationssuche, der Abstimmung
und der Verhandlung geben. Das heisst, dass bei jeder Teilentscheidung mögliche
Kontaktstellen, wie die Familie, ein Verkaufsberater oder eine Online-Börse, Einfluss
auf die Gesamtentscheidung nehmen können. Im Folgenden werden die notwendigen
Teilentscheidungen konstruiert und in einer idealtypischen Reihenfolge dargestellt.
Die Festlegung der Reihenfolge und die Zuordnung zu den einzelnen Phasen des
Kaufs folgt hier zuerst einem musterhaften Neu- und Gebrauchtfahrzeugprozess.363
Dabei war bewusst, dass starke Abweichungen bei den individuellen Kaufprozessen zu
erwarten sind, beispielsweise durch unterschiedliche Gewichtung der einzelnen
Teilentscheidungen, dadurch dass diese nur unbewusst getroffen werden oder durch
das Ignorieren von Entscheidungsoptionen.364 Eine solche idealisierte Darstellung war
jedoch notwendig, um eine Grundlage für die Interviews mit Endkunden und Experten
zu haben.
Teilentscheidungen in der Phase der Anregung
• Attraktivität der Anschaffung
• Zeitpunkt
• Fahrzeugstatus
Die Teilentscheidung Attraktivität der Anschaffung löst den Start des Automobilkaufs
aus und soll hier ab der bewussten Kenntnisnahme des Bedarfs und dem Beginn der
aktiven Beschäftigung mit der Kaufentscheidung definiert werden. Auslöser für die,
meist unbewusst ausgelöste Teilentscheidung Attraktivität der Anschaffung sind
beispielsweise die begrenzte Haltbarkeit eines Kraftfahrzeugs und das gehäufte Auf-
362 Vgl. Abschnitt C.2.2. 363 Vgl. Abschnitt C.1.2.2 Das Neufahrzeuggeschäft und C.1.2.3 Das Gebrauchtfahrzeuggeschäft. 364 Mögliche Einschränkungen lassen sich beispielsweise mit limitierten Kaufentscheidungen begründen, vgl. C.2.1.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
137
treten von Reparaturen oder ein als wichtig erachteter technischer Fortschritt bei neuen
Modellgenerationen. Auslöser können ebenfalls ein geänderter Mobilitätsbedarf des
Fahrzeughalters oder soziale Faktoren sein. Aus Sicht des Automobilvertriebs planbare
Kaufimpulse kommen typischerweise durch das Auslaufen von Leasing- oder
Finanzierungsverträgen, weshalb die Kenntnis über diese Termine für Händler und
Hersteller von grosser Bedeutung sind. Handels- oder Herstellermarketing können
über Rabatte, besondere Finanzierungsangebote oder erhöhte Rückkaufwerte für
Gebrauchtwagen sowohl die Attraktivität der Anschaffung, als auch den Zeitpunkt der
Anschaffung beeinflussen. Auslöser wird dann für den potentiellen Kunden der Anreiz
ein gutes Geschäft machen zu können. Wenn die erste Teilentscheidung positiv
getroffen wurde, ist eine Entscheidung über den Zeitpunkt der Anschaffung zu
erwarten. Diese kann auch als Indikator für den Fortschritt des Kunden beim
Durchlaufen der Kaufphasen angesehen werden. In der Praxis werden Interessenten,
die von sich selbst sagen, innerhalb von drei Monaten ein Fahrzeug kaufen zu wollen,
als potentielle Käufer eingeschätzt.365 Die Teilentscheidung über den Fahrzeugstatus
enthält die Entscheidung zwischen einem individuell auf Kundenwunsch hergestellten
Fahrzeug, einem neuen Fahrzeug, das bereits produziert wurde oder einem
Gebrauchtwagen. Die Entscheidung über den Fahrzeugstatus kann nicht eindeutig
einer Phase zugeordnet werden, da sie von den Kunden sehr unterschiedlich getroffen
wird. Die Zuordnung in die Phase der Anregung entspricht jedoch dem Wissen, dass
über 80% der Kunden auf einen Fahrzeugstatus festgelegt sind und diesen nur selten
wechseln.366 Auch die Organisation in den meisten Autohäusern entspricht dieser
Vorstellung, indem bereits die Kundenansprache und Beratung nach Neu- und
Gebrauchtfahrzeugen getrennt erfolgt.
Teilentscheidungen in der Phase der Präferenzbildung und Bewertung
• Fahrzeugart
• Marke
• Typ
Bei den Teilentscheidungen in der Phase der Präferenzbildung und Bewertung handelt
es sich zusammengefasst um die Produkt- bzw. Leistungsbeschreibung, entsprechend
dem Bedarf des Interessenten. Mit der Teilentscheidung Fahrzeugart werden Eigen-
schaften des Fahrzeugs festgelegt, die die grundsätzliche Gestaltung und Verwendung
365 Expertengespräche: EMBACHER; MENSING. 366 Vgl. C.1.3.1.
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138
des Fahrzeugs definieren. Hierzu gehören die Entscheidung über die Aufbauart,
beispielsweise zwischen Limousine, Cabrio und Kombi oder besonders ausgeprägten
Eigenschaften, die nur eingeschränkte Marken- und Typkombinationen zulassen.
Beispiele solcher Eigenschaften sind Baumuster wie Geländewagen oder SUV. Die
Teilentscheidung Marke beinhaltet in der Automobilindustrie zumeist die Ent-
scheidung für einen Hersteller, wie beispielsweise Volkswagen oder Renault. Zum
Teil werden auch die einzelnen Produkte der Hersteller als eigenständige Marken
positioniert, z.B. das Modell Renault Twingo. Die Entscheidung auf Produktebene soll
als Teilentscheidung Typ abgegrenzt werden, da der Typentscheidung innerhalb der
Marke eine wichtige Bedeutung zukommt. Unter der Bezeichnung Typ werden
entsprechend alle Produktentscheidungen unterhalb der Markenentscheidung
zusammengefasst. Hierzu gehört die Entscheidung für eine Modellreihe,
Motorisierung und Ausstattungslinie. Zwischen den Teilentscheidungen Fahrzeugart,
Marke und Typ gibt es zahlreiche Abhängigkeiten und es kann bei der Entscheidung
keine hierarchische Anordnung der Teilentscheidungen angenommen werden. So
können beispielsweise Präferenzen für eine Marke die freie Auswahl der Fahrzeugart
begrenzen oder die als besonders attraktiv empfundene Gestaltung eines Typs
beeinflusst die Wahl von Fahrzeugart und Marke. Im Gegensatz zur Anregungsphase
benötigt der Interessent bei der Phase der Präferenzbildung und Bewertung spezifische
Informationen, so dass die Phase eine aktive Informationssuche voraussetzt.
Teilentscheidungen in der Phase der Verhandlung und Entscheidung
• Händler
• Form des Geschäfts
• Realisierung
Die Einordnung der Einkaufsstättenwahl wird bei den vorgestellten Phasenmodellen
des Autokaufs teilweise in der Phase der Bewertung wie in der Phase der Verhandlung
unterschiedlich getroffen.367 Die Teilentscheidung Händler soll der Phase der
Verhandlung und Entscheidung zugeordnet werden. Wichtigste Begründung hierfür
ist, dass die Händlerauswahl hauptsächlich aufgrund der Verhandlung über das
Produktgeschäft getroffen wird.368 Die Einordnung ist damit auch Ausdruck der
aktuell deutlich geringeren Bedeutung von Einkaufsstättenwahl und Einkaufs- 367 Vgl. Abb. 19 Untersuchungen der Entscheidungsphasen im Vergleich. 368 Typisches Verhalten in der Phase der Verhandlung ist der Besuch einer begrenzten Anzahl von Händlern, bei denen Fahrzeuge geprüft, verbleibende Fragen geklärt und Angebote diskutiert werden.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
139
stättentreue gegenüber der Marken- und Produktwahl durch den Kunden beim
Autokauf. Entsprechend der Aussage über die Variabilität der Reihenfolge der
Teilentscheidungen ist jedoch auch die Dominanz der Teilentscheidung Händler
beispielsweise über die Markenentscheidung denkbar. Im Zusammenhang mit der
Entscheidung für die Einkaufsstätte muss der Kunde sich auch für die Art des
Händlers entscheiden. Dem Gebrauchtwagenkäufer stehen hierbei private Anbieter,
freie Gebrauchtwagenhändler oder Markenhändler zur Verfügung. Im Neuwagen-
handel muss sich der Interessent zwischen Markenhändlern sowie beim Angebot von
EU-Neuwagen zwischen Markenhändlern und freien Händlern entscheiden. Die
Teilentscheidung Form des Geschäfts beinhaltet die Entscheidung über Fahrzeugkauf
oder Leasinggeschäft, die Finanzierungsform, mögliche Rückgabe eines Fahrzeugs
und den Abschluss von Zusatzgeschäften. Die Teilentscheidung Realisierung fasst die
abschliessende Verhandlung und Definition von Kosten und Leistungen sowie den
Prozess des Vertragsabschlusses und die Übergabe des Fahrzeugs zusammen.
Grundsätzlich unterscheidet sich die Phase der Verhandlung von der Phase der
Präferenzbildung und Bewertung durch die grössere Bedeutung der Interaktion mit
dem Anbieter.
1.2 Identifikation der Einzelaktivitäten im Kaufprozess
Bei der Analyse der Wirkung der einzelnen Kommunikationskanäle auf die
Teilentscheidungen stellt sich das Problem, dass die Nutzung der
Kommunikationskanäle oder Kontaktstellen nicht genau genug beobachtet werden
kann. Vor allem wird die Nutzung der Kommunikationskanäle durch den Kauf-
interessenten häufig nicht bewusst wahrgenommen, so dass eine Analyse durch
Befragung nicht möglich ist. Um dieses Problem zu umgehen wird für das
Wirkungsmodell das Konstrukt der Einzelaktivitäten eingeführt. Die Einzelaktivitäten
des Kaufinteressenten beim Autokauf sind zum einen die in der Praxis als
Kontaktanlässe im Autohaus bezeichneten Aktivitäten, wie Beratungsgespräch,
Probefahrt, Kaufverhandlung oder Fahrzeugübergabe.369 Zusätzlich gibt es Aktivitäten
hinsichtlich der Informationsrecherche, beispielsweise zu einzelnen Produkten oder
Autohäusern. Entsprechend der Aufgabenstellung dieser Arbeit wird jeweils die
Wirkung der Online-Börsen auf die Einzelaktivitäten untersucht. Die Ermittlung der
Wirkung aller Kanäle auf die Einzelaktivitäten hätte die möglichen Kombinationen
369 METHNER 2002, S. 119.
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zwischen Kontaktstellen, Teilentscheidungen und Einzelaktivitäten so weit erhöht,
dass insbesondere bei den Interviews die notwendige Tiefe und Detaillierung einer
qualitativen Analyse nicht mehr realisierbar gewesen wäre. Zur Prüfung möglicher
Quereffekte zwischen den Online-Börsen und anderen Quellen, wurde in den
Endkundeninterviews die Nutzung anderer Quellen während des Einsatzes der Online-
Börsen abgefragt.
Der Handlungsumfang der Einzelaktivitäten lässt sich eindeutig definieren und es kann
auch abgeschätzt werden, welche Teilentscheidungen von der Aktivität betroffen sind.
Wie bei den Teilentscheidungen wird es auch bei einzelnen Aktivitäten des
Interessenten dazu kommen, dass die Schritte nicht in der direkten Reihenfolge sowie
nicht in jedem Fall vollständig durchlaufen werden. Damit können die Aktivitäten
ebenfalls nur für ein Idealmodell den Teilentscheidungen in einer Reihenfolge
zugeordnet werden. Für die Variabilität der Einzelaktivitäten gibt es eine Reihe
pragmatischer Gründe, so können einzelne Aktivitäten aufgrund einer zeitlichen und
räumlichen Gelegenheit vorgezogen werden, zum Beispiel wenn in einem
Beratungsgespräch beim Händler auch gleich eine Bewertung des vorherigen
Fahrzeugs erfolgt. Genauso wird es, allein schon dadurch, dass viele Interessenten
unterschiedliche Händlerkontakte in die Entscheidungsfindung einbeziehen, zu
zusätzlichen Schleifen mit Wiederholungen einzelner Aktivitäten kommen. Analog zu
den Teilentscheidungen wird für das Idealmodell angenommen, dass abhängig von der
Art des Kaufs manche Teilentscheidungen und damit auch bestimmte Aktivitäten
übersprungen werden. So wird beispielsweise bei einem reinen Wiederholungskauf die
Probefahrt entfallen. Die im Folgenden aufgeführten Einzelaktivitäten des
Interessenten stellen entsprechend der obigen Beschreibung Konstrukte dar, um die
einzelnen Handlungen des Interessenten in logischen und in der Praxis beobachtbaren
Einheiten zusammenzufassen und damit einen Ansatzpunkt für die Wirkung der
einzelnen Marketingmassnahmen oder Kontaktstellen zu bilden. Ausgangspunkt für
die stark heuristisch geprägte Ableitung der einzelnen Aktivitäten war die Erfassung
des Kauf- und Entscheidungsprozesses.370 Zur Abgrenzung diente die Untersuchung
der Prozesse und der Organisation des Verkaufs beim Händler. Abgrenzungskriterien
waren zeitliche und räumliche Aspekte sowie die vermutlich für die Einzelaktivitäten
verwendeten Kommunikationskanäle.371
370 Vgl. Kapitel C.2. 371 Vgl. METHNER 2002, S. 126 zur Eignung verschiedener Kanäle für unterschiedliche Kontaktanlässe.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
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Probefahrt
Fahrzeug-art
Fahrzeug-artZeitpunktZeitpunkt MarkeMarke TypTyp HändlerHändler Form des
Geschäftes
Form des Geschäftes RealisierungRealisierung
Phase der Anregung
Phase der Anregung
Phase der Präferenzbildungund Bewertung
Phase der Präferenzbildungund Bewertung
Phase der Verhandlung
und Entscheidung
Phase der Verhandlung
und Entscheidung
Attraktivität derAnschaffung
Attraktivität derAnschaffung
Beratungs-gespräch
Anfrage/Angebot
GW-Rücknahme
Händler-suche
Vertrags-verhandlung
selbst.Recherche
Anregung
Konfigu-ration
Vertrags-abschluss
Einzelaktivitäten des Autokaufs
Fahrzeug-status
Fahrzeug-status
BesuchAusstellung
Abbildung 25: Einzelaktivitäten der Interessenten beim Autokauf
Anregung
Die Anregung stellt keine vom Kunden selbst gesteuerte Aktivität dar, wie dies bei den
folgenden Einzelaktivitäten der Fall ist. Es handelt sich hierbei um die passive
Aufnahme von Informationen, durch die der weitere Kaufprozess angestossen wird.372
Beteiligt sind von den Marketinginstrumenten des Automobilvertriebs entsprechend
nur proaktiv wirkende Medien, die durch einen Informationspush den zukünftigen
Interessenten erreichen können. Eine wichtige Rolle spielen zudem die automobil-
spezifischen Rahmenbedingungen des Interessenten, beispielsweise durch geänderte
Nutzenerwartungen an sein Auto, die aktuelle Besitzsituation oder das persönliche
Umfeld, etwa durch die Wahrnehmung neuer Produkte oder die Anregung durch
persönliche Kontakte.
Händlersuche
Die Durchführung der Händlersuche wird von den Interessenten je nach gesuchtem
Fahrzeug und seinen individuellen Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich
vorgenommen. Im Neufahrzeuggeschäft kann davon ausgegangen werden, dass
aufgrund der höheren Bedeutung der Markenentscheidung bei den meisten Kunden
zuerst das Interesse an einer Marke besteht, für die dann ein Vertreter vor Ort gesucht
372 Vgl. BETZ 2003, S. 21.
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142
wird. Im Gebrauchtfahrzeuggeschäft ist neben dieser Suche eines Markenhändlers
auch der Besuch von Händlern, bei denen man eine grosse Auswahl interessanter
Fahrzeuge erwartet, ein wichtiges Auswahlkriterium. Im Gebrauchtfahrzeuggeschäft
werden Händler zudem häufig über konkrete Fahrzeugangebote, beispielsweise in
Zeitungen oder Online-Börsen, kontaktiert. Die Aktivität Händlersuche ist die
entscheidende Situation für die Kundenakquisition durch den Händler.
Beratungsgespräch
Das Beratungsgespräch findet im Regelfall im Ladengeschäft des Händlers zwischen
dem Interessenten und einem speziell geschulten Verkaufsmitarbeiter statt. Eröffnung
eines Beratungsgesprächs ist, zumindest im Neuwagenverkauf, die Bedürfnisanalyse.
Schwerpunktmässig geht es hierbei um die Konkretisierung eines markenspezifischen
Bedarfs.373 Es kann davon ausgegangen werden, dass der Interessent zumindest
temporär eine einschränkende Entscheidung über die in die engere Wahl kommenden
Fahrzeugarten und Marken getroffen hat. Der Verkaufsmitarbeiter erfragt die
Anforderungen an ein Fahrzeug gezielt und kann den Interessenten bei der
Fahrzeugauswahl beraten und seine Produktargumentation auf die genannten
Bedürfnisse anpassen. Meist dient der Besuch im Ladengeschäft beim Beratungs-
gespräch auch einer Besichtigung und Erläuterung der relevanten Fahrzeuge in der
Ausstellung des Händlers. Im Beratungsgespräch erfolgt die persönliche Produkt-
argumentation und Einwandbehandlung des Verkäufers. Die Aktivität hat damit einen
grossen Einfluss auf die Entscheidung Marke und Typ. Je nach Wahrnehmung des
Gesprächs durch den Interessenten gibt es ebenfalls einen grossen Einfluss auf die
Einkaufsstättenwahl.
Probefahrt
Die Probefahrt ist eines der wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Auswahl von
Fahrzeugart, Marke, Typ aber auch des Händlers. Für den Händler ist der
Probefahrttermin eine der wenigen Kontaktmöglichkeiten mit einem sich bewusst zu
erkennen gebenden Kunden. Zur Aktivität Probefahrt sollen hier die Gestaltung des
Angebots zur Probefahrt, die Form der Probefahrtvereinbarung, die Übergabe des
Fahrzeugs und der Kontakt bei der Rückgabe gezählt werden.
373 BETZ 2002, S. 24.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
143
Konfiguration
Die Auswahl eines Neu- oder Gebrauchtfahrzeugs stellt immer eine Entscheidung über
die Ausgestaltung einer Reihe von Eigenschaften dar, die hier als Konfiguration
bezeichnet werden sollen. Bei der Bestellung eines Neufahrzeugs, das auf Kunden-
wunsch gebaut wird, ist das Fahrzeug mit Eigenschaften wie Typ, Motorisierung,
Aufbauart, Aussen- und Innenfarben sowie diversen Optionen und Sonder-
ausstattungen zu konfigurieren. Bei Gebrauchtfahrzeugen und bereits gefertigten
Neufahrzeugen wird zumeist nur ein Teil dieser Entscheidungen getroffen und ein
Fahrzeug nach diesen Kriterien ausgewählt. Die Festlegung der einzelnen
Komponenten ist häufig ein längerer Prozess, zu dem vor allem die Einzelaktivitäten
der Informationssammlung, Beratungsgespräch und Probefahrt genutzt werden.374 Im
Rahmen der Orientierung können auch beispielsweise eine autonome Information des
Kunden über die Herstellerwebsite oder Entscheidungshilfen in Fachmagazinen
hinzugezogen werden.
