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Nr. 28, September 2004 · 2004-11-04 · kirchlicher Universalkultur plakativ wieder-geben will,...

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Nr. 28, September 2004
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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 3

Katholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen Welt

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 20042

Inhalt

Katholisches Europa – Betrachtungen aus der Neuen Welt (Msgr. Schmitz) . . . . . . 3Bestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24Predigt beim Pontifikalamt (Bischof Rifan) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25Tradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen Stuhl (Bischof Rifan) . . . . . 30Bericht über die Hauptversammlung 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Schriftliches Interview Kardinal Castrillón Hoyos (Latin Mass) . . . . . . . . . . . . . . . . . 40Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks im Canon Missae (Alexander Toepel) 45Hinweise und Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51Übersichtskarte der Meßorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52Gregorianischer Gesang in Gabun (Institut Christus König und Hoherpriester) . . . . 54„Leben aus Gottes Kraft“ Bericht über den Katholikentag in Ulm . . . . . . . . . . . . . . 57Bemerkungen zur Instruktion · Redemptionis sacramentum (Prof. Waldstein) . . . . . 63Umzug in Würzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81Neubeginn in Trier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84Basel: Umzug in die St.-Christophorus-Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Klassischer römischer Ritus und zeitgemäße Pastoral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89Goldene Rose (Ulrich Nersinger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92Beitrittserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99Liste der Meßorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Verantwortlich für den InhaltMonika Rheinschmitt Prof. Wolfgang Graf WaldsteinFraschstraße 6 Paris-Lodron-Straße 12D-70825 Korntal A-5020 SalzburgTel.: 07 11 / 83 87 877 Tel./Fax.: 00 43 - 6 62 / 87 37 24Fax.: 07 11 / 83 87 878E-Mail: [email protected]

Internethttp.//www.pro-missa-tridentina.org oder www.pro-missa-tridentina.org

BankverbindungDeutschland Kto.-Nr. 293 147 6 Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart BLZ 600 501 01Österreich Kto.-Nr. 208 919 9 Salzburger Landes-Hypothekenbank AG BLZ 550 00Schweiz Postkonto-Nr. 30-498 298-1 PTT Basel

GesamtherstellungMetzen GmbH, Graphischer Betrieb, 54529 Spangdahlem/Eifel, Tel. 0 65 65 / 95 95-0

TitelfotoSpätromanisches Kreuz (um 1250) in der Pfarrkirche St. Johann-Baptist in Wessobrunn (Hannes Oefele Verlag Nr. 30 20/73F)

Für das kostenlose Überlassen des Titelfotos danken wir dem Hannes Oefele Verlag, Inh. Judith Hausmann, Hauptstraße 59, 86678 Ehingen, Telefon 0 82 73 / 9 16 58.

Für das kostenlose Überlassen der Fotos Würzburg danken wir der Bayerischen Schlösserverwaltung in München.

ISSN 1610-4927

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe und Übersendung eines Belegexemplars.

Europa ist die Kirche!„Die Kirche ist Europa und Europa ist dieKirche“. Dieser provokative Satz aus derFeder des großen Chesterton-Freundes Hil-laire Belloc1, der die providentiellen Wurzelnkirchlicher Universalkultur plakativ wieder-geben will, entspricht genau der histori-schen und aktuellen Realität. Ohne die letz-te Institution auf unserem Kontinent, die bisin die römische Antike zurückreicht, wäredas Europa, wie wir es kennen, niemals ent-standen. Unsere Kultur, deren Reichtumselbst in ihrer Zerfallsform nur Staunen ma-chen kann, ist eine wesentlich kirchlicheKultur. Die Werte, für die Europa steht, sindvon der Kirche überliefert worden oder in ihr

geboren. Die Kirche hat Europa geschaffen.Die Kirche, die Europa geschaffen hat, istdie römisch-katholische Kirche, die Kirchealler Zeiten und die Kirche der Endzeit.Selbst die Gegenkräfte, die die Einheit Eu-ropas vor langer Zeit zerrissen haben unddie nun versuchen, sie künstlich auf der Ba-sis gottloser Gesetze dem kirchlichen Euro-pa zu entringen, selbst diese Gegenkräftegewinnen ihre Energie doch nur aus demKampf gegen die Prinzipien, die ihrem Zer-störungswerk entgegenstehen. Ihre Machtist vornehmlich negativ, weil sie hassen,was das christliche Europa in seinem inner-sten Kern ausmacht!Dieser innerste Kern des klassischen eu-ropäischen Gedankens aber geht zurückauf einen Begriff, der auch in der Kirchein Vergessenheit zu geraten droht, nämlichauf den Begriff des „christlichen Abendlan-des“. Wiederum muß unterstrichen werden,daß anfänglich, wie auch noch heute im Ge-setzbuch der Kirche für den Begriff „Christ-gläubige“2, das Wort „christlich“ nicht imSinne einer alle Christus anhängenden Kon-fessionen umfassenden Gruppe verstandenwurde, sondern schlicht und einfach dieZugehörigkeit zu der einen, also der katho-lischen Kirche bedeutete. Das christlicheAbendland wurde in diesem Sinne von derDevise geprägt: „ein Glaube, eine Taufe, einGott und Vater aller, eine Kirche, ein Papst,ein Reich und ein Kaiser“. Schon das späteMittelalter, aber endgültig die sogenannteReformation und mit ihr die Renaissancehaben dieser Einheit ein Ende gesetzt unddie Harmonie des einen Ganzen in die Dis-harmonie der vielen nach Nation und Kon-

Katholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen Welt

Von Msgr. Prof. Dr. Rudolf Michael SchmitzGeneralvikar im Institut Christus König und Hoherpriester

1 H. Belloc, Europe and the Faith, Rockford 1992, 2: „Isay again, renewing the terms, The Church is Europe,and Europe is The Church.“

2 Vgl. R. M. Schmitz, Die Bekenntnisfreiheit im Gemein-statut der Gläubigen (cc. 208-223). Ihre Möglichkeitenund Grenzen innerhalb der kanonischen Rechtsordnung(DiKa 11), St.Ottilien 1993, 28-32.

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Katholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen WeltKatholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen Welt

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 20044

fession getrennten Herrschaften aufgespal-ten3. Trotzdem ist die Grundidee des Zu-sammenhaltes des einen christlichenAbendlandes auch durch die ständigeäußere Drohung des militanten Islam nochso lange stark präsent gewesen, bis die er-sten ganz künstlichen Aufteilungen der Län-dergrenzen unter Friedrich II., Napoleonund schließlich im ersten und zweiten Welt-krieg selbst die Fiktion einer organischenEinheit verschwinden ließen. Der nationali-stische Totalitarismus mit seiner unmensch-lichen Überzeugung, daß Macht und Rechtidentisch sind, hat dann auch die Gesetz-gebungen, die zum wenigsten noch von ei-ner einheitlichen Verankerung der Staats-und Rechtssysteme in einem christlich in-spirierten Gottesglauben getragen waren,zum Spielball öffentlicher Meinungen unterdem Einfluß von Demagogen und Gewalttä-tern gemacht, und damit die letzten Spurendes antik-katholischen Einheitsprinzips be-seitigt. Die Verfolgung der Kirche durch die-se Machthaber oder durch aufgepeitschteVolksmassen seit der französischen Revo-lution paßt in dieses Bild mit logischer Not-wendigkeit.Nun ist es hier nicht meine Absicht, einepolitische Rede zu halten noch eine län-gere historische Studie über die Zusam-menhänge in der europäischen Geschichtezu entwickeln. Es geht mir vielmehr um daskatholische Europa, wie es heute noch exi-stiert, um das Erbe, das noch nicht ver-schwunden ist, um die Kultur, die immernoch als eine kirchlich geprägte bezeichnetwerden kann, und die der Anfang einer ech-ten Renaissance, diesmal nicht neuheidni-scher Utopien, sondern genuinen katholi-schen Lebens werden muß. Zur Darstellungdieser Einsicht werde ich zunächst etwas

Licht auf die Abkehr von den eigenen Wur-zeln werfen müssen, die in weiten Teilen derKirche in den letzten 40 Jahren stattgefun-den hat, und die wohl weithin beklagt wird,deren eigentliche Ursachen aber selten er-kannt oder benannt werden. Danach wer-den wir am erstaunlichen Beispiel der Verei-nigten Staaten von Amerika sehen, wievielvon den Schätzen des christlichen Abend-landes die heilige Mutter Kirche noch be-wahrt hat und schließlich andeuten, wie esauch in den Möglichkeiten jedes einzelnenliegt, daran mitzuarbeiten, aus diesen ver-gessenen Schätzen „Neues und Altes“ wie-der an das Tageslicht zu bringen.

I. Die Geschichtsvergessenheit in der Kirche

1. Die Kirche ist TraditionDie heilige Kirche ist ein lebendes Monu-ment. Alles in ihr atmet eine Tradition, diebis in die Antike zurückreicht: Ihre Lehre, ih-re Kunst, ihr Leben, vor allem aber das, wasalles trägt, nämlich ihre Liturgie. Gerade dieletztere kann nur verstanden werden als le-bendige Tradition, die in einem ständigenHier und Jetzt den Raum der Wahrheit JesuChristi schafft und offen hält. Wer die Kirche„aktualisieren“ will, der hat diesen innerenKern ihres Wesens nicht recht erfaßt. DieKirche braucht kein „aggiornamento“, sieist das „aggiornamento“, d.h. die vollgültigeGegenwärtigsetzung des Willens Gottes imjeweiligen geschichtlichen Heute. Mit denWorten Christi ruft die Kirche in Lehre undLiturgie den Menschen entgegen: „FürchtetEuch nicht, Ich bin es!“ Ihr Wesenskern, al-so ihre unfehlbare Lehre und die heiligenMysterien ihrer Sakramente sind göttlichgarantierte unverfälschte und in ihrem We-senskern unverfälschbare sichtbare Wir-kungen der Allmacht des Allheiligen in deraktuellen Zeit. Das schließt historisch nichtaus, Bereiche, die von diesem Grundbe-stand entfernter sind und etwa durch Nicht-

gebrauch oder gar Mißbrauch obsolet er-scheinen, in einem organischen Reini-gungsprozeß auszusondern oder dem Kernwieder näher zu bringen. Wenn aber dabeivon „aggiornamento“ die Rede ist, so istdas nicht als Anpassen der Tradition an dieGegenwart zu verstehen, sondern als Ver-gegenwärtigung der Tradition und Verwirkli-chung ihrer Kraft im tatsächlichen Lebender Kirche. Wer je die Einführungsrede desseligen Papstes Johannes XXIII. für das II.Vatikanische Konzil gelesen hat4, oder dieAkten der kurz vorher unter seinem Vorsitzgefeierten Römischen Synode kennt, weiß,daß dieser eifrige Verehrer des seligenPapstkönigs Pius IX. das Wort „aggiorna-mento“ in eben diesem Sinne verstandenwissen wollte. Die „frische Luft“, die erdurch das „Öffnen der Fenster“ in die Kir-che bringen wollte, war die gesunde Luftkatholischer Tradition, nicht die Luft einesZeitgeistes, gegen den er sich immer wie-der öffentlich gewandt hat5. Doch wie an-ders ist es gekommen. Die Referenzen, mitdenen das II. Vatikanische Konzil auf dieTradition der Kirche verweist6, sind überauszahlreich. Selbst das bis heute nicht zu Un-recht umstrittene und viel diskutierte Dekretüber die Religionsfreiheit, das durch seineUnklarheit die gegensätzlichsten Interpreta-tionen hervorgerufen hat und als Schlacht-schiff aller möglichen Ideologien miß-braucht werden konnte7, beginnt mit einemVerweis auf die traditionelle Lehre, von derdie Väter sagen, daß sie durch ihre folgen-

den Ausführungen nicht geändert werdensoll8. Das Liturgiedekret spricht mit dergrößten Ehrfurcht von den herrlichen Monu-menten der geistlich-liturgischen Traditionder Kirche und stellt fest, daß die lateini-sche Sprache weiter als die liturgischeSprache der Kirche gepflegt werden soll9.Die dogmatische Konstitution über die Kir-che wiederholt wörtlich die Definitionen desersten Vatikanischen Konzils über den Pri-mat und die Unfehlbarkeit des Papstes undunterstreicht den Gehorsam der Gläubigengegenüber der Glaubensverkündigung derHierarchie10, das Dekret über die Ostkirchensagt eindeutig, daß der mystische LeibChristi mit der katholischen Kirche identischist11, und unzählige Male werden die übrigenÖkumenischen Konzilien, die Dekrete undLehrentscheidungen der Päpste, die großenheiligen Theologen und Kirchenväter unddie uralten Rechtsüberlieferungen der Kir-che zitiert. Selbst da, wo die Konzilsvätervon einem uns Heutigen oft naiv anmuten-den Optimismus getragene Änderungen zu-lassen, oder über die angeblichen Notwen-digkeiten der neuzeitlichen Situation ineiner für die sechziger Jahre des vorigenJahrhunderts recht typischen Diktion spre-chen, verweisen sie immer wieder auf mög-liche Gefahren für die katholische Über-

3 Vgl. W. Schulze, Deutsche Geschichte im 16. Jahrhun-dert. 1500-1618 (MDG 1), Darmstadt 1997, 53-63, derzu Recht auf vorreformatorische Auflösungserscheinun-gen dieser Einheit hinweist, ihre Aufrechterhaltung aberdoch wenigstens bis zum Wormser Reichstag 1495auch im politischen Leben aufzeigt.

4 Vgl. Summi Pontificis Ioannis XXIII allocutio in solemniSS. Concilii inauguratione: Sacrosanctum Oecumeni-cum Concilium Vaticanum II. Constitutiones DecretaDeclarationes, cura et studio secretariae generalis Con-cilii Oecumenici Vaticani II, Vatikan 1974, 854-872, bes.863: „Scilicet Concilium Oecumenicum primum et vige-simum... integram, non imminutam, non detortam tra-dere vult doctrinam catholicam...“

5 Vgl. Seine Wiederholung der Verurteilung des Kommu-nismus und Sozialismus durch Pius XI. in der Enzyklika„Mater et Magistra“, AAS 53 (1961) 405-447, hier DH3939.6 Vgl. z.B. OT 1, SC 4, DH 1, DV 1, usw.

7 Vgl. P. Basile Valuet OSB, La liberté religieuse et la tra-dition catholique. Un cas de développement doctrinalhomogène dans le magistère authentique, Tome I-III,2ième éd., Le Barroux 1998. Die Studie zeigt schondurch ihren Umfang von sechs Halbbänden, daß die In-terpretation des Dekretes tatsächlich die „dornige Fra-ge“ ist, als die sie Joseph Kardinal Ratzinger in einemSchreiben an den Autor bezeichnete.8 DH 1: „Da nun die religiöse Freiheit, welche die Men-schen zur Erfüllung der pflichtgemäßen Gottesvereh-rung beanspruchen, sich auf die Freiheit von Zwang inder staatlichen Gesellschaft bezieht, läßt sie die überlie-ferte katholische Lehre von der moralischen Pflicht derMenschen und der Gesellschaften gegenüber der wah-ren Religion und der einzigen Kirche Christi unangeta-stet.“9 SC 36, 54 u. 101.10 LG 22-25.11 Vgl. OE 2.

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lieferung und unterstreichen, daß alle Be-mühungen des Konzils nur darauf gerichtetsind, alles „gemäß dem Geist gesunderÜberlieferung“ zu überprüfen12. Ein weiteresgeradezu ironisch-seltsames Faktum mußhier genannt werden. Selbst diejenigen, dienach dem Konzil versucht haben, die leidersehr oft nicht völlig eindeutigen Formulie-rungen der Väter in einem radikaleren Sinneumzudeuten, also diejenigen, die sich daranzu schaffen gemacht haben, die lebendigeTradition der Kirche liturgisch umzukehrenund zu ändern, auch diese berufen sichständig auf die kirchliche Tradition, vor al-lem, nach Art protestantischer Teilung derKirchengeschichte in mehr oder wenigergeistnahe Epochen, auf jene der erstenJahrhunderte. Viele der zahlreichen liturgi-schen Änderungen, die oft von kleinenGruppen sogenannter Liturgieexperten amSchreibtisch erdacht worden sind, werdenmit der Berufung auf eine ältere Traditionherbeigeführt13, die zwar nach Belieben ma-nipuliert und zurechtgeschnitten wird, um indas gewünschte Bild zu passen, die aberständig zur Rechtfertigung der radikalenEinschnitte in bestehende lebendige For-men dient.14 Hier ist zwar schon eine Ge-schichtsvergessenheit zugange, die mit Ge-schichtsklitterung Hand in Hand geht, siewird aber noch verbrämt durch die Beru-fung auf ältere Quellen. Daß dieser „Ar-chäologismus“ nicht traditionell und nichtkatholisch ist, lehrt schon Papst Pius XII. in

seiner Enzyklika „Mediator Dei“15. DieseWarnung hat aber jene Experten nicht da-von abgehalten, mit Hilfe eben jenes Ar-chäologismus auf eine willkürliche Art in dieliturgische Entwicklung einzugreifen, bei dersie selbst bestimmten, welche alte Formangeblich obsolet und abzuschaffen, wel-che andere jedoch zu repristinieren undwiedereinzuführen wäre16. Diese Methodezeugt von Geschichts- und Geistvergessen-heit zugleich: Wenn nämlich irgendeineForm, wie etwa die Handkommunion, solltesie überhaupt je so existiert haben, wie sievon manchen Liturgen den Gläubigen auf-gedrängt worden ist, schon früh aus dem li-turgischen Leben der Kirche ausgeschie-den worden ist, darf man nicht davonausgehen, daß hier ein Mißbrauch oder einIrrtum vorliegt, sondern muß darin ein Zei-chen des Eingreifens Gottes sehen, der ei-ne weniger geeignete Form des Umgangsmit den heiligen Mysterien durch eine die-sen angebrachtere ersetzt haben wollte17.Ist diese Form dann schon seit Jahrhunder-ten verschwunden, grenzt es an Anmaßung,sie mit neuzeitlichen Argumenten, die über-haupt nichts mit der geschichtlichen Wirk-lichkeit dieser Form gemein haben, wieder-einzuführen und die bisher gepflegte fastgewaltsam zu verdrängen. Eine größere Ge-schichtsvergessenheit und eine noch ein-seitigere Beurteilung der Heilsgeschichteals in einem solchen Vorgehen läßt sichkaum denken.

Sehr oft wird für die heutigen Zustände inder Kirche und die Tatsache, daß sich dieWelt gelangweilt oder enttäuscht von ihrabwendet, die allgemeine Säkularisierungder Gesellschaft verantwortlich gemacht.Theologen einer untergehenden progressi-stischen Schule, die schon lange zum altenEisen gehören, preisen diese Entwicklungals die innerkirchliche „französische Revo-lution“ oder akklamieren sie als den letzt-endlichen Sieg der Aufklärung in der Kir-che18. Diese postfaktischen Euphemismenwollen eine Katastrophe schönreden, diegrößtenteils hausgemacht ist. Wer die Ge-schichtsvergessenheit unserer Zeit beklagt,muß zunächst die Geschichtsvergessenheitin der Kirche erwähnen. Schon lange wardoch die Heilige Kirche von einer Gesell-schaft umgeben, die sich radikal von ihrereigenen Geschichte abgewandt hatte, sieverachtete, sie ändern wollte oder, nach-dem der Lauf der Geschichte revolutionärgeändert worden war, die Vergangenheitund ihre Vertreter auszurotten, zu verban-nen und zu vergessen suchte. Die Säkulari-sierung der Gesellschaft ist kein Problem,dem die Kirche erst seit den 68er Jahrendes vorigen Jahrhunderts gegenübersteht,sondern die bereits in den Salons der auf-geklärten Oberschicht in der Mitte des 18.Jahrhunderts vorzufinden war.Damals jedoch, und vor allem nach der al-les umstürzenden Revolution in Europa,war die Kirche mit vollem Bewußtsein ihrereigenen Natur ein Bollwerk der Überliefe-rung, und zwar ausdrücklich nicht als Mu-seum für überkommene Formen und Inhal-te, sondern als die Wahrerin einer Harmonievon Liturgie und Lehre, die sie vor den An-griffen jeder Art von Säkularismus verteidig-te. Abfällig hat man von einer „Gettomenta-lität“ gesprochen, doch würde man eine

Festung als Getto bezeichnen, weil sie sichvom Wahnsinn des Zeitgeistes unberührtgehalten hat? Wenn alle mit der Vergangen-heit brechen, sind die wenigen, die ander Tradition Christi festhalten, vielleichtzeitweise isoliert, aber doch nicht zumgettohaften unfruchtbaren Vegetieren ver-dammt, denn es ist ja gerade die Tradition,die ihnen erlaubt, in allem in der Lebendig-keit der göttlichen Offenbarung zu leben.Solange die Kirche nun als Bollwerk derTradition, als Festung der Wahrheit, alsTempel der heiligen Mysterien in einer mehroder weniger verfremdeten und verdumm-ten Gesellschaft zu leben hatte, war sienicht nur eine ständige Quelle der Befruch-tung und der geistlichen Nahrung für zahllo-se Menschen, sondern sie brachte aus ihrereigenen Kraft auch ein organisches Wachs-tum hervor, das es ihr erlaubte, Kunst undKultur, Wissenschaft und Lehre zu pflegenund die guten Fortschritte, die der von derGnade erleuchtete menschliche Geist hierinhervorbringen konnte, in ihre Lehre und ihrLeben zu integrieren19. Wer sich mit derkirchlichen Literatur des 19. Jahrhundertsein wenig auskennt, weiß, daß ganz kirch-lich gesinnte Geister in vielen Gebieten derErkenntnis damals Großes geleistet haben,ohne doch Anleihen beim Zeitgeist machenoder die eigene Position in irgendeiner Wei-se aufgeben zu müssen. Laien und Kleriker,von tief katholischem Gedankengut getra-gen, haben in Wissenschaft und Kunst, aufdem Gebiet der Theologie20, der Philoso-phie, der Musik, der Malerei und der Bild-hauerei, aber auch in der Naturwissen-schaft und Geschichtsforschung bleibendeFortschritte erzeugt, die gerade deswegen

12 SC 4, auch z.B. SC 23.13 Dieser Archäologismus scheint vielen revolutionärenBewegungen eigen. Vgl. W. Schulze, op.cit. n. 13, 97,der am Beispiel der Bauernkriege erklärt, wie die Beru-fung auf das ‚alte Recht’ zunächst den Grund zum Auf-ruhr gegen die Herrschaft bot, um dann von der Be-gründung mit dem ‚Evangelium’ und dem ‚göttlichenRecht’ verdrängt zu werden.14 Vgl. z.B. die Diskussion um das Friedensgebet: Studi-en und Entwürfe zur Meßfeier. Texte der Studienkom-mission für die Meßliturgie und das Meßbuch der Inter-nationalen Arbeitsgemeinschaft der LiturgischenKommissionen im deutschen Sprachgebiet 1, hrsg. vonE. Nagel u.a., Freiburg Basel Wien 1995, 41-43.

15 AAS 39 (1947) 521-595.16 Ein Selbstzeugnis für diese Methode finden wir bei A.Bugnini, Die Liturgiereform 1948-1975. Zeugnis und Te-stament, hg. v. J. Wagner, Freiburg Basel Wien 1988,passim.17 Das ist auch die Lehrmeinung in dem von Papst PaulVI. approbierten Dokument der Kongregation für denGottesdienst, das den gegen das Gesetz eingeführtenGebrauch der Handkommunion in den Bereichen davonbetroffener Bischofskonferenzen zu tolerieren erlaubt,aber die Mundkommunion als die traditionell geeignete-re Form bezeichnet, die es zu erhalten gilt: Instructio‚Memoriale Domini’ de modo sanctam communionemministrandi: AAS 61 (1969) 541-545.

18 Ein unverbrämt offenes Beispiel für diese Sicht bietetG. A. Arbuckle, Refounding the Church. Dissent for Lea-dership, London 1993, bes. 18-19, wo er ein Schemavorkonziliarer, konziliarer und angeblich restaurativer Ty-pologie des Kirchenbildes ausarbeitet.

19 Vgl. dazu die Ausführungen des Katechismus der Ka-tholischen Kirche über Schönheit und Kunst: KKK 2500-2502.20 Vgl. etwa die Entwicklung in Bayern bei W. Imkamp,Die katholische Theologie in Bayern von der Jahrhun-dertwende bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges: W.Brandmüller, Handbuch der bayerischen Kirchenge-schichte III, St. Ottilien 1991, 539-651.

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möglich waren, weil sie fest in der traditio-nellen Wahrheit verankert erschienen21.Nach dem gesellschaftlichen und kirchli-chen Zusammenbruch der Revolution hatgerade das neunzehnte Jahrhundert, trotzvieler politischer und kirchlicher Wirren, dievom Zeitgeist hervorgerufen wurden, eineWiedergeburt des genuin Katholischen ge-kannt, die einzigartig war. Der selige PapstPius IX. und der große Leo XIII. haben in-mitten einer nicht nur säkularisierten, son-dern säkularistischen und feindlich-anti-kirchlich gesinnten Welt die Kirchedeswegen zu einer neuen Blüte führen kön-nen, weil sie die traditionellen Fundamentedes Neuen Jerusalem, seine unfehlbareLehre, seine mystische Liturgie und seinvielfältiges Leben in der Volksfrömmigkeit,mutig gestärkt und vertieft haben.Wenn auch die erste Hälfte des 20. Jahr-hunderts durch die Modernismuskrise unddie folgenden Weltkriege die Kirche in im-mer neue Kämpfe mit den Mächten dieserWelt gestürzt haben, und wenn auch derAnsturm der säkularen Bedrohungen immerdeutlicher wurde, so hat die Kirche unterder Leitung der drei überragenden Pius-Päpste ihre Aufgabe weiter treu verwaltet.Wer heute behauptet, daß die Verweltli-chung der Gesellschaft die Kircheschwächt, hat offenbar die fast verzweifelteLage der Kirche in den Weltkriegen verges-sen, als sie, immer noch aus den eigenenReihen von der nicht völlig überwundenentheologischen Schule des Modernismusgeschwächt, von Mächten umgeben war,deren völlig säkularer Ursprung in ihren Me-thoden und Doktrinen klar zutrage tat.Kommunismus, Nationalsozialismus undFaschismus, Kapitalismus und Rationalis-mus sind sicher keine Verbündeten der Kir-che in ihrem Versuch, die Gesellschaft zuChristus zu führen und die Seelen der ein-

zelnen durch den Kontakt mit dem Erlöserzu retten. Es ist, wie schon Papst JohannesXXIII. zu Beginn des II. Vatikanum ausführ-te, unrichtig und irreführend, zu behaupten,daß die Kirche heute äußerlich gesehenschlechter dasteht als damals22. Im Gegen-teil, ich wage mit dem seligen Papst zu wie-derholen, daß sie, hinsichtlich ihrer Freiheitund ihres möglichen Einflusses auf die Ge-sellschaft, in der Neuzeit noch nie so gelöstvon staatlicher Bevormundung oder Eingrif-fen von außen gewesen ist23. Jedenfalls wä-re Papst Pius XII. inmitten der Kämpfe sei-ner Zeit sicher zufrieden gewesen, hätte erin seinem geliebten Deutschland sovielFreiheitsmöglichkeiten für die Kirche gefun-den wie heute.

2. Säkularisation in der KircheNein, der Säkularismus von außen ist esnicht, der die Kirche am meisten ge-schwächt hat. Solange die Vertreter der Kir-che die Idee ihrer eigenen Sendung klar vorAugen hatten und sich bewußt waren, daßes auch zu ihren Aufgaben gehört, die Ge-sellschaft christozentrisch umzugestalten,solange also der Kernbestand des christli-chen Abendlandes in der Kirche nicht inFrage gestellt wurde, solange konnte dieweltliche Macht sie zwar behindern und be-fehden, sie aber nicht wesentlichschwächen oder verkleinern. Gerade derAntagonismus mit den Zeitkräften hat derKirche in den Jahrhunderten seit der soge-nannten Reformation immer wieder gehol-fen, ihre eigene Gestalt zu kräftigen und ih-re Berufung für die Welt und in der Weltwirksamer zu machen.Einbrüche in die kirchliche Lebensform, diejene so schwächen, daß rein menschlichgesprochen um ihre Existenz zu fürchten

ist, stehen immer im Zusammenhang mitAugenblicken kirchlicher Geschichts- unddamit Traditionsvergessenheit. Die Arianis-muskrise des vierten Jahrhunderts ist auchdurch eine staatskirchliche Anpassungsbe-wegung am Hofe des oströmischen Kaisersund unklare theologische Positionen im In-neren der Kirche befördert und fortgetragenworden. Die unklaren moralischen und kir-chenpolitischen Verhältnisse sowie die Un-bildung des Klerus hat die Katharer undspäter die Hussiten und Wicliffianer ent-scheidend begünstigt. Die lutherische Kriseund ihr vielköpfiges Nachspiel wurden wie-derum von schlechter Theologie, lehramtli-cher Schwäche, der Disziplinlosigkeit desKlerus und dem Unvermögen der Hierarchieausgelöst und befördert24. Die FranzösischeRevolution hätte ohne den doktrinell undmoralisch von der Aufklärung infiziertenHofklerus und die vorgeblich katholische,intellektuell-gesellschaftlich aber längst li-bertinistische Oberschicht, zu denen auchdie wenig erleuchteten Brüder Ludwigs XVI.hielten, niemals stattfinden können. Ohnediese Phänomene in ihrer Vielschichtigkeitvereinheitlichen zu wollen, zeigen sie je-doch eben über die Jahrhunderte hinweg,daß die Auflösung der lehr- und lebenstra-genden Tradition der Kirche in einen dem‚saeculum’ einfacher zugänglichen „Politis-mus“ immer den großen kirchlichen De-bakeln vorausgeht und sie begleitet. Es istnicht die Welt, die den Klerus zwingt, Zuge-ständnisse zu machen, die eine Krise her-beiführen, es ist vielmehr der Klerus und dieihm nahestehenden Laien, die in einer fata-len Vergessenheit um die eigenen Wurzelnund die eigene Berufung den Auftrag derKirche an die Welt um ‚dreißig Silberlinge’verkaufen, um später herauszufinden, daßdie Welt weder sie noch ihre Silberlinge umdieses Verrates willen annehmen wird. Ge-schichts- und Traditionsvergessenheit, die

die Kirche fundamental erschüttern, könnenihr nicht aufgezwungen werden, sondernwerden durch eine kurzsichtige Osmose ih-rer weniger klarsichtigen Glieder mit demZeitgeist in sie hereingebracht und zerset-zen von innen, was von außen im letztennicht zerstört werden kann.Die Idee des christlichen Abendlandes hatdie Haltung der Kirche nach außen implizitund explizit bis in das 20. Jahrhundert her-ein bestimmt und durchweht noch heute inabgeschwächter Form ihre lehramtlichenÄußerungen, etwa in der Erhebung des hl.Benedikt zum Vater und Patron Europasdurch Paul VI.25 und seine Empfehlung andie Europäer durch den regierenden Heili-gen Vater26. Im christlichen Abendland, odersagen wir, im katholischen Europa, denndas war es ja grundsätzlich bis zum spätenMittelalter oder zur Frührenaissance, hat dieKirche sich immer als den entscheidendengeschichtsbildenden Faktor verstanden,um den alles kreist und der alles bestimmt,auch weltgeschichtliche Ereignisse. Die Bit-te an Papst Alexander VI., die Neue Weltzwischen den großen Mächten Spanien undPortugal aufzuteilen, der der Papst entspro-chen hat, hat nicht nur bis heute einschnei-dende Spuren in unserer Zeit hinterlassen,sie ist auch ein vielleicht letztes großes Zei-chen dieser allgemein akzeptierten Tatsa-che. Bismarck hat mit seinem Ansinnen anLeo XIII., in der Karolinenfrage zu entschei-den, nochmals ein Echo davon aufgegriffen.Diese zentrale Rolle der Kirche in der Welt-geschichte aber ist nicht die Ausgeburt ei-nes übersteigerten katholischen Selbstbe-wußtsein oder etwa eines unkatholischen

21 Hierhin gehört die Wiederbelebung des Thomismusdurch Leo XIII., Enzykl. „Aeterni Patris“: ASS 12(1879/80) 98-114.

22 Op.cit. n. 1, 858-859.23 Ibid., 860: „Nemo tamen negare potest, has novas in-ductas rerum condiciones, id saltem commodi habere,ut e medio innumera illa impedimenta iam auferantur,quibus olim saeculi filii liberam Ecclesiae actionem pra-epedire consueverant.“

24 Vgl. G. May, Die deutschen Bischöfe angesichts derGlaubenspaltung des 16. Jahrhunderts, Wien 1983.

25 Papst Paul VI., Litt. Ap. „Pacis nuntius“: AAS 56 (1964)965.26 Vgl. Papst Johannes Paul II., Epistula apostolica„Sanctorum alatrix“ zum 1500. Geburtstag des hl. Be-nedikt von Nursia: AAS 72 (1980) 777-791, hier aus En-chiridion Vaticanum VII, Bologna 1982, 407: „SanctusBenedictus ut ‚pacis nuntius’, praesertim europeas gen-tes alloquitur, quae ad unitatem coagmentandum sa-lubri nititur proposito.“

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Katholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen WeltKatholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen Welt

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Theokratismus der Päpste, den diese tat-sächlich immer zurückgewiesen haben,sondern eine folgerichtige Konklusion ausdem Heilshandeln Jesu Christi, der die Kir-che nicht nur durch sein Leben, Wirken,Sterben und Auferstehen gewollt und ge-schaffen hat, sondern der in ihr und durchsie in die Geschichte hinein fortwirkt. Was inder Kirche und durch die Kirche geschieht,hat immer weltgeschichtliche Bedeutungund folgenschwere Konsequenzen, im Gün-stigen wie im Ungünstigen.

3. Folgen einer BewußtseinsveränderungDie apostolische Hierarchie, die die unmit-telbare Wirkursache der Kirche ist, bringt inihr den über die Erde „ausgebreiteten undmitgeteilten Christus“ hervor, mit seiner spi-rituellen Seele und seinem sichtbaren Kör-per, beide geeint, um die Kirche auf ihre ein-zige Endursache hinzulenken, die HeiligkeitGottes, die sie widerspiegelt und beher-bergt27. Wir haben schon gestreift, was ge-schieht, wenn das Gesamt der Kirche sichdessen nicht oder weniger bewußt ist. Alles,was die Kirche tut, steht in einem mehr oderweniger engen Zusammenhang mit derÜbernatur, mit den Geheimnissen Gottes,mit dem göttlichen Heilsplan für diese armeWelt und zuletzt und am meisten mit unse-rem Heiland und Erlöser Jesus Christus. Jemehr das Handeln und Tun der Kirche in derWelt diese Zentralpunkte berührt, destomehr ist es durch die göttliche Allmacht ab-gesichert, vor allem in den Sakramentenund in der unfehlbaren Lehre. Je näherWeltliches, Kompromißlerisches, Zuge-ständnishaftes, Politisierendes oder voreiligPastoralistisches aber an diese Geheimnis-se heranrückt, desto mehr werden sie ver-dunkelt und die Stellung der Kirche in derWelt verfälscht und geschwächt. Hat es je-doch den Anschein, als würden weite Teile

der Kirche mit ihren geschichtlichen Wur-zeln, die sie an die Offenbarung Christi unddie apostolisch-kirchliche Tradition bindet,Schluß machen, sie geradezu verachten,oder wenigstens mit ihren über eine langeZeit durch den Heiligen Geist gebildetenAusformungen brechen, dann darf man sichnicht wundern, wenn säkulare Folgen auseiner solchen wenigstens scheinbaren Ab-rechnung mit der eigenen Vergangenheitentstehen. Nicht nur werden Gesetze undVorschriften, die seit unvordenklicher Zeitdie Gewohnheiten und die Lebensform derkatholischen Bevölkerung bestimmt haben,als obsolet zur Diskussion gestellt, nicht nurwerden weltlichen Einbrüchen in kirchlichesTun und Handeln Tür und Tor geöffnet, eswird auch die gottgewollte Autorität der Kir-che, die in ihrer Hierarchie die Stelle Christivertritt28, entscheidend hinterfragt und ihreErmahnungen und Aufforderungen, ihreLehre und ihr Handeln ins Belieben gesetztund einer privaten Meinung gleichgestellt,die für eine geraume Weile in die Irre ge-gangen war und die ihr anvertrauten Men-schen in eine falsche oder doch unnötig en-ge Richtung getrieben hat. Die reinsoziologischen Folgen für den Aufbau unddas Wachstum der Kirche sind katastro-phal, denn plötzlich stellt sie sich in denAugen der vielen nicht mehr als der christo-zentrische Angelpunkt der Heilsgeschichte,sondern nur noch als eine von vielen alter-nativen Lösungen zur Lebensbewältigungdes einzelnen dar. Sie erscheint nicht mehrals ‚Mater et Magistra’, als Mutter und Leh-rerin, als die sie sehr richtig noch der seligePapst Johannes XXIII. bezeichnet hat29,sondern als eine auf der Ebene von Pfarr-gemeinderäten organisierte Sozialstrukturmit vornehmlich pastoral-karitativen Funk-tionen, die zur Not auch von anderen über-

nommen werden können. Die scheinbareAblösung der Kirche von der eigenen Tradi-tion, das Vergessen der eigenen Prägekraftim christlich-abendländischen Europa, dieintellektuelle und praktische Verdummungweiter Kreise des Klerus und der Laien, diediese Tradition nicht nur nicht kennen, son-dern vielfach auch noch verteufeln undnicht mehr kennen wollen, die Unkenntnisder eigenen Kirchensprache und Kirchen-musik, das Zurückscheuen vor der eigenenVerantwortung klaren Zeugnisses in derWelt, all das sind Phänomene, die nur dernoch leugnen kann, der sich Augen und Oh-ren zuhält und weiter vom Frühling in derKirche schwafelt. Es ist nichts anderes alsbillige Schönfärberei zu behaupten, dieseSituation der Kirche sei von außen an sieherangetragen worden. Sie ist es nicht. Sieist in erster Linie selbstgemacht und selbst-verlängert. Ein gutes Beispiel für die Faden-scheinigkeit der These von der unaus-weichlichen Auflösungskraft der säkularenUmwelt ist die Wiederauferstehung der rus-sisch-orthodoxen Kirche, die, obwohl trau-rig in die politischen Mißstände der Vergan-genheit verknüpft, doch ihre eigene Lehr-und Liturgietradition niemals gekappt hatund nun wie der Phönix aus der Asche wie-derersteht. Ein Beispiel sind auch alle jeneBischöfe, Geistlichen und Gemeinschaften,und deren gibt es nicht wenige, die aus derjetzigen Situation das Beste zu machen ver-suchen und sich nach Kräften mühen, dieTradition der Kirche wieder zu beleben, wo-durch in den betreffenden Diözesen, Pfar-reien und Gruppierungen unmittelbar dieBedeutung der Kirche für die Welt, die Ge-sellschaft und die Einzelseele wieder zumVorschein kommt.Vergessenheit und Wiederentdeckung derTradition werden zuerst sichtbar in der Li-turgie. Längst wissen wir, daß die Konzils-väter nirgendwo einen Bruch mit der Tradi-tion angestrebt haben. Wir wissen aberauch, daß die Naivität, mit der eine Mehr-heit nicht nur von Konzilsteilnehmern in den

sechziger Jahren eine neue, bessere Welthat kommen sehen, unauslöschliche Spu-ren in den Konzilsdokumenten hinterlassenhat30, die nach dem Konzil benutzt wordensind, um die ‚mens auctoris’ einseitig um-zuinterpretieren31 und eine Liturgie entste-hen zu lassen, die vielfach als ein aktuellesMonument römisch-katholischer Traditions-vergessenheit angesehen wurde. ‚Heute istin der Kirche alles anders’, dieses vielleichtsimplistische Urteil vieler abständiger ehe-maliger Kirchenbesucher ist von denennicht bedacht worden, die nach dem Konzilmeinten, das jahrhundertelange Wirken desHeiligen Geistes in einer liturgischen Er-neuerungswut ersetzen zu können, und inwenigen Jahren zerstört haben, was unterdem Einfluß der Gnade in Jahrhundertenunter vorsichtiger Leitung des lokalen unduniversalen Lehramtes der Kirche entstan-den war.Die meisten Menschen haben den Kontaktzu Christus in ihrem täglichen Gebet und,vor allem und in erster Linie, im Besuch derSonntagsmesse. Diese sechzig Minuten mitGott prägen die Gläubigen entscheidend.Seit jeher war für die Katholiken die Sakra-lität der Liturgie das Fundament der gradu-ellen Sakralität des Lebens, der Gesell-schaft und der Welt. Dies alles erschieneingebunden in das Wirken des Herrn, des-sen Hochfeste die Jahresabschnitte be-stimmten und dessen sakramentales Wir-ken in der Kirche das Leben einteilte. Selbstfür laue Christen war es möglich, sich mitdem, was sie sahen, soweit zu identifizie-ren, daß sie die Sakralität des Geschehenszumindest in einer grundsätzlichen Ehr-

27 Vgl. Ch. Cardinal Journet, L’Église du Verbe Incarné.Essai de théologie spéculative. I. La Hiérarchie aposto-lique, Paris 1941, XII-XIII.

28 Vgl. die entschiedene Verteidigung aller legitimen Au-torität durch den sel. Johannes XXIII., Enzykl. „Pacem interris“: AAS 55(1963) 257-301, auch DH 3979-3980.29 Vgl. Enzkl. „Mater et Magistra“: AAS 53 (1961) 405-447.

30 Ein harmloseres, ja fast niedliches Beispiel dafür istdie Beurteilung des modernen Tourismus als Mittel desApostolates und Mittel zur Bereicherung „durch gegen-seitige Bekanntschaft“: AA 14, GS 61.31 Vgl. J. Kardinal Ratzinger, Vorwort zu U. M. Lang,Conversi ad Dominum. Zur Geschichte und Theologieder christlichen Gebetsrichtung (NK 5), 2. Aufl., Einsie-deln Freiburg 2003, bes. 7-8, wo die im Vaticanum II sonicht gewollte allgemeine Durchsetzung des sog.‚Volksaltars’ erwähnt wird.

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furcht vor dem Heiligen, das sich vor ihrenAugen vollzog, annahmen und respektier-ten. Die geweihte Hostie mit den Händen zuberühren, wäre undenkbar gewesen, an be-stimmten Tagen sahen sich sogar die Ab-ständigen genötigt, ihre Beziehung zum Nu-minosen zu pflegen, nur die allergrößtendirekten Kirchenhasser hätten sich denSkandal offen gelebter schwerer Sünde er-laubt. Gott war Realität, und diese Realitätwar gegenwärtig in jeder Kirche. DasSacrum war ohne Zweifel sakral, und sollteauch der Einzelkleriker diese Einsicht ver-gessen haben, so waren es doch die Vor-schriften und die starke Hand der Kirche,die ihn an die Erfüllung seiner Amtspflichtenvor allem im liturgischen Bereich banden.In den langen geschichtlichen Dimensionender Kirche gedacht, ist all das und unzähligviel anderes gleichsam über Nacht ver-schwunden. Das unverwechselbar und un-mißverständlich Sakrale der Liturgie wurdeden Menschen genommen, sehr schnell da-mit auch das Sakrale im Leben ausgedünnt,die Gesellschaft entsakralisiert und dieWeltsicht des einzelnen ihrer Gottesbezie-hung beraubt. Was in der Liturgie ge-schieht, hat einen unmittelbaren Einfluß aufdas Gesamt der Kirche und damit auch aufdie Welt, in die sie gesandt ist. Es mag viel-leicht gewagt klingen, aber die Geschichts-theologie der Kirche läßt es mehr als plausi-bel erscheinen: Ohne die tiefgreifendenkirchlichen Änderungen wären die Umstür-ze von 1968 und ihre Folgen so wohl kaummöglich gewesen. Oder noch deutlicher:Ohne die kirchliche Revolution hätte die ge-sellschaftliche Revolution so nicht stattge-funden. Wer die gesellschaftliche Revoluti-on begrüßt, mag mit der liturgischenhochzufrieden sein, wer 1968 für positivhält, mag eine bestimmte Interpretationkirchlicher Äußerungen für eine gute Fü-gung halten. Diese einseitige traditionsfernePosition ist jedoch vom päpstlichen Lehr-amt niemals vertreten worden, das schonwährend des Konzils durch energisches

Eingreifen in die Kirchenkonstitution mehrKlarheit schaffen wollte32. Heute werdensich immer mehr Mitglieder der Hierarchieder Auswirkungen eines in den Köpfen derGetauften radikal veränderten Kirchenbil-des bewußt, leider auch, weil diese Auswir-kungen nun die Kirchenkassen leeren. Die-se radikale Bewußtseinsveränderung derkatholischen Massen aber konnte nur statt-finden durch eine radikale Veränderung inder Wahrnehmung der Kirche und ihrerGottesbeziehung von Seiten der Gläubigen.Liturgie und vor allem die von Millionen mit-gefeierte Liturgie der Kirche ist realitäts-und damit bewußtseinsverändernd33. Durchdie Gegenwart Gottes ist sie es mehr als al-les andere Geschehen in dieser Welt. Wenndie Gegenwart des „Ganz Anderen“ durchWillkür den von Ihm selbst in der Kirche ge-schaffenen sakralen Formen und Inhaltengegenüber verblaßt, dann wird auch unserSein, Denken und Handeln säkularisiert.Diese Bewußtseinsveränderung wäre nichtmöglich gewesen ohne das, was nach demKonzil mit der Liturgie der Heiligen Kirchegeschehen ist. Das neueste römische Do-kument gegen die Mißbräuche in der Litur-gie „Redemptionis sacramentum“34 zeigt,wie weit diese Entwicklung bereits geht,denn viele der liturgischen Verirrungen ausder langen Liste, die aufgezählt wird, wärenundenkbar, wäre der Sinn für die Sakralitätdes liturgischen Geschehens bei Priesternund Laien nicht oftmals völlig abhanden ge-kommen. Daß, bei allem geschuldeten Re-spekt, das Dokument hauptsächlich vonden Symptomen einer Krankheit spricht,ohne die Krankheit selbst zu benennen oder

benennen zu können, macht die Restaurati-on des Sakralen nicht einfacher. So sind oftPriester und Gläubige in der Wiederent-deckung des Sakralen in der Liturgie auf ei-gene Gefühle des Ungenügens und einemehr oder weniger glückliche Kreativität inder Überwindung derselben zurückgewor-fen, die oft in einem subjektiven Sentimen-talismus endet. Wo aber der Sinn für dasSakrale im liturgischen Raum noch oderwieder besteht, da wird entweder die klas-sische Liturgie gefeiert oder doch eine Formdes „Novus Ordo“, in dem die vielen gege-benen Wahlmöglichkeiten ganz im Sinneder Tradition der Kirche ausgefüllt werden.Solange aber nicht jede Pfarrliturgie wiederdie gleiche Fülle des Sakralen wiedergibt,wird das „saeculum“ weiter fortschreitendmehr Platz im Bewußtsein der Gläubigengreifen, jedenfalls derer, die noch gebliebensind.Die selbstgemachte Entsakralisierung derKirche hat sicher sehr zahlreiche andereWurzeln, und es wäre auch kurzsichtig zudenken, daß nur die Liturgie, ohne die Ein-heit mit Lehre und Leben, eine Erneuerungherbeiführen könnte35. Trotzdem kann wohlfestgehalten werden, daß eine Erneuerungin Lehre und Leben, wie sie der Heilige Va-ter mit dem Wort Neuevangelisierung for-dert und vorlebt, ohne die Resakralisierungder liturgischen Riten ebenso Stückwerkbleibt, wenn auch der bloße Rückzug aufdie Liturgie nicht genügen kann, sondernmehr anglikanisch als katholisch wäre.Trotzdem ist die Liturgie das Fundamentvon allem, sie ist der eigentliche Ort des Sa-kralen, sie ist die Gegenwärtigsetzung ei-nerseits der Liturgie des Lebens und Ster-bens Christi, anderseits der himmlischenLiturgie. Abbild und Vorbild sind in dem zu-sammengefaßt, was die Kirche fast zwei

Jahrtausende in Formen gefeiert hat, derenSakralität schwer zu übersteigen war. DieÄnderung dieser Harmonie hat die Harmo-nie der Kirche zerstört und damit eine we-sentliche Basis des christlichen Abendlan-des, des katholischen Europa, für lange Zeiterschüttert und verdunkelt.

