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Novembre 1998 1021appl.fr.ch/constituante/doc/fichiers/bgc_1998_1021_1107.pdf · 2004-04-23 ·...

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Novembre 1998 1021 sungsverfahren (Bedingungen, Modalitäten, Zuständig- keiten) und der (zwangsweisen) Behandlung in der Anstalt. Die Grundlage für diese Unterscheidung findet sich im übrigen in Artikel 27 des Entwurfs (Bestim- mung, die gemäss Botschaft aus didaktischen Gründen erfolgte). Hervorzuheben ist, dass der Inhalt dieses Arti- kels im Grossen Rat zu keinerlei Bemerkungen Anlass gegeben hat, nachdem der Regierungsvertreter darauf hingewiesen hatte, dass die massgeblichen Bestimmun- gen «namentlich im künftigen neuen Sanitätsgesetz ent- halten sein werden». Beizufügen ist, dass der Gesetzes- entwurf in gewisser Weise auch eine Verbindung mit dem (künftigen) Gesundheitsgesetz herstellt. In der Tat sieht Artikel 18 Abs. 1 Bst. d in fine vor, dass die Kom- mission die Aufsichtsbehörde, die für den medizini- schen Bereich zuständig ist, über ihre (medizinischen) Feststellungen informiert. Mit anderen Worten scheint es offensichtlich, dass das Gesetz über die fürsorgerische Freiheitsentziehung eben dieses Thema behandeln muss und der ärztliche oder soziale Beistand ein anderes Gebiet ist, das durch andere Regelungen festgelegt wird. Anzumerken ist, dass die mit der Ausarbeitung des neuen Bundesrechts im Vormundschaftswesen beauftragte Arbeitsgruppe den genau gleichen Standpunkt vertreten hat. c) Selbstverständlich enthält der Vorentwurf des Gesundheitsgesetzes – so wie er in die Vernehmlassung gegeben wurde – auch Bestimmungen über die Patien- tenrechte (vgl. Art. 67 ff.). Die Beziehung dieses Vor- entwurfs zum Gesetzesentwurf über die fürsorgerische Freiheitsentziehung wird im Vorentwurf zweimal deut- lich gemacht, nämlich in Artikel 74 Abs. 1 (Zwangsbe- handlung bei fürsorgerischer Freiheitsentziehung) und in Artikel 74 Abs. 2 (im Vorentwurf des Gesetzes über die fürsorgerische Freiheitsentziehung vorgesehene Zuständigkeit der Aufsichtskommission für die «Genehmigung des Entscheides» für eine Zwangsbe- handlung bei Urteilsunfähigkeit oder fürsorgerischer Freiheitsentziehung). In der Tat sieht der Vorentwurf des Gesundheitsgesetzes (in Art. 74 Abs. 1) klar vor, dass zwischen der Freiheits- entziehung und der Behandlung klar unterschieden wer- den muss. In diesem Sinne entspricht er genau der Sichtweise, wie ihn der hier zur Diskussion stehende Entwurf vertritt. Der Vorentwurf bestimmt, dass die Zwangsbehandlungen von der im Artikel 17 des Ent- wurfs vorgesehenen Aufsichtskommission genehmigt werden muss. Dieser Vorschlag wird bestimmt im Rah- men der abschliessenden Arbeiten für den Entwurf des Gesundheitsgesches besprochen werden. Ohne auf die zu dieser vorgeschlagenen Lösung geäusserte Kritik näher eingehen zu wollen, drängt sich die Feststellung auf, dass in diesem Punkt zwischen dem Wortlaut der Entwürfe kein Widerspruch besteht. Ganz im Gegenteil: Der Vorentwurf des Gesundheitsgesetzes betrachtet die Institution einer Aufsichtskommission im Bereich der fürsorgerischen Freiheitsentziehung bereits als gege- ben. Hinzu kommt noch folgendes: Wenn der Artikel 74 Abs. 2 des Vorentwurfs des Gesundheitsgesetzes beibehalten würde, hätte dies an sich für den Gesetzesentwurf über die fürsorgerische Freiheitsentziehung keine Folgen. Wahr ist jedoch, dass der Aufgabenbereich dieser Kom- mission bedeutend grösser würde, auch wenn der Vor- entwurf erlaubt, dass die Genehmigung auch durch ein einzelnes Mitglied erfolgen darf. Ist dies etwa ein Argu- ment, welches für die Schaffung einer Kommission mit fünf Mitgliedern spricht? Die Befürchtungen der Antragsteller erweisen sich somit auch unter diesem Gesichtspunkt als unbegründet. d) Aus diesen Gründen stellt der Staatsrat dem Grossen Rat den Antrag, den Gesetzesentwurf in zweiter Lesung unabhängig vom Vorentwurf des Gesundheitsgesetzes zu behandeln. Abschliessend ersucht der Staatsrat den Grossen Rat, die Beratungen über den Entwurf des Gesetzes über die fürsorgerische Freiheitsentziehung weiterzuführen und den Ordnungsantrag unter Vorbehalt der Änderung des Artikels 17 des Gesetzesentwurfs abzulehnen. GESETZESENTWURF über die fürsorgerische Freiheitsentziehung (Änderungsantrag des Staatsrats für den Artikel 17 als Antwort auf den Ordnungsantrag von Grossrat Francis Moret und von Grossrätin Antoinette Roma- nens) Art. 17. 1 Die Aufsichtskommission setzt sich zusammen aus einem Präsidenten, der ein Richter sein muss, und vier Beisitzern. Ein Beisitzer muss von Beruf Psychiater, einer Sozialarbeiter, einer ein Arzt mit Erfahrung in der Behandlung von alkoholkranken oder drogenabhängigen Personen sowie einer Vertreter einer Vereinigung zur Wahrung der Patientenrechte sein. 2 Die Kommission tagt in der Regel zu dritt. Der Präsident entscheidet über die Zusammensetzung der Kommission, je nach der Art des anstehenden Falls. 3 (vgl. Wortlaut des Absatzes 2 des Entwurfs) 4 (vgl. Wortlaut des Absatzes 3 des Entwurfs) MESSAGE N o 110 29 septembre 1998 accompagnant le projet de décret engageant la procédure de révision totale de la Constitution cantonale Nous avons l’honneur de vous soumettre un projet de décret concrétisant une intention annoncée à plusieurs reprises dans des réponses à des interventions parlemen- taires et dans le programme gouvernemental de ces deux dernières législatures et consistant à engager le processus de révision totale de la Constitution cantonale. La réflexion sur notre ordre constitutionnel qu’il est pro- posé d’entreprendre marquera à l’évidence l’histoire du canton de Fribourg. La coïncidence de cet événement avec le 150 e anniversaire de l’Etat fédéral n’est ni fortuite, ni purement symbolique. Cette réflexion exprime la volonté du gouvernement de doter le canton de Fribourg, au seuil du troisième millénaire, des moyens et des ins- truments lui permettant de renforcer sa position dans la Confédération et de développer la collaboration intercan- tonale, voire transfrontalière, avec le souci permanent du bien-être de ses habitants. Le présent message contient pour l’essentiel l’exposé des motifs relatifs à la nécessité de réviser la Constitution de 1857 et des modalités de cette révision.
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sungsverfahren (Bedingungen, Modalitäten, Zuständig-keiten) und der (zwangsweisen) Behandlung in derAnstalt. Die Grundlage für diese Unterscheidung findetsich im übrigen in Artikel 27 des Entwurfs (Bestim-mung, die gemäss Botschaft aus didaktischen Gründenerfolgte). Hervorzuheben ist, dass der Inhalt dieses Arti-kels im Grossen Rat zu keinerlei Bemerkungen Anlassgegeben hat, nachdem der Regierungsvertreter daraufhingewiesen hatte, dass die massgeblichen Bestimmun-gen «namentlich im künftigen neuen Sanitätsgesetz ent-halten sein werden». Beizufügen ist, dass der Gesetzes-entwurf in gewisser Weise auch eine Verbindung mitdem (künftigen) Gesundheitsgesetz herstellt. In der Tatsieht Artikel 18 Abs. 1 Bst. d in fine vor, dass die Kom-mission die Aufsichtsbehörde, die für den medizini-schen Bereich zuständig ist, über ihre (medizinischen)Feststellungen informiert.Mit anderen Worten scheint es offensichtlich, dass dasGesetz über die fürsorgerische Freiheitsentziehung ebendieses Thema behandeln muss und der ärztliche odersoziale Beistand ein anderes Gebiet ist, das durchandere Regelungen festgelegt wird. Anzumerken ist,dass die mit der Ausarbeitung des neuen Bundesrechtsim Vormundschaftswesen beauftragte Arbeitsgruppeden genau gleichen Standpunkt vertreten hat.

c) Selbstverständlich enthält der Vorentwurf desGesundheitsgesetzes – so wie er in die Vernehmlassunggegeben wurde – auch Bestimmungen über die Patien-tenrechte (vgl. Art. 67 ff.). Die Beziehung dieses Vor-entwurfs zum Gesetzesentwurf über die fürsorgerischeFreiheitsentziehung wird im Vorentwurf zweimal deut-lich gemacht, nämlich in Artikel 74 Abs. 1 (Zwangsbe-handlung bei fürsorgerischer Freiheitsentziehung) undin Artikel 74 Abs. 2 (im Vorentwurf des Gesetzes überdie fürsorgerische Freiheitsentziehung vorgeseheneZuständigkeit der Aufsichtskommission für die«Genehmigung des Entscheides» für eine Zwangsbe-handlung bei Urteilsunfähigkeit oder fürsorgerischerFreiheitsentziehung).In der Tat sieht der Vorentwurf des Gesundheitsgesetzes(in Art. 74 Abs. 1) klar vor, dass zwischen der Freiheits-entziehung und der Behandlung klar unterschieden wer-den muss. In diesem Sinne entspricht er genau derSichtweise, wie ihn der hier zur Diskussion stehendeEntwurf vertritt. Der Vorentwurf bestimmt, dass dieZwangsbehandlungen von der im Artikel 17 des Ent-wurfs vorgesehenen Aufsichtskommission genehmigtwerden muss. Dieser Vorschlag wird bestimmt im Rah-men der abschliessenden Arbeiten für den Entwurf desGesundheitsgesches besprochen werden. Ohne auf diezu dieser vorgeschlagenen Lösung geäusserte Kritiknäher eingehen zu wollen, drängt sich die Feststellungauf, dass in diesem Punkt zwischen dem Wortlaut derEntwürfe kein Widerspruch besteht. Ganz im Gegenteil:Der Vorentwurf des Gesundheitsgesetzes betrachtet dieInstitution einer Aufsichtskommission im Bereich derfürsorgerischen Freiheitsentziehung bereits als gege-ben.Hinzu kommt noch folgendes: Wenn der Artikel 74 Abs.2 des Vorentwurfs des Gesundheitsgesetzes beibehaltenwürde, hätte dies an sich für den Gesetzesentwurf überdie fürsorgerische Freiheitsentziehung keine Folgen.Wahr ist jedoch, dass der Aufgabenbereich dieser Kom-mission bedeutend grösser würde, auch wenn der Vor-entwurf erlaubt, dass die Genehmigung auch durch eineinzelnes Mitglied erfolgen darf. Ist dies etwa ein Argu-ment, welches für die Schaffung einer Kommission mit

fünf Mitgliedern spricht? Die Befürchtungen derAntragsteller erweisen sich somit auch unter diesemGesichtspunkt als unbegründet.

d) Aus diesen Gründen stellt der Staatsrat dem GrossenRat den Antrag, den Gesetzesentwurf in zweiter Lesungunabhängig vom Vorentwurf des Gesundheitsgesetzeszu behandeln.

Abschliessend ersucht der Staatsrat den Grossen Rat,die Beratungen über den Entwurf des Gesetzes über diefürsorgerische Freiheitsentziehung weiterzuführen undden Ordnungsantrag unter Vorbehalt der Änderung desArtikels 17 des Gesetzesentwurfs abzulehnen.

GESETZESENTWURFüber die fürsorgerische Freiheitsentziehung(Änderungsantrag des Staatsrats für den Artikel 17als Antwort auf den Ordnungsantrag von GrossratFrancis Moret und von Grossrätin Antoinette Roma-nens)

Art. 17. 1 Die Aufsichtskommission setzt sich zusammenaus einem Präsidenten, der ein Richter sein muss, undvier Beisitzern. Ein Beisitzer muss von Beruf Psychiater,einer Sozialarbeiter, einer ein Arzt mit Erfahrung in derBehandlung von alkoholkranken oder drogenabhängigenPersonen sowie einer Vertreter einer Vereinigung zurWahrung der Patientenrechte sein.2 Die Kommission tagt in der Regel zu dritt. Der Präsidententscheidet über die Zusammensetzung der Kommission,je nach der Art des anstehenden Falls.3 (vgl. Wortlaut des Absatzes 2 des Entwurfs) 4 (vgl. Wortlaut des Absatzes 3 des Entwurfs)

MESSAGE No 110 29 septembre 1998accompagnant le projet de décret engageant laprocédure de révision totale de la Constitutioncantonale

Nous avons l’honneur de vous soumettre un projet dedécret concrétisant une intention annoncée à plusieursreprises dans des réponses à des interventions parlemen-taires et dans le programme gouvernemental de ces deuxdernières législatures et consistant à engager le processusde révision totale de la Constitution cantonale.La réflexion sur notre ordre constitutionnel qu’il est pro-posé d’entreprendre marquera à l’évidence l’histoire ducanton de Fribourg. La coïncidence de cet événementavec le 150e anniversaire de l’Etat fédéral n’est ni fortuite,ni purement symbolique. Cette réflexion exprime lavolonté du gouvernement de doter le canton de Fribourg,au seuil du troisième millénaire, des moyens et des ins-truments lui permettant de renforcer sa position dans laConfédération et de développer la collaboration intercan-tonale, voire transfrontalière, avec le souci permanent dubien-être de ses habitants.Le présent message contient pour l’essentiel l’exposé desmotifs relatifs à la nécessité de réviser la Constitution de1857 et des modalités de cette révision.

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Table des abréviations

AELE Association européenne de libre échangeal. alinéaart. articleATF Recueil officiel des arrêts du Tribunal fédéral

suisseBGC Bulletin officiel des séances du Grand Conseil

du canton de Fribourgcf. conferch. chiffreCPJA Code du 23 mai 1991 de procédure et de juridic-

tion administrative (RSF 150.1)CPP Code du 14 novembre 1996 de procédure pénale

(non encore en vigueur)Cst. Constitution du canton de Fribourg du 7 mai

1857 (RSF 10.1)Cst. féd. Constitution fédérale de la Confédération suisse

du 29 mai 1874 (RS 101)EEE Espace économique européenFF Feuille fédéraleLEDP Loi du 18 février 1976 sur l’exercice des droits

politiques (RSF 115.1)LEE Loi du 26 septembre 1990 concernant les rap-

ports entre les Eglises et l’Etat (RSF 190.1)LFE Loi du 25 novembre 1994 sur les finances de

l’Etat (RSF 610.1)LRGC Loi du 15 mai 1979 portant règlement du Grand

Conseil (RSF 121.1)OIT Organisation internationale du travailOMC Organisation mondiale du commerceONU Organisation des Nations UniesOSCE Organisation pour la sécurité et la coopération en

Europep. pageRS Recueil systématique du droit fédéralRSF Recueil systématique de la législation fribour-

geoises. et suivant(e)ss et suivant(e)s

I. La Constitution cantonale de 1857: genèse et évo-lution

1. GenèsePour saisir le contenu de la Constitution de 1857, il fautplacer cette loi fondamentale en perspective avec sesdevancières.La Constitution de 1803 régit le canton de 1803 à 1814,après la période agitée et centralisatrice de la RépubliqueHelvétique. Cette constitution est rédigée et imposée parla France du Premier Consul Bonaparte. Elle instaureune élection du Grand Conseil au suffrage censitaire,pimentée par un tirage au sort. Un Petit Conseil de 15membres et un Tribunal d’Appel de 13 membres éma-nent du Grand Conseil. Le canton est divisé en 12 arron-dissements administratifs, appelés préfectures, dirigéspar un lieutenant du gouvernement. Cette charte de 1803permet le retour au pouvoir des patriciens, retour partiel,car ils partagent les responsabilités avec des notablesfortunés des diverses régions du canton.La chute de l’empire napoléonien amène la fin du régimede la Médiation en Suisse (1803-1813). Divisés, les can-tons suisses se voient imposer un Pacte fédéral (1815)par les puissances victorieuses. A Fribourg, on assiste àune restauration patricienne. «L’Avoyer, Petit et GrandConseil de la Ville et République de Fribourg» imposent

la Constitution de 1814, qui rétablit la prépondérance dupatriciat, restaure en grande partie l’Ancien Régime etn’applique pas la séparation des pouvoirs. Le pouvoir estexercé par des organes dont les membres sont nommés àvie: un Grand Conseil de 144 membres dont émane unPetit Conseil de 28 membres. Les patriciens s’octroient108 des 144 sièges du Grand Conseil, 36 sièges étantlaissés aux villes et campagnes du canton. L’élection denouveaux membres combine la cooptation et le tirage ausort. Le Petit Conseil se subdivise en un Conseil d’Etatde 13 membres, présidé par l’Avoyer en charge et unConseil d’Appel présidé par l’ancien Avoyer.La chute de Charles X (1830) en France produit unevague révolutionnaire en Europe. En Suisse, les cantonsdu Plateau sont le théâtre de réformes politiques généra-lement pacifiques: les autorités cèdent devant la pres-sion d’assemblées populaires. Une assemblée consti-tuante, élue au suffrage à deux degrés, adopte, sansqu’elle soit soumise au peuple, la Constitution du 24 jan-vier 1831. Cette constitution est influencée par l’espritlibéral de l’époque: elle applique, sans l’énoncer, le prin-cipe de la séparation des pouvoirs, proclame les grandeslibertés et instaure un suffrage proche du suffrage uni-versel. Pour être électeur en 1831, il faut être bourgeoisd’une commune fribourgeoise, habiter le canton et avoir25 ans; sont exclus de l’électorat: les ecclésiastiques, lesmilitaires au service étranger, les domestiques, les inter-dits et les malades mentaux. Le corps électoral ainsiformé est divisé en 14 circonscriptions, qui élisent cha-cune un collège électoral chargé d’élire les députés auGrand Conseil, dont le mandat est de 9 ans. Les 86 dépu-tés(1 représentant pour 1000 habitants) élisent en leursein le pouvoir exécutif, un Conseil d’Etat de 13membres, et le pouvoir judiciaire suprême, un Tribunald’Appel de 13 juges. La révision de la constitution estl’apanage du Grand Conseil, qui doit l’accepter lors detrois sessions ordinaires à trois années d’intervalle l’unede l’autre. Le régime représentatif ainsi créé dure jus-qu’en 1847.La montée des tensions religieuses en Suisse amène lesconservateurs au pouvoir à Fribourg. Après dix heures dedébats passionnés, le Grand Conseil adhère au Sonder-bund, le 9 juin 1846. Après le désastreux conflit, 400radicaux s’assemblent au théâtre de Fribourg, le 15novembre 1847, et s’intitulent «assemblée générale detous les citoyens du canton de Fribourg». Cette assem-blée dissout les autorités élues et nomme un «gouverne-ment provisoire» de sept membres. Appuyé par lestroupes fédérales, le «gouvernement provisoire»convoque 6 assemblées électorales, présidées par despréfets à sa dévotion: le vote y est public et soumis àtoutes les pressions. Le Grand Conseil élu compte unelarge majorité de radicaux. Ce Grand Conseil décided’élaborer une nouvelle constitution. La Constitution du4 mars 1848 est adoptée par le législatif cantonal et n’estpas soumise à un vote populaire.Cette constitution de 1848 instaure un régime de démo-cratie représentative qui garantit les principales libertésindividuelles. Elle divise le canton en sept districts (lesdistricts actuels) et en sept arrondissements judiciaires.Elle consacre la séparation des pouvoirs, mais admet lacompatibilité du mandat de député avec celui deConseiller d’Etat et avec celui de juge cantonal. Lecorps électoral est formé des Fribourgeois laïcs, domi-ciliés dans le canton et jouissant des droits civils et poli-tiques, ainsi que des Suisses laïcs, ressortissants d’uncanton où la réciprocité est accordée aux citoyens fri-bourgeois. L’exercice du droit de vote est public jus-

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qu’en 1856, moment où le scrutin secret est instauré. LeGrand Conseil exerce le pouvoir législatif. Il est forméde 64 députés directs (1 pour 1500 habitants), élus par lepeuple pour 9 ans et de 10 députés indirects, cooptéspour 9 ans également. Le Conseil d’Etat exerce le pou-voir exécutif. Il est formé de 7 membres élus par leGrand Conseil pour 8 ans. Il est divisé non plus en col-lèges (1803-1847), mais en directions. Le pouvoir judi-ciaire est exercé par un Tribunal Cantonal de 9membres.Si le régime radical s’est aliéné la majorité des Fribour-geois par ses côtés autoritaires et anticléricaux, il a sudoter le canton d’une organisation politique et adminis-trative moderne. Ayant instauré toute une législationdurable car nécessaire et bien faite, il a encore gagné labataille des chemins de fer et obtenu le tracé ferroviairepar Fribourg. Tout cela n’empêche pas un désastre auxélections de décembre 1856: 3 radicaux élus au GrandConseil contre 64 libéraux-conservateurs.La Constitution du 7 mars 1857 est issue de la volontédes élus de la majorité libérale-conservatrice de réviserla constitution de 1848. Il s’agit de consulter le peuplequi devrait pouvoir s’exprimer sur la loi fondamentale ducanton et d’harmoniser les relations entre l’Etat etl’Eglise, perturbées de 1847 à 1856. Pour réviser laconstitution de 1848, il faut que le Grand Conseil enadopte le principe lors de deux sessions consécutives,chaque fois à la majorité des deux tiers de la totalité deses membres.Des pétitions réunissant plus de 14 000 signatures, soit lamajorité des citoyens actifs, demandent la révisionconstitutionnelle. Le Grand Conseil y travaille en mars eten mai 1857. Pour la première fois, le 24 mai 1857, lepeuple fribourgeois se prononce sur la constitution can-tonale: il s’agit, pour l’accepter, d’obtenir la majorité desélecteurs inscrits (12 179 sur 24 356 citoyens). Il y a 15 897 votants (65,3 % de participation); les Fribour-geois déposent dans les urnes 14 335 oui (58,9 % ducorps électoral), 1262 non (5,2 %) et 280 bulletins nuls(1,1 %). On compte 8569 abstentions (34,7 %). La nou-velle constitution est ainsi acceptée de manière mitigée,l’opposition radicale ayant prôné l’abstention.La Constitution de 1857 reprend un certain nombre desdispositions de celle de 1848 et maintient l’essentiel del’organisation politique et administrative du régime radi-cal. Il y a là une certaine continuité, mais l’esprit de cetteconstitution est différent. Il est plus démocratique: ilréduit la durée des mandats au législatif de neuf à cinqans et à l’exécutif de huit à cinq ans, il introduit le prin-cipe du scrutin secret, l’initiative et le référendum obli-gatoire en matière constitutionnelle. Le texte adopté parle Grand Conseil est soumis au scrutin populaire. Autredifférence d’état d’esprit par rapport à 1848: le texte de1857 rétablit les droits des Eglises. On y remarque doncaussi certaines ruptures.

2. EvolutionLa Constitution actuellement en vigueur a, sur bien despoints, été revue par rapport au texte adopté en 1857. Lesdéveloppements qui suivent retracent les révisions par-tielles les plus importantes qu’elle a subies jusqu’àaujourd’hui, de sorte que la liste n’est pas exhaustive. Ledocument historique rédigé par le Professeur Jean-PierreDorand, annexé au présent message, donne quant à lui unpanorama complet de toutes les révisions entreprises,qu’elles se soient soldées par un succès ou par un échec.Les premières révisions ont pour toile de fond l’exten-

sion des droits populaires. Elles sont liées aux révisionsde la Constitution fédérale (1872 et 1874), aux violentsincidents qui marquent les élections nationales à Fri-bourg (1890), à l’introduction de l’initiative pour la révi-sion partielle de la Constitution fédérale (1891) et à l’in-troduction de la proportionnelle pour l’élection duConseil national (1919).Le 30 janvier 1921, une des plus importantes révisionsde l’histoire constitutionnelle fribourgeoise conduit,notamment, à l’adoption des droits d’initiative et de réfé-rendum législatifs, à l’élection des Conseillers d’Etat parle peuple, à l’élection du Grand Conseil à la proportion-nelle et à l’incompatibilité du mandat de député aveccelui de Conseiller d’Etat.Le 14 mars 1948, le référendum financier facultatif pourtoute dépense extraordinaire de plus de 500 000 francsest introduit. Le projet proposé par les milieux radicauxau moyen de l’initiative populaire l’emporte ainsi contrele projet du Grand Conseil, après une longue bataillejuridique qui trouvera son épilogue au Tribunal fédéral.Le 5 mars 1950, le peuple donne son accord à la subdi-vision du cercle de la Sarine en deux cercles électoraux.La nécessité de cette subdivision s’était faite ressentir àla suite de l’élection du Grand Conseil en 1946: lors decelle-ci, 31 candidats de la capitale furent élus, alors queles autres communes de la Sarine n’obtinrent que 7 dépu-tés.Le 21 février 1954, les citoyens acceptent l’extensionaux Confédérés de l’accession aux fonctions des ordreslégislatif, exécutif et judiciaire, réservée jusque-là auxFribourgeois.Le 16 octobre 1960, le souverain décide de bloquer à 130le nombre des députés au Grand Conseil. Auparavant, cechiffre variait en fonction du nombre d’électeurs.Le 9 février 1971, les femmes obtiennent les droits devote et d’éligibilité, ce qui va conduire au doublement ducorps électoral. La reconnaissance du suffrage fémininintervient donc en même temps qu’au niveau fédéral.Le 5 mars 1972, une triple révision constitutionnelle per-met d’étendre les droits politiques puisqu’on introduitl’élection populaire des Conseillers aux Etats et des préfets et qu’on adapte le référendum financier (désor-mais applicable aux dépenses extraordinaires de plus de 3 000 000 de francs).Le 24 septembre 1978, on retiendra, parmi d’autresobjets, l’acceptation de la simplification du mécanismede la révision partielle de la constitution (suppression duvote de principe avant le vote définitif de l’article adhoc).Le 7 mars 1982, le peuple accepte une révision des rap-ports entre l’Eglise et l’Etat consistant, notamment, àdonner un statut de droit public à l’Eglise catholiqueromaine et à l’Eglise évangélique réformée, ainsi qu’unstatut de droit privé aux autres communautés religieuses.Le 8 juin 1986, une nouvelle modification du référen-dum financier est acceptée; elle consiste à remplacer lesseuils fixés en francs par des pourcentages des comptesde l’Etat (0,25 % des derniers comptes pour le référen-dum facultatif et 1 % pour le référendum obligatoire).Le 26 novembre 1989, le souverain approuve la créationd’un Tribunal administratif, rendant ainsi caduque larévision constitutionnelle du 24 septembre 1978 quiconfiait au Tribunal cantonal la connaissance des contes-tations administratives.Le 23 septembre 1990 marque l’adoption d’un nouvelarticle sur les langues: il fait du français et de l’allemandles langues officielles et pose le principe de la territoria-lité. De plus, l’Etat se voit chargé de favoriser la com-

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préhension entre les deux communautés linguistiques.Le 3 mars 1991, le peuple fribourgeois décide d’abaisserde 20 à 18 ans la majorité civique. Comme pour l’intro-duction du suffrage féminin, l’abaissement de l’âge de lamajorité civique se fait en même temps qu’au niveaufédéral.Le 16 février 1992, un nouvel article constitutionnelaffirmant le principe de l’autonomie communale estaccepté. La question fut posée dans un contexte où lescharges des collectivités publiques augmentaient et oùles thèmes de la collaboration intercommunale et de larépartition des tâches entre l’Etat et les communesétaient sur le devant de la scène. La modification du 16février 1992 constitue la dernière révision constitution-nelle ayant abouti.

II. Nature, rôle et fonctions d’une constitutioncantonale

1. Nature et rôleUne constitution cantonale contient en général les élé-ments caractéristiques de l’Etat constitutionnel occiden-tal moderne: elle pose la structure de l’Etat, elle en énu-mère les buts essentiels et énonce ses tâches, elleorganise la répartition des pouvoirs entre les autorités etelle détermine la situation juridique de l’être humaindans cet Etat et, par la même, limite le pouvoir étatique.En posant la structure de l’Etat, les constitutions canto-nales présentent cependant ceci de particulier qu’ellesdécrivent non pas un pays indépendant, mais une entitéfédérée dotée de compétences étatiques, participant à laformation de la volonté de l’Etat fédéral et se trouvant àla base de la construction de celui-ci. En fait, une consti-tution cantonale est plus qu’un texte juridique ordinaire.Elle constitue également un document politique, histo-rique, social et culturel majeur.Conformément au système de la hiérarchie des normes etcompte tenu du fait que la Suisse est un Etat fédéral, lesconstitutions cantonales, en tant qu’elles expriment desrègles fondamentales, priment les autres actes cantonauxtels que lois, décrets, règlements, etc. Elles priment éga-lement le droit communal. En revanche, le droit fédéral– quel que soit son rang – prime le droit constitutionnelcantonal. Quant au droit international, il prime le droitcantonal et le droit fédéral.Par le biais de l’article 6 al. 2 Cst. féd., le droit fédéralpose trois types de limites quant au contenu des consti-tutions cantonales. Premièrement, il exige que celles-cine renferment rien de contraire aux dispositions de laConstitution fédérale. Deuxièmement, il exige que lescantons adoptent des formes républicaines, que celles-ciconsistent en un système de démocratie représentativeou en un système comprenant des éléments de démocra-tie directe. Troisièmement, il exige un minimum dedémocratie directe: les constitutions cantonales doiventêtre acceptées par le peuple et doivent pouvoir être révi-sées lorsque la majorité absolue des citoyennes et descitoyens le demande, ce qui revient à dire que les can-tons sont tenus de prévoir l’initiative constitutionnelle.Cette exigence démocratique minimale est cependantlargement remplie par toutes les constitutions canto-nales en ce sens qu’il suffit de réunir un nombre beau-coup plus faible de signatures pour demander une révi-sion de la constitution, comme c’est le cas dans lecanton de Fribourg (6000 citoyens, conformément àl’art. 78 Cst.).