F+L-Angebot
Verträge über Finanzierung oder Leasing (F+L) eines Fahrzeugs sind heute häufig
direkt mit dem Fahrzeugkauf verbunden. Für den Vertragsabschluss sind die
Möglichkeiten eines Barkaufs, eines Kaufs mit einer Finanzierung oder dem
Abschluss eines Leasingvertrags gegeben.375 Sowohl die Finanzierung, als auch einen
Leasingvertrag kann der Kunde über das Autohaus, hier wird in der Regel ein Vertrag
mit einer Bank des Automobilherstellers geschlossen, oder über ein externes Institut
abwickeln. Ein externes Institut können die Hausbank des Interessenten sein oder
spezielle Auto- oder Online-Banken. Beim Neufahrzeug bestimmt das F+L-Angebot
den monatlichen Preis des Fahrzeugs und ist damit häufig kaufentscheidend.
GW-Rücknahme
Die Rücknahme des aktuellen Fahrzeugs ist für viele Interessenten eine wichtige
Serviceleistung des Autohandels. Das zurückgenommene Fahrzeug stellt dabei
zumeist einen wichtigen Anzahlungsbeitrag für das neue Auto dar. Die GW-Rück-
nahme enthält die zwei Arbeitsschritte der Beurteilung des Fahrzeugstatus und der
Ermittlung des aktuellen Restwerts anhand von Marktwerttabellen und dem Fahrzeug-
status. Für die Ermittlung des Fahrzeugstatus muss das Fahrzeug in einer Werkstatt
374 Expertengespräche: DRECHSLER; EMBACHER; MENSING. 375 Da sich diese Arbeit auf den Automobilkauf bezieht, sollen hier längerfristige Mietmodelle explizit nicht mit erfasst werden.
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oder bei einem Sachverständigen vorgeführt werden. Form und Angebot bei der
Gebrauchtwagenrücknahme wirken vor allem auf die Einkaufsstättenwahl, weil durch
die Verrechnung des alten Fahrzeugs der jeweilige Angebotspreis des Händlers
festgelegt wird.
Vertragsverhandlung
Wichtigste Bestandteile der Vertragsverhandlung sind die Einigung auf den Kaufpreis,
die Abstimmung des Liefertermins sowie die Festlegung weiterer Vertrags-
bedingungen, wie z.B. der Zahlungszeitpunkt. Vertragsverhandlung und Vertrags-
abschluss sind hier in separaten Aktivitäten erfasst, da es bereits Praxisbeispiele gibt,
bei denen die Vertragsverhandlung über das Internet geführt wird, während der
Vertragsabschluss dann beim Händler erfolgt. Beispiele hierfür sind die Matchmaker
Modelle in den USA.
Vertragsabschluss
Der erfolgreiche Abschluss durch das gegenseitige Zeichnen des Kaufvertrags findet
ebenfalls meist beim Händler statt. Zum Vertragsabschluss sollen hier auch die
Übergabe des Fahrzeugs und die Einweisung des Kunden gezählt werden.
Selbständige Recherche
Als selbständige Recherche sollen Aktivitäten bezeichnet werden, bei denen der
Kunde ausserhalb der zuvor genannten Einzelaktivitäten Informationen für konkrete
Fragestellungen beschafft. Charakteristisch ist hierbei das im Vergleich zu den
folgenden Aktivitäten am weitesten gespannte Spektrum an Kommunikations-
schnittstellen.376 Typische Beispiele dieser Einzelaktivität sind die Beschaffung von
Prospektmaterial und die Nutzung von Presseartikeln. Ebenfalls zur Informations-
sammlung sollen Aktivitäten der Abstimmung und Kommunikation zwischen anderen
Einzelaktivitäten der Teilentscheidungen gezählt werden. Hierbei geht es um einzelne
Rückfragen und die Abstimmung konkreter Punkte in der Entscheidungsfindung. Ein
typisches Beispiel für die Aktivität ist die selbständige Gegenüberstellung von
Angeboten durch den Interessenten, wobei beispielsweise als wichtig wahrgenommene
Produkteigenschaften verglichen werden oder eine eigene Kostenkalkulation erfolgt.
376 Zu den genutzten Informationsquellen siehe Abschnitt C.3.2 Tabelle 16 (Informationsquellen von Internet-Usern) sowie DAT 2005, S. 18-20.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
145
1.3 Idealmodell der Marktplatznutzung
Nach der Identifizierung und Abgrenzung der Konstrukte Teilentscheidung und
Einzelaktivität sollen die beiden Konstrukte jetzt zueinander in Beziehung gesetzt
werden. Welche Einzelaktivitäten hierbei vor allem für die einzelnen Teilent-
scheidungen durchgeführt werden, war ein Ergebnis der Expertengespräche.377 Die
Ergebnisse wurden anhand des idealisierten Ablaufs den Teilentscheidungen im Neu-
und Gebrauchtfahrzeugprozess zugeordnet. Der vermutete Nutzen der Online-Börsen
für den Interessenten wurde anhand der auf den Börsen bereitgestellten
Funktionalitäten abgeleitet.378 Das so ermittelte Modell wird, zur begrifflichen Ab-
grenzung gegenüber dem später festgestellten tatsächlichen Kundenverhalten, als
Idealmodell bezeichnet. Es stellt die Wirkung der Online-Börsen nur schematisch in
einer starken Vereinfachung dar. Das Idealmodell gewinnt seinen Wert, indem es die
Grundlage für die Diskussion der einzelnen Wirkungen im Vergleich zu den
empirischen Realmodellen in der qualitativen Prüfung (Abschnitt D.2) bietet.379
Für die Einzelaktivität Anregung eignet sich das Internet wenig, so dass in dieser
Aktivität keine Bedeutung der Online-Börsen vermutet werden kann.380 Anders bei der
Einzelaktivität der selbständigen Recherche. Aufgrund des sehr hohen Bekanntheits-
grads können Internetbörsen ähnlich wie andere Info-Broker eingeschätzt werden. Das
Internet bietet sich bei der Übermittlung von Informationen an, seien dies
Fahrzeugvorstellungen, Testberichte, Fahrzeugdaten oder Nutzererfahrungen. Die
redaktionellen Inhalte der Online-Börsen sind speziell auf diese Zielgruppe
ausgerichtet. Durch die Positionierung als allgemeine Informationsquelle, bietet sich
den Betreibern die Möglichkeit, Umsätze durch Werbeplatzierungen der Hersteller zu
generieren. Auch bei einzelnen konkreten Fragestellungen bieten sich die Online-
Börsen als Informationsquelle an. Für den Hersteller bedeutet dies, dass er an dieser
Stelle Informationen zur Beeinflussung der Phase der Anregung einbringen kann, um
ggf. später bei der Markenwahl in den Evoked-Set aufgenommen zu werden. Es
können beispielsweise Produktargumentationen übermittelt werden oder der Kunde
377 Vgl. Anhang 2: Materialen zur qualitativen Untersuchung – Leitfaden für die Experteninterviews. 378 Für die Analyse der bereitgestellten Funktionen wurden die öffentlich zugänglichen Bereiche der Online-Börsen Autoscout24, Mobile.de und Autobild.de betrachtet, der Zugriff hierzu fand im Mai 2006 statt. 379 Die Aussagekraft des Modells wird beispielsweise dadurch eingeschränkt, dass Neu- und Gebrauchtfahrzeugprozesse gemeinsam betrachtet werden, ausserdem könnte der Aussagegehalt erhöht werden, wenn auf den idealisierten Ablauf der Teilentscheidungen verzichtet würde und die Einzelaktivitäten individuell für jede Teilentscheidung bewertet würden. 380 Das Internet kann nur an wenigen Stellen proaktiv kommunizieren, vgl. BLIEMEL/FASSOT/THEOBALD 1999, S. 4; eine Möglichkeit wäre, zukünftige Kunden bei anderen Internetaktivitäten über Online-Werbung zu erreichen, was aber nicht in einem Zusammenhang mit dem Betriebstyp der Online-Börsen steht.
___________________________________________________________________________
146
kann Informationen über Händler erhalten. Für diese Informationssuchen stehen die
Info-Broker in Konkurrenz zu den Internetseiten der Hersteller und Händler.
Hinsichtlich der Einzelaktivität Beratungsgespräch werden in Deutschland nur wenige
Funktionen angeboten. Prinzipiell kann im Internet eine Bedürfnisanalyse weitest-
gehend automatisiert abgebildet werden, indem im Sinne eines Profilings die
Bedürfnisse des Kunden erhoben werden und zu diesen Ausprägungen ein Matching
mit vordefinierten Eigenschaften aus einem Pool von Fahrzeugen erfolgt. Eine solche
Anwendung, die auch als Product-Advisor bezeichnet wird, wird beispielsweise von
Ford und GM in den USA angeboten. In eingeschränkter Form können auch
Fahrzeugvergleiche einen Teil des Beratungsgesprächs übernehmen. Diese
Funktionalität ist bei Online-Börsen im deutschen Markt jedoch zum Zeitpunkt dieser
Untersuchung nicht besonders stark ausgeprägt. Noch weniger als beim
Beratungsgespräch können Online-Börsen in der Aktivität der Probefahrt einen
Beitrag zu den Teilentscheidungen liefern. Dies ist auf die Unzulänglichkeiten der
Online-Medien zurückzuführen, haptische, auditive oder olfaktorische Produkt-
eigenschaften zu vermitteln.381
Einzelaktivität Wirksame Funktionen der Online-Börsen
Einflussmöglichkeit auf Teilentscheidungen
Einflussfaktoren
Anregung Medienspezifisch kaum möglich
- -
Händlersuche Konkrete Fahrzeugangebote (Preis- und Angebotsinformationen)
- Marke
- Händler Vorschlag Marke, Händler
Funktion Händlersuche - Marke
- Händler Vorschlag Marke, Händler
Beratungs-gespräch
Konkrete Fahrzeugangebote (Preis- und Angebotsinformationen)
- Marke
- Händler Vorschlag Marke, Händler
Funktion Händlersuche - Marke
- Händler Vorschlag Marke, Händler
Probefahrt Konkrete Fahrzeugangebote (Preis- und Angebotsinformationen)
- Marke
- Händler Vorschlag Marke, Händler
Funktion Händlersuche - Marke
- Händler Vorschlag Marke, Händler
Konfiguration Aktuell keine speziellen Funktionen vorhanden
- -
F+L Angebot Konkrete Fahrzeugangebote (Preis- und Angebotsinformationen)
- Attraktivität der Entscheidung
- Zeitpunkt Preisorientierung
381 BETZ 2002, S.26.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
147
- Fahrzeugstatus
- Fahrzeugart, Marke, Typ
- Händler
- Form des Geschäfts
Angebotspräsentation von F+L Anbietern
Händler, F+L Anbieter Vorschlag F+L-Anbieter,
Leistungspreis
GW-Rücknahme Konkrete Fahrzeugangebote (Preis- und Angebotsinformationen)
- Händler
- Form des Geschäfts
- Realisierung
Fahrzeugpreise (Altfahrzeuge)
Vertrags-verhandlung
Aktuell keine speziellen Funktionen vorhanden
- -
Vertrags-abschluss
Aktuell keine speziellen Funktionen vorhanden
- -
Individuelle Recherche
Allgemeine Fahrzeuginformationen aus dem redaktionellen Teil
- Attraktivität der Entscheidung
- Zeitpunkt
- Fahrzeugstatus
- Fahrzeugart, Marke, Typ
Neuheitsgrad der Produkte, Produktargumentation, Vorschlag von Fahrzeugart, Marke, Typ
Produktinformationen aus dem redaktionellen Teil
- Attraktivität der Entscheidung
- Zeitpunkt
- Fahrzeugstatus
- Fahrzeugart, Marke, Typ
Neuheitsgrad der Produkte, Produktargumentation, Vorschlag von Fahrzeugart, Marke, Typ, Preisorientierung
Konkrete Fahrzeugangebote (Preis- und Angebotsinformationen)
- Attraktivität der Entscheidung
- Zeitpunkt
- Fahrzeugstatus
- Fahrzeugart, Marke, Typ
Neuheitsgrad der Produkte, Produktargumentation, Vorschlag von Fahrzeugart, Marke, Typ, Preisorientierung
Funktion Händlersuche - Marke
- Händler Vorschlag Marke, Händler
Tabelle 22: Mögliche Wirkung der Online-Börsen auf Teilentscheidungen
Abbildung 26 zeigt im Idealmodell, über welche Einzelaktivitäten die Online-Börsen
mit ihren Funktionen und Inhalten gemäss Tabelle 22 Einfluss ausüben können. In
einer frühen Phase ist zu vermuten, dass der Interessent den bequemen Zugriff auf die
Informationen und die Anonymität des Internet nutzt, um sich einen Marktüberblick zu
verschaffen und seine Vorstellungen zwischen seinem finanziellen Spielraum und
seinen Fahrzeugwünschen abstimmt. Die selbständige Recherche durchzieht die
gesamte Entscheidungsphase bis zur Realisierung. Händlersuche und Beratungs-
gespräch beginnen mit der Entscheidung über den Fahrzeugstatus. Die vermutete
Nutzung der Online-Börsen ist die Unterstützung bei der Suche nach Detail-
informationen, Ansprechpartnern und konkreten Preisen in den Einzelaktivitäten
Recherche und Händlersuche. Probefahrt und Konfiguration schliessen sich an die
Händlersuche und das Beratungsgespräch an. Hierbei werden die Teilentscheidungen
zu Fahrzeugart, Marke und Typ vorbereitet. Mit der entsprechenden Konkretisierung
___________________________________________________________________________
148
der Kundenwünsche werden für den Kunden spezielle Fahrzeugangebote interessanter
und die Einkaufsstättenwahl muss getroffen werden. In der Phase der Verhandlung
und Entscheidung können die Online-Börsen dann mit ihren konkreten Fahrzeug-
preisen für Fahrzeuge mit unterschiedlichem Fahrzeugstatus eine wichtige Rolle bei
der Rücknahmeverhandlung und Verwertung des bestehenden Fahrzeugs spielen.
Teilentscheidungen des Autokaufs
Abschluss
Einzelaktivitäten des Autokaufs
Attraktivität derAnschaffung
Attraktivität derAnschaffung ZeitpunktZeitpunkt Fahrzeug-
status
Fahrzeug-status
• Marktüberblick• Preisüberblick• Realisierbarkeit
• Vergleich derPreissituationbeim Fahrzeugstatus
• Detailinfos• Ansprechpartner• Detailpreise
• Konkrete Fahrzeugangebote• Händler
• Rückgabe-wert
Anfrage/Angebot
selbständige Recherche
Händlersuche
RealisierungRealisierungFahrzeug-art
Fahrzeug-art MarkeMarke TypTyp HändlerHändler Form des
Geschäfts
Form des Geschäfts
Konfiguration
Probefahrt
Beratungsgespräch
GW-Rücknahmelala
Vertragsverhandlung
Wirkung:
Abbildung 26: Mögliche Wirkung der Online-Börsen auf die Einzelaktivitäten
2. Empirische Prüfung und Diskussion des Wirkungsmodells Das im vorherigen Kapitel logisch hergeleitete Wirkungsmodell soll nun anhand von
Tiefeninterviews mit Endkunden und Expertengesprächen erprobt und diskutiert
werden.382 Die Diskussion wird ebenfalls anhand des Kaufprozesses geführt. Neben
der für das Modell wichtigen Prüfung der Konstrukte Teilentscheidung und Einzel-
aktivität auf ihre Nützlichkeit zur Beschreibung des Kaufprozesses wurden so zugleich
Informationen über den Kaufprozess selbst gewonnen, die eine interessante Ergänzung
des Vorverständnisses aus den vorherigen Abschnitten darstellt. Schlussendlich wurde
die konkrete Wirkung der Online-Börsen in den einzelnen Fällen der Endkunden
identifiziert und hinterfragt. Der empirische Teil wurde auf die Prüfung der Konstrukte
382 Zur Durchführung der Interviews und zur Auswahl der Befragten siehe Abschnitt A.3.3 Forschungsmethodisches Vorgehen.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
149
Teilentscheidung und Einzelaktivität sowie der Rolle des Marktplatzes ausgerichtet.383
Darüber hinausgehende Aspekte, zum Kaufprozess im Allgemeinen und zur Nutzung
des Internets beim Autokauf, werden im folgenden Abschnitt D.2.2 vorweg-
genommen. Es war erkennbar, dass aufgrund der hohen Komplexität bei einer
übergreifenden Betrachtung des Kaufprozesses, die für die Untersuchung der Online-
Börsen ausgewählte Stichprobe der Endkundeninterviews wesentlich zu gering ist.
Aufgrund der Fokussierung auf die Fragen zur Wirkung der Online-Börsen konnten
diese allgemeinen Aspekte des Kaufverhaltens beim Autokauf nicht tief genug
hinterfragt werden und wurden nicht systematisch über alle Interviews erfasst und
ausgewertet. Diese Aussagen sollten trotzdem als Ergänzung zu den Aussagen für die
Beschreibung der Automobilbranche dargestellt werden, da sie eine interessante
Vertiefung der Aussagen aus der Branchenanalyse beinhalten.
2.1 Rahmenbedingungen der empirischen Erhebung
Für die qualitative Befragung der Endkunden wurden insgesamt 14 Interviews
durchgeführt.384 Bedingungen bei der Auswahl der Befragten waren, dass diese vor
kurzer Zeit ein Auto gekauft haben oder sich im Kaufprozess befinden, dass sie nicht
selbst oder ihr Partner in der Autobranche beschäftigt sind und dass sie grundsätzlich
das Internet nutzen. Es wurde bei der Auswahl darauf geachtet, dass unterschiedliche
Grade der Internetnutzung abgedeckt wurden und dass eine regionale Differenzierung
vorgenommen wurde. Die ersten beiden Interviews dienten zur Erprobung des
Vorgehens und der Tauglichkeit des Interviewleitfadens. Der Interviewleitfaden wurde
nach den beiden Interviews leicht überarbeitet und danach bei den 12 ausgewerteten
Interviews einheitlich verwendet.385 Die 12 Interviews wurden immer persönlich
geführt und dauerten zwischen 90 und 120 Minuten. Es wurde immer ein Interview
durchgeführt, protokolliert und ausgewertet. Danach wurde über das weitere Vorgehen
entschieden. So konnte die Auswahl der Probanden auch nach den im Aus-
wertungsprozess neu entstandenen Fragestellungen oder interessanten Merkmalen
ausgerichtet werden. Beispielsweise wurden bei den letzten Befragungen gezielt
Käufer von jungen Gebrauchten bzw. Neufahrzeugen ausgewählt. Kriterium für die
Fragestellungen war dabei immer die Frage nach der Rolle der Online-Börsen. Nach
383 Vgl. Interviewleitfaden im Anhang 2. 384 Die Befragung erfolgte im Zeitraum vom 24.02.2006 bis 15.05.2006. 385 Eine notwendige Anpassung musste vor allem deshalb durchgeführt werden, da die Probanden den Anschein erweckten, dass man sich nachträglich einem idealen Vorgehen anpasste. Um dies auszuschliessen wurde die Beschreibung des Kaufprozesses danach als narratives Interview geführt. Vgl. zum narrativen Interview MAYRING 2002, S. 72-76.