II. Wiedergeburt Europas in der NeuenWelt?Wer im heutigen Europa an die VereinigtenStaaten von Amerika erinnert wird, hatmeist ein deutlich positives Vorurteil, dassich teilweise aus der massiven Nach-kriegspropaganda, teilweise aus der Film-und Fernsehkultur mit ihrem eindeutigenAmerikabild und teilweise vielleicht aus ei-genen kurzen Erfahrungen im Amerika derbekannten Großstädte zusammensetzt. Umes sehr plakativ zu sagen, sind die Vereinig-ten Staaten für den Nachkriegseuropäer im-mer noch das Land der unbegrenzten Mög-lichkeiten, des technischen Fortschritts,des Wohlstandes und des schnellen Reich-tums, möglicherweise hier und da mit Pro-blemen belastet, aber im Grunde nichts alsein besseres, moderneres und vielgestalti-geres Europa, das uns alle schon längstüberflügelt hat und von dem wir nur lernenkönnen. Die amerikanische Monokultur wirdvon den meisten Europäern schon lange inInhalt und Form für das eigene Leben ak-zeptiert.Es ist nicht meine Aufgabe, dieses naiveAmerikabild zu kritisieren oder mit ihm ab-zurechnen. Es ist nur wichtig zu sehen, wiesehr hier einseitig die materielle Seite derVereinigten Staaten zum Maßstab des Ur-teils wird, und von dieser auch nur ein klei-ner Ausschnitt, nämlich die Welt des Neuen,Erfolgreichen, Modernen. Seit ich selbst inden USA lebe und dort die Arbeit unseresInstitutes leite, habe ich viel Unerwarteteserfahren. Daß die Vereinigten Staaten auchheute noch größtenteils ein Agrarland sind,daß seit dem zweiten Weltkrieg technischeNeuerungen an Teilen der Bevölkerung vor-

32 Vgl. die Vorgänge um die „Nota explicativa praevia“der dogmatischen Konstitution „Lumen gentium“.33 Die gesamte Diskussion um den ‚Volksaltar’ und dietheologische Richtigstellung darin vorkommender Ein-seitigkeiten illustriert die Wirkung liturgischer Änderun-gen in Praxis und Lehre sehr sprechend: vgl. U. M.Lang, op.cit. n.31, bes. 97-140.34 Kongregation für den Gottesdienst und die Sakra-mentenordnung, Vatikan 25. 3. 2004.

35 Das war im übrigen niemals so, wie die vielen klassi-schen Ermahnungsschriften an den Klerus zeigen, dieheute wieder ganz aktuell erscheinen, wie z.B. das emp-fehlenswerte Büchlein von C. d’Arvisenet, Memoriale Vi-tae Sacerdotalis, Paris 1805.

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beigegangen sind, daß der Lebensstandardniedriger als in Europa erscheint, daß dasDurchschnittseinkommen und die sozialeSicherheit oft unter vergleichbaren Wertenbei uns liegen und viele andere Aspekte wa-ren mir vielleicht bewußt, standen aber wiebei vielen, die nicht in den USA leben, kaumim Vordergrund. Wer in den VereinigtenStaaten arbeitet, merkt zunächst, daß dastägliche Leben der meisten sehr viel härterist, der Konkurrenzkampf unbarmherzigerund die menschliche Unsicherheit um Berufund Zukunft generell ebenso. Nichts ist „forfree“, obwohl das überall in der Werbungbehauptet wird, sondern alles muß mit har-ten Dollars bezahlt werden. Nicht die Kultur,sondern das Geld dominiert in den Verei-nigten Staaten, deren kapitalistisches Wirt-schaftssystem häufig selbst die Beziehun-gen in den Familien durchdrungen hat.Amerika erscheint nicht in erster Linie alsKulturland, sondern als Wirtschaftsland, in-dem die protestantische Wirtschaftsethikden Erfolg und den Reichtum schon immerzu einem entscheidenden Kriterium für denWert einer Sache oder eines Menschen er-hoben hat. Auch die Kirche ist davon direktbetroffen, da alle ihre Einkünfte fast aus-schließlich aus den Spenden der Mitgliederstammen, die in großen oder kleinen „fundraising“-Kampagnen motiviert werden,ständig mehr zu geben. Leider werden oftauch Probleme mit Geld gelöst oder durchGeld ausgelöst, wie noch kürzlich der vonder Presse geschickt aufgeputschte Skan-dal um manche amerikanische Priester undBischöfe gezeigt hat.Das alles sage ich nicht, um zu kritisieren,sondern um den Kontrast zu Europa her-auszuheben. Es handelt sich wohl um eineKultur, aber eben um eine völlig andere Kul-tur, die zwar klare europäisch-protestanti-sche Wurzeln hat, jedoch in keiner Weiseauf ständig präsente kulturelle Werte undGegebenheiten, an denen Europa so reichist, zurückgreifen kann. Abgesehen von dengroßen Städten, in denen man alles findet,

erscheinen die Vereinigten Staaten hier unddort geradezu als kulturelles Entwicklungs-land, deren Städte, mit Ausnahme vielleichteiniger kleinerer Orte in Virginia, Louisianaund Kalifornien, außer einigen Kirchenmeist keine Gebäude aufweisen, die deut-lich älter als 100 Jahre sind, was sie in denAugen vieler Nordamerikaner bereits alssehr alt erscheinen läßt.Hier begegnen wir nun einem scheinbarenParadox. Denn obwohl in der nachkonzil-iaren Geschichtsvergessenheit die fast aus-schließlich europäisch bestimmte Liturgie-änderung die Bande zur großen Traditionder Kirche abgeschnitten zu haben scheint,was auch auf die liturgische Situation in denVereinigten Staaten verheerende Auswir-kungen gehabt hat, befindet sich Nordame-rika gerade an der Spitze einer neuen litur-gischen Bewegung, die an diese Traditionwieder anknüpft und die von Menschen be-trieben wird, die entweder die klassische Li-turgie nie erlebt haben, oder sie doch nurnoch in ihren letzten Ausläufern kennenler-nen konnten. Die Zahl der jüngeren Diöze-sanpriester, die daran interessiert sind, dieklassische Liturgie zu zelebrieren, ist sehrermutigend. Die vielen jungen Familien undJugendlichen, die der alten Liturgie im gan-zen Land beiwohnen, sind unübersehbar.Mag auch die neue Liturgie in Amerika diegleichen und schlimmere Entsakralisie-rungserscheinungen aufweisen wie in Euro-pa, so befindet sich auf der anderen Seitedie klassische Liturgie überall in einem ste-tigen Vormarsch, wenigstens toleriert, oftsogar milde gefördert von den zuständigenDiözesanbischöfen. Die traditionellen Ge-meinschaften können gar nicht genug Prie-ster zur Verfügung stellen, um die ständigsteigende Nachfrage nach der Zelebrationder dort sogenannten „Latin Mass“ zu be-friedigen. Es gibt traditionelle Seminarien,Ausbildungshäuser, Pfarrkirchen, Schulenund Klöster, die alle von den Gläubigen inselbstloser Weise unterstützt und getragenwerden.

Wie läßt sich dieser Unterschied zu Europaerklären? Wie läßt sich erklären, daß in ei-nem Land ohne eine überall gegenwärtigeGeschichte, ohne ein weitgestreutes kultu-relles Netz, ohne eine lateinische Traditionund ohne deutlich römisch-katholische Prä-gung im staatlichen Leben der klassischelateinische Ritus nicht nur sehr beliebt ist,sondern sogar zu einer liturgischen Strö-mung von einigem Gewicht werden kann?Abgesehen vom Wirken der göttlichen Gna-de, das die oft tiefe und ehrliche Religiositätder amerikanischen Katholiken gleichsammit einem besonderen Geschenk belohntzu haben scheint, muß die Beliebtheit desklassischen Ritus wohl als eine eindeutigeGegenreaktion auf die bereits geschildertenPhänomene gesehen werden. In einer Ge-sellschaft, in der ein immer kruderer Mate-rialismus vorherrschend ist und die kirchli-che Geschichtsvergessenheit in Form einerDesakralisierung der Liturgie ebenso deut-lich ist oder sogar noch deutlicher als inEuropa, wird wiederum die Tradition derKirche zum entscheidenden Orientierungs-punkt für alle, die nach der GegenwartGottes in dieser scheinbar so sinnlosmaterialistischen Welt suchen. Gleichzeitigverbindet ein Hunger nach wahrer, tieferGlaubenskultur das religiöse Streben mit ei-ner aufrichtigen Wertschätzung der vielenElemente, die das Ganze der klassischenLiturgie formen, angefangen von der unge-schmälerten Wahrheit der Verkündigung,über die Schönheit des Ritus und seinerHilfsmittel bis zur geistlichen Musik unddem von der katholisch-traditionellen Kulturgetragenen Umfeld der Kirchen und Klöstermit dem alten Ritus.Der Reichtum der klassischen Liturgie, diegerade auf jene, die sie nicht in ihrer Jugendgekannt haben, eine große Anziehungskraftausübt, wirkt in den Vereinigten Staatenwieder kulturbildend. Vor den liturgischenÄnderungen hat bereits eine katholischeKultur in Amerika bestanden, die allerdingsimmer vom protestantischen Moralismus

und von einer utilitaristisch-pragmatischenGrundhaltung in der Gesellschaft bedrohtgewesen ist, die bereits Papst Leo XIII. inseinem epochemachenden Schreiben anden Erzbischof von Baltimore gegen den„Amerikanismus“ aufgezeigt hat36, in dem ervor der Anpassung der Lehre an moderneAuffassungen und die Mißachtung derübernatürlichen Tugenden zugunsten einesunerleuchteten Aktivismus warnte. Schondamals durfte unsere heilige Religion keinMittel zum sozialen Zweck und die Liturgiekeine andere Form der Katechese oderGruppenpastoral sein. Lange vor dem II.Vatikanischen Konzil hat diese Denkweisein den USA und anderswo die Fundamentedes liturgischen Lebens bedroht und dieGrundlagen zur späteren Mißachtung der li-turgischen Tradition gelegt. Es gilt nun imliturgischen Neuaufbau, der in den Vereinig-ten Staaten allenthalben durch die lateini-sche klassische Liturgie beginnt, dieseFehldeutungen zu vermeiden und nicht ein-fach an den unter einem protestantisch-pragmatischen Vorzeichen stehendenÜberlieferungen von gestern anzuknüpfen.„Wir wollen nicht die Kirche von gestern,sondern die Kirche von immer“, lautet eineder Maximen, die der Gründer des InstitutesChristus König und Hohepriester, Msgr. Dr.Gilles Wach, nicht müde wird zu wiederho-len. Im amerikanischen Frühling der klassi-schen Liturgie muß daher mit großer Um-sicht vermieden werden, die Engführungendes liturgischen Wesens auf die „effizient-pastorale Aktion“ nicht einfach wieder auf-zunehmen, sondern durch einen verstärk-ten Akzent auf das Gesamt der liturgischenund doktrinellen Tradition der Kirche in allihrer Schönheit der Harmonie von Kulturund Glauben weiter in die Tiefe zu gehen,denn nur aus der Tiefe der liturgischen Ge-heimnisse kann der Kirche auch in den Ver-einigten Staaten die Kraft zuwachsen, wie-

36 Litt. „Testem benevolentiae“: ASS 31(1898/99) 471-479.

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derum eine ganzheitliche genuin katholi-sche Kultur hervorzubringen.Die durchschnittliche amerikanische Pfarreihat, wie heute auch die europäischen Pfarr-kirche, die Tendenz, ihre Bemühungen anden Erfolgen sozialer Veranstaltungen ab-zumessen, die auch aufgrund der Wichtig-keit der Pfarreien im Sozialgefüge sehr imVordergrund stehen. Die neue Liturgie hatselten die Macht, hier eine wirkliche Kon-kurrenz zu bloß sozialen Aktivitäten zu bil-den. Es ist eine der wichtigsten Seiten derklassischen Liturgie, die sakramentale Kraftso deutlich werden zu lassen, daß auch mitder fast unumgänglichen Entstehung ande-rer Aktivitäten das Zentrum der Apostolateder Altar des Opfers Christi bleibt, an demim sonntäglichen Hochamt die Herrlichkeitder Gnade Gottes mit aller Feierlichkeit ver-ehrt und an dem so deutlich wird, was dieKirche eigentlich ist.In einem Land, das schon von seiner Ent-stehung an auf rein säkularen Prinzipienaufgebaut gewesen ist und in dem trotz dertiefen Religiosität vieler im staatlichen Be-reich fast nur noch säkulare Werte gelten,ist die klassische Liturgie noch mehr als beiuns der einzige Anker, durch den sich einder übernatürlichen Realität entsprechen-des katholisches Gottes- und Men-schenbild retten läßt, und von dem aus dasSchiff der Kirche sich dem Sog einer an-sonsten kompletten Säkularisierung entzie-hen kann. Viele amerikanische Gläubige ha-ben das durch den überdeutlichen Kontrastihrer Alltagskultur zur traditionellen Kulturder Kirche erkannt und ziehen die logischenKonsequenzen durch eine an manchen Or-ten fast scharenweise Rückkehr zur überlie-ferten Liturgie. Fast will es scheinen, als seidurch die unumgängliche Einbettung Euro-pas in die Denkmale seiner eigenen Vergan-genheit der längst vollzogene Bruch mit denkatholischen Fundamenten noch nicht klargenug, um die Katholiken endlich wach zurütteln, damit auch sie die unbedingte Not-wendigkeit einer solchen liturgischen Be-

wegung zugunsten der sakralen Traditionerkennen. Dabei ist es höchste Zeit, sichnichts mehr vorzumachen und sich auf dieSchätze zu besinnen, die uns zuerst gege-ben wurden. Frankreich wacht bereits auf,weil dort die kirchliche Katastrophe nachden Worten des Heiligen Vaters beim letz-ten „ad limina“-Besuch der französischenBischöfe „alarmierend“ geworden ist. Gottsei Dank! Möge der Alarm endlich gehörtwerden und die Frage nach den Gründenfür seine Notwendigkeit nicht länger als„politically incorrect“ gelten! In den USAund Frankreich haben schier unglaublichekirchliche Verhältnisse, ein nicht mehr ver-schleierbares Verdrängen des „sacrum“durch das „saeculum“ zusammen mit einerso gut wie total entchristlichten Gesell-schaft vielleicht den Anfang eines Neube-ginns hervorgerufen. Der letzte Teil meinesVortrages will nun einige Wege aufzeigen,wie auch wir zu einer ähnlichen Renais-sance der Liturgie und damit der Kirche undEuropas beitragen können.

III. Katholisch im modernen EuropaDie Tage des christlichen Abendlandesscheinen endgültig vorüber. Trotzdem ist esprovidentiell, daß in den letzen Tagen mehrkatholische Länder in die europäische Ge-meinschaft aufgenommen worden sind.Wenn auch mit harten Widerständen zurechnen ist, so werden einige dieser Länder,wie sie in der Vergangenheit bereits bewie-sen haben, den katholischen Standpunktmit größerer Klarheit zu vertreten suchen,zumindest wenn es um gewisse Grundwer-te der Gesellschaft geht. Doch reicht dasnicht aus. Um im modernen Europa auchein katholisches Europa von Gewicht zu bil-den, um die Idee des christlichen Abend-landes auch gegen den wachsenden islami-schen Druck zu verteidigen, sind weitereSchritte notwendig, die nur einen Anfangbilden mögen, von denen ich aber doch we-nigstens drei thesenhaft aufzeigen will, weiljeder daran mitarbeiten kann.

1. Sich der Vielfalt der katholischen Kul-tur klarwerdenZuviel ist von der „multikulturellen Gesell-schaft“ die Rede, die angeblich in Europadurch eine immer weitere Integration nicht-europäischer Volker gewährleistet werdenmuß. Was geschieht, wenn solche vorgebli-che Kulturenvielfalt aufeinanderstößt, sehenwir deutlich am Beispiel der VereinigtenStaaten von Amerika. Dort, im klassischen„melting pot“ der Völker und Kulturen, istnicht etwa eine multikulturelle Gesellschaftentstanden, sondern eine Monokultur, diean eintöniger Gleichförmigkeit von Meinun-gen, Gehaben und Kleidung kaum mehr zuüberbieten ist. Wo noch Unterschiede fest-zustellen sind, werden sie entweder vomzähen Festhalten weniger Bevölkerungs-gruppen an den eigenen Traditionen gebil-det, oder wiederum vom Sozialgefälle, wo-bei die Quellen einer höheren Kulturnatürlich nur den Wohlhabenden zugänglichbleiben. Die mir gegenüber von einer Ame-rikanerin als „all American ugliness“ be-zeichnete Gesichtslosigkeit der mittlerenund kleineren Ortschaften ist nur eine Folgeder Monokultur, die jetzt endgültig zu einerGlobalkultur zu werden droht.Europa dagegen braucht keine multikultu-relle Gesellschaft, Europa ist eine multikul-turelle Gesellschaft. Europa ist Multikulturnicht im Sinne sich widersprechender Welt-anschauungen oder unvereinbarer Ge-gensätze der Völkerschaften, sondern imSinne eines fast unglaublichen Reichtumsan verschiedensten Ausdrucksformen einerkulturellen Grundbefindlichkeit, die sichnicht nur von Nation zu Nation anders wi-derspiegelt, sondern auch innerhalb dereinzelnen Länder im regionalen Bereich dieunterschiedlichsten Farben angenommenhat. Dabei ist zu bemerken, daß sich be-sonders dort, wo die katholische Religionüber Jahrhunderte unbestritten gebliebenist, selbst über die Aufklärung, die industri-elle Revolution und die beiden Weltkriegehinaus, in Brauchtum, Kunst, Musik, Küche

und Keller die Fruchtbarkeit des abendlän-dischen Mutterbodens zeigt, der so man-nigfache und farbenfrohe Kulturen hervor-gebracht hat wie in Bayern, in der Bretagne,in Kastilien, in Sizilien oder in den katholi-schen Kantonen der Schweiz, um nur weni-ge Beispiele zu nennen. Ohne die kulturel-len Beiträge der protestantischen Völker inKunst und Literatur unterschätzen zu wol-len, ist doch anzumerken, daß das Gottes-bild der protestantischen Theologie in sei-nen vielen verschiedenen pessimistischenGrautönen zu einer immer strengeren Ver-einheitlichung der Kultur führte, die schonin der preußischen Hegemonie des 19.Jahrhunderts den katholischen StämmenDeutschlands oft unerträglich war. Die kal-vinistische Wirtschaftsethik und der preußi-sche Moralismus haben zusammen mitdem utilitaristischen Rationalismus des In-dustrialisierungszeitalters bereits zu einerAusrottung vieler sogenannter „unnützer“Formen kultureller Vielfalt geführt, die demneuzeitlichen Menschenbild und dem dar-aus entstehenden Effizienz- und Erfolgs-druck nicht alleine standhalten konnten. Inden katholischen Gebieten hatte zwar dieAufklärung auch bereits viele als Mißständedeklarierte Gestalten des Brauchtums ab-geschafft, es ist ihr aber doch nicht gelun-gen, die aus der Freude an Gott und seinerKirche getragene Grundstimmung grundle-gend zu verändern.Solange die Kirche die Sakralität der Litur-gie in ihrer Vollform gefeiert hat, waren alldiese Zeichen eines multikulturellen katholi-schen Lebens, das nach Regionen und Völ-kern aufgefächert erschien, mehr oder we-niger unverändert. Die Liturgie bestimmtemit ihren Festen und Farben das Lebenganzer Landschaften, und auch heute nocherscheinen in einer manchmal völlig säkula-risierten Umwelt gerade in den traditionellkatholischen Gebieten die regionalen Spiel-arten der Kultur am buntesten. Seit jedochder Geist des Säkularismus an den Kir-chentüren nicht mehr aufgehalten wird,

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 19

Katholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen WeltKatholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen Welt

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200418

werden auch die Inhalte dieser Feste fla-cher oder durch ganz andere, materialisti-sche Feiern ersetzt. Die Säkularisierung derLiturgie, die Abschaffung vieler Schätze derVolksfrömmigkeit, die Vergrauung des ka-tholischen Lebens hat auch zu einer scha-len Vereinheitlichung der Kultur Europasgeführt, die nun, ihres eigentlichen Funda-mentes beraubt, nichts Besseres zu tunweiß, als der globalen Monokultur mit ihrembilligen Erotismus37, dem ungenießbarenFastfood und der Einheitspreiskleidung vonblauer Arbeitshose und Unterhemd, auchJeans und T-Shirt genannt, zu folgen. Si-cherlich hat auch die künstliche Bedürfnis-weckung durch zynischen Materialismus indiese Richtung gewirkt, aber was hättenauch Menschen, denen man ihr traditionel-les Gottes- und Lebensbild in einer naivenNeuerungssucht genommen hat, dem ent-gegenzusetzen?Hier ist nun jeder in der Lage, direkt etwaszum Weiterleben und Wiedererstehen deskatholischen Europa beizutragen. Nicht nursind wir gerufen, uns dem Sog der un-menschlichen Vereinheitlichung in eine mo-nistische Gesellschaft seelenloser Konsum-und Lustsklaven grundsätzlich entgegenzu-setzen, sondern wir können das auch prak-tisch tun. Katholiken müssen wieder denMut haben, sich zu unterscheiden. Brauch-tum, Kleidung, Gewohnheiten, ja selbstKüche und Keller sind Bereiche, in denenuns - noch - niemand Vorschriften machenkann. Wo eine katholische Regionalkulturbesteht, so ausgehöhlt sie auch sein mag,kann sie wieder mit Geist beseelt werden. Inunserer Umgebung, vor allem aber in unse-ren Familien können wir eine wahrhaft kul-turelle Renaissance aus dem Geist deschristlichen Abendlandes mittragen, indemwir uns auf Formen und Dinge besinnenund diese pflegen, die der Verarmung des

Alltags und seiner bloß utilitaristischenNutzbarmachung entgegenstehen. Nichtvon ungefähr sind vor kurzem zwei klugeBücher über Manieren geschrieben wor-den38, die beide, eines mehr grundsätzlich,das andere mehr praktisch, aufzeigen, daßdas richtige Menschenbild auch ein richti-ges gegenseitiges Verhalten verlangt, sononkonformistisch das in einer Proletenge-sellschaft auch zunächst erscheinen mag.Selbst die Küche und der gemeinsameTisch in der Familie als allerletztes Bollwerkchristlicher Kultur - „In Frankreich scheintsich manchmal die Kultur ganz in die Küchegerettet zu haben“, so ein bedauernderAusspruch unseres Generalpriors, sind inGefahr, als überflüssig wegrationalisiert unddamit völlig säkularisiert zu werden, wennwir beide nicht für uns und unsere Familienund Freunde wiederentdecken. Der Phanta-sie, die Vielfalt unserer Kultur, die aus demGlauben kommt, lebendig zu erhalten, sindkeine Grenzen gesetzt. Wer allerdings nurlamentiert und ansonsten mit Mann undMaus im grauen Strom der Monokulturschwimmt, oder gar die Säkularisierung inLiturgie und Leben der Kirche durch dasberühmte „Das kann man doch heute nichtmehr machen“-Nichtstun weiter fördert,sollte besser ganz schweigen.

2. Sich des Reichtums der VergangenheitversichernEines der großen Probleme, an denen Euro-pa und seine Völker leiden, ist die globaleVerdummung. Wir wissen nichts über unse-re eigene Geschichte, die für viele entwedermit der Naziherrschaft und dem Holocaustoder im besten Fall mit der FranzösischenRevolution endet. Breite Kreise der Bevöl-kerung kennen die Quellen Europas nicht,und damit sind nicht nur die unverzichtba-ren Glaubensquellen gemeint, sondern

auch die Schätze unserer intellektuellenund bildenden Kultur im allgemeinen,einschließlich unserer vielen schönen Spra-chen, die nach und nach von einem häßli-chen Kauderwelsch aus der unterstenSchublade der jeweiligen Landesspracheund amerikanischen Slangbrocken ver-drängt werden. Viele, und vielleicht auch wirselbst, mögen allerlei Ferienorte mit über-füllten Stränden kennen, oder das eine oderandere von allen besuchte Pflichtmonu-ment gesehen haben, aber einen Einblick inhistorische Zusammenhänge und kunstge-schichtliche Epochen Europas, die samtund sonders ohne den katholischen Glau-ben undenkbar wären, besitzen heute nurwenige. Die Unwissenheit und Ungebildet-heit auch des Klerus ist eine wahre Land-plage, was sich vor allem in langweiligenessigsauren Moralpredigten über unsereVerpflichtung zur sozialen Gerechtigkeitoder ähnlichen Gemeinplätzen nieder-schlägt. Sprechen wir erst gar nicht von La-tein, Griechisch oder anderen exotischenWissenszweigen, die weithin völlig aus demBlickfeld geraten sind. Innerhalb von dreißigJahren scheint der religiöse und kulturelleInformationsstand der Laien wie der Kleri-ker auf etwas zusammengesunken zu sein,das man - mit der herrschenden Disziplinund Ordnung in der Kirche - bestenfalls alsvortridentinisch bezeichnen könnte. Wie einKahlschlag hat die Veränderung der Litur-gie, die auch vom einfachsten Laien undKleriker noch eine wirkliche geistige ‚parti-cipatio actuosa’ erforderte, das katholischeBildungsbewußtsein zerstört, was sich un-mittelbar auf das einstmals blühende katho-lische Schulwesen ausgewirkt hat, von demnur hier und da noch einige Elitegymnasiendie kulturelle Nivellierung überstanden ha-ben, das ansonsten aber völlig zusammen-gebrochen scheint, und sich nur dadurchnoch rettet, daß es anderswo auch nichtbesser ist. Die katholischen Fakultäten derdeutschsprachigen Universitäten sind in ei-nem Zustand, der manche Bischöfe bereits

laut überlegen läßt, ob sie ihre ohnehin bit-ter wenigen Priesteramtskandidaten nichtbesser von dort wegnehmen sollen, und derdie Anziehungskraft des Theologiestudiumsso beeinträchtigt hat, daß staatlicherseitsimmer häufiger Schließungspläne für dieseteuren Institutionen laut werden. Es ist nichtmeine Aufgabe, hier darüber zu reflektieren,wie viele der deutschen Universitätsordina-rien ohne jede Einschränkung den ganzenkatholischen Glauben lehren, aber es wäresicher hochinteressant, diese einfacheRechnung einmal aufzustellen.Wer nichts weiß, ist noch viel leichter mani-pulierbar als der, der wenigstens ein Grund-wissen besitzt. Kaum manipuliert werdenkann, wer dieses Grundwissen aus dem ka-tholischen Glauben zieht, der aus der Of-fenbarung Gottes stammt: Bevor freieWahlen in Deutschland unmöglich wurden,war die nationalsozialistische Partei in dentraditionell katholischen Gebieten durch-weg unterlegen. Wer sich nicht manipulie-ren lassen will, der muß sich ein solidesGlaubenswissen erwerben, das ihm alsGrundlage für eine katholische Bildung die-nen kann, der sich keine Ideologie in denWeg stellt ohne durchschaut zu werden. Diemeisten traditionell gesinnten Katholiken inden USA haben das genau erkannt und ha-ben einer ganzen Literatur gesunder katho-lischer Apologetik, Dogmatik und Ge-schichtsschreibung ihre Bücherschränkegeöffnet. Mehr und mehr Eltern entziehenihre Kinder den Gefahren des liberalenSchulsystems und nehmen an der ständigwachsenden Bewegung des Homeschoo-ling teil, in der die Eltern selbst für dieGrundausbildung ihrer Kinder verantwort-lich zeichnen. Es gibt wenigstens drei soli-de katholische Privatuniversitäten, von de-nen eine gerade von einem bekanntenPizza-Miliardär eine Stiftung von 200 Millio-nen Dollar zum weiteren Ausbau erhaltenhat. Natürlich sind das in einem so großenLand zunächst nur Anfänge, aber es sinddoch deutliche Anzeichen für ein Problem-

37 Auf den schon Leo XIII. als ein absichtlich eingesetz-tes Mittel zur Unterjochung der Massen hingewiesenhat: vgl. Enzykl. „Humanum genus“: ASS16(1883/84)420-430, hier 428.

38 Vgl. A. Asserate, Manieren, 6. Aufl. Frankfurt 2003; G.von Thurn und Taxis - A.Borghese, Unsere Umgangs-formen. Die Welt der guten Sitten von A-Z, Frankfurt a.M. 2000.

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Katholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen WeltKatholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen Welt

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200420

bewußtsein, die bei uns nicht immer vor-handen sind.Natürlich ist der einzelne nicht in der Lage,das katholische Bildungswesen auf derGrundlage der Idee des christlichen Abend-landes neu zu organisieren. Jeder ist aber inder Lage, sich und seine Familie in einenBildungsprozeß katholischer Prägung ein-zubeziehen, der aus wenigen Dingen beste-hen kann, die dafür um so wirksamer sind.Verzeihen sie mir, ganz praktisch zu wer-den, aber es ist der katholischen Allgemein-bildung, deren wir so dringend bedürfen,nicht förderlich, wie alle anderen den Abendvor dem Fernseher oder dem Computer zuverbringen, es sei denn als pure Informati-onsquelle oder Lern- und Schreibinstru-ment. Die Verblödung, der wir täglich aus-gesetzt sind, ist geradezu gewaltsam, wennwir uns dem Druck der modernen Mediennicht systematisch entziehen und sie nurdort zum Einsatz bringen, wo wir sie kon-trollieren können und nicht sie uns. DerZeitgewinn, den wir dadurch erreichen, istbedeutend. Wir können diese Zeit, die dochGottes Zeit ist, zur Herzensbildung in Gebetund christlichem Umgang in den Familiennutzen. Wir können sie aber auch zu kreati-ver Bildung in der Formung unseres Geistesund unserer Fähigkeiten nutzen. Wenn wirin einer Epoche leben, in denen eine acht-zigjährige Bauersfrau mit Grundschulab-schluß oft besser liest, schreibt und rechnetals mancher Gymnasiast und sicher weitmehr Werke der Literatur auswendig kennt,dann ist es dringend notwendig, zumindestin unserer unmittelbaren Umgebung eineRenaissance katholischen Wissens und ka-tholischer Lebensform zu schaffen, die unsniemand verbieten kann. Es ist sicher be-dauerlich, daß die katholische Bildung, dienoch vor kurzem auf verschiedenen EbenenUniversalbesitz aller Katholiken war, nunweithin zu einer alternativen Bildungsformgeworden ist. Von uns wird aber kein frucht-loses Lamento erwartet, sondern Mut zudieser Alternative, wenn wir katholisches

Europa bilden wollen. Ich möchte nicht prodomo sprechen, aber unser junges Institutbetreut mittlerweile bereits acht Schulen, inAfrika, in Frankreich, und jüngst auch in derHauptstadt Europas, im belgischen Brüssel.Unter erheblichem personellen und finanzi-ellen Risiko haben wir diese Verantwortungübernommen, weil wir - wie Sie - glauben,daß der Glaube die einzige Zukunft Europasist und daß er gestärkt werden muß durchsolides katholisches Wissen.

3. Das Sakrale erneuernWas wir bisher an Notwendigkeiten für dieRenaissance des katholischen Europa aus-geführt haben, muß natürlich wieder in demverankert werden, was das katholische Eu-ropa überhaupt hervorgebracht hat. Die Li-turgie unserer Heiligen Mutter Kirche, ihrbedeutendster und wertvollster Schatznächst der Gegenwart des Herrn selbst, al-so die Harmonie von wahrem Glauben undrichtiger Gottesverehrung, hat Schaden ge-litten. Am Anfang meiner Ausführungen ha-be ich versucht aufzuzeigen, weshalb diehausgemachte Säkularisierung der Liturgieso fatale Folgen für die Gesamtgeschichtehaben mußte. Für eine Renaissance des ka-tholischen Bewußtseins muß daher die logi-sche Konsequenz eine Zurückführung dergesamten Liturgie zu ihrer ursprünglichenSakralität sein. Das kann nur geschehen, in-dem der klassischen Liturgie wieder derPlatz eingeräumt wird, der ihr als Mutter al-ler römischen Liturgieformen im Abendlandgebührt. Es muß das Stigma des Verbote-nen, Abseitigen, Altverstaubten, Revolu-tionären, Antiautoritären, gar Böswilligenvon ihr genommen werden. Eine römischeKardinalskommission hat bereits vor gerau-mer Zeit für den Heiligen Vater festgestellt,daß die klassische Liturgie niemals verbo-ten worden ist und auch kanonistisch gültignicht verboten werden kann. Danach hättejeder Priester auch heute das Recht, siewenigstens in sogenannter Privatmesse,selbst in Anwesenheit von Gläubigen zu fei-

ern. Über die Notwendigkeit, für die öffent-lich angekündigte Zelebration eine Erlaub-nis einholen zu müssen, kann faktisch nichtgestritten werden, da diese Praxis bestehtund aufrechterhalten wird, ist aber kanonis-tisch nicht zu Unrecht diskutiert worden.Die Ablehnung der klassischen Liturgie, dieüber ein Jahrtausend fast unverändert derAusdruck des Selbstverständnisses der Kir-che gewesen ist und als solche ein unver-gleichliches Denkmal ihrer gelebten und le-bendigen Tradition darstellt, hat etwasIrrationales. Jeder, der diese Liturgie mitdem Hinweis auf ihr überkommenes Kir-chenverständnis zurückweist, stellt sich da-mit außerhalb der anerkannten Überliefe-rung von der einen wahren Kirche JesuChristi, die die römisch-katholische ist, undder einzig sichtbar gültige Heilsweg mit al-len Elementen der Stiftung des Herrn, wiedas Dokument „Dominus Jesus“ der Glau-benskongregation noch am 6. August 2000wieder bekräftigt hat. Wenn stimmt, was wirmit Glaubensüberzeugung annehmen müs-sen, daß es keinen Bruch in der Überliefe-rung der Kirche geben kann und daß sichdementsprechend die Dogmenentwicklungimmer homogen zu ihren Quellen vollzieht,dann kann es auch keinen liturgischenBruch des Kirchenbildes geben. Geradedas haben die päpstlichen Dokumente zum‚Novus Ordo’ auch immer wieder unterstri-chen39. Da es aber keinen Bruch gebenkann und nach offiziellen Erklärungen auchnicht gegeben hat, ist nicht zu verstehen,warum nicht wenigstens beide Liturgien, dieden Reichtum des katholischen Kirchenbil-des dann nur von zwei verschiedenen Per-spektiven beleuchten würden, ungehindertund ungeschmälert nebeneinander existie-ren könnten. Das mindeste, was aus die-sem theologischen Schluß zu ersehensein sollte, wäre, alle Diskriminierung der

überlieferten Liturgie der Kirche aufzuge-ben40. Hat es aber einen Bruch in der Über-lieferung des Kirchenbildes und der Glau-bensaussagen zwischen der klassischenund der nachkonziliaren Liturgie gegeben,was, wie gesagt, offiziell nicht angenom-men wird, aber von nicht wenigen auch li-beralen Theologen behauptet worden ist,dann wäre es im Sinne der unbedingtenPflicht, die Tradition der Kirche unversehrtzu bewahren, nun an der Zeit, zur Liturgieder Kirche des katholischen Abendlandeszurückzukehren, und das auch, falls darauserhebliche disziplinäre und praktischeSchwierigkeiten entstehen sollten. DieWahrung der Offenbarung Christi und ihrerkirchlichen Überlieferung ist jedes Opferwert.Wir wollen hier aus eindeutigen innerenGründen und im ehrfürchtigen Respekt ge-genüber den Verlautbarungen des päpstli-chen Lehramtes von der These ausgehen,daß zwar eine erhebliche Reduzierung dessakralen Charakters der Liturgie stattgefun-den hat, auch durch kaum einzudämmendezahlreiche Mißstände, daß aber keingrundsätzlicher Bruch besteht. Davon sindwir aufgrund notwendiger theologischerÜberlegungen, die im gegenteiligen Fall oftübersehene weitreichendste ekklesiologi-sche Konsequenzen hätten, sehr wohlüberzeugt, nicht nur weil noch niemand inder Lage gewesen ist, einen solchengrundsätzlichen Bruch in Doktrin und Litur-gie der Kirche eindeutig nachzuweisen,sondern auch weil das Lehramt mit derStimme unseres regierenden Heiligen Va-ters deutlich unterstrichen hat, daß dieneueren Glaubensdokumente im Lichte derTradition auszulegen sind. Für die Liturgie

39 Vgl. z.B. Papst Paul VI., Motu Proprio „MysteriiPaschalis“, hier in: Missale Romanum cum lectionibus,Vatikan 1977, 129-133, bes. 130.

40 Daß die berechtigte Kritik an neueren liturgischen Ent-wicklungen nichts mit einer Ablehnung der lehramtli-chen Bedeutung des letzten Konzils gemein hat, stelltJoseph Kardinal Ratzinger gegen polemische Äußerun-gen des Liturgen P.-M. Gy nochmals heraus: vgl. J. Kar-dinal Ratzinger, ‚Der Geist der Liturgie’ oder: Die Treuezum Konzil: LJ 52 (2002), 111-115.

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bedeutet diese Homogenität zweier theolo-gischer Epochen aber nichts anderes alsdie Notwendigkeit einer zumindest rechtli-chen Gleichwertigkeit in der Möglichkeit derZelebration der historisch nacheinander lie-genden Formen. Aus theologischer Gradli-nigkeit und Folgerichtigkeit müßte demnachder klassischen Liturgie kirchenrechtlich dergleiche Spielraum wie dem „Novus Ordo“gegeben werden, der ihr nach dem Konzilzwar nicht ausdrücklich entzogen wurde,aber durch praktische Regelungen und so-zialen Druck auf Priester und Gläubige fak-tisch doch genommen worden ist. Eine still-schweigende allgemeine Wiedereinführungwäre wohl angesichts der Lage nicht aus-reichend, um diesen praktischen Wider-stand zu überwinden, sondern es bedürftemittlerweile wohl einer offiziellen Erklärung,die die klassische Liturgie als jahrtausende-altes Monument katholischer Glaubenstra-dition wieder in alle ihre Rechte einsetzt.Daß dabei mit Klugheit und FeinfühligkeitVerwirrungen unter den Gläubigen vermie-den werden müssen, denen man dieseherrliche Liturgie so lange mißliebig geredethat, bis sie selbst zu Ideologen wurden, ver-steht sich von selbst.Wir können und dürfen nicht erwarten, daßdie liturgische Erneuerung uns in denSchoß fällt. Ebensowenig wie die Entsakra-lisierung der Liturgie das Werk eines Augen-blicks gewesen ist, sondern lange Jahre dersystematischen Vorbereitung gebrauchthat, um zum Ziel zu gelangen, so muß dieResakralisierung der Liturgie und damit derKirche, letztlich aber auch unseres Umfeldsund damit Europas und der katholischenWelt, Schritt für Schritt betrieben werden.Wir sind es der Gegenwart Gottes schuldig,alle möglichen Kräfte und Begabungen fürdieses Ziel einzusetzen, das heute, andersals noch vor zehn Jahren, von einer immerbreiter werdenden Strömung im jüngerenKlerus und auch von vielen liturgisch sensi-blen Mitgliedern der Hierarchie mitgetragenwird41. Schon lange sind wir nicht mehr al-

lein, und was noch vor kurzem unmöglichschien, wird, vielleicht gerade wegen einesimmer offensichtlicher werdenden Zusam-menbruches liturgischer Utopien der Säku-larisation, durch die Kraft des Geistes Gott-es zu einer Erneuerung der klassischenLiturgie in ganz Europa führen, die wohl-möglich, wie so vieles weniger Wünschens-werte, auch aus den USA zu uns dringenmag.Erlauben Sie mir ein letztes Mal, vom Bei-spiel der Vereinigten Staaten von Amerikazu sprechen. In diesem antiliturgischen undantisakralen, und kirchlich zum wenigstenneutralen Umfeld ist die klassische Liturgieauf einem ständigen Vormarsch. Alle ande-ren Gemeinschaften werden wohl dieselbeErfahrung wie das Institut Christus Königmachen. Wo auch immer wir ein neuesApostolat von der göttlichen Vorsehung ge-schenkt bekommen, sei es auch unter denwidrigsten Umständen in den abgelegen-sten Kleinstädten, wird in kurzer Zeit dieZahl der Gläubigen sich verdoppeln, umsich dann in einem Jahr wiederum zu ver-doppeln und von da an fast allsonntäglicheine Steigerung zu erfahren. Es kommenvor allem jüngere und sehr junge Katholikenund Konvertiten - derer nicht wenige - zurMesse im klassischen Ritus, die bald, dankihrer Schönheit und Feierlichkeit, zum Ge-spräch und Anziehungspunkt für die ganzeZivilgemeinde wird. Unsere eben restaurier-te Kirche in Wausau, Wisconsin, die aller-dings ein besonders gelungenes Exemplareiner neuentstandenen Hochgotik ist, ist inder Region in aller Munde und beginnt, Pil-ger aus dem ganzen Land anzuziehen.Was in den USA möglich ist, einem Land

ohne den gesamten Hintergrund unsererKultur, wird im einstmals katholischen Euro-pa vielleicht zur Zeit noch dadurch er-schwert, daß der Generationenwechselzäher, die Priesterschaft überaltert und dieReligiosität der jüngeren Generationen demSäkularisierungsprozeß fast ganz erlegenist. Doch wir und andere geistliche Gemein-schaften machen auch hier die Erfahrung,daß die Leere der materialistischen Mono-kultur mehr und mehr Menschen zur spiritu-ellen Wüste wird und sie daher nach einemOrt suchen, der ihnen die Mystik und Über-natur wiedergibt, die sie verloren haben. In-nerhalb weniger Jahre haben wir in unsererKirche in Port Marly-Versailles, in der wir mitetwa 150 Personen und einer Sonntags-messe vor etwa fünf Jahren begannen, nunvier Sonntagsmessen mit etwa 1500 regel-mäßigen Besuchern! Diese vor allem jünge-ren Menschen haben sich dabei mit unse-rem Institut nicht nur für die klassischeLiturgie entschieden, sondern leben, soweites die konkreten Umstände zulassen, eineExistenz aus der katholischen Tradition mitihrer reichen kulturellen Fülle, ihrer Bil-dungsweisheit und ihrer steten Einbindungdes ganzen Lebens in die Gott geschuldeteLiturgie zu seiner größeren Ehre. Ein Stückkatholisches Europa ist dort bereits wieder-erstanden! Mit dem Kern der Liturgie kannEuropa überall wieder eine katholische See-le gewinnen!