2. Fonctions

La constitution remplit d’abord une fonction d’organisa-tion. Le canton de Fribourg a déjà la qualité d’un Etatorganisé. Il appartient toutefois à la révision totale demontrer ce que ce canton est vraiment (ou ce qu’il estdevenu), ce qu’il doit entreprendre à l’avenir, de définirses tâches, de souligner comment cet Etat doit agir, et,enfin, de quelle manière cela devra se faire. Le texted’une constitution totalement révisée pourrait de ce faitouvrir le canton à ses citoyennes et à ses citoyens defaçon nouvelle, puisqu’une constitution moderne poussela communauté politique à renouveler ses décisions fon-damentales en les rendant à nouveau intelligibles. Lafonction organisationnelle de la constitution est censéejouir d’une certaine pérennité, raison pour laquelle ilconvient de choisir un degré d’abstraction des normesconstitutionnelles permettant à ladite fonction d’êtreencore d’actualité à plus long terme. Si l’on s’en tient àce qui a été dit, une constitution fribourgeoise réviséeserait à même d’apporter une contribution à cette pre-mière fonction. Plus largement, une constitution a pourfonction de structurer la collectivité politique pour larendre opérationnelle dans un cadre juridique. Cela setraduit par la détermination de l’organisation du cantonet de ses autorités ainsi que par le découpage territorialet le partage des compétences entre l’Etat et les com-munes.Une constitution a également pour fonction de consa-crer les droits fondamentaux et de reconnaître les liber-tés publiques. Si cette fonction avait essentiellementpour but de limiter le pouvoir étatique au siècle passé,elle a depuis lors acquis une dimension beaucoup pluslarge en plaçant l’être humain au centre des préoccupa-tions.La fonction d’intégration de la Constitution fribour-geoise a une signification particulière en raison du carac-tère bilingue et du pluralisme confessionnel et culturelde notre canton. Dans le processus de l’activité consti-tuante devrait se manifester la volonté de rassemblementau-delà des clivages politiques, sociaux, confessionnels,linguistiques et culturels. La cristallisation de cettevolonté dans une nouvelle constitution peut contribuer àrenforcer la communauté actuelle dans le respect des dif-férences.Une constitution remplit ensuite une fonction d’intermé-diaire: le droit constitutionnel fribourgeois en vigueur aainsi pour thème central les rapports de l’Etat avec sescitoyennes et ses citoyens ainsi que les rapports desorganes de l’Etat entre eux. Par la force des choses, leregard est ici aussi tourné vers l’intérieur. On demandecependant de plus en plus à une constitution cantonalequ’elle précise aussi la position du canton par rapport àson environnement intercantonal et même international.C’est précisément au canton de Fribourg qu’il incombe,de par sa situation géographique et sa tradition cultu-relle, de mettre en lumière sa position d’intermédiaireentre les cantons alémaniques et romands. En outre, unenouvelle constitution devra aussi se pencher sur la colla-boration intercantonale.Une constitution doit aussi avoir pour fonction deconcourir à l’efficacité de l’action étatique. Pour ce faire,elle décrit l’organisation financière dans ses grandeslignes. Il convient, d’une part, d’ancrer le principe d’ef-ficience lors de l’emploi de ressources de l’Etat et, del’autre, d’indiquer quels principes vont gouverner lapolitique fiscale. Pour promouvoir la justice sociale,l’imposition doit se baser sur les principes d’universa-

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lité, d’égalité de droit et sur le principe d’adaptation del’impôt à la situation économique du contribuable.Enfin, une constitution remplit aussi et surtout une fonc-tion d’orientation, en ce sens qu’elle assume un rôle deguide de l’action de l’Etat ou, en d’autres termes, qu’elleconstitue une sorte de référence pour la conduite desactivités de l’Etat. Cette fonction d’orientation découleen bonne partie des précédentes et n’est pas nouvellepuisque le canton de Fribourg est constitué depuis long-temps en Etat capable de fonctionner. Cependant, forceest de constater que la Constitution de 1857 a beaucoupperdu de sa fonction d’orientation car elle n’a que par-tiellement tenu compte des changements politiques, éco-nomiques et socioculturels qui sont intervenus durantces 140 dernières années. Dans ces conditions, une révi-sion totale ne pourra que contribuer à renforcer, dans unelarge mesure, la fonction d’orientation de notre chartefondamentale.

III. De la nécessité de procéder à une révision totale

La Constitution de 1857, qui est en bonne partie l’héri-tière de celle de 1848, a eu le grand mérite de mettre enplace des institutions et de définir une structure territo-riale qui furent très novatrices pour l’époque. Durantplus d’un siècle et sans subir de profondes modifications,elle a permis au canton de se transformer et de se moder-niser grâce, notamment, à sa brièveté et à son caractèreouvert. Malgré ses mérites indéniables, notre Constitu-tion de 1857 a subi l’usure du temps, dont elle n’a qu’im-parfaitement gommé les traces au moyen de révisionspartielles.

1. Large écart entre norme et réalité

1.1 En généralLes défauts d’ordre formel dont souffre la Constitutionde 1857, qui seront exposés plus bas (ch. 3), ne sont quedes signes extérieurs trahissant un décalage plus pro-fond. La Constitution de 1857 a pris du retard par rapportà la réalité en dépit des nombreuses révisions partielles.Souvent en porte-à-faux par rapport au fonctionnementde l’Etat et à ses activités, elle n’a que très partiellementtenu compte des changements fondamentaux d’ordrepolitique, économique, sociologique et culturel qui sesont produits. La Constitution de 1857 est l’œuvre d’unesociété agricole de 100 000 habitants sortant des turbu-lences de la période 1848-1856 et aspirant à s’intégrerprogressivement dans un Etat fédéral assez faible. Eneffet, ce n’est qu’en 1848 que l’on est passé d’uneConfédération d’Etats, liés par le Pacte fédéral de 1815,à un Etat fédéral libéral et démocratique.

1.2 TransformationsAu fil des décennies, les choses ont bien évolué pouraboutir à la situation que nous connaissons aujourd’hui.Les droits politiques ont gagné en importance dans notrecanton: l’initiative et le référendum législatifs ont étéintroduits, le peuple a obtenu le droit d’élire lesconseillers d’Etat, puis les conseillers aux Etats, lesfemmes ont obtenu le droit de vote. D’un faible Etat cen-tral qu’elle était au départ, la Confédération est devenueune collectivité dotée de nombreuses compétences, sesubstituant ou se superposant à l’action des cantons dansplusieurs domaines. Le canton de Fribourg, qui comptedésormais environ 230 000 habitants, s’est considérable-

ment enrichi, de sorte que les conditions de vie n’ont plusgrand-chose à voir avec celles d’il y a 140 ans. L’individudispose d’une plus grande mobilité grâce aux moyens detransport actuels. L’accès à l’information est grandementfacilité par la diversité des techniques de communication.Le canton, autrefois essentiellement axé sur l’agricultureet sur l’artisanat, est devenu un Etat moderne, industria-lisé, dont l’économie est de plus en plus axée sur le sec-teur tertiaire. La création de l’Université au siècle passéainsi que le développement des voies de communica-tions, routières et ferroviaires, ont largement contribué àcette modernisation. Quittant les fermes et les entreprisesfamiliales, les Fribourgeois, comme les autres Confédé-rés, ont largement gagné les villes et leurs périphériespour y trouver du travail et s’y établir. Une consommationcroissante d’énergie et une augmentation importante descharges sur l’environnement ont conduit à une prise deconscience quant à la nécessité de préserver les basesnaturelles de la vie. Toutes ces transformations illustrentl’évolution qui s’est poursuivie tant sur le plan mondialqu’en Suisse et dans notre canton, évolution qui a modi-fié de fond en comble non seulement la vie de l’individu,mais aussi les exigences posées à l’Etat. C’est dire qu’onattend de cet Etat – comme une chose allant de soi – qu’ilremplisse encore d’autres tâches en sus de celles qui luiincombent traditionnellement. On lui demande non seu-lement de s’occuper de l’enseignement, de la recherche,de la culture, du sport, mais aussi de les promouvoir, derégler l’utilisation du sol, de protéger l’environnement,de se charger des transports publics, de contribuer à unepolitique active de la santé, de mettre en place un systèmede sécurité sociale. C’est encore à l’Etat qu’on demanded’offrir à l’économie les meilleures conditions possiblesen assurant le jeu de la libre concurrence, mais en proté-geant dans le même temps certains secteurs plus fragiles.Voilà de nombreux domaines où l’on attend qu’un Etatmoderne, social et démocratique comme l’est le cantonde Fribourg, intervienne.

1.3 Nouvelles fonctionsLa Constitution de 1857 repose encore sur l’idée que lestâches de l’Etat se résument en deux termes: législationet application du droit, celle-ci pouvant résulter d’uneactivité administrative ou juridictionnelle. Toutes lesautres tâches devaient donc être comprises dans ceschéma. Or, l’expérience prouve que l’Etat moderne,qui intervient dans le cours de l’économie et qui multi-plie ses prestations, exerce des activités qui ne rentrentque partiellement dans cette définition classique. Larègle de droit n’est plus l’unique moyen d’influer sur lecomportement humain et la décision, forme importantede l’activité administrative, ne représente plus la seuleexpression de l’acte administratif destiné à régler les casparticuliers. Planifier, coordonner, mandater, contrôler,coopérer, telles sont les nouvelles activités, non moinsimportantes, d’un Etat moderne. Or, la Constitution de1857 se base encore sur le schéma classique d’action del’Etat. Elle est pour ainsi dire muette sur les compé-tences du législatif et de l’exécutif en matière de plani-fication et de coordination, compétences qui jouentpourtant un rôle central dans de nombreux domaines:finances, aménagement du territoire, transports, déve-loppement régional, aide sociale, infrastructures sco-laires ou médico-hospitalières, etc. Elle n’intègre pasles nouveaux modes de gestion de l’administration parl’exécutif. Enfin, elle ne prend en compte ni les activi-tés de coopération intercantonale, ni la notion de colla-boration avec les autorités fédérales. La révision totale

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permettra donc d’inscrire toutes ces nouvelles fonctionsdans notre charte fondamentale, de sorte que celle-cirendra mieux compte de tous les moyens d’action dontdispose réellement l’Etat.

1.4 LacunesAucune constitution n’est en mesure de donner en touttemps une image complète et sûre des fondements nor-matifs d’une collectivité publique. Les lacunes de laConstitution de 1857 sont cependant nombreuses. Notrecharte fondamentale ne se prononce pas sur les rapportsque le canton de Fribourg doit entretenir avec la Confé-dération et les autres cantons. D’importants droits fonda-mentaux tels que la dignité humaine, la protection contrel’arbitraire, la liberté d’opinion ou la liberté de réunionfont défaut. La Constitution de 1857 n’indique pas demanière sûre qui sont les titulaires des droits fondamen-taux (Suisses, étrangers, personnes physiques ou per-sonnes morales). Elle ne fournit aucune information nisur les fonctions de ces droits (droits subjectifs indivi-duels uniquement, ou également principes dont la réali-sation doit imprégner tout l’ordre juridique), ni sur leursdestinataires (Etat ou personnes privées). Les grandsprincipes de l’activité de l’Etat, tels que celui de la léga-lité, de l’intérêt public, de la proportionnalité ou de labonne foi, sont absents. La Constitution de 1857 ne seprononce pas sur le mode de répartition des tâches entrel’Etat et les communes, pas plus qu’elle ne dresse uneliste des tâches assumées par l’Etat. Quelques principesgénéraux relatifs au régime des finances y sont mention-nés, mais la liste des ressources financières et des impôts,ainsi que les notions de subventions et de surveillancefinancière, n’y sont pas traitées. A l’exception de l’auto-nomie communale, le régime des communes ne ressortabsolument pas de la Constitution de 1857, laquelle nepose aucun principe relatif au statut, aux organes, auxdroits politiques, à la péréquation financière, à la colla-boration et à la fusion des communes. Enfin, si la Consti-tution de 1857 énonce les Eglises reconnues et pose leprincipe de leur autonomie, elle n’évoque ni lesparoisses, ni leur financement, ni la question de l’appar-tenance aux Eglises.

1.5 Dispositions non appliquées ou contraires audroit supérieurLa Constitution de 1857 contient parfois des articles quine sont plus appliqués, voire contraires au droit supérieur.Parmi les premiers, on relèvera l’article 19 qui oblige lescommunes à pourvoir à l’instruction primaire (al. 2),alors que cette tâche est aujourd’hui assurée en bonnepart par l’Etat. Parmi les articles qui sont probablementcontraires au droit supérieur, on signalera l’article 17, quicharge l’Etat de diriger l’éducation et l’instructionpubliques dans un sens religieux et patriotique et luidemande d’assurer un concours efficace au clergé encette matière (incompatibilité avec les art. 27 al. 3 et 49Cst. féd.). Il en va de même de l’article 16, relatif audevoir militaire, qui usurpe une compétence fédérale (art.18 et 20 Cst. féd.).L’écart croissant entre la Constitution de 1857 et la réa-lité a donc largement porté atteinte à la fonction direc-trice de notre charte fondamentale. On doit malheureu-sement admettre qu’aujourd’hui, elle n’est plus enmesure de guider l’action de l’Etat. La réalisation deréformes d’envergure ou l’adoption de lois importantesse fait souvent sans adaptations de la constitution, aumoins dans la mesure où celles-ci ne sont pas indispen-sables d’un point de vue juridique. La jurisprudence ren-

due par les juridictions fribourgeoises ne se base querarement sur la Constitution de 1857, dont l’interpréta-tion devrait parfois éclairer la portée des lois dont l’ap-plication est querellée. Bref, tous les acteurs de ce can-ton, qu’il soient de simples citoyennes ou citoyens oudes membres investis d’une charge publique, ne pren-nent plus la peine de se référer à la Constitution de 1857lorsqu’ils ont besoin de savoir quels sont les fondementsde notre Etat.

2. Evolution de la souveraineté cantonaleLa notion de «souveraineté cantonale» a connu des déve-loppements essentiels depuis le siècle passé et continue,aujourd’hui encore, à évoluer dans un monde où les chan-gements vont en s’accélérant. Bien qu’ils soient assezdisparates et qu’ils s’influencent mutuellement, ces déve-loppements peuvent être classés en trois catégories (ch.2.1 à 2.3) et faire l’objet d’une synthèse (ch. 2.4).

2.1 Affaiblissement historique progressif des cantons– perspectives de revalorisation de leur rôleSous l’empire du Pacte fédéral, de 1815 à 1848, les can-tons pouvaient véritablement être qualifiés d’Etats: ilsn’étaient soumis à aucune autre puissance supérieure,intérieure ou extérieure. Le pouvoir central n’existait paset ils n’étaient unis que par une alliance aux termes delaquelle ils se garantissaient réciproquement leurs liber-tés, leur indépendance et leur sécurité envers l’étranger,ainsi que l’ordre à l’intérieur. Les cantons bénéficiaientde l’immédiateté internationale, de sorte qu’ils réglaienteux-mêmes leurs relations extérieures.En 1848, cette situation a changé. On décida de mainte-nir les cantons et leurs pouvoirs, tout en créant au-des-sus d’eux une fédération disposant de la souveraineté.L’entrée en vigueur de la Constitution fédérale de 1848a donc eu pour conséquence que, désormais soumis à lapuissance de la Confédération, les cantons ont perdu lapleine souveraineté dont ils jouissaient. Il ne faut cepen-dant pas perdre de vue que le nouveau pouvoir centralne s’est vu, dans un premier temps, conférer que lestâches incombant normalement à un Etat fédératif,c’est-à-dire principalement les affaires extérieures, ladéfense nationale, les douanes, la régale des postes,celle des monnaies, ou encore le monopole de la poudrede guerre. Les cantons, qui se chargeaient des autrestâches, conservaient donc un très vaste domaine de com-pétences qui gouvernait l’essentiel des activités de leurshabitants. C’est dans ce contexte qu’a été élaborée laConstitution de 1857: les cantons avaient certesconsenti depuis peu à la création d’une fédération, maiscelle-ci, dotée de moyens modestes et chargée d’unnombre restreint de tâches, ne jouait qu’un rôle limitédans la vie quotidienne des gens. Ce n’est qu’au fil desdécennies que la Confédération est devenue une collec-tivité dotée de nombreuses compétences. Il est malgrétout largement admis que les cantons disposent encorede compétences étatiques, dans la mesure où ils sont à labase de la construction de l’Etat fédéral et qu’ils parti-cipent à la formation de la volonté de celui-ci. Leurscompétences étatiques se manifestent aussi en ce qu’ilsdisposent de la puissance publique originaire: en vertude l’article 3 Cst. féd., ils exercent tous les droits qui nesont pas délégués au pouvoir fédéral. Toutefois, au vudu nombre croissant de tâches attribuées à la Confédé-ration depuis 1848, il faut bien reconnaître que la puis-sance publique originaire des cantons a perdu de sasignification.

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Compte tenu de ce qui précède, on doit constater qu’au-jourd’hui, les cantons ne disposent plus d’une véritable«souveraineté» au sens classique du terme. Dans le mêmetemps, même si elle est détentrice de la souveraineté inter-nationale et même si elle s’est vu attribuer de nombreusestâches appartenant autrefois aux cantons, il faut bienconvenir que la Confédération, comme les autres Etatsd’ailleurs, n’est plus «souveraine» selon la conception quel’on avait de l’Etat-nation au 19e siècle: la Confédérationest, elle aussi, membre de la communauté internationale etelle est partie prenante à différents mécanismes d’intégra-tion, tant au plan européen qu’au plan mondial. En raisondes rapports juridiques, économiques, sociaux et culturelsqu’elle entretient avec ses partenaires, rapports qui n’ontfait que se développer au cours de l’histoire récente, laSuisse ne peut plus guère agir seule pour régler les grandsproblèmes actuels: pour ce faire, une action concertée auplan international est souvent la seule voie efficace. Paral-lèlement à cette perte de «substance» de la souverainetédes Etats – et donc aussi de la Confédération –, les régionset les cantons pourraient voir leur rôle revalorisé dans lecadre du développement des relations internationales, enparticulier dans le processus d’intégration européenne encours. En effet, la création du grand marché unique euro-péen passe par l’affaiblissement des frontières nationales.Or, la mise en place de projets communs de part et d’autrede la frontière est un moyen d’y parvenir. Le régionalisme,qui est aussi une forme de réaction à l’intégration euro-péenne, a également contribué au développement de lacoopération transfrontalière. En réponse à la mise sur piedde structures supranationales, les collectivités locales etrégionales ont demandé, au nom de la subsidiarité, à êtremieux associées au processus de décision (FF 1997 IV542). Il apparaît en fait que de nombreux domaines pourlesquels une certaine harmonisation est souhaitable peu-vent fort bien être pris en charge par des entités régionales,plus proches des citoyennes et des citoyens, que par lesEtats et leur administration centrale: que l’on songe ainsiaux transports, à l’enseignement, à la culture, à la gestiondes déchets, à l’aménagement du territoire, à la gestion del’espace alpin, au tourisme. Il n’est donc pas du tout sûrqu’à l’avenir, on se dirige uniquement vers une Europecentralisatrice: les régions d’Europe, probablement aussiles cantons suisses, seront vraisemblablement appelées àcollaborer davantage entre elles. Cela permettra de lesvaloriser en tant qu’entités auxquelles les citoyennes et lescitoyens seront plus enclins à s’identifier.

2.2 Influences normatives internationalesDe pratiquement inexistantes qu’elles étaient au 19e

siècle et même au début du 20e siècle, les influences nor-matives internationales n’ont cessé de croître depuisquelques décennies, au point d’être aujourd’hui incon-tournables. Parmi ces influences, on peut distinguercelles qui proviennent du cadre régional de celles quidécoulent du cadre universel.Dans le cadre régional, un véritable droit constitutionnelcommun à tous les Etats européens s’est peu à peu formé,développé et consolidé, à côté du droit constitutionnelnational des différents Etats. Le développement de cedroit constitutionnel commun a été influencé et s’est for-tifié essentiellement par la conscience qu’ont les Etatseuropéens de leur interdépendance grandissante et par leprocessus d’intégration poursuivi en particulier parl’Union européenne. Sont notamment à la base de ce droitconstitutionnel commun européen, outre les constitutionsnationales, certaines Conventions du Conseil de l’Europe– au premier rang desquelles la Convention européenne

des droits de l’homme et la Convention européenne pourla prévention de la torture – et les documents de l’OSCE.Les principaux domaines relevant du droit constitution-nel commun européen sont la garantie des droits del’homme, la protection des minorités, la séparation despouvoirs, l’Etat de droit, l’Etat social et la liberté écono-mique. Les cantons suisses, dans la mesure où ils doiventse doter de leur propre constitution, n’échappent donc pasà cette influence importante.Outre les influences purement constitutionnelles, desinfluences européennes normatives infra-constitution-nelles se font aussi plus précises depuis quelques dizainesd’années. Ainsi, plusieurs conventions et recommanda-tions du Conseil de l’Europe intéressent directement lescantons, notamment celles qui ont trait au droit de procé-dure, à l’éducation, à la culture, à la protection de l’envi-ronnement et du patrimoine, à la santé publique, au sport,à la coopération régionale et transfrontalière. Le droit del’AELE, même s’il ne touche que marginalement les can-tons, affecte toutefois leur marge de manœuvre notam-ment en que qui concerne les règles techniques, les attes-tations de conformité, ou encore les aides publiques.Enfin, bien que la Suisse ne soit pas membre de l’Unioneuropéenne, le droit communautaire continuera vraisem-blablement d’influencer de manière croissante le droit denotre pays, les cantons n’échappant évidemment pas àcette tendance.Dans le cadre universel, des influences normatives sontégalement perceptibles. Au niveau constitutionnel, oncitera d’abord le Pacte international relatif aux droits éco-nomiques, sociaux et culturels (Pacte I des NationsUnies) et le Pacte international relatif aux droits civils etpolitiques (Pacte II des Nations Unies). D’autres textesconclus sous l’égide des Nations Unies méritent égale-ment d’être mentionnés, notamment la Convention inter-nationale sur l’élimination de toutes les formes de discri-mination raciale, la Convention sur l’élimination detoutes les formes de discrimination à l’égard des femmeset la Convention relative aux droits de l’enfant. Cesconventions, qui ont toutes été ratifiées par la Suisse, sontappelées à jouer un rôle important dans l’évolution desdroits fondamentaux, comme le font d’ailleurs certainesconventions conclues sous l’égide de l’OIT pour l’évolu-tion des droits sociaux.A l’image de ce qui prévaut pour le cadre régional, desinfluences normatives infra-constitutionnelles se mani-festent aussi dans le cadre universel. Parmi les plusrécentes, on citera l’accord de Marrakech sur les marchéspublics qui fut conclu sous les auspices de la future OMC,et qui exerce des répercussions importantes pour les can-tons.

2.3 Coopération intercantonale et coopération trans-frontalièreLa coopération intercantonale est en principe inhérente àla notion d’Etat fédéral et tant la jurisprudence que ladoctrine envisagent la collaboration active et solidaireentre la Confédération et les cantons, de même qu’entreles cantons, comme un aspect du principe de la fidélitéconfédérale. Les limites de la coopération intercantonalesont tracées plus précisément par l’article 7 Cst. féd., quiautorise les cantons à conclure entre eux des conventionssur des objets de législation, d’administration ou de jus-tice, mais leur interdit de passer des alliances particu-lières ou des traités de nature politique. Aujourd’hui, ilest communément admis que les cantons peuvent passerdes accords dans tous les domaines pour lesquels ils sontcompétents.

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La coopération intercantonale se manifeste notammentpar la conclusion de concordats. Elle peut aussi se tra-duire par l’adoption d’autres actes pris en application deces concordats. Ceux-ci peuvent affecter directement lesdroits et obligations des citoyennes et des citoyens, seborner à créer des établissements communs ou porter surl’accomplissement d’une tâche déterminée. Lesdomaines concernés sont multiples et peuvent aller del’enseignement à la culture, en passant par la santépublique, le sport, le tourisme, l’exécution des peines oul’entraide judiciaire. La coopération et la collaborationpassent souvent par l’envoi de représentants cantonaux àdes organismes intercantonaux. On citera à cet égard laconférence des chefs de départements cantonaux, leGroupe de contact Confédération-cantons, la Conférencedes Gouvernements de la Suisse occidentale, mais aussila Conférence des gouvernements cantonaux, fondée en1993 à Berne et groupant tous les cantons. La Conférencedes gouvernements cantonaux entend encourager, dansles domaines de compétence des cantons, la collaborationentre ceux-ci et leur assurer la coordination et l’informa-tion nécessaires pour les affaires qui relèvent de la Confé-dération mais qui les concernent.Parmi les réalisations fribourgeoises récentes qui relèventde la coopération intercantonale, on peut signaler lesefforts menés conjointement avec le canton de Vaud pourmettre sur pied un collège et un hôpital intercantonal dela Broye. On peut également relever la création, par lescantons romands, de la Haute école spécialisée de Suisseoccidentale à laquelle seront intégrées l’Ecole d’ingé-nieurs de Fribourg et l’Ecole supérieure de cadres pourl’économie et l’administration de Fribourg. Les cantonsde Berne, de Neuchâtel et de Fribourg ont signé uneconvention-cadre visant à coordonner et à répartir lestâches entre leurs trois universités (BENEFRI). Ilconvient également de mentionner la création, en 1994,de l’Espace du Plateau central (ou Espace Mittelland) quigroupe les cantons de Berne, de Neuchâtel, de Fribourg,du Jura et de Soleure et dont l’ambition est de créer unpôle économique viable entre le Triangle d’or zurichois etl’Arc lémanique. Ses activités ont notamment porté surles petites et moyennes entreprises, sur le tourisme, surles transports et, bien sûr, sur l’organisation de l’Expo.01.Si la coopération intercantonale ne peut en principe pas,sauf à modifier la Constitution fédérale, aboutir à la créa-tion de véritables organes intercantonaux dotés de com-pétences législatives, administratives ou judiciairespropres, il n’en demeure pas moins que la tendanceactuelle est au renforcement de la collaboration entre lescantons. Par conséquent, il y a fort à parier qu’à l’avenir,les cantons régleront de plus en plus souvent leurs pro-blèmes au niveau régional, en regroupant leurs forces eten se concertant.La coopération transfrontalière n’a pas la même intensitéque la coopération intercantonale, et ce principalementpour deux raisons: premièrement, notre canton ne partagepas de frontière commune avec un pays étranger; deuxiè-mement, dans un Etat fédéral tel que la Suisse, il estlogique qu’un canton collabore plus étroitement avec laConfédération et les autres cantons qu’avec des parte-naires étrangers. Malgré tout, il serait erroné de sous-esti-mer l’importance de la coopération transfrontalière carcelle-ci a connu, à Fribourg comme dans la plupart descantons, un certain regain d’activité après le refus del’EEE en décembre 1992. Pour sa part, la Confédérationsoutient les cantons dans leurs efforts de coopérationtransfrontalière. Ce faisant, elle tient compte des rapportsd’équilibre entre eux, notamment entre cantons fronta-

liers et cantons non frontaliers. Les compétences canto-nales en matière de coopération internationale sont limi-tées par les articles 9 et 10 Cst. féd. Cependant, le Conseilfédéral interprète ces dispositions de façon libérale.Ainsi, les cantons peuvent conclure des traités avecl’étranger dans tous les domaines relevant de leur compé-tence. La coopération transfrontalière revêt les formes lesplus diverses: elle va des contacts informels à des droitset obligations régis par un traité, en passant par la coopé-ration au sein d’institutions communes, entre collectivitéspubliques et organisations privées.Les instruments de coopération transfrontalière dont dis-pose le canton de Fribourg sont assez variés. Parmi lesplus importants, on signalera l’Association transfronta-lière universitaire, qui groupe six hautes écoles en Suisseet douze universités françaises de la région Rhône-Alpes.Dans le domaine de l’enseignement supérieur, on men-tionnera également la convention de coopération trans-frontalière entre, d’une part, les universités françaises deBourgogne et de Franche-Comté et, d’autre part, les uni-versités suisses de Fribourg, Lausanne et Neuchâtel. LeConseil d’Etat s’est également appliqué à renforcer saprésence active au sein de l’Assemblée des régions d’Eu-rope, du Conseil du Léman et des organes mis en placedans le cadre de la Conférence sur la protection desAlpes. En outre, sur le plan économique, plusieurs décla-rations d’intention ont été signées avec des régions étran-gères. Pour coordonner ses activités de coopération trans-frontalière, le canton de Fribourg utilise un organe prévuà cet effet et dont il est membre associé, soit le Groupe deconcertation des cantons frontaliers limitrophes de laFrance, qui réunit les cantons de Bâle-Ville, Bâle-Cam-pagne, Berne, Genève, Jura, Neuchâtel, Soleure, Vaud etValais; la coordination s’effectue également par le biaisde la conférence des chefs de départements cantonaux, ouencore par celui de la Conférence des Gouvernements dela Suisse occidentale.