___________________________________________________________________________
150
12 Befragungen zeigte sich ein homogenes Bild bezüglich dieses Einflusses und die
Muster der Nutzung begannen sich zu wiederholen, so dass die Interviews abge-
schlossen werden konnten. Die folgende Tabelle 23 gibt einen Überblick über die
einzelnen Befragten, die in die Auswertung mit aufgenommen wurden und liefert die
Referenz für die Zuordnung der Aussagen bei der Vorstellung der empirischen
Ergebnisse.
1. Referenz: Hr. P. (*1978)
Hr. P. ist IT-Consultant und hat sein 6. Fahrzeug gekauft. Das Fahrzeug war ein Gebrauchtwagen und wurde von Privat erworben.
Hr. P. ist ledig und hat beruflich viel mit dem Internet zu tun (Nutzung >10h/Woche). Es gibt wenig private Nutzung.
2. Referenz: Hr. F. (*1982)
Hr. F. ist Student und lebt in einer siebenköpfigen Familie. Er hat seine Eltern beim Kauf eines Familienfahrzeugs unterstützt. Das Fahrzeug wurde neu beim Markenhändler gekauft.
Hr. F. nutzt das Internet ca. 2h/Woche privat und für sein Studium.
3. Referenz: Hr. M. (*1971)
Hr. M. ist freiberuflicher Architekt und hat sein 4. Fahrzeug privat gebraucht gekauft.
Hr. M. ist ledig und nutzt das Internet vor allem privat ca. 10h/Woche.
4. Referenz: Dr. H. (*1972)
Dr. H. ist Diplom-Chemiker und hat sein zweites Auto gekauft. Es ist sein erstes Neufahrzeug. Internetnutzung erfolgt privat und beruflich mit ca. 5h/Woche.
5. Referenz: Hr. K. (*1965)
Hr. K. ist Industriekaufmann. Als 4. Fahrzeug hat er zusammen mit seiner Frau einen Vorführwagen gekauft. Es war der erste Kauf beim Markenhändler.
Hr. K. ist verheiratet, ohne Kinder und nutzt das Internet überwiegend privat (ca. 10h/Woche).
6. Referenz: Hr. W. (*1972)
Hr. W. ist Diplom Kaufmann. Der Kauf war sein 8. Fahrzeugkauf, die bisher immer privat erfolgt sind. Herr W. ist verheiratet mit einem Kind.
Hr. W. nutzt das Internet beruflich (ca. 5h/Woche) und privat (ca. 2h/Woche).
7. Referenz: Hr. S. (*1964)
Hr. S. ist selbständiger Apotheker, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Hr. S. hat sein 8. Fahrzeug neu beim Markenhändler gekauft. Hr. S. nutzt das Internet vor allem geschäftlich, jedoch < 5 h/Woche.
8. Referenz: Fr. C. (*1944)
Frau C. ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Frau C. ist Hausfrau und sucht für ihre Tochter ein Neufahrzeug.
Frau C. nutzt das Internet privat <3h/Woche.
9. Referenz: Hr. G. (*1949)
Hr. G. ist selbständiger Handwerksmeister. Hr. G. ist verheiratet und hat drei Kinder. Es sind im Geschäft und im Haushalt mehrere Fahrzeuge vorhanden. Der Kauf eines jungen Gebrauchtfahrzeugs für die private Nutzung war der 41. Fahrzeugkauf. Der Kauf erfolgte über einen Markenhändler. Hr. G. ist mehr als 20h/Woche beruflich und geschäftlich im Internet.
10. Referenz: Hr. O. (*1979)
Hr. O. ist Student und hat sein zweites Fahrzeug privat gekauft. Hr. O. ist ledig und lebt bei seinen Eltern. Er nutzt das Internet <5h/Woche, zumeist für sein Studium.
11. Referenz: Hr. J. (*1969)
Hr. J. ist Elektroingenieur. Er ist ledig und hat einen Jahreswagen beim Markenhändler gekauft. Es war sein 4. Fahrzeugkauf.
Hr. J. ist knapp 10h/Woche im Internet, sowohl beruflich als auch privat.
12. Referenz: Fr. A. (*1962)
Fr. A. ist Arzthelferin. Fr. A. ist ledig und hat ein Neufahrzeug bei einem freien Händler gekauft. Fr. A. nutzt das Internet weniger als 5 h/Woche.
Tabelle 23: Kurzbeschreibung der Teilnehmer bei den Endkundeninterviews
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
151
In den Endkundeninterviews wurden bewusst nicht die logisch hergeleiteten
Ergebnisse mit den Interviewpartnern besprochen. Die Kunden wurden in den
Interviews gebeten selbständig den Vorgang vom Zeitpunkt des besonderen Interesses
für ein neues Auto bis zum Kaufabschluss zu beschreiben. Diese Ergebnisse wurden
bereits während des Gesprächs so dokumentiert, dass nach der Beschreibung durch
den Interviewten eine Diskussion über die tatsächliche Reihenfolge der einzelnen
Schritte im Kaufprozess und deren Ausprägung möglich wurde. Ergänzt wurde die
Beschreibung des Vorgehens durch konkrete Einzelfragen zur Nutzung bestimmter
Internetseiten, deren Nutzungshäufigkeit, zu Zielen und Ergebnissen. Zum Abschluss
des Interviews wurde der Interviewte gebeten eine Bilanzierung des Kaufprozesses
und seines Ergebnisses zu geben. Ziel war hierbei unter anderem die Schlüssigkeit der
vorherigen Aussagen zu prüfen und mögliche Ansatzpunkte für Verbesserungen oder
Wettbewerbsvorteile im Angebot zu identifizieren.
2.2 Erkenntnisse zum allgemeinen Kaufprozess
Während sich für die Nutzung der Online-Börsen durch die Befragten ein weitgehend
einheitliches Bild ergab, war der Ablauf der gesamten Kaufphasen zwischen den
Befragten sehr unterschiedlich. Betrachtet man den gesamten Kaufprozess, war zuerst
das unterschiedliche Engagement bei der Vorbereitung der richtigen Teilentscheidung
auffällig. Der Begriff Engagement soll hierbei den Grad ausdrücken, mit dem der
Interessent die von ihm als sinnvoll erachteten Recherchen und Abklärungen vor den
einzelnen Teilentscheidungen verfolgte.386 Hierzu gehört beispielsweise die bewusste
Abklärung der eigenen Bedürfnisse, das Aufstellen von Kriterien für die Fahrzeug-
bewertung, die genaue Einschätzung des eigenen Budgets, die Kalkulation der mit
dem Fahrzeugkauf anfallenden Betriebskosten und die optimale Vermarktung des
bestehenden Fahrzeugs. Nur bei drei Interviews, in denen die Käufer darstellten,
besonders intensiv und unter professioneller Mediennutzung gehandelt zu haben,
bestand bei den Interviewten das Gefühl, nicht willkürlich zu handeln und den Prozess
sicher zu überblicken.387 Bei allen anderen Interviews gab es immer wieder Hinweise
der Interviewten, dass es in unterschiedlichen Teilentscheidungen Fragen und den
386 An dieser Stelle wird bewusst nicht der Begriff des Involvements (siehe Abschnitt C.2.1) verwendet. Das Besondere erscheint in diesem Fall gerade der Unterschied zwischen dem als hoch zu betrachtenden Involvements beim Autokauf und dem tatsächlichen Vorgehen der Befragten sowie die sich daraus für die Befragten ergebene Disposition zu sein. 387 Interview Hr. M.; Dr. H.; Hr. G.
___________________________________________________________________________
152
Bedarf an weiteren Informationen gab. Vielen dieser Punkte wurden vom
Interessenten in seinem Entscheidungsprozess jedoch nicht nachgegangen, da man sich
nicht klar darüber war, wie man vorgehen wollte, das Vorgehen zu mühevoll erschien
oder man sich über den Erfolg einer weiteren Recherche nicht sicher war. In diesen
Interviews fiel auf, dass die Befragten versuchten, nachträglich Begründungen für
dieses Verhalten zu konstruieren. Auch wenn die allgemeinen Ergebnisse zum
Autokauf aufgrund der Stichprobe und dem Schwerpunkt der Befragung nicht
verallgemeinert werden können, so kann doch für die 12 Befragten geschlossen
werden, dass sich aus dem unterschiedlichen Engagement auch ein grundsätzlich
unterschiedliches Kaufverhalten ergab. Für die Gestaltung der Verkaufsprozesse für
den Anbieter bedeutet dies unter anderem, dass er eine sehr unterschiedliche
Erwartungshaltung der Interessenten in den Einzelaktivitäten zu erfüllen hat, dass aber
auch die Einflussmöglichkeit auf den Interessenten sehr unterschiedlich ist.
Als wichtiges Entscheidungskriterium für Teilentscheidungen liessen sich in den
Interviews immer wieder die individuelle Risikowahrnehmung, die Strategien der
Kunden zur Minderung dieses Risikos sowie die bisherigen Erfahrungen hiermit im
Autokauf identifizieren.388 Die Risikowahrnehmung entsteht aus den wahr-
genommenen Unsicherheiten beim Autokauf, verbunden mit der Höhe des Kaufpreises
im Verhältnis zum zur Verfügung stehenden Einkommen. Die subjektive Risiko-
wahrnehmung bezieht sich beispielsweise darauf, dass die Produkteigenschaften,
beispielsweise im Sinne der Zuverlässigkeit oder der Restwertentwicklung bei
Neuwagen, nur begrenzt vorhergesehen werden können. Beim Kauf von
Gebrauchtwagen ist das Risiko die schwierige Bewertung des tatsächlichen Fahrzeug-
zustands und seines Wertes und das Risiko verdeckter Mängel. Alle Interviewten
hatten sich individuelle Mittel zur Reduzierung dieses Risikos vorbereitet. Bei den
privaten Gebrauchtfahrzeugkäufen war dies beispielsweise die Vertrauenswürdigkeit
des Verkäufers, bewertet an seiner Person und dem Umfeld, in dem das Auto
angeboten wurde.389 Die Käufer, die privat ihre Fahrzeuge erworben hatten, verfügten
bereits durch vorherige Käufe über Erfahrungen mit dem Kauf von Privatanbietern
und sahen es nicht als besonderes Risiko an von Privat zu kaufen und würden dies
auch wieder tun. In den vorliegenden Fällen wurden zuerst sehr günstige Fahrzeuge
mit geringerem wahrgenommenem Risiko erworben und damit ein Vertrauen in die
grundsätzliche Machbarkeit von privaten Käufen erworben. Hier scheint es eine enge
388 Interview Dr. H; Hr. P.; Hr. M.; Hr. K.; Hr. W.; Hr. O.; Hr. J.; Fr. A. 389 Interview Hr. M; Hr. W.; Hr. P.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
153
Verbindung zwischen der Risikowahrnehmung und den gemachten Erfahrungen zu
geben. Auch die Teilentscheidungen Marke, Typ, Ausstattung und Händler sind stark
von den vorherigen Erfahrungen geprägt. Genannt wurden hier bezüglich der
Risikominimierung bei der Markenentscheidung die Erfahrungen mit Reklamations-
und Garantieabwicklungen.390 Hinsichtlich der Händlerwahl wurden Erfahrungen aus
dem Werkstattbereich genannt.391 Dies waren hohe Reparatur- und Wartungskosten
oder im positiven Fall gute Hilfestellungen bei Problemfällen.
Alle Interviewten gingen mit einer Reihe von Vorentscheidungen in den
Entscheidungsprozess. Es gab damit in allen Fällen Prämissen für einen Autokauf, die
vom Interviewten schon vor dem Beginn der Beschäftigung mit den ersten
Teilentscheidungen als gegeben angesehen wurden. Der Inhalt dieser Prämissen war
dabei jeweils unterschiedlich. Beispiele sind Fahrzeugkriterien, wie Fahrzeuggrösse,
Aufbauart oder Motorisierung, aber auch die Einschränkung für eine bestimmte Marke
oder einen Händler. Hierfür wurden ebenfalls persönliche Erfahrungen oder
Erfahrungen im engeren sozialen Umfeld als bestimmend genannt. Hinzu kommen
individuelle Sympathien für bestimmte Ausprägungen. Interessant war in diesem
Zusammenhang, dass bei der Entscheidung für die Marke häufig Prägungen im
familiären Umfeld genannt wurden.392 Für die einzelnen Teilentscheidungen bedeutet
dies, dass es zum Teil nur geringe Freiheitsgerade in der Entscheidungsfindung gab.
Bestimmte Teilentscheidungen wurden bei einzelnen Interviewten als gesetzt
bezeichnet, andere hatten noch einen vorläufigeren Charakter. Dieses Vorgehen wurde
von den Interviewten immer bewusst wahrgenommen. Für den Anbieter bedeutet dies,
dass er bei der Information und Argumentation mit dem Interessenten auf sehr
unterschiedliche Grade der Offenheit für die Veränderung seiner Voreinschätzung
trifft.
390 Hr. S.; Fr. C.; Hr. G. –Kunden mit Erfahrungen mit Neufahrzeugen. 391 Hr. S.; Fr. C.; Hr. G.; Hr. J.; Dr. H. 392 Hr. P.; Dr. H.; Hr. K.; Hr. W.; Fr. A.
___________________________________________________________________________
154
2.3 Analyse von Teilentscheidungen und Einzelaktivitäten
Im Rahmen der Endkundeninterviews sollten die Probanden selbständig das Vorgehen
und den Verlauf beim Kauf ihres Fahrzeugs beschreiben. Die Endkunden gliederten
hierbei auch den Kaufprozess in einzelne Entscheidungen. Die Abgrenzung zwischen
einzelnen Entscheidungen, die so vorgenommen wurden, entsprach weitestgehend dem
gewählten Ansatz der Teilentscheidungen. Auch das Vorgehen wurde von den
Interviewten so wahrgenommen, wie es durch den Einsatz der Einzelaktivitäten
beschrieben wurde. Das Vorgehen der Endkunden wurde jeweils zusammengefasst
und zur besseren Vergleichbarkeit aufbereitet. Die Abbildungen 27 bis 29 zeigen drei
typische Vorgehensweisen beim Autokauf. An diesen soll die ermittelte Funktion der
Online-Börsen dargestellt werden.
Ausgangssituation
Attraktivität derAnschaffung
Attraktivität derAnschaffung ZeitpunktZeitpunkt Fahrzeug-
status
Fahrzeug-status RealisierungRealisierungFahrzeug-
art
Fahrzeug-art MarkeMarke TypTyp HändlerHändler Form des
Geschäfts
Form des Geschäfts
MarkeMarke TypTyp HändlerHändlerMarkeMarke TypTyp HändlerHändler
Attraktivität derAnschaffung
Attraktivität derAnschaffung BudgetBudget Fahrzeug-
status
Fahrzeug-status
Fahrzeug-art
Fahrzeug-art
MarkeMarke TypTyp HändlerHändlerAus-stattung
Aus-stattung
Fahrzeug-status
Fahrzeug-status
Fahrzeug-art
Fahrzeug-art
RealisierungRealisierung
Aus-stattung
Aus-stattung
HändlerHändler
Form des Geschäfts
Form des Geschäfts MarkeMarke TypTyp
Ermitteltes Vorgehen „Dr. H.“
Nutzung Online Börse Zusammengefasste Teilentscheidungen Realisierungsmöglichkeit
Abbildung 27: Kaufprozess am Beispiel: Dr. H.
Die Abbildung 27 zeigt das Vorgehen von Dr. H., der zuerst intensiv nach einem
Gebrauchtfahrzeug gesucht hat und sich während des Kaufprozesses für einen
Neuwagen entschieden hat. Das Beispiel Dr. H. zeigt zuerst zwei bislang fehlende
Aspekte der Teilentscheidungen. Bezüglich des Budgets war bisher davon
ausgegangen worden, dass es sich hierbei um eine Prämisse ausserhalb des Ent-
scheidungsprozesses handelt. In einigen Interviews wurde das Budget jedoch bewusst
entschieden und es gab auch eine entsprechende Informations- und Verarbeitungs-
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
155
phase zu dieser Teilentscheidung.393 Bereits nach der Entscheidung für den Fahrzeug-
status und die Fahrzeugart begann Dr. H. mit der Suche nach konkreten Fahrzeug-
angeboten über Online-Börsen. Bezüglich Marke, Typ, Ausstattung und Händler
bestanden Anforderungen, es wurden aber noch keine Vorentscheidungen getroffen.
Gesucht wurden deshalb Kombinationen aus diesen Varianten. Wichtig sind bei den
Varianten gewünschte Ausstattungen, wie beispielsweise ein besonderer Sitz in
bestimmten Marke-Typ-Kombinationen.394 Im Fall von Dr. H. verhinderten fehlende
Ausstattungen jeweils einen möglichen Kauf. Auch das Merkmal Ausstattung ist für
die Teilentscheidungen zu ergänzen. Anhand der konkreten Angebote, die in den
Online-Börsen ermittelt wurden, wäre eine Realisierung prinzipiell möglich gewesen.
Da die Kombinationen jedoch nicht den Prämissen entsprachen, wurde die Suche
abgebrochen und der Fahrzeugstatus vom Gebrauchtfahrzeugkauf auf den Neu-
fahrzeugkauf geändert. Nach der Entscheidung für ein Neufahrzeug erfolgte keine
Nutzung der Online-Börsen mehr.
Ausgangssituation
Attraktivität derAnschaffung
Attraktivität derAnschaffung ZeitpunktZeitpunkt Fahrzeug-
status
Fahrzeug-status RealisierungRealisierungFahrzeug-
art
Fahrzeug-art MarkeMarke TypTyp HändlerHändler Form des
Geschäfts
Form des Geschäfts
MarkeMarke TypTypMarkeMarke TypTyp
Attraktivität derAnschaffung
Attraktivität derAnschaffung MarkeMarke TypTyp Fahrzeug-
status
Fahrzeug-status
Fahrzeug-art
Fahrzeug-art
RealisierungRealisierung
HändlerHändler
Ermitteltes Vorgehen „Hr. G.“
HändlerHändlerHändlerHändler
HändlerHändlerAus-stattung
Aus-stattung
Nutzung Online Börse Zusammengefasste Teilentscheidungen Realisierungsmöglichkeit
Abbildung 28: Kaufprozess am Beispiel: Hr. G.
Abbildung 28 zeigt am Beispiel von Hr. G. die vollständige Variabilität bei der
Anordnung der Teilentscheidungen. In diesem Fall erfolgte sehr früh die Einkaufs-
stättenwahl. Dafür erfolgte die Entscheidung über den Fahrzeugstatus erst, nachdem
man sich für eine Marke-Typ-Kombination entschieden hatte und eine Markt- und
Preisübersicht bestand. In den Interviews gab es zwischen der Entscheidung für den
393 Ebenfalls genannt bei den Interviews: Hr. P.; Hr. M.; Hr. K.; Hr. W.; Fr. A. 394 Bei den Interviews mit besonderer Bedeutung der Ausstattung handelte es sich um Sicherheits- oder Komfortausstattungen, die eine wichtige Rolle bei der Entscheidung spielten, z.B. Dr. H. (Sitz), Hr. M. (Seitenairbags) oder Hr. W. (Schiebedach).