Die Kirche ist Europa!Mir ist in diesen Ausführungen sehr bewußt,daß ich nur einen „tour d’horizon“ bietenkonnte. Vieles von dem, was ich nur ange-schnitten und angedeutet habe, verdient si-cherlich eine weitere Vertiefung. Die Grund-these sollte jedoch klar geworden sein.Der Idee des christlichen Abendlandes,nach dem Willen Gottes geschichtlich ver-wirklicht in der universalen Präsenz derkatholischen Kirche in Europa, liegt die Sa-kralisierung des christlichen Lebens ausge-hend von der Sakralität der Liturgie zugrun-

de. Als im Laufe der Geschichte durchGlaubensspaltung und Konfessionalisie-rung diese Einheit auseinanderfiel, bliebdoch die Kirche Hüterin des sakralen Prin-zips, das sie in ihrer Liturgie, dem Mittel-punkt ihres Lebens, lebendig hielt und hält.Die Sakralität der Liturgie aber ist durch dienachkonziliare Reform und ihre Folgen inGefahr geraten, was noch jüngst durch einRömisches Dokument deutlich klar wurde.Falls wir den Gedanken des Sakralen im Le-ben Europas, oder doch des katholischenEuropas, aufrechterhalten wollen, müssenwir das Sakrale der Liturgie und die Sakra-lität des Lebens wiederentdecken und be-wahren. Am Beispiel eines geschichtlich sounsakralen Landes wie der VereinigtenStaaten habe ich kurz aufgewiesen, wie dasauch unter solchen Umständen für die litur-gische Erneuerung tatsächlich möglich ist,um dann an drei Beispielen zu zeigen, wasjeder auch hier zu dieser Renaissance bei-tragen kann: 1. Die Vielfalt der katholischenKultur, die aus dem sacrum kommt, bewah-ren, 2. Die genuin katholische Bildung, dieum die Wertigkeit des Sakralen in Ge-schichte, Kunst und Leben weiß, pflegen, 3.An der Wiedereinsetzung der klassischenLiturgie in ihr volles Recht arbeiten, um denKern des Sakralen im kirchlichen Leben zustärken.Denken wir nur einen Augenblick darübernach, was Europa heute wäre, wenn die Kir-che aus der ungeschwächten Mitte ihressakralen Kerns der Welt die Wahrheit desGlaubens verkünden und vorleben könnte.Manfred Lütz hat unsere heilige Kirche zuRecht mit einem blockierten Riesen42 vergli-chen. Das Feuer im Herzen des Riesen istnicht erloschen. Das „Sacrum“ ist in der Kir-che immer noch vorhanden. Dort, wo es ge-pflegt wird, zeigt es immer wieder eineüberraschende Vitalität. Die Gestaltungs-kraft der Kirche für ein katholisches Europa

41 Die weitesttragenden Wirkungen in dieser Hinsichthaben wohl die feinsinnigen liturgisch-theologischenAusführungen des Präfekten der Glaubenskongregationgefunden, vor allem J. Kardinal Ratzinger, Das Fest desGlaubens. Versuche zur Theologie des Gottesdienstes,3. Aufl., Freiburg 1993; ders., Der Geist der Liturgie. Ei-ne Einführung, Freiburg 2000; ders., Theologie der Li-turgie: FKTH 18 (2002), 1-13.

42 M. Lütz, Der blockierte Riese. Psycho-Analyse der ka-tholischen Kirche, Augsburg 1999.

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Predigt beim PontifikalamtKatholisches Europa? - Betrachtungen aus der Neuen Welt

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aber wird dann ganz erwachen, wenn dieheilige Flamme im Mittelpunkt des Tempelswieder alle seine Hallen und Räume er-wärmt und erhellt. Erste Anzeichen dafürsind in Europa und wohl auch durch denansonsten bedrohlicher werdenden kirchli-chen Verfall überall vorhanden. Wenn wir

daran arbeiten, das Sakrale und seineSchätze zu leben, es zu kennen und zu ver-teidigen und es wieder in seiner Fülle zu fei-ern, wird es ein katholisches Europa geben,weil es ein kirchliches Europa geben wird.Vergessen wir nicht: „Die Kirche ist Europaund Europa ist die Kirche!“

Meine geliebten Brüder und Kinder im Na-men unseres Herrn Jesus Christus,der zu Euch spricht, ist Bischof der heiligenkatholischen Kirche, folglich Nachfolger derApostel, gesandt von Jesus Christus durchden Nachfolger des heiligen Petrus, denPapst, um Euch die katholische Lehre zukünden. Dies ist die Mission der Kirche,dies ist die Mission des Papstes und derBischöfe.„Geht und lehrt“, geht hin und macht alleVölker zu Jüngern, „lehrt sie alles halten,was ich Euch aufgetragen habe“ (Mt 28, 19-20).Der Gegenstand der Mission und der Ver-

kündigung ist das christliche Leben, ein Le-ben der Tugenden, die Teilnahme am göttli-chen Leben. Der Glaube, der die Hoffnungzeugt, der Glaube, welcher wirkt durch die(Nächsten)liebe.Aber heute will ich zu Euch sprechen vomGlauben in der heiligen Kirche, von derHoffnung in der heiligen Kirche, von derNächstenliebe in Bezug auf die heilige Kir-che.Weil die Kirche unsere Mutter ist, ist dasKönigreich Gottes hier auf unserer Erde, dieWeiterführung von Jesus Christus, der unteruns gegenwärtig ist: „wer Euch hört, derhört mich, und wer Euch verachtet, verach-

Predigt beim Pontifikalamtzur Eröffnung der Jahrestagung von Pro Missa Tridentina

in Augsburg am 8. Mai 2004

Bischof Fernando Rifan, Campos (Brasilien)

„ICH GLAUBE AN DIE EINE HEILIGE KATHOLISCHE UND APOSTOLISCHE KIRCHE.“

In höchstem Maße erfüllt die klassische römische Liturgie, insbesondere der Gregoriani-sche Choral, die Kriterien der thomistischen Ästhetik: Ihre ordnungsvolle Ruhe - selbstAusfluß des sicheren, ganz von der Gnade durchleuchteten Stehens in der Rechtgläubig-keit - wird zur Seele jener wunderbar leuchtenden Schönheit, die sie ungebrochen durchden Wechsel der Jahrhunderte ausstrahlt.

David Berger (Thomas von Aquin und die Liturgie, S. 58)

Die Messe ist nicht Katechese, sondern sie ist das Ziel der Katechese. Die Messe kannnicht dazu benutzt werden, Religionsunterricht zu erteilen, sondern sie muß die Feier, dasFest derjenigen sein, die den Glauben bekennen.

Martin Mosebach (Die Tagespost 24.04.2004)

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tet mich“ (Lk 10,16). Die Kirche ist das vor-bildliche Werk des Heiligen Geistes, wel-cher die Seele der Kirche ist.Deshalb: alles was wir tun in Bezug auf dieKirche, tun wir in Bezug auf Gott: der Glau-be, die Hoffnung und die Liebe.Das Gesetz des Kanonischen Rechts ord-net an, daß der Bischof in Standhaftigkeitdie Vollständigkeit (Unversehrtheit) und dieEinheit des Glaubens bewahrt: „integrita-tem et unitatem fidei credendae fírmiter tu-eatur“ (Canon 386, #2).Der volle Glaube zeugt die Hoffnung.Der wahre Glaube wirkt durch die Liebe(Gal. 5 ,6).Das Konzil von Trient folgt dem hl. Paulus,wenn es uns lehrt: „Die Errettung des Men-schen hat ihren Anfang im Glauben, wel-cher das Fundament ist und die Wurzel al-ler Rechtfertigung; ohne Glauben ist esnicht möglich, Gott zu gefallen und amGlück seiner Söhne teil zu haben“ (Sitz.VI,8). Er (der Glaube) ist der Anfang, das Funda-ment und die Wurzel unseres übernatürli-chen Lebens. Deshalb fordert der hl. Paulusuns auf, im Glauben verankert zu leben: „infide fundati“ (Kol 1, 23). Leben wir aus demGlauben: „justus autem meus ex fide vivit“(Heb 10, 38). Und der hl. Johannes erinnertuns daran, daß wir nur durch den Glaubensiegen: „Das ist der Sieg, der die Welt be-siegt: unser Glaube“ (1 Joh 5, 4).Und heute spreche ich zu Euch über Glau-be, Hoffnung und Liebe in der heiligen ka-tholischen Kirche: Ich glaube an die Eine,Heilige, Katholische und Apostolische Kir-che. Ich glaube an die Kirche, die Eine, dieHeilige, die Katholische und Apostolische. Laßt uns die Gelegenheit nutzen anläßlichdes Besuchs des Bischofs in dieser Kirche,unseren Glauben wieder zu beleben in derGöttlichkeit der Katholischen Kirche, unse-re Hoffnung auf die Errettung, die diese unsanbietet mit ihren Mitteln der Heiligung, undmit unserer Liebe in Bezug auf alles, waszur Kirche gehört, sowie in Bezug auf ihre

Hierarchie und ihre Glieder.Der Glaube, in der Definition des hl. Paulus,ist das Fundament der Dinge, die man er-hofft, und die Gewißheit der Dinge, die mannicht sieht: „Es ist aber der Glaube, dasfeste Vertrauen auf das Erhoffte, ein Über-zeugtsein von dem, was man nicht sieht“(Hebr 11,1).Wenn wir folglich vom Glauben an die heili-ge Kirche sprechen, so meinen wir nichtden Glauben an das, was unseren Augensichtbar ist: ihre Struktur, ihre sichtbareHierarchie, ihre Organisation, ihre Men-schen: dafür benötigt man keinen Glauben.Es genügt zu sehen.Der Glaube ist in dem, was wir nicht sehenund doch erhoffen: Glaube an die Göttlich-keit der Kirche, an ihre Unfehlbarkeit, an ih-re Heiligkeit, an die Anwesenheit und fort-währende Gegenwart ihres göttlichenGründers, an ihre Fortdauer und ihre ge-heimnisvolle Öffnung im Ewigen Leben.Die Kirche ist menschlich, und sie ist gött-lich. Die Kirche, der geheimnisvolle LeibChristi, reflektiert in sich die Natur Jesu,Gott als Mensch, in den verschiedenengöttlichen und menschlichen Naturen.Jesus als Gott ist allwissend, allgewaltig,ohne irgendwelche menschlichen Bedürf-nisse und Schwächen. Aber als Menschwollte er zunehmen an Weisheit, wollte erHunger spüren, Durst, Müdigkeit, Schlaf,Gefühle, Traurigkeit, Angst etc.So auch die Kirche. In ihrem göttlichen An-teil ist sie ohne Fehler, die geliebte BrautChristi, „im Glanz der Herrlichkeit, ohneMakel, ohne Falten, heilig und unbefleckt“(Eph 5,27).Aber in ihrem menschlichen Anteil, - in uns-, hat die Kirche ihre Schwächen. Wie vieleFehler und Schwächen im Verlauf der Ge-schichte, von Christen, von Priestern, vonBischöfen und sogar Päpsten. Wie viele Kri-sen hat die Kirche schon durchlitten! Wieviele Häresien und Schismen in ihrer Mitte,wie viele moralische Skandale in ihren Glie-dern!

Nachdem Jesus den Aposteln seine Leidenangekündigt hatte, eine Vorankündigung,die sie nicht verstanden, nahm er die dreiersten Jünger mit auf den Berg Tabor, wo ervor ihnen verklärt wurde, um sich ihnen alsGott zu offenbaren. Er tat dies, damit siesich, wenn sie ihn entstellt sehen würdendurch rachsüchtige Beschimpfungen, durchBespeiungen, während der Geißelung, derDornenkrönung und der Kreuzigung, an sei-ne Gottheit erinnern würden, damit sie nichtschwanken würden im Glauben, nicht in derHoffnung und nicht in der Liebe zu Ihm. Aufdiese Weise würden die Apostel, als sie Je-sus gedemütigt und ohnmächtig vor seinenFeinden sahen, ihr Bekenntnis zum Glau-ben und der Hoffnung erneuern müssen,gerade inmitten der großen Versuchung, diedas Leiden Jesu für sie darstellte.Das beste Beispiel des Glaubens, der Hoff-nung und der Liebe haben wir in UnsererLieben Frau. In jenem armen, schwachenKind von Bethlehem, von Ägypten und vonNazareth sah sie immer den Sohn Gottes.Vor allem auf dem Kalvarienberg zeigte sichihr Glaube am stärksten: „Stabat Mater“.Sie war nicht am Grab wie die heiligen Frau-en, denn sie glaubte und erwartete die Auf-erstehung.Wie der heilige Albertus Magnus sagte: „Fi-dem habuit in excellentissimo, quae....etiamdiscipulis dubitantibus, non dubitavit“ [Siebewies außerordentlichen Glauben: auchals die Jünger zweifelten, zweifelte sienicht.] (In Lk I, Gratia plena). „Virgo Fidelis,continens Fidem vivam totius Ecclesiae incorde suo“: die treue Jungfrau bewahrte inihrem Herzen den lebendigen Glauben derganzen Kirche.So sollte es auch bei uns sein in Bezug aufdie Kirche, die Weiterführung des WerkesJesu. Wenn wir die Kirche sehen, nicht aufdem Tabor, sondern auf dem Kalvarienberg,gegeißelt, mit Dornen gekrönt, der Lächer-lichkeit preisgegeben, von ihren äußerenund inneren Feinden attackiert und ge-demütigt, müssen wir unseren Glauben und

unsere Hoffnung auf ihre Göttlichkeit erneu-ern. Inmitten der Krisen, ganz besonders inder aktuellen Krise, dürfen wir niemals denBlick auf die Worte Jesu verlieren: „nonpraevalebunt“: die Pforten der Hölle werdensie nicht überwältigen.Wunderbar erklärt uns das der heilige Hila-rius: „Vere hoc proprium habet Ecclesia: utdum persecutionem patitur, floreat; dumopprimitur, crescat; dum contemnitur, persi-stat; dum laeditur, vivat; dum arguitur, intel-ligat; tunc stat, cum superari videtur“. -„Wahrhaftig, das ist der Kirche eigen: wennsie Verfolgung erleidet, blüht sie auf; wennsie unterdrückt wird, wächst sie; wenn sieverachtet wird, hält sie durch; wenn sie ver-letzt wird, besteht sie voller Leben weiter;wird sie angeschuldigt, wächst sie im Ver-ständnis; wenn es scheint, als wäre sie be-siegt, bleibt sie weiter standhaft.“ (St. Hila-rius: III. Buch)Während der Krisen der Kirche schwanktenviele und verloren den Glauben. In der Kriseder Renaissance, als die Verweltlichung mitihren Skandalen in die Kirche eindrang undviele Seelen in das Verderben riß, empörtesich Luther. Er schwankte und verlor denGlauben an die Göttlichkeit der Kirche. Erverfiel der Häresie und dem Schisma.Andere, wie der heilige Ignatius von Loyola,der heilige Franz Xaver, der heilige Franzvon Sales, nutzten die Krise, um sich inihrem Glauben und in ihrer Hoffnung zustärken und in ihrer Nächstenliebe zuzuneh-men, und bekundeten dies in ihrem Eifer fürdie Rettung der Seelen. Die Kirche, beson-ders in den Krisen, ist wie Jesus: Zeichendes Widerspruchs, zum Verderben oder zurErrettung der Seelen von vielen.In Wirklichkeit sind die Krisen in der Kircheeine Prüfung unseres Glaubens. Und heutesehen wir eine wahre Konzentration der Kri-sen in der Kirche: Glaubenskrise, Krise dermoralischen Werte, Autoritätskrise, Krise inder Liturgie, Krise in den Berufungen, Kriseder christlichen Ernsthaftigkeit, Krise desFehlens der Deutlichkeit der Begriffe und

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des Ausdrucks, Krise der Heiligkeit. Alleswiderhallend in der Krise der Seelen, derenErrettung für die Ewigkeit in Gefahr ist. In al-ler Deutlichkeit gesprochen: dies ist dieschwerste aller Krisen.Wie ich in meiner ersten Pastoralbotschaftan die Gläubigen unserer ApostolischenAdministratur erinnerte, „in der aktuellenKrise der Kirche zögerte Papst Paul VI.nicht, die Selbstzerstörung zu benennen,durch zwei schwere Irrtümer, die viele Ka-tholiken betreffen: die Häresie oder dieGlaubensirrtümer, und das Schisma; An-schläge gegen die Einheit der Kirchenlei-tung“.Wie viele schließen sich in der aktuellen Kri-se, im Namen eines falschen Gehorsams,der Häresie an! Wie viele fallen, im Nameneines falsch verstandenen Widerstandes, indas Schisma!Die religiöse Ignoranz, das Fehlen einesernsthaften Studiums des Katechismus, diefalsche Glaubensunterweisung, das nuremotionale Bekenntnis zur Kirche ohneGlaubensfundament, führen sehr oft in dieHäresie. Wie viele Häresien sind durch Ka-tholiken ausgesprochen worden, gelehrt mitden Mitteln der Kommunikation und selbstvon den Kanzeln! Wie viele trinitarische,christologische, marianische, kirchliche undliturgische Häresien!Darum klagte Seine Heiligkeit, Papst Jo-hannes Paul II: „Es wurden ganz bestimmteIdeen weit verbreitet, die der offenbartenund immer gelehrten Wahrheit entgegen-standen: wahre Häresien wurden auf denFeldern der Dogmatik und der Moral ver-kündet. ... sogar die Liturgie wurde verge-waltigt“ (Diskurs auf dem Kongreß der Mis-sionen, 6/2/1981).„Es besteht die Notwendigkeit einer gutenkatholischen Bildung, des ernsthaften Erler-nens des Katechismus sowie der Rechtfer-tigung, der Verteidigung der Religion. Und,wie Kardinal Joseph Ratzinger, derzeit Prä-fekt der Glaubenskongregation, sagte: „diekirchliche Krise, in der wir uns heute befin-

den, beruht größtenteils auf dem Zusam-menbruch der Liturgie“ (Kard. Ratzinger -La mia vita, pág. 113), so können wir zu un-serer größten Beruhigung und Sicherheitsagen: „Wir bewahren in unserer Apostoli-schen Administration in aller Liebe und Er-gebenheit, mit der uns vom Heiligen Vater,dem Papst, gewährten Lehrberechtigung:die Liturgie, die traditionelle liturgische Dis-ziplin als eigenen Ritus, diesen großenSchatz der Kirche, sowie ein authentischesBekenntnis zum katholischen Glauben invollkommener Gemeinschaft mit dem Stuhldes Petrus.“Auch hier wie in der ganzen Welt, gibt esKatholiken, die, wie wir, die traditionelle Li-turgie zu bewahren suchen. - „Und der Hei-lige Vater sagt uns in beruhigender Absicht,daß unsere Zuneigung zur traditionellen Li-turgie des Römischen Ritus legitim ist. Be-wahren wir vor allem die lateinische Spra-che, um ein klares und edles Zeichen derEinheit zu sein und ein wirkungsvolles Ge-genmittel gegen alle Fehlinterpretationender reinen Lehre“ (Papst Pius XII. - Enzykli-ka Mediator Dei).Ein anderer großer Irrtum ist das Schisma,ein Anschlag gegen die Einheit, eine Sündegegen die Nächstenliebe. Der heilige Tho-mas von Aquin lehrt: „Es seien jene Schis-matiker genannt, die sich der Unterordnungunter dem höchsten Pontifex verweigernund die es ablehnen, in Gemeinschaft mitden Gliedern der Kirche zu leben“ (2a-2ae,q.39, art.1).Der Zustand der Trennung, in welchem sichdie Anhänger der traditionellen Liturgie be-finden in ihren legitimen Anstrengungen derErhaltung ihres katholischen Glaubens, we-gen der Verfolgung, die sie erleiden auf-grund ihres Bekenntnisses zur Tradition,brachte ihnen auch schädliche Konsequen-zen. Ein gewisser schismatischer Geist begannin unsere Glieder einzudringen, der sichdarin zeigt, allgemein Gefallen an systema-tischer Kritik in Bezug auf die Autoritäten

der Kirche zu finden. Geist des Wider-spruchs, des Ungehorsams, des man-gelnden Respekts, des Argwohns, derSchmähsucht, der Unabhängigkeit vonder Hierarchie und des Lehramts der Kir-che, der gewissen Zufriedenheit mit derAnormalität der Situation, des Fehlens derNächstenliebe, des persönlichen Empfin-dens des exklusiven Besitzes der Wahrheit,des sektiererischen Gedankens, die einzigGuten zu sein, die authentischen Katholi-ken, die Retter der Kirche und die notwen-digen Wächter der Tradition. Schließlich er-reicht man unmerklich die Befreiung vonder Hierarchie mit der Idee als Grundlage,daß „die Pforten der Hölle“ sich gegenüberder Kirche durchgesetzt hätten, was jadurch die unfehlbare Anwesenheit Gottesunmöglich ist.Ich habe unsere teuren Mitarbeiter und ge-liebten Söhne unserer Apostolischen Admi-nistration erinnert, wie ich auch alle hierdaran erinnere an die Notwendigkeit, zu„flüchten vor diesen zwei Irrtümern (Häresieund Schisma). Reißt sie heraus, wo sie ver-wurzelt sind, bekämpft ihren schlechtenGeist und seid wachsam, damit sie nichtunmerklich in uns eindringen. Bewahren wirdie Tradition und die traditionelle Liturgie inder Einheit mit der Hierarchie und mit demLehramt der lebendigen Kirche, und nicht inGegenposition zu ihnen.“ Die aktuelle Krise,meine geliebten Söhne und Brüder, ist einegroße Versuchung unseres Glaubens undunserer Hoffnung. Aber Gott erlaubt es, da-mit unser Glaube und unsere Hoffnung ausihr gestärkt hervorgehen. Die Versuchungist eine Prüfung, eine Gelegenheit, die Gottuns gibt, um ihm zu zeigen, daß wir über al-lem glauben und hoffen. Und das Wichtig-ste ist, daß wir unsere Seelen und die See-len unserer Nächsten retten, sofern unsdies möglich ist. „Wer ausharrt bis zum En-de, ist gerettet.“ Möge diese Krise zu unse-rer Heiligung und Errettung sein und nichtzu unserem Verderben. Lieben wir deshalbaus ganzem Herzen die heilige Kirche.

Der heilige Ignatius von Loyola, nach des-sen Regeln wir mit der Kirche fühlen, lehrtuns, daß wir alles lieben und alles loben,was von der Kirche kommt, alles, was sieuns gibt aus ihrer reichen Tradition der Leh-re, der Disziplin und der Liturgie, daß wir ih-re Sakramente lieben und loben, ebenfallsihre Gebete und Hymnen, vor allem dengregorianischen Gesang, ihre religiösen Or-den und ihre Regeln und Gebote, die Ver-ehrung der Heiligen und ihre Bilder und Re-liquien, die Pracht und Schönheit derAusschmückung der Kirchen, ihre schola-stische Theologie, ihr beständiges Lehramtetc.Aber niemand wird den Glauben erhaltenund bewahren ohne die Gnade Gottes. Not-wendig ist unser fortdauerndes und demüti-ges Gebet: „Credo, Domine, adiuva incre-dulitatem meam.“ - „Ich glaube, Herr, hilfmeinem Unglauben.“ (Mk 9, 24).Im Unbefleckten Herzen der Mutter der Kir-che, der treuen Jungfrau, vertrauen wir un-serem Glauben: „Sub tuum praesidiumconfugimus.....“ - „Unter deinen Schutz undSchirm, fliehen wir ...“.„ICH GLAUBE AN DIE EINE HEILIGEKATHOLISCHE KIRCHE. AMEN.“

Übersetzung aus dem Portugiesischendurch Roland Grund

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 31

Tradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen StuhlTradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen Stuhl

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200430

Sehr geehrte Damen und Herren Vorständeder Vereinigung „Pro Missa Tridentina“,ganz besonders Frau Monika Rheinschmittund Prof. Dr. Wolfgang Waldstein, die michzu meiner großen Freude zu diesem Treffeneingeladen haben.Hochwürdigste Priester, sehr geehrte Mit-glieder von „Pro Missa Tridentina“, teureBrüder und Freunde der traditionellen Litur-gie, meine Damen und meine Herren,zuerst möchte ich mich für die liebenswür-dige Einladung von „Pro Missa Tridentina“,in Person der verehrten Frau Monika Rhein-schmitt, bedanken und für die damit ver-bundene Möglichkeit und Freude, hier zusein und gemeinsam mit Ihnen die heiligeMesse zu feiern und an dieser Tagung teil-zunehmen. Ich danke ganz besonders Sei-ner Exzellenz, dem Diözesanbischof vonAugsburg, Dr. Viktor Joseph Dammertz, derliebenswürdigerweise uns erlaubte, einPontifikalamt zu zelebrieren. Ich bedankemich für Ihre Anwesenheit und im Voraus fürIhre Achtung und Ihre Geduld.

EinführungIch bin Dom Fernando Arias Rifan, Titularbi-schof von Cedamusa, Apostolischer Perso-nal-Administrator von Sao Joao Maria Vian-ney, von Campos, Rio de Janeiro, Brasilien,zum Bischof geweiht am 18. August 2002durch seine Eminenz Kardinal Dario Castril-lon Hoyos, Präfekt der Kongregation fürden Klerus. Nominiert durch den HeiligenVater, Papst Johannes Paul II., als BischofKoadjutor seiner Exzellenz Dom LicinioRangel. Nach dessen Tod am 16. Dez. ver-gangenen Jahres wurde ich automatisch,entsprechend dem kanonischen Recht,sein Nachfolger, also Apostolischer Admini-strator.

Unsere Apostolische Personal-Administra-tur Hl. Johannes Maria Vianney ist eine offi-zielle kirchliche Jurisdiktion innerhalb derkatholischen Kirche, errichtet durch dasDekret „Animarum bonum“ der Kongregati-on für die Bischöfe am 18. Januar 2002, un-ter Berücksichtigung der Anordnung desHöchsten Pontifex in handschriftlicher Aus-fertigung „Ecclesiae unitas“ in Verbindungmit den liturgischen Formen der RömischenLiturgie, die der letzten liturgischen Reformvon 1969 vorausgingen.Um Ihnen ein besseres Verständnis dafür zuermöglichen, wie sich alles entwickelte,möchte ich Ihnen etwas aus unserer Ge-schichte erzählen.

Unsere kleine Geschichte innerhalb derKirchengeschichteDie katholische Kirche auf unserer Erde istkämpferisch, da sie sich immer im Streit be-findet mit den Feinden Gottes und der See-len, innen wie außen, gegen Sünden undHäresien.Hervorgegangen aus den römischen Verfol-gungen der drei ersten Jahrhunderte, muß-te die Kirche stets gegen die großen trinita-rischen und christologischen Häresienankämpfen.Selbst auf dem Höhepunkt der mittelalterli-chen Christenheit, der Epoche der großenHeiligen, fehlten nicht die großen Häresien,die eine intensive Wachsamkeit seitens derKirche erforderten.Als Ergebnis der Dekadenz der Sitten in derRenaissance ist der Verfall der Moral zu se-hen, der alle Ebenen des christlichen Uni-versums getroffen hat, vom einfachen Volkbis in die höchsten Hierarchien. Es entstandder Protestantismus, eine Pseudo-Reform,die verheerende Schäden anrichtete im

christlichen Volk und noch heute anrichtet,hauptsächlich in Irrtümern über das Prie-stertum, die Eucharistie und den Opfercha-rakter der heiligen Messe. Die wirkliche Re-form wurde von der Kirche durch das Konzilvon Trient bewirkt sowie durch den Eifer derHeiligen, wie z.B. des heiligen Ignatius mitder Gesellschaft Jesu, des heiligen KarlBorromäus mit der Gründung von Semina-ren, des heiligen Pius V. mit der Festlegungder Liturgie.Ende des 18. Jahrhunderts kam die Franzö-sische Revolution mit der Verkündung derMenschenrechte unabhängig von den Gott-esrechten, es kamen der Laizismus derStaaten und die modernen Freiheiten, eskam eine starke Kirchenverfolgung.Im 19. Jahrhundert kam die Vorherrschaftdes Liberalismus, der durch das kirchlicheLehramt verurteilt wurde.Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam derModernismus als Zusammenfassung allerHäresien in die Kirche und wurde verurteiltdurch den heiligen Pius X.Im sozialen Bereich entstand der Kommu-nismus, Ergebnis der marxistischen Philo-sophie, Zerstörer der christlichen Gesell-schaft und großer Verfolger der Kirche.Zwei Weltkriege forderten die stärkere Lai-sierung und Entchristlichung der Gesell-schaft.Und viele Irrtümer, die durch die Kirche be-reits verurteilt waren, fanden ihre Wieder-einführung in die christlichen Reihen. Derheilige Vater Pius XII. erneuerte die Verurtei-lung dieser Irrtümer in verschiedenen Enzy-kliken, besonders in „Humani Generis“ undim liturgischen Bereich in „Mediator Dei“(1947).1948 wurde Dom Antonio de Castro Mayerzum Bischof von Campos ernannt, Profes-sor, Doktor der Theologie, Abschluß an derUniversität Gregoriana in Rom, treu demkirchlichen Lehramt ergeben. Dom Antonio,vor allem bekannt durch seine Predigten,Artikel und insbesondere wegen seiner bril-lanten Pastoral-Briefe, alarmierte unaufhör-

lich seine Priester und Diözesanen wegender aktuellen Irrtümer, die bereits durch dieKirche verurteilt und schon überall einge-drungen sind. In diesem Geist der Treue zurKirche formte er seine Priester.Er nahm von 1962 bis 1965 am II. Vatikani-schen Konzil teil und versuchte, seinenPriestern und Gläubigen die legitime Inter-pretation des „Aggiornamento“ zu geben,die durch Papst Johannes XXIII. gewünschtwurde, als Warnung gegen diejenigen, diesich das Konzil zunutze machen, um denModernismus und in seinem Gefolge dieHäresien wieder zu beleben, wie sie durchden Papst Paul VI. als „Selbstzerstörungder Kirche“ aufgedeckt wurden.Nach dem Konzil folgte die große noch niedagewesene Krise innerhalb der Kirche: mitGlaubensabfällen in großem Ausmaß sei-tens der Priester und Ordensleute, mit derEntheiligung der Liturgie, Laisierung desKlerus, Rückgang der Berufungen, Verwelt-lichung der Seminare, irendische Ökumene,religiöser Synkretismus (Vermischung ver-schiedener Religionen), usw.Wie sagte Papst Johannes Paul II: „Es wur-den diejenigen Ideen ausgestreut, die amausdrücklichsten der offenbarten und im-mer gelehrten Wahrheit entgegenstanden:wahre Häresien auf den Feldern der Dog-matik und der Moral wurden verbreitet ...selbst die Liturgie wurde vergewaltigt“ (Dis-kurs auf dem Kongreß der Missionen, 6. Fe-bruar 1981).Inmitten der allgemeinen Krise suchte DomAntonio seine Diözese in der wahren katho-lischen Lehre zu erhalten durch die Bildungder Priester und die Anleitung der Gläubi-gen.Nach dem Konzil wurden einige Änderun-gen in der Liturgie der heiligen Messe ein-geführt, welche von Dom Antonio folgsamakzeptiert und in der Diözese übernommenwurden. Aber es gab Anzeichen dafür, daßdie liturgische Reform nicht gut verlief undUnzufriedenheit verursachte. Kardinal Anto-nelli, Mitglied der Päpstlichen Kommission

Tradition und Katholizismusin Einheit mit dem Heiligen Stuhl

Vortrag bei der Jahrestagung von Pro Missa Tridentinaam 8. Mai 2004 in Augsburg von Bischof Fernando Rifan

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 33

Tradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen StuhlTradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen Stuhl

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200432

für die Liturgische Reform, gesteht ein, daßdie Reform durch „Personen, vorgerücktauf den vorgegebenen Wegen der Erneue-rungen ...“ vorbereitet worden ist, lieblosund ohne jegliche Verehrung dessen, wasuns überliefert wurde.“ (Card. FerdinandoAntonelli e gli sviluppu della riforma liturgicadal 1948 al 1970 Studia Anselmiana Ro-ma).Im Jahre 1969 kam der Novus Ordo Missaedes Papstes Paul VI., der nicht wenig Be-stürzung bei vielen Katholiken verursachte,einschließlich wichtiger Persönlichkeitenwie einiger Kardinäle der Römischen Kurie.Gleichermaßen bestürzt schrieb Dom Anto-nio an Papst Paul VI., um seine Gewissens-konflikte bezüglich der Akzeptanz der neu-en Messe darzulegen. Hier ein Auszug ausseinem Brief: „Ich habe mit Aufmerksamkeitden „Novus Ordo Missae“ geprüft, ... nun,nach viel Gebet und Reflexion, erachte iches als meine Pflicht als Priester und Bi-schof, Eurer Heiligkeit meine Gewissens-qual aufzuzeigen und in Ehrfurcht und kind-lichem Vertrauen, die ich dem StellvertreterJesu Christi schulde, eine Bitte vorzubrin-gen. Ich erfülle somit eine dringende Ge-wissenspflicht, demütig und in ehrerbietigerWeise Eure Heiligkeit anzuflehen, Sie mögedie Güte haben, uns zu ermächtigen, wei-terhin den „Ordo Missae“ des heiligen PiusV. zu gebrauchen, dessen Wirksamkeit fürdie Ausbreitung der heiligen Kirche und fürden Eifer der Priester und Gläubigen durchEure Heiligkeit mit großem Nachdruck in Er-innerung gerufen wird.“ (Brief vom 12. Sep-tember 1969).Auf diese Weise, obwohl Dom Antonio nie-mals jemanden hierzu verpflichtete – es gabPriester, welche die Neue Messe übernah-men – wurde in der Mehrheit der Pfarreienin der Diözese von Campos offiziell die tra-ditionelle heilige Messe nach dem heiligenPius V. sowie die gesamte traditionelle apo-stolische Ausrichtung bewahrt.1981 wurde Dom Antonio auf dem Bichofs-sitz von Campos ersetzt. Die auf ihn folgen-

den Bischöfe hatten nicht seine Ausrich-tung. Nachdem sie von ihren Pfarreien weg-versetzt worden waren mit der Folge, daßTausende von Gläubigen die Wiederherstel-lung der traditionellen heiligen Messe undder traditionellen Ausrichtung wünschten,erkannten die „Priester von Campos“ dieNotwendigkeit, für diese Gläubigen zu sor-gen und ihnen in neuen Kirchen und neuenKapellen die Sakramente zu spenden. Sowurde die Priestergemeinschaft vom hl. Jo-hannes Maria Vianney gegründet.Und ohne jegliche Absicht, ein Schisma inder Kirche zu begründen, beantragten dieBischöfe der Priesterbruderschaft St. PiusX., einen ihrer Priester, Dom Licinio Rangel,zum Bischof zu weihen, um für die traditi-onsverbundenen Gläubigen zu sorgen alsein Bischof ohne Jurisdiktion, nur versehenmit der Gewalt des Amtes und ohne Ab-sicht, eine parallele Diözese zu errichten(1991). Es war klar, daß diese Notsituationnicht ewig andauern konnte. Alle ersehntendie Rückkehr zur Normalität.Zum Jubiläum des Jahres 2000 nahmen die„Priester von Campos“ teil an der Pilger-fahrt des Heiligen Jahres nach Rom, ge-meinsam mit der Priesterbruderschaft St.Pius X.Zu diesem Zeitpunkt begann Kardinal DarioCastrillon Hoyos, Präfekt der Kleruskongre-gation, mit der Genehmigung und dem Se-gen des Heiligen Vaters, Papst JohannesPaul II., das Gespräch mit dem Ziel einer ju-ristischen Regulierung der Situation der be-troffenen traditionsverbundenen Priesterund Gläubigen.Die Priester der Priestergemeinschaft vomheiligen Johannes Maria Vianney schriebeneinen Brief an den Heiligen Vater, in dem sieum Akzeptanz und Anerkennung als Katho-liken baten. Der Papst antwortete, daß erihnen wohlwollend Gehör schenken wolle.Am 18. Januar 2002, wurde die Personal-Administratur Heiliger Johannes Maria Vi-anney errichtet, mit eigenem Bischof undPriestern, mit Personal-Jurisdiktion über die

Gläubigen und mit dem Recht auf die tradi-tionelle heilige Messe als eigener Ritus (dieoffizielle Verwirklichung der Bitte von DomAntonio de Castro Mayer war hiermit er-reicht). Alle Zensuren und Strafen, die siemöglicherweise in der Vergangenheit aufsich gezogen hatten, wurden aufgehoben.Auf diese Weise wurde die rechtliche Stel-lung innerhalb der katholischen Kirche ge-regelt, die kanonischen Befugnisse wurdenwieder zuerkannt und ihre kirchlichen Rea-lität mit ihren charakteristischen Eigentüm-lichkeiten respektiert.

Gründe für die Übereinkunft mit demHeiligen StuhlWie bereits erwähnt im Zusammenhang mitdem handgeschriebenen Brief „Ecclesiaeunitas“ des Heiligen Vaters Papst JohannesPaul II. vom 25. Dezember 2001 und durchdas Dekret „Animarum bonum“ der heiligenKongregation für die Bischöfe vom 18. Ja-nuar 2002 schuf der Heilige Stuhl die Apo-stolische Personal-Administratur Hl. Johan-nes Maria Vianney, um den Katholiken dentridentinischen Ritus mit eigenem Bischof,Priestern, Pfarreien und eigenem Seminarzu ermöglichen und die der traditionellen Li-turgie des lateinischen Ritus verbundenenGläubigen zu achten.Es war ein historisches Ereignis und vongroßer Wichtigkeit für die katholische Kir-che.Es war nicht im eigentlichen Sinne eineÜbereinkunft, wie man sagte und wie ich esnoch erklären werde.Beachten wir den juristischen Aspekt zumZeitpunkt, als unsere Bitte gewahrt wurde,so können wir sagen, es gab eine juristischeGenehmigung von Seiten des HeiligenStuhls.Beachtet man aber die Verhandlungen undGespräche für sich selbst, so gab es keineeigentliche Übereinkunft, sondern es gabeine Absprache.Allein das Wort „Übereinkunft“, welches inden vorhergehenden Verhandlungen mit

dem Heiligen Stuhl gebraucht wurde, er-achten wir unter den gegenwärtigen Um-ständen als wenig geeignet. Einmal, weil eskeine Übereinkunft gibt mit einem Höher-rangigen der kirchlichen Hierarchie undnoch weniger mit dem Papst: ihm schuldetman Folgsamkeit und Gehorsam nach denRegeln der Kirche und zweitens, weil „ Übe-reinkunft „ Konzessionen und Austauschbeinhaltet, die es in der Realität nicht gege-ben hat.Der Begriff, welcher das, was es gab, bes-ser ausdruckt ist: „Absprache“.In Wahrheit wurden wir zu Beginn der Ge-spräche als Negativ-Part erachtet, als Zerr-bild (Karikatur): die „Priester von Campos“,„Traditionalisten“, also als jene, die absolutweder den Papst noch das II. VatikanischeKonzil noch den Wert des Novus Ordo Mis-sae, die Messe von Papst Paul VI., aner-kannten. Deshalb war es notwendig, unse-re wahre Position zu verdeutlichen, die,einmal „verstanden“, wie sie ist, unsere An-erkennung und Genehmigung als Katholi-ken, in vollständiger Gemeinschaft mit demHeiligen Stuhl, erlaubte. Also, es gab eine„Absprache“, und mit ihr eine juristischeRegelung.Warum suchen wir diese Gemeinschaft mitdem Heiligen Stuhl? Folgendermaßen ant-wortete Dom Licinio Rangel der internatio-nalen Zeitschrift „30 Tage“: „Es war unsereLiebe zu Rom und zum Papst, unser katho-lisches Gefühl, als Frucht der Bildung, diewir durch Dom Antonio de Castro Mayer er-halten haben. Er veranlaßte uns, immer dieEinheit mit der Hierarchie der heiligen Kir-che zu wünschen. Immer hatten wir die Ge-wißheit, daß unsere Position des Wider-standes „für“ die Tradition und diekonsequente Situation der Ausführung, engam notwendigen Thema sein sollte, denzeitlichen Umständen entsprechend, immerdie Ursprünge der Krise anzeigend, ge-rechtfertigter Widerstand im Interesse derSeelen, ohne irgendeine Intention zumSchisma. Als Beweis sei angeführt, daß ich

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Tradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen StuhlTradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen Stuhl

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200434

nach dem Tode des Dom Antonio de CastroMayer vor zehn Jahren und als ich das Bi-schofsamt erhielt, erklärte, daß die Zustän-de sich andern müßten, und ich würde demPapst mein Bischofsamt zur Verfügung stel-len, sofern er es Wünsche, so daß er darü-ber verfügen könne.Nichts also, kein Bruch mit der Kirche. Im-mer ersehnten wir eine Regulierung und ei-ne Anerkennung. Die Möglichkeit hierzu er-gab sich nach unserer Pilgerfahrt nach Romzum Jubiläum des Jahres 2000, als der Hei-lige Vater Dario Kardinal Castrillon Hoyosernannte, in seinem Namen die Gesprächeim Hinblick auf unsere Regulierung vorzu-bereiten. Die Gespräche dauerten dasganze Jahr 2001 hindurch, und Gott seiDank wurde ein guter Schluß erreicht mitunserer vollständigen kanonischen Aner-kennung im Schoß der Heiligen Kirche.“

Die Notwendigkeit einer AnerkennungEines, was uns am meisten bewegte, dieAnerkennung und die Gemeinschaft mitdem Heiligen Stuhl zu akzeptieren, war dasvertiefte Studium einiger sicherer katholi-scher Wahrheiten. z.B.: Alle Katholikenmüssen geeint sein unter der Hierarchie derKirche. Übrigens ist es ein Dogma des ka-tholischen Glaubens: „Wir erklären, sagenund definieren, daß es absolut notwendigist zur Rettung aller Menschen, sich demrömischen Pontifex unterzuordnen“ (Boni-fatius VIII., Bulle Unam Sanctam, Dz-Sh875).Und das Lehramt der Kirche (Leo XIII. En-zyklika Satis Cognitum) lehrt uns, daß dieEinheit der Herrschaft oder der Regierungebenso notwendig ist wie die Einheit desGlaubens.Folglich ist das Getrenntsein von der Hier-archie gleichermaßen als körperliche Tren-nung zu verstehen, etwas Unnormales, et-was zeitlich Befristetes, das es notwendigmacht, diesen Zustand zu beenden.So waren die Gedanken des Dom MarcelLefebvre, als er während der mit dem Heili-

gen Stuhl geführten Gespräche im Jahre1988, an Kardinal Ratzinger schrieb:„Ich konnte die Arbeiten der beauftragtenKommission begleiten, um eine akzeptableLösung für die Probleme, um die wir unssorgen, vorzubereiten. Es scheint, daß wirDank der Gnade Gottes auf dem richtigenWeg sind für eine Übereinkunft, mit derwir glücklich sein werden.“ (Brief vom15.04.1988 cf. Fideliter, le dossier com-plet).

Gefahr des Schismas in diesem Zustandder TrennungDie Priester der Priestergemeinschaft vonCampos unter Dom Licinio schrieben nachreifer Überlegung am 5. Juni 2001 offiziellan den Superior der PriesterbruderschaftSt. Pius X., Dom Bernard Fellay, mit wel-chem sie zusammen die Gespräche mitdem Heiligen Stuhl führten, und listeten 28ernste Grinde auf über die Notwendigkeiteiner Anerkennung und warnten ihn vor derzu erwartenden Gefahr des Verbleibens indiesem unnormalen Stand der Trennung:„Man muß berücksichtigen ... daß die der-zeitige Trennung der traditionellen Katholi-ken in Bezug auf die Hierarchie, provoziertdurch die Krise der Kirche, etwas Abnorma-les ist, was nur gelegentlich und vorüberge-hend sein darf, und daß es folglich unserernsthaftes Anliegen sein muß, nach einerRegulierung und Einheit zu streben, anstattsich mit einer Situation zu begnügen, wel-che die negativen Auswirkungen dieser ab-normalen Trennung schon inmitten der tra-ditionsverbundenen Gläubigen spürbarwerden läßt. Diese negativen Auswirkungenrufen einen Geist der allgemeinen und sy-stematischen Kritik hervor, einen Geist derUnabhängigkeit, ein Sich-Zufrieden-Gebenmit der Abnormalität der Situation und einGefühl, persönlich im Besitz der EinenWahrheit zu sein; die Gefahr, die von dieserTrennung im Verlauf der Zeit ausgeht, auchwenn sie nicht das Bekenntnis zu irgendei-nem theoretischen Schisma bedeutet, ist

das Entstehen eines schismatischen Gei-stes, wenn man das Fehlen einer einheitli-chen Struktur als gegeben betrachtet“.(Unglücklicherweise wurde dieser Briefnicht beantwortet)Die Beispiele für diesen Geist, die wir austraditionsverbundenen Kreisen kennen,brachten uns dazu, über diese Gefahr, die ineiner gewohnheitsmäßigen oder systemati-schen Trennung liegt, nachzudenken: DieRadikalen wandeln sich zu Sedisvakanti-sten, zu Schismatikern oder sogar zuApostaten.Der Heilige Thomas von Aquin sagt: „Esseien genannt Schismatiker diejenigen, diees ablehnen, sich dem Höchsten Pontifexunterzuordnen und jene, die es ablehnen, inGemeinschaft mit den Gliedern der Kircheund ihren Menschen zu leben“ (2a-2ae, q.39, art. 1).Der berühmte spanische Theologe Francis-co Suarez lehrt, daß es verschiedene Mög-lichkeiten gibt, zum Schismatiker zu wer-den: „ohne zu verneinen, daß der Papst dasOberhaupt der Kirche ist, was an sichschon Häresie wäre, es genügt schon sichso zu verhalten, als wäre er es nicht: dies istdie übliche Methode.“ (De Charitate, disp.12, sect. I, n.2, t. XII, p. 733, in Opera Om-nia).Dies lehrt das Lehramt der Kirche: „In einemgefährlichen Irrtum befinden sich also jene,die meinen, sie könnten Christus als Hauptder Kirche verehren, ohne seinem Stellver-treter auf Erden die Treue zu wahren. Dennwer das sichtbare Haupt außer acht läßtund die sichtbaren Bande der Einheit zer-reißt, der entstellt den mystischen Leib desErlösers zu solcher Unkenntlichkeit, daß ervon denen nicht mehr gesehen noch gefun-den werden kann, die den sicheren Hortdes ewigen Heiles suchen.“ (Pius XII., Enzy-klica Mystici Corporis).„Wozu dient es in Wahrheit, das katholischeDogma des Primates des glückseligen Pe-trus und aller seiner Nachfolger, die Verbrei-tung von so vielen Erklärungen zum katho-

lischen Glauben und des Gehorsams ge-genüber dem Apostolischen Stuhl, wennderen Taten offensichtlich deren Worten wi-dersprechen? Kann es sein, daß die Rebel-lion nicht weniger entschuldbar ist, destomehr, als man die Pflicht zum Gehorsamanerkennt?....jener, der dies verneint, istKetzer; jener der im Gegensatz hierzu diesanerkennt aber hartnäckig es ablehnt zugehorchen, ist würdig des Bannfluchs“(Papst Pius IX., Enzyklika Quae in Patriar-chatu, 1/9/1868, n. 23 u. 24).