2.4 SynthèseAu vu de ce qui précède, il apparaît clairement que lanotion de souveraineté cantonale a subi des transforma-tions majeures depuis le milieu du siècle passé, date àlaquelle la Constitution fribourgeoise actuellement envigueur a été adoptée. Une révision totale devra impéra-tivement tenir compte de cette évolution et chercher à larefléter au mieux, tout en balisant le terrain pour les déve-loppements futurs, en particulier pour ce qui est de lacoopération intercantonale et transfrontalière. Le cantonde Fribourg aura donc la possibilité de préciser lescontours de sa «souveraineté» et, d’une certaine manière,de montrer la direction qu’il entend suivre à l’avenir dansce domaine. Il ne faut cependant pas perdre de vue que,en raison de la construction progressive de l’Etat fédéral,de l’imbrication croissante des relations internationales etdu développement accru des rapports intercantonaux etmême interrégionaux, notre canton ne pourra pas adopterde solution entièrement originale: il devra avant tout inté-grer ces réalités, en particulier celle de l’ouverture denotre canton, lorsqu’il tracera les contours de sa «souve-raineté» dans la nouvelle constitution.

3. Défauts d’ordre formel

3.1 En généralLa Constitution de 1857, qui compte 86 articles, a subiprès de quarante révisions partielles jusqu’en 1998, desorte que seuls 41 articles reflètent encore le texte origi-

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nal: les 45 autres ont en effet tous été révisés. Ces nom-breuses révisions ont abouti à l’insertion de nouvellesdispositions, désignées par les mots latins «bis», «ter»,etc. Ces nouvelles dispositions allongent parfois considé-rablement certains chapitres de la Constitution de 1857:ainsi les articles 28bis à 28quater, consacrés au référendumet introduits en 1921, constituent-ils désormais une partimportante du titre III. Les révisions partielles ont aussieu pour conséquence que de nombreux articles ont toutsimplement disparu, à l’image des articles 66 à 75 quifurent abrogés en bloc en 1921. Enfin, les révisions par-tielles ont souvent consisté à modifier la teneur de dispo-sitions existantes, la même disposition étant parfois révi-sée à plusieurs reprises.

3.2 SystématiqueIl n’est pas étonnant qu’après tant de révisions partielles,la systématique de la Constitution de 1857 ait passable-ment souffert. Celle-ci a donc indéniablement beaucoupperdu en unité et en cohérence, deux éléments pourtantindispensables à sa fonction d’intégration et à sa fonctiondirectrice. Ainsi, le citoyen qui souhaite avoir un aperçude ses droits devra passer en revue le titre I consacré auxprincipes et garanties. Il ne trouvera cependant qu’uneliste largement incomplète de ses droits, liste d’ailleursentrecoupée de dispositions très diverses posant, parexemple, le principe de la responsabilité de l’Etat (art.14bis), ou encore les principes du régime financier (art.15). Il en va de même pour celui qui, chargé d’une fonc-tion publique, désire connaître les tâches incombant àl’Etat et aux communes: il ne trouvera aucune liste énon-çant les tâches de l’Etat dans la Constitution de 1857, hor-mis deux dispositions ponctuelles sur l’instructionpublique (art. 19) et sur les langues (art. 21). Devant tantde difficultés, le lecteur sera rapidement contraint, pouren savoir plus, de se tourner non seulement vers la légis-lation, mais aussi vers la jurisprudence et la doctrine,avec toute la difficulté et les incertitudes que ce genre derecherches comporte.

3.3 LangueMalgré les nombreuses révisions partielles qu’elle asubies au fil du temps, la Constitution de 1857 est l’ex-pression du siècle dernier et en parle encore la langue. Denombreux termes utilisés ne peuvent plus être comprisque par des spécialistes. A titre d’exemples, on peut citerl’article 13 qui parle de «cens perpétuel et non rache-table» et l’article 14 qui recourt aux expressions de«majorats», de «substitutions» et de «fidéicommis defamille». Ces notions faisaient allusion à certaines formesde privilèges qui étaient encore d’actualité au sortir del’Ancien Régime, soit au début du 19e siècle, mais qui ontcomplètement disparu depuis lors. D’autres expressions,que chacun peut comprendre, doivent cependant aussiêtre adaptées à la situation actuelle en raison des change-ments intervenus. Ainsi en va-t-il de la notion «d’assem-blées politiques et électorales» (art. 28 al. 1 et 29 al. 1),qui fait plus penser à un mode de scrutin public, tel qu’ilexistait jusqu’en 1856, qu’à un scrutin secret tel que nousle connaissons depuis 1857. La possibilité d’exercer lesdroits politiques par correspondance rend égalementdépassée la notion d’«assemblée». De même, la liberté de«commerce et d’industrie» (art. 11), terme qui convenaitparfaitement dans une société agricole en voie d’indus-trialisation, reflète insuffisamment l’importance prise parle secteur des services durant la seconde moitié du 20e

siècle. La notion de «démocratie représentative» (art. 1

al. 4) est elle aussi largement dépassée compte tenu dudéveloppement des droits populaires depuis la fin dusiècle passé, de sorte que nous connaissons aujourd’huiun système de démocratie semi-directe. Enfin, la Consti-tution de 1857 recourt parfois à des termes dont le sensn’est pas partout le même, à l’image du mot «citoyens»:aux articles 4, 9 et 19 al. 4, «citoyens» est synonyme de«toute personne», alors qu’aux articles 28bis et 28ter, l’ac-ception du mot «citoyens» est plus étroite puisque seulesles personnes titulaires des droits politiques sont visées.Au vu de ces quelques exemples, il est aisé de constaterque le texte a perdu de sa clarté et de sa cohérence, ce quiest notamment dû au fait que le langage utilisé dans lesarticles révisés est plus moderne que celui du texte initial.Par conséquent, la teneur et l’emplacement d’une normen’ont souvent plus qu’une signification restreinte.

3.4 Densité normativeOutre les défauts relevant de la systématique et de lalangue, on peut également mentionner ceux qui relèventde la densité normative. Le texte de la Constitutionactuellement en vigueur ayant été établi à diversesépoques, marquées par des conditions politiques et desbesoins de réglementations différents, il en est résulté quenotre loi fondamentale contient côte à côte des normestoutes générales ou au contraire détaillées, importantesou banales, essentielles ou secondaires. Tout cela rendplus difficile la lecture et la compréhension du texte et enaffaiblit la force d’expression. On notera par exemple quela Constitution de 1857, dans son titre V consacré auxcommunes, ne contient que deux articles sommaires quiposent le principe de la haute surveillance de l’Etat et qui,pour tout ce qui a trait à l’organisation des communes, secontentent d’un renvoi à la loi. La Constitution de 1857contient aussi des normes qui ne sont pas dignes d’y figu-rer et qui, compte tenu de leur importance et de leur por-tée juridique, auraient dû être adoptées au niveau de la loiou même de l’ordonnance. On peut à cet égard citer l’ar-ticle 35, qui interdit aux fonctionnaires d’accepter d’unepuissance étrangère un titre, une décoration, une pensionet même un présent sans l’autorisation du Grand Conseil.On peut également mentionner la longue liste d’incom-patibilités figurant à l’article 33. A l’inverse, des normesqui, de l’avis général, ont matériellement qualité denorme constitutionnelle (Verfassungswürde) ne figurentqu’au niveau de la loi ou de l’ordonnance et sont absentesde notre charte fondamentale: on signalera, parmi denombreux exemples, le droit d’être entendu, qui estconcrétisé aux articles 57 à 65 CPJA et 42 à 44 CPP, laliberté de vote, prévue à l’article 27 LEDP, le principe dela légalité en matière de dépenses et de recettes, expres-sément énoncé à l’article 4 LFE, ou encore la souverai-neté fiscale des Eglises reconnues de droit public, garan-tie à l’article 12 LEE. Les causes de ces imperfectionssont multiples: certains articles trop détaillés sont lerésultat de vieilles batailles politiques ou de conflits d’in-térêts dépassés depuis longtemps, voire le fruit d’une cer-taine difficulté à se limiter à l’essentiel. Les articles tropsommaires qui se contentent d’un renvoi à la législationpour des questions importantes indiquent parfois qu’unconsensus politique n’a pas pu être trouvé à l’époque.Quant aux normes qui sont matériellement de rangconstitutionnel mais qui ne figurent pas dans la Constitu-tion de 1857, cela s’explique notamment par le fait que,jusqu’en 1979, la procédure de révision partielle étaitparticulièrement lourde puisqu’elle nécessitait deux vota-tions, l’une sur le principe et l’autre sur le texte de l’ar-ticle révisé, de sorte que l’on préférait souvent se conten-

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ter de ne modifier que la loi lorsque la modificationn’était pas contraire à la Constitution de 1857.Le cumul de ces défauts d’ordre formel a des consé-quences moins anodines qu’il n’y paraît: à force de pro-céder par retouches successives pour essayer de mainte-nir l’édifice en bon état, la Constitution de 1857, un peucomme une façade qui aurait été ravalée plusieurs foisavec des crépis de couleurs différentes, est devenue unemosaïque sans véritable unité. Cela a logiquementconduit à un affaiblissement progressif de notre chartefondamentale dans son rôle de guide de l’action de l’Etat.

4. Autres motifs

4.1 Les interventions parlementaires et les engage-ments pris par le Conseil d’EtatSi l’on tente de retracer les différentes étapes du proces-sus de révision totale de la Constitution de 1857, ilconvient de remonter jusqu’en 1968. C’est en effet cetteannée-là que le député Bruno Fasel déposait une motiondemandant au Conseil d’Etat de bien vouloir examinerl’opportunité d’une révision totale de la Constitution de1857 et d’en organiser, le cas échéant, les travaux prépa-ratoires (BGC 1968 p. 688). Acceptée par le GrandConseil, cette motion conduisit le gouvernement à consti-tuer une commission consultative. Celle-ci conclut, dansun rapport daté d’avril 1975, à la nécessité de rajeunir laConstitution de 1857, mais par la voie de révisions par-tielles successives. Le Conseil d’Etat avait fait siennes lesconclusions de ce rapport. A la suite de celui-ci, plusieursrévisions partielles furent décidées, parmi lesquelles l’in-troduction de la juridiction administrative, la simplifica-tion de la procédure de révision partielle de la constitu-tion, la redéfinition des rapports entre les Eglises et l’Etat,ou encore l’adoption de nouvelles conditions de mise enœuvre du référendum financier.La question de la révision totale est revenue sur le devantde la scène en 1987 grâce à une motion John Clercdemandant que la révision totale de la Constitution de1857 soit décrétée (BGC 1987 p. 1207). Dans sa réponseau motionnaire, le Conseil d’Etat relevait que de nom-breuses révisions partielles importantes avaient déjà étéachevées depuis 1968, soit depuis le dépôt de la motionBruno Fasel. Sur la base d’une consultation menée auprèsdes partis politiques, de la Conférence des préfets et del’Association des communes fribourgeoises, le gouverne-ment notait aussi «une absence significative de volontépolitique en faveur d’une révision totale», de sorte qu’ilproposa finalement de rejeter la motion John Clerc et deprocéder, pendant quelques années encore, à des révi-sions constitutionnelles partielles successives (BGC 1988p. 1787s.). Au vote, le Grand Conseil suivait la positiondu gouvernement et refusait la motion par 59 voix contre36 (BGC 1989 p. 489).La prochaine étape qui mérite d’être signalée est le pro-gramme gouvernemental élaboré par le Conseil d’Etatpour la législature 1992-1996 (BGC 1992 p. 1187-1224)et transmis au Grand Conseil le 18 août 1992: dans unpoint cinq consacré aux réformes institutionnelles, legouvernement lançait la révision totale de la Constitutionde 1857 en affirmant «qu’à l’exemple d’autres cantons, letemps est venu de mettre sur le métier la constitution fri-bourgeoise de l’an 2000 qui doit naître d’une nouvelleréflexion sur le rôle de l’Etat cantonal». Ce programmegouvernemental ne contenait cependant aucune ébauchede calendrier pour la révision à entreprendre. On rappel-lera que le programme gouvernemental constitue une

déclaration d’intention de nature politique qui ne créeaucune obligation au sens juridique du terme, pas plusqu’il ne lie le Grand Conseil qui se borne à en prendreacte après en avoir débattu.Peu après la publication du programme gouvernemental1992-1996, le Grand Conseil a accepté, en date du 12 novembre 1992 et par 93 voix sans opposition, lamotion Jean-Luc Piller tendant à la révision totale de laConstitution de 1857 (BGC 1992 p. 2572). Dans saréponse au motionnaire (BGC 1992 p. 2470ss), le Conseild’Etat s’était cette fois déclaré favorable à la révisiontotale et avait, en conséquence, proposé l’acceptation dela motion. Il s’était dès lors engagé à soumettre au GrandConseil un projet de décret portant sur le principe de larévision, projet accompagné d’un message exposant lesmotifs justifiant la révision, les modalités de celle-ci, lesformes de participation des citoyennes et des citoyens, lecalendrier, le coût de l’opération et les moyens à mettreen œuvre. Simultanément, le Conseil d’Etat relevaitqu’en raison, notamment, de la complexité de la procé-dure de révision totale, on ne devait pas exclure que ledélai réglementaire d’une année pour saisir le GrandConseil puisse ne pas être respecté.Au mois de septembre 1994, le Conseil d’Etat présentaitau parlement son rapport de mi-législature sur le pro-gramme gouvernemental 1992-1996: à propos de la révi-sion totale de la Constitution de 1857, le gouvernementexpliquait que, sans remettre en question la nécessitéd’adopter une nouvelle constitution moderne, la prioritédevait être donnée à d’autres travaux législatifs et qu’il yavait également lieu de prendre en compte l’évolution destravaux relatifs à la révision totale de la Constitutionfédérale (BGC 1994 p. 2371 s.).Dans un rapport adressé au Grand Conseil le 24 octobre1995 (BGC 1996 p. 154-192, 3504-3566), le Conseild’Etat a annoncé qu’il allait entreprendre des réformesadministratives et structurelles dans les domaines de lanouvelle gestion publique, de l’organisation du Conseild’Etat et de l’administration cantonale, du statut de lafonction publique, de la politique de subventionnement.Le Conseil d’Etat a par la suite ajouté un cinquièmedomaine, de nature institutionnelle, englobant la révisiontotale de la Constitution de 1857 et la répartition destâches entre l’Etat et les communes, de sorte que les tra-vaux de réforme furent structurés en cinq ensembles deprojets. Le projet de réforme de la Constitution de 1857aura bien évidemment des liens avec l’ensemble desautres projets, qu’il s’agira de coordonner au mieux entenant compte de leur état d’avancement différent.Dans son programme gouvernemental élaboré pour lalégislature 1997-2001 et transmis au Grand Conseil le 19 août 1997, le Conseil d’Etat a précisé ses intentions surles réformes institutionnelles et administratives qui figu-rent dans le chapitre consacré aux objectifs et aux actions.Il a rappelé que «l’important développement qu’ont connules activités de l’Etat au cours des dernières décenniess’est fait dans le cadre des structures existantes, héritéesdu siècle passé. L’organisation et les méthodes de travailde l’administration ont certes beaucoup évolué, maisaucune réflexion d’ensemble, portant aussi bien sur lecadre institutionnel que sur le mode de gestion, n’a étéentreprise. Or, au seuil du troisième millénaire et en unepériode où l’évolution de la société connaît une nouvelleaccélération, une réforme en profondeur de l’Etat, de sesinstitutions et de son administration est devenue néces-saire». La révision totale de la Constitution de 1857 faitdonc partie intégrante de ce train de réformes institution-nelles et administratives, dont elle constitue en quelque

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sorte le complément architectural. Pour chacun des projetsconstitués en cinq ensembles, la direction est assurée parun comité de pilotage. La direction générale des réformesest assurée par le Conseil d’Etat, secondé dans cette tâchepar un comité de coordination.Les travaux préparatoires relatifs à la révision totale de laConstitution de 1857 ont été menés par un comité de pilo-tage assisté d’un comité de projet. Ont ainsi participéauxdits travaux les personnes suivantes:

M. Pascal Corminbœuf, Conseiller d’Etat-Directeur del’intérieur et de l’agriculture, présidentM. Augustin Macheret, Conseiller d’Etat-Directeur del’instruction publique et des affaires culturelles, vice-pré-sidentM. Peter Hänni, Professeur à l’Université, vice-directeurde l’Institut du fédéralismeM. Claude Yerly, Secrétaire général de la Direction del’intérieur et de l’agricultureM. Gérald Mutrux, Chef de service du Département descommunesM. Denis Loertscher, Chef de l’Office de législationM. Alain Chablais, Conseiller juridique rattaché au projetM. Marc Bugnon, Conseiller juridique auprès de laDirection de l’intérieur et de l’agricultureM. Jean-Marc Schwab, Chef du projet «Nouvelle gestionpublique»

Le programme gouvernemental 1997-2001 a posécomme objectif, pour la législature, l’achèvement de lapremière étape de la révision totale de la Constitution de1857, laquelle étape comprend la question de principe(révision totale: oui ou non) et la désignation de l’organecompétent pour procéder à la révision. Lors des débatsparlementaires relatifs au programme gouvernemental, leConseil d’Etat s’est montré plus ambitieux encore puis-qu’il a annoncé qu’il avait prévu de poser au parlement etensuite au peuple la question de principe en l’an 1999 ouen l’an 2000 (BGC 1997 p. 815). Le 16 septembre 1997,le Grand Conseil a pris acte, après en avoir débattu, duprogramme gouvernemental (BGC 1997 p. 818).Au cours de ces dernières années, plusieurs interventionsparlementaires, qu’il s’agisse de motions ou de postulats,ont porté sur des questions ponctuelles relevant du droitconstitutionnel. Pour le traitement de certaines de cesinterventions, à l’image du postulat Charly Haenni/Jean-Paul Glasson sur le nombre de députés (BGC 1997 p.833), de la motion Jean-Marc Sallin – transformée enpostulat – relative à la promotion et au renforcement de lafamille dans l’activité de l’Etat (BGC 1996 p. 474), ouencore du postulat André Ntashamaje relatif à la créationd’un conseil des Anciens (BGC 1998 p. 268, 294; laréponse du Conseil d’Etat n’est pas encore publiée auBGC), le Conseil d’Etat s’est engagé à agir dans le cadrede la révision totale de la Constitution de 1857. Pourd’autres, il ne s’est pas expressément référé au processusde révision totale. Il est toutefois imaginable que le trai-tement de ces interventions-ci intervienne aussi dans lecadre de la réflexion globale inhérente au processus derévision totale, même si leur réalisation n’implique pasnécessairement la modification de dispositions de laConstitution de 1857. Parmi ces interventions, il convientde mentionner la motion – transformée en postulat –Louis-Marc Perroud tendant à la désignation des magis-trats professionnels par le Grand Conseil (BGC 1997 p.947; BGC 1998 p. 163 et 265-268), la motion – transfor-mée en postulat – Michel Buchmann/Charly Haenni rela-tive à la décentralisation de l’administration cantonale(BGC 1997 p. 837; BGC 1998 p. 159s. et 231s.) ainsi que

le postulat Georges Godel relatif à la répartition des ser-vices de l’Etat dans les sept districts (BGC 1998 p. 159s.et 231s.), ou encore le postulat Beat Vonlanthen/Marie-Louise Rudaz-Spicher sur l’organisation de sessions can-tonales de la jeunesse (non encore publié au BGC).

4.2 Les expériences cantonales et fédéraleDurant les vingt dernières années, plusieurs cantons ontprocédé avec succès à une révision totale – tant matérielleque formelle – de leur constitution. Outre le cas un peuparticulier du Jura, qui a adopté une constitution en 1977pour pouvoir entrer en souveraineté, il s’agit des cantonsd’Argovie (1980), de Bâle-Campagne (1984), de Soleure(1986), de Thurgovie (1987), de Glaris (1988), de Berne(1993), d’Appenzell Rhodes-Extérieures (1995) et duTessin (1997). Ces neuf révisions totales menées récem-ment ont, le plus souvent, consisté à procéder à unerefonte générale de la forme, de la systématique et de larédaction, à établir un véritable catalogue des droits fon-damentaux, parfois suivi d’une liste de devoirs et/oud’une liste de buts sociaux, à préciser les tâches de l’Etat,à redéfinir les droits politiques, à présenter clairementl’organisation des autorités, à ancrer le régime financier,à inscrire le statut, la structure territoriale, l’organisationet l’autonomie des communes et enfin à poser les prin-cipes des relations Eglises-Etat. Ces révisions totales ontégalement permis de revaloriser l’identité cantonale et deconcourir – même modestement – au renforcement ducivisme des citoyennes et des citoyens en leur montrantce qu’était devenu réellement le canton dans lequel ilsvivaient.En regard de ces neuf révisions totales menées avec suc-cès jusqu’à leur terme, il est intéressant de constater quela liste des échecs est beaucoup moins longue. Sans pré-tendre à l’exhaustivité, on relèvera ainsi que lescitoyennes et les citoyens de Bâle-Ville et de Bâle-Cam-pagne ont rejeté, en 1969, un projet de nouvelle constitu-tion pour un canton de Bâle unifié. En avril 1997, leGrand Conseil de Bâle-Ville a décidé de renvoyer auConseil d’Etat un nouveau projet tendant à engager larévision totale. Dans le canton d’Argovie, un premierprojet de constitution avait été rejeté par le souverain en1979 avant que le texte actuellement en vigueur ne soitadopté un an plus tard. En juin 1997, le Grand Conseillucernois a rejeté, contre l’avis du Conseil d’Etat, un pro-jet tendant à engager la révision totale de la constitution.En octobre 1997, le Grand Conseil valaisan a rejeté unemotion demandant une révision totale. Il semble dès lorsque, malgré quelques échecs isolés ou quelques difficul-tés procédurales, les tentatives de révisions constitution-nelles cantonales connaissent le plus souvent une issueréjouissante.Si l’on se penche sur l’histoire des révisions constitution-nelles cantonales, on constate que la révision totale pure-ment formelle, soit celle qui consiste à procéder à unerévision strictement rédactionnelle améliorant la systé-matique, supprimant les dispositions désuètes maisexcluant tout changement de fond, n’a guère été suivie:dans un passé relativement récent, seul Genève, en 1958,a suivi cette voie. Quant au Tessin, il a bien procédé à unetelle révision en 1967, mais cela ne l’a pas dispensé d’en-treprendre une révision matérielle totale en 1997. Unpetit groupe de cantons a choisi quant à lui d’effectuerune révision totale reprenant pour l’essentiel, à l’excep-tion de quelques légères innovations, le droit en vigueur:il s’agit de Nidwald (1965), d’Obwald (1968) et d’Uri(1984). La solution consistant à renoncer à procéder à unerévision totale pour recourir à une succession de révisions

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partielles en fonction des besoins n’a, elle aussi, guère étésuivie: seuls Schwyz, Appenzell Rhodes-Intérieures,Zoug, le Valais et Genève semblent encore partisans decette voie. Enfin, on notera qu’une série de cantons sontactuellement engagés, parfois depuis plusieurs années,dans un processus de révision totale de leur constitution:ce sont les cantons des Grisons, de Saint-Gall, de Zurich,de Neuchâtel, de Schaffhouse, de Bâle-Ville et de Vaud.Dans ce dernier canton, le peuple a récemment décidéd’engager le processus de révision totale et d’en confierla tâche à une Constituante. Le degré d’avancement destravaux et surtout la procédure choisie pour préparer unprojet, puis le faire adopter, divergent sensiblement d’uncanton à l’autre.De son côté, la Confédération a elle aussi avancé sur lavoie de la révision totale, dont le processus avait débutéen 1966. Après de longs travaux préparatoires qui ontabouti à un premier projet en 1977, puis à un essai demodèle élaboré en 1985 par le Département fédéral dejustice et police, l’Assemblée fédérale a décrété la révi-sion totale de la Constitution fédérale en 1987 et chargéle Conseil fédéral de mettre à jour le droit constitution-nel en vigueur. En 1994, le parlement décida d’accélé-rer les travaux en demandant que la mise à jour soitachevée en 1998 pour marquer le cent cinquantièmeanniversaire de la naissance de l’Etat fédéral. LeConseil fédéral décida de présenter au parlement, enmême temps qu’un projet de mise à jour, un train deréformes concernant les droits populaires et un autreconcernant la justice, les trois «paquets» faisant l’objetd’autant d’arrêtés et de votations distinctes. Les délibé-rations suivent actuellement leur cours au parlement,lequel devrait être en mesure, conformément au calen-drier prévu, d’adopter en 1998 le projet de nouvelleconstitution mise à jour, voire également le train deréformes consacrées à la justice.Compte tenu des orientations et des décisions déjà prisespar les autorités fribourgeoises, mais aussi au vu desefforts entrepris avec succès par de nombreux cantonsainsi que des développements qui se sont produits récem-ment au niveau fédéral, le moment est désormais venu,pour notre canton, de se lancer à son tour dans une révi-sion totale de sa charte fondamentale. Ajoutés au déca-lage entre la norme et la réalité (cf. ch. 1), à l’évolution dela souveraineté (cf. ch. 2) et aux arguments d’ordre for-mel (cf. ch. 3), les différents motifs présentés ci-dessusplaident nettement en faveur d’une réforme complète,tant matérielle que formelle.

5. Avantages d’une révision totaleA l’option de la révision totale, on oppose parfois cellequi consiste à recourir à plusieurs révisions partiellessuccessives qui conduiraient, au prix d’efforts moins dis-pendieux, à un résultat presque comparable. Certainsaffirment qu’en jetant un coup d’œil à l’histoire, ons’aperçoit que les révisions totales interviennent enpériode de crise profonde, politique ou même militaire.En dehors de ces périodes, le fait de mener une procé-dure de révision totale aurait le désavantage de mobiliserdes énergies et des moyens importants, qui devraient êtreutilisées pour régler des problèmes plus urgents aux-quels les gens ou les autorités sont quotidiennementconfrontés. De plus, une révision totale, dans la mesureoù elle serait porteuse de véritables réformes dans plu-sieurs domaines, risquerait fort d’aboutir à une additiond’oppositions sectorielles mettant finalement en péril leprojet dans son ensemble. En se contentant de procéder

à des retouches cosmétiques, une révision totale éviteraitcertes ce risque mais ne présenterait alors plus guèred’intérêt.Ces considérations méritent d’être sérieusement nuan-cées. S’il est vrai que nombre de révisions totales ont étéentreprises en période de crise de grande ampleur ousuite à des bouleversements politiques ou militaires, àl’image des constitutions allemande (1949), française(1958), autrichienne (1920) et même des différentesconstitutions fribourgeoises (1803, 1814, 1831, 1848 et1857), il ne s’agit pas d’une constante: les expériencesfaites par des Etats tels que le Danemark (1953) ou lesPays-Bas (1983), mais aussi par les cantons d’Argovie(1980), de Bâle-Campagne (1984), de Soleure (1986), deThurgovie (1987), de Glaris (1988), de Berne (1993),d’Appenzell Rhodes-Extérieures (1995) ou du Tessin(1997) sont là pour démontrer le contraire, même s’il estvrai que notre pays et notre continent vivent une muta-tion économique et sociale sans précédent depuis larévolution industrielle du 19e siècle. Or, ces révisionscantonales ont en général été menées dans des délais rai-sonnables et n’ont jamais mobilisé des ressources tellesque l’Etat n’aurait plus été en mesure de s’attaquer auxgrands problèmes du moment. Elles ont en revanche sou-vent permis de redonner un certain élan à la politiquecantonale et ont eu le mérite de sensibiliser lescitoyennes et les citoyens et d’éveiller leur intérêt pour lefonctionnement et les fondements de l’Etat. Pour le sur-plus, on relèvera que les constitutions qui sont le produitd’une période de crise ne sont pas forcément lesmeilleures, car elles ne sont pas empreintes de toute lasérénité nécessaire.Quant à l’argument selon lequel une révision totale por-teuse de nombreuses réformes est politiquement trop ris-quée en raison d’un cumul probable des différentesoppositions, il doit également être relativisé. S’il est vraiqu’au niveau fédéral, il est très difficile de réaliser unerévision totale – matérielle et formelle – en une seuleétape, ce qui a amené le Conseil fédéral à recourir à unprocessus «ouvert» où les domaines de réforme fontl’objet de propositions séparées et d’arrêtés distincts, teln’est pas le cas au niveau cantonal où le consensusdemeure malgré tout plus facile à réunir. Le Conseild’Etat a d’ailleurs déjà eu l’occasion de s’exprimercontre une révision totale «par chapitres» (BGC 1992 p.2472). Les neuf exemples récents de révisions totalescantonales menées avec succès sont également là pourdémontrer qu’une révision totale en une seule étape estpossible. Même des réformes politiquement très contes-tées, ou pour lesquelles un consensus satisfaisant ne peutpas être trouvé par l’organe constituant, peuvent êtreintégrées dans un projet de nouvelle constitution grâce àla méthode des variantes (cf. chapitre VIII), que laConfédération et plusieurs cantons ont mis en placedepuis quelques années.Enfin, vu les nombreuses carences affectant la forme et le fond de la Constitution de 1857, on ne peut nierque les nombreuses révisions partielles qui seraientnécessaires ne permettraient plus, à elles seules, derecréer la cohérence de notre loi fondamentale et de larendre plus proche des citoyennes et des citoyens (cf.aussi chapitre VIII ch. 1). Il est temps de transmettreaux générations actuelles et futures une image rajeunie,moderne et ouverte de notre canton, tel qu’il a étéfaçonné au cours de l’histoire et tel qu’il est appelé àévoluer dans le futur. Or, seule une révision totale peutnous permettre de réaménager les fondements de notreEtat.