___________________________________________________________________________
156
Zeitpunkt und der Form des Geschäfts verschiedenste Anordnungen dieser
Teilentscheidungen, so dass davon ausgegangen wird, dass es hier kein einheitliches
Muster gibt. Auch bei Hr. G. hätte es bereits eine Realisierungschance in der ersten
Phase der Nutzung der Online-Börse gegeben. Die in den Abbildungen als Punkt
dargestellte Realisierungsmöglichkeit entspricht der Einzelaktivität Anfrage/Angebot.
Da seitens der Händler nicht konsequent angeboten wurde, entschloss sich Hr. G. zu
einem systematischen Vorgehen und überlegte nach der Entscheidung für eine Marke-
Typ-Kombination, mit welchem Fahrzeugstatus er dieses Fahrzeug erwerben möchte.
Hierbei verglich er Fahrzeugzustände mit den jeweiligen Preisen. Es fand eine
Nutzung der Börsen statt, bei der allerdings nicht die Absicht bestand ein konkretes
Fahrzeug zu kaufen. Erst nach der Entscheidung für den Fahrzeugstatus „junger
Gebrauchter“ wurde für die gewünschte Kombination nochmals in Online-Börsen
recherchiert und sich hierbei anhand der Teilentscheidungen Ausstattung und Händler
für ein konkretes Angebot entschieden.
Ausgangssituation
Attraktivität derAnschaffung
Attraktivität derAnschaffung ZeitpunktZeitpunkt Fahrzeug-
status
Fahrzeug-status RealisierungRealisierungFahrzeug-
art
Fahrzeug-art MarkeMarke TypTyp HändlerHändler Form des
Geschäfts
Form des Geschäfts
MarkeMarke TypTyp HändlerHändlerMarkeMarke TypTyp HändlerHändler
Attraktivität derAnschaffung
Attraktivität derAnschaffung BudgetBudget Fahrzeug-
status
Fahrzeug-status
Fahrzeug-art
Fahrzeug-art
MarkeMarke TypTyp HändlerHändlerAus-stattung
Aus-stattung RealisierungRealisierung
Aus-stattung
Aus-stattung
Form des Geschäfts
Form des Geschäfts
Ermitteltes Vorgehen „Hr. M.“
MarkeMarke TypTypMarkeMarke TypTyp
MarkeMarke TypTyp
Nutzung Online Börse Zusammengefasste Teilentscheidungen Realisierungsmöglichkeit
Abbildung 29: Kaufprozess am Beispiel: Hr. M.
Auch der in Abbildung 29 dargestellte Kaufprozess von Hr. M. zeigt wie im Fall von
Hr. G. die Verwendung der Online-Börse einmal zur allgemeinen Information ohne
Kaufabsicht und dann mit dem Ziel einer konkreten Realisierung. Hr. M. prüfte zuerst
anhand eines definierten Budgets welche Varianten der Fahrzeugbeschaffung für ihn
in Frage kommen. Hierzu nutzte er bereits die Online-Börse. Mit diesen Kenntnissen
legte er die Form des Geschäfts, die Fahrzeugart und die wichtigsten Ausstattungen
fest. Bei der zweiten Recherche auf Online-Börsen wurde ein Evoked-Set an
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
157
Fahrzeugen gebildet. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch eine Realisierung möglich
gewesen. Nach dem erfolglosen Versuch wurden verschiedene Marke-Typ-
Ausstattung-Händler-Variationen gesucht, hierbei wurde eine interessante
Kombination gefunden und realisiert.
Vergleicht man das Idealmodell mit den Ergebnissen der 12 Befragungen, so
bewähren sich die Konstrukte Teilentscheidung und Einzelaktivität, um den Zeitpunkt
des jeweiligen Einsatzes der Online-Börsen zu identifizieren und um ihren Beitrag bei
der Entscheidungsfindung und teilweise dem Kaufabschluss zu bestimmen. Zu
ergänzen sind die beiden Teilentscheidungen Budget und Ausstattung. Die Teil-
entscheidung Zeitpunkt hatte bei keinem der Befragten eine entscheidende Bedeutung
und kann entfallen. Nicht bestätigt hat sich eine Form des idealtypischen Ablaufs im
Entscheidungsprozess. Hierfür gab es bei der Befragung mehrere Gründe. Zum einen
war die Reihenfolge der einzelnen Teilentscheidungen bei den Befragten jeweils
individuell unterschiedlich. Dass die Teilentscheidungen teilweise in Kombinationen
getroffen wurden, erhöhte zudem die Anzahl möglicher Varianten. In den meisten
Fällen wurde zudem eine Teilentscheidung wieder in Frage gestellt, wenn das
gewünschte Fahrzeug nicht gefunden wurde, so dass sich der Fall weiter
individualisierte. Insgesamt liess sich aus dem Ablauf der Teilentscheidungen der 12
Autokäufe kein wiederkehrendes Muster identifizieren. Dem Idealmodell kann damit
kein empirisches Realmodell entgegengestellt werden. Wie hier geschehen, kann das
Idealmodell nur mit vielen individuellen Realmodellen verglichen werden.
Betrachtet man die Einzelaktivitäten, konnte ermittelt werden, dass auch die
Einzelaktivität Anregung über die Online-Börsen beeinflusst wird. Dies geschieht
dadurch, dass es Nutzer der Online-Börsen gibt, die auch noch ohne konkrete
Kaufabsicht regelmässig die Seiten besuchen und sich beispielsweise die Restwerte
ihres aktuellen Fahrzeugs anzeigen lassen oder sich attraktive Fahrzeugangebote
anschauen. Neben diesem Sonderfall besteht durch die Online-Börsen eine Wirkung
auf die Einzelaktivitäten Selbständige Recherche, Händlersuche, Anfrage/Angebot und
GW-Rücknahme. Bei der Einzelaktivität Selbständige Recherche wurde häufig eine
frühe Nutzung der Online-Börsen genannt, um sich einen Überblick über die
Verfügbarkeit von Gebrauchtwagen einer bestimmten Marke-Typ-Ausstattungs-
kombination zu verschaffen. Während der gesamten Informationsphase dienten die
Online-Börsen dem Preisüberblick und dem Preisvergleich. Typische Fragestellungen
waren hierbei beispielsweise die Preisunterschiede für ein bestimmtes Fahrzeug mit
unterschiedlichem Alter oder unterschiedlich hoher Laufleistung, aber auch ein
___________________________________________________________________________
158
Preisvergleich zwischen ähnlichen Fahrzeugen bei privaten oder gewerblichen
Anbietern. Für die Einzelaktivität Selbständige Recherche wurden die Online-Börsen
auch zur konkreten Produktinformation, wie beispielsweise Motorvarianten, Aus-
stattungen oder Fahrzeugbilder, genutzt. Diese Informationen wurden von den
Befragten jedoch nicht aus dem redaktionellen Teil der Börsen entnommen, sondern
jeweils aus den Beschreibungen der konkreten Produktangebote abgeleitet.
Für die Einzelaktivität Händlersuche dienten die Online-Börsen vor allem zur
Ermittlung von Fahrzeugstandorten bei konkreten Fahrzeugangeboten. Es wurden über
die Börsen aber auch Händler mit attraktivem Gebrauchtwagensortiment in der Nähe
gesucht oder die Adressen für eine direkte Anfrage genutzt. Den Schwerpunkt der
Nutzung der Online-Börsen stellte für die 12 Befragten jedoch die Suche nach
konkreten Fahrzeugangeboten in der Einzelaktivität Anfrage/Angebot dar. Bei den
Gebrauchtfahrzeugkunden gab es hier jeweils eine oder mehrere Phasen, in denen
intensiv nach Wunschfahrzeugen recherchiert wurde und bei denen als Anschluss-
aktivität der Anbieter angefragt oder besucht wurde. Sowohl für die Neu- als auch für
die Gebrauchtfahrzeugkunden bei den Befragten spielten die Online-Börsen eine
wichtige Rolle bei der Einzelaktivität GW-Rücknahme. Die Online-Börsen wurden
dabei dazu genutzt, den Rücknahmewert des bestehenden Fahrzeugs zu ermitteln. Dies
geschah häufig als Vorbereitung auf die Verhandlung mit dem Anbieter, wenn dieser
das bestehende Fahrzeug zurücknehmen sollte.
2.4 Die Rolle des Marktplatzes in den untersuchten Fällen
Obwohl die Nutzung von Online-Börsen bei der Auswahl der Befragten keine
Bedingung war und auch Internetnutzer mit einer geringen Nutzungsintensität befragt
wurden, waren die Online-Börsen allen Befragten bekannt. Die Online-Börsen wurden
von den Befragten als Internetseiten verstanden, die der Suche und Darstellung von
Gebrauchtwagen dienen. Die 12 Befragten hatten damit ein sehr fokussiertes
Verständnis von der Funktion der Online-Börsen. Ergänzende Funktionalitäten, wie
die redaktionellen Inhalte wurden, bis auf einen Fall, ignoriert. Konkret heisst dies,
dass sich die Befragten an Seiten, die über die Fahrzeugsuchmaske, die
Ergebnisübersicht und die Detailanzeigen hinausgingen kaum erinnern konnten.
Verstärkt wird die Fokussierung durch die sehr negative Einschätzung von
Werbemassnahmen im Internet, die nicht dem Ziel entsprechen, mit dem der
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
159
Interessent die Seiten besucht. Zusatzfunktionen wie Finanzierungs- oder
Versicherungsangebote oder zusätzliche Banner wurden deshalb als störend
empfunden und nicht genutzt. In den Fällen, wo eine Nutzung solcher Funktionen
attraktiv schien, wurden die Interessenten durch die Aufforderung ihre Daten
einzugeben abgeschreckt.
Beim Start der Befragungen wurde die Intensität der Internetnutzung erhoben und
versucht einen Einblick in die jeweilige generelle Mediennutzung des Probanden zu
erhalten.395 Dabei zeigte sich, dass in dem Masse in dem das Internet verstärkt in die
Informationssuche eingebunden wurde und je stärker die Nutzung des Internets war
und je stärker auch die anderen Quellen intensiv genutzt wurden der Interessent in
zunehmendem Masse den einzelnen Medien klare Aufgaben zuwies. Online-Börsen
wurden dabei als reine Gebrauchtwagendarsteller genannt und die Konfiguration und
Information über Neufahrzeuge den jeweiligen Herstellerseiten zugewiesen, während
allgemeine Informationen jedoch den unabhängigen Internetseiten und Foren
zugeordnet wurden. Andere Funktionsangebote der Seiten, beispielsweise das
Gebrauchtwagenangebot auf den Herstellerseiten oder Neufahrzeugangebote auf den
Online-Börsen wurden von Interessenten mit hoher Mediennutzung ignoriert. Bei der
Recherche verwendeten diese intensiven Nutzer häufig Suchmaschinen. So waren den
intensiven Internetnutzern auch andere Fahrzeugangebote, beispielsweise die
Internetseiten von EU-Importeuren bekannt. Im Vergleich hierzu nutzten weniger
intensive Internetnutzer verstärkt Internetadressen, die sie in ihrem täglichen Umfeld
ausserhalb des Netzes, beispielsweise in Tageszeitungen oder Magazinen, fanden. Mit
ihrer intensiven Werbung ausserhalb des Internets können die grossen Online-Börsen
diese Zielgruppe gut erreichen.
Die Befragten vermuteten, dass auf den Online-Börsen alle oder zumindest ein
Grossteil der im Markt angebotenen Gebrauchtfahrzeuge dargestellt werden und dass
es kein anderes Medium gibt, im dem eine vergleichbare Auswahl zur Verfügung
steht. Neben diesem Grund wurde von vielen Befragten der als besser wahr-
genommene Bedienkomfort der Online-Börsen im Vergleich zu anderen Autoseiten
genannt. Als weitere Gründe für die Nutzung wurden in den Interviews die
ausführliche und hochwertige Information über die Angebote angegeben. Besonders
395 Die Nutzungsintensität wurde von den Befragten selbst eingeschätzt und anhand der Stundenzahl der Nutzung pro Woche protokolliert. Zur Mediennutzung wurde gefragt, welche Quellen (z.B. Tageszeitungen, Fachzeitschriften, Suchmaschinen) bei der Informationsbeschaffung genutzt wurden und ob diese auch ausserhalb des Fahrzeugkaufs verwendet werden.
___________________________________________________________________________
160
für die wenig internetaffinen Nutzer war zudem der Bekanntheitsgrad der Online-
Börse und ihrer Internetadresse sehr wichtig.
3. Bewertung von Chancen und Risiken Die Chancen und Risiken der Online-Börsen ergeben sich aus der Wirkung auf das
Zielsystem der an der Marktveranstaltung beteiligten Parteien. Diese Wirkung der
Online-Börsen ergibt sich aus ihrer Rolle im Kaufprozess, wie sie im vorherigen
Kapitel dargestellt wurde. Im folgenden Kapitel werden anhand der jeweiligen Ziele
versucht möglichst konkrete Wirkungen aus der beschriebenen Nutzung abzuleiten.
Die Ziele von Hersteller, Händler und Marktplatzbetreiber werden aus den jeweiligen
vorherigen Kapiteln zum Betriebstyp der Online-Börse und dem Distributionssystem
des Automobilvertriebs übernommen. Die Tabelle 24 gibt eine Übersicht über die
Ziele der einzelnen Beteiligten, wie sie sich aus der Branchenanalyse darstellen.
Beteiligter Ziele
Umsatz und Marktanteil
Erzielen der geplanten Preise
Auslastung der Betriebsmittel und Nutzung von Skaleneffekten
Geringe Verkaufskosten als wettbewerbsrelevanter Anteil am kalkulierten Verkaufspreis
Nutzung des Absatzkanals als Differenzierungskriterium
Hersteller
Stabile Restwerte
Umsatz/Verkäufe
Neukundenakquisition
Erzielen wirtschaftlich sinnvoller Verkaufspreise (Händlermarge)
Kostenreduktion/Vermeidung zusätzlicher Kosten
Eigenen Bestand sichern durch Erhalt des Know-hows und der Betriebsmittel sowie durch
Vermeidung von Abhängigkeiten
Absatzmittler
Stabile Restwerte
Umsatz durch maximale Abschöpfung der Nutzungsgebühren bei der
Fahrzeugdarstellung und in der Vermarktung der Kontakte
Marktplatz- betreiber
Sicherstellen des Wachstums, ggf. durch neue Markt- oder Geschäftsmodelle
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
161
Sicherstellen der Wettbewerbskriterien:
Fahrzeugbestand, Markenbekanntheit,
Qualität der Angebote
Strategische Position erhalten und Geschäftsmodell nicht schwächen
Tabelle 24: Übersicht über die Ziele der Beteiligten
Auswirkungen der Online-Börsen auf den Markt an sich
Mit der Darstellung eines Grossteils des Gebrauchtfahrzeugangebots im Markt, der
einheitlichen Strukturierung aller Fahrzeugangebote, deren marken- und
modellübergreifender Vergleichbarkeit durch einheitliche Darstellung der Fahrzeug-
merkmale, der für jeden zugängliche Darstellung aller Fahrzeugdaten und der
Bereitstellung von umfangreichen Suchfunktionen sorgen Online-Börsen für eine
starke Erhöhung der Markttransparenz. Diese Transparenz bedeutet, dass nicht nur
tagesaktuelle Preise für individuelle Fahrzeuge ermittelt werden können, sondern auch
noch eine Differenzierung nach Fahrzeugzustand oder Regionen möglich ist. Damit
können die Nachfrager prinzipiell besser über die Preisstrukturen informiert sein und
es werden sich Handelsgewinne, beispielsweise aus der Arbitrage durch die Nutzung
regionaler Preisunterschiede verringern. Anhand der dargestellten Fahrzeuge können
die aktuellen Angebotsbestände genau abgelesen und daraus auch die Nachfrage für
bestimmte Angebote interpretiert werden. Im Gegensatz zu vielen anderen
Anwendungen im Internet, herrscht auch für private Angebote keine Anonymität, so
dass eine grosse Menge von identifizier- und ansprechbaren Anbietern präsentiert
wird. Im Fall der privaten Anbieter handelt es sich dabei häufig gleichzeitig um
Fahrzeugkunden. Die Online-Börsen sammeln damit nicht nur einen Grossteil der im
Markt befindlichen Fahrzeuge, sondern stellen auch die aktiven Anbieter im Markt
identifizierbar dar. Damit sind auch viele potentielle Kunden bekannt. Allein die
enorme Zahl der vollständig vorliegenden Interessentenadressen stellt für die Betreiber
einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor dar, der zurzeit jedoch noch nicht als
Erlösquelle genutzt wird. Neben der stärkeren Transparenz führen die Börsen auch zu
einer höheren Flexibilität von Preisen und Sortimenten. Änderungen der Anbieter
können beliebig oft und ohne Zeitverzögerung vorgenommen werden. So können
beispielsweise die Anbieter während der Einstellung des Fahrzeugs ohne Zeitverzug
Preiskorrekturen vornehmen.
Die grosse Anzahl von Anbietern und Nachfragern und die Funktionalitäten der
Online-Börsen führen zu Marktkontakten, die sonst nicht stattgefunden hätten. Aus
___________________________________________________________________________
162
Sicht des Anbieters bedeutet dies das Erschliessen neuer Kundenkreise. Beispielsweise
indem Kunden anderer Regionen angesprochen werden oder Kunden interessante
Fahrzeuge entdecken, die sie sonst nicht bei diesem Händler gesucht hätten. Für die
Nachfrager bietet das erweiterte Angebot die Chance auch individueller
zugeschnittene Fahrzeuge entsprechend ihrer Wünsche zu finden. Der Gegensatz
zwischen einem Neuwagen, der individuell auf die Wünsche des Kunden
zugeschnitten ist und einem Gebrauchtwagen, der jeweils ein Unikat darstellt, wird
durch die Menge an vergleichbaren Gebrauchtwagen abgemildert. Damit wird
zugleich die Einmaligkeit einzelner Gebrauchtwagenangebote aus der Sicht des
Kunden eingeschränkt. Wenn der Kunde eine grosse Auswahl vergleichbarer
Fahrzeuge aus dem Internet kennt, sieht er sich nicht mehr gezwungen, auf ein
passendes lokales Angebot sofort zu reagieren. Das grosse Angebot reduziert damit
auch zugleich die besondere Attraktivität eines nach Wunsch gebauten Fahrzeugs. Die
Grenze für eine ideale Zuordnung von Angebot und Nachfrage stellen nur die Kosten
dar, die ausserhalb der Online-Börsen für die Abwicklung anfallen. Dies sind
beispielsweise Kosten für den Transport der Fahrzeuge oder die Abwicklung von Im-
oder Exporten.