Worin bestand die Unregelmäßigkeit derSituation?Die erste Unregelmäßigkeit war die Weiheeines Bischofs und dessen Einsetzung ge-gen den Willen des Papstes. Folglich wärees notwendig gewesen, bei der ersten pas-senden Gelegenheit aus dieser irregulärenSituation wieder herauszukommen, denn esgab die schwerwiegende Gefahr der Wei-terentwicklung von einem Zustand derbloßen Trennung hin zu einem realen Schis-ma.So sagte Papst Pius XII. in seiner Enzyklika„Ad Apostolorum Principis“: „Keine Auto-rität, außer es wäre der Höchste Hirte, kei-ne Person oder Versammlung von Priesternoder Laien kann sich das Recht der Bi-schofsnominierung anmaßen. Niemandkann rechtmäßigerweise die BischöflicheWeihe erteilen, ohne die Gewißheit einespäpstlichen Mandats zu haben. Eine solcheWeihe gegen göttliches und menschlichesRecht, ist ein äusserst schwerwiegenderAnschlag auf die Einheit der Kirche selbstund wird bestraft mit der Exkommunikati-on“.Darüber hinaus beginnen mit der Zeit Fälleaufzutreten, für welche die „Schlüsselge-walt“ notwendig ist, die ein Bischof ohneJurisdiktion nicht besitzt, z.B. die Erklärungder Annullierung von Ehen, die Laisierungvon Diakonen, die Dispens von Wahlenusw. Wenn jemand solche Vollmachten fürsich beanspruchte, käme das einer Erset-

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 37

Tradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen StuhlTradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen Stuhl

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200436

zung der Hierarchie gleich, der Bildung ei-ner Parallelkirche, was tatsächlich einSchisma wäre.In unserem Fall strebte Dom Licinio Rangel,in einer außerordentlichen Situation zum Bi-schof geweiht, um für diejenigen Gläubigenzu sorgen, die der traditionellen Liturgie ver-bunden waren immer die Normalisierungder irregulären Situation an, in der wir unsbefanden, denn er war sich bewußt, daß esfür einen Katholiken normal ist, mit der Kir-che vereint und ihrer Hierarchie unterstelltzu sein. Sobald der Heilige Stuhl uns dieMöglichkeit der Regulierung angebotenhatte, bestätigte Dom Licinio: „Der Not-stand soll beendet werden!“. Und er tat al-les dafür, daß die Gespräche mit dem Heili-gen Stuhl zu einem guten Ergebnis führten,trotz des Drucks, den diejenigen ausübten,die weiterhin am Rande verbleiben wollten.

Der Kampf für die heilige Messe im tradi-tionellen RitusWährend vieler Jahre kämpften und littenwir für den Erhalt der traditionellen heiligenMesse. Und jetzt, Gott sei Dank, gewahrteuns der Heilige Vater wie einen Siegespreisfür diesen Kampf das offizielle Recht, in un-serer Administratur die vom heiligen Pius V.kodifizierte traditionelle heilige Messe sowiealle Sakramente, die vollständige Liturgieund die traditionelle Disziplin beizubehal-ten.Die Gründung der Apostolischen Admini-stratur zeigt aller Welt, daß es möglich ist,die traditionelle Liturgie zu bewahren, involler Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater,dem Papst. Es ist nicht notwendig, die Ge-meinschaft mit ihm aufzubrechen. Deswei-teren ist beachtenswert, daß die Bitte vonDom Antonio de Castro Mayer, der denPapst um die Erlaubnis gebeten hatte, dieFeier der traditionellen Messe fortführen zudürfen, letztlich erfüllt wurde.So bewahren wir mit dem Segen des Heili-gen Vaters, des Papstes, die tridentinischeheilige Messe, da sie den authentischen

Reichtum der heiligen katholischen Kirchein sich trägt, eine Liturgie, die viele Seelenheiligte, die heilige Messe, welche schondie Heiligen mitfeierten, die heilige Messe,die in aller Klarheit und ohne Zweideutigkei-ten die eucharistischen Dogmen ausdrückt,die ein authentisches Glaubensbekenntnisbegründen, als Symbol unserer katholi-schen Identität, ein wahrhaftiges theologi-sches und geistliches Erbe der Kirche, dases zu bewahren gilt.Wie Kardinal Dario Castrillon Hoyos, derPräfekt der Kongregation für den Klerus, esgut ausgedrückt hat: „Gerade der alte Ritusder heiligen Messe hilft vielen Menschen,den Sinn für das Geheimnis lebendig zu er-halten. Der heilige Ritus mit seiner Offenheitfür das Geheimnis hilft uns, mit unserenSinnen einzudringen in das Innere des gött-lichen Geheimnisses. Die Würde eines Ri-tus’, der die Kirche während so vieler Jahrebegleitete, rechtfertigt sehr wohl, daß einebesondere Gruppe von Gläubigen die Wert-schätzung dieses Ritus erhalten will, unddie Kirche, vertreten durch die Stimme desHöchsten Pontifex, verstand dies, als siedarum bat, die Türen für seine Zelebrationzu öffnen... Wir feiern einen schonen Ritus,einen Ritus, der viele zu Heiligen gemachthat, eine schöne heilige Messe, welche dieGewölbe vieler Kathedralen erfüllt und wel-che ihre geheimnisvollen Klänge in den klei-nen Kapellen der ganzen Welt erklingen läßt_“ (Auszüge aus der Predigt während derheiligen Messe des heiligen Pius V., vonKardinal Dario Castrillon Hoyos, zelebriertin Chartres, am 4. Juni 2001).Das Gleiche sagte Papst Johannes Paul II.in Bezug auf die traditionelle heilige Messe,als er sie als Vorbild der Ehrfurcht und De-mut für alle Zelebranten der Welt vorgege-ben hat:„Das Volk Gottes hat das Bedürfnis, in unsPriestern und Diakonen ein Verhalten zu se-hen, voll Ehrfurcht und Würde und fähig, ih-nen zu helfen, in die unsichtbaren Dingeeinzudringen, auch mit wenigen Worten und

Erklärungen. Im Missale Romanum vomheiligen Pius V. finden wir wunderschöneGebete, mit denen der Priester die tiefstenGefühle der Demut und Ehrfurcht im Ange-sicht der heiligen Geheimnisse ausdrückenkann: sie offenbaren das innerste Wesender ganzen Liturgie“ (Johannes Paul II.,Botschaft an die Vollversammlung der Kon-gregation für den Göttlichen Kult und derSakramentenordnung, über das Thema„Vertiefung des liturgischen Lebens im VolkGottes, vom 21.9.2001).Aber: Lieben, Verteidigen und Bewahrender traditionellen heiligen Messe bedeutetnicht, die Neue Messe an sich als häretisch,sakrilegisch, sündhaft oder unrechtmäßigzu erachten. Das wäre gegen das Dogmader Unfehlbarkeit der Kirche.Wir sagen in unserer Erklärung, daß wir dieGültigkeit des Novo Ordo Missae, erlassendurch Papst Paul VI., immer dann anerken-nen, wenn sie richtig und in der Intentionzelebriert wird, das wahre Opfer der heili-gen Messe darzubringen.Übrigens war dies die Lehre von Dom Anto-nio de Castro Meyer und auch von DomMarcel Lefebvre, der in seiner Grundsatzer-klärung, die von ihm geprüft und unter-zeichnet worden ist, erklärte:„Wir erklären außerdem, die Gültigkeit desMeßopfers und der Sakramente anzuerken-nen, die mit der Intention das vollbringen,was die Kirche vollbringt und nach den Ri-ten zelebriert werden, die in den von denPäpsten Paul VI. und Johannes Paul II. pro-mulgierten offiziellen Ausgaben des römi-schen Meßbuches und den Ritualen für dieSakramente enthalten sind.“ (Fideliter, ledossier complet).Weshalb machten wir die Einschränkung„vorausgesetzt, es wird korrekt und mit derAbsicht zelebriert, das wahre Opfer der hei-ligen Messe darzubringen“?Darum, weil klar ist, daß der Priester, wenner die Messe in der Absicht zelebriert, nureine Mahlfeier abzuhalten oder eine einfa-che Zusammenkunft mit einem Bericht über

das Herrenmahl ohne die Absicht, das wah-re Opfer der heiligen Messe darzubringen,dann die Gültigkeit dieser Messe beein-trächtigt sein wird.Und darüber hinaus sind gerade diejenigenMessen beklagenswert, in denen „die Litur-gie verletzt wurde“, wie Papst JohannesPaul II. sagte (Diskurs auf dem Kongreß derMissionen, 6. Februar 1981), oder in denen„die Liturgie verkommt zu einer Show’, inder man versucht, die Religion interessantzu gestalten mit Hilfe von modernenDummheiten – von vorübergehenden Erfol-gen einer Gruppe liturgischer Macher“, wieKardinal Ratzinger kritisiert (Vorwort desBuchs „La Reforme Liturgique“, von Msgr.Klaus Gamber, S. 6). Und vor allem, wieKardinal Eduardo Gagnon, Präsident despäpstlichen Komitees für die internationa-len Eucharistischen Kongresse, sagte,„man kann unterdessen nicht ignorieren,daß die (liturgische) Reform die Ursachewar für viele Mißbräuche, und sie führte ingewisser Weise zum Schwinden der demHeiligen gegenüber geschuldeten Ehr-furcht. Diese Tatsache muß bedauerlicher-weise eingestanden werden und entschul-digt einen Großteil der Leute, die sich vonunserer Kirche oder aus ihrer alten Pfarrge-meinschaft entfernt haben“ (...) („Integrismoe Conservatismo“ Interview mit KardinalGagnon, „Offerten Zeitung Römisches“,Nov./Dez. 1993, S. 35)Es ist offensichtlich, daß die Kirche einegroße Krise durchlebt. Dies ist einer derGründe, weshalb wir die traditionelle heiligeMesse bewahren. Wie Joseph Kardinal Rat-zinger, derzeitiger Präfekt der Kongregationfür die Glaubenslehre, richtigerweise sagte:„Die kirchliche Krise, in der wir uns heutebefinden, ist größtenteils bedingt vom Zu-sammenbruch der Liturgie“ (Kard. RatzingerLa mia vita, pag. 113).Darum, zu unserer größeren Ruhe und Si-cherheit, bewahren wir in unserer Apostoli-schen Administration in aller Liebe und Er-gebenheit und mit der Berechtigung, die

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 39

Bericht über die Hauptversammlung 2004Tradition und Katholizismus in Einheit mit dem Heiligen Stuhl

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200438

uns der Heilige Vater und Papst gewährte,die Liturgie und die traditionelle liturgischeOrdnung als eigenen Ritus, diesen großenSchatz der Kirche, als authentisches Be-kenntnis des katholischen Glaubens, invollkommener Gemeinschaft mit dem Stuhldes Petrus. Und dasselbe machen die Da-men und Herren hier. Ich möchte „Pro Mis-sa Tridentina“ loben und alle Katholiken, dielieben und sich bemühen, alles zu tun, da-mit die traditionelle Liturgie und der HeiligeVater geliebt werden. Und der Heilige Vaterberuhigt uns, indem er sagt, daß es legitimist, der traditionellen Liturgie des Römi-schen Ritus anzuhängen.Folglich, wie ich in meinem ersten Pastoral-brief schrieb, bewahren wir die Traditionund die traditionelle Liturgie, in Einheit mitder Hierarchie und mit dem lebendigenLehramt der Kirche, und nicht in Gegenpo-sition zu ihnen. Die Gründung unserer Apo-stolischen Administratur demonstriert uns,daß dies vollkommen möglich ist. Es istmöglich katholisch und traditionell zu sein,in völliger Einheit mit dem Heiligen Stuhl.

SchlußLieben wir die heilige Messe als Zentrumunseres katholischen Lebens, als Aus-drucksform unseres Glaubens und als un-ser Bekenntnis zum Herrn und seiner Heili-gen Kirche.Lieben wir die traditionelle Heilige Messe,diesen großen Schatz der heiligen Kirche,dieses klare Bekenntnis unseres katholi-schen Glaubens, in Einheit mit der Hierar-chie und dem lebendigen Lehramt der Kir-che.Lieben wir den Heiligen Vater, den Papst,und beten wir immer für ihn.Beten wir dafür, daß Gott die Feinde seinerKirche besiegt: „Ut inimicos Sanctae Eccle-siae humiliare digneris, te rogamos, audinos“ (Allerheiligen-Litanei).Fahren wir fort im vereinten Gebet, daß al-les sein möge zur größeren VerherrlichungGottes, zum Triumph der heiligen Kirche

und zur Errettung unserer Seelen. Daß Un-sere Liebe Frau, Mutter der Kirche, uns be-schützen möge in ihrem Unbefleckten Her-zen.

Übersetzung aus dem Portugiesischen durch Roland Grund

Am Samstag, den 8. Mai, lud die Laienver-einigung für den klassischen römischen Ri-tus in der Katholischen Kirche Pro MissaTridentina zur Jahrestagung mit Hauptver-sammlung nach Augsburg ein.Die Tagung begann mit einem Pontifikalamtim klassischen römischen Ritus, das Bi-schof Fernando Rifan (Campos, Brasilien)am Samstag in der gut gefüllten Kirche St.Georg zelebrierte. In seiner Predigt hob Bi-schof Rifan hervor, wie wichtig die Einheitmit der heiligen katholischen und apostoli-schen Kirche ist: Glaube, Hoffnung und Lie-be sind nur in dieser Verbindung lebendig -andernfalls drohen viele Arten von Krisen:Glaubenskrise, Berufungskrise, Autoritäts-krise, Seelenkrise, um nur einige zu nennen.Bischof Rifan warnte vor zwei falschen Re-aktionen auf die gegenwärtige Kirchenkrise:vor der Häresie im Namen eines falschenGehorsams und vor dem Schisma im Na-men eines fehlgeleiteten Widerstands.Der Augsburger „Quintenzirkel“ sang einevierstimmige Messe von Giovanni Palestri-na sowie einige Motetten zur Opferung undwährend der Kommunionausteilung, dasProprium erklang als gregorianischerChoral.Der Generalvikar im Institut Christus Königund Hoherpriester und Provinzial für dieVereinigten Staaten von Amerika, Msgr.

Prof. Dr. Rudolf Michael Schmitz, unter-strich in seinem Vortrag „Die KatholizitätEuropas - Gedanken aus der Neuen Welt“die grundlegende Bedeutung des katholi-schen Glaubens für die Identität Europas.Die gesamte europäische Geschichte istabhängig von den verschiedenen Manife-stationen des Katholischen in Kult und Kul-tur, ohne deren Einbeziehung gar nichtsinnvoll von „Europa“ gesprochen werdenkann. Es erhebt sich daher die Frage, ob diegegenwärtigen gesellschaftlichen Säkulari-sationstendenzen nur von „außen“ auf dieKirche einwirken, oder ob sich in diesennicht vielmehr eine innere Identitätskriseder Kirche widerspiegelt. Dann wären dieKatastrophen der Neuzeit entscheidendvon denjenigen bestimmt, die berufenwären, sie zu verhüten. Gegenüber dieserEntwicklung zeigt das Beispiel der USA aufbeeindruckende Weise, daß die Tradition,mit der das „alte“ Europa gebrochen zu ha-ben scheint, andernorts immer noch undimmer wieder neu erstaunliche Früchte her-vorzubringen vermag. Die Annahme er-scheint keineswegs unrealistisch, daß sichdieses durchweg positive Verhältnis zurkirchlichen Tradition Europas aus den USAauf uns zu bewegt.

Monika Rheinschmitt

Bericht über die Hauptversammlung 2004

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 41Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200440

Schriftliches Interview Kardinal Castrillón Hoyos

Eminenz, es ist fast ein Jahr her, daß Sie inSanta Maria Maggiore die Messe im Ritusdes heiligen Pius V. gefeiert haben. WelcheReaktionen haben Sie in Bezug auf diesesEreignis von der sogenannten „traditionel-len“ Welt bekommen?Ich würde sagen, die Reaktionen warensehr positiv. Bis heute habe ich Hundertevon Briefen aus allen Teilen der Welt erhal-ten. Sie drücken Dankbarkeit aus und be-trachten diese Meßfeier in Santa MariaMaggiore, an der sehr viele Gläubige teilge-nommen haben, als ein Zeichen der Hoff-nung. Ich glaube, es war wirklich providentiell,daß dies im Jahr des Rosenkranzes und imKontext des fünfundzwanzigjährigen Ponti-fikats Johannes Pauls II. stattfand. DieGläubigen, die sich an die früheren Formender Liturgie und Disziplin der lateinischenTradition gebunden fühlen, haben dadurcheine Chance bekommen, ihre geistlicheNähe zum Heiligen Vater auszudrücken.Nach dem Gebet eines Rosenkranzes ge-schah dies durch die wichtigste aller Hand-lungen: durch das Eucharistische Opfer.Der äußere Anlaß war das Fest „Unserer lie-ben Frau von der Hilfe der Christen“ und dieheilige Messe wurde gerade in jener Basili-ka gefeiert, die als Mutter aller der HeiligenJungfrau Maria geweihten Kirchen gilt; zu-dem ruht dort der Leib des Heiligen Pius V.Es ging dabei gar nicht darum, die Gültig-keit der liturgischen Form unserer Tage inFrage zu stellen, sondern viele Gläubigewaren einfach tief angerührt und empfan-den Dankbarkeit für dieses erneute Zeichenpastoraler Sorge gegenüber jenen, die sichmit der Feier des heiligen Meßopfers gemäßdem Römischen Missale in der „Editio Typi-ca“ von 1962 geistlich identifizieren.

Darüberhinaus hat diese Zelebration, wieich in meiner Predigt sagte, viele Gläubigein dem Wissen bestärkt, daß der ehrwürdi-ge Ritus des Hl. Pius V. innerhalb des Latei-nischen Ritus der katholischen Kirche einBürgerrecht genießt. Es besteht kein Zwei-fel an der Tatsache, daß dieser Ritus nichtausgelöscht worden ist. Das Ereignis inSanta Maria Maggiore hat in sich selbst da-zu beigetragen, diesen Punkt zu klären, so-fern vorher durch gewisse Fehlinformatio-nen irgendwelche Bedenken bestandenhaben sollten.Ich möchte ausdrücklich betonen, daß dereinzige Grund für diese Zelebration die legi-timen Anfragen verschiedener Gruppen vonGläubigen waren, die sie mir, als dem Vor-sitzenden der Päpstlichen Kommission„Ecclesia Dei“, stellten. Mit dieser Zelebra-tion wollten sie ihre Verbundenheit mit demHeiligen Vater ausdrücken. Dieser hat jaauch, wie wir nicht vergessen dürfen, dieprivate Feier der Messe des Heiligen Pius V.in der Vatikanischen Basilika genehmigtund dafür die Ungarische Kapelle zur Verfü-gung gestellt, für den Fall, daß Priester miteiner regulären Genehmigung zur Feier die-ser Messe den Wunsch dazu äußern.Eminenz, in welchem Ritus zelebrieren Sienormalerweise die Messe?In dem Ritus, der in der ganzen Lateini-schen Katholischen Kirche gefeiert wird, d.h. im Novus Ordo. Ich muß gestehen, daßich in der von Paul VI. approbierten Messeeine Fülle von Liebe und Andacht gefundenhabe, die mich persönlich zufrieden stellt.Es gefällt mir, daß ganz normale Leute aufdiese Weise an dem Reichtum der heiligenLiturgie teilnehmen können, und das in ihrereigenen Sprache.Das heißt aber nicht, daß ich nicht eine

Schriftliches Interview,

das Seine Eminenz Dario Kardinal Castrillón Hoyos, Präfekt der Kongregation für den Klerus und Präsident der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“, am Fest

des Heiligen Pius V., den 5. Mai 2004 in Rom der Zeitschrift Latin Mass gegeben hat.

Schriftliches Interview Kardinal Castrillón Hoyos

große Liebe für die heilige Messe nach demRitus des heiligen Pius V. hege. Dies war dieMesse meiner Priesterweihe und der erstenJahre meines Priestertums.Euer Eminenz, könnten Sie uns bitte sagen,wie der Heilige Vater zu der Bewegung jenerGläubigen steht, die zu dieser Traditiongehören?Ich möchte in Erinnerung rufen, daß esschon Paul VI. selbst war, der den Priesternunter bestimmten Bedingungen erlaubte,fortzufahren, die Messe in der Weise wie vorder liturgischen Reform zu zelebrieren; fer-ner hat im Jahr 1984 die Kongregation fürden Gottesdienst und die Sakramentenord-nung unter bestimmten Bedingungen dieZelebration dieses Ritus mit dem Schreiben„Quattuor abhinc annos“ gutgeheißen.Schließlich erging 1988 innerhalb dessel-ben Pontifikats mit dem Motu Proprio„Ecclesia Dei“ die Empfehlung: „Ferner muß überall das Empfinden derergeachtet werden, die sich der Tradition derlateinischen Liturgie verbunden fühlen, in-dem die schon vor längerer Zeit vomApostolischen Stuhl herausgegebenenRichtlinien zum Gebrauch des RömischenMeßbuchs in der Editio typica vom Jahr1962 weit und großzügig angewandtwerden.“Es darf auch nicht vergessen werden, daßder Heilige Vater im Januar 2002 der Apo-stolischen Personaladministratur „HeiligerJohannes Maria Vianney“ in Campos (Bra-silien) den sogenannten Ritus des heiligenPius V. als regulären Ritus zugestanden hat.All das macht deutlich, wie dieser Ritus,durch Erlaß des Heiligen Vaters, das volleBürgerrecht in der Kirche besitzt, ohne ge-gen die Gültigkeit des von Paul VI. appro-bierten Ritus, der gegenwärtig in der Latei-nischen Kirche in Kraft ist, zu verstoßen.Ich glaube, diese fortwährenden Zeichenvon Offenheit, die der Heilige Vater jenenGläubigen gegenüber zeigt, die dieser Tra-dition anhängen, gibt ein deutliches Zeug-nis von seiner Zuneigung für diesen Teil des

Volkes Gottes. Das darf weder vergessennoch ignoriert werden. In voller Einheit mitdem Apostolischen Stuhl bemühen sichdiese Gläubigen inmitten vieler Schwierig-keiten, den Eifer für und die wahre Treuezum katholischen Glauben lebendig zu er-halten. Dies findet seinen besonderen Aus-druck in der Verbundenheit mit den liturgi-schen und den Andachtsformen dieseralten Tradition, mit denen sie vorwiegendidentifiziert werden. Es ist in der Tat meinEindruck, daß jene, die dem alten Ritus an-hängen, für eine legitime, religiöse, liturgi-sche und spirituelle Geisteshaltung stehen,die in besonderer Weise in der alten Traditi-on verwurzelt ist und deshalb, sofern sie involler Gemeinschaft mit der Kirche gelebtwird, eine echte Bereicherung darstellt.Allerdings mag ich es gar nicht, wenn man-che das traditionalistische „Phänomen“ ein-zig auf die Feier des alten Ritus reduzieren,als ob es hier um ein stures, nostalgischesFesthalten an der Vergangenheit gehenwürde. Das aber entspricht nicht der Rea-lität dessen, was in dieser großen Gruppevon Gläubigen gelebt wird. Was wir dage-gen in Wirklichkeit sehr häufig vorfinden,sind zahlreiche katholische Familien, oft mitvielen Kindern, die eine christliche Sicht voneinem wahren Leben aus dem Glauben be-sitzen. Diese besondere Glaubenssicht läßtsich anhand einiger Beispiele charakterisie-ren: Es gibt ein starkes Bewußtsein, zu demmystischen Leib Christi zu gehören, ein Ver-langen, die festen Bande mit der Vergan-genheit aufrecht zu erhalten - was mannicht als einen Gegensatz zur Gegenwartbetrachten darf, sondern vielmehr als einenicht abreißende Verbindungslinie mit derKirche durch die Geschichte hindurch -, umdie grundsätzlichen Glaubenslehren zu be-wahren; und es gibt eine tiefe Sehnsuchtnach dem Geistlichen, dem Heiligen etc.Die Liebe für den Herrn und die Kirche fin-det nach der besonderen christlichen Sicht-weise dieser Gläubigen ihren höchstenAusdruck durch ihre Verbundenheit mit den

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 43Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200442

Schriftliches Interview Kardinal Castrillón Hoyos

alten liturgischen und Andachtsformen, diedie Kirche durch die Jahrhunderte ihrer Ge-schichte begleitet haben.Nebenbei gesagt ist es sehr interessant,daß wir innerhalb dieses realen Umfeldsviele junge Menschen finden können, dienach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ge-boren sind. Sie zeigen, wie ich es aus-drücken möchte, eine „Sympathie des Her-zens“ für eine Form der Zelebration undKatechese, die ihnen, in Einklang mit ihrem„Gefühl“, weiten Raum für eine Atmosphäredes Heiligen und des Geistlichen gibt, d. h.hier gibt es etwas, was anziehend ist für dieJugend von heute, die man bestimmt nichtals „nostalgisch“ oder als ein Überbleibselaus der Vergangenheit bezeichnen kann.Ich würde auch gern daran erinnern, daßdieser ehrwürdige Ritus durch die Jahrhun-derte hindurch viele Heilige hervorgebrachtund der Welt damit das Gesicht der Kirchegezeigt hat. Noch heute erkennt die Kirchedie Vorzüge dieses Ritus an, wie das Indult„Ecclesia Dei“ von Johannes Paul II. be-weist.In der Kirche gibt es eine große Vielfalt vonGaben, die zum Dienst für verschiedeneStufen des Bewußtseins und die verschie-denen Sensibilitäten für den Glauben be-stimmt sind. Jede dieser Gaben hat ihre ei-genen spezifischen Züge, die ihren Platz indem übergroßen Reichtum des Katholi-schen einnehmen. So läßt sich nicht be-streiten, daß wir unter dieser Vielfalt vonGaben und unterschiedlichen Sensibilitätenauch jene Gläubigen haben, die „Traditiona-listen“ genannt werden. Sie sollten nicht als„Gläubige zweiter Klasse“ betrachtet wer-den, sondern sie sollten vielmehr in ihremRecht geschützt werden, ihren Glauben undihre Frömmigkeit gemäß ihrer besonderenSpiritualität, die der Heilige Vater als völliglegitim anerkennt, frei auszuüben. So han-delt es sich nicht darum, zwei verschiedeneSensibilitäten einander gegenüberzustellen,so als wären sie in irgendeiner Weise Anta-gonisten: die sogenannte „traditionalisti-

sche“ gegenüber der sogenannten „moder-nen“. Es geht vielmehr um die Freiheit, dengleichen katholischen Glauben zu verkün-den - mit verschiedenen Schwerpunktenund Ausdrucksweisen, die beide legitimsind, und in dem vollen gegenseitigen brü-derlichen Respekt.Eminenz, die Gründung der ApostolischenPersonaladministratur „Heiliger JohannesMaria Vianney“ in Campos (Brasilien)scheint ein erfolgreicher Ansatz zu sein, dieverschiedenen Sensibilitäten innerhalb derKirche zusammenzubringen.Sicherlich! Zuallererst müssen wir darin dieHand der göttlichen Vorsehung erkennen:Wer hätte je gedacht, daß zwei Jahre vordem großen Jubiläum aus einer irregulärenSituation, wie der von Campos, ein Zeichender Hoffnung für die gesamte traditionelleWelt erwachsen würde; das ist doch, untervielen anderen, ein weiterer konkreter Be-weis, daß innerhalb der einen Kirche Christiverschiedene Bewußtheits-Ausprägungennebeneinander existieren können.Die Situation war wirklich etwas kompliziert.Nach dem Rücktritt von Bischof CastroMayer als Bischof der Diözese von Camposbegann die Assoziation „Heiliger JohannesMaria Vianney“ nach und nach, mit der Un-terstützung von Priestern, Formen religiö-sen Lebens und eine Gemeinschaft vonGläubigen zusammenzuführen, was einerparallelen Struktur zu der der Diözese ent-sprach. Ganz offensichtlich war das einesehr ernste Lage. Dazu kam noch erschwe-rend hinzu, daß die Bischofsweihe desOberen dieser Gruppe, Msgr. Rangel, durchdie Beteiligung der exkommuniziertenBischöfe der Priesterbruderschaft St. PiusX. in einer Weise erfolgt war, daß dadurchMsgr. Rangel auch eine automatische Ex-kommunikation auf sich gezogen hatte.(„latae sententiae“). Gott sei Dank, fand dieGruppe von Campos aus einer Situationwieder heraus, die ein formales Schismahätte nach sich ziehen können.Nachdem es also einen Bischof, Priester

Schriftliches Interview Kardinal Castrillón Hoyos

und eine Gruppe von unabhängigen Gläubi-gen gab, hat derselbe Msgr. Rangel, samtseinen Priestern, mit einem Akt der Demutund der Umkehr auf die Einladung des Hei-ligen Vaters reagiert: Sie fühlten eine Ge-wissensverpflichtung, wieder in die volleGemeinschaft mit der Kirche zurückzukeh-ren, weil sie anerkannten, daß die Bedin-gungen für einen von dieser Gruppe soge-nannten „Notstand“ nicht länger existierten.So wurde eine völlig neue Situation ge-schaffen. Hier kommen einem die Worte un-seres Herrn in den Sinn: „Siehe, ich machealle Dinge neu.“Ich möchte unterstreichen, daß dies durcheinen „Akt der Demut und Umkehr“ derPriestergemeinschaft „Heiliger JohannesMaria Vianney“ möglich gewesen ist, die er-kannte, daß sie den Kampf zugunsten derTradition nicht ohne eine emotionale undwirkliche Verbindung mit dem StellvertreterChristi und dem Apostolischen Stuhl wei-terführen konnte.Viel mehr als jeder andere Lehrmeister zeigtuns die Geschichte immer wieder, daß inder Kirche nie jemand ohne den Segen desHeiligen Vaters Frucht getragen hat.Wir müssen zusammen mit Petrus gehen,damit wir nicht den richtigen Weg verlieren.Bischof Licinio Rangel hat mit seinerganzen Gemeinschaft nach der Versöhnungmit dem Apostolischen Stuhl eine histori-sche Vereinbarung bewirkt. Nun befindetsich diese Gemeinschaft im Licht der Son-ne, während sie sich vorher, bildlich gespro-chen, im Schatten einer irregulären Situati-on befand, die beide, sie und uns, leidenließ.Jetzt haben wir nicht länger „sie“ auf der ei-nen und „uns“ auf der anderen Seite: wirhaben völlige Einheit. Und das Klima in derZusammenarbeit der Apostolischen Admi-nistratur „HeiligerJohannes Maria Vianney“mit den dortigen Diözesen, nicht nur inCampos, sondern auch in den anderen Diö-zesen Brasiliens, ist wirklich positiv. Es gibtBischöfe, die die Apostolische Administra-

tur um Priester anfragen, damit diese in derjeweiligen Diözese all jene Gläubige unter-stützen, die an der alten Tradition festhal-ten. In einer Diözese wurden diese Priestersogar gebeten, in der dortigen Kathedralkir-che Beichte zu hören.Der gegenwärtige Apostolische Administra-tor, Bischof Fernando Rifan, ist ein uner-müdlicher Brückenbauer und er erbringt inseiner Person selbst den Beweis, daß eineZusammenarbeit mit dem örtlichen Episko-pat wirklich möglich ist, ohne dabei in ir-gendeiner Weise die eigene Identität preis-geben zu müssen, die der Heilige Vaterjenen Katholiken als legitim zugestandenhat, die sich an frühere Formen der Liturgieund Disziplin der lateinischen Tradition ge-bunden fühlen.Die Tatsache, daß der Heilige Vater derApostolischen Administratur den Ritus desHeiligen Pius V. als ihren regulären Ritus zu-gebilligt hat, zeigt einmal mehr, daß SeineHeiligkeit und der Apostolische Stuhl mitGroßzügigkeit auf das legitime Ansuchender Priester und Gläubigen in Campos rea-giert haben.Eminenz erlauben mir eine Frage, die viel-leicht indiskret ist. Nach der Errichtung derApostolischen Administratur in Campos ha-ben andere Traditionalisten angefangen zuhoffen, daß die Zugeständnisse an die Bra-silianer in irgendeiner Weise auch den Tradi-tionalisten auf der ganzen Welt gewährtwerden. Können Sie uns darüber etwas sa-gen?Zuallererst müssen wir die Situation vonCampos, die sich auf ein ganz bestimmtesGebiet beschränkt, von der Situation jenerGläubigen unterscheiden, die sich überallauf der Welt auf das Indult „Ecclesia Dei“berufen dürfen. Die Lösung, die für Camposgefunden wurde, ist das Ergebnis ganz spe-zifischer, lokaler Gegebenheiten.Ich kann sagen, daß der Heilige Vater mitdem Indult „Ecclesia Dei“ und der Errich-tung der Päpstlichen Kommission, die die-sen Namen trägt, seinen Wunsch deutlich

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 45Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200444

Schriftliches Interview Kardinal Castrillón Hoyos

gemacht hat, die legitimen Anliegen derGläubigen zu schützen, die der alten Litur-gie verbunden sind; außerdem fährt dieKommission fort, in diesem Sinne zu arbei-ten. Ich weiß sehr wohl um die mannigfalti-gen Schwierigkeiten, die zwischen jenenGläubigen und verschiedenen Bischöfenentstanden sind, die entweder verunsichertsind oder eher zögern, die nötigen Geneh-migungen zu erteilen. Dennoch wächstnach mehr als fünfzehn Jahren Gültigkeitdes Motu Proprio zunehmend die Vorstel-lung, daß es notwendig geworden ist, fürdie Umsetzung des Indults in größeremUmfang zu sorgen, so daß es der tatsächli-chen Situation mehr entspricht. Man glaubt,daß die Zeit reif ist für eine neue und klarereForm einer juridischen Garantie des Rechts,die der Heilige Vater mit dem Indult von1988 ja bereits gegeben hat. Die Kardinäleund Bischöfe, die Mitglied der PäpstlichenKommission „Ecclesia Dei“ sind, studierendie Angelegenheit aufmerksam und suchennach den bestmöglichen Lösungen, im Hin-blick darauf, diese den entsprechenden Au-toritäten vorzulegen.Man darf sicher sein, daß all diese Lösun-gen im Licht jener Klugheit und Weisheit er-wogen werden, die immer die Handlungender höchsten Autorität in der Kirche beglei-ten sollten. Ich für meinen Teil kann sagen, daß ich dieHoffnung nie verliere; ich bin auch über-haupt nicht bereit aufzugeben, weil ichdavon überzeugt bin, daß Geduld, wie dieHeilige Theresa von Avila zu sagen pflegte,alles erreicht!Ohne ihre Zeit und ihre Geduld zu sehr inAnspruch nehmen zu wollen, erlauben Siemir dennoch eine letzte Frage: Gibt es Hoff-nung auf die Versöhnung mit der Priester-bruderschaft Pius X.?In meinem Herzen halte ich entschieden andieser Hoffnung fest. Ich teile sie mit demStellvertreter Christi, der mit offenen Armenauf die Priesterbruderschaft Pius X. wartet.Ich kann allerdings nicht leugnen, daß ich

in gewisser Weise ratlos bin angesichtsder Unschlüssigkeit der Oberen der Prie-sterbruderschaft Pius X., in die volle Ge-meinschaft zurückzukehren, wie es kürz-lich Msgr. Bernard Fellay bei eineröffentlichkeitswirksamen Pressekonferenzin Rom zum Ausdruck gebracht hat.Trotz all dieser Zeichen von Unschlüssigkeitglaube ich den eigenen Worten Msgr. Fel-lays anläßlich dieser Pressekonferenz am 2.Februar dieses Jahres in Rom, daß er denDialog mit Rom nicht abbrechen möchte.Deshalb liegt mir sehr daran, daß dieserDialog zu diesem erwünschten Stadium ei-ner regulären Wiedereingliederung der Prie-sterbruderschaft Pius X. hinführt, so daß wirin der Kirche gemeinsam an jener ersehntenEinheit arbeiten können, die dem WillenChristi entspricht. Dabei müssen wir gleich-zeitig immer bereit bleiben, diese legitimenUnterschiede zu respektieren; diese sollteman nicht als antagonistisch, sondern alskomplementär betrachten.Ich muß wirklich und wahrhaftig sagen, daßder Heilige Vater und seine engsten Mitar-beiter alles erdenklich Mögliche getan ha-ben und auch weiterhin tun werden, um denOberen der Priesterbruderschaft Pius X. dietiefe Überzeugung nahe zu bringen, daß diegünstige Zeit für die ersehnte Rückkehr, derwirkliche „Kairos“ (Zeitpunkt) Gottes ge-kommen ist.Wenn die Kirche nicht auf dem Felsen desPrimats Petri gegründet wäre, könnten dieverschiedenen Sensibilitäten innerhalb derKirche unmöglich ihre Sicherheit und ihreneinigenden Mittelpunkt im StellvertreterChristi finden; diese Unterschiede würdenzwangsläufig zu spaltenden Gegenpositio-nen werden. Doch dank dem Willen Christiwird die Kirche, selbst inmitten des Sturms,immer vom Heiligen Geist gehalten und ihrRuder ist Petrus in der Weise anvertrautworden, daß die Mächte der Hölle sie nichtüberwinden werden.

Übersetzungaus dem englischen durch Carena Sangl.

Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks im Canon Missae

Der Canon Missae enthält neben anderenBitten um Annahme des Opfers nach derWandlung die folgende:Supra quae propitio ac sereno vultu respi-cere digneris: et accepta habere, sicuti ac-cepta habere dignatus es munera pueri tuijusti Abel, et sacrificium Patriarchae nostriAbrahae: et quod tibi obtulit summus sacer-dos tuus Melchisedech sanctum sacrifici-um, immaculatam hostiam.„Schaue huldvoll darauf nieder mit gnädi-gem und mildem Angesichte, und nimm eswohlgefällig an, wie Du einst mit Wohlgefal-len aufgenommen hast die Gaben Abels,Deines gerechten Dieners, das Opfer unse-res Patriarchen Abraham, das heilige Opferund die makellose Gabe, die Dein Hoher-priester Melchisedek Dir dargebracht hat“(nach der Übersetzung des „Schott“).Der Canon Missae setzt hier das eucharisti-sche Opfer - und damit das KreuzopferChristi - in einen Zusammenhang mit dreiOpfern, von denen im Alten Testament be-richtet wird: dem Opfer Abels, das von Gottangenommen wurde und dessentwegen ihnsein Bruder Kain aus Eifersucht erschlug(Gen 4,3-8); dem Opfer Abrahams, von demGott seinen Sohn Isaak als Opfergabe for-derte (Gen 22,1-19) und dem Opfer Melchi-sedeks, das aus Brot und Wein bestandund der von Abraham den Zehnten erhielt(Gen 14,18ff). Diesen drei Opfern, die ausden vielen Opfern des Alten Testamentsausgewählt wurden, muß also im Hinblickauf den Tod Christi eine besondere, sinn-bildhafte Bedeutung zukommen. Eine sol-che sinnbildliche Deutung des Alten Testa-ments ist in der biblischen Exegese undsogar im Neuen Testament selbst bezeugtund wird als „Typologie“ bezeichnet. Sieunterscheidet sich von der Allegorese, deram weitesten verbreiteten exegetischenMethode der Alten Kirche, dadurch, daß dieAllegorese Begebenheiten des Alten und

Neuen Testaments auf seelische Vorgängedeutet, während die Typologie Personenund Geschehnisse des Alten Testamentsals Schattenbilder oder „Typen“ Christi undSeines Erlösungswerkes auffaßt. So inter-pretiert Gregor von Nyssa den Aufstieg Mo-ses auf den Sinai allegorisch als Darstellungdes Aufstiegs der Seele zu Gott, währendder Canon Missae das Opfer Abels als einSinnbild, einen „Typos“ des KreuzopfersChristi auffaßt. Im Unterschied zur Allegore-se ist die typologische Exegese bereits imNeuen Testament bezeugt und hier liegtauch ein erster Schlüssel zum Verständnisder oben angeführten Stelle aus dem Ca-non Missae. Im Hebräerbrief, der vielleichtvon Apollos, einem in Apg 18,24-28 er-wähnten Gefährten des Paulus, stammtund - zumindest in sprachlicher Hinsicht -eine der schwierigsten Schriften des NeuenTestaments darstellt, wird die ÜberlegenheitChristi über das levitische Priestertum an-hand einer in Gen 14,18ff erwähnten Bege-benheit dargestellt: Wie Abraham, der zu-sammen mit seinen anderen ungeborenenNachkommen auch Levi und mit ihm diegesamte levitische Priesterschaft in sichtrug, Melchisedek den Zehnten abliefertund ihm damit diejenige Ehre erweist, diedie Israeliten nach dem mosaischen Gesetzden levitischen Priestern erweisen sollen,so bedürfen auch die levitischen Priesterund alle anderen Nachkommen Abrahamsder Erlösung durch das Opfer Christi (Hebr7,1-10). Diese Argumentation, die im He-bräerbrief den Beginn einer längeren Darle-gung über die Unwirksamkeit und Vorläufig-keit der alttestamentlichen Kultordnungbildet, beruht auf einer typologischen Deu-tung der Gestalt des Melchisedek: Dieserist nach Gen 14,18 der König von Salem,was wörtlich „König der Gerechtigkeit“ oder„König des Friedens“ bedeutet, und einPriester des höchsten Gottes. Deswegen,

Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeksim Canon Missae

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 47Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200446

Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks im Canon Missae

und weil im Alten Testament an keiner Stel-le sein Stammbaum oder seine Abstam-mung erwähnt werden, faßt der Hebräer-brief ihn als ein Sinnbild Christi auf. Ist dieseRelation erst einmal hergestellt, dann erge-ben sich weitere Entsprechungen zwischenMelchisedek und Christus. In Ps 110,4, derja an einen Sohn Davids gerichtet ist, wirdder erwartete Messiaskönig als Priesternach der Ordnung Melchisedeks bezeich-net; aufgrund der typologischen Deutungvon Gen 14,18ff kann dieser Psalm als aufChristus zu beziehende Prophetie erkanntwerden (Hebr 7,14-17). Eine weitere Paral-lele, die im Hebräerbrief nicht ausdrücklichgenannt wird, besteht im Hinblick auf dasOpfer Melchisedeks. Im Unterschied zu denblutigen Opfern des Alten Testamentsbrachte Melchisedek Brot und Wein dar,was der Canon Missae als Sinnbild des Al-tarsakraments und damit der KreuzigungChristi deutet.Während das Verhältnis von Urbild und Ab-bild im Hinblick auf Melchisedek und Chri-stus also deutlich ist, läßt sich auf den er-sten Blick nicht so klar erkennen, in welcherHinsicht Abel und Abraham über sich selbsthinausweisende Abbilder Christi darstellen.Die altkirchliche Exegese deutet vielmehrIsaak, den Sohn Abrahams, der geopfertwerden soll, als einen Typos Christi, desSohnes Gottes, der sich freiwillig als Opfer-gabe darbringt. Das Verständnis der typolo-gischen Exegese im Canon Missae wirdhier durch ein altkirchliches Legendenwerk,das sogenannte Buch der Schatzhöhle, er-leichtert1. Dieses apokryphe Werk wird nachder Überschrift einiger Handschriften demsyrischen Kirchenvater Ephräm zugeschrie-ben, stammt aber aller Wahrscheinlichkeitnach aus dem 6. Jahrhundert und wurdevon einem syrischen Christen in Nordmeso-

potamien geschrieben. Die syrisch-aramäi-sche Urfassung wurde später unter ande-rem ins Arabische und Georgische übertra-gen, wodurch das Buch unter den Christendes Nahen Ostens einen außerordentlichgroßen Einfluß ausübte2. Es enthält einenGeschichtsüberblick von der Erschaffungder Welt bis zur Auferstehung Christi, der imwesentlichen der biblischen Darstellungfolgt, daneben aber eine Fülle von Legen-den enthält, die über den Bericht der Bibelhinausgehen und ihn ergänzen. Bevor nunzur Erklärung der Verbindung zwischenAbel, Abraham und Christus auf das Buchder Schatzhöhle zurückgegriffen wird, mußauf den Unterschied zwischen Legende undautoritativem Bibeltext hingewiesen wer-den. Die historischen Passagen des Altenund Neuen Testament erheben nämlich alsTeil des inspirierten Bibeltexts Anspruch aufhistorische Wahrheit. Im Gegensatz dazu„geht [es] bei der Legende nicht um Gehaltan historischer Berichtswahrheit, sondernum ihren Gehalt an Verkündigungswahr-heit“3. Die im Buch der Schatzhöhle enthal-tenen Legenden stellen demnach keine aufgeschichtlichen Tatsachen fußenden Be-richte dar, sondern enthalten Erzählungen,die bestimmte Glaubenswahrheiten zumAusdruck bringen und deswegen auch zumtieferen Verständnis der hier untersuchtenFrage beitragen können. So finden nachdem Bericht im Buch der Schatzhöhle so-wohl das Opfer Melchisedeks, als auch dasOpfer Abrahams auf Golgotha statt:„Abraham war neunundneunzig Jahre alt;da ging Gott in sein Haus und schenkte Sa-ra einen Sohn. Abraham war hundert Jahrealt, als ihm Isaak geboren wurde. Isaak warzweiundzwanzig Jahre alt, als ihn sein Vatermitnahm und auf den Berg Jebus zu Mel-chisedek, dem Diener des allerhöchsten

1 Das Buch der Schatzhöhle ist in deutscher Überset-zung zugänglich bei P. Riessler, Altjüdisches Schrifttumaußerhalb der Bibel, Augsburg 1928, S. 942-1013 u. E.Weidinger, Die Apokryphen. Verborgene Bücher der Bi-bel, Augsburg 1988, S. 47-98.