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IV. Organe chargé de l’élaboration du projet de nouvelle constitution

1. En généralAvant d’esquisser le contenu envisageable d’une nou-velle constitution, il y a lieu d’aborder la question de l’or-gane auquel sera confié la tâche d’élaborer le texte nor-matif proprement dit. Cette question mérite un examenapprofondi, car elle influencera de manière déterminantele déroulement des travaux préparatoires.Selon l’article 80 al. 1 et 2 Cst., lorsque la révision totaleest demandée, la question de principe de la révision estsoumise au peuple, qui est également appelé à dire s’ilveut que la révision totale soit faite par une Constituanteélue spécialement à cet effet ou par le Grand Conseil (al.1). La Constituante est élue pour cinq ans de la mêmemanière que le Grand Conseil. Il n’y a pas d’incompati-bilité (al. 2).

2. La ConstituanteLa Constituante est régie par l’article 80 al. 2 Cst. précité,ainsi que par des dispositions de rang légal: l’article 230a,ainsi que, par renvoi de celui-ci, les articles 206 al. 3 et 4et 206a LEDP. En l’état actuel de la législation, la Consti-tuante est, d’un point de vue organique, une institutionassez proche du Grand Conseil. Elle partage avec celui-ciles caractéristiques suivantes:

– elle est composée de 130 membres (art. 206a al. 2LEDP);

– les sièges doivent faire l’objet d’une répartition entreles cercles électoraux (art. 76 LEDP, applicable par lerenvoi de l’art. 80 al. 2 Cst.);

– l’élection des membres a lieu au scrutin de liste, selonle système de la représentation proportionnelle (art. 80LEDP, applicable par renvoi de l’art. 80 al. 2 Cst.).

– la durée du mandat de la Constituante est de cinq ans(art. 80 al. 2 Cst.).

En revanche, on relèvera qu’une fois élue, la Constituantes’organise par elle-même et se donne son propre règle-ment (art. 206a al. 2 LEDP). De plus, contrairement auGrand Conseil, il n’y a aucune incompatibilité entre laqualité de membre de la Constituante et un autre mandatou une autre fonction. Ainsi tout citoyen, quelle que soitla fonction qu’il détienne, quel que soit le Pouvoir auquelil appartienne, peut être élu membre de la Constituante.

3. Arguments en présenceIl convient de présenter de manière sommaire les motifsqui militent en faveur de chacun des deux organes auquelle souverain pourra confier la tâche d’élaborer le projet denouvelle constitution.

3.1 Arguments en faveur de la ConstituanteOn peut d’abord estimer que la Constituante est unorgane plus neutre parce que moins politisé, en principe,que le Grand Conseil. En effet, bien que le mode électo-ral soit le même que pour l’élection du Grand Conseil, onpeut imaginer que les électeurs permettront à des per-sonnes non issues du sérail politique de prendre part auxtravaux de révision constitutionnelle.La Constituante pourrait accueillir des personnes spécifi-quement intéressées et motivées par les travaux de révi-sion de la Constitution de 1857. Par rapport au GrandConseil, cela permettrait d’élargir le cercle des personnes

susceptibles d’y prendre part. Le fait qu’il n’y ait pasd’incompatibilité, comme cela a été mentionné plus haut,permettrait en outre à des personnes qui ne peuvent sié-ger au Grand Conseil de prendre part aux débats de laConstituante (magistrats de l’ordre judiciaire, membresdu Conseil d’Etat, fonctionnaires, notamment).Une Constituante n’est pas confrontée aux tracas poli-tiques «quotidiens». Cette distance par rapport aux ques-tions politiques du moment peut lui donner une visionplus large, plus ouverte, voire plus ambitieuse des pro-blèmes fondamentaux de notre société.Les travaux de révision constitueront à n’en pas douterune tâche extrêmement absorbante et requérant un impor-tant investissement en temps. Les candidats à l’élection àla Constituante seront conscients de l’ampleur de la tâchequi les attendra et devront donc assurer une disponibilitéaccrue. En revanche, on sait qu’aujourd’hui déjà lesdéputés au Grand Conseil sont surchargés. Confier auGrand Conseil la tâche de la révision contribuerait à l’en-gorger encore davantage. Le rythme des travaux de révi-sion pourrait en souffrir. Multiplier les sessions extraor-dinaires du Grand Conseil n’irait d’ailleurs pas sans poserdes difficultés à nombre de parlementaires.La Constituante s’organise par elle-même et se donne sonpropre règlement. Cela lui offre la possibilité de se doterde règles plus souples, éventuellement plus appropriéesaux travaux spécifiquement constitutionnels que la loiportant règlement du Grand Conseil.La Constituante pourrait, une fois en mesure de fonction-ner, achever ses travaux dans des délais plus brefs que leGrand Conseil, dans la mesure où elle peut établir sonpropre calendrier et son rythme de travail en toute indé-pendance.L’élection de la Constituante, en particulier la campagneélectorale qui la précéderait, pourrait être une bonneoccasion de rendre le public conscient de l’importance etde l’intérêt que représente la révision totale.

3.2 Arguments en faveur du Grand ConseilLe Grand Conseil est formé de personnes au fait des pro-blèmes politiques, problèmes auxquels il pourrait êtreapporté une solution dans le cadre d’une révision consti-tutionnelle. Il est bien évident que les auteurs de la révi-sion ne sauraient s’affranchir des réalités politiquesactuelles. Il est vrai néanmoins que les députés au GrandConseil peuvent être élus membres de la Constituante.Les députés au Grand Conseil sont rompus aux particula-rités du travail parlementaire, ce qui permettrait aux tra-vaux de se dérouler dans de meilleures conditions.On peut se demander si une constituante ne représenteraitpas un doublon par rapport au Grand Conseil. De par lemode d’élection de la Constituante, il est en effet vrai-semblable qu’elle sera constituée d’un certain nombre dedéputés.Confier la tâche de révision au Grand Conseil permettraitd’éviter les coûts d’organisation de l’élection de laConstituante. Les coûts de fonctionnement pourraientégalement être réduits dans cette option, dans le mesureoù les travaux consacrés à la révision totale pourraient sedérouler, au moins partiellement, durant les sessions par-lementaires ordinaires. Globalement, en tout cas, ilsemble que l’option du Grand Conseil serait moins oné-reuse.

4. ConclusionAprès avoir pesé les avantages et les inconvénients dechacune des deux solutions, le Conseil d’Etat estime que

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tant le Grand Conseil qu’une Constituante sont en mesurede mettre sous toit la constitution moderne dont le cantonde Fribourg a besoin. Il recommande toutefois de choisirla Constituante, considérant que les motifs invoqués enfaveur de la Constituante l’emportent, globalement, surceux qui militent en faveur du Grand Conseil. En outre, lefait de confier la révision à une Constituante donnera uncôté plus «solennel» à l’événement. En optant pour cettesolution, le Conseil d’Etat montre également qu’il prendau sérieux les problèmes liés à la surcharge des députés.Enfin, le choix de la Constituante ne s’inscrirait pas àcontre-courant puisqu’en juin et en août 1998, le peuplevaudois, respectivement le parlement zurichois, ont euxaussi décidé de confier à une Constituante les travaux derévision totale de leur constitution.

V. Proposition de structure pour la nouvelle constitution

1. Présentation des dix titres envisageablesLa Constitution de 1857 contient sept titres qu’il estnécessaire de reprendre, mais sous une forme nouvelle etactualisée. Il serait en outre souhaitable que la nouvelleconstitution ajoute quelques titres, soit que ceux-ci soientvéritablement nouveaux, soit qu’ils regroupent et étoffentdes dispositions déjà existantes mais insuffisammentmises en valeur du point de vue de la systématique. Lanouvelle constitution pourrait ainsi contenir dix titres,qu’il convient d’esquisser brièvement ci-après. Il siedencore de préciser qu’il ne s’agit là que d’un projet denouvelle structure, susceptible d’être modifié. Un coupd’œil jeté aux différentes constitutions cantonales adop-tées ces dernières années démontre toutefois qu’auniveau de la structure, on retrouve en général les mêmesgrandes subdivisions, de sorte qu’il n’est guère souhai-table ni même possible de faire preuve d’une grande ori-ginalité à ce niveau-là.Un titre I pourrait être consacré aux principes généraux eténoncer quelques dispositions fondamentales sur l’Etat,la souveraineté, les rapports avec la Confédération et lesautres cantons, le territoire, les langues, le droit de cité etles principes de l’activité de l’Etat. Seule une petite par-tie de ces dispositions figure dans la Constitution de1857, et encore sont-elles éparpillées dans plusieurstitres.Un titre II devrait contenir le nouveau catalogue de droitsfondamentaux. La Constitution de 1857 contient déjà uneliste de droits fondamentaux, mais celle-ci est incom-plète. Bien que les droits fondamentaux soient ancrés à lafois dans la Constitution fédérale et dans la Conventioneuropéenne des droits de l’homme, un catalogue cantonalgarde toute sa raison d’être: en premier lieu, plusieurslibertés publiques n’apparaissent pas du tout dans le textede l’actuelle Constitution fédérale; en deuxième lieu, uneénumération de ces droits est un bon moyen pour l’Etatd’assurer la transparence à l’égard des citoyennes et descitoyens; en troisième lieu enfin, une constitution canto-nale peut se permettre d’aller plus loin, en matière degarantie de libertés publiques, que la Constitution fédé-rale et même introduire de nouveaux droits fondamen-taux. Ce titre II pourrait être complété par quelques droitssociaux et par quelques devoirs du citoyen. Il convien-drait également d’énoncer les buts sociaux assignés àl’Etat.Un titre III, entièrement nouveau, devrait être consacréaux tâches publiques. Il s’agirait d’un catalogue rensei-gnant sur les tâches importantes que l’Etat et – en partie

– les communes assument déjà. Dans la Constitution de1857, un tel catalogue fait défaut car au milieu du 19e

siècle, le constituant partait encore de l’idée que la plu-part des tâches publiques étaient assurées par le canton,les compétences fédérales étant encore très ponctuelles.Le fait d’insérer dans la nouvelle constitution un titregroupant les principales tâches de l’Etat permettraitd’illustrer les domaines dans lesquels celui-ci peut encoreentreprendre une action propre qui ne consiste pas seule-ment à mettre en œuvre le droit fédéral. Un tel cataloguede tâches remplirait donc une fonction d’information etviserait aussi un objectif de transparence. De surcroît, ildonnerait une légitimité démocratique renforcée auxtâches qui y seraient mentionnées.Un titre IV devrait regrouper les droits politiques. Il s’agi-rait, pour l’essentiel, de la reprise du titre consacré actuel-lement au même sujet. Seraient ainsi énoncées des dispo-sitions concernant la titularité, la liberté de vote, lecontenu, les élections, l’initiative populaire, le référen-dum, voire la participation au processus de formation del’opinion.Un titre V instituerait les autorités cantonales: aprèsquelques dispositions générales, il organiserait le GrandConseil, puis le Conseil d’Etat et l’administration canto-nale, enfin les tribunaux. Il s’agirait donc d’une repriseassez fidèle de la structure actuelle du titre consacré auxpouvoirs constitutionnels. Un tel titre, qui détermine etorganise l’Etat, est évidemment indispensable dans unenouvelle constitution. Il permet de définir le rôle desautorités et d’éviter un exercice abusif et incontrôlé dupouvoir en garantissant une séparation personnelle, orga-nisationnelle et fonctionnelle des pouvoirs législatif, exé-cutif et judiciaire.Un titre VI, entièrement nouveau, pourrait être consacréau régime des finances. Il contiendrait des dispositionsrelatives aux principes généraux, aux ressources finan-cières, aux impôts, aux principes d’imposition, aux sub-ventions ainsi qu’à la surveillance financière. La Consti-tution de 1857 ne contient qu’une disposition sommairesur le thème du régime des finances. En raison de sonimportance, ce thème mérite d’être élevé au niveau consti-tutionnel et de ne pas figurer uniquement dans la loi.Un titre VII devrait définir la structure territoriale du can-ton. Il devrait aussi aménager le régime des communes etaménager la répartition des compétences entre l’Etat etles communes. Un tel titre est nécessaire dans une consti-tution cantonale car ce n’est pas au droit fédéral qu’ilappartient de structurer le canton en districts, cercles,arrondissements, régions, agglomérations, etc. LaConstitution de 1857 opère déjà un tel découpage qu’ilconviendra de réexaminer. La structure de ce titre estdonc encore incertaine puisqu’elle ne devra empêcher niun redécoupage des districts, ni la création de nouvellesentités régionales. Dans la partie consacrée aux com-munes, ce titre pourrait prévoir des dispositions sur le sta-tut, l’autonomie, les tâches, les organes, les droits poli-tiques, les finances et la péréquation financière.Un titre VIII pourrait régler le statut des Eglises reconnueset des autres communautés religieuses. La Constitution de1857 contient une seule disposition sur ce thème, intégréedans un autre titre. Or, la réglementation de base du rap-port entre les Eglises et l’Etat, même si elle ne doit pasimpérativement faire l’objet d’un titre propre, nous paraîtsuffisamment importante pour figurer dans une nouvelleconstitution. Le titre VIII pourrait dès lors réunir des dis-positions sur les Eglises reconnues et sur leur autonomie,sur les paroisses, sur les finances, sur l’appartenance auxEglises et sur les autres communautés religieuses.

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Un titre IX devrait énoncer les règles relatives à la révi-sion de la constitution, qu’il s’agisse d’une révision totaleou d’une révision partielle. La Constitution de 1857contient déjà un tel titre, qui doit impérativement figurerdans une nouvelle charte fondamentale.Enfin, un titre X devrait prévoir un certain nombre de dis-positions transitoires et finales, à l’image de ce qui avaitété fait dans la Constitution de 1857.

2. Nécessité de «constitutionnaliser»La notion de «droit constitutionnel» peut avoir deuxacceptions: premièrement, lorsque l’on parle de droitconstitutionnel au sens matériel, elle vise l’ensemble desrègles fondamentales régissant l’organisation de l’Etat etson fonctionnement; deuxièmement, dans un sens formel,elle vise l’ensemble des règles ayant leur siège dans untexte qu’on appelle la constitution, peu importe que cesrègles soient d’une importance fondamentale ou non.Idéalement, le droit constitutionnel matériel devrait coïn-cider avec le droit constitutionnel formel, en ce sens quela constitution devrait contenir toutes les règles fonda-mentales de l’Etat et seulement ces règles fondamentales.Dans notre canton, au fil des décennies, le droit constitu-tionnel matériel a toutefois pris de l’importance sans êtresystématiquement intégré dans la Constitution de 1857,de sorte celle-ci ne reflète plus suffisamment la «réalitéconstitutionnelle contemporaine».La rédaction d’une nouvelle constitution impliquera doncnon seulement un travail consistant à formuler de manièreplus actuelle de nombreuses dispositions figurant déjàdans la Constitution de 1857; elle consistera aussi à fixerbon nombre de règles jugées suffisamment importantespour figurer dans une charte fondamentale, mais qui sonttout simplement absentes de la Constitution de 1857. Cesrègles peuvent être non écrites, à l’image de certainsdroits fondamentaux tels que la dignité humaine ou laliberté d’opinion. Le plus souvent, elles sont cependantdéjà contenues dans des lois, des décrets ou d’autres acteslégislatifs infraconstitutionnels. A cet égard, on citera parexemple les règles relatives aux tâches publiques, qui fontl’objet d’une législation abondante (transports, commu-nications, eau, énergie, environnement, constructions,santé publique, culture, etc.) et dont les principes mérite-raient de figurer au niveau constitutionnel. Il en va demême des règles relatives au régime des finances quiexistent déjà dans la loi sur les finances de l’Etat et dansla loi sur les impôts cantonaux. Le fait d’inscrire lesgrands principes de ces lois dans la nouvelle constitution,c’est-à-dire de procéder à une «constitutionnalisation»,ne s’apparenterait donc pas à un bouleversement de lasituation actuelle. Pour autant, l’acte de constitutionnali-sation ne doit pas être perçu comme étant anodin puisqueles règles ainsi consacrées dans la nouvelle constitutionacquièrent une protection plus forte, dans la mesure oùleur modification ne peut être obtenue que par la voie duréférendum obligatoire. Le fait de passer au niveauconstitutionnel toutes les règles jugées fondamentalescontribuerait enfin à actualiser la constitution et, ainsi, àrenforcer sa fonction d’orientation: les acteurs politiqueset les citoyennes et les citoyens s’y référeraient plus sou-vent lorsqu’ils désireraient connaître les règles fonda-mentales de l’Etat.

3. Nécessité de «déconstitutionnaliser»Par opposition au phénomène de constitutionnalisation(cf. ch. 2), il n’est pas exclu que la rédaction de la nou-velle constitution amène l’organe constituant à «extraire»

certaines règles de la Constitution de 1857 jugées troppeu importantes mais néanmoins dignes de figurer auniveau de la loi ou du décret. On aurait alors affaire à unexercice de «rétrogradation» ou de «déconstitutionnalisa-tion». Ce pourrait être le cas, par exemple, pour l’article33 de la Constitution de 1857 qui aménage dans le détailune foule d’incompatibilités: celles-ci pourraient êtreréglées au niveau légal, seules les grandes lignes demeu-rant dans la nouvelle constitution. Une telle rétrograda-tion aurait évidemment pour corollaire un certain «affai-blissement» des normes touchées puisqu’elles pourraientensuite être modifiées sans passer par le référendum obli-gatoire. Un tel affaiblissement signifie cependant aussiune plus grande flexibilité puisqu’il est alors plus facile,grâce à une procédure moins lourde, d’adapter la règleaux changements futurs.Il ne faut néanmoins guère se faire d’illusions: la Consti-tution de 1857, qui est au demeurant assez brève, contientdes règles qui sont pour la plupart vraiment fondamen-tales, c’est-à-dire qui ont matériellement rang constitu-tionnel. Les règles pouvant être «déconstitutionnalisées»ne seront donc certainement pas très nombreuses. Au vudu développement important du droit constitutionnelmatériel durant ces dernières décennies, il n’est donc pasdifficile de prévoir que la nouvelle constitution, si elleentend véritablement refléter la réalité constitutionnellecontemporaine, sera sensiblement plus longue que laConstitution de 1857.

VI. Objectifs et principaux champs d’investigation

1. Objectifs

1.1 En généralLes objectifs d’une révision totale peuvent être multipleset d’importance très inégale. Le Conseil d’Etat est dèslors convaincu qu’il convient d’indiquer clairement quelssont les principaux objectifs que devra s’efforcer de pour-suivre la révision. La désignation, ci-après, de quelques-uns d’entre eux ne veut cependant pas dire que l’organeconstituant s’interdira d’en viser d’autres, mais ellemarque une certaine priorité à laquelle il conviendra de seréférer lorsqu’il s’agira de discuter, plus concrètement,du contenu de la nouvelle constitution. Enfin, il va de soique les principaux objectifs énoncés pourront être atteintsnon seulement par la réécriture du droit existant, maisaussi et surtout par l’adoption d’innovations ponctuelleset/ou de véritables réformes (BGC 1992 p. 2471).

1.2 Fonctionnement des autoritésLa nouvelle constitution devra inévitablement chercher àaméliorer le fonctionnement des autorités. On voit eneffet mal qu’une révision totale fasse l’impasse sur unetelle réflexion, lorsqu’on sait que l’organisation du GrandConseil, du Conseil d’Etat et des tribunaux est largementhéritée de la Constitution de 1857 et même de celle de1848. Les pouvoirs législatif, exécutif et judiciairedevront dès lors être englobés dans l’analyse destinée àmettre en lumière les améliorations possibles. Sansremettre en cause son statut de parlement de milice, oncherchera ainsi à renforcer l’efficacité du Grand Conseil,en agissant non seulement sur sa composition, mais aussisur l’organisation de son travail. On examinera ensuite sile Conseil d’Etat, dans son organisation actuelle, estencore en mesure d’assumer pleinement le rôle qui est lesien en cette fin de vingtième siècle. Sur ce point, la révi-sion devra s’efforcer de préserver la capacité d’action du

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gouvernement; elle veillera également à le déchargerd’une partie de ses lourdes tâches administratives afin delui permettre de se consacrer davantage à l’analyse, à laréflexion et à la stratégie. Enfin, on n’omettra pas de sepencher sur le pouvoir judiciaire. Il s’agira de s’assurerque les différents tribunaux puissent continuer d’assurerau mieux leurs tâches. L’objectif qui consiste à améliorerle fonctionnement des autorités sera atteint non seule-ment en se penchant sur chacun des trois pouvoirs prisindividuellement, mais aussi, au besoin, en reconsidérantles relations entre eux. A cet égard, on relèvera que cesont les rapports entre le parlement et le gouvernementqui ont le plus évolué durant ces dernières années, évolu-tion que la révision devra prendre en compte.

1.3 Organisation territorialeOutre le fonctionnement des autorités, la nouvelle consti-tution aura pour objectif de repenser l’organisation terri-toriale de notre canton. Là aussi, l’héritage du sièclepassé ne doit pas empêcher le constituant d’envisager desréformes destinées à tenir compte de l’évolution qui nousa fait passer d’une société essentiellement agricole à unesociété postindustrielle moderne où la communication etla mobilité sont essentielles. La réflexion pourra non seu-lement porter sur le découpage territorial du canton, maisaussi englober les relations entre l’Etat et les communes.

1.4 Etat de droit, Etat démocratique et Etat socialLa nouvelle constitution visera aussi à renforcer lesnotions d’Etat de droit, d’Etat démocratique et d’Etatsocial. Ces notions sont des éléments caractéristiques ettraditionnels de notre canton, comme de la Confédérationd’ailleurs. Ils ont cependant largement gagné en impor-tance au fil des ans, de sorte qu’il conviendra de mieux lesexprimer en les mettant plus clairement en évidence dansla nouvelle constitution, comme l’ont fait tous les cantonsqui ont récemment révisé leur charte fondamentale cesdernières années. Le renforcement de l’Etat de droit seral’occasion d’intégrer un catalogue de droits fondamen-taux dans le nouveau texte. Le renforcement de l’Etatdémocratique permettra de se pencher sur les droits poli-tiques et de les adapter, le cas échéant en procédant à uneextension des instruments existants. Enfin, le renforce-ment de l’Etat social passera peut-être par l’ancrage debuts, voire de droits sociaux dans la nouvelle constitution.

1.5 Société ouverteUn des objectifs de la révision consistera à porter uneattention particulière à la place de certains groupes depersonnes dans notre Etat. Il s’agira, en d’autres termes,d’essayer de mieux prendre en compte les aspirations desjeunes, des anciens, des personnes handicapées, voired’autres groupes de population vulnérables. Dans cecontexte, la réalisation du principe d’égalité entrehommes et femmes revêtira une importance de premierordre. Plusieurs domaines pourraient être concernés, enparticulier celui des droits fondamentaux et des butssociaux. Quant aux tâches de l’Etat, elles pourraient éga-lement intégrer, d’une manière ou d’une autre, la néces-sité de mieux prendre en compte ces besoins.

1.6 TransparenceEnfin, la révision doit aussi viser un objectif de transpa-rence à l’égard du citoyen: le but est de faire en sorte quechacun puisse, en se référant à la nouvelle constitution, ytrouver exposés, le plus clairement possible, les fonde-ments de l’Etat. Cet objectif de transparence découled’ailleurs en partie des précédents: seul un Etat disposant

d’autorités en mesure de fonctionner, bénéficiant d’uneorganisation territoriale adaptée aux nécessités du tempset affichant clairement sa dimension démocratique,sociale et d’Etat de droit peut être mieux compris par sescitoyennes et ses citoyens. Il est en effet essentiel queceux-ci puissent cerner l’organisation de l’Etat et com-prendre son action, faute de quoi ils se désintéresserontde son sort. Le simple fait de rédiger et de systématiserune nouvelle charte fondamentale selon la structure pré-sentée plus haut (cf. chapitre V) sera déjà un concoursimportant à la réalisation de cet objectif de transparence.

2. Principaux champs d’investigation

2.1 En généralUne révision totale présente le grand avantage de per-mettre de s’attaquer à plusieurs chantiers, de procéder àdes changements sur plusieurs points. C’est évidemmentla seconde phase du processus, une fois le principe de larévision décrétée, qui sera l’occasion de concrétiser leschangements imaginés ou souhaités. Il paraît toutefoisdifficile de se prononcer sur le principe de la révision sansavoir une idée, même générale, de la direction que pour-raient prendre d’éventuelles réformes. Le Conseil d’Etatestime dès lors nécessaire, dans ce message, de présenterles principaux champs d’investigation qui pourront êtreexaminés plus en détail lors de la seconde étape. Cela nelimitera pas la liberté de l’organe choisi pour adopter lanouvelle constitution: celui-ci, à plus forte raison s’ils’agit d’une Constituante, aura tout loisir de creuser dansd’autres domaines, ou encore de ne pas donner suite auxchamps d’investigation suggérés ci-après. Le but est uni-quement d’ouvrir des pistes de réflexion, de montrer ceque pourrait être la nouvelle constitution. Il n’est doncpas encore question, à ce stade, de solliciter un engage-ment définitif en faveur des propositions énoncées. Engardant en point de mire les objectifs évoqués plus haut(cf. ch. 1), les champs d’investigation pourraient être lessuivants:

2.2 Amélioration du fonctionnement des autoritésPlusieurs mesures pourraient d’abord concerner le parle-ment. Ainsi en irait-il de la question du nombre de dépu-tés, dont la réduction devrait être étudiée. Le nombre et lerythme des sessions devraient être réglés au niveau de laloi. Le rôle et le statut des commissions et des groupes,dont la Constitution de 1857 ne souffle mot, pourraientêtre abordés. La possibilité de prévoir, pour les députés,l’obligation de rendre publics les liens particuliers qui lesattachent à des intérêts privés ou publics pourrait êtreenvisagée. On pourrait aussi se pencher sur les incompa-tibilités qui existent actuellement entre la fonctionpublique et la charge de député. Au chapitre des rapportsentre le législatif et l’exécutif, on pourrait également ana-lyser l’introduction du mandat du Grand Conseil auConseil d’Etat, comme cela se fait au niveau fédéral (FF1997 III 296-299, 1329s.). Dans le cadre du réexamen deces rapports, il conviendrait d’améliorer les mécanismesde participation du Grand Conseil à l’élaboration desconcordats intercantonaux et des conventions internatio-nales (cf. aussi ch. 2.4).D’autres mesures pourraient concerner le gouvernementet l’administration. L’organe constituant ne devrait ainsipas s’interdire d’examiner si le nombre actuel deconseillers d’Etat est le meilleur pour assurer un fonc-tionnement idéal de l’exécutif en tant qu’autorité collé-giale. Il devrait aussi analyser les conséquences d’un

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éventuel renforcement de la présidence du Conseild’Etat. Il pourrait s’interroger sur le cumul des fonctionsde chef d’une Direction et de membre du collège. Enfin,il pourrait repenser le principe de l’administration décen-tralisée par district, avec à la tête de celui-ci un préfet élupar le peuple mais représentant le Conseil d’Etat.Un troisième paquet de mesures pourrait concerner l’or-ganisation judiciaire et les tribunaux. On devrait ainsichercher à mettre en place les bases constitutionnellespermettant de répondre, à long terme, à la surchargestructurelle des tribunaux. Un accent particulier pourraitêtre mis sur la recherche de mécanismes efficaces concer-nant la surveillance exercée sur les tribunaux. En ce quiconcerne les juridictions supérieures, il conviendrait des’interroger sur le nombre de juges, ou, à tout le moins,sur la nécessité de faire figurer ce nombre dans la nou-velle constitution. On pourrait étudier la possibilité dedécharger le Tribunal cantonal d’une partie de ses tâchesde surveillance au profit d’un organe indépendant telqu’un conseil de la magistrature. On pourrait égalementréfléchir au principe de la création de nouvelles instancesintermédiaires, destinées à décharger les tribunaux supé-rieurs. L’institution d’un service de médiation (Ombud-stelle) pourrait être examinée. Enfin, dans l’idée de ren-forcer la qualité de la justice, on pourrait égalementenvisager la création d’une véritable juridiction constitu-tionnelle.