Die geringen Kosten für das Einstellen von Fahrzeugen und die Chance auf zusätzliche
Geschäfte mit jedem weiteren eingestellten Fahrzeug, werden zu einer grösseren
Anzahl von Fahrzeugenangeboten auf dem Gebrauchtfahrzeugmarkt führen. Potential
für solche Fahrzeuge sind beispielsweise erwartete Hereinnahmen von Vorführ-
fahrzeugen oder Mietwagenrückläufern, die im Internet angeboten werden, bevor sie
im Gebrauchtfahrzeugbestand des Händlers sind oder private Fahrzeugangebote, die
eingestellt werden, um die Vermarktungschancen zu testen. Über die grundsätzliche
Wirkung auf die Fahrzeugpreise kann noch keine Aussage gemacht werden. In der
Praxis wird allerdings beobachtet, dass auf den Online-Börsen nur marktgerechte
Preise durchgesetzt werden können, während auf den lokalen Gebraucht-
fahrzeugplätzen für bestimmte Fahrzeuge teilweise höhere Preise erzielt werden.396
Auswirkungen auf die Kaufentscheidung
Die im vorherigen Kapitel aufgezeigte Nutzung der Online-Börsen zeigt, dass die
Funktionen in den Phasen der Anregung, der Präferenzbildung, Bewertung, in der
Verhandlung und Entscheidung genutzt werden. Dabei haben die Funktionen einen
grösseren Einfluss auf die Auswahl von konkreten Fahrzeugangeboten als auf die
396 Expertengespräche: EMBACHER; MENSING.
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
163
Marken- und Typenwahl. Bei den konkreten Fahrzeugangeboten zeigen die Online-
Börsen dem Interessenten zusätzliche Alternativen zum Kauf auf, er hat entsprechende
Optionen und kann in Ruhe abwägen. Bereits während der Phase der Anregung gibt es
eine wichtige Lenkungsfunktion, wenn der Interessent noch ohne Händlerkontakt mit
dem Autokauf beschäftigt ist. Viele Kunden sind besser informiert, reagieren
sensibler, sind aber dann auch zufriedener mit dem Kauf.
Auswirkungen auf die Marktteilnehmer
Für die Anbieter bedeutet die Teilnahme auf Online-Börsen vor allem, dass neue
Zielgruppen erschlossen werden können. So haben Vertragshändler besonders im
Bereich günstigerer Fahrzeuge über die Börsen einen Zugang zu einem Kundenkreis,
der ihre Autohäuser für den Fahrzeugkauf nicht direkt besucht hätte. Auch speziellere
Fahrzeugkombinationen können überregional besser vermarktet werden als nur vor
Ort. Für viele Händler bedeutet die Nutzung der Online-Börsen auch den ersten
Zugang zum Verkauf ins Ausland. Gleichzeitig treten für die Vertragshändler viele
neue Wettbewerber auf. Regionale Wettbewerbsunterschiede zwischen den Händlern,
die vor allem durch die unterschiedlich starke Kaufkraft in einzelnen Regionen
entstehen, werden durch das stärker überregionale Geschäft über die Online-Börsen
abgemildert.397 Die Marktplätze stellen eine wichtige Informationsquelle dar und
sorgen für zunehmendes Wissen beim Kunden. Aufgrund des offenen Zugangs der
Informationen kann der Kunde prinzipiell auf dem gleichen Wissensstand, hinsichtlich
der Preise und Verfügbarkeit von bestimmten Gebrauchtfahrzeugangeboten sein, wie
der Händler. Dies stellt eine grosse Herausforderung für den Handel dar, der einen
hohen Wissensstand bei den Verkäufern sicherstellen muss.
Die grossen Marktplatzbetreiber sind die einzigen Distributionssubjekte, die einen
weitgehenden Überblick über den An- und Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen haben.
Sie erheben ausführliche Statistiken und betreiben ein Tracking der eingegebenen
Suchen und Seitenaufrufe, mit denen Kundeninteressen detailliert abgeschätzt werden
können. Damit haben sie eine wesentlich bessere Marktkenntnis über Preise,
Bestände, Standzeiten und die Kundenwünsche, als die Hersteller, Händler, deren
Verbände oder die spezialisierten Marktbeobachter haben können. Zu den
Informationen des Marktplatzes gehören auch die Kundendaten von privaten
Anbietern, die ein Fahrzeug einstellen. Aus der aktuellen Nutzung lassen sich neue 397 Expertengespräch: KLUXEN.
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164
Funktionen der Online-Börsen ableiten, mit denen der Marktplatzbetreiber sein
Geschäftsmodell weiter entwickeln kann. Eine zusätzliche Anwendungsmöglichkeit
für die Anbieter könnte sein, die Preise zu dynamisieren. Wenn die Preise, zunehmend
flexibel gesetzt, im Verlauf der Standzeit geändert werden, kann dies technisch
unterstützt werden. Möglich wäre es etwa, die Preise im Zeitverlauf automatisch
abzusenken oder an Wettbewerberangebote anzupassen. Hier könnte damit eine
zusätzliche Wertschöpfungsfunktion für den Börsenbetreiber entstehen, wenn er den
Anbieter bei der optimalen Preissetzung unterstützt. Ein weiteres Beispiel für die
Erweiterung der Marktplatzfunktionalitäten wäre die Möglichkeit, dass ein privater
Anbieter mit seinem Fahrzeugangebot gleich sein gewünschtes neues Fahrzeug mit
ausschreibt. Diese zusätzliche Funktionalität bezieht sich darauf, dass bei vielen privat
eingestellten Angeboten der Nutzer ein Fahrzeug erwerben möchte, aber zuerst sein
bestehendes Fahrzeug verkaufen will. An dieser Stelle kann ihm ein Händler die
Vermarktung seines Fahrzeugs vorschlagen und ein eigenes Fahrzeug anbieten. Wenn
man in einem solchen Prozess nur die potentielle Rücknahme des bestehenden
Fahrzeugs unterstützt, kommt es nicht zum gefürchteten amerikanischen Aus-
schreibungsmodell. Stattdessen kann der Handel seine Vermittlungs- und Beratungs-
leistung anbieten. Diese Ideen für mögliche Formen der Weiterentwicklung des
Marktplatzmodells sollen aufzeigen, dass der Marktplatzbetreiber sein Geschäfts-
modell weiter in Richtung eines Matchmakers entwickeln kann, ohne dass es zwangs-
läufig zum offenen Wettbewerb mit Händlern und dem Bruch mit den Auto-
mobilherstellern kommen muss.
Chancen und Risiken aus Sicht des Herstellers
Betrachtet man die Chancen und Risiken an der Wirkung auf die jeweiligen Ziele, wie
sie in Tabelle 24 dargestellt wurden, dann sind die Hersteller nicht so direkt von den
Online-Börsen betroffen wie die Absatzmittler in ihrem Distributionssystem. Da
aktuell die Funktion der Online-Börsen vor allem im Gebrauchtfahrzeuggeschäft
genutzt wird ist die Wirkung auf Umsatz und Marktanteil der Hersteller gering. Mit
der zunehmenden Möglichkeit, durch das grosse Angebot auf den Börsen, das
individuelle Wunschfahrzeug auch als Gebrauchtwagen zu finden kann die Bedeutung
des Neufahrzeuggeschäfts geschwächt werden. Sollte es den Börsen gelingen ihre
Vermittlerrolle auch auf Neufahrzeuge auszuweiten, müsste diese Aussage hinterfragt
werden. Auch dann wäre aber die Auswirkung der Online-Börsen auf die
Einkaufsstättenwahlentscheidung höher als auf die Markenwahl. Die gleiche Aussage
kann auch für das Erzielen der geplanten Preise getroffen werden. Auch hier ist die
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
165
Auswirkung gering, da vor allem Gebrauchtfahrzeuge gehandelt werden. Erst mit einer
höheren Akzeptanz der Börse als Informationsquelle im Neufahrzeuggeschäft würde
ein Einfluss auf das Geschäft entstehen. Es kann davon ausgegangen werden, dass es
sich bei den aktuell über die Online-Börsen gehandelten Fahrzeuge um ansonsten
schwer abzusetzende Angebote oder Überproduktionen der Hersteller handelt, die zum
grossen Teil als graue Angebote ausserhalb des jeweiligen Distributionssystems des
Herstellers angeboten werden. Die Online-Börsen helfen dem Hersteller also
zumindest indirekt Überkapazitäten im Markt zu platzieren.
Wie in der Branchenanalyse dargestellt wurde, nimmt der Absatzkanal eine
zunehmend bedeutende Rolle als Differenzierung der Marken ein. Bei den aktuell sehr
bedeutenden Online-Kommunikationskanälen investieren die Hersteller, um Marke
und Produkt entsprechend darzustellen. Hier kommt es zu einer Konkurrenz zwischen
den Internetplattformen. Die Online-Börsen gewinnen zunehmend an Akzeptanz und
Bekanntheit bei den Interessenten und werden eine immer wichtigere Rolle als
Informationskanal darstellen.
Für den Hersteller sind genaue Kenntnisse über Kundenwünsche und
Marktgegebenheiten sehr wichtig. Kann er solche Daten von den Marktplätzen
erhalten, bietet ihm dies Planungssicherheit und er kann durch das frühzeitige
Erkennen von Trends eventuell Wettbewerbsvorteile realisieren. Das grosse
Marktwissen und die Kundendaten beim Marktplatzbetreiber stellen jedoch zugleich
ein Risiko für den Hersteller dar. Zudem stehen diese Daten nicht automatisch allen
Marktteilnehmern offen zur Verfügung. Eine einseitige Kooperation oder ein Verkauf
des Datenmaterials an einen Hersteller oder einen anderen Marktteilnehmer führt zu
einem Wettbewerbsnachteil. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Weitergabe von
Kundendaten. Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, bedeutet die gute Markt-
kenntnis auch die Möglichkeit, dass der Marktplatzbetreiber sein Geschäftsmodell
weiter in Richtung eines Matchmakers entwickelt. Das Risiko was hier entsteht ist,
dass der Hersteller eine führende und steuernde Rolle im Distributionssystem verliert.
In den USA führte die Entwicklung von Matchmakern zu einer stärkeren Preis-
orientierung des Kunden.
___________________________________________________________________________
166
Chancen und Risiken aus Sicht des Absatzmittlers
Prinzipiell übernimmt der Marktplatz einen Teil der Wertschöpfung des Handels, so
dass mit geringeren Umsätzen bei Gebrauchtfahrzeugen im Fahrzeughandel zu
rechnen ist. Dies geschieht beispielsweise dadurch, dass Vorbesitzfahrzeuge alternativ
zur Rückgabe an den Händler sehr einfach privat online angeboten werden können.
Für die Absatzmittler sind die Online-Börsen heute zumeist das wichtigste Instrument
um im Internet den Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen zu unterstützen. Das
Zusammentreffen mit einer grossen Zahl von Interessenten und die Erweiterung des
Einzugsgebiets bietet ihnen die Möglichkeit die Standzeiten der Fahrzeuge zu
verkürzen und die Bestände zu verringern. Die Online-Börsen bieten aktiven
Absatzmittlern zudem die Möglichkeit für zusätzliche Geschäfte durch den freien
Ankauf von Fahrzeugen mit grosser erwarteter Nachfrage. Auch der Ankauf von
Fahrzeugen erfolgt oft über die Online-Börsen. Online-Börsen bieten leistungsstarken
Händlern mit einer niedrigen Kostenstruktur die Möglichkeit eines Wachstums, das
diese innerhalb ihres Vertriebsgebietes nicht gehabt hätten und was sonst nur über die
Besetzung zusätzlicher Vertriebsgebiete mit Filialbetrieben möglich gewesen wäre. Im
Gegenzug bedeutet die Transparenz der Online-Börsen einen höheren Wettbewerb
zwischen den Händlern und eine schlechtere Möglichkeit mit besonderen Fahrzeugen
lokal höhere Preise durchzusetzen. Dies schwächt die Position kleiner Händler oder
Händler, die eine schlechte Kostenstruktur haben. Als Wettbewerber treten dabei
verstärkt freie Händler auf und der Wettbewerb mit den Vertragshändlern der eigenen
Marke aus anderen Regionen verschärft sich. Mit einem wachsenden Anteil der
Kunden, die über den Kontakt der Online-Börsen generiert werden, steigt, auch
aufgrund der geringen Zahl von genutzten Börsen, die Abhängigkeit von den
Marktplatzbetreibern. Dies wird zumindest die zukünftige Preisgestaltung für die
Präsenz auf den Börsen beeinflussen.
Zusammenfassung
Die Online-Börsen haben eine starke Position als Absatzhelfer im Distributionssystem
eingenommen. Ausgehend von der bisherigen Entwicklung und aufgrund der
Zielsetzung der Besitzer, werden die Marktplatzbetreiber eine weitere Expansion ihrer
Börsen anstreben. Hierbei wird sich der bisher auf die Darstellung von
Gebrauchtwagen eingeschränkte Fokus erweitern und sich damit auch der Einfluss auf
das Distributionssystem erhöhen. Die Stärke der Marktplatzbetreiber entsteht vor
allem aus ihrer grossen Bekanntheit und Akzeptanz bei den potentiellen
D. Entwicklung und Diskussion eines Wirkungsmodells ___________________________________________________________________________
167
Fahrzeugkäufern sowie aus der breiten Nutzerbasis bei Fahrzeuganbietern und
Käufern. Die breite Nutzerbasis bei Fahrzeuganbietern kann neben dem Marktpotential
aus dem neutralen und transparenten Marktmodell mit stabilen Marktregeln und
gleichen Wettbewerbsbedingungen geschlossen werden. Durch ihr prägnantes
Geschäftsmodell sind die Marktplatzbetreiber sehr handlungsfähig und können
beispielsweise hinsichtlich ihrer Kooperationen eine konsequente Strategie verfolgen.
Die negativen Auswirkungen auf den Hersteller sind vor allem die reduzierten
Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten im Absatzkanal und der beschränkte Einfluss
auf die Teilnehmer und Regeln beim Vertrieb seiner Produkte. Hier ist vor allem das
Risiko hervorzuheben, dass über den freien Zugang zu den Marktplätzen neuen
Anbietern ein leichterer Zugang eröffnet wird. Grundsätzlich wird die Konkurrenz-
situation für die einzelnen Händler durch die gemeinsame Darstellung mit freien und
privaten Anbietern verschärft. Aufgrund der Abhängigkeit der einzelnen Anbieter vom
Marktplatzbetreiber kann davon ausgegangen werden, dass versucht wird zunehmend
hohe Gebühren für die Marktplatznutzung zu erzielen. Der Kundenkontakt über die
Online-Börsen wird damit zunehmend zu einem Kostenfaktor für die Anbieter werden.
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168
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen
1. Gestaltungsoptionen für die Ist-Situation der Online-Börsen
1.1 Wettbewerbsrelevante Einflüsse der Mikro- und Makro-Ebene
Die Endkundeninterviews haben gezeigt, dass einige Interessenten bereits konkrete
Fahrzeugangebote in den Online-Börsen aufsuchen bevor die Teilentscheidung Marke
getroffen wird. Es muss also das Ziel des Herstellers sein an dieser Stelle
Informationen und Funktionen zu integrieren, die den Kunden bei der Informations-
suche gezielt unterstützen und eine Vorteilsargumentation für das eigene Produkt
bieten. Bei einer geringeren Zahl von Interessenten wird auch die Entscheidung
zwischen dem Kauf beim Vertragspartner, einem freien Händler oder von einem
privaten Anbieter beim Besuch der Online-Börse noch nicht getroffen sein. Hier ist es
notwendig den Interessenten die Vorteile eines Kaufs beim Vertragshändler aktiv zu
kommunizieren. Ebenfalls aus den Endkundeninterviews ergab sich, dass es
konkretisierte Entscheidungssituationen gab, an denen jeweils eine Realisierung des
Kaufs möglich gewesen wäre, die dann aber wieder zurückgestellt wurde.398 Das ist
immer dann der Fall, wenn der Interessent die Händlerwahl mit in seiner
Teilentscheidung hat, oder wenn er direkt nach der Händlerwahl Marke und Typ
entscheidet. Es sollte versucht werden, diese Situation im Internet zu provozieren, um
dann möglichst früh einen Händlerkontakt herzustellen. Für alle drei Beispiele gibt es
bei den beiden führenden Online-Börsen keine entsprechenden Lösungen. Sie zeigen,
dass es aus Sicht des Herstellers von Vorteil ist, Einfluss auf die Gestaltung der
Online-Börsen zu nehmen.
Die aus den Endkundeninterviews abgeleiteten Anforderungen haben gemeinsam, dass
sie zwar im Interesse der Hersteller sind, nicht jedoch im Interesse der Mehrzahl der
Anbieter auf dem Marktplatz. Da die Marktplatzbetreiber sich bei der Gestaltung des
Marktplatzes an ihren Auftraggebern, der Gesamtheit der freien, privaten und vertrags-
gebundenen Anbieter orientieren, macht es für sie keinen Sinn Ziele des Herstellers
gegen die Wünsche der Fahrzeugeinsteller umzusetzen. Ein aktiver Einfluss auf das
398 Vgl. die Abbildungen 27-28 die diesen Sachverhalt mit den Punkten der Realisierungsmöglichkeit darstellen.
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen ___________________________________________________________________________
169
Marktplatzmodell ist deshalb auch für das reine Gebrauchtfahrzeuggeschäft sinnvoll.
Die Beispiele zeigen ebenfalls, dass es die Ausgangssituation des Herstellers
verbessert, wenn er mit den Marktplatzbetreibern in einen Wettbewerb um die Inter-
essenten tritt, es geht dabei darum ob der Interessent die Online-Börse verwendet oder
die Seiten des Herstellers nutzt. Für den Hersteller gibt es in diesem Bereich des
Absatzkanals noch Potential zur Optimierung, für die er auf seinen eigenen Internet-
seiten den grösseren Gestaltungsspielraum besitzt.
Die wichtigste Funktion der Online-Börsen in ihrer aktuellen Rolle im
Automobilvertrieb ist das Herstellen eines Kontakts zu einem konkreten Angebot.
Einflüsse für ein erfolgreiches Gebrauchtfahrzeuggeschäft sind das Fahrzeugsortiment,
die Darstellung auf der Börse und die Abwicklung des ersten Kontakts.399 Das
Fahrzeugsortiment und die Abwicklung des ersten Kontakts sind Einflussgrössen aus
der Makro-Umgebung und Rahmenbedingungen der Prozessgestaltung im Autohaus,
die auch unabhängig vom Einsatz der Online-Börsen zu optimieren sind. Die
Darstellung auf der Börse wird im folgenden Abschnitt detailliert betrachtet.