2 Vgl. P. Bruns, „Spelunca Thesaurum/Schatzhöhle“, in:S. Döpp/W. Geerlings (Hrsg.), Lexikon der antikenchristlichen Literatur, Freiburg u.a.; 2002, S. 649f.

3 Th. Schnitzler, Die Heiligen im Jahr des Herrn, Frei-burg u.a. 1979, S. 419.

Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks im Canon Missae

Gottes, hinaufstieg. Der Berg Jebus näm-lich ist das Amoritergebirge und auf diesemPlatz ward das Kreuz des Messias errichtet.Daselbst sproßte ein Baum auf, der dasLamm trug, das den Isaak rettete. DieserOrt ist der Mittelpunkt der Erde, das GrabAdams, der Altar des Melchisedek, Golgo-tha, die Schädelstätte und Gabbatha. Dortsah David den Engel, der das feurigeSchwert trug. Und dort brachte Abrahamseinen Sohn Isaak als Brandopfer dar; ersah das Kreuz des Messias und die Erlö-sung unseres Vaters Adam. Der Baum warein Vorbild des Kreuzes unseres Herrn, desMessias, und das Lamm in seinen Zweigendas Geheimnis der Menschwerdung deseinzigen Wortes“, (Kap. 29; nach der Über-setzung von P. Riessler).Hier ist also nicht Isaak das Abbild Christi,sondern Abraham, der das Lamm, dasIsaaks Leben rettete, als Opfer darbringt.Isaak ist damit vielmehr der Repräsentantder Menschheit, die durch das stellvertre-tende Leiden Christi erlöst wird. AbrahamsOpfer findet überdies auf Golgotha, demOrt der Kreuzigung Christi, statt. Hierbeihandelt es sich um eine Tradition, die inähnlicher Form auch in der älteren jüdi-schen Deutung des Opfers Abrahams auf-tritt. Nach jüdischer Auffassung sollte Isaakan der Stelle des späteren JerusalemerTempels geopfert werden, wobei Jerusalemund insbesondere der Tempelberg auch alsMittelpunkt der Welt angesehen wurden.Auch nach jüdischer Auffassung kommtdem Opfer Abrahams damit eine typologi-sche Bedeutung zu, die allerdings im Jeru-salemer Kult und dem levitischen Priester-tum ihre Erfüllung findet. Der Verfasser desBuches der Schatzhöhle kannte dagegenden Hebräerbrief und setzt das dort darge-stellte Verhältnis zwischen levitischem Prie-stertum und dem Priestertum Christi vor-aus. Das Opfer Abrahams ist deshalb keinTypos der levitischen Kultordnung und desJerusalemer Tempels, denen ja selbst nurein vorläufiger Charakter zukommt, son-

dern eine Darstellung des KreuzesopfersChristi. Neben dieser Neuformulierung einerälteren jüdischen Tradition wird im Buch derSchatzhöhle aber noch ein weiteres Motivmit Golgotha verbunden: Das Grab Adams.Diese Vorstellung läßt sich im Zusammen-hang mit dem Bericht, den das Buch derSchatzhöhle über das Opfer Abels gibt,weiter erhellen. Nach der Erzählung imBuch der Schatzhöhle wurden zusammenmit Kain und Abel jeweils eine Zwillings-schwester geboren. Nachdem die Kinderherangewachsen waren, bestimmte Adamdie Schwester Abels für Kain zur Frau unddie Schwester Kains für Abel. Da KainsSchwester namens Lebuda sehr schön war,wollte Kain aber nicht Abels Schwester,sondern seine eigene Schwester zur Fraunehmen. Als Adam davon hörte, sorgte ersich sehr wegen der hier zutage tretendenbösen Wesensart Kains und erlaubte es ihmnicht. Stattdessen sollten Kain und AbelGott ein Opfer darbringen und dann ihreFrauen zu sich nehmen. Von hier ab folgtdas Buch der Schatzhöhle dem biblischenBericht über die Opfer Kains und Abels. InKap. 5,27 ff heißt es wörtlich:„Nachdem Adam, der erste Priester, mit sei-nen Söhnen Kain und Abel auf den Gipfeldes Berges hinaufgegangen war, fuhr derSatan in Kain, er solle seinen Bruder Abelwegen Lebuda töten, aber auch deswegen,weil sein Opfer von Gott verstoßen undnicht angenommen ward, während AbelsOpfer angenommen wurde. Und Kain stei-gerte seinen Neid gegen seinen Bruder Abelnoch weiter. Und als sie in die Ebene hinab-stiegen, erhob sich Kain gegen seinen Bru-der und tötete ihn durch einen Schlag miteinem Feldstein“, (nach der Übersetzungvon P. Riessler).Bei dem hier erwähnten Berg handelt essich um den Paradiesberg, auf dessen Spit-ze sich in der Nähe des Paradieses eineHöhle befindet, nämlich die „Schatzhöhle“,von der das Buch seinen Namen hat. In die-ser Höhle fanden Adam und Eva nach ihrer

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 49Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200448

Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks im Canon Missae

Vertreibung aus dem Paradies Zuflucht, unddort verbarg Adam die drei Schätze Myrrhe,Weihrauch und Gold, die er aus dem Para-dies mitgebracht hatte. Die Schatzhöhle istdaneben auch der Gebetsort für Adam undseine Söhne, und die Stelle, an der Kainund Abel ihre Opfer darbringen. Im weiterenVerlauf der Darstellung spielt sie eine großeRolle, denn hier wird nach dem Tode Adamssein mumifizierter Leichnam beigesetzt. Vorder Sintflut nimmt Noah den LeichnamAdams mit in die Arche und nach dem En-de der Flut setzen ihn Sem und Melchise-dek im Mittelpunkt der Erde, nämlich in Gol-gotha, bei. Die drei Schätze Myrrhe,Weihrauch und Gold bleiben dagegen in derSchatzhöhle und werden von den drei Ma-giern bei der Geburt Christi nach Bethlehemgebracht. Die Bedeutung der BeisetzungAdams auf Golgotha wird aus der Schilde-rung der Kreuzigung deutlich:„Wisse! In allem ward der Messias demAdam gleich, wie es geschrieben steht. Anjenem Ort, wo Melchisedek als Priesterdiente, wo Abraham seinen Sohn Isaak zumOpfer hinaufführte, dort ward der Stammdes Kreuzes errichtet. Dieser Ort ist der Mit-telpunkt der Erde, und dort stoßen die vierTeile zusammen ... Als Sem den LeichnamAdams hinaufbrachte, war jener Ort diePforte der Erde; sie öffnete sich. NachdemSem und Melchisedek den LeichnamAdams in den Mittelpunkt der Erde gelegthatten, liefen die vier Teile zusammen undschlossen Adam ein. Die Pforte schloß sichwieder, daß keines der Kinder Adams sieöffnen konnte. Als oberhalb von ihr dasKreuz des Messias errichtet wurde, dasKreuz des Erlösers Adams und seinerNachkommen, öffnete sich die Türe des Or-tes über Adam. Und als oberhalb derselbender Kreuzesstamm eingerammt war und derMessias durch den Speer den Sieg errang,lief aus seiner Seite Blut und Wasser, floßhernieder in Adams Mund und bildete fürihn die Taufe, und so ward er dadurch ge-tauft.“ (Kap. 49,1ff.6-10; nach der Überset-

zung von P. Riessler)Hier liegt also die gleiche typologische Deu-tung der Opfer Abrahams und Melchise-deks vor, wie im Canon Missae, wobei dastertium comparationis des Vergleichs zwi-schen Abraham und Melchisedek einerseitsund Christus andererseits aus dem Erzähl-zusammenhang des Buchs der Schatzhöh-le verständlich wird: Sowohl Abrahams alsauch Melchisedeks Opfer fanden am GrabAdams statt und stellen sinnbildlich dasKreuzopfer Christi dar, durch das Adam undseine Nachkommen erlöst werden. Das Op-fer Abels fehlt zwar in dem oben zitiertenAbschnitt aus dem Buch der Schatzhöhle,läßt sich aber ohne Schwierigkeit mit denOpfern Abrahams und Melchisedeks in Zu-sammenhang bringen, denn es wird ja inder Schatzhöhle dargebracht; d.h. an demOrt, an dem Adam später bestattet werdenwird. Der Canon Missae kennt also diesenLegendenzusammenhang und faßt alle dreiOpfer, die am Grab Adams stattfanden, alsSinnbilder des Todes Christi am Kreuz auf.Was ist nun die Verkündigungswahrheit die-ser Legende im Sinne Th. Schnitzlers? DasHauptanliegen des Verfassers des Buchesder Schatzhöhle ist es zu zeigen, inwiefernder Tod Christi am Kreuz die ErlösungAdams bewirkt. Zur Verdeutlichung derHeilswirkung des Todes Christi am Kreuzwählt er eine bildhafte Darstellung, nach derder Leichnam Adams nach seinem Tod ein-balsamiert und schließlich am Ort der Kreu-zigung Jesu beerdigt wird. Dort wird erdurch das Blut Christi getauft und erlangtdie Vergebung seiner Sünde im Paradies;wird die Vergebung aber Adam zuteil, dannauch allen seinen Nachkommen. Es gehthier also mit anderen Worten darum, zu zei-gen, inwiefern durch den Kreuzestod Christidie Sünden aller Menschen vergeben sind;nicht nur die Sünden derer, die währendund nach der Kreuzigung Christi lebten,sondern auch die Sünden der Heiligen desAlten Bundes. Das Buch der Schatzhöhlebringt damit eine Wahrheit zum Ausdruck,

Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks im Canon Missae

die in anderer Form auch im ApostolischenGlaubensbekenntnis ausgesprochen wird,denn der descensus ad inferos, der in demSatz „hinabgestiegen in das Reich des To-des“ angedeutet ist, hat ja den Zweck,Adam und die Gerechten des Alten Bundesaus der Hölle herauszuführen. Damit kannnun auch die oben zitierte Gebetsbitte desCanon Missae in ihrer vollen Bedeutung er-faßt werden: Der Tod Christi am Kreuz wur-de sinnbildhaft durch die Opfer Abels, Ab-rahams und Melchisedeks dargestellt. Wieaus dem Buch der Schatzhöhle deutlichwird, fanden diese drei Opfer am Begräb-nisort Adams statt; die beiden letzteren aufGolgotha, dem endgültigen Ort der Grable-gung Adams, an dem Adam durch das BlutChristi getauft und seine Sünde im Paradiesvergeben wurde. Der Canon Missae stellthier also in einer typologischen Deutungdreier Opfer aus dem Alten Testaments dieuniversale und allen Menschen geltendeBedeutung des Kreuzopfers dar und bringtso zum Ausdruck, was Paulus in einer an-deren typologischen Deutung im Römer-brief 5,12-15 sagt: „Durch einen Menschen ist die Sünde in dieWelt gekommen und durch die Sünde derTod; und so ging der Tod auf alle Menschenüber. Schon vor dem Gesetz gab es zwarSünde in der Welt, aber die Sünde wirdnicht angerechnet, wenn kein Gesetz vor-handen ist. Gleichwohl übte der Tod seineHerrschaft von Adam bis Mose auch übersolche aus, die nicht entsprechend derÜbertretung Adams gesündigt hatten, wel-cher der Typos des zukünftigen ist. Aber esverhält sich mit der Gnade nicht wie mitdem Fall: Denn wenn durch den Fall des Ei-nen die Vielen starben, so ist in weit höhe-rem Maße die Gnade Gottes und des einenMenschen Jesus Christus auf die vielenreichlich übergeströmt.“

Alexander Toepel

Zum besseren Verständnis hier die erwähnten Bi-belstellen (Text aus: „Die Heilige Schrift des Altenund Neuen Bundes“ Die gesamte Heilige Schrift– nach dem Text der Jerusalemer Bibel, Herder-Verlag 1966, 3. Auflage)

Gen 4, 3-83 Nach geraumer Zeit geschah es nun, daß

Kain von den Früchten des Feldes Jahwe einOpfer darbrachte.

4 Auch Abel brachte ein Opfer dar von denErstlingen seiner Herde, und zwar von ihremFett. Und Jahwe schaute gnädig auf Abelund sein Opfer.

5 Auf Kain und sein Opfer aber schaute ernicht. Deshalb wurde Kain sehr zornig undsenkte sein Angesicht.

6 Da sprach Jahwe zu Kain: „Warum bist duzornig und senkst du dein Angesicht?

7 Wenn du recht handelst, erhebst du nicht dasHaupt ? Wenn du aber nicht recht handelst,ist dann nicht die Sünde an der Tür, ein lau-erndes Tier, das nach dir verlangt und das dubeherrschen sollst ?“

8 Indessen sprach Kain zu seinem Bruder Abel:„Laßt uns aufs Feld gehen !“ Als sie aber aufdem Feld waren, erhob sich Kain wider sei-nen Bruder Abel und schlug ihn tot.

Gen 14, 18-2018 Melchisedek aber, der König von Salem,

brachte Brot und Wein heraus, er war näm-lich ein Priester des höchsten Gottes.

19 Er segnete ihn und sprach: „Gesegnet seiAbram von dem höchsten Gott, der Himmelund Erde erschaffen.

20 Und gesegnet sei der höchste Gott, der dei-ne Feinde in deine Hände geliefert !“ Da gaber ihm den Zehnten von allem.

Gen 22, 1-191 Nach diesen Begebenheiten geschah es, da

prüfte Gott Abraham und sprach zu ihm: „Ab-raham, Abraham !“ Er antwortete: „Hier binich !“

2 Da sprach er: „ Nimm deinen Sohn, deineneinzigen, den du liebst, den Isaak, und gehein das Land Morija und bringe ihn dort auf ei-nem der Berge, den ich dir zeigen werde, alsBrandopfer dar!“

3 Abraham stand früh am andern Morgen auf,sattelte seinen Esel, nahm zwei Knechte mitsich und seinen Sohn Isaak. Nachdem er

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 51Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200450

Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks im Canon Missae

Holz zum Brandopfer gespalten hatte, bracher auf und begab sich nach dem Ort, den ihmGott gesagt hatte.

4 Am dritten Tag erhob Abraham seine Augenund sah den Ort von ferne.

5 Da sagte Abraham zu den Knechten: „ Bleibtmit dem Esel hier ! Ich und der Junge wollendorthin gehen, um anzubeten, dann kehrenwir zu euch zurück.“

6 Darauf nahm Abraham das Holz zum Bran-dopfer und lud es seinem Sohne Isaak auf; eraber nahm das Feuer und das Messer in sei-ne Hand. So gingen sie beide miteinander.

7 Da sprach Isaak zu Abraham, seinem Vater:„Mein Vater !“ Er antwortete : „Ja, meinSohn!“ Der sagte: „Siehe, da ist das Feuerund das Holz, wo ist denn das Lamm zumBrandopfer ?“

8 Abraham erwiderte: „Gott wird sich dasLamm zum Brandopfer schon ersehen, meinSohn.“ So gingen sie beide miteinander.

9 Als sie an den Ort kamen, den Gott ihm ge-sagt hatte, baute Abraham den Altar, schich-tete das Holz auf, band seinen Sohn und leg-te ihn auf den Altar, oben auf das Holz.

10 Dann streckte Abraham seine Hand aus,nahm das Messer, um seinen Sohn zuschlachten.

11 Da rief der Engel Jahwes vom Himmel herihm zu und sprach: „Abraham, Abraham !“ Erantwortete : „Hier bin ich !“

12 Da sprach er: „Strecke deine Hand nichtnach dem Jungen aus und tu ihm nichts zu-leide. Denn nun weiß ich, daß du Gott fürch-test und mir deinen einzigen Sohn nicht vor-enthalten hast.“

13 Als Abraham seine Augen erhob, sah er einenWidder, der sich mit seinen Hörnern imDickicht verfangen hatte. Abraham ging hin,nahm den Wider und brachte ihn an Stelleseines Sohnes zum Brandopfer dar.

14 Abraham nannte diesen Ort „Jahwe sieht“,so daß man bis zum heutigen Tage sagt: „Aufdem Berge, wo Jahwe vorsieht.“

15 Darauf rief der Engel Jahwes Abraham zumzweiten Male vom Himmel her zu

16 und sprach: „Ich schwöre bei mir selbst, -Spruch Jahwes -, weil du dies getan und dei-nen einzigen Sohn mir nicht vorenthaltenhast,

17 will ich dich reichlich segnen. Ich werde dei-ne Nachkommenschaft zahlreich machenwie die Sterne des Himmels und wie den

Sand am Gestade des Meeres; deine Nach-kommen sollen das Tor ihrer Feinde beset-zen.

18 Durch deine Nachkommen sollen alle Völkerder Erde gesegnet werden, weil du auf meineStimme gehört hast.“

19 Abraham kehrte zu seinen Knechten zurück.Sie brachen auf und gingen zusammen nachBeerscheba. Und Abraham blieb in Beer-scheba.

Apg 18, 24-2824 Unterdessen war ein Jude namens Apollos,

aus Alexandrien gebürtig, ein redegewandterund schriftkundiger Mann, nach Ephesus ge-kommen.

25 Dieser war im „Wege“ des Herrn unterrichtet,redete mit glühender Begeisterung und legte,was Jesus betraf, alles richtig dar, obschoner nur die Taufe des Johannes kannte.

26 Mit Freimut predigte er in der Synagoge. AlsPriszilla und Aquila ihn hörten, nahmen sieihn zu sich und führten ihn tiefer in den „Weg“ein.

27 Und da er sich mit dem Plane trug, nach Ach-ai zu reisen, bestärkten ihn die Brüder darinund schrieben den Jüngern, sie möchten ihngut aufnehmen. Nach seiner Ankunft leisteteer den Gläubigen durch die Gnade vortreffli-che Dienste.

28 Denn schlagend widerlegte er die Juden undbewies öffentlich an Hand der Schrift, daßJesus der Messias sei.

Hebr 7, 1-101 Denn dieser Melchisedek, König von Salem,

Priester des höchsten Gottes, traf mit Abra-ham zusammen, als dieser von der Nieder-werfung der Könige zurückkehrte, und seg-nete ihn.

2 Ihm gab Abraham auch den Zehnten von al-lem. Er ist, wenn man (seinen Namen) über-setzt, zunächst „König der Gerechtigkeit“,dann aber auch „König von Salem“, das heißt„König des Friedens“ ,

3 ohne Vater, ohne Mutter, ohne Stammbaum,hat keinen Anfang seiner Tage noch ein Endeseines Lebens, ähnlich dem ohne Gottes,bleibt er Priester immerdar.

4 Schaut doch, wie groß der ist, dem ein Abra-ham von den auserlesensten Beutestückenden Zehnten gab, er, der Patriarch.

5 Zwar haben auch die, die aus den Nachkom-

Das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks im Canon Missae

men Levis das Priestertum empfangen ha-ben, ein Gebot, vom Volk nach dem Gesetzden Zehnten zu nehmen, das heißt also, vonihren Brüdern, obwohl diese aus AbrahamsLende hervorgegangen sind.

6 Der aber, der seinen Stammbaum nicht vonihnen herleitet, hat von Abraham den Zehn-ten genommen und den gesegnet, der dieVerheißungen hatte.

7 Ohne jede Widerrede aber gilt :das Geringe-re wird von dem Höheren gesegnet.

8 Und hier sind es sterbliche Menschen, dieden Zehnten entgegennahmen, dort aber ei-ner, dem bezeugt wird, daß er lebt.

9 Ja, sozusagen ist durch Abraham auch Levi,der Empfänger des Zehnten, mit dem Zehn-ten belegt worden;

10 denn er war noch in der Lende seines Ahnen,als Melchisedek diesem begegnete.

Hebr 7, 14-1714 Es ist doch allbekannt, daß unser Herr aus

Juda hervorgegangen ist, einem Stamme,über den Mose nichts ausgesagt hat, wassich auf Priester bezöge.

15 Und noch weit mehr wird dies klar, wenn einanderer Priester nach der Ähnlichkeit desMelchisedek aufgestellt wird,

16 der es nicht nach dem Gesetz einer fleischli-chen Vorschrift geworden ist, sondern nachder Kraft des unzerstörbaren Lebens.

17 Er erhält ja das Zeugnis: „Du bist Priester inEwigkeit.“

Psalm 110, 44 Geschworen hat Jahwe, und es reuet ihn

nicht: „Du bist Priester auf ewig nach desMelchisedek Weise.“

Hinweise und Mitteilungen

● Die Internet-Präsenz der Laienvereinigung ist neu gestaltet und soll noch weiter aus-gebaut werden. Zugriff über www.pro-missa-tridentina.org.

● Am Samstag, den 9. Oktober 2004, um 9.30 Uhr wird Kardinal Castrillon Hoyos in Ber-lin in der Kirche St. Afra (Graunstr. 31, Berlin-Wedding) Diakon Markus Rindler die Prie-sterweihe und Herrn Daniel Bartels die Diakonenweihe spenden. Der Neupriester feiertseine Primiz am darauffolgenden Sonntag, 10. Oktober 2004, um 9 Uhr ebenfalls in St.Afra.

● Vom 22. bis zum 24. Oktober 2004 findet in Wigratzbad die 12. Liturgische Tagung stattzum Thema „Begegnung mit der überlieferten römischen Liturgie“. Information und An-meldung zur Tagung bei Robert Kramer, Ostendstr. 18, 82390 Eberfing, Tel/Fax:08802/581. Bitte bestellen Sie selbst Zimmer (mit Frühstück) im Pilgerheim St. Josef,88145 Opfenbach/Wigratzbad, Tel.: 08385/92070.

● In Trier ist eine Genehmigung erteilt worden für die regelmäßige Feier der heiligen Mes-se im klassischen römischen Ritus ab ersten Advent (28.11.2004): In der Kapelle derWeißen Väter (Afrika-Missions-Orden) in der Dietrichstr. 30 werden um 15 Uhr an Sonn-und Feiertagen, mit Ausnahme von einigen Hochfesten, Diözesanpriester die alte Mes-se zelebrieren.

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 55Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200454

Gregorianischer Gesang in Gabun

turgie der Kirche mit ihrer Bewahrung desGeheimnischarakters und der Betonung dermystischen Gegenwart des Herrn „mittenunter uns“ findet in den Seelen der Afrika-ner großen Wiederhall.

Anerkennung durch den Staatspräsiden-tenAber auch die zivilen Autoritäten Gabunsschätzen die Gegenwart des Institutes: ZurAnerkennung seiner Verdienste um die Ar-men und Bedürftigen wurde Msgr. Wachvom Staatspräsidenten Gabuns bereitsmehrmals ausgezeichnet. So wurde er zumMitglied der Ehrenlegion Gabuns ernanntund erhielt den höchsten Verdienstordender Republik Gabun. Diese Ehrungen wur-den dem Generalprior des Institutes vonSeiten der sich ihrer staatlichen Unabhän-gigkeit durchaus bewußten Regierung we-gen der Hilfe der Missionare beim Aufbaueiner christlich geprägten Zivilisation zuteil.

Weite Entfernungen zwischen den verschie-denen Missionsstationen, Kirchen, Kapellenund Schulen, müssen zu Wasser (ein Mo-torboot konnte 1999 mit Hilfe der deut-

schen Gläubigen angeschafft werden) oderim Jeep auf unwegsamem Gelände (vonStraßen kann nicht wirklich die Rede sein)zurückgelegt werden. Geduldig wartendann die Gläubigen auf ihre Priester, diesich nicht selten um Stunden verspäten,weil unvorgesehene Hindernisse oder Zwi-schenfälle die Ankunft verzögerten. Der Ar-beit der weißen Seelsorger, die glücklicher-weise von einer großen Zahl heimischerHelfer unterstützt wird, wird auch auf ande-re Weise erschwert: Gabun ist eines derLänder, die von der tückischen Tropen-krankheit Malaria am stärksten heimge-sucht sind. Ausnahmslos jeder Priester, dersich in den Missionen des Institutes längereZeit aufhält, erkrankt an diesem auch heutenoch lebensgefährlichen Fieber. Regel-mäßige Untersuchungen, medizinische Ver-sorgung und Heimaturlaube sollen helfen,das Schlimmste zu verhindern. Und doch:Die Arbeit in Gabun ist für alle Abbés, diedort zum Einsatz kommen, ein wirklichesOpfer. Die Missionare des Institutes Chri-stus König und Hoherpriester bringen esgern um der Seelen willen, doch bedürfensie auch der fortgesetzten geistlichen Un-

terstützung ihrer Ar-beit, um durchhaltenzu können. Es istdeshalb für jeden An-gehörigen des Insti-tutes eine besondereVerantwortung, „Ent-wicklungshilfe“ durchdas Gebet und durchdie Feier der hl. Mes-se in dieser Intentionzu leisten. In den ver-schiedenen Aposto-laten laden die Prie-ster des Institutes dieGläubigen zum Ge-bet für die Missionenin Gabun ein, und da-zu, durch ihre Spen-den, den Neubau vonErstkommunion

Gregorianischer Gesang in Gabun

„Vergessen Sie uns nicht - kommen Siezurück!“ Mit diesen Worten verabschiedeteein Dorfältester mitten im Dschungel vonGabun Msgr. Dr. Gilles Wach, als dieservor vierzehn Jahren auf Wunsch desBischofs der Diözese Mouila, S.E. Msgr.Cyriakus Obamba, eine längst verlasseneMissionsstation besuchte. Dort, wo anderegeistliche Gemeinschaften aus Mangel anBerufungen ihre Arbeit vor Jahren bereitseinstellen mußten, sind die Priester des In-stitutes Christus König und Hoherpriestertatsächlich zurückgekommen und habendie Arbeit der Evangelisierung wiederaufge-nommen, die dem Hl. Vater so sehr am Her-zen liegt. Ausgehend von zwei großen Mis-sionsbereichen, die beide in der DiözeseMouila liegen, wurden nicht nur zwei ver-waiste Missionsstationen wiederaufgebaut(Mission Sainte Thérèse de l’Enfant-Jésusin Mouila und Mission Bienheureux DanielBrottier in Mayumba), sondern auch vieleKirchen und Kapellen wiederhergestelltoder sogar neu errichtet (so z.B. in Loubo-mo, in Malunga, in Bana und in N’Dindi, woMsgr. Wach die Weihe der Kirche im ver-gangenen Jahr durchführen konnte).

Reiche FrüchteTrotz vieler Hindernisse - geistiger wie ma-terieller Art - trägt die Arbeit des Institutesimmer weiter reiche Früchte: Hunderte vonErwachsenentaufen im Jahr, mindestensebenso viele Kindertaufen, Firmungen,Erstkommunionen und Trauungen, unzähli-ge Beichten, der Unterricht in den vom In-stitut betriebenen und meist auch selbst er-richteten Schulen - all das hat in denJahren, in denen die Missionare des Institu-tes in Gabun anwesend sind, einen bleiben-den auch kulturellen Einfluß der Kirche indieses „vergessene Land“ am Äquatorzurückgebracht. Ein besonders auch in Afri-

ka erstarkender Islam, eine Vielzahl vonSekten und das Wiederaufkommen alterheidnischer Zauberriten können die Wirk-samkeit der göttlichen Gnade am Endenicht aufhalten.

Die Geburt des InstitutesDie Anwesenheit des Institutes in Gabun istvon Anfang an von deutlichen Zeichen derVorsehung begleitet gewesen: S.E. Msgr.Obamba war der erste Bischof in der Welt,der das Institut in seiner Diözese am 1.September 1990 kanonisch errichtete,nachdem die beiden Gründer, Msgr. Dr. Gil-les Wach und Abbé Dr. Philippe Mora diejunge Gemeinschaft ins Leben gerufen hat-ten. Obwohl der Erzbischof von Florenz,S.Em. Silvano Kardinal Piovanelli, das Mut-terhaus und Seminar des Institutes bereitsim Folgejahr in der Erzdiözese Florenzkirchlich errichtete und seither viele Ober-hirten in ihren Diözesen das Institut auchkanonisch verankerten, ist es doch die klei-ne, unscheinbare Diözese am Äquator, inder die Geburtsstunde des Institutesschlug.

Gregorianischer ChoralAuffällig ist besonders die große Liebe derBevölkerung zu „ihren“ Missionaren, die alsVäter angesehen werden. Besonders zuHerzen gehend ist die Hingabe, mit der dieGläubigen, die beim Läuten der Kir-chenglocken immer in großer Zahl zu denGottesdiensten zusammenkommen, dengregorianischen Choral singen. Die Gründefür diese Aufnahmebereitschaft gegenüberden klassischen Gesängen der Kirche lie-gen einerseits sicher auch in einer ausge-prägteren „natürlichen Musikalität“ der Be-völkerung in Gabun, andererseits aber auchin einer Empfindsamkeit für den geistlichenGehalt dieser Gesänge. Die klassische Li-

Gregorianischer Gesang in Gabun

Das Institut Christus König und Hoherpriester in seinem Gründungsland

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 57Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200456

Leben aus Gottes Kraft

AnfrageIrgendwann im Oktober 2003 läutete dasTelefon im Pro Missa Tridentina-Büro: „Ha-ben Sie schon daran gedacht, die alte latei-nische Liturgie auf dem Katholikentag 2004in Ulm bekanntzumachen? Es wird Gottes-dienste in vielen verschiedenen Sprachen

geben - sogar eine Meßfeier in Esperanto.Da sollte unbedingt die Muttersprache derKirche, das Latein, auch präsent sein!“ - Aneine Teilnahme in Ulm hatte der Vorstandder Laienvereinigung bereits gedacht, abernoch keine konkreten Schritte unternom-men.

Veni, Creator Spiritus, Mentes tuorum visita, Imple superna gratia, Quae Tu creasti pectora.

Qui diceris Paraclitus, Altissimi donum Dei, Fons Vivus, Ignis, Caritas, Et spiritalis unctio.

Tu septiformis munere, Digitus paternae dexterae, Tu rite promissum Patris Sermone ditans guttura.

Accende lumen sensibus, Infunde amorem cordibus; Infirma nostri corporis, Virtute firmans perpeti.

Hostem repellas longius, Pacemque dones protinus; Ductore sic Te previo, Vitemus omne noxium.

Per Te sciamus da Patrem, Noscamus atque Filium Teque utriusque Spiritum, Credamus omni tempore.

Deo Patri sit gloria, Et Filio, qui a mortuis Surrexit, ac Paraclito, In saeculorum saecula. Amen.

Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein,besuch das Herz der Kinder Dein:die Deine Macht erschaffen hat,erfülle nun mit deiner Gnad.

Der Du der Tröster wirst genannt,vom höchsten Gott ein GnadenpfandDu Lebenslicht, Licht, Lieb und Glut,der Seele Salbung, höchstes Gut.

Oh Schatz, der siebenfältig ziert, oh Finger Gottes, der uns führt, Geschenk, vom Vater zugesagt,Du, der die Zungen reden macht.

Zünd an in uns, des Lichtes Schein,gieß Liebe in die Herzen ein,stärk unsres Leibs Gebrechlichkeitmit Deiner Kraft zu jeder Zeit.

Treib weit von uns des Feinds Gewalt,in Deinem Frieden uns erhalt,daß wir, geführt von Deinem Licht,in Sünd und Elend fallen nicht.

Gib, daß durch Dich den Vater wir,und auch den Sohn erkennen hier,und daß als Geist von beiden dich,wir allzeit glauben festiglich.

Gott Vater Lob auf höchstem Thronund seinem auferstandnen Sohn;dem Tröster auch sei Lob geweihtjetzt und in alle Ewigkeit.Amen.

Leben aus Gottes Kraft

Pro Missa Tridentina auf dem Ulmer Katholikentag vom 16.-20. Juni 2004

Gregorianischer Gesang in Gabun

Schulen, Kapellen und Missionsstationenan der Ausbreitung des Reiches Gottesauch auf dem schwarzen Kontinent mitzu-wirken.

Das Institut Christus König und Hoherprie-ster hat die Gläubigen in Gabun nicht ver-gessen, und es wird immer weiter zurück-kommen in das Land seiner Geburt, das vollArmut und Not, aber auch voll Schönheitund Geheimnis ist.

Spenden für die Arbeit des Institutes Chri-stus König und Hoherpriester in Gabunkönnen jederzeit auf das Konto des Vereins„Pro Sacerdotibus e.V.“ Nr. 2218577 bei derLIGA Bank in München (BLZ 750 903 00)mit dem Vermerk „Institut Christus König -Mission in Gabun“ überwiesen werden.

Abbé Michael Wiener

Spendung der hl. Taufe

St. Odile in Mayumba

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 59Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200458

Leben aus Gottes Kraft

dem Messestand und war für viele Besu-cher Blickfang und Anknüpfungspunkt fürein Gespräch. Auf den Seitenwänden hinten links bzw.rechts befanden sich große Bilder aus derWeihezeremonie zum Subdiakon bzw. Prie-ster. Ganz vorne links lief abwechselnd einFilm mit der Kirchweihe in Wausau, Wiscon-sin (s.a. Artikel „Leuchtendes Mittelalter“ inPMT-Rundbrief Nr. 27), und der Weihe desneuen Abts von Le Barroux , dem Reform-Benediktinerkloster in Südfrankreich. Ganz vorne rechts hing eine druckfrischegroße Landkarte (siehe Doppelseite in derHeftmitte in diesem Rundbrief), die alle Or-te in Deutschland, Österreich und derSchweiz zeigte, an denen regelmäßig mitZustimmung des jeweiligen Ortsbischofsdie heilige Messe im klassischen römischenRitus gefeiert wird. Auch dies regte vieleBesucher an, stehenzubleiben und nachzu-schauen, wo in ihrer Heimat die nächste al-te heilige Messe gefeiert wird.

Vorne war eine große Ablage, auf der vieleverschiedene Schriften zum Mitnehmen be-reitlagen - darunter das Motu proprio„Ecclesia Dei“, Pro Missa Tridentina-Rund-briefe, Informationsblätter des InstitutsChristus König und Hoherpriester sowieHefte des französischen Reform-Dominika-nerklosters St. Vinzenz Ferrer in Chémeré-le-Roi (s. Artikel in PMT-Rundbrief Nr. 4).Frater Jordan Maria Grötz, FSVF, war extraaus Frankreich angereist, um auf dem Ka-tholikentag Zeugnis dafür zu geben, wiesein Ordensleben von Gottes Kraft getra-gen wird.Über der Schriftenauslage hingen Zitateaus der Liturgiekonstitution des Zweiten Va-tikanischen Konzils:

Der Überlieferung treu gehorsam erklärtdas Heilige Konzil schließlich, daß dieheilige Mutter Kirche allen rechtlich an-erkannten Riten gleiches Recht und glei-che Ehre zuerkennt. Es ist ihr Wille, daßdiese Riten in Zukunft erhalten und in je-der Weise gefördert werden. (Vorwort,Artikel 4 SC, gemäß dem lateinischenText)

Der Gebrauch der lateinischen Sprachesoll in den lateinischen Riten erhaltenbleiben, soweit nicht Sonderrecht entge-gensteht. (Artikel 36. SC §1)

Es soll jedoch Vorsorge getroffen wer-den, daß die Christgläubigen die ihnenzukommenden Teile des Meß-Ordinari-ums auch lateinisch miteinander spre-chen oder singen können. (Artikel 54 SC)

Die Kirche betrachtet den Gregoriani-schen Choral als den der römischen Li-turgie eigenen Gesang; demgemäß soller in ihren liturgischen Handlungen,wenn im übrigen die gleichen Vorausset-zungen gegeben sind, den ersten Platzeinnehmen. (Artikel 116)

Leben aus Gottes Kraft

Als Voranfragen mit positiven Signalen be-antwortet wurden, beschloß der Pro MissaTridentina-Vorstand, auf dem Katholikentagaktiv zu werden, denn der klassische römi-sche Ritus kann viel zum „Leben aus Gott-es Kraft“ beitragen.

TeilnahmeWie hoch die Sprengkraft der alten Liturgieeingeschätzt wird, zeigte das Programm-heft des Katholikentags: Obwohl wir einetägliche heilige Messe im klassischen römi-schen Ritus beantragt hatten, gab es wederam Donnerstag, Freitag, Samstag oder amSonntag eine Kirche, die dafür frei gewesenwäre - weder morgens noch mittags oderabends. Auch der Minimalvorschlag, we-nigstens am Freitag, dem Herz-Jesu-Fest,eine feierliche Vesper anzubieten, wurdeabgelehnt. Ein Vortrag über das TurinerGrabtuch sowie ein vom Vorstand angebo-tenen Podiumsgespräch mußten ebenfallsder „Programmvielfalt“ weichen.(Entschei-dend war die „Notwendigkeit eines ausge-wogenen und überschaubaren Pro-gramms“.)

Auf diese Weise konnten sich die Vorberei-tungen auf den Stand in Halle 7 („Orte derBegegnung“) konzentrieren. Zusammen mitdem Institut Christus König und Hoherprie-ster wurde die Gestaltung der Stellwändegeplant.

Standaufbau und -gestaltungWir hatten uns für die Halle mit dem The-menbereich „Den Grund des Lebens erfah-ren“ entschieden. „Wozu sind wir auf Erden? - Um Gott zuerkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienenund einst ewig bei ihm zu leben.“ DieWorte der ersten Katechismusfrage aufeinem Schild, das direkt unter der Stand-blende mit dem Namen der Laienvereini-gung angebracht war, empfingen die Besu-cher.Die Querwand im Hintergrund sollte ganzdem zentralen Geheimnis des zentralen Sa-kraments gewidmet sein, aus dem wir alleLeben und Kraft schöpfen: der heiligenWandlung. Ein beeindruckendes Bild vonPriesterhänden, die die konsekrierte Hostiehalten, prägte so die gesamte Arbeit auf

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 61Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200460

Leben aus Gottes Kraft

1. Die große Bandbreite der Stände undVeranstaltungen. Es waren u.a. in Halle 7 wenige Quergängeneben der Pro Missa Tridentina-Vertretungfolgende Stände: „Netzwerk konfessions-verbindender Paare“, „KirchenVolksBewe-gung Wir sind Kirche“, „Vereinigung kath.Priester und ihrer Frauen“, „Lesbisch-schwule Gottesdienstgemeinschaften inDeutschland“, „Initiativgruppe vom Zölibatbetroffener Frauen“, „Maria von Magdala -Initiative Gleichberechtigung für Frauen inder Kirche“, „HuK, Ökumen. AG Homose-xuelle und Kirche“; aber auch: „CollegiumMarianum“, „Totus Tuus - Neuevangelisie-rung“, „Franziskanerinnen Kloster Sießen“,„Deutsches Liturgisches Institut, Trier“ usw.Neben einzelnen Referaten wie denen vonMartin Mosebach („An ihren Früchtchenwerdet ihr sie erkennen“, sechs Thesenzum Thema „Gottesdienst zwischen Traditi-on und Zeitgemäßheit“) standen Vorträgeund Podiumsdiskussionen mit der Kirchefernstehenden Personen wie Bischof Gail-lot, Eugen Drewermann und Hans Küng.Letztere fanden in der Berichterstattungüber den Katholikentag leider ein viel zugroßes Echo.Wie Dr. Andreas Püttmann in seinem Refe-rat „Das christliche Zeugnis in der säkulari-sierten Gesellschaft“ auf der letztjährigenHauptversammlung in Köln zeigte, ist esgerade in solchen Fällen von Bedeutung,daß auch andere Positionen öffentlich ver-treten werden.2. Obwohl es sich in Ulm nicht um einen„ökumenischen Kirchentag“ handelte, wardie Ökumene stark präsent. So hatten z.B.überraschend viele Gruppierungen für diePräsentation ihres Stands ein „ökumeni-sches Café“ gewählt. Zahlreiche Gottes-dienste bis hin zur großen Abschlußmesseam Sonntag waren ökumenisch ausgerich-tet.Auch die Laienvereinigung Pro Missa Tri-dentina und das Institut Christus König undHoherpriester suchten das ökumenische

Gespräch: Metropolit Kyrill von Varna amSchwarzen Meer (Bulgarien) informiertesich bei einem Besuch an unserem Standüber die Arbeit von Organisationen und Ge-meinschaften, die sich für den alten lateini-schen Ritus einsetzen. Metropolit Kyrill sag-te, ein fruchtbarer Dialog sei nur mit denTeilen der römischen Kirche möglich, wel-che die heilige Liturgie in würdiger undrechtgläubiger Weise feierten.

BilanzDurch die Lage unseres Stands nahe demHallenausgang, der zum Essenszelt führte,war um die Mittagszeit manchmal fast keinDurchkommen. Auf diese Weise nahmen viele der BesucherNotiz von der Präsenz der alten lateinischenLiturgie, die sonst nicht extra zu unserembzw. dem Stand der PriesterbruderschaftSt. Petrus gekommen wären.Insgesamt kann man eine positive Bilanzder Teilnahme am Katholikentag 2004 inUlm ziehen: Es gab viele gute, auch weiter-führende Kontakte, und es war sehr wichtig,einmal Personen zu erreichen, die bislangkeine Berührung mit der klassischen römi-schen Liturgie hatten.Dies zeigt nicht zuletzt der Leitartikel aufS.1 der FAZ vom Montag, 21. Juni 2004, indem es unter dem Titel „Auf der Suchenach dem Weg“ u.a. heißt: „Daß Hans Küngund Eugen Drewermann sich nicht auf ei-nem ‘Katholikentag von unten’ wiederfan-den und ‘Homosexuelle und Kirche’ sowie‘Pro Missa Tridentina’ sich in derselbenMessehalle präsentierten, galt den einenals Umarmungsstrategie, anderen alsSymptom eines Mangels an ‘katholischem’Profil. ... Hamburg, Berlin, Ulm - der näch-ste Katholikentag wird in zwei Jahren inSaarbrücken stattfinden. Man wird sehen,was bis dahin aus der Kirche in Deutsch-land geworden sein wird. Es gibt viel Rich-tiges zu tun.“

Monika Rheinschmitt

Leben aus Gottes Kraft

Schließlich sollen keine Neuerungen einge-führt werden, es sei denn, ein wirklicher undsicher zu erhoffender Nutzen der Kircheverlange es. ( Abschnitt 23 SC )

Diese Textstellen sollten in der Diskussionüber „die Messe, die ‘das Konzil’ wollte“ aufjeden Fall berücksichtigt werden - nicht nurauf dem Katholikentag.

Viele Besucher, die uns vorwarfen, wir lehn-ten „das Konzil“ ab, waren höchst erstauntüber diese Forderungen; manche meinten,so etwas könne man doch heute nicht mehrumsetzen, andere nahmen Informations-schriften mit und gingen nachdenklich wei-ter.Insgesamt kamen sehr viele, oft tiefgehen-de Gespräche zustande, so daß die Stand-besatzung gut ausgelastet war. Manchesuchten gezielt das Gespräch mit einem derPriester in schwarzer Soutane (Abbé KarlLenhardt und Abbé Michael Wiener vom In-stitut Christus König und Hoherpriester)bzw. gingen auf den jungen Ordensmann imweißen Habit zu, andere sprachen lieber ei-nen der Laien an.U.a. durch unsere Wand-an-Wand-Nach-barschaft zu „Unita dei Cristiani e.V.“ (Initia-tive und Förderverein für die Einheit derChristen - Ökumene), die in der ökumeni-schen Arbeit direkt mit Kardinal Kasper ver-

bunden sind, erhielt der Pro Missa Tridenti-na-Stand am Freitag hohen Besuch.Am Freitagvormittag fand ein Empfang fürKardinal Kasper statt, an dem sowohl Bi-schof Gebhard Fürst und Nuntius Erzbi-schof Dr. Erwin-Josef Ender als auch ande-re Würdenträger - darunter protestantischeund weltliche Ehrengäste - teilnahmen.Erzbischof Ender erinnerte sich bei seinemBesuch auf unserem Stand lebhaft an seineAusbildung und die ersten Jahre seinesWirkens als Priester und erklärte seine Be-reitschaft zu einem längeren Treffen späterim Jahr.Am Tag zuvor war bereits MilitärbischofWalter Mixa vorbeigekommen und hattesich über die Präsenz des klassischen römi-schen Ritus im deutschen Sprachraum in-formiert.