2.3 Organisation territorialePlusieurs mesures sont susceptibles de concourir à unemeilleure organisation territoriale ainsi qu’à une redéfini-tion des relations entre l’Etat et les communes. Cet objec-tif serait d’abord l’occasion de se pencher sur les prin-cipes de péréquation financière et de répartition destâches entre l’Etat et les communes. On pourrait égale-ment réexaminer le régime des fusions et l’autonomiecommunale. Cet objectif permettra aussi de mettre en dis-cussion la création et l’ancrage constitutionnel de nou-velles entités régionales, plus à même d’assumer destâches qui dépassent le plus souvent le cadre et les forcesde la commune ou même du district. Cette réflexion devrase faire sans que l’organe constituant ne se sente lié par ledécoupage actuel en districts: ce découpage, hérité de laconstitution de 1848, ne correspond en effet plus guère àla réalité d’aujourd’hui, dans laquelle les notions de col-laboration et coopération transfrontalières jouent un rôlecroissant.

2.4 Etat de droit, Etat démocratique et Etat socialLe renforcement de l’Etat de droit sera essentiellementassuré par l’adoption d’un catalogue de droits fondamen-taux dans la nouvelle constitution. Ce catalogue repren-dra d’abord, sous une forme modernisée, les quelqueslibertés qui sont déjà consacrées dans la Constitution de1857, à l’image de la liberté du commerce et de l’indus-trie ou de la garantie de la propriété. Il devrait égalementcontenir une série de libertés – telles que la liberté d’opi-nion et d’information, ou encore la liberté de l’art –désormais reconnues par la jurisprudence et la doctrine,mais qui ne sont garanties ni par le texte de la Constitu-tion fédérale de 1874, ni par celui de la Constitution fri-bourgeoise de 1857. Enfin, ce catalogue de droits fonda-mentaux pourrait innover en allant parfois au-delà dustandard minimum de protection tel qu’il découle du droitfédéral et du droit international (Convention européennedes droits de l’homme, Pactes I et II de l’ONU): pour-raient ainsi être examinées la création d’un droit à la

consultation des documents officiels, voire la créationd’une liberté de manifestation publique. A noter que cer-taines mesures – telles que la création d’une véritablejuridiction constitutionnelle, ou encore d’un service demédiation –, évoquées en tant qu’illustrations d’autresobjectifs, participeraient aussi au renforcement de l’Etatde droit.La notion d’Etat démocratique pourrait être renforcée parl’adoption de nouveaux droits politiques, ce qui n’exclutd’ailleurs pas que ceux qui existent puissent être, dans lemême temps, restreints si le besoin s’en fait sentir. Parmiles nouveaux droits politiques que l’organe constituantpourrait examiner, on citera le droit au renouvellementgénéral anticipé des autorités, la création d’un référen-dum constructif et d’un référendum administratif, ouencore l’introduction d’un droit de référendum apparte-nant aux autorités. D’autres instruments ou aménage-ments nouveaux peuvent être imaginés pour les droitspolitiques: possibilité de soumettre au vote du peuple desvariantes lors de révisions constitutionnelles futures, ouencore introduction du système Haab lors de votationssur des initiatives constitutionnelles (possibilité de voteroui à la fois pour l’initiative et pour le contre-projet).Parallèlement à l’étude d’une extension des droits poli-tiques, il conviendrait de réexaminer le nombre de signa-tures requis et le délai imposé pour lancer une initiativeou un référendum. Au niveau de la titularité des droitspolitiques, certaines mesures pourraient également s’ins-crire dans le cadre d’un renforcement de l’Etat démocra-tique: ainsi en irait-il de l’octroi des droits politiques auxFribourgeois de l’étranger, ou encore de l’octroi de cer-tains droits politiques aux étrangers domiciliés depuis uncertain nombre d’années dans notre canton. On pourraitaussi envisager de transférer au Grand Conseil, voire aupeuple, la compétence actuellement attribuée au Collègeélectoral d’élire certains magistrats professionnels.Enfin, au chapitre de l’Etat démocratique, l’organeconstituant devrait rechercher de nouveaux moyens per-mettant d’associer plus largement le parlement aux acti-vités relevant de la collaboration intercantonale et assu-mées actuellement en grande partie par le gouvernement(cf. aussi ch. 2.2).Le renforcement de l’Etat social pourrait d’abord passerpar l’inscription d’un catalogue de buts sociaux dans lanouvelle constitution. Contrairement aux droits sociaux,de tels buts sociaux s’adresseraient en priorité au législa-teur et ne pourraient donc pas être invoqués par les parti-culiers devant les tribunaux. Parmi les buts sociaux ima-ginables, on pourrait mentionner le fait que toutepersonne puisse subvenir à ses besoins par son travail,qu’elle puisse se loger à des conditions supportables,qu’elle puisse recevoir une formation qui corresponde àses aptitudes, que les besoins des personnes handicapéessoient pris en compte, en encore que les familles soientparticulièrement soutenues. La notion d’Etat social pour-rait être renforcée par l’éventuelle inscription dans lanouvelle constitution de véritables droits sociaux, c’est-à-dire de prétentions directement déductibles en justice etpermettant au citoyen d’exiger des prestations positivesde la part de l’Etat. Parmi ces droits sociaux, on pourraitciter le droit au minimum vital (voire le droit à l’obten-tion d’un véritable revenu minimum), ou encore le droit àune formation postscolaire.

2.5 Société ouvertePlusieurs mesures pourraient être étudiées pour renforcerla place de certains groupes sociaux dans la nouvelleconstitution. Les buts sociaux pourraient inciter l’Etat à

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soutenir, notamment, les jeunes, les anciens et les per-sonnes handicapées dans leur intégration sociale, cultu-relle et politique. Ils permettraient aussi de l’inciter àfavoriser l’insertion professionnelle des jeunes et des per-sonnes handicapées. Il serait également imaginable decréer un droit social justiciable tendant à accorder à l’en-fant une protection particulière. On pourrait envisagerl’adoption d’une norme enjoignant les organes de l’Etat àréaliser l’égalité entre hommes et femmes. La création,dans le chapitre consacré aux tâches de l’Etat, d’une dis-position demandant de prendre en compte les besoins desgroupes sociaux mentionnés plus haut en matière de pro-tection pourrait également être étudiée. La création d’unorgane représentatif des jeunes ou des anciens mériteraitde faire l’objet d’une réflexion. Enfin, une mesure telleque l’abaissement, de 25 à 18 ans, de l’âge minimumd’éligibilité aux fonctions des ordres exécutif et judi-ciaire, pourrait être discutée.

2.6 TransparenceComme cela a déjà été dit plus haut, l’objectif de trans-parence sera principalement atteint par la réécriture d’unnouveau texte, même si celui-ci se borne à refléter l’étatactuel de la réalité constitutionnelle fribourgeoise. Unetelle réécriture, même si l’on ne devait pas y ajouter d’in-novations ponctuelles et de réformes de fond, aurait déjàl’immense mérite de montrer clairement aux citoyenneset aux citoyens ce que le canton de Fribourg est devenu:en ouvrant la nouvelle constitution, chacun pourrait ytrouver facilement les droits fondamentaux qui lui sontgarantis, prendre connaissance des tâches de l’Etat, ouencore y découvrir les principes sur lesquels repose notrerégime des finances, toutes choses pratiquement impos-sibles aujourd’hui. D’autre mesures plus ponctuellespourraient également concourir à la réalisation de l’ob-jectif de transparence à l’égard des citoyennes et descitoyens. On peut ainsi mentionner l’ancrage d’unenorme sur l’information publique, la création d’un droit àla consultation des documents officiels, voire l’inscrip-tion d’une disposition précisant le rôle des partis poli-tiques, à savoir que ceux-ci contribuent à former l’opi-nion et la volonté populaires.

VII. Travaux préparatoires

Si le principe de révision totale de la Constitution canto-nale est accepté par le peuple, il s’agira alors d’élaborerun projet de nouvelle constitution. Ce chapitre a pourobjet d’exposer une proposition de «modus operandi».

1. Ouverture d’un «chantier démocratique»Il a été démontré, dans les lignes qui précèdent, l’impor-tance pour un Etat de disposer d’une constitution modernerenfermant les principes fondamentaux sur lesquelsrepose la communauté politique. La nouvelle charte fon-damentale de notre Etat ne trouvera donc sa légitimité quesi le plus grand nombre participent activement au proces-sus de révision, non seulement à son terme par le dépôtd’un bulletin de vote dans l’urne, mais aussi tout au longde son déroulement. Le Conseil d’Etat est donc convaincude la nécessité d’y associer, par les canaux les plus divers,aussi bien le réseau associatif que chaque individu. La jeu-nesse y trouvera aussi une place privilégiée.Cette démarche préparatoire, qui se veut transparente etparticipative, aura pour but de recueillir des idées, despropositions diverses et de susciter un large débat. On ne

saurait toutefois passer sous silence qu’une révisiontotale de la constitution, parce qu’elle semble a priori êtreréservée aux spécialistes, ne va pas provoquer un élanspontané d’enthousiasme auprès de la population. Au vudes enjeux du processus, il s’agira non seulement degarantir l’accès à l’information et à la participation auprojet, mais aussi de les favoriser par des mesures actives.Il va de soi enfin qu’il appartiendra aux spécialistes desquestions constitutionnelles de faire la synthèse des pro-positions émises, de les analyser, de les transcrire sousforme normative en ayant comme préoccupationconstante la lisibilité du texte constitutionnel final. C’estau prix de ces efforts d’information et de consultation quel’entreprise de longue haleine que représente la révisiontotale de la constitution pourra aboutir. C’est dans unesprit d’ouverture comparable qu’ont été entreprisestoutes les révisions constitutionnelles qui ont aboutirécemment dans d’autres cantons.

2. Processus en cinq phasesPour concrétiser les principes évoqués plus haut, leConseil d’Etat se propose d’organiser les travaux prépa-ratoires en cinq phases qui pourraient être définiescomme suit:

1. Elaboration d’un cahier d’idées2. Rédaction d’une première esquisse d’un nouveau texte

constitutionnel3. Consultation sur la première esquisse4. Rédaction d’un avant-projet accompagné d’un mes-

sage5. Délibérations de l’organe constituant

La première phase, soit l’élaboration du cahier d’idées,poursuit deux objectifs: d’une part, informer la popula-tion sur la fonction et la signification d’une constitutioncantonale ainsi que sur les enjeux de la révision totale;d’autre part, recueillir les propositions, les idées et lesavis du plus grand nombre.Ces cahiers, qui comprendront un ou plusieurs chapitresportant sur les thèmes qui devront figurer dans la nouvelleConstitution (par exemple les droits et les devoirs indivi-duels, les tâches publiques, les droits politiques, les auto-rités cantonales, la structure territoriale, etc.), seront lar-gement diffusés à différentes périodes. Ils serontaccompagnés d’explications sommaires à propos desenjeux et des options possibles, ainsi que d’un question-naire ouvert.Enfin, un cahier d’idées spécial sera élaboré à l’intentiondes élèves des différents niveaux scolaires (primaire,cycle d’orientation, gymnase, école professionnelle, etc.)et utilisé dans le cadre de la formation civique.Les cahiers constitués seront diffusés lors de points depresse par les canaux d’information habituels. Dès cemoment, chacun pourra les consulter sur un site internetavec lequel il sera aussi possible de dialoguer. Le carac-tère périodique prévu pour la diffusion des cahiersd’idées comporte un certain nombre d’avantages. Il per-mettra de mieux organiser le débat public, dans unepériode donnée, sur un thème précis et d’éviter ainsi depossibles confusions, en raison de la complexité de lamatière. En outre, il permettra de renseigner régulière-ment sur les tendances puisqu’il ne sera pas nécessaired’attendre l’ensemble des réponses pour en faire la syn-thèse dans un document.La deuxième phase permettra, sur la base de cette syn-thèse, de rédiger une première esquisse de nouvelleconstitution après l’analyse des propositions qui auront

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été formulées. Cette esquisse constituera en quelque sortele reflet des opinions émises dans la première phase. Ellesera soumise, et ce sera là l’objet de la troisième phase, àune nouvelle consultation aussi large que possible.L’analyse des résultats de cette consultation devrait per-mettre, dans une quatrième phase, de rédiger un avant-projet de nouvelle constitution. Celui-ci sera accompagnéd’un message qui renseignera l’organe constituant surl’ensemble des résultats des travaux préparatoires et surles options retenues. Il ne faut toutefois pas perdre de vueque, si le choix du souverain s’est porté sur une Consti-tuante, celle-ci aura toute liberté de s’écarter du modeopératoire présenté.Lors de la cinquième phase, il appartiendra soit au GrandConseil, selon les règles usuelles régissant ses délibéra-tions (art. 79 ss LRGC), soit à la Constituante, selon lerèglement qu’elle se donnera (art. 206a LEDP), d’adop-ter un projet de nouvelle Constitution qui sera soumis auvote du souverain.

3. Organisation du projetPour conduire les travaux préparatoires décrits ci-avant,le Conseil d’Etat se propose de mettre en place une struc-ture classique d’organisation de projet, comprenant uncomité de pilotage et un comité de projet, comme cela aété fait dans le cadre de la préparation du présent mes-sage. Pour l’essentiel, le comité de pilotage serait chargéde diriger les travaux du comité de projet en lui assignantun cadre de travail, tout en l’orientant sur les études àentreprendre. Le comité de pilotage pourra ainsi arrêterles options se rapportant aux modifications ou proposi-tions essentielles qui devront figurer dans l’avant-projetde constitution. Lorsqu’il arrêtera la composition de cecomité de pilotage, le Conseil d’Etat veillera à trouver unéquilibre entre les représentants des milieux politiques oudes grands courants d’idées et des milieux scientifiques.Le comité de projet devra quant à lui intégrer principale-ment les ressources de l’administration, auquel ilconviendra d’adjoindre là encore un appui scientifiquepar l’engagement de conseillers pour la durée du projet.Enfin, il va de soi que l’organisation de projet pourra tou-jours faire appel, sous forme de mandats bien délimités, àdes experts.Cela étant, on peut là aussi rappeler qu’une Constituanteserait évidemment libre de s’écarter du concept organisa-tionnel évoqué ci-dessus, si celui-ci devait ne pas luiconvenir.

4. Coûts et délaisVu l’importance du projet et ses impondérables, uneappréciation des coûts et des délais s’avère quelque peuardue. Le critère d’évaluation le plus fiable provient de lacomparaison avec les cantons qui ont déjà procédé à larévision totale de leur constitution. Les délais et les coûtsdépendront notamment de l’importance qui sera accordéeaux efforts de communication ainsi qu’à l’intérêt mani-festé par la population. De plus, la qualité des travauxpréparatoires devrait faciliter les travaux de l’organe derévision et, partant, réduire le temps nécessaire à ses déli-bérations.En ce qui concerne le coût, on constate que les dépensesconsenties par les cantons s’élèvent en moyenne à troismillions de francs environ. Pour la révision qui nousoccupe, l’estimation des coûts figurant en annexe est tou-tefois inférieure, puisqu’elle n’atteint pas les deux mil-lions de francs. Cette dernière estimation n’intègre toute-

fois pas les frais supplémentaires qui seraient induits parl’élection puis le fonctionnement d’une Constituante. Enoutre, la mise à contribution de l’administration et de sonpersonnel n’a pas été comptabilisée.Les cantons qui ont récemment révisé leur constitutionont achevé l’exercice dans des délais allant le plus sou-vent de cinq à six ans, depuis le moment où la décision deprincipe fut prise jusqu’à l’adoption du nouveau texte parle peuple. Le calendrier retenu par le Conseil d’Etat pré-voit des délais analogues.

Synthèse de l’organisation des travaux préparatoires

Phases Dénomination Auteur/Responsable Délais1 Coûts2

1 Cahiers d’idées Organisation de projet fin 1999 550 000

2 Première esquisse Organisation de projet, été 2000 200 000d’une constitution esquisse approuvéecantonale par le Conseil d’Etat

3 Consultation sur la Organisation de projet fin 2000 300 000première esquisseet dépouillement

4 Avant-projet de Organisation de projet fin 2001 300 000nouvelle constitution et Conseil d’Etatet message au GrandConseil ou à laConstituante3

5 Délibérations de Grand Conseil ou été 2002 300 000l’organe constituant Constituante

6 Adoption du projet Grand Conseil ou été 2003 —de nouvelle consti- Constituantetution par l’organeconstituant

7 Scrutin populaire Peuple fin 2003 —

Remarques:1 Les délais sont déterminés en fonction de la votation surle principe qui devra intervenir au printemps 1999.2 Des frais de personnel et d’experts ainsi que la rémuné-ration des membres du comité de pilotage représentent àpeu près la moitié des coûts.3 Si le peuple, lors du vote sur le principe, devrait déciderde confier la révision totale à une Constituante, celle-cipourrait être élue au plus tôt en automne 1999.

VIII. Procédure de vote

1. En généralLorsqu’un objet aussi vaste qu’une nouvelle constitutionest soumis au vote du peuple, on demande inévitablementà celui-ci de se prononcer globalement: le projet de nou-velle constitution constitue en effet une unité, même s’ilgroupe différents chapitres dont quelques dispositionspeuvent être perçues par certains citoyens comme étantbienvenues, d’autres au contraire comme étant difficile-ment acceptables. Ce phénomène est normal car lors-qu’une collectivité se dote d’une nouvelle constitution,elle se donne de nouvelles «règles de vie» qui ne satisfontpas forcément tout le monde, mais dont chacun convientde la nécessité pour une cohabitation harmonieuse.Dans le cadre des débats relatifs à l’adoption de la nou-velle constitution, il peut toutefois arriver que l’une oul’autre question importante fasse l’objet de controversesparticulièrement âpres. Si le projet finalement soumis auvote du peuple n’a pas pu réunir un consensus sur la ques-tion controversée et qu’il a dû trancher clairement enfaveur d’une solution au détriment de l’autre, il est àcraindre que ceux qui ont été battus n’en fassent une

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affaire de principe et qu’ils aillent jusqu’à militer contrele projet dans son ensemble. Plusieurs oppositions secto-rielles pourraient ainsi se cumuler et, par là, mettre enpéril le succès de la révision totale de la constitution. Or,un échec de la révision totale constituerait une perte detemps et d’énergie pour tout le monde. Il existe cependantquelques moyens permettant de limiter ce risque d’échec,moyens conduisant à une votation séparée sur les objetsparticulièrement controversés.Le premier de ces moyens est la révision partielle de laconstitution. Si la question controversée est particulière-ment importante et complexe, qu’elle nécessite des tra-vaux préparatoires approfondis, il est imaginable d’enfaire l’objet d’une révision partielle, soumise au vote dupeuple peu avant ou peu après la révision totale. Une tellepossibilité est évidemment déjà prévue par la Constitu-tion de 1857, si bien qu’elle pourrait facilement être miseen œuvre. Le Conseil d’Etat n’est cependant pas favo-rable à cette façon de procéder, car une révision partiellereste malgré tout assez lourde. De plus, le principe del’unité de la matière limite considérablement la portéed’une révision partielle. Enfin, le souverain admettraitdifficilement qu’un chantier aussi ambitieux qu’une révi-sion totale ne le dispense pas de révisions partielles pourun certain temps.Le deuxième moyen serait de prévoir dans le cadre de larévision totale plusieurs «paquets» à soumettre à votationpar étapes successives. Chaque paquet pourrait reprendreun titre ou un chapitre de la nouvelle constitution. LeConseil d’Etat n’a pas non plus choisi cette voie car elleest beaucoup trop longue et ne permet que difficilementaux citoyennes et aux citoyens de garder la vue d’en-semble sur le processus de révision totale. De plus, un telprocédé est avant tout utile pour désamorcer des contro-verses politiques majeures sur des chapitres entiers dudroit constitutionnel, ce qui est peut-être le cas au niveaufédéral (par exemple pour les droits populaires), mais pasau niveau cantonal.Un troisième moyen, qui fait l’objet du point suivant,revient à utiliser le système des variantes.

2. VariantesLa méthode des variantes consiste à soumettre certainspoints controversés (et non pas des chapitres entiers) àdes votations séparées, que celles-ci aient lieu préalable-ment ou simultanément au vote du peuple sur le projet denouvelle constitution. Cette méthode a pour avantage quele citoyen qui approuve une des variantes proposées nepeut la faire passer qu’en approuvant aussi l’ensemble duprojet. Cela permet d’obtenir un cumul des voix qui s’ex-priment en faveur des différentes variantes soumises auvote, en lieu et place d’un cumul de toutes les oppositionsà différentes dispositions controversées. La présentationde variantes permet en outre de renforcer l’intérêt et l’at-trait de la votation: les électeurs voient leur marge demanœuvre augmenter et ont le sentiment d’être pris ausérieux comme citoyennes et citoyens responsables, cequi peut avoir un effet mobilisateur positif. Enfin, lesexpériences récentes et positives de certains cantons(Bâle-Campagne, Berne, Soleure), qui ont utilisé avecsuccès la technique des variantes, parlent en faveur duprocédé (FF 1997 III p. 1164). Récemment, la Confédé-ration et d’autres cantons (Grisons, Schaffhouse) ontaussi créé les bases nécessaires à la présentation devariantes. Celle-ci peut se faire de deux manières:– si la votation est préalable, le résultat donne une indi-cation que l’organe constituant doit ensuite prendre en

compte dans le cadre de l’élaboration de la nouvelleconstitution. Le Conseil d’Etat ne préconise toutefois pasde recourir à la formule de la votation préalable, car elleprésente plusieurs désavantages. En effet, le caractèreplus ou moins obligatoire de la votation préalable est juri-diquement douteux, car un revirement d’opinion est tou-jours possible, à plus forte raison si le temps qui s’écouleentre la votation préalable et la votation finale sur le pro-jet de constitution est long. Ensuite, le risque que les vain-cus de la votation préalable manifestent leur oppositionen votant contre le projet dans son ensemble n’est pas éli-miné. Enfin, le fait d’organiser une votation préalabledonnerait probablement une importance disproportion-née aux questions posées;– si la votation est simultanée, le peuple vote en mêmetemps sur l’objet principal et sur les variantes. C’est lesystème que le Conseil d’Etat se propose de mettre enplace pour le processus actuel de révision totale de laConstitution de 1857. Certes, la présentation simultanéede variantes ne va pas sans inconvénients: elle peut êtreressentie par les citoyennes et les citoyens comme unsigne de faiblesse et d’indécision de la part des autorités.Elle peut aussi engendrer une certaine confusion dansl’esprit des gens si ceux-ci ne sont pas en mesure d’esti-mer les conséquences exactes de leur vote au moment oùils glissent leur bulletin dans l’urne. Cependant, à condi-tion de poser certaines limites en en fixant les modalités,les avantages de cette solution l’emportent largement surses inconvénients.

3. Modalités de mise en place de la solutiondes variantes simultanéesLa première question à résoudre est la suivante: faut-ilmodifier, préalablement ou simultanément à la révisiontotale, la Constitution de 1857 pour pouvoir soumettredes variantes au vote du peuple? La réponse est négative.En effet, la Constitution de 1857, qui ne contient aucuneindication sur les variantes, ne les interdit pas. Lesvariantes sont donc constitutionnellement admissibles,conclusion à laquelle est aussi parvenu le Conseil fédéraldans le cadre de la révision totale de la Constitution fédé-rale (FF 1985 III p. 140).Dans la mesure où la possibilité de voter sur des variantesconstitue une nouveauté importante, le Conseil d’Etatestime cependant nécessaire de consulter le peuple surcette question. Techniquement, cela se fera par le biais dudécret qui prévoit qu’une troisième question, portant surla possibilité de présenter des variantes dans le cadre del’actuel processus de révision totale, sera soumise au votedu peuple en même temps que la question de principe etla question portant sur la désignation de l’organe compé-tent. Le fait de questionner le peuple sur les variantes estde nature à augmenter l’intérêt de la votation et permettrapeut-être de rallier un plus grand nombre d’électeurs à lacause de la révision totale.Bien qu’il ne soit pas nécessaire de modifier la Constitu-tion de 1857 pour pouvoir présenter des variantes et quela question de leur admissibilité sera posée au peuple, onpeut se demander s’il est nécessaire de disposer tout demême d’une réglementation générale et abstraite, c’est-à-dire d’une base légale expresse pour cela. Une telle exi-gence semble découler de la jurisprudence du Tribunalfédéral, pour lequel une base légale est requise pour touteprocédure de votation dont le résultat est juridiquementcontraignant (ATF 104 Ia 232). S’exprimant par rapport àla Constitution fédérale, de nombreux auteurs partagentcet avis, de même que le Conseil fédéral (FF 1997 IV p.

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1404). En outre, la complexité technique de la mise enplace du système des variantes justifie que l’on règle pré-cisément les modalités de celles-ci au niveau de la loi afind’éviter d’alourdir la discussion relative au contenu de lanouvelle constitution par des explications sur le mode devotation. Comme la législation fribourgeoise ne prévoitpas la possibilité de présenter des variantes à l’occasiond’une révision constitutionnelle, cela signifie, concrète-ment, que le Conseil d’Etat proposera une modificationde la loi sur l’exercice des droits politiques destinée àoffrir à l’organe constituant cette possibilité. Il faudraévidemment veiller à ce que cette nouvelle réglementa-tion entre en vigueur avant la votation sur le projet denouvelle constitution.Sous l’angle de la liberté de vote et d’élection, qui garan-tit la libre formation de l’opinion des citoyennes et descitoyens et l’expression fidèle et sûre de leur volonté, ilest capital de ne présenter que très peu de variantes. Lescitoyennes et les citoyens doivent en effet avoir une vued’ensemble sur le résultat tel qu’il découle, en fin decompte, des différentes questions qui leur sont poséessimultanément. Au vu des expériences cantonales et fédé-rale, il n’est guère imaginable de leur soumettre plus detrois variantes, ce qui devra être précisé dans la modifica-tion de la loi sur l’exercice des droits politiques. Afind’éviter de compliquer à l’excès les questions posées auxélecteurs, il conviendra également de limiter chaquevariante à une seule alternative.Enfin, il n’est pas inutile de rappeler que la décision desoumettre des variantes au vote du peuple est politique. Ilpeut d’ailleurs s’agir d’une arme à double tranchant carcertaines mesures impopulaires n’ont souvent de chancesd’être acceptées que si elles sont intégrées dans unensemble; elles courent en revanche le risque d’être reje-tées si elles sont présentées isolément, rejet pouvant por-ter atteinte à l’équilibre d’un chapitre entier de la nou-velle constitution. Il appartiendra donc à l’organeconstituant de choisir soigneusement les questions pourlesquelles il entend présenter une variante. Le choix desvariantes finalement retenues ne devra se faire qu’unefois les délibérations de l’organe constituant terminées,car c’est seulement à ce moment-là qu’il pourra avoir unevue d’ensemble du projet.

IX. Commentaire du projet de décret

Article premierL’article premier pose formellement l’acte d’ouverture dela procédure de révision totale de la Constitution de 1857,conformément à l’article 78 alinéa 2 Cst. Selon cette dis-position, il appartient en effet (notamment) au GrandConseil d’engager une telle procédure.

Article 2La décision d’engager la révision totale de la Constitutionde 1857 implique que cette question de principe, auxtermes de l’article 80 Cst., soit obligatoirement soumise àla sanction du souverain, qui devra décider par une majo-rité de «oui» ou de «non» s’il souhaite ou ne souhaite pasrevoir la charte fondamentale qui le régit actuellement.C’est l’objet du deuxième article de ce décret.La réponse positive à cette question constituera un man-dat impératif aux autorités de l’Etat, singulièrement auConseil d’Etat, d’entreprendre les travaux préparatoires(cf. chapitre VII) en vue de la rédaction d’un texte consti-tutionnel, lequel devra être adopté par l’organe consti-tuant et, enfin, soumis au vote populaire. En revanche, il

va de soi que si le peuple devait y apporter une réponsenégative, le Grand Conseil prendrait acte de ce rejet,conformément aux articles 224 et 225 LEDP par le ren-voi de l’article 230 LEDP.

Article 3Lors du même scrutin sur le principe de la révision totale,le peuple, conformément à l’article 80 alinéa 1er Cst., estinvité à décider si la révision doit être faite par uneConstituante élue à cet effet ou par le Grand Conseil.C’est l’enjeu du premier alinéa de ce troisième article. Apropos de la Constituante et des arguments qui plaidenten sa faveur, il est fait référence au chapitre IV ci-avant.Il est rappelé à ce propos qu’en application de l’article206 al. 3 LEDP, est nulle la réponse qui se prononcera àla fois en faveur ou en défaveur et de la Constituante et duGrand Conseil.Ni la Constitution de 1857, ni la loi sur l’exercice desdroits politiques ne contiennent une réponse précise à laquestion de savoir si le Grand Conseil est habilité àrecommander au peuple le choix de l’organe constituant.Pour ce qui est du deuxième alinéa de cette disposition,on relèvera que, même s’il va de soi que le peuple disposed’une entière liberté en la matière, il n’est pas sans inté-rêt que le Grand Conseil se prononce clairement sur l’al-ternative. D’une part, parce qu’il est concerné au premierchef quant à sa volonté d’entreprendre lui-même l’adop-tion de la nouvelle constitution et, d’autre part, commecela a déjà été démontré au chapitre IV; parce que cettequestion est d’importance. Le deuxième alinéa ne fait enréalité que reprendre le contenu de l’article 205bis LEDP,selon lequel «le Grand Conseil peut recommander aupeuple l’acceptation ou le rejet de l’initiative». S’il peutle faire en présence d’une initiative constitutionnelle,force est d’admettre qu’il est également habilité à se pro-noncer expressément quant à la désignation de l’organeconstituant.