1.2 Gestaltungsmöglichkeiten der Mikro-Ebene
Für die Gestaltung auf dem Elektronischen Marktplatz gibt das Softwaresystem des
Marktplatzbetreibers eine fest definierte Menge von Eingabemöglichkeiten vor. Die
Gestaltung erfolgt durch die Eingabe von Beschreibungstexten, das Einstellen von
Fahrzeugbildern oder durch die Nutzung von Werbeflächen mit Bannern oder
Piktogrammen.400 Für die Betrachtung der Gestaltungsmöglichkeiten soll die Nutzung
der Online-Börse als Plattform des Gebrauchtfahrzeuggeschäfts und von einer
typischen Nutzung der Funktionen ausgegangen werden, wie dies die Interessenten in
den Endkundeninterviews beschrieben haben.401
Der Einsatz des Marktplatzes kann bei seiner aktuellen Nutzung als erfolgreich
bezeichnet werden, wenn möglichst viele Interessenten auf das eigene Angebot
aufmerksam werden und dann den Kontakt zum Händler suchen. Bei der Suche nach
ihrem Fahrzeug durchlaufen die Kunden den Kernprozess der Online-Börsen über eine
Suchmaske, die Ergebnisliste mit einer verkürzten Darstellung aller Fahrzeuge
entsprechend den eingegebenen Suchkriterien und der Detailansicht als Präsentation
des zu verkaufenden Fahrzeugs. Es ist die Aufgabe jeden dieser Prozessschritte soweit 399 Expertengespräche: DRECHSLER; EMBACHER; MENSING. 400 Die vollständige Auflistung der Gestaltungselemente gibt Tabelle 11 im Abschnitt B.2.3.4. 401 Siehe Abbildung 12 im Abschnitt B.2.3.4 zu den Kernprozessen der Online-Börsen.
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170
wie möglich zu optimieren, dass die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens mit
den eigenen Angeboten und die Bereitschaft des Kunden Kontakt mit einem Händler
des eigenen Vertriebssystems aufzunehmen möglichst hoch ist.
In die Suchmaske gibt der Interessent Merkmale wie Marke, Typ, Laufleistung,
Erstzulassung oder die gewünschte Preisspanne des Fahrzeugs ein.402 Die Möglichkeit
eines Treffers aus dem eigenen Bestand kann hier vor allem durch die Anzahl der
eingestellten Fahrzeuge gesteigert werden. Das heisst, dass die Trefferzahl erhöht
wird, wenn möglichst viele Fahrzeuge dort angeboten werden, diese Fahrzeuge auch
marktgängig sind und sie somit den Suchkriterien der Interessenten entsprechen. Eine
Statistik über die Verwendung der Suchkriterien ist deshalb für den Händler ein
wichtiges Hilfsmittel für die Sortimentsgestaltung. Auch durch die vollständige
Beschreibung des Fahrzeugs kann der Händler die Trefferwahrscheinlichkeit des
eigenen Angebotes erhöhen. So sollten die Fahrzeuge mit allen Merkmalen, die als
Suchkriterien abgelegt sind, dokumentiert sein, auch wenn diese für einen Fahrzeugtyp
eigentlich zur Serienausstattung gehören. Typische Beispiele hierfür sind Aus-
stattungen wie Klimaanlage oder ESP. Hier gibt es in der Praxis grosse Unterschiede
in der Darstellung, die aber kaufentscheidend sein können.
Die Ergebnisliste zeigt die einzelnen Fahrzeuge in einer kurzen Zusammenfassung
an.403 Der Nutzer bekommt hier im Regelfall eine grosse Anzahl von passenden
Treffern, geboten aus denen er auswählen kann. Entscheidend für die Auswahl des
eigenen Angebotes ist der Rang des Fahrzeugs auf der Liste, die Darstellung eines
Fotos und teilweise die beschreibenden Piktogramme bei den einzelnen Angeboten.404
Die Reihenfolge der Fahrzeugangebote auf der Ergebnisliste erfolgt anhand der
Angebotspreise. In der Praxis hat sich gezeigt, dass der Interessent sich eine begrenzte
Anzahl von Fahrzeugen anschaut. Der Händler kann hier bei regelmässiger Markt-
beobachtung teilweise durch kleine Anpassungen der Preise sein Fahrzeugangebot in
den Fokus des Interessenten bringen. Mit einzelnen Piktogrammen werden besondere
Eigenschaften, wie beispielsweise Fahrzeuge eines Händlers, Fahrzeuge mit
Gebrauchtfahrzeuggarantie oder sehr aktuelle Angebote gekennzeichnet.
Anhand der Detailansicht entscheidet sich der Interessent, ob er Kontakt mit dem
Anbieter aufnimmt. Grundlage hierfür ist, dass das Fahrzeug ausführlich beschrieben
und mit mehreren Bildern dargestellt ist. Da es häufig sehr viele alternative Angebote
gibt, wird der Interessent die Mühe eines persönlichen Kontakts nur aufbringen, wenn
402 Siehe Abbildung 32 als Beispiel der Suchfunktion auf Autoscout24. 403 Siehe Abbildung 33 als Beispiel einer Ergebnisseite auf Autoscout24. 404 Expertengespräche: DRECHSLER; EMBACHER; MENSING.
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen ___________________________________________________________________________
171
er ein Angebot einschätzen kann. Zu dieser Einschätzung gehört auch eine erste
Beurteilung der Seriosität des Angebots. Dies kann durch die Bilder und die Form der
Beschreibung beeinflusst werden. Entscheidungskriterien an dieser Stelle können auch
das Angebot zusätzlicher Leistungen, wie Finanzierung oder Rücknahme des Vorfahr-
zeugs sein.
Die zum Teil sehr detaillierten Merkmale sind die einzigen Kriterien, mit dem neben
den reinen Fahrzeugdaten, wie Preis, Alter und Laufleistung, auf dem Marktplatz ein
Wettbewerbsvorteil erzielt werden kann. Die genannten Merkmale werden bei den
Angeboten auf den Online-Börsen aktuell noch nicht vollständig ausgeschöpft. Die
Wettbewerbsvorteile, die auf dem Marktplatz selbst gesucht werden, sind jedoch sehr
schnell von den Wettbewerbern zu imitieren. Die dauerhafteren Wettbewerbsvorteile
sind im Sortiment und in den Prozessen der Autohäuser zu finden.
1.3 Empfehlungen
Wie zu Beginn des Abschnitts an den beispielhaften Anforderungen des Herstellers
aufgezeigt, ist die Umsetzung auf den Online-Börsen oft schwierig, wenn hierbei ein
Zielkonflikt mit anderen Marktplatznutzern entsteht. Neben der vollständigen Aus-
nutzung der Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie in Abschnitt E.1.2 beschrieben wurde,
kann im Rahmen der aktuellen Nutzung der Online-Börsen vor allem das Verhältnis
zwischen den einzelnen Anbietern und dem Marktplatzbetreiber durch Kooperations-
modelle verbessert werden. Die starke Position der Marktplatzbetreiber entsteht unter
anderem dadurch, dass ihre Vertragspartner untereinander im starken Wettbewerb
stehen. Die Position der einzelnen Händler und Hersteller kann entsprechend gestärkt
werden, wenn sie ihre Interessen durch ein unabhängiges Gremium vertreten lassen.
Ein positives Beispiel ist die Einrichtung eines OEM-Gremiums, wie dies bei den
Messebeiräten praktiziert wird.
Mit der Einrichtung eines gemeinsamen Gremiums sollte ein Austausch über die
tatsächliche Wirksamkeit der zusätzlichen Online-Marketing-Angebote der Markt-
plätze erfolgen, in denen die einzelnen Distributionssubjekte Teile ihres Handels-
marketing-Budgets investieren. Zu einer solchen Prüfung gehört auch, dass die
Hersteller Transparenz über die Marktplatzkosten der einzelnen Beteiligten erhalten.
Eine solche Klärung hat bei den B2B-Marktplätzen bereits stattgefunden und zu einer
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172
Senkung der Kosten geführt.405 Darüber hinaus wäre es bei einer Abstimmung unter
den Herstellern möglich, die Prozesskosten im Gebrauchtfahrzeuggeschäft durch die
Entwicklung übergreifender Beschreibungsstandards und Schnittstellen zu reduzieren.
Bei einer Einigung zwischen den Fahrzeugherstellern wäre die Entwicklung eines
gemeinsamen Gebrauchtwagenstandards möglich, mit dem ein Mittel gegen
Discountanbieter geschaffen würde. Auch ein gemeinsames Vorgehen zur
Verhinderung von Neufahrzeuggeschäften ausserhalb des Vertragshandels wäre in
diesem Sinne möglich, wobei die letzten beiden Vorschläge rechtlich kritisch zu
hinterfragen sind.
2. Entwicklung der strategischen Handlungsoptionen
Im folgenden Abschnitt wird der Zusammenhang zwischen den Chancen und Risiken
und dem Marktmodell des Elektronischen Marktplatzes sowie dem Geschäftsmodell
des unabhängigen Marktplatzbetreibers aufgezeigt. Anhand des Markt- und
Geschäftsmodells der Online-Börse und der Institution des Marktplatzbetreibers
können grundsätzliche Handlungsoptionen abgeleitet werden. Im Abschnitt E.1.2
werden diese Handlungsoptionen ausgearbeitet und ihre Realisierungsmöglichkeit
diskutiert. Abschnitt E.1.3 bewertet die ermittelten Handlungsoptionen anhand des
erwarteten Einflusses auf die Chancen und Risiken.
2.1 Ableitung der Handlungsoptionen
Aus Sicht der Distributionspolitik emanzipieren die Online-Börsen den Händler von
den Instrumenten der Hersteller, indem sie die Absatzmittlerstufe auch bei
Vertriebsaktivitäten ausserhalb der eigenen Vertragsmarke unterstützen. Gleichzeitig
sind die Absatzmittler aber aktuell in wesentlich höherem Masse von der Dynamik der
Veränderungen durch die Online-Börsen betroffen als die Hersteller selbst. Die sich
aus den Online-Börsen ergebenen Chancen nutzen die Absatzmittler, indem sie ein
professionelles Gebrauchtwagengeschäft mit optimiertem Sortiments- und Bestands-
zeitenmanagement betreiben und die Funktionalität der Börsen voll ausnutzen.406
Gegen die zwei wichtigsten negativen Auswirkungen, die Steigerung des Wett-
405 Expertengespräch: FREY. 406 Vgl. zur Professionalisierung des Gebrauchtfahrzeuggeschäfts Abschnitt C. 1.3.2.
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen ___________________________________________________________________________
173
bewerbsdrucks zwischen den Händlern und die wachsende Abhängigkeit vom
Kundenkontakt über die Online-Börsen, können jedoch auf Ebene der Absatzmittler
nur im geringen Umfang Gegenmassnahmen ergriffen werden. Der Preiswettbewerb
ist kein spezielles Problem der Online-Börsen. Er wird durch diese jedoch transparent
gemacht und durch die genaue Preiskenntnis der Kunden noch verstärkt. Entsprechend
können als Mittel gegen den Preiswettbewerb auch die gleichen Methoden verstanden
werden, wie sie im physischen Handel diskutiert werden.407 Gegen den teilweise
ruinösen Rabattwettbewerb im Handel konnten jedoch bislang keine grundsätzlichen
Lösungen gefunden werden. Ansätze für den Handel sind eine möglichst starke
Bindung des Kunden an die Einkaufsstätte sowie der Vertrieb von kundenindividuell
hergestellten Fahrzeugen, bei denen der Wettbewerb nicht so stark ist, wie bei den
vorkonfigurierten Fahrzeugen. Die schwache Verhandlungsposition des einzelnen
Händlers gegenüber den grossen Online-Börsen kann entweder über zentrale
Organisationen, wie den Händlerverbänden der Markenhändler, dem ZDK oder über
die Hersteller aus ihrer gestaltenden Rolle im Distributionssystem verbessert werden.
Für die Automobilhersteller, ihre Landesgesellschaften und Importeure überwiegen die
Risiken aus den Online-Börsen. Die bedeutendsten Risiken lassen sich in drei Punkten
zusammenfassen. Erstens ist hierbei das Risiko eines teilweisen Wegfalls des
Gebrauchtfahrzeuggeschäfts aus dem eigenen Distributionssystem zu nennen. Es wird
dabei davon ausgegangen, dass weiterhin nur ein kombiniertes Angebot von
Neufahrzeugen, Gebrauchtfahrzeugen, Zubehör und Service im Autohaus eine
optimale Funktionsweise des Distributionssystems garantiert.408 Für das Neufahrzeug-
geschäft, als Grundlage des Distributionssystems, ist die Rücknahme von Gebraucht-
wagen zwingend notwendig. Zudem werden viele Kunden über Gebrauchtfahrzeuge
an eine Marke für zukünftige Neufahrzeugkäufe gebunden. Nicht zuletzt erwirtschaftet
das Gebrauchtfahrzeuggeschäft bei vielen Händlern einen wichtigen Teil des
Deckungsbeitrags. Der Hersteller sollte also das Gebrauchtfahrzeuggeschäft auf der
Absatzmittlerstufe möglichst mit seinen zentralen Kompetenzen unterstützen. Als
zweiter Risikofaktor ist die Gestaltung des Absatzkanals zu nennen. Die Hersteller
verwenden den Absatzkanal zur Differenzierung vom Wettbewerber und zur Marken-
kommunikation. Auch kann die Beratung des Kunden, die Vorteilsargumentation und
die Wahl zwischen Neu- oder Gebrauchtfahrzeug mit separat agierenden Online-
Börsen nicht wie in den Prozessen des eigenen Distributionssystems umgesetzt
werden. Das dritte Risiko stellt die Entwicklung einer starken neuen Partei im 407 Vgl. zum zunehmenden Preiswettbewerb im Autohandel Abschnitt C.1.3. 408 Zum Zusammenspiel der verschiedenen Leistungen im Autohaus siehe Abschnitt C.1.3.1.
___________________________________________________________________________
174
Automobilvertrieb dar. Als reine Gebrauchtfahrzeugbörsen, so wie der aktuelle Status
zu bewerten ist, stellen die Betreiber der Börsen kein Risiko dar. Dies ändert sich,
sobald signifikante Anteile des Neufahrzeuggeschäfts über die Online-Börsen
abgewickelt werden oder die Börsen sich in der beschriebenen Weise in Richtung
eines Matchmakers entwickeln. Die zunehmende Marktabdeckung, bezüglich der
Angebote, aber auch hinsichtlich der Vertragsverhältnisse mit einem Grossteil der
deutschen Autohändler und die enorme Bekanntheit der grossen Marken Mobile.de
und Autoscout24, geben den Börsenbetreibern die Möglichkeit, den Neufahrzeug-
vertrieb mit neuen Geschäfts- und Marktmodellen zu verändern.
Nutzt man die Aufteilung der Konstrukte Geschäfts- und Marktmodell, so wird
deutlich, dass ein Grossteil der oben beschriebenen Risiken aus dem Geschäftsmodell
der unabhängigen Marktplatzbetreiber entsteht. Das Marktmodell der Online-Börse
selbst führt zwar zur beschriebenen Transparenz, stellt aber kein Risiko für das
Distributionssystem an sich dar. Aufgrund der hohen Akzeptanz des Marktmodells bei
den Kunden und seiner prinzipiellen Vorteile ist ein Agieren gegen das Marktmodell
Online-Börse schwierig. Das Marktplatzmodell mit seiner Offenheit für alle Anbieter
gibt dem Kunden die Sicherheit einen guten Überblick über das verfügbare Angebot
zu bekommen. Diesen Vorteil kann der Hersteller auf seinen Internetseiten ohne die
Aufnahme zusätzlicher Anbieter nicht bieten. Abbildung 30 zeigt die verschiedenen
Handlungsalternativen auf. Die mit der Ziffer 1 bezeichnete Variante stellt die Option
des Widerstands gegen das Marktplatzmodell dar. Die Möglichkeit der Hersteller
besteht hier darin, sich möglichst gut durch die Stärkung der eigenen Internetseiten
gegen die Online-Börsen zur Wehr zu setzen, also einen aktiven Wettbewerb zwischen
den eigenen Seiten und den Online-Börsen um die Interessenten zu führen.
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen ___________________________________________________________________________
175
Marktplatzmodell wird akzeptiert
Marktplatzmodell wird akzeptiert
DuldungDuldung
Akzeptanz eines unabhängigen Betreibers
Akzeptanz eines unabhängigen Betreibers
KooperationKooperation AlleingangAlleingang OEM-PlattformOEM-Plattform
Hersteller-seiten
Hersteller-seiten
nein
ja
ja
nein
1
2 3 4 5
Abbildung 30: Vorgehen bei der Ableitung von Handlungsalternativen
Option 2 und 3 in Abbildung 30 zeigen die Alternativen, wenn sowohl das
Marktplatzmodell, als auch die Existenz eines unabhängigen Marktplatzbetreibers
toleriert werden. Option 2 steht dabei für die Duldung der aktuellen Situation, also der
bestmöglichen Nutzung der zur Verfügung stehenden Funktionen und eines passiven
Verhaltens gegenüber dem Marktplatzbetreiber. Bei Option 3 wird demgegenüber
versucht durch aktive Einflussnahme auf den Marktplatzbetreiber die Wettbewerbs-
situation zu verändern und die Risiken der Online-Börsen für den Hersteller zu
minimieren.
Wird das Marktplatzmodell akzeptiert, das Auftreten und die Rolle eines
unabhängigen Marktplatzbetreibers in der jetzigen Form jedoch nicht, muss eine
entsprechende Anwendung entweder selbst entwickelt oder betrieben werden (Option
4) oder dies geschieht durch eine Kooperation zwischen den Parteien im Automobil-
vertrieb (Option 5). Dies könnte beispielsweise eine Kooperation zwischen mehreren
Automobilherstellern sein.
2.2 Alternativen im Umgang mit den Online-Börsen Die zuvor abgeleiteten Handlungsalternativen beim Einsatz von Online-Börsen
(Option 2-5) sollen in diesem Abschnitt soweit präzisiert werden, dass sie klar
voneinander abgegrenzt und diskutiert werden können. Die Abgrenzung verschiedener
Alternativen erfolgt in kurzen Bezügen auf die jeweils möglichen Markt- und
Geschäftsmodelle, hierzu gibt Abbildung 31 einen Überblick. Anhand der Gestaltung
___________________________________________________________________________
176
der Themen Realisierung, Akquisition, Wettbewerb, Kommunikation und deren
strategischen Auswirkungen sollen die einzelnen Handlungsoptionen charakterisiert
werden. Der Punkt Realisierung beinhaltet die Erstellung und den Betrieb der Online-
Börse als Softwareapplikation. Die Punkte Akquisition, Wettbewerb und strategische
Implikationen beziehen sich auf die wichtigsten Wirkungen der Online-Börsen, die in
den vorherigen Abschnitten identifiziert wurden. Hierbei steht Akquisition für die
Möglichkeit, zusätzliche Kundenkontakte über die Online-Börsen zu erzielen. Der
Punkt Wettbewerb soll die Auswirkungen der einzelnen Handlungsalternativen auf die
Wettbewerbssituation des jeweiligen Hersteller-Distributionssystems erfassen und der
Punkt Kommunikation steht für die markengerechte Gestaltung des Absatzkanals. Die
strategischen Implikationen stehen für die Problematik der zukünftigen Entwicklung
der Markt- und Geschäftsmodelle der Börsen.
Marktmodell
Geschäftsmodell
Realisierung
Akquisition
Wettbewerb
Kommunikation
DULDUNG
(Option 2)
ALLEINGANG
(Option 4)
KOOPERATION
(Option 3)
OEM-PLATTFORM
(Option 5)
Offener Marktplatz
Netzmarkt, Verkauf von Kontaktmöglichkeiten
Bestehend
Markt als bekannte Marke,Marketingbudget verteilt sich auf hohe Anzeigenzahl,
cleveres Kooperationsmanagement
Gleiche Spielregeln aller Beteiligter
Redaktioneller Bereich kann als neutrale Kommunikation
vermarktet werden
Internationale Produktsuche
Bestehend
Internationalisierung bestehender Anwendungen
Nutzung der Marke,Kommunikation kombiniert
mit Aufbau Gebrauchtwagenmarke,Aufbau Kooperationsm.