Rundgang durch die HallenIn „unserem“ Teil von Halle 7 hatten die Ka-tholikentags-Organisatoren viele der kon-servativen Gruppierungen konzentriert. Sobefand sich gegenüber dem Pro Missa Tri-dentina-Stand der von MedjugorjeDeutschland, daneben präsentierte diePriesterbruderschaft St. Petrus ihre Arbeit,gefolgt von der Legion Mariens.Rücken an Rücken zum Stand der Laien-vereinigung informierten die Immakulata-schwestern über ihre Gemeinschaft im Klo-

ster Brandenburg.(In diesem Kloster in Dieten-heim an der Iller war unsereStandbesatzung hervorra-gend untergebracht: Mitgroßer Herzlichkeit empfin-gen die Immakulataschwe-stern ihre Gäste und sorgtensowohl für das leibliche alsauch für das geistliche Wohlin umfassender Weise.)Auffällig waren bei einemRundgang durch unsere unddie Nachbarhalle zwei Din-ge:

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 63

Bemerkungen zur Instruktion · Redemptionis sacramentum

Mit großer Dankbarkeit für grundlegendeKlarstellungen und Zurückweisungen vonMißbräuchen werden die gläubigen Katholi-ken die neue Instruktion begrüßen. In Ver-bindung mit der Enzyklika Ecclesia de Eu-charistia können sie zweifellos dazubeitragen, der Kirche treue Katholiken zubestärken, und dafür kann man in der heu-tigen Lage der Kirche nicht dankbar genugsein. Ich habe gerade jetzt wieder Kenntnisvon geradezu unfaßlichen Maßnahmen vonSeelsorgern betreffend die Liturgie erhalten,die den Weisungen der Instruktion radikalwidersprechen. Die leidtragenden und ge-radezu verzweifelten Gläubigen sehen aberauch keine Aussicht, vom zuständigen Or-dinariat Hilfe zu erhalten. Wie sollen sichauch einfache Menschen dann an Romwenden? Sie sind hilflos der Willkür derPfarrer ausgeliefert, die einfach behaupten,ihre Maßnahmen entsprächen gerade derneuen Instruktion von Rom, zum Beispieldie Anordnung, bei der Wandlung zu stehenstatt zu knien. Die noch so große Dankbar-keit für dieses wichtige Dokument kann da-her nicht über die Tatsache hinweghelfen,daß einige grundlegende Fragen noch offenbleiben. Diese Fragen wurden nach meiner Kenntnisbisher nicht in offiziellen Dokumenten ge-stellt, geschweige denn beantwortet. Diesist eine Quelle tiefer Leiden für jene Katholi-ken, die immer „der katholischen Lehreüber dieses wunderbare Sakrament“ treubleiben wollten und gleichzeitig seit Jahr-zehnten den rapiden Verfall dieses Glau-bens beobachten mußten. Waren estatsächlich nur „Mißbräuche“, die „zur Ver-dunkelung des rechten Glaubens“ geführthaben (Nr. 6)? Vor allem aber: War dietatsächliche Reform des Jahres 1969 wirk-

lich „die Liturgiereform des Konzils“? DieseFragen sind vielfach sorgfältig untersuchtworden. Die dabei gewonnenen Ergebnissesind jedoch meines Wissens bisher offen-bar nie ins Bewußtsein gelangt. Nach mei-ner Kenntnis wurden sie jedenfalls nie in ei-nem offiziellen Dokument auch nur erwähnt.Die zweite Frage hat auch ein unmittelbarerZeuge der Vorgänge, Alfons Maria KardinalStickler, in seinem wichtigen und klärendenBeitrag „Erinnerungen und Erfahrungen ei-nes Konzilsperitus der Liturgiekommission“1

behandelt. Er konnte zeigen, daß dietatsächliche Liturgiereform den Weisungendes Konzils vielfach widerspricht. JosephKardinal Ratzinger hat dies bereits als Pro-fessor der Theologie in Regensburg gese-hen und später mehrfach in Publikationenausgesprochen. Viele dem Glauben der Kir-che treue Theologen, wie Georg May undandere, haben dies aufgezeigt.Der einzige mir bekannte Liturgiewissen-schaftler, der diese Widersprüche früh er-kannt und unermüdlich aufgezeigt hat, warKlaus Gamber. Er wurde von seinen Fach-kollegen ignoriert. Kardinal Ratzinger aberhat in einem Gedenkwort für Klaus Gambergesagt, daß es der liturgischen „Bewegungim Besten ihres Wesens ... nicht um dasMachen von Texten, um das Erfinden vonAktionen und von Formen ging, sondern umdie Wiederentdeckung der lebendigen Mit-te, um das Eindringen in das innere Gewe-be der Liturgie zu neuem, von innen her ge-formtem Vollzug. Die liturgische Reform hatsich in ihrer konkreten Ausführung von die-sem Ursprung immer mehr entfernt. Das Er-gebnis ist nicht Wiederbelebung, sondern

Bemerkungen zur InstruktionRedemptionis sacramentum

Professor Waldstein

1 In: Die heilige Liturgie, Hrsg. Franz Breid, Steyr 1997,160-195.

Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 200462

Leben aus Gottes Kraft

Veni, Sancte Spiritus,Et emitte caelitusLucis tuae radium.

Veni, pater pauperum,Veni, dator munerum,Veni, lumen cordium.

Consolator optime,Dulcis hospes animae,Dulce refrigerium.

In labore requies,In aestu temperies,In fletu solacium.

O lux beatissima,Reple cordis intimaTuorum fidelium.

Sine tuo nomine Nihil est in homine,Nihil est innoxium.

Lava quod est sordidum,Riga quod est aridum,Sana quod est saucium.

Flecte quod est rigidum,Fove quod est frigidum, Rege quod est devium.

Da tuis fidelibusIn te confidentibusSacrum septenarium.

Da virtutis meritum,Da salutis exitum,Da perenne gaudium.

Amen. Alleluja.

Komm, o Geist der Heiligkeit!Aus des Himmels HerrlichkeitSende Deines Lichtes Strahl.

Vater aller Armen Du,Aller Herzen Licht und Ruh,Komm mit Deiner Gaben Zahl!

Tröster in Verlassenheit,Labsal voll der Lieblichkeit,Komm, o süßer Seelenfreund!

In Ermüdung schenke Ruh,In der Glut hauch Kühlung zu,Tröste den, der Tränen weint.

O Du Licht der Seligkeit,Mach Dir unser Herz bereit,Dring in unsre Seelen ein!

Ohne Deinen GnadenscheinSteht der arme Mensch allein,Kann nicht gut und sicher sein.

Wasche, was beflecket ist,Heile, was verwundet ist,Tränke, was da dürre steht,

Beuge, was verhärtet ist,Wärme, was erkaltet ist,Lenke, was da irre geht!

Heil’ger Geist, wir bitten Dich,Gib uns allen gnädiglichDeiner sieben Gaben Kraft!

Gib Verdienst in dieser ZeitUnd dereinst die SeligkeitNach vollbrachter Wanderschaft.

Amen. Alleluja.

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 65

Bemerkungen zur Instruktion · Redemptionis sacramentum

sche Lehre von der Eucharistie glauben,kann zweifellos nicht allein auf gelegentli-che oder sogar verbreitete Mißbräuchezurückgeführt werden. Vielmehr ist es ganzoffensichtlich so, daß die Mißbräuche ihreUrsache im Glaubensverlust haben. Wasaber sind die Ursachen des Glaubensverlu-stes? Deren gibt es sicher viele. Aber hin-sichtlich der Eucharistie ist nachweislich ei-ne ganz entscheidende Ursache dietheologische Auffassung, die hinter der De-finition der heiligen Messe in der mit demneuen Missale Romanum von 1969 veröf-fentlichten Institutio generalis steht. DieseInstitutio generalis wurde mit Dekret der Ri-tenkongregation vom 6. April 1969 publi-ziert. In ihrer Nr. 7 wurde die heilige Messefolgendermaßen definiert: Cena dominicasive Missa est sacra synaxis seu congrega-tio populi Dei in unum convenientis, sacer-dote praeside, ad memoriale Domini cele-brandum. In der amtlichen deutschenÜbersetzung lautet der Satz: „Das Herren-mahl - die Messe - ist die heilige Versamm-lung des Volkes Gottes, die unter der Lei-tung des Priesters die Gedächtnisfeier desHerrn begeht.“ Auf dem Hintergrund alldessen, was das kirchliche Lehramt bis zuden Artikeln 7 und 47 der Liturgiekonstituti-on5 und in der Enzyklika Mysterium fideiüber das Wesen der heiligen Messe gesagthat, ist es doch wohl für jeden unbefange-nen Betrachter klar, daß diese Definition mitdieser Lehre nicht vereinbar ist. Man ist bei

der Beurteilung dieser Definition zum Glückauch nicht auf Vermutungen oder, wieBugnini meinte, Unterstellungen angewie-sen, um zu wissen, welchem Geist sie ent-stammt. Der wohl maßgeblichste Experteder Deutschen Bischofskonferenz in Fragender Liturgie, der auch Peritus des Consiliumvon 1964 bis 1969 war, stellt die Dingeselbst klar. In einem Aufsatz über Traditionund Fortschritt in der Liturgie hat E. J. Len-geling 1975 zu den Dingen, die er als Fort-schritt ansah, folgendes gesagt: „Aus derAllgemeinen Einführung zum Meßbuch von1969 sei die schon in der Liturgiekonstituti-on (47)6 und in der Eucharistieinstruktion(1967) sich abzeichnende, ökumenischtragfähige sakramentale Theologie derMeßfeier herausgehoben“7. Die von Lenge-ling hier gemeinte Auffassung von der heili-gen Messe ist die soeben angeführte Defi-nition.Die Kardinäle Ottaviani und Baccihaben bekanntlich zu dieser „AllgemeinenEinführung“ am 25. September 1969 einekritische Prüfung der neuen Messe PapstPaul VI. zugeleitet, in der zu dieser Definiti-on unter anderem ausgeführt wird: „Sie ent-hält mit keinem Wort auch nur irgendeinender wesentlichen dogmatischen Werte (va-lorum) der Messe, die erst zusammen diewahre Definition ergeben. Diese bewußteAuslassung (dieser dogmatischen Werte) istgleichbedeutend (aeque sonat) mit ihrer«Überholtheit» («superatio») und deswegen,wenigstens in der Praxis, mit ihrer Leug-nung.“8Kardinal Stickler sagt zu dieser Defi-nition: „an die Stelle des vom geweihten5 SC 47: „Unser Erlöser hat beim letzten Abendmahl in

der Nacht, da er überliefert wurde, das eucharistischeOpfer seines Leibes und Blutes eingesetzt, um dadurchdas Opfer des Kreuzes durch die Zeiten hindurch bis zuseiner Wiederkunft fortdauern zu lassen und so der Kir-che, seiner geliebten Braut, eine Gedächtnisfeier (der la-teinische Text hat memoriale, in der Schott-Überset-zung des Adoro te mit „Denkmal“ wiedergegeben)seines Todes und seiner Auferstehung anzuvertrauen:das Sakrament huldvollen Erbarmens, das Zeichen derEinheit, das Band der Liebe, das Ostermahl, in demChristus genossen, das Herz mit Gnade erfüllt und unsdas Unterpfand der künftigen Herrlichkeit gegebenwird.“ In Art. 49 ist dann ausdrücklich vom „Opfer derMesse“ (Sacrificium Missae) die Rede.

6 Wenn Lengeling behauptet, bereits in Art. 47 der Litur-giekonstitution zeichne sich jene „ökumenisch tragfähi-ge sakramentale Theologie der Meßfeier“ ab, die dannzur Definition der Messe in der „Allgemeinen Ein-führung“ geführt habe, so ist das ein besonders lehrrei-ches Beispiel für die Umdeutung des Konzils nach denAbsichten der Reformer. Der Text selbst sagt klar etwasanderes (vgl. in Anm. 5 ).7 Liturgisches Jahrbuch, Vierteljahreshefte für Fragendes Gottesdienstes 25 (1975) 218 f. Der Text ist ingrößerem Zusammenhang abgedruckt in UVK 8 (1978)S. 314.

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Verwüstung.“2 Noch klarer hat er es in sei-nem Buch „Aus meinem Leben“ formuliert:„Ich bin überzeugt, daß die Kirchenkrise,die wir heute erleben, weitgehend auf demZerfall der Liturgie beruht, die mitunter so-gar so konzipiert wird, »etsi Deus non dar-etur«“3, als existierte Gott nicht. Wenn derPräfekt der Glaubenskongregation eine sol-che Feststellung treffen muß, stellt sichdoch unausweichlich die Frage, ob „einwirklicher und sicher zu erhoffender Nutzender Kirche“ (SC 23) die tatsächlich einge-führten Neuerungen verlangt habe.Nachdem Kardinal Ratzinger die Verfäl-schungen einer echten Liturgiereform auf-gezeigt hat, sagt er: „Dieser Verfälschunghat sich Gamber mit der Wachheit eineswirklich Sehenden und mit der Uner-schrockenheit eines rechten Zeugen entge-gengestellt und uns demgegenüber uner-müdlich die lebendige Fülle wirklicherLiturgie aus einer unerhört reichen Kenntnisder Quellen heraus gelehrt.“4 Solche Aus-sagen von solchen Autoritäten konnten je-doch bisher nicht bewirken, daß die Frage,ob die Liturgiereform von 1969 tatsächlichdie vom Konzil gewünschte war und damitzu Recht als „die Liturgiereform des Kon-zils“ bezeichnet werden kann, offiziell auchnur gestellt wurde. Um so schmerzlicher istes, daß sie auch in dem in vieler Hinsicht soverdienstvollen Dokument Redemptionissacramentum nach wie vor nicht vorkommt.Ohne ehrliche Antwort auf diese Fragebleibt die Entwicklung nach der Liturgiere-form letztlich unverständlich. Die wirklichenWunden können so nicht heilen. Mensch-lich gesprochen sind sie auch nicht mehr inirgendwie absehbarer Zeit heilbar, solangenicht die Hauptursachen für den Verfall derLiturgie erkannt und behoben werden kön-

nen. Und diese Ursachen haben dazu ge-führt, daß es nicht nur überall „Mißbräuche“gibt, die mit rechtlichen Weisungen beho-ben werden könnten, sondern daß nach ei-ner beim Ökumenischen Kirchentag 2003 inBerlin veröffentlichten Statistik, wie LeoKardinal Scheffczyk in „Theologisches“ 33,Nr. 8/9 (2003), Sp. 347, feststellen muß, „88% der Katholiken Deutschlands keinen Un-terschied mehr zwischen der katholischenEucharistie, dem heiligen Meßopfer, unddem evangelischen Abendmahl erkennenwürden“. Unabhängig davon, ob diese Zahlnun wirklich korrekt ist oder nicht, kann ichjedenfalls aus persönlichen Erfahrungenund vielen Gesprächen auch mit Priesternfeststellen, daß die in der Statistik getroffe-ne Feststellung jedenfalls für einen sehr ho-hen Prozentanteil von Priestern und Laiengilt, die sich formell als Katholiken bezeich-nen. Wenn aber der Unterschied „zwischender katholischen Eucharistie, dem heiligenMeßopfer, und dem evangelischen Abend-mahl“ nicht mehr gesehen und nicht aner-kannt wird, folgt daraus zwingend, daß voneinem hohen Prozentsatz von formellen Ka-tholiken der katholische Glaube in einer fürden Glauben schlechthin entscheidendenFrage inhaltlich nicht mehr gekannt und an-erkannt wird. Man kann dann wohl nichtmehr einfach von „Katholiken“ sprechen.Ich kann hier im Folgenden nur drei Haupt-fragen behandeln, 1. die Frage nach denUrsachen dieses Glaubensverlustes und 2.die Frage, ob die neue Liturgie wirklich die„des Konzils“ ist. Wegen ihrer grundsätzli-chen Bedeutung für das Verständnis deskirchlichen Rechtes überhaupt, muß ich 3.ausführlicher auf die sogenannte „authenti-sche Interpretation“ zu Can. 230 § 2 CICeingehen.

I. Zur Frage der Ursachen des Glaubens-verlustesDas offiziell vorgestellte statistische Ergeb-nis, wonach nur mehr 12 % nomineller Ka-tholiken Deutschlands noch an die katholi-

2 In: Simandron, Der Wachklopfer, Gedenkschrift fürKlaus Gamber (1919-1989), hrsg. von W. Nyssen, Köln1989, S. 13.3 Vgl. Aus meinem Leben 174.4 Simandron S. 15.

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anderen Ländern - die Auffassungen desdamaligen Präfekten der Liturgiekongrega-tion, Lengelings und anderer Mitglieder desConsilium auch nach der Korrektur von1970 beibehalten haben. Dies wird auchdurch die Beschreibung der „Eucharistie“im „Gotteslob“ von 1974 in der Nr. 53 deut-lich. Dieses „Gotteslob“ wurde „von denBischöfen Deutschlands und Österreichsund der Bistümer Bozen-Brixen und Lüt-tich“ herausgegeben und ist nun seit 30Jahren allgemein im Gebrauch. Die Be-schreibung der „Eucharistie“ in der Nr. 53enthält keine einzige Aussage, die nichtauch von einem evangelischen Christen be-jaht werden könnte. Damit ist aber auch derUnterschied zum evangelischen Abend-mahl verwischt. Auch wenn über den, „derganz und gar in Christus eingefügt ist“, ge-sagt wird: „Er wird eingefügt in das allum-fassende Opfer Christi, ‚in dem die ganzeerlöste Gemeinde durch den ewigen Ho-henpriester Gott dargebracht wird’ (Augu-stinus)“, so führt das dem Verständnis des-sen, was die heilige Messe nachkatholischer Lehre ist, zweifellos nichtnäher. Paul Hacker hatte bereits 1976 in„Theologisches“ Sp. 1897 dazu folgendesgesagt: „Wenn man schon so viel über dieEucharistie sagt (...), dann darf nicht fehlen,was die Kirche über die Eucharistie gelehrthat. Ein einziger Satz hätte genügt. Aberkeiner der charakteristischen Begriffe, diedie Kirche unter Leitung des Heiligen Gei-stes festgelegt hat, findet sich hier.“Papst Paul VI. hatte gerade auf die Bedeu-tung der Exaktheit der Sprache für die Rei-nerhaltung des Glaubens in seiner Enzykli-ka „Mysterium fidei“ nachdrücklichhingewiesen. Er sagt dort: „Bei Wahrungder Unversehrtheit des Glaubens ist esauch notwendig, eine exakte Ausdrucks-weise beizubehalten, damit beim Gebrauchunpassender Worte uns nicht falsche An-sichten in den Sinn kommen, was Gott ver-hüte, die den Glauben an die tiefsten Ge-heimnisse betreffen. ... Die Norm, zu

sprechen, die die Kirche in jahrhundertelan-ger Arbeit und mit dem Beistand des Heili-gen Geistes festgelegt und die sie durch dieAutorität der Konzilien bestätigt hat und dieKennzeichen und Banner der Rechtgläubig-keit geworden ist, muß heiliggehalten wer-den. Niemand wage es, sie nach seinemGutdünken oder unter dem Vorwand einerneuen Wissenschaft zu ändern.“13 Daß dievon Lengeling vertretene Auffassung vonLiturgiewissenschaftlern wohl ganz allge-mein vertreten wurde, bezeugt auch der1968 zum Professor an der TheologischenFakultät in Salzburg ernannte Franz Niko-lasch bereits im Januar 1969. Er hat seineAntrittsvorlesung über die „Entsakralisie-rung der Liturgie“ gehalten. Dabei hat ernach meiner Erinnerung behauptet, daß diesakralen Elemente der „vorkonziliaren Litur-gie“ überhaupt nicht christlich seien, son-dern aus persischen Kulten stammten. Dieneue Liturgie, die er wegen einer mir nichtnäher bekannten Mitarbeit beim Consiliumin Rom schon kannte, werde nun endlichdie eigentlich christliche Form herstellen,die von der neuen Definition umschriebensei.In einem Aufsatz aus dem Jahre 1990 be-tont Nikolasch mit Recht: „»Lex orandi le-gem statuit et credendi = das Gesetz desBetens bestimmt auch das Gesetz desGlaubens«. Liturgie ist gelebter Glaube, dasGlaubensverständnis konkretisiert sich inder Liturgie, und umgekehrt ist die Liturgieeine unverzichtbare Grundlage für dasGlaubensverständnis“14. Anschließend andiese klassisch richtigen Feststellungenstellt er, ein gewiß unverdächtiger Zeuge,aber folgende Behauptung auf: „Ein ganzentscheidender Faktor für die Fehlentwick-lung des Glaubensverständnisses in den

13 Deutsche Ausgabe im Paulus Verlag Recklinghausen,1965, S. 7.14 Vgl. F. Nikolasch, Liturgie - gelebter Glaube, in: R.Schermann (Hrsg.), Wider den Fundamentalismus, KeinZurück hinter das II. Vatikanische Konzil, Mattersburg-Bad Sauerbrunn 1990, 64 f.

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Priester als alter Christus dargebrachtenOpfers tritt die Mahlgemeinschaft der ver-sammelten Gläubigen unter dem Vorsitzdes Priesters“. Er weist darauf hin, daß dieschwerwiegende und sorgfältig dokumen-tierte Kritik der beiden Kardinäle Papst PaulVI. dazu veranlaßte, die Institutio generalisvon 1969 einstampfen zu lassen9 und derenKorrektur anzuordnen. Die neue Fassung istmit Dekret vom 26. März 1970 „im Auftragdes Papstes“ veröffentlicht worden, alsoknapp ein Jahr nach der ersten Veröffentli-chung der reformierten Liturgie. Dies ist einin der Geschichte der Kirche beispielloserVorgang. Trotz dieser Definition der heiligenMesse wagte die Kongregation für den

Gottesdienst, offiziell festzustellen, daß diePrüfung der Institutio durch die Väter desConsilium, also jenes Rates, der die neueLiturgie ausgearbeitet und die Institutio ver-abschiedet hatte, keinerlei lehrmäßigen Irr-tum feststellen konnte. Daher hätte man dieEinwendungen gar nicht berücksichtigenmüssen und Änderungen wären an sichnicht nötig gewesen. Es wird auch versi-chert, daß in der Substanz tatsächlichnichts verändert worden sei.10 Bugnini hatda sein Consilium zum Richter in eigenerSache gemacht. Daß dessen Mitglieder inden von ihnen selbst geschaffenen Textenkeine Irrtümer finden konnten, kann nichtüberraschen. Das Urteil von Kardinal Otta-viani, immerhin des ehemaligen Präfektender Glaubenskongregation, war jedoch fürBugnini unverständlich11.Worum es wirklichgeht, sagt jedoch Lengeling ganz offen:„Trotz der von reaktionären Angriffen er-zwungenen, dank des Geschicks der Re-daktoren Schlimmeres verhütenden Neu-fassung von 1970 führt sie - ganz im SinnOdo Casels - aus Sackgassen nachtridenti-nischer Opfertheorien heraus und ent-spricht dem Konsens, der sich in mancheninterkonfessionellen Dokumenten der letz-ten Jahre abzeichnet.“12Es ist eine unbe-streitbare Tatsache, daß die Liturgiewissen-schaftler - jedenfalls im deutschsprachigenRaum, wohl aber auch in Frankreich und

8 Übersetzt nach dem lateinischen Originalext: Brevi ex-amini critico subicitur Novus Ordo Missae, Fondazione«Lumen gentium», via Esquilino, 38 - 00185 Roma,1969. Card. Antonelli berichtet über die Kritik von Card.Seper an dieser Definition und über die Art, wie die Kor-rektur vor sich ging, ein Musterbeispiel manipulativenVerfahrens; vgl. Nicola Giampietro O.F.M.Cap., Il Card.Ferdinando Antonelli e gli sviluppi della riforma liturgicadal 1948 al 1970, Studia Anselmiana 121, Analacta Li-turgica 21, Roma 1998, 262 f.9 Erinnerungen 172. Die Diskussion um die Nr. 7 ist aus-führlicher dargestellt bei Giampietro, vgl. vorige Anm.10 Vgl. Notitiae 6 (1970) 177: Quaedam vero obiurgatio-nes factae sunt ex praeconcepta oppositione ad cuius-vis generis novitates, et ideo necessarium visum non esteas considerare, cum omni fundamento careant. NamPatrum «Consilii» et peritorum examini subiecta Institu-tione, sive ante sive post eius publicationem, nulla in-venta est ratio quaedam mutandi, nec ullus deprehen-sus est error doctrinalis. ... Attamen, ad vitandascuiusvis generis difficultates, et ad clariores reddendasquasdam locutiones, statutum est ... textum Institutionishic vel illic complere aut denuo conscribere ... Nihil au-tem ex novo confectum est (Übers. von mir: GewisseVorwürfe sind aus vorgefaßter Opposition gegen jedeArt von Neuerung erhoben worden. Deswegen erschienes nicht notwendig, diese zu berücksichtigen, weil siejeder Grundlage entbehren. Denn als die Institutio derPrüfung der Väter des «Consilium» und der Expertenunterbreitet wurde, sei es vor oder nach ihrer Veröffent-lichung, fand man keinen Grund, etwas zu ändern, nochwurde ein Lehrirrtum festgestellt. Dennoch wurde ent-schieden, um Schwierigkeiten jeglicher Art zu vermei-den und um manche Aussagen zu verdeutlichen, denText der Institutio hie und da zu vervollständigen oderneu zu schreiben. ... Nichts aber ist neu gemacht wor-den). Das ist die Sprache Bugninis, vgl. Liturgiereform308 - 310.

11 Er sagt: „Es bleibt unverständlich, wie Kardinal Otta-viani, der sich trotz seines bekannten Traditionalismusals intelligenter Mensch und bildungsmäßig seiner Auf-gabe gewachsen zeigte, der als Präfekt der Glaubens-kongregation die Instruktion über die Verehrung der Eu-charistie, von der zum großen Teil die ‘Institutio’ desMissale abhängt, approbiert hat, dann auch noch dieneuen Eucharistischen Hochgebete, ... wie gerade erseine Unterschrift unter eine Schmähschrift setzenkonnte, die sich schon an sich nicht nur durch Partei-lichkeit, sondern auch durch theologische Ignoranz her-vortat. Und wieso hat er nicht in dieser Opposition einAttentat auf die päpstliche Autorität gesehen? Was dieerhobenen Vorwürfe betrifft, so braucht man wirklichnicht ihre Haltlosigkeit zu beweisen.“ Liturgiereform 309f.12 Vgl. oben bei Anm. 7.

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hingewiesen, daß die meisten Bischöfenicht gemäß dem Motu proprio handeln.Die Antwort des Kardinals war, sie seien da-zu auch nicht verpflichtet, denn es handlesich ja nur um eine Bitte des Papstes. FürEcclesia Dei 5 c mag das zwar richtig sein,aber nicht für 6 c, wo der Papst ausdrück-lich sagt: „Ferner muß überall das Empfin-den derer geachtet werden, die sich derTradition der lateinischen Liturgie verbun-den fühlen, indem die schon vor längererZeit vom Apostolischen Stuhl herausgege-benen Richtlinien zum Gebrauch des Römi-schen Meßbuchs in der Editio typica vomJahr 1962 weit und großzügig angewandtwerden.“ Aber auch in 5 c ist es nicht ein-fach eine unverbindliche Bitte, wenn derPapst von den „notwendigen Maßnahmen“spricht, „welche die Berücksichtigung ihrergerechtfertigten Wünsche sicherstellen.“Ganz abgesehen davon, sind diese „ge-rechtfertigten Wünsche“ auch durch Can.214 des neuen Codex Iuris Canonici alsRecht bekräftigt, denn es heißt dort: „DieGläubigen haben das Recht, den Gottes-dienst gemäß den Vorschriften des eigenen,von den zuständigen Hirten genehmigtenRitus zu feiern und der eigenen Form desgeistlichen Lebens zu folgen, sofern diesemit der Lehre der Kirche übereinstimmt“.Was dieser „eigene, von den zuständigenHirten genehmigte Ritus“ konkret seinkann, mag im Einzelnen umstritten sein. DieVerbindung mit „der eigenen Form desgeistlichen Lebens“ macht jedoch klar, daßes hier um einen eigenen Ritus geht, der mitdieser „eigenen Form des geistlichen Le-bens“ zusammenhängt. Man wird nicht be-streiten können, daß die Verbundenheit mit„der Tradition der lateinischen Liturgie“auch eine „Form des geistlichen Lebens“impliziert, die durchaus „mit der Lehre derKirche übereinstimmt“. Was die Genehmigung des Ritus durch die„zuständigen Hirten“ betrifft, so kann eswohl keinen Zweifel daran geben, daß dasRömische Meßbuch in der Editio typica

vom Jahr 1962 einen von den „zuständigenHirten genehmigten Ritus“ enthält. DieserRitus wurde noch von den Vätern des Zwei-ten Vatikanischen Konzils und von den Vä-tern der Bischofssynode von 1967 gefeiert.Und diese wollten ihn mit großer Mehrheitoffenbar auch nicht gegen die damals vor-gestellte „missa normativa“ eintauschen(dazu noch unten II.). Wenn der Papst imMotu proprio Ecclesia Dei ausdrücklich dasRömische Meßbuch in der Editio typica von1962 hervorhebt, die vom Konzilspapst Jo-hannes XXIII. herausgegeben wurde, dannwird damit klargestellt, daß es diesen Ritusin der Tat noch gibt. Er ist nicht, wie ständigbehauptet wurde und wird, im neuen Meß-buch restlos „aufgegangen“. Ich darf hiernur daran erinnern, was Kardinal Ratzingerzum Verhältnis der beiden Riten zu einandergesagt hat. In seinem Buch „Aus meinemLeben“ sagt er: „Das nunmehr erlasseneVerbot des Missale, das alle Jahrhundertehindurch seit den Sakramentaren der altenKirche kontinuierlich gewachsen war, hat ei-nen Bruch in die Liturgiegeschichte getra-gen, dessen Folgen nur tragisch sein konn-ten.“ Ratzinger führt dann aus, daß es beider „Reform“ nicht um eine der immer wie-der vorgekommenen Revisionen des Mis-sale Romanum ging, sondern „es geschahmehr: Man brach das alte Gebäude ab undbaute ein anderes, freilich weitgehend ausdem Material des Bisherigen ...“. Ratzingersagt dann, „daß dieses neue Missale in vie-lem eine wirkliche Verbesserung und Berei-cherung brachte“. Er fügt jedoch hinzu:„aber daß man es als Neubau gegen die ge-wachsene Geschichte stellte, diese verbotund damit Liturgie nicht mehr als lebendi-ges Wachsen, sondern als Produkt gelehr-ter Arbeit und von juristischer Kompetenzerscheinen ließ, das hat uns außerordent-lich geschadet“17.Die wichtigste Bedeutungdes Motu proprio Ecclesia Dei scheint mirnun darin zu liegen, daß es die unhaltbare

17 Aus meinem Leben (1998) 173.

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letzten Jahrhunderten (gemeint ist wohl dieZeit seit dem Tridentinum) und damit auchder Frömmigkeit war die Tatsache, daß dieLiturgie als Quelle der Glaubenserkenntnisund als Ort des Glaubensvollzuges in Ver-gessenheit geraten war“. Man braucht sichnur die liturgische Bewegung seit DomGuéranger und die Enzyklika Mediator Deivon Pius XII. zu vergegenwärtigen, um dievöllige Absurdität dieser und der folgendenBehauptungen zu erkennen. Sie machennur klar, daß maßgebliche und für die Aus-bildung des gesamten Priesternachwuch-ses verantwortliche Liturgiewissenschaftlerdavon ausgehen, daß die Entwicklung desGlaubens in der Kirche seit Jahrhunderteneine „Fehlentwicklung“ war. Und dafür wie-der sei das falsche vorkonziliare „Liturgie-verständnis“ verantwortlich. Der konziliareFortschritt habe endlich bewirkt, daß „unserheutiges Liturgieverständnis in diametralemGegensatz zum vorkonziliaren Verständnis“steht15.Daß Nikolasch in diesem Punkt lei-der tatsächlich Recht hat, kann schwerlichbestritten werden, wenn man unter „unser“die herrschende Auffassung der heutigenLiturgiewissenschaftler und anderer Theo-logen an katholischen theologischen Fakul-täten und den Großteil des von ihnen seitJahrzehnten ausgebildeten Klerus ins Augefaßt. Dies ist auch durch unzählige Untersu-chungen längst so dargelegt, daß es hier imeinzelnen zu belegen weder möglich nochsinnvoll wäre. Wenn Nikolasch 1990 ganzoffen sagen kann, daß „unser heutiges Li-turgieverständnis in diametralem Gegen-satz zum vorkonziliaren Verständnis“steht16, dann kann das nur heißen, daß dieneue lex orandi nach diesem Verständnis„in diametralem Gegensatz“ zur katholi-schen lex credendi steht, die nach demKonzil keine andere sein kann als vor demKonzil. Die neue lex orandi soll demnachgerade auch eine neue lex credendi hervor-

bringen und die Kirche in einen anderen alsden katholischen Glauben führen. DiesesZiel ist inzwischen zweifellos weitgehenderreicht. Das beweist die 2003 in Berlin ver-öffentlichte Statistik nur zu erschütternd.Die Tragweite der hier wiedergegebenenAussagen wird besonders deutlich durchdie sehr unterschiedliche, ja sogar scharfgegensätzliche Beurteilung des Motu pro-prio Ecclesia Dei. Als ich im Jahre 1993vom damaligen polnischen Botschafterbeim Heiligen Stuhl eingeladen war, traf ichmit dem ebenfalls eingeladenen polnischenMsgr. Krawczyk zusammen, der bei der Ri-tenkongregation tätig war. Er gehörte da-mals auch zu den Zeremoniaren des Pap-stes. Ich war naiv genug zu glauben, daßwir in der Beurteilung des Motu proprio die-ses Papstes einig sein würden. Als ich zusagen wagte, daß ich das Motu proprio fürein Dokument von wirklich prohetischer Be-deutung halte, wurde er wütend und fauch-te mich mit den Worten an: „Dieses Doku-ment ist der größte Fehler desgegenwärtigen Papstes“. Ich kann hiernatürlich nicht die Diskussion schildern, dieauf diese Feststellung folgte. Sie zeigteaber mit aller Schärfe jene geradezu haßer-füllte Intoleranz gegenüber denen, die fürdie römische Liturgie fast zweier Jahrtau-sende einzutreten wagen. Der längst ver-storbene Klaus Dohrn hat bei einer Tagungder Associatio Sanctus Benedictus Patro-nus Europae in Salzburg nach einer die Li-turgie betreffenden Diskussion in dergroßen Aula der Universität, bei der die Fra-ge der klassischen Liturgie bei maßgebli-chen Persönlichkeiten sichtliche Irritationauslöste, nach dem Grund für diese merk-würdige Irritation gefragt. Er gab dannselbst folgende Antwort: „Es gibt keineschlimmere Intoleranz als die siegreicherRevolutionäre.“Bei einer Audienz, die Kardinal Innocenti alsdamaliger Präsident der Kommission Eccle-sia Dei 1997 einer Delegation der Interna-tionalen Una Voce gewährte, wurde darauf

15 Fundamentalismus 64 f.16 Fundamentalismus 65.

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sich am Beginn der Liturgischen Bewegungauch mit der „antiliturgischen Häresie“ aus-einandersetzen müssen. Das betreffendeKapitel in seinem Buch über die Liturgie istvon unglaublicher Aktualität. Daher möchteich einen kleinen Absatz aus dem 1978 inder UV-Korrespondenz veröffentlichten Ka-pitel wiedergeben. Guéranger sagt: „Daserste Charakteristikum der antiliturgischenHäresie ist der Haß auf die Tradition in dengottesdienstlichen Formeln. Man kann die-sen bezeichnenden Zug bei allen genann-ten Häretikern, von Vigilantius bis Calvin,wohl nicht bestreiten. Jeder Sektierer, dereine neue Lehre einführen will, sieht sichunweigerlich mit der Liturgie konfrontiert,die der machtvollste Ausdruck der Traditionist. Und er kann wohl erst Ruhe finden,wenn er diese Stimme zum Schweigen ge-bracht, wenn er diese Seiten, die den Glau-ben der vergangenen Jahrhunderte offen-baren, zerrissen hat. Wie haben sich denndas Luthertum, der Calvinismus, der Angli-kanismus in den Massen eingenistet undbehauptet? Man brauchte die alten Bücherund Formeln nur durch neue Bücher undFormeln zu ersetzen, und alles war voll-bracht. Nichts brachte die neuen Lehrernunmehr in Verlegenheit. Sie konnten nachihrem Belieben alles verkündigen: der Glau-be der Völker war fortan ohneSchutz“20.Kardinal Ratzinger hat darauf hin-gewiesen, daß die Entwicklung der Liturgiebis zum Tridentinum in einem „kontinuierli-chen Prozeß des Wachstums und des Rei-nigens“ vor sich ging, „in dem doch dieKontinuität nie zerstört wurde“. Er sagtdann: „Das Neue nach dem Konzil von Tri-ent war anderer Natur: Der Einbruch derReformation hatte sich vor allem in der Wei-se liturgischer »Reformen« vollzogen. Esgab ja nicht einfach katholische und prote-stantische Kirche nebeneinander; die Spal-tung der Kirche vollzog sich fast unmerklichund am sichtbarsten wie geschichtlich wirk-

samsten in der Veränderung der Liturgie“21.Der Novus Ordo Missae braucht in der heu-tigen Lage besonders auch nach den Aus-sagen der Instruktion Redemptionis sacra-mentum einen wirksamen Schutz gegen dieInstrumentalisierung für Zwecke, wie sie deroben zitierte Liturgiewissenschaftler Niko-lasch ausgesprochen hat. Der sichersteSchutz ist zweifellos der klassische römi-sche Ritus, der als norma normans (normie-rende Norm) Hilfe gegen den Mißbrauch derneuen Liturgie für Zwecke der Glaubensän-derung bieten kann. Dies bezeugt DomGérard Calvet OSB, Altabt von Le Barroux,aus seiner Erfahrung. Er sagt: „Viele Diöze-sanpriester sind uns für das Festhalten amfrüheren Ritus dankbar. Unser Beispiel derZelebration führt vielfach dazu, daß nachund nach eine würdige Zelebration des neu-en Ordo erfolgt“22. Wie ich weiß, haben ge-rade deswegen Reformer, denen es um dieVeränderung des Glaubens ging, auch ihrkirchliches Amt dazu mißbraucht, dem Kle-rus beizubringen, daß die neue Liturgie kei-nesfalls im Geist der alten Liturgie gefeiertwerden dürfe. Sie sei etwas völlig Neues.

II. Ist die neue Liturgie die „des Konzils“?Die Frage, ob die neue Liturgie als die „desKonzils“ bezeichnet werden kann, hat sogarAnnibale Bugnini selbst in seinem Buchüber „Die Liturgiereform 1948-1975“ beant-wortet. Unbestreitbar hat das Konzil nichtdie Schaffung einer neuen Liturgie angeord-net oder eine solche gar selbst geschaffen.Vielmehr wurde von Papst Paul VI. bekannt-lich ein Rat (Consilium) zur Ausführung derReformen eingesetzt. Das Ergebnis der Ar-beit dieses Rates war die sogenannte „mis-sa normativa“. Über diese hatten die Väterder Bischofssynode von 1967 zu entschei-den. Wie Bugnini berichtet, fand am 24. Ok-

20 UVK 8 (1978) 309.

21 Aus meinem Leben 172.22 Vgl. „Liturgie ist vor allem Gesang des Himmels - EinGespräch -, in: Sinfonia Sacra, Zeitschrift für katholi-sche Kirchenmusik 5/1 (1997) 53.

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Fiktion normativ aufgehoben hat, die be-hauptet, daß es sich bei dem neuen Meß-buch lediglich um den im Sinne des Konzilsreformierten Römischen Ritus handle. Des-wegen existiere der Römische Ritus nurmehr in der Gestalt des neuen. Das Motuproprio stellt jedoch klar: Es gibt den Ritusin der Editio typica von 1962 noch, den Ri-tus Romanus, den es seit Jahrhundertengegeben hat. Es hat daneben auch nachder Bulle Quo primum von 1570 ausdrück-lich anerkannte andere Riten gegeben undgibt sie noch heute. Aber dieser Ritus Ro-manus zeichnet sich dadurch aus, daß erseit der Antike zu den „rechtlich anerkann-ten Riten“ im Sinne des Art. 4 der Liturgie-konstitution gehört. Wenn es also diesenRitus in Wahrheit noch gibt, dann kann esnach Sinn und Wortlaut des Art. 4 der Litur-giekonstitution keinen sachlich gerechtfer-tigten Grund geben, ihn vom Schutz desArt. 4 auszuschließen. Darío Kardinal Ca-strillón Hoyos hat in seiner Ansprache am24. Mai 2003 in der Papstbasilika SantaMaria Maggiore ausdrücklich bestätigt, daßArt. 4 der Liturgiekonstitution auch für dasMissale von 1962 gilt. Er sagte dazu: „Deralte römische Ritus behält also in der Kirchesein Bürgerrecht im Rahmen der Vielfalt derkatholischen Riten, sowohl der lateinischenwie der orientalischen. Was die Verschie-denheit dieser Riten einigt, ist derselbeGlaube an das eucharistische Geheimnis,dessen Bekenntnis stets die Einheit der hei-ligen, katholischen und apostolischen Kir-che sichergestellt hat.“18 Die soeben ge-schilderten Tatsachen zeigen jedoch, daßgerade diese Einheit im Zusammenhang mitder neuen Liturgie vielfach sogar ausdrück-lich bestritten wird, und zwar auf derGrundlage von Auffassungen, die mit demkatholischen Glauben unvereinbar sind.Umden Text des Art. 4 der Liturgiekonstitution

richtig zu verstehen, muß ich zunächst fürdie ersten Worte den lateinischen Original-text wiedergeben, weil die deutsche Über-setzung ihn verkürzt. Die lateinischen Wortelauten bekanntlich: Traditioni denique fideli-ter obsequens etc. Dies bedeutet nicht nur„Treu der Überlieferung“, wie die deutscheÜbersetzung in der Ausgabe des Lexikonsfür Theologie und Kirche und auch sonstsagt, sondern: „Der Überlieferung treu ge-horsam“. Der Unterschied ist deswegen be-deutsam, weil es hier um die sachlich glei-che Bindung des Lehramts der Kirche andie Heilige Überlieferung und die Schriftgeht, wie etwa in Art. 10 der DogmatischenKonstitution über die göttliche Offenbarung.Dies gilt auch für die Gesetzgebung der Kir-che, die in gleicher Weise dem „Heil derSeelen“ zu dienen hat, „das in der Kircheimmer das oberste Gesetz sein muß“ (Can.1752 CIC). Robert Spaemann führt dieseBestimmung mit Recht im Zusammenhangmit dem „Problem der Koexistenz beiderRiten“ an, nämlich des klassischen und desneuen19. Art. 4 lautet demnach: „Der Über-lieferung treu gehorsam erklärt das HeiligeKonzil schließlich, daß die heilige MutterKirche allen rechtlich anerkannten Ritengleiches Recht und gleiche Ehre zuerkennt.Es ist ihr Wille, daß diese Riten auch in Zu-kunft erhalten und in jeder Weise gefördertwerden.“Zur Realisierung dieses erklärten Willensdes Konzils hat das Motu Proprio EcclesiaDei den entscheidenden ersten Schritt ge-tan. Darin liegt seine wirklich lebenswichti-ge und prophetische Bedeutung für die Zu-kunft der Kirche. Denn der lex orandi desklassischen römischen Ritus kommt aucheine ganz entscheidende Bedeutung für dieZukunft des katholischen Glaubens zu. Siewar seit den Glaubenswirren der Reformati-on der Garant für die Erhaltung des katholi-schen Glaubens und der Einheit der Kirchein der ganzen Welt. Dom Guéranger hat

18 Vgl. Pro Missa Tridentina, Rundbrief der Laienvereini-gung für den klassischen römischen Ritus in der Katho-lischen Kirche e.V. Nr. 26, Juni 2003, 75 f. 19 UVK 31 (2001) 356.

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Instruktion muß ich etwas ausführlicher ein-gehen, weil er grundlegende Bedeutung fürdas Verständnis der Aushöhlung des Kir-chenrechts hat. Das mit diesem Punkt ge-gebene Problem hängt mit dem Eindringeneiner Interpretationstheorie in den kirchli-chen Raum zusammen, die besonders vonder „Reinen Rechtslehre“ entwickelt wurde.Diese hat etwa den österreichischen Verfas-sungsgerichtshof dazu geführt, die Fristen-lösung als verfassungsmäßig zu erklären,obwohl sie objektiv verfassungswidrig ist29.Franz Bydlinski hat dieser Interpretations-theorie eine die Folgen klar aufzeigendeUntersuchung gewidmet. Nach seiner lo-gisch zwingenden Analyse „kann die wis-senschaftliche Auslegung im Sinne der‘Reinen Rechtslehre’ für jeden einzelnenRechtssatz nur noch aussagen, daß entwe-der dieser oder statt dessen das gelte, wasder subjektiv-politischen Anschauung desjeweiligen Richters entspreche“. Das führtweiter „mindestens ... für die österreichi-sche Privatrechtsordnung“ zu dem Gesam-tergebnis, „daß der Richter jeden Rechtsfallentweder nach seinen subjektiven, mora-lisch-politischen Anschauungen entschei-den darf, oder nach dem Gesetz, wobei ihmdie Wahl selbst freisteht. Daraus folgt zu-gleich, daß wissenschaftliche Aussagenüber die objektive Geltung auch nur einereinzigen Rechtsnorm in diesem Bereichnicht gemacht werden können.“30 Er weist

ferner darauf hin, daß der Gesetzestext,„sobald man die Frage nach dem Sinn undZweck der Norm abschneidet, nahezu be-liebig manipulierbar ist“31. Die Folgen dieserTheorie bestätigen genau, was Papst Jo-hannes Paul II. über die Folgen der Mißach-tung der klassischen Interpretationsregelngesagt hat.Das Beispiel, das ich hier anführen muß, istdeswegen erschreckend, weil es das Ein-dringen eben dieser Interpretationstheorienauch in oberste kirchliche Organe doku-mentiert, und zwar in den Päpstlichen Ratfür die Interpretation von Gesetzestexten.Es geht hier freilich nicht, wie bei der Ent-scheidung des Verfassungsgerichtshofes,um das Leben unzähliger Menschen.Gleichwohl geht es in dem hier zu bespre-chenden Fall um einen Vorgang, in dem die„subjektiven, moralisch-politischen An-schauungen“ von Vertretern „moderner“Strömungen auf grundlegende Strukturän-derungen in der Kirche drängen. Ein Zieldieser Bewegung ist das Frauenpriester-tum. Erklärtermaßen im Hinblick auf diesesZiel hat man es als ersten Schritt angese-hen, die Zulassung von Ministrantinnendurchzusetzen. Die Sacra Congregatio proCultu Divino wurde von Bischöfen be-drängt, diesem Begehren nachzugeben.Die kirchliche Rechtslage ist in dieser Fragejedoch eindeutig klar, auch von der zustän-digen Kongregation mehrfach dargestellt.Sie ist jedoch nur dann klar, wenn man dieauch nach dem neuen Codex geltendenNormen für die Interpretation von Gesetzenbeachtet. In einer Ansprache „an den Ge-richtshof der Rota Romana“ erinnert PapstJohannes Paul II „an einige hermeneutischeGrundsätze ..., bei deren Mißachtung daskanonische Gesetz selber aufgelöst wirdund als solches zu existieren aufhört mit ge-fährlichen Folgen für das Leben der Kirche... Wenn die kirchlichen Gesetze vor allem‘gemäß der eigenen Bedeutung ihrer Worte’

28 Übersetzung im Zusammenhang: „Eine Änderungnämlich in einer Sache von solcher Tragweite, die sichaußerdem auf sehr alte, ehrwürdige Überlieferungstützt, berührt nicht nur die Disziplin, sondern bringt dieGefahr mit sich, daß aus der neuen Weise der Austei-lung der Heiligen Kommunion die Ehrfurcht dem erha-benen Sakrament des Altares gegenüber verringert wer-den könnte, oder daß zu befürchten wäre, daßSakrilegien geschehen, oder aber, daß die rechte Lehreverfälscht wird.“29 Zusammenfassend dazu W. Waldstein, Teoria genera-le del diritto, Dall’antichità ad oggi, Studia et Documen-ta, Sectio Iuris Romani et Historiae Iuris - 6, PontificiaUniversità Lateranense, Roma 2001, 161 - 163.30 In: Gedenkschrift Franz Gschnitzer, Innsbruck 1969,110. 31 Ged. Gschn. 116.