Article 4Cette disposition permet d’interroger le peuple sur l’op-portunité de présenter des variantes, dont les avantagesont été exposés au chapitre VIII. Quant aux modalités demise en œuvre du système des variantes, elles serontfixées dans la législation d’exécution, car elles ne sontmanifestement pas de rang constitutionnel. De plus, laquestion qui sera soumise au peuple ne saurait être alour-die par des considérations somme toute techniques.

Article 5Cette disposition délègue au Conseil d’Etat la tâched’adopter les dispositions d’exécution relatives auxmodalités du scrutin. Celles-ci concernent avant tout lamanière dont le peuple se prononcera sur le choix de l’or-gane constituant et le principe des variantes.

Nous vous invitons à adopter ce projet de décret.

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PROJET DE DÉCRET

engageant la procédure de révision totale de la Consti-tution cantonale

Le Grand Conseil du canton de Fribourg

Vu les articles 78 et 80 de la Constitution du canton deFribourg du 7 mai 1857;Vu le message du Conseil d’Etat du 29 septembre 1998;

Sur la proposition de cette autorité,

Décrète:

Article premier. La procédure de révision totale de laConstitution du canton de Fribourg du 7 mai 1857 estengagée.

Art. 2. La question de principe de la révision totale estsoumise au peuple.

Art. 3. 1 Le peuple est aussi appelé à dire s’il veut que larévision totale soit faite par une Constituante élue spécia-lement à cet effet ou par le Grand Conseil.2 Le Grand Conseil recommande au peuple de confier larévision de la Constitution à une Constituante.

Art. 4. Lors de ce même scrutin, le peuple se prononcesur la question de savoir si le projet de nouvelle Constitu-tion peut contenir des variantes portant sur des points par-ticuliers, soumises simultanément au vote sur le projetdans son ensemble. Les modalités d’application sontfixées par la loi.

Art. 5 Le Conseil d’Etat est chargé d’organiser la vota-tion populaire.

Donné en Grand Conseil, à Fribourg, le…

Annexe au message relatif au projet de décret engageantla procédure de la révision totale de la constitution canto-nale

La constitution de 1857: une étude historique

Contribution de M. Jean-Pierre Dorand, Dr ès lettres, pro-fesseur d’histoire au Collège St-Michel, dans le cadre duprojet de révision totale de la constitution cantonaleL’étude de cette constitution de 1857 ne peut se faire sansla comparer aux chartes qui l’ont précédée. Cet exposécommence donc par une brève analyse des constitutionsde 1803, 1814, 1831 et 1848. Le contexte de 1856-57 faitensuite l’objet d’une analyse qui débouche sur le contenude la constitution de 1857. L’évolution de celle-ci estdécrite dans la dernière partie de cette étude dont le plansommaire est le suivant:

I. Les constitutions d’avant 1857II. Le contexte de 1856-57III. Les principales caractéristiques de la constitution de

1857A. Les problèmes réglésB. Les problèmes en suspens

IV. L’évolution depuis 1857A. 1857-1917: de la stabilité à la stagnationB. 1917-1972: un demi-siècle de démocratisationC. 1973-1998: les révisions récentes

I. Les constitutions d’avant 1857Sous l’Ancien Régime, Fribourg est une ville-Etat quiachète ou conquiert de vastes territoires qu’elle placesous son autorité. La cité des Zaehringen, soumise àdivers seigneurs jusqu’en 1477, édicte plusieurs chartesqui ressemblent à des ordonnances constitutionnelles:c’est le cas en 1347, 1392 et 1404. La ville connaît unrégime «aristo-démocratique» avec divers organes: l’As-semblée de la communauté, le Petit Conseil, les Banne-rets, les Secrets, les Soixante, les Deux-Cents ou GrandConseil. Le régime évolue vers l’oligarchie, établie dedroit en 1627: seuls les «bourgeois privilégiés», à l’ex-clusion des «bourgeois communs» ou «habitants» de lacapitale, sont éligibles aux fonctions gouvernementales.On ne reçoit plus de nouveaux bourgeois privilégiés dès1684. A la suite des troubles de 1781-82, quelquesfamilles nouvelles furent admises dans la bourgeoisie pri-vilégiée. En 1783, une sorte de constitution est adoptéequi introduit la confusion des pouvoirs entre le GrandConseil, le Petit Conseil, les deux Avoyers et la ChambreSecrète. Les membres de ces autorités sont nommés à vie,sous réserve d’une éventuelle censure. L’autorité souve-raine émane du Grand Conseil et non du peuple. Les oli-garques de la capitale (environ 1 % de la population can-tonale) tiennent sous leur autorité la population de tout lecanton. Ce régime est balayé en 1798.

A. La constitution de 1803Après l’épisode de l’Helvétique (1798-1802), porteused’idées nouvelles et chargées de succès futurs, le PremierConsul Bonaparte remet aux députés suisses, le 19 février1803, le texte de l’Acte de Médiation. Ce documentcontient 19 constitutions cantonales et une constitutionfédérale.En ce qui concerne les Villes-Etats de l’Ancien Régime,les chartes établies par Bonaparte garantissent l’égalitédes droits entre la capitale et les campagnes. Il faut cepen-dant constater que le système électoral assure aux patri-ciens une prépondérance qui permet leur retour au pou-voir, mais pas l’exercice exclusif de celui-ci. Le 27 juillet1803, le Grand Conseil fribourgeois décrète que la consti-tution établie par le Premier Consul servira de base àl’établissement des lois organiques du canton.Ces lois prévoient le découpage du canton en cinq dis-tricts (Fribourg, Romont, Morat, Bulle, Estavayer), divi-sés chacun en quatre quartiers. Le pouvoir législatif estexercé par un Grand Conseil de 60 députés. Le pouvoirexécutif est l’apanage d’un Petit Conseil de 15 membres,alors que le pouvoir judiciaire est exercé par un Tribunald’Appel de 13 juges. Les députés au Grand Conseil sontnommés par les quartiers, selon un mode de suffrage cen-sitaire. Pour être électeur dans un quartier, il faut:– être bourgeois ou fils de bourgeois d’une commune du

canton;– habiter le territoire du quartier depuis un an;– être âgé de 30 ans si l’on est célibataire, de 20 ans, si

l’on est marié;– posséder une propriété foncière ou une créance hypo-

thécaire de 500 livres suisses.Ce système établit une sorte de transition entre l’AncienRégime et les idées de 1789. Il permet le retour au pou-voir des patriciens qui occupent 36 des 60 sièges auGrand Conseil et 13 des 15 fauteuils au Petit Conseil. Lesfonctions sont à vie. Les membres du Petit Conseil et lesdeux avoyers continuent à faire partie du Grand Conseil.L’un des avoyers préside le Grand Conseil et le Petit

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Conseil, alors que l’autre dirige le Tribunal d’Appel.L’année suivante, ils échangent leurs fonctions.Si ce régime sauve les acquisitions essentielles de l’Hel-vétique et maintient la séparation des pouvoirs exécutif etjudiciaire, il concentre les fonctions législatives et admi-nistratives aux mains des Petit et Grand Conseil entre les-quels règne une certaine confusion des pouvoirs.

B. La constitution des 4-10 mai 1814La chute de l’empire napoléonien amène la fin de laMédiation en Suisse (1813). Le 10 janvier 1814, le PetitConseil propose de renoncer à l’Acte de Médiation ce quele Grand Conseil accepte unanimement. Lorsque le gou-vernement souhaite administrer provisoirement le cantonet le réorganiser, l’enthousiasme retombe. Le projet estd’abord refusé, puis accepté sous la menace et l’intrigue.Une fraction des patriciens veut le retour pur et simple àl’Ancien Régime: l’ancien Grand Conseil de 1798 seréunit alors et décide d’établir une nouvelle constitution,adoptée du 4 au 10 mai 1814, article par article, sans qu’ily ait de discussion d’ensemble.Les grands traits de cette charte sont typiquement oligar-chiques et signifient un retour marqué à l’époque anté-rieure à 1798. Le Grand Conseil est le souverain du pays;il est formé de 144 membres égaux, choisis pour troisquarts (108) dans le patriciat et pour un quart (36) dansles villes et campagnes. Le Grand Conseil désigne, parmises membres, un Petit Conseil de 28 membres, y comprisles deux avoyers: 13 membres, présidés par l’Avoyerrégnant, forment le Conseil d’Etat (exécutif), alors queles 15 membres, présidés par l’ancien Avoyer, forment leConseil d’Appel (judiciaire). La seule concession, assezformelle, est l’admission du principe de l’ouverture dupatriciat aux «petits bourgeois» de Fribourg et aux res-sortissants du reste du canton à des «conditions équi-tables».Ces conditions sont fixées le 8 juin 1814. Pour devenirpatricien, il faut être de naissance légitime, être bourgeoisd’une commune du canton, jouir d’un indigénat de 100ans, être d’une réputation irréprochable et posséder dansle canton une fortune de 50 000 francs. Quant aux 36députés non patriciens, ils sont élus selon un mode censi-taire, par les citoyens possédant une fortune de plus de3000 francs. Les futurs députés non patriciens doiventavoir 29 ans révolus, être bourgeois d’une commune ducanton, avoir un indigénat de 100 ans, être d’une conduiteirréprochable et posséder une fortune foncière de 20 000francs dans le canton.Le peuple fribourgeois est complètement écarté de la viepolitique: il n’a aucune part à la puissance publique etn’est pas un organe de l’Etat. Ce régime est le plus réac-tionnaire des cantons à patriciat et il suscite des opposi-tions. Les élections des 36 députés non patriciens sontboycottés, sauf dans un cercle sur vingt. La ville deMorat, le district de Bulle, la ville de Châtel-St-Denisainsi que la ville et le district de Romont protestent vigou-reusement contre le rétablissement de l’oligarchie.Quelques membres de la noblesse et de la «petite bour-geoisie», dont Joseph de Praroman et François Duc, cher-chent à donner une constitution plus libérale au canton.Ils veulent user de moyens pacifiques et entrent encontact avec les représentants des puissances alliées quitentent de modérer le zèle réactionnaire des oligarquesfribourgeois. Ils rédigent un «Exposé de la situation poli-tique du peuple fribourgeois», demandant l’abolition dupatriciat et un autre mode d’élection. Les chefs de cemouvement sont arrêtés à Fribourg, jugés, condamnés àla prison ou aux arrêts. Il faut l’intervention des puis-

sances alliées pour qu’ils obtiennent une amnistie condi-tionnelle en 1815. Ils seront réhabilités en 1831.

C. La constitution des 7-24 janvier 1831Les régimes établis en 1814 ne sont guère populaires enSuisse et, après la chute de Charles X à Paris (juillet1830), les idées libérales triomphent dans les cantons duPlateau suisse. La transition se fait pacifiquement et l’oninstitue une forme de démocratie représentative qui res-pecte la séparation des pouvoirs, les droits individuels descitoyens et instaure l’égalité.A Fribourg, beaucoup de communes pétitionnent pourobtenir un changement constitutionnel. Les autoritéshésitent et doivent céder, le 2 décembre 1830, devant lamasse des Moratois et des Gruyériens venus dans la capi-tale et armés de bâtons («journée des bâtons»). Un décretdu 7 décembre 1830 abolit tous les privilèges de nais-sance et de lieu, instaure l’égalité entre les citoyens etprévoit l’élection, à deux degrés, d’une assemblée consti-tuante.La Constituante est élue les 14 et 15 déc. 1830. Ellecompte 49 membres qui travaillent rapidement et termi-nent leur labeur entre le 7 et le 24 janvier 1831. La Consti-tution correspond aux vœux du mouvement libéral (sépa-ration des pouvoirs exécutif et judiciaire, augmentationdes attributions du Grand Conseil) tout en tenant comptedes traditions cantonales (système de collèges et non-res-ponsabilité politique du Conseil d’Etat). Les libéraux de1830 représentent une élite sociale: s’ils sont en faveur del’égalité politique et de l’abolition du patriciat, ils seméfient du peuple jugé pas assez instruit et éclairé. Ilsveulent un «régime de capacités» où le peuple délègueson autorité à une élite de gens de bien. Il est significatifque les députés ne soumettent pas leur œuvre à la sanc-tion populaire.La Constitution de 1831 crée donc une démocratie repré-sentative où le peuple n’est qu’un organe de nomination.Elle supprime les privilèges de lieu, de naissance et depersonne, garantit l’égalité devant la loi ainsi que l’éga-lité des droits politiques. Elle proclame les libertés indi-viduelles, introduit le droit de pétition, supprime la tor-ture et instaure le rachat des droits féodaux. La religioncatholique est proclamée seule religion publique du can-ton, à l’exception du district de Morat, où la religionréformée bénéficie de ce statut.L’article 3 résume bien la pensée du constituant: «la sou-veraineté émane du peuple; elle est exercée par ses repré-sentants». Le peuple serait donc la source de la puissanceétatique mais ne l’exercerait pas. Fribourg est d’ailleursle seul canton suisse où le peuple n’est pas appelé à seprononcer sur la nouvelle constitution.Qui forme le corps électoral? Il faut être bourgeois d’unecommune du canton, ne pas être un ecclésiastique, avoir25 ans et habiter le canton. Sont exclus: les militaires auservice étranger, les domestiques, les interdits, lesmalades mentaux, les insolvables, les pauvres recevantune bourse et les personnes flétries par un jugement. Cecorps électoral est divisé en 14 circonscriptions, la capi-tale et les 13 districts formant chacun un cercle électoral.Les électeurs élisent les députés au Grand Conseil endeux étapes: les assemblées primaires élisent des grandsélecteurs qui élisent ensuite les députés (suffrage à deuxdegrés). Il y a 86 députés, à raison d’un député pour 1000habitants. Le vote est secret.Le Grand Conseil est présidé par l’Avoyer en charge. Iln’y a pas d’incompatibilité entre la fonction de Conseillerd’Etat et celle de député. Les députés bénéficient de l’im-munité parlementaire. Les séances du Grand Conseil sont

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publiques, jusqu’à 40 personnes par jour, faute de placesdisponibles! Les députés reçoivent une modeste indem-nité et l’Etat paie les frais de voyage de ceux qui sont éloi-gnés de Fribourg. Le Grand Conseil exerce aussi un pou-voir électif. Il choisit les membres du Conseil d’Etat et duTribunal d’Appel, le Chancelier d’Etat et son adjointainsi que divers hauts fonctionnaires.Le Grand Conseil exerce le pouvoir législatif en votantdes lois et des décrets. Il détient le pouvoir constituant etpeut réviser la constitution selon des conditions difficilesà réunir. Il exerce le droit de grâce. Il établit et approuvele budget et il approuve les comptes. Le mandat de députédure 9 ans, renouvelable par tiers.Le Conseil d’Etat compte 13 membres, nommés par leGrand Conseil en son sein ou hors de son sein. Ils sontélus pour huit ans, renouvelables à raison de deux par anà partir de 1835, sauf cas de vacances accidentelles pardécès ou démission. Le gouvernement est un organe col-légial, non responsable devant le Grand Conseil. Il élitson président, appelé Avoyer et son vice-président pourdeux ans. Il s’organise en sept dicastères, comprenantgénéralement cinq membres; il s’agit du Conseil diplo-matique, du Conseil d’éducation, du Conseil de justice,du Conseil de l’intérieur, du Conseil des finances, duConseil de la guerre et du Conseil de police. Le Conseild’Etat exerce l’autorité gouvernementale et administra-tive. Même si le Grand Conseil exerce une prééminencesur les autres pouvoirs et même s’il a une présomptiongénérale de compétence, le Conseil d’Etat est le véritablemoteur politique du canton: il prépare les projets de lois,de décrets et de budget tout en exerçant le pouvoir régle-mentaire et en établissant des arrêtés d’exécution des lois.Il nomme les préfets, les juges de paix et les syndics.

D. La constitution du 4 mars 1848Lors de la guerre du Sonderbund, Fribourg est amené à serendre (14 novembre 1847). Le canton sort du Sonder-bund, licencie ses troupes et accepte l’occupation de sacapitale par les troupes fédérales. Le Conseil d’Etat,après avoir capitulé, veut remettre ses pouvoirs à uneCommission exécutive provisoire. Les membres pressen-tis refusent leur mandat et le Conseil d’Etat reprend sesfonctions et demande au général Dufour s’il est prêt àaider les autorités constituées à maintenir l’ordre. Dufourfait savoir à l’un de ses subordonnés:«par autorités constituées, j’entendais bien celles aveclesquelles je traitais; mais je n’ai jamais pensé que notreprotection pût aller jusqu’à garantir le gouvernement…;le mieux serait d’engager le gouvernement à réunir leGrand Conseil très prochainement pour que celui-ci pûtfaire légalement les changements constitutionnels quel’état du pays peut réclamer» (lettre de Dufour au colonelRilliet-Constant).Dans la réalité, ce souci légaliste ne dure pas. Des bandesde radicaux armés envahissent la Chancellerie et dis-solvent le Conseil d’Etat et les autres autorités. Le 15 novembre 1847, trois à quatre cents personnes s’as-semblent au théâtre de Fribourg, s’intitulent «Assembléegénérale de tout le canton de Fribourg» et renversent lerégime établi par la constitution de 1831. Cette assembléecrée un gouvernement provisoire de 7 membres, chargédes affaires exécutives et législatives; elle confie au futurGrand Conseil «les fonctions de pouvoir constituant et enmême temps de pouvoir législatif».Le gouvernement provisoire convoque les assembléesélectorales pour le 10 décembre, afin d’élire les députésau Grand Conseil. Le vote a lieu dans de grandes assem-blées publiques, à mains levées, sous la présidence des

préfets, tout acquis au gouvernement provisoire. Exploi-tant le désarroi des conservateurs et des libéraux et la pré-sence des troupes fédérales, les radicaux remportent lamajorité, alors que leur électorat ne représente qu’un tiersdes Fribourgeois. L’élection de 10 députés indirects, pré-vue dans le décret du 27 novembre 1847, renforce encorela majorité des radicaux. Le 20 décembre, le GrandConseil décide d’élaborer un projet de constitution etconfie ce mandat à une commission de 11 membres quitravaille sur le sujet en janvier et février 1848. Le GrandConseil débat du projet en mars 1848 et l’accepte, avecquelques modifications, le 4 mars 1848.Cette constitution du 4 mars 1848 n’est pas soumise aupeuple: «l’Assemblée générale de tout le canton de Fri-bourg», à la légitimité plus que douteuse, a en effet dotéle Grand Conseil du pouvoir constituant. On retrouvecette méfiance de l’électorat, majoritairement conserva-teur ou libéral, en septembre 1848, lorsque la Constitu-tion fédérale n’est pas soumise au vote du peuple fribour-geois, mais à celui du Grand Conseil, cas unique enSuisse! Lorsque la diète fédérale accorde la garantie à laconstitution fribourgeoise, le 10 juillet 1848, les critiquesfusent: la constitution aurait dû être soumise à la sanctiondu peuple, elle est trop rigide et les mandats des magis-trats sont trop longs! Les députés fédéraux radicaux sou-lignent le fait que cette constitution expose le canton àune révolution.La constitution de 1848 compte 102 articles répartis en 8titres. Le titre premier «Principes généraux et garanties»compte 17 articles. Il fait du canton de Fribourg unedémocratie représentative. Il garantit les principauxdroits de l’homme, supprimant la peine de mort (saufdans le domaine militaire). Le titre II est consacré au ter-ritoire cantonal, déclaré inaliénable. Divisé en 6 cerclesélectoraux, il est partagé en sept districts et 7 arrondisse-ments judiciaires (les circonscriptions actuelles). Le titreIII énonce le fait que la souveraineté réside dans le peuplequi l’exerce lors d’assemblées électorales et la confie auxpouvoirs constitutionnels. Le corps électoral est formédes Fribourgeois laïcs de plus de 20 ans, domiciliés dansle canton et jouissant des droits civils et politiques. LesSuisses remplissant les mêmes conditions ont les mêmesdroits à condition que leur canton accorde la réciprocitéaux Fribourgeois. Cette disposition est rendue caduquepar l’article 42 de la constitution fédérale de 1848. Sontprivés du droit de vote: les insolvables, les pauvres rece-vant une bourse communale, les condamnés flétris par unjugement et les interdits d’auberge. La manière d’exercerle droit de vote n’est pas fixée dans la constitution. Undécret du 27 novembre 1847 institue, dans chacun des 6 cercles électoraux, une grande assemblée électorale oùl’on vote à mains levées, alors que la loi électorale du 11 octobre 1856 établit le scrutin secret.Le titre IV traite des «pouvoirs constitutionnels» qui sontclairement séparés quant au principe; cette séparationn’est pas absolue car elle se fait «dans les limites déter-minées par la loi». C’est ainsi que les Conseillers d’Etatet les juges au Tribunal cantonal, mais aussi les préfets,les juges d’arrondissement ou de paix et les fonction-naires publics peuvent faire partie du Grand Conseil.Le Grand Conseil est formé de «députés directs», élus parle peuple à raison d’un pour 1500 habitants et de 10«députés indirects», nommés par les élus au GrandConseil. Pour être député, il faut être fribourgeois, âgé deplus de 25 ans et n’avoir pas été élevé chez les jésuitesaprès mars 1848. Les députés élus en novembre 1847 sié-geront jusqu’en novembre 1856, puis les législaturesseront de 5 ans. Le Grand Conseil siège chaque année de

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plein droit en session ordinaire le premier lundi de mai etle deuxième lundi de novembre. Il peut être convoquéextraordinairement par son président, par le pouvoir exé-cutif, ou à la demande de 20 (sur 74) de ses membres. Lesdéputés perçoivent une indemnité pour les séances et lesfrais de route. Les séances sont publiques, sauf si leConseil d’Etat ou cinq députés demandent le huis clos.Le Grand Conseil constitue le pouvoir législatif. Il votedonc les lois et les décrets, sur la proposition de sesmembres ou du Conseil d’Etat. Il détient le pouvoirconstituant et peut modifier la constitution, à la majoritédes deux tiers, lors de deux sessions consécutives. LeGrand Conseil élit les 7 membres du Conseil d’Etat, les 9juges du Tribunal cantonal et les 2 députés au Conseil desEtats. Il nomme le chancelier. Il vote les impôts, lesdépenses, les emprunts, les achats et ventes des biens dudomaine public. Il fixe le budget de l’Etat sur propositiondu Conseil d’Etat. Il approuve les comptes. Il exerce unehaute surveillance sur l’administration du canton. Ilexerce toutes les parties de la souveraineté non déléguéespar la constitution à une autre autorité. Il tranche lesconflits de compétence entre le pouvoir exécutif et judi-ciaire. Il bénéfice d’une primauté juridique sur les autrespouvoirs. Il ne peut par contre renverser le gouvernement.Le Conseil d’Etat a le pouvoir exécutif et administratif. Ilest formé de sept magistrats élus par le Grand Conseilpour huit ans (1849-57), puis, pour les législatures sui-vantes, pour 5 ans. Le gouvernement est un organe collé-gial, dont le président, élu par le Grand Conseil, est un«primus inter pares» nommé pour un an. Le Conseild’Etat élit son vice-président. La Constitution de 1848supprime la division en dicastères dirigés par un groupede magistrats pour instaurer le système directorial. LesDirecteurs préparent les affaires qui leur sont renvoyéespar le Conseil d’Etat et lui font ensuite rapport; ils font lespropositions jugées utiles concernant leur champ de com-pétences et ils exécutent les lois, arrêtés ou décrets quileur sont transmis. Les sept Directions mises en placesont les suivantes: instruction publique et cultes, justice,intérieur, police, finances, guerre et travaux publics.Le Conseil d’Etat est doté de l’initiative législative. Ilprésente les projets de loi et de décret jugés nécessaires etpeut initier la révision de la constitution. Il examine lesmotions déposées par les députés. La constitution ne ditrien sur le pouvoir réglementaire, mais on peut déduirequ’il appartient au Conseil d’Etat qui, en pratique, prendtous les arrêtés nécessaires à l’exécution des lois etdécrets. Ces décisions doivent être conformes à la consti-tution et aux lois en vigueur. Le Conseil d’Etat dirigel’administration cantonale, élabore le projet de budget,gère les finances et établit les comptes. Il surveille l’ad-ministration des communes. Il est chargé du maintien del’ordre et dispose pour cela de la force armée.Il ressort de ces considérations que le Conseil d’Etat n’estpas un simple exécutif. Il a le rôle d’un organe moteur ausein de l’Etat. Si le Grand Conseil est l’organe juridique-ment prépondérant, le Conseil d’Etat est politiquementprépondérant. Le Grand Conseil garde cependant saliberté d’action et contrôle le gouvernement qu’il ne peutrenverser.La justice est confiée aux tribunaux reconnus par laconstitution. Un tribunal cantonal de 9 membres et 9 sup-pléants surveille et dirige les autorités judiciaires infé-rieures, notamment les tribunaux d’arrondissement judi-ciaire et les justices de paix.Au titre V, la constitution donne quelques directives géné-rales concernant les communes. Celles-ci sont soumises àla haute surveillance de l’Etat et leurs règlements doivent

être approuvés par l’Etat. Tout Fribourgeois qui estcitoyen actif peut participer à la vie politique communale,tout comme les ressortissants d’autres cantons suisses quiaccordent la réciprocité aux citoyens de notre canton. Parcontre, les biens bourgeoisiaux ne sont administrés quepar les bourgeois de la commune. La constitution abolittoutes les anciennes distinctions entre bourgeois, ressor-tissants non communiers et habitants perpétuels. Lescommunes ne peuvent refuser l’acquisition des bourgeoi-sies aux citoyens suisses présentant les garanties légales.Les dispositions relatives à l’organisation politique etadministrative des communes sont renvoyées à la loi surles communes.C’est au titre VI que se trouvent des dispositions anticlé-ricales. L’Etat administre les biens de l’évêché, du clergérégulier et séculier; il procède à la collation des bénéficesecclésiastiques. L’Etat ne reconnaît plus les privilèges etimmunités antérieures contraires à la constitution, auxlois et à ses droits. L’enseignement ne sera plus confié àdes congrégations. Les jésuites, les liguoriens et d’autrescorporations interdites en 1847, sont à jamais bannies duterritoire cantonal. Les jeunes gens qui feraient désormaisleurs études chez les jésuites sont exclus de toute fonctionpublique et ecclésiastique. L’enseignement religieux estdistinct des autres branches de l’instruction publique.L’Etat a la charge de propager l’instruction publique et deveiller à ce que la fréquentation des écoles primaires soitgratuite et obligatoire.Le titre VII concerne la révision de la constitution. Lemode de réviser est extrêmement prudent: pas de change-ment possible pendant la législature présente (1847-1856). Ensuite, il faut que la demande de révision soitadoptée lors de deux sessions consécutives à la majoritéqualifiée des 2/3 de tous les membres du Grand Conseil!Si la demande de révision est écartée, elle ne pourra êtrerefaite que de cinq ans en cinq ans.Le titre VIII contient des dispositions finales et transi-toires. Il charge le Conseil d’Etat de présenter au GrandConseil un nombre imposant de dispositions législatives:code pénal, code de procédure civile, code de commerce,loi sur les poursuites, loi sur l’instruction publique, loi surles pauvres, loi sur les communes, loi sur les routes, loisanitaire, code forestier, etc.Le régime radical va tenir parole et procéder à une remiseà neuf de la législation en créant des lois modernes, bienfaites et durables. Il gagne la bataille des chemins de feren obtenant de haute lutte le tracé de la ligne Berne–Lau-sanne par Fribourg. Ces mérites ne suffisent pas à empê-cher une immense impopularité due à un anticléricalismeextrême et à un autoritarisme jacobin. Le mécontente-ment de la majorité des Fribourgeois se manifeste par desdémarches auprès des autorités fédérales, des demandesde révision de la constitution et des soulèvements armés.Le régime radical a cru verrouiller toute opposition pardes dispositions constitutionnelles: longue durée de lapremière législature, inamovibilité de la constitution pen-dant 9 ans, vote public et serment électoral. Il est assis surune marmite à vapeur qui arrive inexorablement à ébul-lition.Des pétitions sont envoyées à l’Assemblée fédérale en1850. L’une d’entre elles compte plus de 14 700 signa-tures, soit plus de la majorité du corps électoral! Ces péti-tions, qui contestent la légitimité du régime restent sanseffet. En 1852, le député conservateur Baeriswyl déposeune motion demandant que le gouvernement radical sou-mette son œuvre à un vote de confiance. Le gouverne-ment radical a beau jeu de démontrer que cette demandeest contraire à la constitution de 1848 qui ne prévoit pas

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de plébiscite. Le Grand Conseil refuse cette motion par44 voix contre 8. Le 24 mai 1852, plus de 15 000 per-sonnes (3 électeurs sur 5!) se réunissent à Posieux et déci-dent d’envoyer une pétition à l’Assemblée fédérale pourobtenir un vote sur la constitution cantonale et de nou-velles élections au Grand Conseil. L’Assemblée fédérales’en tient là aussi à une interprétation légaliste malgré lemécontentement de la majorité du peuple: il ne sauraitêtre question de modifier la constitution avant 1856! Lechef conservateur Louis Wuilleret va même solliciterdans un mémoire resté secret jusqu’en 1874, l’interven-tion du prince Louis-Napoléon Bonaparte (futur Napo-léon III), qui n’y donne pas suite. Le député HubertCharles demande par voie de motion que la constitutionfribourgeoise soit soumise au vote populaire (12 mars1853): il est battu en Grand Conseil.Il faut attendre les élections générales du 7 décembre1856 pour que le peuple fribourgeois puisse s’exprimeren choisissant ses députés au Grand Conseil. Le vote alieu au bulletin secret et au système majoritaire, quis’avère suicidaire pour le gouvernement radical: 3 élus(avec un tiers des suffrages) contre 64 aux libéraux-conservateurs chez qui un tiers des députés appartiennentà la tendance libérale. Il reste à désigner dix députés indi-rects qui sont des notabilités plutôt libérales choisies parle Grand Conseil. Le gouvernement est en fonction jus-qu’en juin 1857. Il compte, depuis 1855, 5 radicaux et 2libéraux-conservateurs: il y a donc «cohabitation forcée»pendant 6 mois. Cet exécutif est fort rétif à toute modifi-cation constitutionnelle.