Nur innerhalb des eigenen Vertriebskanals
Produkte können emotionaler dargestellt werden, keine
Unabhängigkeit
Einschränkung des Marktes gemäss eigener Interessen
Teilweise Aufgabe des Netzmarkt-Prinzips
Auf Ist-Situation aufbauend
Vermutlich muss schwächere Börse erst aufgebaut
werden, Know-how der Börse kann zur Vermarktung genutzt werden
z.B. Einschränkung der Teilnehmer oder des NFZ-
Vertriebs
Redaktioneller Bereich wäre weiterhin möglich
Exklusivangebot einzelner Marken
Muss entwickelt werden
Übernahme einer Lösung oder Neuentwicklung
Neue Marke muss aufgebaut werden, Bereitschaft für hohes Marketingbudget
zwingend
Zwischen OEM/ ggf. Einkaufsstättenwahl
Redaktioneller Bereich wäre weiterhin möglich
Abbildung 31: Strategische Szenarien für den Umgang mit den Börsenbetreibern
Die Handlungsoption Duldung entspricht der Beschreibung des aktuellen Ist-Zustands,
wie er zuvor in den Abschnitten C. und D. analysiert wurde. Markt- und Geschäfts-
modell wurden im Abschnitt B.2.3.2 und B.2.3.3 zusammengefasst. Akquisition,
Wettbewerb und strategische Implikationen entsprechen der Analyse im Abschnitt D.
Das Gegenmodell zur Duldung der aktuellen Situation stellt die Handlungsoption
Alleingang dar. Dem aktuellen Modell der Online-Börsen wird die Applikation eines
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen ___________________________________________________________________________
177
Herstellers entgegengesetzt. Um gegenüber den Online-Börsen wettbewerbsfähig zu
sein, das heisst in diesem Fall möglichst viele der Interessenten, die sonst über eine
unabhängige Online-Börse Kontakt aufnehmen würden, über die eigene Börsen zu
erreichen, muss der Hersteller ein eigenständiges Marktmodell entwickeln. Für die
notwendige Akzeptanz bei den Interessenten muss sich eine solche Applikation
beispielsweise gezielt weiteren Anbietern öffnen. Ein möglicher Ansatz wäre eine
markenexklusive Börse zu führen und neben den eigenen Händlern auch private
Angebote und die Angebote speziell geprüfter freier Händler darzustellen. Für diese
Anbieter müssten transparente Marktregeln geschaffen werden. Es kann hinsichtlich
der Leistungsverrechnung ein relativ einfach strukturiertes Geschäftsmodell verwendet
werden, das sich für die zusätzlichen Anbieter am Vorgehen der Online-Börsen
orientiert. In der Realisierung stellt ein solcher Marktplatzansatz eines Herstellers die
Erweiterung seiner bisherigen Shoplösungen dar. In der Akquisition kann an die
Bekanntheit der bestehenden Herstellerseiten und der Herstellermarke angeknüpft
werden. Wenn sich die Erkenntnis der Befragungen, dass bei der Fahrzeugsuche auch
immer die Herstellerseiten aufgesucht werden, bei der Masse der Fahrzeugkäufer
widerspiegelt, kann mit diesem Modell eine hohe Reichweite erzielt werden.
Ein Marktplatz, der vom Hersteller selbst gesteuert wird, kann hinsichtlich des
Wettbewerbsdrucks zumindest die Massnahmen und Prozesse, die im Vertriebskanal
eingesetzt werden, auch im Internet abbilden. Dies gilt auch hinsichtlich der
Einbindung in die Vertriebsprozesse und für die Abbildung von Aspekten der
Markenkommunikation. Hinsichtlich der strategischen Implikationen gewinnt der
Hersteller bei einer erfolgreichen Implementierung die Hoheit über das Gebraucht-
wagenangebot seiner Marke zurück. Nicht gewünschte Entwicklungen würden nicht
aus dem eigenen Vertriebsnetz unterstützt. Es entsteht in dieser Variante eine
Wettbewerbssituation zwischen den existierenden Online-Börsen und der neuen
Anwendung. Grundsätzliches Problem hierbei ist, dass die Kosten für die Erstellung
und den Betrieb der Internetanwendung, aber auch die Werbekosten bei den
unabhängigen Börsen auf eine wesentlich höhere Anzahl von Fahrzeuginseraten
verteilt werden kann. Die Werbepräsenz, wie sie die grossen Online-Börsen für die
extrem grosse Zahl von Fahrzeugen haben, kann für eine begrenzte Anzahl von
Marken nicht erreicht werden. Ein Realisierungshindernis dieser Handlungsoption ist,
dass auf den Herstellerseiten konkurrierende Anbieter aufgenommen werden müssten.
Hierbei ist es notwendig, dass die bestehenden Anbieter aus dem eigenen
Distributionssystem die Plattform weiterhin nutzen. Auf das Verhalten seiner
___________________________________________________________________________
178
Vertragshändler hat der Hersteller aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen nur
begrenzten Einfluss.
Eine Stärkung im Wettbewerb um die Kundenkontakte im Internet kann durch den
Zusammenschluss mehrerer Hersteller erreicht werden. Hierzu müssten Markt- und
Geschäftsmodell neu etabliert werden. In einer solchen OEM-Plattform könnte bei
einer ausreichend grossen Beteiligung von Herstellern ein vollständiges Gegenmodell
zu den Online-Börsen etabliert werden. Wenn eine genügend grosse Auswahl von
Fahrzeugen vorhanden ist, wäre eine markenübergreifende Online-Börse denkbar. Ein
möglicher Differenzierungsansatz einer solchen Herstellerkooperation wäre eine
markenübergreifende Börse, die jedoch nur Vertragshändler als Anbieter enthält oder
den Zusammenschluss einer bestimmten Gruppe von Herstellern, beispielsweise aus
dem Premium-Segment. Vorteile dieser Differenzierungen sind, dass sie den
Bedürfnissen der Interessenten entsprechen und dass diese Applikationen so gezielt
bestimmte Kundengruppen besser ansprechen könnten als die allgemeinen Online-
Börsen. Eine OEM-Plattform müsste jedoch ihre eigene Marke entwickeln. Es ist also
notwendig, dass die Hersteller ein Modell der gleichmässigen Beteiligung an den
Werbekosten und der Unterstützung innerhalb der bestehenden Werbemassnahmen der
Marke finden. Die Gestaltung der Anwendung und alle weiteren Entwicklungen
können jeweils eine Auswirkung auf die Vertriebsprozesse und den Wettbewerb auf
der Plattform haben, so dass in einem solchen Modell wahrscheinlich immer die
Mitsprache aller beteiligten Parteien gegeben sein muss.
In einer Kooperation mit einem der bestehenden Marktplätze könnte versucht werden
die Risiken des aktuellen Modells zu minimieren, aber weiterhin von den speziellen
Kenntnissen des Marktplatzbetreibers zu profitieren. Zielsetzung aus Sicht des
Herstellers ist es, die Wettbewerbsposition seiner Absatzmittler zu verbessern und das
Risiko aus der weiteren Entwicklung des Marktmodells zu eliminieren. Die
wichtigsten Ziele einer Kooperation sind dementsprechend die Einschränkung des
Marktmodells gemäss den Interessen der Vertragshändler, die Erweiterung der
Gestaltungsmöglichkeit und eine Vereinbarung zwischen Marktplatzbetreiber und
Hersteller über die weitere Entwicklung und Ausrichtung der Online-Börse.409 Eine
solche individuelle Lösung über Kooperationsmodelle mit den einzelnen
Marktplatzbetreibern ist in Deutschland aufgrund der geringen Anzahl von wichtigen
Börsen möglich.
409 Konkrete Beispiele für die Gestaltung auf Online-Börsen aus Sicht des Herstellers werden in Abschnitt E.2.1 dargestellt.
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen ___________________________________________________________________________
179
2.3 Diskussion der Alternativen Bei der Entwicklung der verschiedenen Handlungsoptionen im vorherigen Abschnitt
hat sich gezeigt, dass jede Variante zwei Aufgaben beinhaltet. Zum einen ist die
Wirkung der einzelnen Optionen auf die Chancen und Risiken sehr unterschiedlich.
Zum anderen gibt es bei der Realisierung verschiedene Herausforderungen und
wirtschaftliche Aspekte. Die folgende Tabelle soll eine Übersicht über diese Kriterien
und ihrer Wirkung bieten. Die einzelnen Handlungsoptionen werden im Folgenden
diskutiert. Die Diskussion der Handlungsoptionen soll an dieser Stelle dazu dienen, die
strategischen Optionen weiter zu vertiefen und mit den Ergebnissen der Branchen-
analyse zu verknüpfen. Für eine systematische Bewertung müssten die einzelnen
Alternativen wesentlich weiter ausgearbeitet werden, was jedoch aufgrund der vielen
möglichen Varianten nur willkürlich geschehen könnte. Eine weitere konzeptionelle
Ausarbeitung würde sich beispielsweise an den Rahmenbedingungen eines Auto-
mobilherstellers orientieren und wäre die Aufgabe der Praxis. Des Weiteren setzt eine
systematische Bewertung die Definition von Bewertungskriterien und ihren
Ausprägungen voraus. In Tabelle 25 wird der Bezug zu den Herausforderungen
hergestellt.
Duldung (2)
Kooperation (3)
Alleingang (4)
OEM-Plattform (5)
Wirkung
Unterstützung der Händler
gering lösbar gelöst gelöst
Gestaltung des Absatzkanals
nein gering gelöst lösbar
Vermeidung der Abhängigkeit
nein nein gelöst gelöst
Vermeidung des strat. Risikos
nein nein gelöst gelöst
Realisierbarkeit
Attraktivität für Interessenten
sehr gut sehr gut eingeschränkt lösbar
Akquisition von Interessenten
sehr gut sehr gut eingeschränkt lösbar
Organisation
bestehend lösbar sehr gut eingeschränkt
Wirtschaftlichkeit
gut gut eingeschränkt lösbar
Tabelle 25: Diskussion der Handlungsoptionen
___________________________________________________________________________
180
Die Tabelle 25 zeigt für die Handlungsoption Kooperation, dass hierbei die Vorteile
des unabhängigen Marktplatzes, wie grundsätzliche Attraktivität für den Interessenten
durch eine fast vollständige Darstellung aller Angebote im Markt oder die Stärke in
der Akquisition von Interessenten, beibehalten werden können. Der Einfluss auf die
Organisationsform kann durch individuelle Absprachen zwischen Marktplatzbetreiber
und Hersteller gering gehalten werden und die Wirtschaftlichkeit durch die
Skaleneffekte in Bezug auf die grosse Zahl inserierter Fahrzeuge bleibt bestehen. Für
eine Integration der Marktplatzbetreiber spricht auch deren spezifisches Know-how.
Dieses Know-how bezieht sich vor allem auf die Vermarktung sowie auf die
Gründung von Kooperationsmodellen im Internet.410 Hinsichtlich der Chancen und
Risiken wird die beste Wirkung zur Unterstützung der Händler erzielt werden können.
Mögliche Beispiele sind eine übergreifende Preisverhandlung oder die Abstimmung
von einheitlichen Merkmalen mit denen Vertragshändler auf dem Marktplatz
frühzeitig kenntlich gemacht und differenziert werden. Eine Kooperation, solange sie
nicht eine massgebliche Beteiligung am Marktplatzbetreiber oder die Entwicklung
eines gemeinsamen Geschäftsmodells beinhaltet, kann die Risiken der Abhängigkeit
und der strategischen Entwicklung des Marktplatzbetreibers nicht lösen.
Mit einem Alleingang können alle diese Risiken gelöst und die Chancen aus der
Gestaltung des Absatzkanals genutzt werden. Der Wettbewerb zwischen einem
eigenen Marktplatz und den unabhängigen Online-Börsen muss durch geschickte
Marktmodelle mit attraktiven Fahrzeugangeboten entschärft werden, lässt sich jedoch
nicht umgehen. Vor allem der von den Kunden gewünschte Vergleich unter-
schiedlicher Marken auf einer Plattform ist so kaum zu realisieren. Die Organisation
einer eigenständigen Lösung ist unkompliziert, allerdings werden die Kosten bei dieser
Variante auf die geringste Zahl von Angeboten, im Vergleich zu den anderen
Handlungsoptionen, verteilt.
Die OEM-Plattform bedeutet eine grosse Kraftanstrengung für die beteiligten
Hersteller. Sie ist wohl nur dann wahrscheinlich, wenn sich die Hersteller durch die
Marktplatzbetreiber stark bedroht fühlen. Hierzu gehören die zunehmende Bedeutung
der Online-Börsen im Neufahrzeuggeschäft und eine grosse Bedeutung der Börsen auf
mehreren Märkten. Alle Formen, die durch Kooperationsmodelle zwischen den
410 Vgl. zu den Kernkompetenzen der Marktplatzbetreiber die Fallanalysen im Abschnitt B.2.2.
E. Handlungsoptionen für einen erfolgreichen Einsatz von Online-Börsen ___________________________________________________________________________
181
Marktbeteiligten den Marktplatzbetreiber umgehen, leiden unter dem Problem des
Interessenausgleichs. Die Betreiber der Online-Börsen haben hier einen Vorteil
aufgrund ihres einfachen Geschäftsmodells. Ein möglicher Lösungsvorschlag wäre es,
dass die Hersteller gemeinsam ein Unternehmen oder einen bestehenden Marktplatz-
betreiber beauftragen. Grundsätzlich kann diese Handlungsalternative auch die
identifizierten Probleme lösen und bestehende Chancen nutzen, insofern es jeweils zu
einer entsprechenden Einigung unter den beteiligten Partnern kommt. Eine
Kooperation zwischen den Herstellern bietet ein grosses und attraktives Potential an
darzustellenden Fahrzeugen. Es muss allerdings geklärt werden, wie auf das grössere
Angebot der bestehenden Online-Börsen durch freie Händler und private Anbieter
reagiert werden soll. Bezüglich der Kosten stellt eine solche Lösung einen Mittelweg
dar.
___________________________________________________________________________
182
F. Fazit und weiterer Forschungsbedarf Online-Börsen, als auf das Endkundengeschäft fokussierte Elektronische Marktplätze,
konnten als einheitlicher Betriebstyp identifiziert werden. Mit der frei zugänglichen
Suchfunktion über Datenbestände, die einen Grossteil des jeweiligen Marktes
abdecken, wird den Nachfragern ein mächtiges Instrument an die Hand gegeben, das
diese auch souverän nutzen und sich hiermit einen Marktüberblick verschaffen,
Detailinformationen ermitteln und interessante Angebote identifizieren und anfragen.
Im Automobilgeschäft ist die Nutzung der Online-Börsen weitestgehend auf eine
unterstützende Funktion für bestehende Wertketten im Gebraucht- und Bestands-
geschäft beschränkt. In diesem Geschäft führen die Online-Börsen aufgrund der
Geschwindigkeit und Transparenz des Mediums zu einer generellen Beschleunigung
des existierenden Marktes. Die Beschleunigung bezieht sich zum einen auf den
Marktprozess der Preisfindung und die Vermittlung von Angebot und Nachfrage, zum
anderen aber auch auf die Entwicklung der Vertriebsnetze an sich. Leistungsfähige
Vertriebssysteme werden eher erkannt und können auch die Börsen besser nutzen. Auf
diese Weise werden die laufenden Veränderungen unterstützt. Aus strategischer Sicht
ist für die Hersteller entscheidend, ob und in welcher Form die weitere Entwicklung
der Online-Börsen stattfindet.
Diese Entwicklung betrifft drei Aspekte: Erstens ist es wichtig, wie sich die Online-
Börsen selbst entwickeln. Verfolgen die Marktplatzbetreiber weiterhin die Strategie,
dass sie das Geschäft der Händler nicht beeinträchtigen wollen oder orientieren sie
sich eher am Kunden und nutzen ihre Position an der Schnittstelle zwischen Kunden
und Händler aus. Die zweite zu beachtende Entwicklung ist die einer Veränderung des
Kunden durch die Online-Angebote, die durch ihre Funktionen die Erwartungen und
das Nutzerverhalten der Interessenten verändern. Als dritter Punkt sind Entwicklungen
bei den Marktbeteiligten zu nennen. Betrachtet man dieses Veränderungspotential, so
können die Hersteller die Entwicklungen nicht einfach auf sich zukommen lassen.
Zugleich stellt die Aufgabe eine strategische Ausrichtung zu finden, eine besondere
Herausforderung für die Hersteller dar. Online-Börsen werden zwar als wichtig
eingeschätzt, sind aber kein strategisches Handlungsfeld eines Automobilherstellers.
Demgegenüber würde die konsequente Umsetzung der vorgeschlagenen Handlungs-
optionen grundsätzliche Überlegungen der Vertriebsstrategie und umfangreiche
Chance-Management-Massnahmen voraussetzen.
F. Fazit und weiterer Forschungsbedarf ___________________________________________________________________________
183
Der Vergleich der drei Online-Börsen in den Fallbeispielen zeigt, dass es hier sehr
ähnliche Wirkungen bezüglich der Schnittstellen im Bezugsrahmen gibt. Dies sind
beispielsweise das vom Kunden als besonders vorteilhaft bewertete Marktmodell, die
Rolle des Marktplatzbetreibers oder das Erlösmodell. Unterschiede zeigen sich bei der
Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Marktplatz. So haben die Makler auf den
wichtigsten Immobilienbörsen durchsetzen können, dass die volle Funktionalität nur
für die gewerblich eingestellten Angebote bereitsteht. Die Stellenanbieter konnten bei
der Jobbörse Stepstone durchsetzen, dass die Detailansicht nicht mehr zur Jobbörse
gehört, sondern auf den eigenen Seiten der Stellenanbieter präsentiert wird und dass
damit Gestaltung und Prozesse in den Einflussbereich des Anbieters gelangt sind. Es
kann interpretiert werden, dass es an den besonderen Marktgegebenheiten liegt, dass
für die Online-Börsen die relativ unabhängige Handelsstufe im Automobilvertrieb so
attraktiv ist, dass man keine Abhängigkeit von den Automobilherstellern sieht. Der
Elektronische Marktplatz spiegelt hier den physischen Markt wider, den er unterstützt.
Dementsprechend ist eine Übertragbarkeit der branchenspezifischen Analyse auf den
generellen Betriebstyp der Online-Börse oder auf Online-Börsen in anderen Märkten
ohne weitere Prüfung nicht möglich. Relevant erscheinen hier insbesondere das
produktspezifische Kaufverhalten, die gehandelten Umsätze und die Situation im
Distributionssystem.
Anhand der Branchenanalyse und durch die Befragungen konnten konkrete
Empfehlungen gegeben und strategische Handlungsoptionen aufgezeigt werden. Der
folgende Schritt zur Bearbeitung des Praxisproblems ist die weitere Ausarbeitung der
Handlungsoptionen unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen der
Hersteller und ihrer Distributionssysteme.