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tober 1967 vor den versammelten Syn-odenvätern „in der Capella Sistina ein Ex-periment mit der »missa normativa« statt“23.Er schildert auch selbst die Reaktionen derVäter. Bugnini gibt zu, „daß das Experimentmißlang“, und fügt hinzu: „Ja, in gewissemSinn bewirkte es das Gegenteil und wirktesich negativ auf die Abstimmung aus“24.Und er meint: „Die Zelebrationsfeier mußbei vielen Vätern den Eindruck von etwasKünstlichem erzeugt haben, es roch zu sehrnach Wissenschaft, zu wenig nach Pfar-rei“25. Und dieser Eindruck Bugninis trifftauch zweifellos den entscheidenden Punkt,zu dem Kardinal Ratzinger folgendes sagt:„Denn nun mußte der Eindruck entstehen,Liturgie werde »gemacht«, sie sei nichtsVorgegebenes, sondern etwas in unserenEntscheiden Liegendes. Und dann ist eswiederum logisch, ... daß zuletzt jede »Ge-meinde« sich ihre Liturgie selber geben will.Aber, wo Liturgie nur selbstgemacht ist, daeben schenkt sie uns nicht mehr, was ihreeigentliche Gabe sein sollte: die Begegnungmit dem Mysterium, das nicht unser Pro-dukt, sondern unser Ursprung und dieQuelle unseres Lebens ist“26. Wie MartinMosebach mit Recht betont, „muß es mög-lich sein“, Liturgie „als etwas nicht vonMenschen Gemachtes zu erfahren“27. Gera-de das war jedoch den Vätern bei der Vor-führung der „missa normativa“ offenbarnicht mehr möglich. Wie Bugnini berichtet,lautet das Abstimmungsergebnis für dieHauptfrage: „Ist man im allgemeinen für dieStruktur der »missa normativa«“, bei insge-

samt 176 Stimmen folgendermaßen: 71 Ja-stimmen, 43 direkte Neinstimmen und 62Stimmen „iuxta modum“, die den Neinstim-men zugerechnet werden mußten. Damithatte die „missa normativa“ bei einem Stim-menverhältnis von 71 zu 105 nicht die Zu-stimmung jener Bischofssynode erhalten,die zu ihrer Einführung einberufen wordenwar. Knapp vier Jahre nach der Verabschie-dung der Liturgiekonstitution des Konzilsgab es also durch die zuständige Bischofs-synode nicht die erforderliche Zustimmungdafür, was die Reformatoren als Erfüllungdes Auftrages des Konzils darstellen woll-ten. Daher kann die „missa normativa“ nochviel weniger dem Konzil selbst zugerechnetwerden. Die mit der Liturgiereform verbun-denen Erscheinungen machen es jedochverständlich, daß man sie gerne mit der Au-torität des Konzils unanfechtbar machenmöchte.Die zahlreichen überaus dankenswertenEinzelheiten der Instruktion würden gleich-wohl in manchen Punkten noch weitererKlärung bedürfen. Zum Beispiel sind dieGebote der Nr. 92 in der heutigen Situationpraktisch absolut unerfüllbar. Die Hand-kommunion birgt leider, ob man es wahrha-ben will oder nicht, die bereits in der In-struktion Memoriale Domini von 1969angeführten Gefahren in sich, weshalb auchdie überwältigende Mehrheit des Weltepi-skopates damals gegen ihre Einführung ge-stimmt hat. Die Folgen aus der Tatsache,daß sie trotzdem eingeführt wurde, warendaher nicht unbekannt. Man mußte es dar-um bewußt in Kauf nehmen, daß auch dieFolgen, die der Grund für die Ablehnungwaren: ne scilicet perveniatur sive ad mi-norem erga Augustum altaris Sacramentumreverentiam, sive ad eiusdem Sacramentiprofanationem, sive ad rectae doctrinaeadulterationem28, auch entsprechend eintre-ten werden. Und niemand darf sich wun-dern, daß sie auch tatsächlich eingetretensind. III. Zur „authentischen Interpretation“zu Can. 230 § 2. Auf diesen Punkt der

23 A. Bugnini, Die Liturgiereform 1948-1975, Zeugnis undTestament, Deutsche Ausgabe hrsg. von JohannesWagner unter Mitarbeit von François Raas, Herder, Frei-burg im Breisgau 1988, 373.24 Liturgiereform 374.25 Liturgiereform 375.26 Joseph Kardinal Ratzinger, Aus meinem Leben, Stutt-gart; 1998, 173. Ausführlich dazu auch: Der Geist der Li-turgie, Freiburg 2000, 141 - 144.27 Haeresie der Formlosigkeit: die römische Liturgie undihr Feind, Wien/Leipzig; 2003, 66.

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Gesetzeslage in keiner Weise zweifelhaft. Im Schreiben der Kongregation wird daraufhingewiesen, daß man diese Interpretationdes Can. 230 § 2 mit der Tatsache erklärensolle, „daß die Frauen oft den liturgischenDienst des Lektors verrichten“ usw. Hierstellt sich die Frage der Möglichkeit deranalogen Anwendung dieser Norm auf denAltardienst. Analogie ist nach anerkanntenrechtlichen Auslegungsregeln dort anzu-wenden, wo es dem Sinn der Norm ent-spricht. Das ergibt sich nur aus dem Ge-samtzusammenhang. In Verbindung mit der‘Institutio generalis’ Nr. 70, der ‘Instruktiontertia’ Nr. 7 und ‘Inaestimabile Donum’ Nr.18 ebenso wie mit Can. 230 § 1 steht es je-doch völlig außer Zweifel, daß Can. 230 § 2gerade nicht analog auf den Altardienst an-gewendet werden kann, weil dies gerade imZusammenhang mit jenen zahlreichenDiensten, die Frauen zugänglich sind, aus-drücklich ausgeschlossen ist. Die Einzelheiten brauchen hier nicht vertieftzu werden. Nur eine der wichtigen Normenwill ich als Beispiel hervorheben. Es ist die‘Instructio tertia ad constitutionem de SacraLiturgia recte exsequendam’ (‘Liturgicae in-staurationes’), von der Sacra Congregatiopro Cultu Divino im Auftrag von Papst PaulVI. am 5. September 1970 veröffentlicht35. Inder Nr. 7 dieser Instruktion heißt es:36Iuxta li-turgicas normas in Ecclesia traditas37, ve-tantur mulieres (puellae, nuptae, religiosae),ne in ecclesiis quidem, domibus, conventi-bus, collegiis, institutis mulieribus, ad altare

sacerdoti inservire.Mulieribus autem licetsecundum normas de his rebus latas:a) lectiones proferre, Evangelio excepto. ...;b) intentiones orationis universalis proferre;c) liturgici coetus cantum moderari et orga-num aut instrumenta permissa pulsare;etc.38 Die Gottesdienstkongregation selbsthat dies im Jahre 1984 und 1987 in schrift-lichen Stellungnahmen bestätigt39. HeinrichFlatten konnte sich in seiner Analyse auchauf ein Schreiben des damaligen Assessorsim vatikanischen Staatssekretariat, Monsi-gnore G. B. Re, vom 11. August 1985 be-ziehen, in welchem ausgedrückt wurde,„daß der Zulassung von Meßdienerinnen‘eine weltweite allgemeine Regelung in derKirche’ entgegensteht“40. Zwei Jahre nachdem Inkrafttreten des neuen Codex war diegeltende Rechtslage noch für alle klar. Esunterlag demnach weder für die zuständige

35 AAS 62 (1970) 692 ff.36 Gemäß den in der Kirche überlieferten liturgischenNormen ist es Frauen (Mädchen, Verheirateten, Ordens-frauen) verboten, in Kirchen, Häusern, Konventen, Kol-legien weiblicher Institute, dem Priester am Altar zu die-nen.Den Frauen ist es nach den in diesen Angelegenheitenerlassenen Normen jedoch erlaubta) Lesungen vorzutragen, ausgenommen das Evangeli-um ...;b) allgemeine Fürbitten vorzutragen;c) den liturgischen Gesang zu leiten und die Orgel oderandere zugelassene Instrumente zu spielen;etc.

37 Damit ist wohl auf Normen verwiesen, die bereits vorder ‘Institutio generalis’ diesen Gegenstand geregelt ha-ben, wie Can. 813 § 2 CIC von 1917 mit zahlreichen dortin Anm. 3 angeführten Quellen. Es ist ja in der Tat diegesamte Tradition der Kirche, an die hier angeknüpftwird.38 Die weiteren Einzelheiten sind hier nicht von Bedeu-tung. Sie sind aber wichtig für das Verständnis dessen,was in Can. 230 § 2 „andere Aufgaben nach Maßgabedes Rechtes“ bedeuten können. Es sind damit offen-sichtlich gerade die in der ‘Instructio tertia’ Nr. 7 lit. dund e angeführten „Aufgaben“.39 Vgl. Christoph Düren, Klerusblatt 70 (1990) 127 f. mitNachweisen und weiteren verdienstvollen Ausführun-gen. Zu dem Ergebnis, daß diese Bestimmungen gel-tendes Recht sind, ist auch bereits Heinrich Flatten, DasVerbot der Ministrantinnen. Pastoralblatt für die Diöze-sen Aachen, Berlin, Essen, Hildesheim, Köln, Osn-abrück (Juni 1986) 182-188 in seiner zwar sorgfältigenAnalyse gelangt, die aber dabei nicht immer die bestenGründe für das richtige Ergebnis findet. Er gelangte zudiesem Ergebnis auch ohne can. 2 und 20 CIC und ‘In-stitutio generalis’ Nr. 70 zu berücksichtigen. Sein Ergeb-nis wird aber auch durch diese Normen noch weiter ge-stützt. Das bei der folgenden Anm. zitierte Schreibendes Staatssekretariats aus dem Jahre 1985, also nachdem Inkrafttreten des neuen Codex, führt er selbst S.187 an. Dazu kann man noch auf von Düren zitierteSchreiben der Gottesdienstkongregation aus den Jah-ren 1984 und 1987 verweisen. Letzteres konnte Flatten1986 noch nicht kennen.40 Vgl. Flatten (vorige Anm.) 187.

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zu verstehen sind, ‘die im Text und Kontextzu beachten ist’ (can. 17), so folgt daraus,daß es Willkür, ja offenbar ungesetzlich undschwer schuldhaft wäre, den vom Gesetz-geber gewählten Worten nicht ihre ‘eigene’Bedeutung, sondern eine andere zu geben,die von anderen Disziplinen als der Rechts-wissenschaft nahegelegt werden.“ Mandarf ferner bei der Interpretation des gelten-den Codex keinen Bruch mit der Vergan-genheit annehmen, als wenn im Jahre 1983ein Sprung in eine völlig neue Wirklichkeiterfolgt wäre. Der Gesetzgeber bekräftigt japositiv und unzweideutig die Weitergeltungder kanonischen Tradition (an)32, zumal dort,wo seine Canones auf das alte Recht Bezugnehmen (vgl. can. 6, § 2). Gewiß wurden imgeltenden Codex nicht wenige Neuerungeneingeführt. Doch es ist etwas anderes, fest-zustellen, daß bei nicht wenigen kanoni-schen Verfügungen Neuerungen eingeführtwurden, und etwas anderes, der bei derFormulierung der Canones verwendetenSprache ungewöhnliche Bedeutungen zu-schreiben zu wollen. Es muß vielmehr dasständige Bemühen des Interpreten unddessen, der das kanonische Recht anwen-det, sein, die vom Gesetzgeber verwende-ten Worte im Sinn jener Bedeutung zu ver-stehen, die sie nach langer Tradition in derrechtlichen Ordnung der Kirche aufgrundder gefestigten Lehre und Rechtswissen-schaft haben. Jeder Ausdruck muß fernerim Text und Kontext der Norm betrachtetwerden, „in einer Gesamtsicht der kanoni-schen Gesetzgebung, die eine einheitlicheBewertung gestattet“ (Nr. 5).Diese Ansprache, der für die Auslegung deskanonischen Rechts und zur Korrektur derheute herrschenden Trends eminente Be-deutung zukommt, war noch nicht gehal-ten, als der „Päpstliche Rat“ seine „authen-tische Interpretation“ zu Can. 230 § 2verabschiedete. Die in dieser Ansprache

ausgesprochenen hermeneutischen Grund-sätze sind aber seit der Antike bekannt, inder Rechtswissenschaft immer anerkanntgewesen und auch im CIC von 1983 ver-bindlich angeordnet. Die dem widerspre-chenden Theorien beruhen auf dem positi-vistischen Rechtsbegriff und sind mehrfachals unhaltbar erwiesen worden.Einer der „hermeneutischen Grundsätze“,der hier besonders wichtig erscheint, ist dervom hochklassischen Juristen Celsus for-mulierte: Incivile est nisi tota lege perspec-ta una aliqua particula eius proposita iudi-care vel respondere33. Man könnte das etwafolgendermaßen übersetzen: „Es wider-spricht dem Sinn der Rechtsordnung, ohnedas ganze Gesetz zu berücksichtigen(durchzusehen) unter Hinweis auf eine klei-ne Teilbestimmung zu urteilen oder einRechtsgutachten zu erteilen.“ Eine aus demZusammenhang gelöste particula des Ge-setzes kann in der Tat zu einer dem gesetz-lichen Sinn entgegengesetzten Entschei-dung führen. Hätte der „Päpstliche Rat“allein diese Interpretationsregel beachtet,hätte er den ganzen Can. 230 CIC, undnicht nur nach der Vorgabe der Kongregati-on den § 2 heranziehen müssen, wie diesauch die Pontificia Commissio im Jahre1985 in dem unten34 zitierten Brief selbstfestgestellt hat. Vor allem aber hätte der„Päpstliche Rat“ jene Normen berücksichti-gen müssen, an die can. 230 offensichtlichanknüpft, nämlich die ‘Institutio generalis’Nr. 70, die ‘Instructio tertia’ Nr. 7 und ‘Inae-stimabile donum’ Nr. 18, die nach Can. 2CIC geltendes Recht sind und auch Can.230 nicht „zuwiderlaufen“, sondern viel-mehr seiner Fassung zugrundeliegen, wiedie Pontificia Commissio ebenfalls selbstfestgestellt hat. Wenn nur dieser Grundsatzberücksichtigt worden wäre, hätte die Ant-wort bereits unmöglich „Affirmative“ lautenkönnen. In dieser Hinsicht war und ist die

32 Das Wörtchen „an“ dürfte an dieser Stelle versehent-lich stehengeblieben sein.

33 Cels. Dig. 1, 3, 24.34 Bei Anm. 39.

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Päpstl. Rat für die Auslegung der Gesetzes-texte, Responsio ad propositum dubium(11. Juli 1992): AAS 86 (1994) 541-542“.Wenn es in der Kirche zu einem Vorgangkommen kann, bei dem ein „Päpstlicher Ratfür die Auslegung der Gesetzestexte“ derartoffen die vom Papst eingemahnten „herme-neutischen Grundsätze“ und damit das gel-tende Recht mißachten kann und dieses Er-gebnis dann als „Norm“ in den AASpubliziert wird, dann ist klarerweise das ein-getreten, was der Papst gesagt hat, daßnämlich dann „das kanonische Gesetz sel-ber aufgelöst wird und als solches zu exi-stieren aufhört mit gefährlichen Folgen fürdas Leben der Kirche“. Die vom Päpstli-chen Rat praktizierte Art der Auslegung istgenau jene, die der Papst als „offenbar un-gesetzlich und schwer schuldhaft“ bezeich-net. Dies kann jeder Jurist erkennen, der dieeinschlägigen Normen und die verbindli-chen Auslegungsregeln kennt. Dies habenauch so hervorragende Kanonisten wie Al-fons M. Kardinal Stickler bestätigt und vieleandere, die ich hier anführen könnte. Ichselbst habe die Frage eingehend unter-sucht48. Wenn sachkundigen Gläubigen zu-gemutet wird, so etwas als „Norm“ der Kir-che anzunehmen, kann das nur einenüberaus tiefen Schmerz auslösen. Völlig un-begreiflich ist es jedoch, was in dem eben-falls als „Norm“ angeführten Schreiben derKongregation vom 15. März 1994 unter an-derem gesagt wird. Die Kongregation wagtzu sagen, eine allfällige Erlaubnis eines Bi-schofs „in einer Diözese auf Grund vonCan. 230, § 2 ..., daß der Dienst am Altaraus besonderen Gründen auch von Frauenverrichtet wird, muß ... den Gläubigen an-

gesichts der zitierten Norm gut erklärt wer-den“. Das ist eine wahre Zumutung. Es läßtsich erstens „angesichts der zitiertenNorm“ in Verbindung mit den anderen gel-tenden Normen weder „gut“ noch über-haupt erklären, es sei denn, man sagtschlicht die Unwahrheit. Vor allem aber hatschon vor diesem Schreiben niemand nacheiner solchen Erklärung gefragt. Die norm-widrige Praxis hatte schon vor dem Jahr1994 sich ganz fraglos durchgesetzt. Jetztist natürlich für einen Bischof eine andereEntscheidung als eine „Erlaubnis“ wohlüberhaupt nicht mehr möglich. Sie würdeeinem solchen öffentlichen Druck begeg-nen, daß man einem Bischof allerschwersteLasten aufbürdet, wenn man von ihm er-wartet, er könnte nun noch einfach nachseiner Verantwortung handeln. Da müßteman doch die wenigen Bischöfe einmal be-fragen, die Erfahrungen mit dem Bemühenum Einhaltung dieser Normen gemacht ha-ben. Eine Wendung könnte nur durch einenAkt ermöglicht werden, den Kaiser Kon-stantin hinsichtlich kaiserlicher Reskriptegesetzt hat, die rechtswidrig erlangt wordenwaren. Eine im Codex Theodosianus 1, 2, 2überlieferte Konstitution bestimmt: Contraius rescribta non valeant, quocumque mo-do fuerint inpetrata. (Gegen das Recht er-langte Reskripte [des Kaisers] sind ungül-tig., sie mögen in welcher Form auch immererlangt worden sein.) Und die Interpretatiodazu sagt: Quaecumque contra leges fue-rint a principibus obtenta, non valeant. (Wasimmer man gegen die Gesetze von den Kai-sern erlangt hat, ist ungültig/eigentlich: darfnicht gelten.) Die in der Kirche bestehendengültigen Normen betreffend Ministrantinnensind durch die rechtswidrige Interpretationsicher nicht aufgehoben. Es müßte aber zu-gegeben werden, daß die in dieser Sacheergangene Interpretation tatsächlich rechts-widrig war und daher nicht gültig ist, auchwenn sie in den AAS publiziert wurde.Der eigentliche und wohl am tiefsten ge-hende Schaden für die Kirche, der durch ei-

48 Eine „Authentische Interpretation“ zu Can. 230 § 2CIC, in: Archiv für Katholisches Kirchenrecht 163, 1994,406-422. Eine leider ohne meine Kenntnis unkorrigiertabgedruckte längere Fassung ist in der Zeitschrift Apol-linaris erschienen, hrsg. vom Institutum Utriusque Iurisan der Pontificia Universitas Lateranensis, Bd. 68, 1995,21-50. Für die zahlreichen sinnstörenden Druckfehlerbin ich daher nicht verantwortlich, mir wurde keineMöglichkeit gegeben, sie zu korrigieren.

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Kongregation noch für das Staatssekretari-at bei Beantwortung einer an sich unange-nehmen Beschwerde von Ministrantinnenan den Papst keinem Zweifel, daß auch derneue Codex die Rechtslage nicht geänderthat. Dies hat sogar die damalige PontificiaCommissio Codici Iuris Canonici authenticeinterpretando in einem vom damaligen Prä-sidenten Kardinal Rosalio José Castillo La-ra und dem Sekretär Julian Herranz Casadogezeichneten Schreiben vom 4. Oktober1985 selbst klargestellt. Eine bereits damalsaus Frankreich erfolgte Anfrage, ob nachden Bestimmungen von Can. 230 § 2 auchFrauen zum Altardienst zugelassen werdenkönnten, hat die Kommission zunächstfestgestellt:„Notre Commission Pontificale ne retientpas necessaire de donner une interprétati-on authentique puisqu’il s’agit plutôt d’uneapplication de la Loi, qui est claire par elle-même.41 “Es wird dann ausdrücklich daraufhingewiesen, daß § 2 im Zusammenhangmit § 1 gesehen werden muß. Wenn der Ge-setzgeber gewollt hätte, daß Frauen «extemporanea deputatione» zugelassen wer-den könnten, „le legislateur l’aurait explici-tement affirmé comme il l’a fait pour le fon-ction de lecteur“42. Hierauf stellt dasSchreiben fest: “Avec une telle exclusion,qui par ailleurs ne porte pas préjudice auxautres formes de participation des femmesdans la Liturgie, le Code n’a fait que recu-eillir ce qui a été décrété dans les docu-ments d’application du Concile au sujet dela réforme liturgique, surtout les Instructionsde la Congrégation pour le Culte Divin, Li-turgicae instaurationes (5 septembre 1979,no 7) et Inaestimabile Donum (3 avril 1980,no 18). „43 44Gleichwohl hat die Kongregati-

on für den Gottesdienst „an den Päpstli-chen Rat für die Interpretation von Geset-zestexten, man muß leider sagen: gegenbesseres Wissen, die Anfrage gerichtet, obdie liturgischen Funktionen, die im Sinnedes oben zitierten Kanons (gemeint ist Can.230 § 2) Laien anvertraut werden können, ingleicher Weise von Männern und Frauenwahrgenommen werden können und ob zudiesen Funktionen in gleicher Weise wie dieanderen von demselben Kanon angeführtenFunktionen der Altardienst gezählt werdenkann“45. Und die Antwort des PäpstlichenRates war: Affirmative et iuxta Instructionesa Sede Apostolica dandas 46 47.Damit ist klar,daß hier nun auch der päpstliche Rat sichden „subjektiven, moralisch-politischen An-schauungen“ gebeugt hat und diese überden objektiven Normsinn gestellt hat. Diesist zweifellos ein schwerwiegender Schrittzu dem Zustand, von dem der Papst sagte,daß dann „das kanonische Gesetz selberaufgelöst wird und als solches zu existierenaufhört“.Ungeachtet all dieser Tatsachen erklärt dieneue Instruktion in Nr. 47: „Nach dem Urteildes Diözesanbischofs und unter Beachtungder festgesetzten Normen können zu die-sem Altardienst Mädchen oder Frauen zu-gelassen werden.“ Unter den „Normen“wird in der Anm. 122 angeführt: „Vgl.

41 „Unsere päpstliche Kommission hält es nicht für nötig,eine authentische Erklärung zu geben, da es sich eherum eine Anwendung des Gesetzes handelt, das vonsich aus klar ist.“42 „dann hätte es der Gesetzgeber explizit bestätigenkönnen, wie er es für die Funktion des Lektors getanhat.“

43 Mit einem solchen Ausschluß, der im übrigen andereFormen der Teilnahme von Frauen an der Liturgie nichtverneint, macht die Gesetzessammlung nichts anderes,als noch einmal das zusammenzufassen, was in den aufdie Umsetzung des Konzils zielenden Texten zum The-ma der Liturgiereform bereits verfügt worden war, d.h. inLiturgicae instaurationes (5. September 1979, Nr. 7) undin Inaestimabile Donum (3. April 1980, Nr. 18).44 Veröffentlicht in der Una Voce France, Nr. 176, Mai-Ju-in 1994, 129 f. Der Brief ist mit der „Prot. N. 697/85“ undlaut Mitteilung der Redaktion gerichtet an den „dirigeantdiocésan des cleres de Notre-Dame de Reims“.45 Zitiert nach dem Schreiben der Congregatio de CultuDivino et Disciplina Sacramentorum an die Vorsitzendender Bischofskonferenzen vom 15. März 1994.46 Bestätigung, auch gemäß den Instruktionen, die inden Apostolischen Akten niedergelegt sind.47 AAS 86 (1994) 542.

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Bemerkungen zur Instruktion · Redemptionis sacramentum

Liturgiereform ist praktisch der gesamteKlerus in Ideen ausgebildet worden, die derDefinition der Messe entsprechen, bei dernur mehr die Versammlung des Volkes „hei-lig“ ist. In einer solchen Situation kann dasBemühen um die Behebung von „Mißbräu-chen“ allein kaum zur Heilung führen. Dazumüßte an der Wurzel des Übels angesetztwerden. Das Konzil selbst hatte festgestellt:„In der heiligen Liturgie erschöpft sich nichtdas ganze Tun der Kirche; denn ehe dieMenschen zur Liturgie hintreten können,müssen sie zu Glauben und Bekehrung ge-rufen werden“ (SC 9). Im damaligen Ver-ständnis, das auch durch die InstruktionRedemptionis sacramentum bekräftigt wird,heißt das ohne jeden Zweifel: zum Glaubender katholischen Kirche. Der Glaube istdemnach schon eine Voraussetzung dafür,daß „die Menschen zur Liturgie hintretenkönnen“. Wenn aber in Deutschland - unddas gilt für den gesamten deutschsprachi-gen Raum und darüber hinaus wohl mehroder minder analog - bereits 88% nominel-ler Katholiken samt ihren Seel-sorgerntatsächlich diesen Glauben nicht mehr ha-ben, müßte wohl vor allem zur „Bekehrung“oder zur Rückkehr zum Glauben „gerufenwerden“. Eine wichtige Basis dafür sind dieEnzyklika Ecclesia de Eucharistia und dieEinleitung zur Instruktion Redemptionissacramentum. Darüber hinaus müßte je-doch auch die gegebene Realität der Situa-tion aufrichtig gesehen und soweit möglicheiner „sanatio in radice“, einer Heilung inder Wurzel, zugeführt werden. Dafür stehenseit Jahrzehnten unzählige Veröffentlichun-gen zur Verfügung, die bisher einfach nichtzur Kenntnis genommen wurden. Es sindBeiträge von Ferdinando Kardinal Antonelli,Joseph Kardinal Ratzinger, Alfons M. Kardi-nal Stickler, Klaus Gamber, Georg May,Martin Mosebach und unzähligen anderen,die gezeigt haben, welche Ursachen zumVerfall des Glaubens und der Liturgie beige-tragen haben und was getan werden müß-te, um eine Wende herbeizuführen50.

50 Vgl. oben bei den Anm. 1-3 und 8. Georg May hat sichvor allem in der Una Voce Korrespondenz mit denschmerzlichen Fragen eingehend auseinandergesetzt,ferner zum Beispiel in den Schriften: Die alte und dieneue Messe, Die Rechtslage hinsichtlich des Ordo Mis-sae und II. Vaticanum, Echte und unechte Reform, 1978,2. Aufl. Sarto-Verlag, Stuttgart 2003. Von Martin Mose-bach ist besonders das Buch Häresie der Formlosigkeithervorzuheben, Karolinger Verlag, Wien/Leipzig, 3. Aufl.2003.

Canon 214

Die Gläubigen haben das Recht, den Gottesdienstgemäß den Vorschriften des eigenen, von den zuständi-gen Hirten der Kirche genehmigten Ritus zu feiern undder eigenen Form des geistlichen Lebens zu folgen, so-fern diese mit der Lehre der Kirche übereinstimmt.

Canon 1752

Bei [Versetzungssachen] sind die Vorschriften des can.[1747] anzuwenden, unter Wahrung der kanonischenBilligkeit und das Heil der Seelen vor Augen, das in derKirche immer das oberste Gesetz sein muß.

Canon 2

Der Codex legt zumeist die Riten nicht fest, die bei derFeier liturgischer Handlungen zu beachten sind; deshalbbehalten die bislang geltenden liturgischen Gesetze ih-re Geltung, soweit nicht eines von diesen den Canonesdes Codex zuwiderläuft.

Canon 20

Ein späteres Gesetz hebt ein früheres ganz oder teilwei-se auf, wenn es dies ausdrücklich sagt oder ihm unmit-telbar entgegengesetzt ist oder die ganze Materie desfrüheren Gesetzes umfassend ordnet; ein allgemeinesGesetz hebt aber nicht im geringsten partikulares oderbesonderes Recht auf, wenn nicht etwas anderes imRecht ausdrücklich vorgesehen ist.

Canon 21

Im Zweifel wird der Widerruf eines früheren Gesetzesnicht vermutet, sondern spätere Gesetze sind zu frühe-ren in Beziehung zu setzen und mit diesen nach Mög-lichkeit in Einklang zu bringen.

Canon 230 Paragraph 1

Männliche Laien, die das Alter und die Begabung ha-ben, die durch Dekret der Bischofskonferenz dafür be-stimmt sind, können durch den vorgeschriebenen litur-gischen Ritus für die Dienste des Lektors und desAkolythen auf Dauer bestellt werden; die Übertragungdieser Dienste gewährt ihnen jedoch nicht das Rechtauf Unterhalt oder Vergütung von seiten der Kirche.

Canon 230 Paragraph 2

Laien können aufgrund einer zeitlich begrenzten Beauf-

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Bemerkungen zur Instruktion · Redemptionis sacramentum

ne solche vom Zeitgeist und der Opportu-nität diktierte Entscheidung entstanden ist,besteht in der tiefen Erschütterung des Ver-trauens zum Apostolischen Stuhl und sei-nen Einrichtungen bei denen, die sich stetsund oft unter allergrößten Opfern bemühthaben, der Kirche treu zu sein. Freilich han-delt es sich bei dieser „authentischen Inter-pretation“ leider auch nicht um einen bloßsingulären Fall von folgenreichen Handlun-gen oberster Organe der Kirche. Viele Ein-zelheiten der Liturgiereform allgemein undauch sonstige Entscheidungen, auf die hiernicht einzugehen ist, zeigen, wohin die Ord-nung der Kirche in der Tat gekommen ist.Und hierbei handelt es sich nicht umMißbräuche durch Priester, die seit Jahr-zehnten durch ihre Ausbildung irregeleitetwurden, auch nicht um Aktivitäten ebensoirregeleiteter Laien, sondern um Maßnah-men des Apostolischen Stuhles. Wenn manes zu solchen Maßnahmen kommen läßt,kann man die Verantwortung für deren Fol-gen nicht auf die Adressaten der Instruktionabwälzen. Welche Auswirkungen die Zulassung vonMinistrantinnen für den Priesternachwuchshaben würde, war damals bereits klar vor-hersehbar. Was unter Druck zugelassenwurde, war längst verbreitete unerlaubte,aber geduldete Praxis. Die regelmäßigeHauptfolge ist, daß Buben als Ministrantenweitgehend ausbleiben, wenn Mädchen mi-nistrieren. Ich habe es selbst in einem Berg-dorf in Südtirol erlebt, daß viele Mädchenals Ministrantinnen um den Altar waren, diebei der heiligen Messe anwesenden Bubenjedoch in der Kirchenbank saßen. Nach al-ledem hat das Schreiben der Kongregationvom 15. März 1994 versucht, noch als „ed-le Tradition“ zu retten, was durch die eigeneMaßnahme weitgehend nahezu unmöglichgemacht wurde. Das Schreiben sagt: „DerHeilige Stuhl respektiert die von einigenBischöfen aus bestimmten ortsgebundenenErwägungen getroffene Entscheidung, so-weit dies von Can. 230, § 2 vorgesehen ist49,

aber gleichzeitig möchte er in Erinnerungrufen, daß es immer sehr angebracht seinwird, der edlen Tradition des Dienstes amAltar durch die Meßdiener zu folgen. Be-kanntlich hat dies auch eine ermutigendeEntwicklung der Priesterberufe ermöglicht.Es wird also immer die Verpflichtung mitsich bringen, diese Ministrantengruppenweiter zu unterstützen.“ Es wird also denBischöfen die „Verpflichtung“ auferlegt, die„Ministrantengruppen weiter zu unterstüt-zen“, die es als Folge der getroffenen Maß-nahmen weitgehend nicht mehr gibt. Dasist fast so, als wenn jemand, der glaubt, zurBeruhigung der anstürmenden Fluten einenDamm niederreißen zu müssen, den Verant-wortlichen für das betroffene Gebiet dieVerpflichtung auferlegen würde, dafür zusorgen, daß die durch den Damm ge-schützten Kulturen keinen Schaden leidenund die Bevölkerung nicht naß wird. Manhätte wohl besser dafür zu sorgen gehabt,wozu man auch die Möglichkeit hatte, daßder Damm nicht erst niedergerissen, son-dern vielmehr verstärkt wird, wo sich diesals nötig erweist.Nach alledem kann es keinen Zweifel darangeben, daß die überaus beklagenswerteEntwicklung nicht nur durch „Mißbräuche“ausgelöst wurde. Sie ist vielmehr maßgeb-lich durch Maßnahmen der für die Liturgie-reform verantwortlichen Amtsträger in derKirche und vor allem durch die Liturgiewis-senschaftler und andere Professoren anden katholisch theologischen Fakultätenverursacht. Durch die Jahrzehnte seit der

49 Die Wahrheit ist, daß dies in Can. 230 § 2 gerade nichtvorgesehen ist. Wenn dies gleichwohl behauptet wird, istes ebenso, wie wenn man sagen würde, ein „X“ ist ein„U“. Man kann das natürlich sagen, aber das „X“ ändertsich dadurch objektiv nicht in ein „U“, man müßte dannschon statt eines „X“ auch tatsächlich ein „U“ schreiben.Das bedeutet, daß man die gesamte Fassung des Can.230 § 1 und 2 hätte dem herrschenden Willen entspre-chend ändern müssen. So lange das nicht geschehenist, behalten die geltenden Normen nach wie vor ihrenobjektiven Sinn. Daran kann eine „Interpretation“ nichtsändern, die mit dem Sinn nicht vereinbar ist.

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Bemerkungen zur Instruktion · Redemptionis sacramentum – Umzug in Würzburg

erhalten bleibt, daß Kinder oder Jugendliche anwesendsind, die gewöhnlich Ministranten genannt werden undnach Art des Akolythen am Altar dienen. Sie sollen eineihrem Fassungsvermögen angemessene Katecheseüber ihre Aufgabe erhalten. Man darf nicht vergessen,daß aus der Zahl dieser Kinder im Laufe der Jahrhun-derte eine große Schar geistlicher Amtsträger hervorge-gangen ist. Um die pastorale Sorge für die Ministrantenwirksamer zu gestalten, sollen für sie Vereinigungen er-richtet und gefördert werden, bei denen auch die Elternteilnehmen und mithelfen können. Wenn solche Vereini-gungen einen internationalen Charakter haben, obliegtes der Kongregation für den Gottesdienst und die Sa-kramentenordnung, sie zu errichten oder ihre Statutenzu überprüfen und zu approbieren. Nach dem Urteil desDiözesanbischofs und unter Beachtung der festgesetz-

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Bemerkungen zur Instruktion · Redemptionis sacramentum

tragung bei liturgischen Handlungen die Aufgabe desLektors erfüllen, ebenso können alle Laien die Aufgabendes Kommentators, des Kantors oder andere Aufgabennach Maßgabe des Rechtes wahrnehmen.

Canon 230 Paragraph 3

Wo es ein Bedarf der Kirche nahelegt, weil für dieseDienste Beauftragte nicht zur Verfügung stehen, könnenauch Laien, selbst wenn sie nicht Lektoren oder Akoly-then sind, nach Maßgabe der Rechtsvorschriften be-stimmte Aufgaben derselben erfüllen, nämlich denDienst am Wort, die Leitung liturgischer Gebete, dieSpendung der Taufe und die Austeilung der heiligenKommunion.

2. Vatikanisches Konzil

Konstitution über die heilige Liturgie„Sacrosanctum Concillum“

4. Der Überlieferung treu gehorsam erklärt das HeiligeKonzil schließlich, daß die heilige Mutter Kirche allenrechtlich anerkannten Riten gleiches Recht und gleicheEhre zuerkennt. Es ist ihr Wille, daß diese Riten in Zu-kunft erhalten und in jeder Weise gefördert werden, undes ist ihr Wunsch, daß sie, soweit es not tut, in ihremganzen Umfang gemäß dem Geist gesunder Überliefe-rung überprüft und im Hinblick auf die Verhältnisse undNotwendigkeiten der Gegenwart mit neuer Kraft ausge-stattet werden.

2. Vatikanisches Konzil

Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenba-rung„Dei Verbum“

10. Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift bil-den den einen der Kirche überlassenen heiligen Schatzdes Wortes Gottes. Voller Anhänglichkeit an ihn verharrtdas ganze heilige Volk, mit seinen Hirten vereint, ständigin der Lehre und Gemeinschaft der Apostel, bei Brot-brechen und Gebet (vgl. Apg 8,42 griech.), so daß imFesthalten am überlieferten Glauben, in seiner Verwirkli-chung und seinem Bekenntnis ein einzigartiger Einklangherrscht zwischen Vorstehern und Gläubigen.Die Aufgabe aber, das geschriebene oder überlieferteWort Gottes verbindlich zu erklären, ist nur dem leben-digen Lehramt der Kirche anvertraut, dessen Vollmachtim Namen Jesu Christi ausgeübt wird.Das Lehramt ist nicht über dem Wort Gottes, sonderndient ihm, indem es nichts lehrt, als was übediefert ist,weil es das Wort Gottes aus göttlichem Auftrag und mitdem Beistand des Heiligen Geistes voll Ehrfurcht hört,heilig bewahrt und treu auslegt und weil es alles, was esals von Gott geoffenbart zu glauben vorlegt, aus diesemeinen Schatz des Glaubens schöpft. Es zeigt sich also, daß die Heilige Überlieferung, dieHeilige Schrift und das Lehramt der Kirche gemäß demweisen Ratschluß Gottes so miteinander verknüpft undeinander zugesellt sind, daß keines ohne die anderenbesteht und daß alle zusammen, jedes auf seine Art,

durch das Tun des einen Heiligen Geistes wirksam demHeil der Seelen dienen.

Canon 813 ( von 1917 bis 1983 )

§ 1 Sacerdos Missam ne celebret sine ministro qui ei-dem inserviat et respondeat.§ 2 Minister Missae inserviens ne sit mulier, nisi, defi-ciente viro, iusta de causa, eaque lege ut mulier ex lon-ginquo respondeat nec ullo pacto ad altare accedat.

MOTU PROPRIO „ ECCLESIA DEI „ vom 02.07.1988

Nr. 5 Das Geschehene vor Augen, fühlen wir uns ver-pflichtet, alle Gläubigen auf einige Gesichtspunkte auf-merksam zu machen, die durch dieses traurige Gesche-hen besonders deutlich werden.a. ... ...b. ... ...c. Vor allem möchten wir unter den vorliegenden Um-ständen einen feierlichen und leidenschaftlichen, wieauch väterlichen und brüderlichen Aufruf an all jenerichten, die bisher in irgendeiner Weise mit der Bewe-gung des Erzbischofs Lefebvre in Verbindung standen,daß sie ihre ernste Pflicht erfüllen, mit dem StellvertreterChristi in der Einheit der katholischen Kirche verbundenzu bleiben und in keiner Weise jene Bewegung weiterunterstützen zu wollen. Alle müssen wissen, daß dieformale Zustimmung zu einem Schisma eine schwereBeleidiguing Gottes ist und die Exkommunikation mitsich bringt, wie im Kirchenrecht festgesetzt ist ( CIC ca-non 1364 )All jenen katholischen Gläubigen, die sich an frühereFormen der Liturgie und Disziplin der lateinischen Tradi-tion gebunden fühlen, möchte ich auch meinen Willenkundtun - und wir bitten, daß sich der Wille der Bischö-fe und all jener, die in der Kirche das Hirtenamt ausübendem meinen anschließen möge - , es ihnen leicht zu ma-chen, in die kirchliche Gemeinschaft zurückzukehren,durch die notwendigen Maßnahmen, welche dieBerücksichtigung ihrer gerechtfertigten Wünsche si-cherstellen.Nr. 6 Im Hinblick auf die Bedeutung und Komplexität derin diesem Dokument angesprochenen Fragen setzenwir folgendes fest :a. ... ...b. ... ...c. Ferner muß überall das Empfinden derer geachtetwerden, die sich der Tradition der lateinischen Liturgieverbunden fühlen, indem die schon vor längerer Zeitvom Apostolischen Stuhl herausgegebenen Richtlinienzum Gebrauch des Römischen Meßbuchs in der Editiotypica vom Jahr 1962 weit und großzügig angewandtwerden.

Instruktion

Redemptionis Sacramentumvom 25.03.2004

47. Es ist sehr zu begrüßen, wenn der bekannte Brauch

ten Normen können zu diesem Altardienst Mädchenoder Frauen zugelassen werden.92. Obwohl jeder Gläubige immer das Recht hat, nachseiner Wahl die heilige Kommunion mit dem Munde zuempfangen, soll in den Gebieten, wo es die Bischofs-konferenz erlaubt hat und deren Beschluß vom Aposto-lischen Stuhl rekognisziert wurde, auch demjenigen dieheilige Hostie ausgeteilt werden, der das Sakrament mitder Hand empfangen möchte. Man soll aber sorgfältigdarauf achten,daß der Kommunikant die Hostie sofortvor dem Spender konsumiert, damit niemand mit deneucharistischen Gestalten in der Hand weggeht. Wenneine Gefahr der Profanierung besteht, darf die heiligeKommunion den Gläubigen nicht auf die Hand gegebenwerden.

Nach 70 Heiligen Messen im klassischenrömischen Ritus war in Würzburg wieder einUmzug erforderlich. Im Januar 2003 hattenwir vom Stadtrand zur Antoniterkirche desUrsulinenklosters in der Innenstadt ge-wechselt. Nach einem Jahr steigerten sichdie Terminunsicherheiten. Da fast alle Klo-ster- oder Pfarrkirchen mit Samstagsgott-esdiensten belegt sind, wurde es für unsimmer schwieriger, unsere bekanntgegebe-nen Termine einzuhalten.Dankbar sind wir darum H.H. Pfarrer RobertSeufert und unserem Diözesanadministra-tor Weihbischof Helmut Bauer für ihren Ein-satz. Die Schlösserverwaltung ist bereit,Termine mit uns abzustimmen, so daß wirdie Hofkirche nutzen können. Wir freuenuns über diesen würdigen Rahmen für dieheilige Messe im alten lateinischen Ritus,für dessen Feier die Kirche ursprünglich er-baut wurde.

Die Hofkirche gehört durch die geistvoll dif-ferenzierte Raumstruktur und den hohenkünstlerischen Rang der Dekoration zu denvollkommensten Sakralbauten des 18.Jahrhunderts in Deutschland. Erfreulich ist,daß hier fremde und einheimische Schloß-besucher die heilige Messe im klassischenrömischen Ritus wiederfinden. Es ergeben

sich Gespräche mit Personen, die einen Teilder heiligen Messe mitgefeiert haben undgerne Informationsmaterial mitnehmen.

Die heilige Messe wird jeweils am 2. und 3.Samstag im Monat um 17 Uhr bzw. 16 Uhrgefeiert, da in diesem Jahr Rücksicht zunehmen ist auf die bestehenden Termineder Hofkirche. In der Main-Post und imWürzburger Katholischen Sonntagsblattwerden die Uhrzeiten nach Möglichkeit be-kanntgegeben.Ab 2005 wird die Gottesdienstzeit wiedergleichbleibend sein. Hier die nächsten Termine:18. September 2004: 17 Uhr9. u. 16. Oktober 2004: 17 Uhr13. u. 20. November 2004: 16 Uhr11. u. 18. Dezember 2004: 16 UhrJeweils 35 Minuten vor der heiligen Messe:Rosenkranz

Rosalinde Klein

Umzug in Würzburg

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Residenz in Würzburg. Der Eingang zur Hofkirche ist hier.

Laetatus sum in his, quae dicta sunt mihi: in donum Domini ibimus.Wie freute ich mich, da man mir sagte: Wir ziehen zum Haus des Herrn.

(Psalm 121,1)

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 85

Neubeginn in TrierNeubeginn in Trier

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Mit Beginn des neuen Kirchenjahrs, d.h. abdem ersten Adventssonntag (28.11.2004),kann in Trier regelmäßig sonn- und feiertagsdie heilige Messe im klassischen römischenRitus gefeiert werden:

Kirche der weißen Väter, Dietrichstr. 30, 54290 Triersonntags und feiertags 15.00 hvorher ab 14.30h Rosenkranzgebet und Beichtgelegenheit

Das entsprechende Dekret von BischofMarx ist auf den nächsten Seiten abge-druckt.