II. Le contexte de 1856-1857

A. Une ambiance de transitionLa procédure de révision de la constitution n’intervient pasdans un contexte fort serein. Il est clair que l’élection duGrand Conseil au système majoritaire a largement ampli-fié la victoire des libéraux-conservateurs (70 % des suf-frages et 95 % des sièges) et dangereusement marginaliséla minorité radicale (30 % des suffrages et 5 % des sièges).Le pays légal déforme donc la structure du pays réel.Au moment où la révision constitutionnelle devient pos-sible selon la charte de 1848, quelles sont les idées domi-nantes au sein des groupements politiques?Les radicaux tiennent à leur constitution de 1848, garantede la modernisation et de la laïcité du canton. Ils crai-gnent un retour au pouvoir des conservateurs «sonder-bundiens» et le cléricalisme. Ils peuvent utiliser toutes lesressources de la procédure au Grand Conseil pour freinertout changement, mais ils comptent sur leurs puissantsamis de la Berne fédérale pour empêcher le canton d’al-ler trop loin dans la réaction conservatrice. Leur figureemblématique reste Julien Schaller, auréolé de son «auraferroviaire» et réélu au Conseil des Etats par le nouveauGrand Conseil, soucieux de voir ce défenseur des intérêtsferroviaires cantonaux poursuivre son œuvre à Berne.Le camp libéral-conservateur a su rassembler les libérauxpartisans du «juste-milieu» et les masses conservatricesrurales sous le dénominateur commun de l’hostilité auxexcès des radicaux. Cette coalition dure une vingtained’années. Les libéraux veulent réformer la constitution de1848 tout en permettant la participation du canton à l’Etatfédéral. Ils veulent démocratiser les institutions, mais ilssavent qu’ils ne peuvent aller trop loin dans l’influenceaccordée à l’église catholique: ils n’y tiennent d’ailleurspas et font preuve d’un certain joséphisme. La grandefigure du moment est Hubert Charles de Riaz, un modéré,

entouré d’autres personnalités non compromises dans leSonderbund: Romain Werro, Alfred Vonderweid ou leMoratois Engelhard. Les conservateurs forment les grosbataillons d’électeurs et deux tiers des députés de la coa-lition. Ils sont pour l’instant assez discrets, bien que dési-reux de se débarrasser de la charte de 1848 et de rétablirl’église catholique dans ses droits aussi vite que possible.Peu de personnalités s’affirment à ce moment à l’excep-tion notable de leur leader Louis Wuilleret. Il est signifi-catif que le Conseil d’Etat élu en juin 1857 comprennecinq centristes, un radical modéré et un seul conservateur«sonderbundien». Il n’y a donc pas de «restaurationconservatrice», mais les modérés qui dirigent lamanœuvre doivent tenir compte des masses électoralesqui les ont élus et faire des compromis que l’on retrouvedans la constitution de 1857.

B. La procédure de révision commenceLe Grand Conseil se réunit le 8 janvier 1857. Le 10 jan-vier 1857, le député Romain Werro dépose une motionvisant à réviser la constitution du 4 mars 1848 (Bulletindu Grand Conseil, 1857, pp. 6-7, ci-après BGC). Il utiliseles arguments suivants: la constitution de 1848 n’a pas étévotée par le peuple qui a souvent protesté contre celle-ciet qui en demande impérieusement la révision. La motionWerro rappelle que le peuple souhaite la révision de laconstitution qui contient des dispositions blessant le sen-timent religieux des catholiques. Le radical Castellaconteste ce point de vue: la constitution de 1848 garantitsuffisamment les droits et libertés du peuple, alors que lesdifficultés avec l’église catholique ont été réglées par unmodus vivendi avec l’évêque. Il est soutenu par le leaderradical Julien Schaller, qui trouve le moment inopportun(mobilisation due à l’affaire de Neuchâtel) et estimeinquiétant que toute nouvelle majorité remette en causeles institutions. Werro obtient l’appui des députés Fros-sard, Ruffieux, Engelhard, Bullet, Bondallaz et Wuilleret.Au vote, la proposition radicale d’ajournement estrepoussée à une majorité évidente contre 10 voix. Laprise en considération est acceptée à une majorité évi-dente contre 5 voix.Le Conseil d’Etat examine la motion et fait rapport auGrand Conseil pour sa session de février 1857 (BGC1857, pp. 12-14). Le Conseil d’Etat, à majorité radicale,rappelle que le serment électoral et le vote public ont étéabolis et qu’un modus vivendi a pu être trouvé avecl’église catholique, ce qui enlève les principaux griefs àl’égard de cette constitution qui «a été l’expression fidèledu temps et des événements qui l’ont provoquée et quecomme telle elle a satisfait aux vœux de la population etaux besoins de réforme profondément sentis» (BGC1857, p. 12).Le Conseil d’Etat conclut au rejet du principe de la révi-sion de la constitution et, si le principe en était voté, à larévision totale avec une consultation populaire entre lesdeux débats prévus au Grand Conseil.Un autre acteur intervient alors: le peuple. Une pétitioncircule qui critique les lenteurs apportées à la révision etqui demande «une constitution vraiment démocratique,qui tienne compte des opinions et des besoins du peuple,ainsi que de ses convictions religieuses» (Chemises duGrand Conseil, février 1857).Cette pétition rassemble 11 615 signatures jusqu’enfévrier, près de 14 000 en mars, puis plus de 15 000 enavril, soit 60 % du corps électoral!Le 10 février 1857, le Grand Conseil examine les propo-sitions du Conseil d’Etat relatives à la motion Werro. Lacommission spéciale du législatif combat à l’unanimité

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les idées du Conseil d’Etat; son rapporteur Fracheboudsignale que «le peuple et ses mandataires sauront appré-cier tout ce que la législation actuelle a de bon; ils ne ledétruiront pas» (BGC 1857, p. 18).La commission propose que le Grand Conseil élabore unprojet de constitution qui sera ensuite soumis au peuple.Le principe de la révision est voté par 67 voix contre 6,soit bien plus que les deux tiers de la totalité des députés(50 sur 74).Le 5 mars 1857 a lieu le deuxième débat sur la révisionde la constitution (BGC 1857, p. 23). Julien Schallerestime que la révision, qui doit être acceptée «dans deuxsessions consécutives», ne peut être votée lors d’une ses-sion extraordinaire. Le Grand Conseil est d’un autre avisà une majorité évidente contre 9 voix. Le principe de larévision est accepté par 65 voix contre 4. Le GrandConseil décide de nommer une commission de 15membres, chargée d’élaborer un projet de constitution.Les modérés de la coalition libérale-conservatrice ydétiennent deux tiers des sièges.Les procès-verbaux de cet organe sont conservés auxArchives de l’Etat (Délibérations de la commissionconstituante, 1857). Ils montrent un travail rapide etdéterminé. Lors d’une séance du 6 mars, les 13 membresprésents décident: 1) de prendre le nom de «grande com-mission», 2) d’élire Hubert Charles comme président et3) de nommer un «comité de rédaction» formé des cinqmodérés Charles, Werro, Fracheboud, Vonderweid etFrossard. Le 24 mars, le «comité de rédaction» soumetson projet qui est discuté du 24 au 27 mars. La «grandecommission» suit assez fidèlement les propositions deson «comité de rédaction» et les amendements divergentssont écartés: idée de la gratuité de l’enseignement secon-daire, création d’un organe indépendant de vérificationdes comptes de l’Etat, nomination du président du Tribu-nal cantonal par ses pairs, fixation des incompatibilitésdans la constitution. Souvent les articles sont renvoyés «àla méditation du comité de rédaction».Le Grand Conseil débat du projet de Constitution du 22au 25 et du 27 au 28 avril 1857 (BGC 1857, pp. 25-38).Les seconds débats ont lieu les 5, 6 et 7 mai 1857 (BGC1857, pp. 39-44). Des débats importants ont lieu notam-ment à propos de l’article 8, qui n’écarte la peine de mortque pour cause de délit politique; les abolitionnistes duchâtiment suprême sont battus par 53 voix contre 8. Lareprésentativité des députés est discutée. L’idée d’undéputé pour 1200 âmes et par fraction au-dessus de 800l’emporte sur celle d’un pour 1500 âmes. Le principe del’organisation du travail du Conseil d’Etat par direction(et non pas en collèges départementaux comme avant1848) l’emporte largement. Les députés discutent beau-coup de l’institution du jury, rendue facultative. Le GrandConseil s’interroge sur le nombre de signatures néces-saires à une demande de révision de la constitution: lacommission propose 4000 signatures, mais le parlementadopte le chiffre de 6000 par 37 voix à 20. A la demandede l’évêque et du clergé, le droit de vote est donné auxFribourgeois laïcs, par 32 voix contre 28.Par décret du 7 mai 1857, le Grand Conseil décide de sou-mettre le projet de constitution en votation populaire le 24mai 1857. Il adresse une proclamation au peuple fribour-geois où il s’exclame:«nous voudrions pouvoir cicatriser toutes les plaies, répa-rer même ce qui est irréparable et alléger tous les far-deaux, surtout celui des contributions publiques» (Bulle-tin des Lois, 1857, p. 68, ci-après BL).C’est donc à un tempo rapide qu’est menée cette révisionde la constitution: il n’y a pas de débat de principe mais

des discussions article par article qui confirment très lar-gement les travaux de la «grande commission» et de son«comité de rédaction».

C. Le peuple trancheQuel est le climat politique à Fribourg au moment decette révision? Les journaux permettent de saisir les pen-sées des faiseurs d’opinion. Le Chroniqueur, organe deslibéraux-conservateurs lance une série d’articles qui pré-sentent le projet de constitution durant la première quin-zaine du mois d’avril 1857. Il réfute, le 6 avril 1857, quece projet soit une théocratie, le moyen âge ou l’ultramon-tanisme mais «nous y avons vu de la vraie démocratie, duvrai libéralisme». Il commente, le 10 avril, l’article 17 quiassure un concours efficace du clergé en matière d’ensei-gnement: il le trouve un peu tiède, préférant la formuleutilisée dans la loi scolaire du Piémont-Sardaigne (la reli-gion doit être la base de l’enseignement). Le 20 mai, leChroniqueur appelle à voter oui en ce souvenant de laglorieuse assemblée de Posieux du 24 mai 1852: «le 24 mai 1857, tous les hommes de Posieux voteront laconstitution parce qu’elle est, en somme la conséquencede Posieux et qu’elle dotera le pays d’institutions qui enréaliseront le programme».Le Confédéré radical est beaucoup plus critique dès ledépart. Il écrit, dès le 14 janvier 1857: «Rien ne sortira dece nouveau Grand Conseil – rien du moins de grand, delarge, de fécond. Le signe de la stérilité éclate sur sonfront.» Il dénonce, le 14 février 1857, le risque de «pré-potence du clergé». Il s’attaque au «concours efficace duclergé» dans l’éducation: il propose ironiquement, le 7 mai 1857, d’accorder un tel concours «aux médecins,aux ingénieurs, aux physiciens, aux naturalistes, etc.».Le peuple se déplace aux urnes le 24 mai1857. Le partiradical appelle les citoyens à s’abstenir, alors que les libé-raux-conservateurs lui demandent de confirmer le vote du6 décembre 1856. Le Confédéré du 21 mai est particuliè-rement incisif: «Ne tombez pas dans ce guet-apens poli-tique. La Constitution du 7 mai est le serpent engourdique l’on va faire réchauffer au souffle populaire et qui,une fois réveillé, mordra le peuple au cœur. Soyons pru-dents, défions-nous et abstenons-nous.» Le Chroniqueurdu 20 mai lui n’évite pas la grandiloquence: «Vous pour-rez dire, le 24 mai: voilà une constitution qui est l’œuvrede nos élus, voilà la première constitution que nous avonsvotée, consentie et solennisée par l’acte le plus grand, leplus sacré dans la vie d’un peuple libre.»Le peuple fribourgeois s’exprime le 24 mai. Le corpsélectoral se compose de 24 356 citoyens actifs. Pour êtreacceptée, la constitution doit recueillir la majorité abso-lue des inscrits, soit 12 179 suffrages.Les résultats sont les suivants (BL, 1857, pp. 69-81):District Electeurs Votants Nuls Oui NonSarine 5 394 3 714 52 3 517 145Broye 3 249 2 264 80 1 734 450Lac 3 387 1 779 58 1 255 466Gruyère 3 970 2 111 40 2 039 39Singine 3 691 2 795 16 2 759 20Veveyse 1 777 984 10 960 14Glâne 2 888 2 250 24 2 098 128Total 24 356 15 897 280 14 355 1 26265 % des Fribourgeois se sont rendus aux urnes. Le tauxd’abstention de 35 % ne peut s’expliquer par la seule abs-tention radicale, surtout si l’on y ajoute les 1262 non

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(5,2 % du corps électoral). S’il semble bien que l’absten-tion radicale explique le résultat du Lac (52 % de votants)ou de la Gruyère (53 % de votants); que dire des districtsconservateurs de la Singine (75 % de votants) et de laVeveyse (55 %)? Il n’y a pas un quart du corps électoralqui est radical en Singine ou 45 % de voix d’oppositionen Veveyse. On peut donc supposer qu’il y a des déçusdans le camp des conservateurs «prononcés», qui trou-vent que la constitution ne va pas assez loin dans ledomaine de l’enseignement religieux et de la restaurationdes couvents. En ville de Fribourg, fief libéral et radical,la participation atteint à peine 51 % et les oui ne repré-sentent que 45 % des électeurs. Sur les 280 communes ducanton, 268 disent oui, 10 disent non (Montbrelloz,Morens, Büchslen, Agriswyl, Gempenach, Courlevon,Fräschels, Morat, Ulmiz et Estévenens), 2 sont indécises(Seiry et La Vounaise).Lors des élections au Grand Conseil du 7 décembre 1856,88 % des électeurs fribourgeois s’étaient déplacés auxurnes. Près de six mois plus tard, ils ne sont plus que 65 %; 35 % du corps électoral s’abstient et 5 % refuse laconstitution. Ce sont donc 59 % des électeurs fribour-geois qui ont accepté le projet: il s’agit d’un résultat net-tement favorable mais pas d’un triomphe. L’électoratradical (env. 30 %) a probablement mêlé son abstention-nisme à celui d’une partie «droitiste» des troupes libé-rales-conservatrices. Il faut aussi tenir compte du fait queles votations attirent moins de votants que les élections.Une étude détaillée par commune permettrait d’affinerdans l’abstention, les poids respectifs de l’indifférence etde l’opposition.

III. Les principales caractéristiques dela constitution de 1857Avant de procéder à l’examen du texte de 1857, signalonsque nous prendrons la numérotation des articles del’époque, telle qu’elle figure dans le Bulletin des Lois de1857, aux pages 40 à 58.On peut se demander dans quelle mesure la Constitutionde 1857 est fille de celle de 1848. Beaucoup de disposi-tions de la constitution précédente demeurent: l’armatureadministrative, législative et territoriale du canton estconservée. On ne revient pas en arrière en ce qui concerneles 7 districts, les 7 arrondissements judiciaires, le sys-tème directorial du Conseil d’Etat ou les codes et lois dela période précédente. L’examen de détail montre pour-tant que l’esprit de 1857 est fort différent de celui de1848: le peuple a plus de droits politiques et l’anticléri-calisme a disparu. La constitution est placée sous la pro-tection divine.

A. Les problèmes réglés

1. Principes et garantiesL’article premier affirme la souveraineté (relative) del’Etat cantonal au sein de la Confédération. Il énonce que«la souveraineté réside dans l’universalité du peuple» etprécise que les citoyens l’exercent soit directement parleur droit de vote ou d’élection, soit par l’intermédiairedes trois pouvoirs. Les citoyens détiennent aussi le pou-voir constituant. Le peuple est donc, comme l’affirmeJean Castella, «un organe de nomination et un organe devolition; il est l’organe suprême de l’Etat, le souverain(Herrscher) en matière constitutionnelle». L’article pre-mier caractérise aussi la forme du gouvernement: une«démocratie représentative».

L’article 2 touche au sujet délicat de la religion. La for-mule trouvée est un compromis: tout en affirmant que lecatholicisme est la religion de la majorité du peuple, letexte garantit le libre exercice des religions catholique etévangélique réformée. On évite ainsi des formules, envi-sagées en commission, qui feraient du catholicisme unereligion d’Etat, sauf dans le Moratois.Les articles 3 à 11 garantissent des droits individuels: laliberté, l’inviolabilité du domicile, la non-rétroactivitédes lois, l’égalité, la liberté de la presse, la liberté de com-merce et d’industrie, les droits de pétition, d’associationet de libre établissement. L’article 12 garantit l’inviolabi-lité de la propriété, sauf expropriation pour utilitépublique. Les articles 13 et 14 suppriment des reliquatsfiscaux et juridiques de l’Ancien Régime.L’article 15 pose le principe de l’égalité devant l’impôt,de son caractère universel et proportionnel aux ressourcesde chacun. L’article 16 impose le service militaire à toutFribourgeois et à tout Suisse habitant le canton, saufexemption.L’article 17 est le fruit d’un compromis au sein de la ten-dance libérale-conservatrice: si «l’Etat a la haute sur-veillance de l’éducation et de l’instruction publique»,ceux-ci «sont organisés et dirigés dans un sens religieuxet patriotique», alors qu’un «concours efficace est assuréau clergé en cette matière». L’article 18 favorise un retouréventuel de congrégations, car il déclare la liberté de lafaculté d’enseigner dans les limites légales en cedomaine. L’article 19 consacre la gratuité de l’enseigne-ment primaire et son caractère obligatoire auquel doiventpourvoir les communes, avec des subventions de l’Etat; ilintroduit le principe que tout citoyen peut donner à sesenfants une instruction primaire privée, à condition queson niveau soit au moins égal à celui de l’école primairepublique.L’article 20 répartit les dépenses étatiques pour les fraisde culte et d’instruction publique de manière équitableentre les deux religions en fonction «du chiffre de lapopulation indigène de chacune d’elles».L’article 21 touche au problème des langues officielles.Alors que l’article 16 de la constitution de 1848 faisait dufrançais la langue du gouvernement tout en traduisant lesactes officiels, l’article 21 de celle de 1857 consacre enpremier lieu la publication des textes officiels dans lesdeux langues, tout ajoutant que «le texte français estdéclaré être le texte original».

2. Division territorialeL’article 22 énonce les divisions territoriales du canton encercles électoraux, districts administratifs et arrondisse-ments judiciaires. Contrairement à la constitution de1848, la charte de 1857 ne nomme pas les districts et leurchef-lieu, les renvoyant à la loi. L’article 23 indique queles districts sont divisés en communes. L’article 24 vaplus loin que l’article 25 de la constitution de 1848: si laville de Fribourg est le chef-lieu du canton, il est préciséqu’elle est «le siège des autorités supérieures».

3. Etat politique des citoyensL’article 25 précise qui a le droit de vote: il ressemblebeaucoup à l’article correspondant de 1848, mais avecune différence de taille car, en 1857, l’évêque et le clergéont demandé à ne pas être citoyens actifs. Sont donccitoyens actifs: les Fribourgeois laïcs de plus de 20 ans,domiciliés dans le canton et jouissant de leurs droits civilset politiques, ainsi que les Suisses domiciliés depuis plusd’un an dans le canton. L’article 26 crée six catégories denon-citoyens actifs (5 en 1848): ceux qui ne remplissent

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pas les conditions d’âge et de domicile, les personnes flé-tries par un jugement, les insolvables, les interdits civile-ment, les assistés dans l’année précédant la consultationpopulaire, les interdits d’auberge et les aliénés (nouveau).L’article 27 constitue les «assemblées politiques» et«électorales». Ces assemblées sont appelées (art. 28) àvoter sur l’acceptation et les changements de la constitu-tion cantonale ainsi que sur la révision de la constitutionfédérale. Ces assemblées sont appelées (art. 29) à élire:les députés au Grand Conseil, les députés au ConseilNational, les jurés fédéraux et les jurés cantonaux. Lescrutin est secret, ce qui marque une différence impor-tante avec 1848! L’article 30 précise que les députés sontélus par cercle électoral et que les fonctionnaires qui ontun domicile forcé dans une commune ont la possibilitéd’aller voter dans le cercle de leur commune d’origine.

4. Pouvoirs constitutionnelsSous ce titre, on trouve les pouvoirs constitutionnels.Dans des «dispositions générales», on précise (art. 31)qu’il existe un pouvoir législatif, un pouvoir exécutif etadministratif et un pouvoir judiciaire; ces trois pouvoirssont séparés «d’après les limites déterminées par la loi».L’article 32 accorde l’éligibilité aux citoyens actifs fri-bourgeois de plus de 25 ans. L’article 33 établit lesincompatibilités, dues à des liens de parenté, qui interdi-sent d’appartenir à une autorité de l’Etat, sauf au GrandConseil. L’article 32 établit le principe d’une durée limi-tée des fonctions publiques avec la possibilité de rééligi-bilité. L’article 35 interdit à tout fonctionnaire des troispouvoirs de recevoir un titre, une pension, une décorationou un présent sans l’autorisation du Grand Conseil, souspeine de déchéance.Le pouvoir législatif appartient à un Grand Conseil (art.36). Les cercles électoraux nomment un député pour1200 âmes (1500 en 1848), la fraction au-dessus de 800âmes donnant aussi droit à un député (1000 âmes en1848). Le Grand Conseil est élu pour 5 ans (9 ans, puis 5ans en 1848) et il y a lieu de pourvoir au remplacement encas de vacance d’un siège, dans le délai de 2 mois (art. 38et 40). Il n’y a plus de députés indirects prévus dans laconstitution, contrairement à 1848. Le Grand Conseilnomme son président pour un an; il n’est pas rééligiblepour l’année suivante (art. 41). L’article 42 fixe les ses-sions ordinaires au premier mardi de mai et au deuxièmemardi de novembre; le législatif peut être convoqué extra-ordinairement par son président, par le pouvoir exécutifou à la demande de 20 de ses membres. L’article 43 intro-duit le quorum: pour que les délibérations du GrandConseil soient possibles, il faut que la majorité de sesmembres soit présente. Les séances sont en principepubliques (art. 44). L’article 45 fixe les attributions duGrand Conseil. Attributions législatives d’abord: ildécrète les lois, dont l’initiative appartient à chacun deses membres et au Conseil d’Etat. Il peut inviter leConseil d’Etat à lui présenter un projet de loi et, si ce der-nier n’y donne pas suite dans le délai fixé, il peut chargerune commission d’élaborer ce projet. Tâches administra-tives ensuite, car il vérifie les pouvoirs de ses membres, ilélit les députés au Conseil des Etats, les Conseillersd’Etat, les juges cantonaux et pourvoit à toutes les autresnominations qui lui sont réservées. Il vote les impôts,décrète les dépenses, les emprunts, les achats et aliéna-tions du domaine public. Il arrête le budget de l’Etat, ainsique ses comptes. Il approuve le rapport de gestion duConseil d’Etat. Il fixe les traitements des fonctionnaireset employés publics. Il accorde la naturalisation et exercele droit d’amnistie et de grâce. Tâches juridictionnelles

enfin, car le Grand Conseil décide des conflits d’autoritéentre les pouvoirs exécutif et judiciaire. Terminons enremarquant que le Grand Conseil a une présomption decompétence sur les parties de la souveraineté non expres-sément déléguée à une autre autorité. L’article 46 indiqueque les députés ne reçoivent pas de mandat impératif.L’article 47 accorde l’immunité parlementaire pour lesopinions défendues en Grand Conseil. L’article 48consacre le principe d’une indemnité versée aux parle-mentaires.Le pouvoir exécutif et administratif appartient au Conseild’Etat, nommé par le Grand Conseil (art. 49). Le Conseild’Etat se compose de 7 membres, nommés pour cinq ans(art. 50); il est renouvelé intégralement après le renouvel-lement du Grand Conseil et l’on pourvoit «immédiate-ment» à chaque vacance. Le président du gouvernementest nommé par le Grand Conseil pour une année et n’estpas rééligible immédiatement (art. 51). L’article suivantfixe les attributions du Conseil d’Etat, d’une manièrequasi-identique à l’article 52 de la constitution de 1848.Le Conseil d’Etat est chargé de l’exécution des lois et del’administration du canton. Il dispose de la force arméepour la sûreté de l’Etat et le maintien de l’ordre; contrai-rement à 1848, la constitution prévoit que, dans ce cas, leConseil d’Etat doit aviser le président du Grand Conseilet, selon les circonstances, convoquer le pouvoir législa-tif. Il nomme et révoque les autorités qui lui sont subor-données. Il présente au Grand Conseil les projets de loisqu’il juge nécessaires. Il statue sur les contestations pure-ment administratives. Il surveille l’administration descommunes et des paroisses, mais, en 1857, les bénéficesecclésiastiques sont exclus de cette surveillance. Il sur-veille et dirige les autorités inférieures administratives. Ilveille au libre exercice des cultes, alors qu’en 1848 onparle de «la surveillance et la police des cultes». Il pré-sente chaque année le budget. Il est chargé des relationsextérieures et accorde les extraditions en conformité auxtraités ad hoc. Il donne nécessairement son préavis surtoute affaire que lui renvoie le Grand Conseil.On s’aperçoit donc que le Conseil d’Etat a des tâcheslégislatives (notamment l’initiative des lois et l’élabora-tion des projets de loi), administratives et gouvernemen-tales et juridictionnelles. Il n’est donc pas un simpleorgane d’exécution, mais bien plutôt un organe moteur dela vie politique; de par sa permanence et la variété de sestâches, il est l’organe prépondérant.L’article 53 demande au Conseil d’Etat de donner chaqueannée au Grand Conseil un compte rendu détaillé de sonadministration. Le Conseil d’Etat est représenté danschaque district par un préfet, nommé pour cinq ans (art.54). Le Conseil d’Etat dispose d’un ministère publiccomme organe de poursuite des crimes (art. 55). L’article56 confirme le maintien du système directorial au Conseild’Etat. Le Conseil d’Etat est responsable de sa gestion(art. 57), alors que chaque fonctionnaire ou employépublic est responsable de ses actes.Le pouvoir judiciaire est dévolu aux tribunaux reconnuspar la Constitution (art. 59). L’article 60 établit un Tribu-nal cantonal formé de 9 juges et de 9 suppléants, nomméspour huit ans par le Grand Conseil. La majorité desmembres et des suppléants doit connaître les deuxlangues du canton (art. 61). Le président du Tribunal can-tonal est nommé pour un an par le Grand Conseil et n’estpas immédiatement rééligible. Le Tribunal cantonal fonc-tionne comme tribunal de cassation et comme chambred’accusation (art. 63). Il surveille les autorités judiciairesinférieures et rend un compte général détaillé de ses acti-vités au Grand Conseil (art. 64). L’article 65 prévoit l’ins-

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tauration d’un tribunal par arrondissement judiciaire; cestribunaux sont formés d’un président, de quatre juges etde quatre suppléants nommés par le Conseil d’Etat et leTribunal cantonal réunis. L’article 66 prévoit la créationd’une ou plusieurs justices de paix par arrondissementjudiciaire. L’administration des affaires pupillaires estrenvoyée à une loi spéciale (art. 67). Les affaires com-merciales et l’établissement d’un ou plusieurs tribunauxde commerce seront réglés par une loi spéciale (art. 68).L’article 69 rend l’institution du jury facultative (elle étaitobligatoire en 1848) en matière de crimes, de délits poli-tiques et de délits de presse. L’article 70 renvoie aux tri-bunaux militaires les délits commis en service par lesmilitaires. La publicité et l’oralité des débats sont la règledans les tribunaux (art. 71). Les jugements ne sontvalables que si les tribunaux qui les rendent sont réunis aucomplet (art. 72). Les fonctionnaires de l’ordre judiciairesont responsables de leurs actes (art. 73) et ne peuventêtre révoqués que par jugement ou selon les formeslégales (art. 74). Une loi réglera l’organisation judiciaire(art. 75).

5. CommunesCe titre concerne les communes, placées sous la hautesurveillance de l’Etat (art. 77), comme en 1848, à la dif-férence près que la constitution de 1857 ne soumet pas lesrèglements communaux à l’approbation de l’Etat. Alorsque la constitution de 1848 renvoyait à la loi l’organisa-tion politique de la commune, celle de 1857 précise (art.76) qu’il y a, dans chaque commune, une assemblée com-munale et un conseil communal présidés par un syndic«qui est en même temps l’agent du gouvernement dans lacommune». La constitution de 1857 garantit, sous lahaute surveillance de l’Etat, la libre administration deleurs biens par les communes (art. 77) et elle ne dit riensur l’acquisition facilitée de la bourgeoisie communale.En résumé, le carcan de l’Etat est moins lourd sur lesépaules communales.