Die Analyse hat aber zugleich zwei weitere Handlungsfelder aufgezeigt. Dies ist zum
einen der grundsätzliche Umgang mit der Wettbewerbssituation im Handel (Stichwort:
Rabattschlachten) und zum anderen daraus begründet die Frage nach der Vision der
Automobilhersteller über das anzustrebende Vertriebssystem.
Offene Fragen und weiterer Forschungsbedarf
Bei der Beantwortung der Forschungsfragen im gewählten forschungsmethodischen
Ansatz ergaben sich eine Reihe weiterer Fragen, mit denen sich weiter zu beschäftigen
sinnvoll erscheint:
• Qualitative Untersuchung des Konsumentenverhaltens beim Autokauf.
Wie im Abschnitt D.2.2 dargestellt, ergaben zeigte die qualitativ-interpretative
___________________________________________________________________________
184
Methodik der Tiefeninterviews, neben den Ergebnissen zum Untersuchungs-
gegenstand, auch interessante Einblicke in das Konsumentenverhalten beim
Autokauf selbst. Eine auf den Prozess des Autokaufs fokussierte qualitative
Forschung wird die dort vorhandenen Kenntnisse wesentlich verbessern
können.
• Quantifizierung der Erkenntnisse über die Wirkung des Betriebstyps.
Die Erkenntnisse über die Rolle des Marktplatzes in den untersuchten Fällen
(D.2.4) schafft die Grundlage, operationalisierbare Fragestellungen abzuleiten
und im Rahmen einer quantitativen Befragung die einzelnen Wirkungen zu
gewichten. Verbunden mit den persönlichen Merkmalen der Befragten können
neben einer Validierung der Forschungsergebnisse dieser Arbeit auch
Prognosen über die weitere Entwicklung gemacht werden.
• Ableitung von Managementempfehlungen durch Typisierung der Hersteller.
Die Möglichkeiten direkte Empfehlungen aus den Erkenntnissen über den
Betriebstyp Elektronischer Marktplatz abzuleiten, sind aufgrund der
Heterogenität der Rahmenbedingungen der einzelnen Hersteller, sehr
eingeschränkt. Die Rahmenbedingungen variieren beispielsweise zwischen den
Absatzmärken einzelner Länder, zwischen der Stärke und Ausrichtung des
Händlernetzes oder dem aktuellen Produktportfolio. Anhand der Erkenntnisse
der Arbeit erscheint es möglich, die relevanten Faktoren der Hersteller für die
Auswahl der richtigen Strategie gegenüber Elektronischen Marktplätzen
abzuleiten. Eine solche, auf Wettbewerbsfaktoren ausgerichtete Analyse kann
der Praxis Wissen für konkretes Handeln liefern.
• Branchenübergreifende Interpretation der Ergebnisse. Für die Arbeit wurde
bewusst auf eine Branche fokussiert, um spezifische Rahmenbedingungen in
ausreichender Tiefe mit zu berücksichtigen. Nachteil dieses Vorgehen ist das
Problem der Übertragbarkeit und Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse. Eine
Ausdehnung der Untersuchung würde sich insbesondere auf die beiden in den
Fallbeispielen (B.2.2) berücksichtigten Branchen empfehlen, bei denen
Elektronische Marktplätze bereits eine grosse Rolle spielen.
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208
Anhang 1: Beschreibung der verwendeten Internetadressen
Verwendeter Name Internetadresse (URL) Inhalt
ADAC.de www.adac.de Webseite des ADAC
Allianz Autowelt www.allianz-autowelt.de/allianz/ger/ search.asp
Integrierte kleinere Online-Börse
Amazon www.amazon.de Shop, Buchhandel
Auto Aktuell www.autoaktuell.de Kleinere Online-Börse
Autoanzeigen.de www.autoanzeigen.de Online-Börse
Autobild.de www.autobild.de; www.boerse.autobild.de
Internetseiten der Fachzeitschrift Autobild, Online-Börse
Autobörse www.autoboerse.de Online-Börse
Autobytel www.Autobytel.com Matchmaker
Automobile.Coop www.automobile.coop Online-Börse (Kooperationsmodell von Händlern)
Auto-Motor-Sport.de www.auto-motor-sport.de Internetseiten der Fachzeitschrift Auto Motor und Sport
Autoscout24 www.autoscout24.de Online-Börse
Autoweb www.autoweb.com Matchmaker
Car4you www.car4you.de Online-Börse
CareerNet www.careernet.de Online-Börse
Carpoint www.carpoint.com Matchmaker
CC-Chemplorer www.cc-chemplorer.com; www.cc-hubwoo.com
B2B-Marktplatz, Chemieindustrie
Conextrade www.conextrade.ch; www.swisscom.ch/IT/ content/Handelsplatz_ conextrade?lang=de
B2B-Marktplatz,
C-Güter
Conrad Electronic www.conrad.de Shop, Elektronikartikel
Covisint www.convisint.com B2B-Marktplatz,
Automobilindustrie
Ebay www.ebay.de (at/ch/pl/usw.) Auktionsbörse
Ebay Motors www.ebaymotors.de Auktionsbörse, Auto
Electronic Mall Bodensee www.emb.net Regionales Portal
Anhang 1: Beschreibung der verwendeten Internetadressen ___________________________________________________________________________
209
Expedia www.expedia.de Shop, Reisebüro
Faircar www.faircar.de Online-Börse
Fernweh www.fernweh.com Shop, Reisebüro
Flydba www.flydba.com Internetseiten der Fluggesellschaft Deutsche BA
Focus www.focus.msn.de Internetseiten der Wochenzeitschrift Focus
Ford www.ford.de Internetseiten des Automobil-herstellers Ford
Freenet www.freenet.com Internet-Portal
Gebrauchtwagen.de www.gebrauchtwagen.de Online-Börse
GM www.gm.com Internetseiten des Automobil-herstellers General Motors
Immobilienscout24 www.immoscout24.de; www.immobilienscout24.de
Online-Börse
Immonet www.immonet.de; www.immonet.abendblatt.de
Online-Börse, Hamburger Abendblatt in Zusammenarbeit mit Immonet
Immowelt www.immowelt.de Online-Börse
Jobpilot www.jobpilot.de (at/ch/usw./net) Online-Börse
Jobscout24 www.jobscout24.de Online-Börse
Jobstairs www.jobstairs.de Online-Börse
Job-Today www.jobtoday.de Online-Börse, von Stepstone übernommen
Kfz-Anzeigen www.kfz-anzeigen.de Online-Börse
Lycos www.lycos.de Internet-Portal
Meinestadt-Portal www.meinestadt.de (/deutschland/jobs)
Regionales Internet-Portal, integrierte Online-Börsen
Mobile.de www.mobile.de Online-Börse
Monster www.monster.de; www.jobsuche.monster.de; www.rekrutierung.monster.de; www.international.monster.de
Online-Börse
Motoversum www.motoversum.de Online-Börse
Netzmarkt www.netzmarkt.de Internet-Portal
Opel www.opel.de Internetseiten des Automobil-herstellers Opel
Opondo www.opondo.com Shop, Reisebüro
Otto www.otto.de (Shop) www.otto.com (Home)
Shop
Planethome www.planethome.de (com) Online-Börse, in Zusammen-arbeit mit Immobilienscout24
Quelle www.quelle.de Shop
Ricardo www.ricardo.ch Auktionsbörse
Stellenanzeigen.de www.stellenanzeigen.de Online-Börse
___________________________________________________________________________
210
Stellensuche.de www.stellensuche.de Online-Börse
Stepstone www.stepstone.de (ch/usw.) www.berufsstart.stepstone.de
Online-Börse
Tchibo www.tchibo.de www.eduscho.at
Shop
T-Mart www.t-mart.com B2B-Marktplatz
C-Güter
T-Online www.t-online.de Internet-Portal
Webauto www.webauto.de Online-Börse
Webmobil24 www.webmobil24.de Online-Börse
Yahoo www.de.yahoo.com Internet-Portal
Tabelle 26: Liste der verwendeten Internetseiten
___________________________________________________________________________
211
Anhang 2: Bildschirmdarstellungen der Kernprozesse
Abbildung 32: Bildschirmdarstellung der Kernprozesse: Startseite (Quelle: Internet Autoscout24, Zugriff 10.08.2006)
___________________________________________________________________________
212
Abbildung 33: Bildschirmdarstellung der Kernprozesse: Ergebnisliste (Quelle: Internet Autoscout24, Zugriff 10.08.2006)
___________________________________________________________________________
213
Abbildung 34: Bildschirmdarstellung der Kernprozesse: Detailansicht (Quelle: Internet Autoscout24, Zugriff 10.08.2006)
___________________________________________________________________________
214
Anhang 3: Materialien zur qualitativen Untersuchung
Gesprächsleitfaden der Endkundeninterviews
Externes Dissertationsprojekt an der Universität St. Gallen Nutzung von elektronischen Marktplätzen im Hersteller-Distributionssystem
Entwicklung und Bewertung von Handlungsalternativen am Beispiel der Internet Autobörsen im Automobilvertrieb Jens Heinemann, Auchtertstrasse 19, 72639 Neuffen, [email protected]
Befragung von Autokäufern die in den letzten 1.5 Jahren einen PKW gekauft haben, oder in den nächsten 3 Monaten einen Kaufabschluss planen und das Internet als Informationsquelle eingesetzt haben
1. Teil: Fragebogen zur Erfassung der Rahmenbedingungen 1.1 Name und Vorname
(keine Veröffentlichung)
1.2 Kontaktadresse für Rückfragen (keine Veröffentlichung)
1.3 PLZ des Wohnorts (keine Veröffentlichung) 1.4 Geburtsdatum, Ehestand, Kinder 1.5 Berufsbezeichnung 1.6 Kaufdatum des PKW 1.7 Bezeichnung des Fahrzeugs 1.8 Fahrzeugtyp (z.B. Neuwagen,
Vorführwagen, ggf. Fahrzeugalter)
1.9 Fahrzeugnutzung, Anzahl Fahrzeuge, Anzahl bisher getätigter Käufe
1.10 Ort, Häufigkeit und typischer Zeitpunkt der Internetnutzung (Anzahl h/Monat, private/berufl. Nutzung)
1.11 Rahmenbedingungen der Internetnutzung (z.B. einzelne/gemeinsame Nutzung, Druck- und Telefonmöglichkeit)
Anhang 3: Materialien zur qualitativen Untersuchung ___________________________________________________________________________
215
2. Teil: Beschreibung des Kaufprozesses aus Sicht des Kunden
Bitte erzählen Sie den Vorgang bei der Auswahl und beim Kauf Ihres letzten PKW. Am besten Sie beginnen mit dem Zeitpunkt und dem Grund, warum Sie sich für ein neues Auto interessiert haben. Erzählen Sie Schritte in denen Sie sich für den gewählten Fahrzeugtyp und den Händler entschieden haben. Berichten Sie ausführlich welche Entscheidungen Sie getroffen und ggf. widerrufen haben und woher Sie die Informationen für diese Entscheidungen genommen haben.
3. Teil: Konkretisierung und Nachfragen 3.1 Rückfragen zum Kaufprozess 3.1.1 Tatsächlicher Ablauf beim Kauf
• Zusammenfassung aus Teil 2: welche Teilentscheidungen wurden getroffen, in welcher Reihenfolge wurde entschieden, welche Schleifen durchlaufen?
Idee zum gemeinsamen Skizzieren der Beschreibung aus Frage 2
Fahrzeug-art
Fahrzeug-artZeitpunktZeitpunkt MarkeMarke TypTyp HändlerHändler Form des
Geschäftes
Form des Geschäftes RealisierungRealisierungAttraktivität der
Anschaffung
Attraktivität derAnschaffung
Fahrzeug-status
Fahrzeug-status
Musterablauf:
Zusammenfassung der eigenen Wahrnehmung:
Fahrzeug-art
Fahrzeug-artZeitpunktZeitpunkt MarkeMarke TypTyp HändlerHändler Form des
Geschäftes
Form des Geschäftes RealisierungRealisierungAttraktivität der
Anschaffung
Attraktivität derAnschaffung
Fahrzeug-status
Fahrzeug-status
Fahrzeug-art
Fahrzeug-artZeitpunktZeitpunkt MarkeMarke TypTyp HändlerHändler Form des
Geschäftes
Form des Geschäftes RealisierungRealisierungAttraktivität der
Anschaffung
Attraktivität derAnschaffung
Fahrzeug-status
Fahrzeug-status
mögliche Schleifen?
___________________________________________________________________________
216
3.1.2 Aufschlüsselung der einzelnen Phasen aus Teil 2 gemeinsam mit dem Interviewten • Was waren in den einzelnen Phasen die Entscheidungskriterien? • Welche Informationen sind jeweils genutzt worden? Gab es konkrete Meinungsänderungen? • Welche Funktionen des Internets wurde jeweils genutzt? Welchen Beitrag lieferten die
Funktionen für die Kaufentscheidung? Können Sie sich an besondere Ereignisse/Informationen bei der online Suche erinnern?
3.1.3 Prüfung, ob Quellen oder Stationen vergessen wurden Hinweise für den Interviewer: Quellen sind: Markenhändler, freier Händler, Fachzeitschriften (Auto, Motor und Sport), Tageszeitungen, Familie, Freunde, Internet, Schwacke-Liste, ADAC Pannenstatistik, Messen, sonstige Stationen sind: Attraktivität der Anschaffung, Zeitpunkt, Budget, Fahrzeugart, Marke, Typ, Händler, Form des Geschäfts, Realisierung 3.2 Einzelfragen 3.2.1 Welche Internetseiten (URL) wurden
genutzt?
3.2.2 Zu welchem Zeitpunkt wurden die Adressen verwendet (Wiederholter Besuch?)?
3.2.3 Woher sind die Internetadressen bekannt? 3.2.4 Wurden Herstellerseiten verwendet?
(Warum, welche URL?)
3.2.5 Was waren die genauen Ziele, bzw. die genaue Fragestellung an die Internetseite? (Stand die Fragestellung vor dem Aufruf fest?)
3.2.6 Welche Informationen wurden bewusst in der weiteren Entscheidungsphase mitgenommen?
3.2.7 Welche Interessanten Inhalte sind auf den Autobörsen noch aufgefallen (z.B. EU-Neuwagen, Versicherungen)? Wurden diese dann genutzt?
3.2.8 Hatten Kundenbindungsmassnahmen (Anschreiben, Anrufe) von Händler oder Hersteller einen Einfluss auf die Kaufentscheidung?
Anhang 3: Materialien zur qualitativen Untersuchung ___________________________________________________________________________
217
4. Teil: Gemeinsame Bilanzierung des Kaufprozesses 4.1 Wie wurde/n die online Autobörse/n
/Internetangebote wahrgenommen? (z.B. Unsicherheit gegenüber Anbietern, Vertrauen gegenüber den Informationsangeboten). Beschreibung von Stimmungen, Gedanken, Gefühlen, Erwartungen bei der Nutzung.
4.2 Hätten Sie sich noch eine andere Unterstützung aus dem Internet gewünscht? (z.B. weitere Funktionalitäten)
4.3 War der Entscheidungsablauf insgesamt gesehen zufrieden stellend? Würden Sie heute wieder genau so vorgehen?
4.4 War die das Vorgehen und die Mediennutzung bewusst geplant?
4.5 Sind Ihnen Angebote über die Fahrzeugsuche hinaus bewusst geworden (Finanzierung, Versicherung)? Wurden diese genutzt?
Liste der Expertengespräche in der Branchenanalyse
Die Gespräche wurden zwischen Oktober 2005 und April 2006 geführt.
Bernd Drechsler
Verkaufsleiter
Autohaus Drechsler, Wendlingen
Vertragshändler für VW und Audi
Andreas Embacher
Verkaufsleiter Ladengeschäft
American Auto-Handels GmbH, München
Vertragshändler für Chrysler, Jeep, Dodge
Dr. Bodo Kluxen
Internet Business Development
Daimler Chrysler AG, Stuttgart
___________________________________________________________________________
218
Lutz Mensing
Verkaufsleiter Gebrauchtwagen
Mercedes-Benz Niederlassung Dresden
Liste der Expertengespräche zu B2B-Marktplätzen
Die Gespräche wurden für das Doktorandenseminar an der Universität St. Gallen im
Wintersemester 2001/2002 geführt.
Doris Bock
Abteilung E-Markets
Deutsche Telekom AG, , Frankfurt/Main
Thomas Frey
Projektmanager
Commerce One (Schweiz) AG, Zürich
Sven Wachtel
Abteilung Online-Shops
Corporate Express Deutschland GmbH, Stuttgart
John Zöllin
Verkaufsleiter
SeetalSchaller AG, Brugg
Anhang 4: Liste der verwendeten Studien ___________________________________________________________________________
219
Anhang 4: Liste der verwendeten Studien
Name der Quelle Gegenstand Untersuchungsdesign
Audi 2005 Interessenten und deren Erwartungen auf der Internetseite www.audi.de
Online-Befragung von 988 Nutzern auf der Internetseite (2005).
Betz 2002 Akzeptanz der Nutzung von online Medien beim Autokauf
Schriftliche Befragung mit zwei Stichproben aus dem Kundendatenbestand eines (nicht genannten) Herstellers. Rücklauf der postalischen Befragung: erste Stichprobe 848, zweite Stichprobe 522 (2001).
DAT 2006 / DAT 2005
Kundeneigenschaften, Nutzungsentwicklungen und Erwartungen gegenüber dem KFZ-Handel und Werkstattbetrieben
Befragung von ca. 4.000 Kunden, die zwischen März und Juni 2005 ein Fahrzeug gekauft haben. Untersuchungszeitraum Oktober bis Januar 2006.
o.V. 2005 Nutzer von Online-Börsen und deren Erwartungen
Online-Befragung auf www.autoscout24.de im August 2003. n=895.
Psyma 2005 Nutzer, Interessen und Erwartungen von Besuchern auf Automobil-Herstellerseiten
Online-Befragung auf 19 deutschen Herstellerseiten (Hersteller n=1000, ausser: Chevrolet n=518, Lexus n=633, n(gesamt)=18.151)
Unger 1998 Konsumentenverhalten beim Autokauf.
Schriftliche Befragungen mit Fragebogen beim Autohändler. Befragung nach dem Beratungsgespräch oder Kaufabschluss.1994 Befragung von 121 Automobilkäufern als Voruntersuchung. 1995 Befragung von 618 Automobilkäufern.
Tabelle 27: Liste der verwendeten Studien
___________________________________________________________________________
220
Lebenslauf
Jens Holger Heinemann, geboren am 15. Dezember 1971 in Gütersloh, Deutschland.
1990 – 1992 Ausbildung zum Industriekaufmann
1992 – 1993 Wehrdienst als Funker auf Unterseeboot U12
1993 – 1999 Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten
Marketing und Wirtschaftsinformatik, Universität Paderborn
1998 – 2001 Projektleiter bei der Digmar AG, St. Gallen
2000 – 2001 Doktorandenstudium an der Universität St. Gallen (HSG)
seit 2001 Angestellter der DaimlerChrysler AG, Stuttgart
Aktuell: Teamleiter Internet Frontends
Feedback und Fragen sind herzlich willkommen
(Email: [email protected])