Kontakt und weitere Informationen bei:

Dr. med. Stefan SchillingWilhelm Deuser Str. 12D - 54294 TrierTel.: 0651 309137Email: [email protected]

Monika Rheinschmitt

Neubeginn in Trier

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Neubeginn in TrierNeubeginn in Trier

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Klassischer römischer Ritus und zeitgemäße Pastoral

Das Institut St. Philipp Neri wurde im Mai2003 in Berlin gegründet. Es ist inspiriertvon der Grundidee des Oratoriums des hl.Philipp Neri und versteht sich als Antwortauf den offensichtlichen Verfall des Glau-bens und die miteinander zunehmend un-vereinbarer werdende Polarisierung zwi-schen unterschiedlichen innerkirchlichenDenkrichtungen. Ohne dem Zeitgeist undseinen Banalisierungstendenzen nachzuge-ben, will das Institut die Pflege der katholi-schen Tradition mit einer der Zeit gemäßenPastoral verbinden. Zentrales Anliegen istdie Feier der Liturgie in der überliefertenForm. Dabei ist es wesentlich, das Traditio-nelle immer in Zusammenhang mit der heu-tigen Zeit zu leben.Eines der Ziele des Instituts ist es, orientie-rungslose Menschen anzusprechen, eine„Mission unter den Ungläubigen“ - geradein Berlin ein wichtiges Unterfangen.Am 26.5.2004, dem Fest des hl. Philipp Ne-ri, ist das Institut in Rom nach nur einemJahr als Gesellschaft des apostolischen Le-bens päpstlichen Rechts anerkannt wor-den. Mit großer Freude nahmen der neuer-nannte Obere Dr. Gerald Goesche und dieübrigen Mitglieder des Instituts die herzli-chen Glück- und Segenswünsche von Kar-dinal Castrillón entgegen. Am Abend fandein levitiertes Festhochamt an einem demhl. Philipp Neri geweihten Seitenaltar derrömischen Kirche Santa Trinità dei Pellegri-ni statt. Viele befreundete Priester und Se-minaristen stimmten ein in den Dank für diesehnlichst erwartete Errichtung, die in die-ser Form ein beachtenswertes Novum dar-stellt. Erstmals wird die Gründung einerdem klassischen römischen Ritus verpflich-teten Priestergemeinschaft auf dem Territo-rium einer deutschen Diözese von Rom inenger Abstimmung mit dem zuständigenBerliner Erzbischof, Georg Kardinal Ster-

zinsky, vollzogen. Mit dem Segen der kirch-lichen Autoritäten dürfen wir auf guteFruchtbarkeit unserer Arbeit hoffen. Derüberwiegend gute Kontakt zum BerlinerDiözesanklerus läßt eine weitgehende Ak-zeptanz auch in der Zukunft erwarten.

Regelmäßige Meßzeiten in St. Afra, Graunstr. 31, 13355 Berlin (Wedding):

Sonntag 10.15 UhrMontag bis Freitag 18.00 UhrSamstag 11.00 Uhr

Am Samstag, den 9. Oktober 2004, um 9.30Uhr wird Kardinal Castrillon Hoyos in St.Afra Diakon Markus Rindler die Priesterwei-he und Herrn Daniel Bartels die Diakonen-weihe spenden. Der Neupriester feiert seine Primiz am dar-auffolgenden Sonntag, 10. Oktober 2004,um 9 Uhr ebenfalls in St. Afra.Weitere Informationen sind im Internet unterwww.institut-philipp-neri.de zu finden.Das neugegründete Institut ist auf finanziel-le Unterstützung angewiesen und bittet umSpenden:

Freundeskreis St. Philipp Neri e.V. PAX-Bank Berlin, Kontonummer 600 2557 019, BLZ 370 601 93

Daniel Otto

Klassischer römischer Ritus und zeitgemäße Pastoral

Das Institut St. Philipp Neri in Berlin

Basel: Umzug in die St.-Christophorus-Kirche

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Das Institut Christus König und Hoherprie-ster, das seit 1999 in Basel mit einem Prie-ster vertreten ist und dort entsprechend ei-ner Konvention zwischen der Diözese Baselund dem Institut an allen Sonn- und Feier-tagen ein hl. Amt feiert, konnte dort in einegrößere Kirche umziehen. Nach einer An-passung der Konvention zelebriert der Prie-ster des Institutes, Abbé Michael Wiener,seit dem 1. Juni 2004 an jedem Sonntag um8.45 Uhr ein feierliches Amt. Das Hochamtam Herz-Jesu-Freitag findet um 18.00 Uhrstatt.

Der neue Gottesdienstort ist der klassi-schen Liturgie der Kirche angemessener alsdie zwischenzeitlich viel zu klein gewordeneSt.-Antonius-Kapelle. Am 5. Septemberkonnte bereits einer der vier Neupriester,die in diesem Jahr in Gricigliano vom emer.Erzbischof von Siena, S.E. Msgr. GaetanoBonicelli, geweiht wurden, in Basel eineNachprimiz feiern: Abbé Denis Buchholzzelebrierte ein von besonders festlicher Mu-sik begleitetes Amt und erteilte nach einerkurzen, sich an die Messe anschließendenAussetzung allen anwesenden Besuchernder Messe seinen Primizsegen. Danach batdas Institut zu einem kurzen Empfang imneben der Kirche gelegenen St.-Christo-phorus-Heim.

Kirche St. ChristophorusKleinhüningeranlage 29Basel

Meßzeiten: Sonntag 8.45 UhrHerz-Jesu-Freitag 18.00 Uhr

Nähere Auskünfte erteilt:Abbé Michael WienerInstitut Christus König und HoherpriesterKandererstr. 23CH-4057 Basel Tel.: 0041 (0) 61-692-8105 oder mobil: 0041(78) 663-1888

Basel: Umzug in die St.-Christophorus-Kirche

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Klassischer römischer Ritus und zeitgemäße PastoralKlassischer römischer Ritus und zeitgemäße Pastoral

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 93

Die „Goldene Rose“ - ein Ehrengeschenk der Päpste

11. Jahrhunderterstmals belegt -fand gemäß eineralten Traditionwährend des Sta-tionsgottesdien-stes in der römi-schen BasilikaSanta Croce inG e r u s a l e m m estatt2. Vom nahe-gelegenen La-teranpalast auszog der Papst infeierlicher Reiter-

prozession zur Stationskirche. In der linkenHand hielt er eine Rose, mit der rechtensegnete er das Volk. In der Blüte der ausGold gefertigten Rose waren Moschus undBalsam eingelegt3. Während des Gottes-dienstes, nach der Predigt, hob der Papstdie Rose empor und zeigte sie dem anwe-senden Volk. War die Heilige Messe been-det, ritt der Papst mit seinem Gefolge in denLateran zurück; wiederum in der einenHand die Rose, mit der anderen das Volksegnend. Die Zügel des päpstlichen Pfer-des wurden bei diesem Anlaß vom römi-schen Stadtpräfekten gehalten, der, beklei-det mit seiner feierlichen Amtstracht (einHosenbein rot, das andere golden - die Far-ben der Ewigen Stadt), neben dem Papsteinher schritt4. Beim Lateran angekommen,stieg der Papst vom Pferd herab. Der Prä-fekt kniete nieder, küßte zunächst den Fußdes Papstes, dann dessen Hand. Der Heili-ge Vater überreichte dem Stadtpräfekten

die Goldene Rose5. Sogleich folgte der fei-erliche Umzug des Beschenkten durch dieStadt, sub aspectu populi, wie es die Zere-monienbücher vermerkten. Bei diesem Um-ritt wurde der Präfekt nicht nur von seinemeigenen Gefolge begleitet, sondern auchvom Hofstaat des Papstes und den Palast-kardinälen. Seit der zweiten Hälfte des 12.Jahrhunderts war es dann nicht mehr aus-schließlich der Praefectus urbis, der diesesGeschenk erhielt. Auch andere hochste-hende, um die Kirche verdiente Würdenträ-ger aus dem Laienstand kamen in den Ge-nuß dieser Ehrengabe.

Später, als die Päpste aus Avignon nachRom zurückkehrten, wurde die Zeremonieder Rosenweihe und -übergabe in dieApostolischen Paläste verlegt. Am Morgendes Laetare-Sonntags begab sich der Heili-ge Vater in den Paramentensaal, um diegottesdienstlichen Gewänder anzulegen6.Bevor der Papst mit dem mantum, demgroßen Papstmantel, bekleidet wurde, legteer Balsam und Moschus in die Rose. Esfolgte die Besprengung mit Weihwasserund die Inzensierung mit Weihrauch. Der

Detail des vorhergehendenBildes

Graf Giuseppe Dalla Torre, Überbringer der GoldenenRose, begibt sich zum Papst (1967)(Photo: P. Meriso)

2 Besozzi, R., La Storia della Basilica di S. Croce in Ge-rusalemme, Roma 1750.3 „Quid autem rosa hec, aurum ex quo est, muscus etbalsamum que sunt intus in ea, et quod tali die portatursignificent, diligenti inquisitori servatur“ (Ceremonial deGregoire X. vers 1237, in: Dykmanns, M., Ed.; Le Céré-monial papal de la fin du Moyen Age à la Renaissance,Tome 1, Bruxelles-Rome 1977, 190).4 Eichmann, Ed., Das officium stratoris et strepae, in: HZ142 (1930), 16-40.

5 Burns, Ch., Golden Rose and Blessed Sword, Papalgifts to the Scottish Monarchs, a. a. O., 9.6Christopherus Marcellus, Rituum eccleiasticarum sivesacrarum caeremonialium SS. Romanae Ecclesiae libritres non ante impressi, Venetiae 1516, lib. I, sectio vii, ff.35v-36.

Die „Goldene Rose“ - ein Ehrengeschenk der Päpste

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Vom 14. bis zum 15. August dieses Jahresbesuchte der Heilige Vater das Marienhei-ligtum im französischen Lourdes. Am erstenTag seiner Wallfahrt überbrachte der Papstdem Bischof von Tarbes und Lourdes,Mons. Jacques Perrier, eine „Rosa Aurea -Goldene Rose“ für das weltberühmte Hei-ligtum. Was aber ist eigentlich die „GoldeneRose“? Was verbirgt sich hinter dieser ho-hen Auszeichnung, die die Päpste seit fast1000 Jahren verleihen?

„Domenica delle rose -Rosensonntag“, sonennen die Römernoch heute den vier-ten Sonntag der Fa-stenzeit. Diese volks-tümliche Bezeichnungfür den Laetare-Sonn-tag verweist nicht sosehr auf die besonde-re liturgische Farbeder Meßgewänder, diean diesem Tag Ver-wendung findet, hin,sondern vielmehr aufein Geschehen, dasfrüher alljährlich an La-etare vollzogen wurde:auf die Weihe der„Goldenen Rose“1.Die Weihe - seit dem

Die „Goldene Rose“ - ein Ehrengeschenk der Päpste

Ulrich Nersinger

Goldene Rose aus dem Pontifikat Papst Pius’ VII. (1800-1823)(Photo: Sagrestia Pontificia)

Goldene Rose, vonPapst Johannes XXII.im Jahre 1330 in Avig-non geweiht(Photo: Musée Natio-nal du Moyen Age,Cluny)

1 Catari, C., La Rosa d’Oro Pontificia, Roma 1681 -Baldassarri, A., La Rosa d’Oro, Venezia 1709 - Kreps, J.,La Rose d’Or, in: Questions Liturgiques et Paroissiales,a. 11 (1926), 71-104, 149-174 - Sacchi Lodispoti, G., LaRosa d’Oro, in: Strenna dei Romanisti 45 (1984), 467-483 - Cornides, E., Rose und Schwert im PäpstlichenZeremoniell. Von den Anfängen bis zum Pontifikat Gre-gors XIII., Wien 1967 - Burns, Ch., Golden Rose & Bles-sed Sword, Papal Gifts to Scottish Monarchs, GlasgowMCMLXX - Nersinger, U., Wenn der Papst eine Roseschenkt, in: KU, Nr. 3, März 2000, 25-26.

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Die „Goldene Rose“ - ein Ehrengeschenk der Päpste

den Geschenken der drei Weisen aus demMorgenland zeige; die rötliche Färbung desEdelmetalles stehe für das Leiden Christi.Der Duft der Rose aber verkünde die Herr-lichkeit der Auferstehung10. Die Symbolik der Goldenen Rose wurde inden Jahrzehnten nach Alexander III. mehrund mehr ausgebaut. Das Zeremonien-buch, das den Ablauf der päpstlichen Litur-gien regelte, schrieb für den Laetare-Sonn-tag sogar eine Predigt des Papstes „de floreet rubore rosae et odore - über die Blume,ihre Farbe und ihren Duft“ vor11. Besondersaufschlußreich sind die uns überliefertenRosenpredigten Innozenz’ III. (1198-1216)und Honorius’ III. (1216-1227)12.In Anspielung auf die an diesem Tag ge-nommenen Meßtexte predigte Innozenz III.(Lotario dei Conti di Segni, 1198-1216), daßder Laetare-Sonntag die Liebe nach demHaß („Laetare Ierusalem et conventum faci-te omnes qui diligitis eam - Freue dich, Je-rusalem! Und kommt alle zusammen, die ihrdie Gottesstadt liebt“), die Freude nach derTrauer („Gaudete cum laetitia qui in tristitiafuistis - Von Herzen seid froh, die ihr in Trau-rigkeit wart“) und die Sättigung nach demHunger („Ut satiemini ab uberibus consola-tionis vestrae - Frohlocket und sättigt euchan der Tröstung, mit der sie euch mütterlichstillt“) darstelle. Diese drei Aussagen wür-den auch durch die drei Eigenschaften derRose symbolisiert: die Liebe durch die Far-be, die Freude durch den Duft, die Sätti-gung durch den Geschmack und den An-blick.Papst Honorius III. bemerkte, die rote Farbeder Rose stehe für das Leiden und das Mar-tyrium des Herrn, das auch jeder Christ,wenn es von ihm gefordert werde, bereitwil-

lig anzunehmen habe. Der Duft erinnere anJesus Christus, in dem jeder Gute lebt, undgleichfalls an die guten Werke eines jedenChristen. Die virtus, die Kraft, der Rose be-stehe darin, daß sie in der Hitze Kühlunggebe und ein Heilmittel sei; so gäbe auchChristus den Menschen ein Refrigerium inden Gefahren des Lebens und in der Hitzeder Leidenschaften. Ebenso sei die Formder Rose Sinnbild Christi und jedes Gläubi-gen - eine Rose sei unten schmal und obenweit; so sei Christus auf Erden arm gewe-sen, erfüllte aber die ganze Welt mit seinemReichtum - und auch jeder Christ von daheraufgerufen, das Irdische gering und dasHimmlische hoch zu schätzen. Beide Päpste wiesen darauf hin, daß dieGoldene Rose aus drei Bestandteilen zu-sammengesetzt sei: aus Gold, Balsam undMoschus. Das Gold symbolisiere die Gott-heit Christi, Moschus, der aus Tierischemgewonnen wird, seinen menschlichen Leib,und durch den Balsam sei es beiden mög-lich, sich zu verbinden. Honorius III. beton-te, die Dreiheit der Rose sei aber nicht nurSinnbild Christi, sondern auch der Dreifal-tigkeit, in welcher der Vater die Macht(Gold), der Sohn die Weisheit (Moschus)und der Heilige Geist die Liebe (Balsam)seien. Aber Gott gebe auch jedem Christendiese Dreiheit: der Vater schenke die Gabe„zu können“, der Sohn „zu wissen“, derGeist „zu wollen“13.Zusammenfassend darf man wohl in derWeihe der Goldenen Rose - im Kontext zuden liturgischen Texten des Laetare-Sonn-tags - eine Erinnerung an die Wegführungdes Gottesvolkes aus der babylonischenGefangenschaft sehen und die freudige,von der Kirche bejubelte Hoffnung auf dashimmlische Jerusalem erblicken. Derjenige,der die Blüte aus dem Stamm Jesse ist,symbolisiert in der Goldenen Rose gleich-sam dieses Heilsgeschehen. Aber auch der

10 Bouché, H., L’ histoire cronologique de Provence, Pa-ris 1644, XV, 794.11 Fabre-Duchesne, Le liber Censuum de l’Eglise Ro-maine, II, 150.12 Migne PL CCXVII, 393-398; Cod. Sess. 51 der Biblio-teca Nazionale Vittorio Emanuele I, Roma.

13 Zitiert bei: Cornides, E., Rose und Schwert im Päpst-lichen Zeremoniell, a. a. O., 28-29.

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Papst bestieg dann seinen Tragsessel undwurde, die Rose in der Hand haltend, zurPalastkapelle gebracht. So behielt man diegestio et praesentatio rosae, das feierlicheTragen und Zuschaustellen der Rose, inverkürzter Form bei. In der Kapelle ange-langt, legte er den Mantel ab und empfingdie Gewänder für die Feier der heiligenMesse. Nach dem Ende der Liturgie, an derSchwelle der Kapelle, folgte die Überrei-chung der Goldenen Rose7. Später, als dieAuszuzeichnenden der Feier aus den unter-schiedlichsten Gründen nicht persönlichbeiwohnen konnten, erhielten sie die Gol-dene Rose durch eine vom Papst eigensbestimmte Gesandtschaft. Welches war nun der Sinn und Zweck die-ser feierlichen Zeremonie? Wann und war-um kam es zu der Weihe einer solchen Blu-me?Über den Ursprung besitzen wir keine gesi-cherten Quellen. Wenn auch Papst Honori-us III. (Cencio Savelli, 1216-1227) in einerPredigt aus dem Jahre 1216 behauptet, derheilige Gregor der Große sei der Begründerdieses Brauches gewesen, so erfahren wirdoch historisch belegt erst aus einer BullePapst Leos IX. (Bruno von Egisheim-Dags-burg, 1049-1054) von der Goldenen Rose;der Papst hatte sie dem von seinen Elterngegründeten Kloster Heiligenkreuz bei Wof-fenheim in Lothringen übersandt8. Rosenspielten jedoch schon früh in der stadtrömi-schen Liturgie eine Rolle. Diakone ließen sie

am 5. August in der Basilika Santa MariaMaggiore in Erinnerung an den Schneefall,der zur Gründung des Gotteshauses ge-führt haben soll, vom Dachinneren der Ba-silika aus auf die versammelte Gemeindeherabfallen. Am Sonntag der Oktav vonChristi Himmelfahrt gab es eine vergleich-bare Zeremonie im Pantheon, dem vonPapst Bonifatius IV. (608-615) der „HeiligenMaria zu den Märtyrern“ geweihten Gottes-haus. Von der Kuppel aus wurden Rosen-blätter herabgestreut. Die Gläubigen sam-melten die Blätter auf und nahmen sie alsSchutz gegen Unheil mit nach Hause. Auchwar es früher in Rom am Karsamstag üb-lich, daß die Kleriker bei der Prozession zurTaufkapelle und zurück Blumensträuße -unter anderem auch Rosen - in der Handtrugen.Die Päpste selber geben uns eine reicheDeutung der Goldenen Rose, ihres Sinnesund Zweckes. Papst Eugen III. (Bernardo Paganelli, 1145-1153) sah in ihr ein „signum passionis et re-surrectionis Jesu Christi, Domini nostri -Symbol für das Leiden und die Auferste-hung Jesu Christi, unseres Herrn“. Derjeni-ge, der sie vom Papst erhalte, sollte da-durch angeregt werden, das, was demLeiden Christi noch fehle, an seinem Leib zuerfüllen (Kol I, 25), damit er so durch Gotteströstende Milde zur Ewigen Seligkeit gelan-gen könne9.In einem Schreiben an den König vonFrankreich gab Papst Alexander III. (Rolan-do Bandinelli, 1159-1181) erstmals eineausführlichere Katechese über die GoldeneRose: Er bezog den Vers des Hohen Liedes,4, 9, „Ich bin eine Blume auf den Wiesendes Scharon“ und die Jesajastelle 11, 1„Aus der Wurzel Isais wächst ein Reis her-vor“ auf den Herrn und setzte die GoldeneRose mit ihm gleich. Ihr Gold bezeichneChristus den König, so wie es sich auch in

7 Es gab aber bisweilen Abänderungen und Vereinfa-chungen dieser Zeremonie. So berichtet JohannesBurckard für das Jahr 1487: „Sanctissimus Dominusnoster, stolam habens super rochetam et parvum ca-puccinum, in camera sua secreta benedixit rosam, pre-sentibus cardinalibus, qui deinde sine papa et cruce ve-nerunt ad capellam majorem bini et bini, dignioribusprecedentibus. Primus precessit dominus Sinolphus,clericus camere, rosam portans, quam in dicta capellasupra medium altaris posuit » (Iohannis Burckardi LiberNotarum ab anno MCCCCLXXXIII usque ad annum MD-VI, ed. E. Celani, Città di Castello 1906, 138). 8 Calmet, A., Histoire ecclésiastique et civile de la Lor-raine (1728), II, 425-427 - Migne PL CXLIII, 635 - Jaffé-Löwenfeld, I, 4201.

9 Schreiben Papst Eugens III. an König Alphons von Ka-stilien (1148), in: Migne PL CLXXX, 1346.

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Die „Goldene Rose“ - ein Ehrengeschenk der Päpste

Sie wurde bewußt als Mittel der Diplomatieeingesetzt. 1464 sandte sie Pius II. an denHerzog von Mailand, um ihn zur Teilnahmeam Kreuzzug zu ermuntern. Leo X. (Giovan-ni de’ Medici, 1523-1549) zeichnete denKurfürsten von Sachsen, den SchutzherrnMartin Luthers, mit der 1518 geweihtenRose aus. Die Rose traf aber erst 1519in Sachsen ein. Es wird überliefert, daßFriedrich der Weise sie nicht persönlich,sondern nur durch einen Kammerherrn ent-gegennahm. Ein deutlicher Affront gegenü-ber dem Papst. Ob es stimmt, wie Lutherschadenfroh berichtet, daß der Kurfürst daspäpstliche Breve zerrissen habe, ist histo-risch nicht belegt18. Leo X. übersandte eineRose an König Heinrich VIII. von Englandzusammen mit dem Apostolischen Schrei-ben, mit dem er dem Monarchen den Titeleines „Defensor Fidei - Verteidiger desGlaubens“ verlieh19.Mit der Zeit wählten die Päpste jedoch fürdie Auszeichnung und Glaubensverpflich-tung katholischer Regenten „männlichere“Geschenke“, so vor allem Schwert und Hut.Die letzten männlichen Personen, die eineGoldene Rose erhielten, waren 1759 derDoge von Venedig, Francesco Loredan, und1780 Erzherzog Johann Karl von Öster-reich, Generalstatthalter der Lombardei.Immer mehr Frauen kamen daher in dieGunst dieses päpstlichen Ehrengeschen-kes20. So ließ der Papst unter anderem Isa-bella der Katholischen und Königin Mariavon England die rosa aurea zukommen. Zu-

mindest zweimal erhielten Frauen inDeutschland eine Goldene Rose: Sixtus V.(Felice Peretti, 1585-1590) sandte sie anHerzogin Jakoba von Jülich-Kleve und Be-nedikt XIV. (Prospero Lambertini, 1740-1758) 1740 an Maria Amalia von Sachsen;auch zahlreiche weibliche Mitglieder derFamilie Habsburg wurden mit ihr bedacht,zuletzt - unter dem Pontifikat des seligenPius’ IX. - Kaiserin Elisabeth (Sissi) vonÖsterreich. Als einzige Bürgerliche erhieltdie Amerikanerin Mary Gwendoline Cald-well, Mitgründerin und Mäzenin der Catho-lic University of America (Washington), vonPapst Leo XIII. (Gioacchino Pecci, 1878-1903) diese hohe Auszeichnung. Papst PiusXI. (Achille Ratti, 1922-1939) ließ sie denKöniginnen von Spanien (1923), Belgien(1925) und Italien (1937) überbringen.Großherzogin Charlotte von Luxemburg war1956 die letzte Frau, die das päpstliche Eh-rengeschenk empfing. Danach wurde die Goldene Rose nur mehrbedeutenden Gotteshäusern, überwiegendHeiligtümern der Muttergottes, zugedacht.Pius XII. (Eugenio Pacelli, 1939-1958) sand-te sie an die Patriarchalkirche von Goa (In-dien); Paul VI. (Giovanni Battista Montini,1963-1978) an die Madonna von Fatima(1965) und im darauffolgenden Jahr an dieMadonna von Guadalupe. Johannes PaulII., der sein Pontifikat unter den besonderenSchutz der Gottesmutter gestellt hat,schenkte sie ausschließlich marianischenHeiligtümern, so u. a. im Juni 1979 demHeiligtum der Schwarzen Madonna inTschenstochau (Polen), im gleichen Jahrdem irischen Knock und 1995 der Mutter-gottes von Loreto. Am 14. und 15. August2004 wallfahrte der Papst aus Anlaß des1854 promulgierten Dogmas der Unbe-fleckten Empfängnis Mariens nach Lourdes(Frankreich). Dem Heiligtum der Muttergott-es überbrachte er als Geschenk die Golde-ne Rose. Ob die im Heiligen Jahr 2000 der Mutter-gottes von Loreto (Italien) übersandte „Gol-

18 Cornides, E., Rose und Schwert im päpstlichen Zere-moniell, a. a. O., 108-109.19 Ricci, O., De’ Giubilei universali, Roma 1675, 176.20 Die erste Frau, die eine Goldene Rose erhielt, dürfteKönigin Johanna von Sizilien gewesen sein; die Monar-chin erhielt sie im Jahre 1368 von Urban V. Die Überga-be stieß bei einer Reihe von Kardinälen auf Unver-ständnis. Als die Purpurträger mißbilligend feststellten(„murmuraverunt“), so etwas sei noch nie da gewesen,antwortete Urban V. schlagfertig, es auch noch nie dagewesen, daß ein Mönch aus Marseille - nämlich er sel-ber - Papst gewesen sei (Cornides, E., Rose undSchwert im päpstlichen Zeremoniell, a. a. O., 83).

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Beschenkte kann mit der Rose verglichenwerden, „ut amplius omni virtute in ChristoDomino nobiliteris, tanquam rosa plantatasuper rivos aquarum multarum“, wie es Au-gustinus Patritius in seinem Zeremonien-buch aus dem XV. Jahrhundert anmerkt14.In einem Apostolischen Breve vom 25. März1684 an Königin Kasimira von Polen erläu-tert der selige Papst Innozenz XI. (Benedet-to Odescalchi, 1676-1689) die Bedeutungdes Geschenkes: „Wir senden Dir die mitdem Apostolischen Segen versehene Gol-dene Rose, nicht eine, die eitel und welk indiesem Tale der Tränen geboren wird, son-dern eine, die das Bild des nimmer enden-den Glücks in sich trägt, dessen die Ge-rechten in der ewigen Seligkeit genießen“15.Wer waren nun die Adressaten, die derPapst mit der Goldenen Rose auszeichne-te?Ursprünglich wurde sie, wie schon erwähnt,dem Stadtpräfekten von Rom übergeben16.Später erhielten sie dann Persönlichkeiten,die einen hohen, adeligen Rang einnahmen,im Leben der Kirche eine besondere, ver-antwortungsvolle Stellung besaßen und denkatholischen Glauben unterstützten undförderten.Alexander III. überreichte sie im Jahre 1177dem Dogen von Venedig „in signum gratiaeApostolicae Sedis - als Zeichen des Wohl-wollens des Apostolischen Stuhls“17. ImJahre 1383 wurde sie an den König von Ar-menien gesandt - als Dank für dessen wert-volle Unterstützung bei den Unionsver-handlungen mit der von Rom abgefallenenKirche des Landes. Thomas Paläologus,

der Bruder des letzten byzantinischen Kai-sers, soll sie erhalten haben, weil er dasHaupt des heiligen Andreas gerettet und esnach Rom gebracht hatte. Nikolaus V. (Tom-maso Parentucelli, 1447-1455) bedanktesich mit der Verleihung der Goldenen Rosebei Herzog Albrecht III. von Bayern für dieStiftung des Benediktinerklosters Andechs.1496 bekam der Markgraf von Mantua,Francesco Gonzaga, von Papst AlexanderVI. (Rodrigo de Borja, 1492-1503) die Gol-dene Rose, weil er sich bei den Kämpfengegen Karl VIII. durch persönliche Tapfer-keit ausgezeichnet hatte.Manche Päpste übersandten sie an Städte,denen sie sich verbunden fühlten, die inTreue zum Heiligen Stuhl standen oder sichum die Kirche besondere Verdienste erwor-ben hatten: Martin V. (Oddone Colonna,1417-1431) verlieh sie 1419 der Signoria(Stadtherrschaft) von Florenz, 1459 ehrtePapst Pius II. (Enea Silvio Piccolomini,1458-1464) seine Vaterstadt Siena mit derGoldenen Rose und Julius II. ( Giuliano del-la Rovere, 1503-1513) sandte sie im erstenJahr seines Pontifikates an die RepublikGenua. Die Goldene Rose sollte ihren Empfängeraber nicht nur ehren, sondern ihn auch anseine religiösen Verpflichtungen erinnern.

14 Cornides, E., Rose und Schwert im päpstlichen Zere-moniell, a. a. O., Anhang, 131.15 Ludovisi, P., La rosa d’oro nella tradizione plurisecola-re della Chiesa cattolica, in: L’Illustrazione Vaticana, 8(1937), 213-216.16 Contelori, F., De praefecto Urbis liber, Romae 1631 -Corsini, E., Series Praefectorum ab urbe condita -1353, Pisa 1763.17 Watterich, Vitae Pontific. Roman. II, 438; Historia du-cum Vent. MGH SS XIV, 84.

Erzbischof Borgonini Duca und der Marchese Sacchettimit der Goldenen Rose für Königin Elena von Italien(1937)(Photo: Archiv Nersinger)

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dene Rose“ noch so benannt werden kann,muß dahin gestellt bleiben: Kardinal AlfonsoLopez Trujillo, der Präsident des Päpstli-chen Familienrates, hatte diese sogenannte„Rosa d’Oro“ am 9. Dezember 2000 zurSanta Casa gebracht. Sie war eigentlich einGeschenk der katholischen Familien an dasHeiligtum gewesen; am Stiel der Rose wa-ren zwei ineinander verschlungene Ringeangebracht, Symbol ehelicher Liebe undTreue21.Ursprünglich übergab der Papst die Golde-ne Rose selber; später dann, wenn die sozu Ehrenden nicht in der Ewigen Stadt an-wesend waren, übernahm dies eine vomHeiligen Vater ad hoc bestimmte Gesandt-schaft22. Die Gesandtschaft bestand aus ei-nem Legaten (einem Purpurträger oder zu-mindest einem Nuntius im Bischofsrang),der als Überbringer des päpstlichen Brevefungierte, und einem hochgestellten Laien-dignitär aus der unmittelbaren Umgebungdes Heiligen Vaters (in den letzten beidenJahrhunderten war dies zumeist der Groß-fourier [Oberquartiermeister] der Apostoli-schen Paläste), der die Goldene Rose über-brachte. Leo XIII. hatte in seinem Pontifikatden Grafen Edoardo Soderini zu seinemfünften Wirklichen Geheimen Kammerherrnmit dem Titel und dem Amt eines Überbrin-gers der Goldenen Rose ernannt. In demErnennungsschreiben wurde jedoch aus-drücklich betont, daß diese Ehrung einepersönliche Auszeichnung sei und das Amtnach dem Ableben seines Trägers nicht

wieder besetzt werde. Erst am 18. Juni1941 schuf Papst Pius XII. das Amt der „La-tores Rosae Aureae - Überbringer der Gol-denen Rose“ als permanente Einrichtung.Zwei Adelige sollten diese Aufgabe über-nehmen. Als erste Inhaber dieser neuenWürde ernannte er die römischen FürstenEnrico Barberini und Luigi Massimo Lancel-loti. Es sollte eines der kurzlebigsten Ämteram alten päpstlichen Hof sein23; als PapstPaul VI. 1968 seinen Hofstaat einer grund-legenden Reform unterzog, bestimmte erdie Abschaffung dieser Dignität.

21 Peduto, G., Una rosa, due fedi, un solo amore, in: Ra-dio Vaticana - Radiogiornale, Anno XLIV, n. 342, Testodella Trasmissione di Giovedì 7/12/2000 - Meravigliosegiornate giubilari a Loreto, in: Il Nuovo Diario Mes-saggero, 16/12/2000, Castel S. Pietro.22 Nach Burns (Golden Rose and Blessed Sword, a. a.O., 9-10) übergab der Papst dem Legaten die GoldeneRose mit den Worten: „Hanc rosam portabis carissimoin Christo filio Nostri tali regi, quam Nos cum consilio etconsensu venerabilium fratrum Nostrorum SanctaeRomanae Ecclesiae Cardinalium sibi utpote de hacSancta Sede et Nobis benenerito libenter ac sponte do-namus.“

23 Del Re, Niccolo, Latori della Rosa d’ Oro, in: MondoVaticano, Città del Vaticano 1995, 639. Der selige PapstJohannes XXIII. ernannte für den schon im Pontifikat Pi-us’ XII. verstorbenen Fürsten Barberini den langjährigenDirektor des Osservatore Romano und Malteser-KomturFrà Giuseppe Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto zumLatore della Rosa d’Oro.

Portugiesische Briefmarke mit dem Wappen PapstPauls VI. und der Goldenen Rose für Fatima (1965)

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 101Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004100

Hl. Messen

59329 LiesbornHl. Kreuz-Kapelle, Lippstädter Str. 42jeden So.: 10.00 Uhrjeden Mi.: 17.00 Uhrübrige Werktage: 7.00 Uhr

60311 FrankfurtSt. Leonhard, Alte Mainzer Gasse 8jeden Mi.: 18.30 Uhr

65187 WiesbadenLiebfrauenkapelle der Dreifaltigkeitskirche Frauenlobstr. 5jeden Mi.: 18.30 Uhr

66740 SaarlouisKapelle der Klinik St. Elisabethjeden So.: 11.00 Uhr

66780 Rehlingen-NiedaltdorfSt. Antoniushaus, Neunkircherstr. 71So.: 7.00 UhrWerktag: 6.30 Uhr

67308 EinselthumSt. Martin, Zell-Einselthumjeden So.: 9.00 UhrDo.: auf Anfrage.

69120 HeidelbergHerz-Jesu-KapelleGerhart-Hauptmann-Str. 153. So. im Monat: 17.45 Uhrjeden ersten Di. im Monat: 19.00 Uhr

70182 StuttgartKapelle des Hildegardisheims, Olgastr. 60 Mo., Di. und Do., Fr.: 18.30 UhrMi.: 7.30 UhrSa.: 8.15 Uhr

70439 StuttgartSt. Albert, WollinstraßeSonn- und Feiertage: 9.30 UhrMi.: 18.30 Uhr

74172 NeckarsulmFrauenkircheMartin-Fischel-Straße (Nähe Ballei)jeden Sonn- und Feiertag: 9.30 Uhrjeden Fr.: 19.00 Uhrjeden Sa.: 7.30 Uhrjeden 1. Do. im Monat: 19.00 Uhr

80331 MünchenSt. Anna-DamenstiftskircheDamenstiftstr. 1jeden So.: 9.00 Uhrjeden Mi.: 17.30 Uhr

83457 Bayerisch GmainKonvent Herz Jesu, Feuerwehrheimstr. 40 jeden Sonn- und Feiertag: 9.30 UhrWochentage: 8.00 Uhr

85072 EichstättHl. Geist Spitalkirche, Spitalbrückealle 14 Tage am Sa.: 17.00 Uhr

86150 AugsburgSt. Margareth, Spitalgassejeden 2., 4. und 5. So. im Monat: 10.30 Uhr

88145 WigratzbadPriesterseminar St. Petrusjeden So.: 7.55 Uhr und 10.00 UhrWerktage: 6.30 Uhr und 17.15 Uhr in der Krypta7.15 Uhr in der Sühnekirche

90403 NürnbergBurgkapelle St. WalpurgisKaiserburg (im Stadtzentrum)jeden 1. Do. im Monat: 18.00 Uhr

94072 Bad FüssingBruder Konrad-Kapelleder Pfarrkirche Heilig-Geistjeden Sa.: 9.00 Uhr

96049 BambergSt. Michaels-Kirche, Michelsbergjeden 1. und 3. So. im Monat: 17.00 Uhr

Hl. Messen

Deutschland

03046 CottbusKapelle des St.-Johannes-HausesAdolph-Kolping-Str. 16einmal im Monat am So.: 11.00 Uhr HochamtGenauer Termin zu erfragen bei Ulf Hutengs, Tel. 035606/41876.

10437 BerlinKapelle des St. Josef-HeimsPappelallee 61 (Prenzlauer Berg)jeden Sonn- und Feiertag: 10.30 Uhr

13355 Berlin (Wedding)Institut St. Philipp Neri (St. Afra)Graunstraße 31 Mo. bis Fr.: 18.00 UhrSa.: 11.00 UhrSo.: 10.15 Uhr

36041 FuldaSt. Andreas, AndreasbergFulda-Neuenbergjeden 2. und 4. Fr. im Monat: 19.00 Uhr hl. Messe

40591 DüsseldorfSt. Hedwig, Werstener Feld 225jeden Sonn- und Feiertag: 10.00 UhrMo. bis Fr.: 7.15 UhrSa.: 8.00 Uhr

45661 Recklinghausen-HochlamarkSt. Michael, Michaelstr. 1jeden So.: 10.45 Uhr

45661 Recklinghausen-SüdSt. Josef, Grullbadstr. 94 Ajeden Mi.: 18.00 Uhr

45879 GelsenkirchenKath. Kinderheim St. Josef und St. Augustinus, Husemann-Str. 50Do. nach dem Herz-Jesu-Fr.: 17.45 Uhr

48143 MünsterAegidii-Kirche, Am Aegidiimarktjeden Sonn- und Feiertag: 9.30 Uhr

49082 OsnabrückSchloßkapelle, Gut Sutthausenjeden So.: 9.30 Uhr

50677 KölnMaria Hilf, Rolandstr. 61jeden So.: 10.00 Uhr HochamtMi. und Fr.: 18.30 Uhr hl. MesseSa.: 8.00 Uhr hl. Messe

52062 AachenTheresienkirche, Pontstraßejeden Do.: 19.00 Uhr

53129 BonnAlt-St.-Nikolaus, Pützstr. 21Bonn-Kessenich;jeden 2. und 4. So. im Monat: 17.00 Uhr

53925 Steinfeld/EifelHauskapelle des SalvatorianerklostersHermann-Josef-Str. 41. Fr. im Monat: 19.00 Uhr

54290 Trier (ab 28. 11. 2004)Kirche der weißen Väter, Dietrichstraße 30jeden Sonn- und Feiertag: 15.00 Uhr

55126 MainzMarien-Kapelle (Heilige Dreifaltigkeit)Gonsenheimer Str. 41a-43 (Mainz-Budenheim)täglich: 7.30 Uhr

Hl. Messen

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Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004 103Rundbrief Pro Missa Tridentina Nr. 28, September 2004102

Hl. Messen

1700 FribourgSt. Josef de Cluny, rue Techtermann 4jeden So.: 9.45 Uhr

2000 NeuchâtelS. Norbert, rue de la Dîme 81jeden 1. und 3. So. im Monat: 17.00 Uhr

3011 BernDreifaltigkeitskirche (Krypta)Taubenstraße 4jeden So.: 8.15 Uhrjeden 2. Fr. im Monat: 18.15 Uhr

4057 BaselPfarrkirche St. ChristophorusKleinhüningeranlage 29jeden So.: 8.45 Uhrjeden Herz-Jesu-Fr.: 18.00 Uhr

4500 SolothurnSchloß Waldegg, Feldbrunnenjeden 1. Sa. im Monat: 9.30 Uhr

5016 Obererlinsbach/SOLorenzkapelle3. So. im Monat: 18.00 Uhr

5400 Baden/AGDreikönigskapelle (Bäderviertel)jeden So.: 7.45 Uhr und 9.30 Uhrjeden Di. und Fr.: 19.15 UhrRosenaujeden So.: 19.15 Uhrjeden Mi. und Sa.: 10.00 Uhr

6003 LuzernSentikirche (Bushalt Gütsch)jeden So.: 9.50 UhrMi. und Fr.: 18.00 Uhr

6300 ZugKirche des ehemaligen KapuzinerklostersZugjeden 1. Sa. im Monat: 19.30 Uhr

6331 Hünenberg-Meisterswil/ZGKapelle St. Karl Borromäusjeden Sonn- und Feiertag: 6.45 Uhr und 9.15 Uhr

6415 Oberarth/SZMarienkapelle (Immaculata)jeden So.: 8.00 Uhr und 19.30 Uhrjeden Mo. und Fr.: 19.30 Uhr

6422 Steinen/SZKapelle Maria Assumptajeden Sonn- und Feiertag: 9.45 Uhrerster und letzter Fr. im Monat: 20.00 Uhr

6423 Seewen/SZAlte Kapellejeden So.: 10.00 Uhr

8050 ZürichKirche Herz-Jesu ÖrlikonSchwamendingenstr. 55jeden Sonn- und Feiertag: 17.00 Uhrwerktags: auf Anfrage

8132 Egg/ZHWallfahrtskirche St. Antoniusjeden 3. Fr. im Monat: 19.00 Uhr Andacht20.00 Uhr hl. Messe

8800 ThalwilHaus Maria Königin, Ludretikoner Str. 3Gottesdienste auf Anfrage

8953 Dietikon/ZHKrummackerstraße 5jeden So.: 8.40 Uhr und 10.15 Uhr

9200 GossauKleines Kongreßhaus, Flawiler Straße 72So.: 7.50 Uhr und 9.00 UhrMo., Di., Do.: 7.30 UhrMi., Fr., Sa.: 19.30 Uhr

Hl. Messen

97070 WürzburgHofkirche der Residenz, Residenzplatzjeden 2. und 3. Sa. im Monat: 16.25 Uhr Rosenkranz17.00 Uhr hl. Messeim Winter eine Stunde früher

Österreich

1010 WienKapuzinerkirche, Tegetthoffstr./Neuer Marktjeden Sonn- und Feiertag: 18.00 UhrWerktage: 8.00 Uhr

3100 St. PöltenPrandtauerkirche(ehemalige Karmeliterinnenkirche UnsererLieben Frau vom Berge Karmel)Prandtauerstraßejeden Mo., Do. und Sa.: 7.30 Uhrjeden Di., Mi. und Fr.: 18.00 Uhr(Sommerzeit: 18.30 Uhr)

4021 LinzMinoritenkirche am LandhausKlosterstraße 7jeden Werk-, Sonn- und Feiertag: 8.30 Uhrzusätzl. Mi. und Herz-Jesu-Fr.: 18.00 Uhr Abendmesse

4143 PyrethPfarrkirchejeden Di.: 19.30 Uhrjeden Sa.: 8.00 Uhr

4784 SchardenbergWallfahrtskirchejeden ersten So. im Monat: 19.30 Uhr

4921 Hohenzell (bei Ried i. I.)Pfarrkirchejeden Mo.: 7.15 Uhrjeden letzten Do. im Monat: 19.30 Uhr

5020 SalzburgSt. Sebastian, Linzergasse 41jeden So.: 9.00 UhrWerktage: 18.00 UhrLoretto-Kloster, Paris-Lodron-Str. 6täglich: 6.15 Uhr.

5760 Maria AlmHaus Maria Immaculata, Gasteg 21jeden Sonn- und Feiertag: 9.30 UhrWochentage: 7.30 Uhr

6020 InnsbruckKirche zur Ewigen Anbetungjeden 1. Fr. im Monat: 16.00 Uhr

8020 GrazHeilig-Geist-Kirche im BürgerspitalDominikanergasse 8jeden Fr.: 19.00 Uhrjeden So.: 17.00 Uhr

9020 KlagenfurtBürgerspital-Kirche, Lidmannskygasse 20jeden So.: 16.30 Uhr

9871 LiesereggKirche Mariä Himmelfahrt, Hauptstraße 93jeden 1. Sa. im Monat: 17.00 Uhr

Schweiz

1012 LausanneSt. Augustin, Av. de Béthusy 78jeden So.: 8.00 Uhr und 9.45 Uhr

1204 GenfSacré Coeur, rue Général Dufour 18jeden So.: 9.45 Uhr

1630 Bulle/FRCouvent des Capucins, rue du Marchéjeden So.: 8.00 Uhr

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Hl. Messen

9225 St. Pelagiberg/TGKurhaustäglich: 7.15 UhrPfarrkirchejeden So.: 9.30 Uhr (außer am 2. So. im Monat: 9.15 Uhr)jeden 1. Sa. im Monat: 20.00 Uhr Sühnenacht

Liechtenstein

9448 Schellenberg/FLjeden So.: 8.15 UhrWochentage: 6.00 Uhr

Niederlande

2612 DelftKapelle des Altersheims Huize MonicaArubastraße 2jeden 1., 3. und 5. So. im Monat: 12.15 Uhrjeden 2. und 4. So. im Monat: 11.45 Uhr

4382 VlissingenOnze Lieve VrouwenkerkSingel 106 (Nähe Stadthuis)jeden 2. und 4. So. im Monat: 17.15 Uhr

4818 BredaH. Hartkerk, Baronielaanjeden 3. So. im Monat: 10.30 Uhr

ISSN 1610-4927

Die Liturgie hat etwas mit den Sternen gemeinsam: „ihremewiggleichen Gang, ihrer unverrückbaren Ordnung, ihrem tie-fen Schweigen, ihren unendlichen Weiten“.

Romano Guardini (Vom Geist der Liturgie, S. 143)

„Denn zur Schönheit sind drei Dinge erforderlich: Und zwar er-stens die Unversehrtheit oder Vollendung; Dinge nämlich, dieverstümmelt sind, sind schon deshalb häßlich. Ferner das ge-bührende Maßverhältnis oder die Übereinstimmung der Teile.Und schließlich die Klarheit; deshalb werden Dinge, die einestrahlende Farbe haben, schön genannt.“

Thomas von Aquin (1a q.39 a.8)

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ISSN 1610-4927


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