6. Révision de la constitutionLes articles 78 à 82 règlent la révision de la constitution.La constitution de 1848 prévoyait une très difficile révi-sion: impossible jusqu’en 1856, la révision exigeait unemajorité qualifiée des deux tiers lors de deux sessionsconsécutives du Grand Conseil. Le peuple n’y prenaitaucune part. L’article 78 introduit le principe de la révi-sion totale ou partielle; dans ce dernier cas, les articles dela révision doivent être spécialement désignés. La révi-sion totale ou partielle peuvent avoir lieu lorsque 6000citoyens la demandent ou lorsque le Grand Conseil ladécrète. Dans les deux cas, la question de principe estsoumise au peuple et la révision se poursuit si la majoritéabsolue des citoyens inscrits en accepte le principe (art.79). L’article 80 prévoit que la révision totale se fait parune constituante élue de la même manière que le GrandConseil. Si le projet de constitution révisée est rejeté, lamême assemblée constituante élabore un second projet.Si ce second projet échoue, il est procédé à l’électiond’une nouvelle constituante (art. 81). La révision partiellese fait par le Grand Conseil, lors de deux délibérations àsix mois d’intervalle (art. 82); le peuple tranche à la majo-rité absolue des citoyens inscrits lors d’un premier votede principe, puis à la majorité des votants lors du vote del’article sujet à modification et rédigé par le législatif.

7. Dispositions transitoires et finalesLes dispositions transitoires prévoient que la constitutionsera soumise au peuple (art. 83). En cas d’acceptation,

elle entrera immédiatement en vigueur et en cas de refusle Grand Conseil en délibérera à nouveau et soumettra lerésultat de ses travaux au vote du peuple. Dès son entréeen vigueur, la nouvelle constitution abrogera celle de1848 (art. 84). Dès l’acceptation de la nouvelle constitu-tion par le peuple, il sera procédé à la nomination desautorités constitutionnelles (art. 85). L’article 86 prévoitque les lois relatives à l’organisation des trois pouvoirsseront maintenues, jusqu’à leur mise en harmonie avec laconstitution.

B. Les problèmes en suspensLa constitution cantonale de 1857 doit recevoir la garan-tie de la Confédération. Celle-ci est accordée le 30 juillet1857, avec certaines réserves.La première porte sur le concordat entre l’Etat de Fri-bourg et l’Eglise catholique, prévu à l’article 2. Lesautorités fédérales veulent pouvoir examiner cetaccord. Pour éviter ce qu’il considère comme une ingé-rence de la Confédération dans ses affaires, l’Etat deFribourg ne conclura jamais de concordat avec Rome.En accord avec l’autorité pontificale, il passe une sériede conventions avec l’Evêque en 1858, 1859, 1873,1874 et 1924.La deuxième concerne l’article 16 qui prévoit l’obliga-tion du service militaire pour les Fribourgeois et lesSuisses habitant le canton. La Confédération précise quecet article doit être interprété dans le sens de la législationmilitaire fédérale.La troisième concerne l’article 20 qui prévoit que lesdépenses de l’Etat pour le culte et l’instruction publiquedoivent être équitablement répartis entre catholiques etprotestants en prenant pour base «le chiffre de la popula-tion indigène de chacune d’elles». Les autorités fédéralesprécisent que cette disposition doit être interprétée à lalumière de la Constitution fédérale de 1848 (art. 41 et 42):cela signifie que l’on doit tenir compte des Suisses desdeux confessions établis dans le canton pour faire ces calculs.La quatrième et dernière réserve concerne l’article 32 quiaccorde l’éligibilité aux citoyens actifs fribourgeois deplus de 25 ans. L’Etat fédéral invoque les mêmes disposi-tions de la Constitution fédérale que dans le cas précé-dent. Il s’agit d’accorder aux Suisses domiciliés dans lecanton et remplissant les conditions de durée de séjour,les mêmes droits qu’aux citoyens originaires du canton.Les constituants fribourgeois ont placé dans la charte fon-damentale deux dispositions qui peuvent poser problèmeà l’avenir. Il s’agit de l’article 15 tout d’abord qui prévoitque «l’administration devra surtout s’appliquer à rétablirle plus tôt possible l’équilibre entre les recettes et lesdépenses». Cette disposition est un peu vague et sonapplication est difficile: de 1857 à 1957, 78 exercicescomptables se sont terminés par un déficit et 23 par unbénéfice. L’autre disposition un peu problématique setrouve à l’article 80, qui prévoit que la révision totale sefait par une Constituante élue de la même manière que leGrand Conseil. On peut se demander quelle est la duréedu mandat de cette constituante: elle doit certes établir letexte du projet constitutionnel mais dans quel délai? Cettedurée est fixée actuellement dans la loi sur l’exercice desdroits politiques. Il pourrait y avoir des difficultés quantau fait de l’existence de deux assemblées bénéficiantsimultanément de la légitimité populaire et où certainespersonnes, élues dans les deux organes, porteraient deuxcasquettes.

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IV. L’évolution depuis 1857

A. 1857-1917: de la stabilité à la stagnationCette période de six décennies est marquée par un para-doxe. Le régime libéral-conservateur met sous toit uneconstitution plus démocratique que celle du régime radi-cal de 1848, mais il s’y cramponne ensuite de manièreexagérée, de sorte que les radicaux deviennent les cham-pions de l’extension des droits populaires. Ils ont du malà faire passer leurs idées, leur électorat représentant envi-ron un quart des citoyens actifs. Ils ont donc besoin deconvaincre et d’entraîner aux urnes les plus modérés desconservateurs, mais même dans ce cas, il n’arrivent pas àcréer une majorité.

1. La tentative de révision de 1872-74Cette révision s’inscrit dans un contexte bien particulier:au plan fédéral, il s’agit d’une refonte complète de laConstitution de 1848 et au plan cantonal, le séparatismedu Moratois s’est réveillé à la suite des choix ferroviairesdu Conseil d’Etat. Le canton doit aussi lutter contre lesdettes très lourdes issues de la reprise du chemin de ferBerne – Fribourg – Lausanne.Le Conseil d’Etat adresse un message au Grand Conseil,en date du 24 avril 1872. Il lui propose 7 révisions par-tielles qui prévoient:

1. de fixer les cercles électoraux dans la constitution etd’en créer un plus grand nombre de façon à uniformi-ser leur taille (art. 22);

2. d’accorder le droit de vote aux membres du clergé,alors qu’il était réservé jusqu’ici aux laïcs (art. 25);

3. d’introduire le référendum pour certaines lois (art. 28);

4. de réduire le nombre des députés au Grand Conseil de90 à 75, en changeant la clef de répartition: 1 députépour 1500 habitants au lieu d’un pour 1200 (art. 37);

5. de réduire le nombre des Conseillers d’Etat de 7 à 5, enrépartissant au sein du quintette restant le travail et lesrémunérations des sept anciens magistrats (art. 50);

6. de réduire le nombre de juges cantonaux de 9 à 7, auxmêmes conditions que pour l’exécutif cantonal (art.60, 63 et 72);

7. d’instaurer des incompatibilités entre certains emploispublics et le mandat de député au Grand Conseil(art. 32).

Le Grand Conseil, convoqué sous serment, traite de ces 7 révisions partielles en novembre 1872 (BGC 1872, pp.162-183). Le Conseiller d’Etat Joseph Jaquet résume lepoint de vue du gouvernement: «la société ne doit pas etne peut être immuable, mais bien tendre par la voie d’unsage libéralisme à l’amélioration de ses institutions et deses lois» (BGC 1872, p. 162). Les députés radicaux pro-fitent de ces débats pour tenter de faire passer de nou-veaux droits populaires: l’initiative législative, le vetolégislatif, l’élection populaire des préfets, des présidentsde tribunaux et des juges de district. Ils sont nettementbattus. Après la discussion en deuxièmes débats du 13 février 1873, le Grand Conseil retient quatre proposi-tions de révision partielle: la définition du nombre et dela taille des cercles électoraux dans la constitution, lesdroits civiques accordés aux ecclésiastiques, le référen-dum pour certaines lois et le principe des incompatibili-tés (BGC 1873, pp. 43-46). Le Conseil d’Etat précise,dans une proclamation du 24 mars 1873, quelles lois

seraient soumises au référendum: celles ayant trait auxcommunes et paroisses, à l’instruction primaire, auxdroits politiques, aux impôts et aux fortes dépenses.Le peuple se prononce le 20 avril 1873. La participationest moyenne: 17 273 votants sur 27 649 inscrits soit 62 %.Cela traduit le scepticisme d’une partie de la droiteconservatrice devant des concessions à l’opposition radi-cale. Pour qu’un objet soit accepté, il faut qu’il obtiennela majorité des inscrits, soit 13 825 voix. Les résultatssont les suivants:

Objet : Oui Non Résultat

Inscriptiondes cercles électoraux 14 853 2 021 Accepté

Augmentationdes cercles électoraux 4 222 12 615 Refusé

Incompatibilités 8 011 8 931 Refusé

Vote des ecclésiastiques 13 305 3 416 Refusé

Référendum législatif 13 305 3 737 Refusé

Ces résultats sont décevants, dans la mesure où les partisradical et conservateur ont prôné le oui. Les radicaux yvoient de petites concessions à la minorité et des progrèspour le canton alors que les conservateurs y reconnaissent«quelques réformes dont l’utilité est reconnue par tous lesvrais conservateurs» (Liberté du 18 avril 1873). Après levote, les radicaux concluent qu’il n’y a rien à attendre dugouvernement fribourgeois, dominé par l’influence cléri-cale (Confédéré du 30 avril 1873).La question de l’inscription des cercles électoraux n’estpas encore arrivée à terme. Après deux débats au GrandConseil (16 février et 17 août 1874), l’objet est soumis aupeuple le 27 septembre 1874. Les conservateurs appellentà voter oui, alors que les radicaux prônent le non ou l’abs-tention: ils ne veulent pas des 7 districts érigés en cerclesélectoraux mais d’une quinzaine de cercles de 5 à 7000âmes, ce qui leur assurerait une représentation parlemen-taire conforme à leur force électorale, notamment en villede Fribourg, en Gruyère et en Basse-Broye. Le votepopulaire est le suivant: 13 362 votants (sur 28 355 ins-crits, soit 48 %), qui se prononcent favorablement par 12 551 oui contre 1000 non. Le projet de révision passecar il ne requiert que la majorité des votants lors de laseconde consultation populaire.

2. La tentative de révision de 1884-1885En 1884, le Grand Conseil est saisi d’un document por-tant 11 382 signatures, dont 10 777 seront reconnuesvalables. Ce document demande l’élection des syndicspar le peuple. Le législatif se trouve placé devant undilemme: s’agit-il d’une pétition ou d’une demande derévision constitutionnelle? Le Grand Conseil en débat le13 mai 1884 (BGC 1884, pp. 129-131). La majoritéconservatrice soutient qu’il s’agit d’une pétition (leGrand Conseil peut la rejeter sans y donner suite), alorsque la minorité radicale estime qu’il s’agit d’unedemande de révision (le Grand Conseil doit la soumettreau peuple). Au vote, le point de vue des conservateurss’impose par 45 voix contre 15. L’affaire se poursuit le 20 mai 1884: la commission des pétitions ne se pronon-cera qu’en novembre, alors que l’opposition souhaite queladite commission se détermine dans la session de mai.Cette demande est repoussée à une majorité évidentecontre 15 voix (BGC 1884, pp. 153-155).La commission des pétitions fait son rapport le 15 no-vembre 1884. Elle constate que 10 777 signatures (sur

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11 382) sont valables et que 605 doivent être annulées. Lacommission estime qu’il s’agit d’une demande de révi-sion et qu’elle doit être transmise au Conseil d’Etat pourqu’il prenne les mesures nécessaires à l’organisation d’unscrutin populaire. Le Grand Conseil partage ce point devue, sans opposition (BGC 1884, pp. 194-196).La votation est prévue le 27 janvier 1885. Elle porte surl’article 76 de la constitution cantonale et prévoit l’éven-tuelle élection des syndics par le peuple. La campagne estassez vive dans la presse. Le Confédéré dénonce, dès le 9 janvier, la manœuvre des conservateurs qui vont orga-niser l’abstention, «n’osant pas combattre de face unequestion aussi démocratique». Le Confédéré appelle àplusieurs reprises à voter oui et conteste la nécessitéconstitutionnelle de la majorité des inscrits. La Libertéprône l’abstention «qui a la même valeur qu’un votenégatif». L’organe conservateur est même menaçant àl’égard de l’opposition que l’on verra «pénétrer piteuse-ment dans la salle de vote, au travers d’une foule qui lesconnaît déjà et qui après les connaîtra mieux encore».Lors de la votation, un tiers des électeurs, radicaux etconservateurs-libéraux, se déplace (9398 sur 27 497) etvote massivement pour le projet de révision: 8118 oui,1075 non et 205 bulletins blancs ou nuls. La révision estrefusée car elle n’a pas obtenu la majorité absolue desinscrits, 13 748 suffrages. L’opposition conteste l’inter-prétation du résultat lors de la séance du Grand Conseildu 25 février 1885 (BGC 1885, pp. 10-13), mais elle estbattue à une majorité évidente contre 18 voix. Elledénonce les pressions subies par ceux «qui ont dû aller àl’urne entre deux haies de personnes qui se moquaient,ricanaient et cherchaient à intimider les votants».

3. La tentative de révision de 1891-1894Le contexte est différent six ans plus tard. Les esprits ontévolué, les droits populaires s’étendent dans les cantonset l’opposition radicale s’impatiente. Les élections fédé-rales d’octobre 1890 servent de détonateur au méconten-tement: des incidents sérieux ont lieu à Morat et à Fri-bourg, qui font croire au gouvernement qu’il y a un«complot» de l’opposition radicale pour le renverser. Enfait, la crise économique et sociale ainsi que l’exaspéra-tion de beaucoup face aux manœuvres électorales desconservateurs sont une meilleure explication.Edouard Bielmann, le leader de l’opposition radicale,dépose une motion pour demander la révision totale de laconstitution cantonale. Dans son texte du 27 février 1891,il souhaite mettre en harmonie la charte fribourgeoiseavec la constitution fédérale de 1874 et les nouveauxbesoins de l’époque (BGC 1891, pp. 43-44). Bielmanndéveloppe sa proposition le 3 mars 1891 et il la précise. Ilveut la modification des cercles électoraux, la diminutiondu nombre des députés au Grand Conseil, des Conseillersd’Etat et des juges cantonaux, la nomination des syndicspar les assemblées communales et le remplacement de lamajorité absolue des inscrits par celle des votants pour levote de principe sur une modification constitutionnelle. Ilpréconise l’introduction du référendum législatif faculta-tif. Ces propositions déclenchent de vives discussions enGrand Conseil (BGC 1891, pp. 58-65). Les représentantsdu gouvernement et les députés conservateurs sont prêtsà accepter certaines révisions partielles nécessaires, maisne veulent suivre Bielmann dans l’idée d’une révisiontotale. Bielmann veut supprimer les antagonismes entremajorité et minorité au parlement, alors que le conserva-teur Paul Aeby constate: «chacun reconnaît qu’il y aquelque chose à faire mais sans tout bouleverser». Fina-lement, le député Paul Aeby propose de modifier la

motion Bielmann: il ne s’agirait plus d’une révisiontotale, mais d’une révision partielle que le Conseil d’Etatétudierait, en particulier les dispositions concernant larévision de la constitution. Au vote, il l’emporte à unemajorité évidente contre 7 voix.Le Conseil d’Etat fait son rapport lors de la session demai 1891 (BGC 1891, pp. 76-77). Il accepte l’idée d’unerévision partielle de 5 articles de la constitution. La com-mission du Grand Conseil fait son rapport lors de la ses-sion de mai 1892 (BGC 1892, pp. 90-91). Un débat s’en-gage alors le 17 mars 1892 (BGC 1892, pp. 12-29). Aprèsde longues discussions, le Grand Conseil écarte certainesidées chères aux radicaux: l’inscription du mode d’élec-tion des syndics dans la constitution (12 oui, 63 non) etl’introduction du référendum législatif facultatif (18 oui,54 non).Le peuple est consulté le 23 octobre 1892 et peut donnerson accord de principe à trois modifications partielles. Lapremière concerne la réduction du nombre des membresdu Tribunal cantonal (art. 60 et 72). La deuxièmeconcerne le renvoi à la loi sur les communes de tout ce quiconcerne les organes politiques des collectivités locales,y compris l’élection de leur syndic (art. 76 et 77). La troi-sième s’occupe de la modification du mode de réviser laconstitution cantonale: la majorité des votants suffirait (etnon plus la majorité des inscrits) lors du vote du principede la révision (art. 79).Les radicaux appellent à voter oui dans le Confédéré des9, 12, 16, 19 et 23 octobre 1892, même s’il s’agit d’une«révisionnette». La Liberté du 14 octobre appelle à voteroui à des «réformes bonnes en elles-mêmes et oppor-tunes». Surtout un non permettrait aux radicaux de solli-citer l’aide fédérale pour imposer des réformes.La votation de principe a lieu le 23 octobre 1892 et sus-cite un intérêt certain: 18 144 votants sur 28 330 inscrits,soit 64 % de participation.Les résultats sont les suivants, en se rappelant que lamajorité à atteindre est de 14 166 voix:Objet Oui Non Blancs, Résultat

nulsPremière révision(art. 60 et 72) 17 695 279 170 AcceptéDeuxième révision(art. 76 et 77) 17 370 513 261 AcceptéTroisième révision(art. 79) 17 566 308 270 AcceptéLe Grand Conseil rédige alors des projets d’articlesconstitutionnels en mai et novembre 1893 (BGC 1893,pp. 5–6, 21-23, 43, 117, 139, 161–162). Ces articles pas-sent en votation populaire le 14 janvier 1894. Il s’agit desdispositions suivantes:1. le Tribunal cantonal est composé de 7 juges et 14 sup-

pléants nommés individuellement pour huit ans par leGrand Conseil (art. 60);

2. aucun jugement d’un tribunal n’est valide s’il n’estréuni au complet, à l’exception du Tribunal cantonaloù 5 juges présents suffisent (art. 72);

3. tout ce qui a trait à l’organisation politique et adminis-trative des communes est renvoyé à la loi (art. 76);

4. l’Etat a la haute surveillance sur les communes maiscelles-ci ont, sous ce contrôle, la libre disposition deleurs biens (art. 77);

5. en cas de révision totale ou partielle, il est procédé à larévision si la majorité des votants se prononce enfaveur du principe (art. 79).

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Le peuple se prononce ainsi: 13 584 électeurs (49 %) des27 830 inscrits se déplacent et donnent des majorités trèsclaires en faveur des révisions.

Oui Non Blancs, Résultatnuls

Première révision(art. 60)Deuxième révision(art. 72) 12 304 1064 216 Accepté

Troisième révision(art. 76)Quatrième révision(art. 77) 11 577 1678 329 Accepté

Cinquième révision(art. 79) 11 931 1304 349 Accepté

Une des plus importantes révisions partielles prend ainsifin en 1894: la procédure de révision (totale ou partielle)est facilitée, mais rien ne va changer avant 1921!

4. La tentative de révision totale de 1897Cinquante et un citoyens, membres de l’opposition radi-cale, déposent une demande d’initiative visant la révisiontotale de la constitution. Cette demande du 11 février1897 est publiée dans la Feuille officielle du canton.Après le délai légal de 90 jours, le Conseil d’Etat fait pro-céder à la vérification des signatures obtenues: 5477 sur5748 sont valables. On constate que le nombre de 6000signatures n’est pas atteint et que l’on ne peut donnersuite à la demande d’initiative.

5. Le calme constitutionnel avant la tempêteS’il n’y a plus de projet de révision constitutionnelle, ilest faux de croire que la vie politique s’arrête. Le particonservateur est secoué par des séries d’affaires dou-teuses: scandale de la Banque de l’Etat, affaire des forêtsde Styrie, affaire Pictet, gestion catastrophique des che-mins de fer régionaux. Si l’opposition radicale n’arrivepas à déboulonner le régime dynamique de GeorgesPython, il est clair que cet «affairisme d’Etat» est générépar le manque de contrôle exercé sur la machine gouver-nementale. Ces affaires ne restent pas sans suite: GeorgesPython fait son mea culpa en Grand Conseil. Même si sonhonnêteté personnelle n’est pas mise en doute et qu’ilreste au Conseil d’Etat, son autorité s’affaiblit face àl’étoile montante de Jean-Marie Musy.La question du «pouvoir partagé» se pose: à part l’inter-mède Weissenbach au Conseil d’Etat (1906-1909), l’op-position radicale est exclue des rouages importants del’Etat. Une première solution provisoire est trouvée en1916, lors des élections au Grand Conseil: les conserva-teurs et les radicaux pratiquent une proportionnelle de faiten présentant des listes communes.Des questions restent ouvertes: que faire de l’extensiondemandée des droits populaires? que faire pour partagerle pouvoir une fois la guerre terminée? quelle attitudeadopter face à la montée du socialisme?

B. 1917-1972: un demi-siècle de démocratisation

1. La révision de 1917-1921La guerre mondiale, par les sacrifices qu’elle impose àtous et à toutes, met encore plus en évidence le retardconstitutionnel pris par le canton de Fribourg et lanécessité de faire confiance au peuple, si solide dans les

épreuves. La révolution soviétique, les révolutions enAllemagne et en Autriche-Hongrie ébranlent l’ordresocial. En Suisse, la grève générale, malgré ses revendi-cations en bonne partie justifiées et modérées, fait peuret certains craignent le «parti du désordre». Le calmerevient assez vite, une bonne part des revendications ducomité d’Olten sont appliquées, notamment l’électiondu Conseil national à la proportionnelle, dans des arron-dissements correspondants aux cantons. Cette vieillerevendication conservatrice puis socialiste brise l’hégé-monie radicale à la Chambre basse (60 % des siègesavec 40 % des suffrages). Le Conseiller d’Etat Musy,également parlementaire fédéral, fait du danger du «bol-chevisme» son fond de commerce, ce qui pousse lesradicaux à accorder un deuxième siège aux conserva-teurs et c’est Musy qui est élu au Conseil fédéral en1919.C’est dans ce contexte d’horreurs guerrières, d’espoirs depaix et de renouvellement institutionnel que le députéPaul Morard et sept de ses collègues conservateurs dépo-sent une motion, le 30 mai 1917 (BGC 1917, p. 138). Ilsproposent:

1. l’extension des droits populaires, dont la nominationdes Conseillers d’Etat par le peuple;

2. l’incompatibilité des mandats de député et deConseiller d’Etat;

3. la limitation du nombre de Conseillers d’Etat faisantpartie des Chambres fédérales;

4. la réforme de l’organisation judiciaire et de la procé-dure.

Si certaines propositions sont fort précises, Paul Morardreste vague sur les «droits populaires» qu’il veut fairepasser dans la Constitution. Le Grand Conseil discute decette motion le 27 novembre 1917 (BGC 1917, pp. 447-459). Paul Morard défend ses idées: il s’agit pour lui de«renouveler la face de nos institutions pour en conserverla substance». Il relève que les citoyens fribourgeois peu-vent souvent voter au plan fédéral, alors qu’ils sontréduits au rôle de sujets passifs en matière cantonale. LeGrand Conseil décide sans difficulté de transmettre cettemotion au Conseil d’Etat qui propose d’ailleurs sa priseen considération.La révision constitutionnelle revient sur le tapis uneannée après, le 10 novembre 1918. Ce jour-là, 29 députésconservateurs, emmenés par Emile Grand, déposent unemotion visant à la révision partielle de la constitution(BGC 1918, pp. 233-234). Ils souhaitent les changementssuivants:

1. l’introduction des droits populaires avec le référendumlégislatif obligatoire, l’initiative législative et un réfé-rendum financier limité;

2. l’élection des députés au Grand Conseil suivant unsystème de vote limité ou la proportionnelle, chaquedistrict formant un arrondissement électoral;

3. l’amortissement obligatoire de la dette publique selonun taux légal et la progressivité des impôts;

4. la création et le développement des œuvres sociales(assistance, logement populaire, assurance-vie popu-laire, conservation du sol agricole aux indigènes) parl’Etat avec des subventions communales;

5. l’abrogation des divers articles pour les mettre en har-monie avec la Constitution fédérale et les modifica-tions proposées ci-dessus; il s’agit aussi de fixer trois

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sessions ordinaires du Grand Conseil et d’élever lenombre d’habitants donnant droit à un député (1400 aulieu de 1200).

Cette motion est suivie d’une autre intervention, libérale-radicale cette fois-ci. Seize députés déposent, sous l’im-pulsion de Wilhelm Bartsch et d’Emile Gross, une motionen faveur d’une révision partielle de la constitution (BGC1919, pp. 233-234). Cette intervention du 7 mars 1919prévoit les nouveautés suivantes:

1. l’extension des droits populaires par la suppression desentraves dans l’exercice de l’initiative constitution-nelle (3000 au lieu de 6000 signatures requises), parl’introduction de l’initiative législative (3000 signa-tures), du référendum législatif facultatif (3000 signa-tures) et du référendum financier facultatif pour lesdépenses extrabudgétaires de plus de 500 000 francs(3000 signatures ou un quart des députés);

2. l’élection des Conseillers d’Etat par le peuple;

3. l’incompatibilité entre le mandat de député et la fonc-tion de Conseiller d’Etat.

Le Grand Conseil discute des motions Morard, Grand etBartsch le 23 mai 1919 (BGC pp. 412-424). Lors desdébats, Grand insiste qu’il ne s’agit pas «d’entreprendrele renversement de la Constitution en vigueur, mais bienson développement». Pour lui, la motion Morard, bonnesur le principe, est incomplète quant aux droits popu-laires. Pour Bartsch, «notre canton est celui où le corpsélectoral a la moindre influence sur l’élaboration, lamodification ou l’abolition des lois». S’il a choisi la pro-cédure de révision partielle, c’est qu’il y a urgence et quela révision totale prendrait trop de temps. La grandemajorité des intervenants et le Conseil d’Etat sont favo-rables à ces motions qui sont prises en considération àl’unanimité. Une commission parlementaire de 15membres doit examiner les trois textes et faire des projetsde décret sur les questions à soumettre au peuple.Le Grand Conseil se réunit en session extraordinaire le 26 décembre 1919 (BGC 1919, pp. 788-800). La com-mission présente ses conclusions au parlement. Elleaccepte les idées de motionnaires avec des modifications.Pour l’initiative et le référendum, elle propose de passerde 3000 à 4000 signatures, soit le septième et demi desélecteurs inscrits; elle ne veut pas de 6000 signatures,chiffre réservé à la modification de la constitution canto-nale. Pour la réduction du nombre de députés, elle pro-pose d’élever le nombre d’habitants donnant droit à undéputé à 1500. Le Grand Conseil élu en 1916 compte 115députés (1 pour 1200 habitants); le passage à un députépour 1400 donnerait 99 ou 100 parlementaires, alors quela clef de répartition de la commission créerait un légis-latif de 93 députés. La commission s’oppose à 1 députépour 2000 âmes, ce qui aboutirait à un mini-parlement de70 membres. Elle écarte aussi le système d’un nombrefixe à 100. Pour le système de vote lors de l’élection desdéputés, la commission retient la proportionnelle quiaurait donné, sur la base de 93 députés et des résultats del’élection au Conseil national de 1919, la physionomiesuivante au Grand Conseil: 66 conservateurs, 22 radi-caux, 5 socialistes. La commission écarte le système duvote cumulé et celui du vote limité. Elle ne veut pas intro-duire de dispositions constitutionnelles concernantl’amortissement de la dette publique, la progressivité del’impôt et la création d’œuvres sociales. Elle maintient lenombre de signatures nécessaires à une révision constitu-tionnelle à 6000. Le Grand Conseil accepte l’entrée en

matière et renvoie la discussion de détail à une séanceultérieure.Cette session dure du 26 au 28 janvier 1920 (BGC 1920,pp. 1-7, 9-19, 27-29). Les débats se focalisent sur certainspoints de friction. Le premier est le nombre de signaturespour valider un référendum ou une initiative dans ledomaine législatif. La proposition de la commission(4000) est battue par celle de Montenach (6000) par 30voix à 25, mais il y avait 45 députés absents! Le secondest l’opportunité du référendum financier, contestée parcertains conservateurs et écartée par 29 voix à 16. Le troi-sième est l’élection du Conseil d’Etat par le peuple,contestée par les députés Montenach et Delatena quin’obtiennent qu’une minorité de voix. Le quatrième est lemode d’élection du Conseil d’Etat. Le député Glassontente d’introduire l’élection à la proportionnelle, mais ilest mis en minorité. Le cinquième et dernier point de fric-tion est le nombre d’habitants donnant droit à un député:la commission soutient le chiffre de 1500, la salle étanttrop petite pour 115 députés, mais spacieuse pour 93; leGrand Conseil préfère en rester à un élu pour 1200 habi-tants, par 35 voix contre 26.En deuxième lecture, certaines questions reviennent surle tapis pour un baroud d’honneur. Pour l’initiative et leréférendum législatifs, la commission propose 5000signatures pour les valider et obtient 25 suffrages contre34 qui s’expriment pour 6000 signatures. Le député Dela-tena conteste l’élection du Conseil d’Etat par le peuple etobtient 16 suffrages contre 33 qui soutiennent l’électiondu gouvernement par le corps électoral.La votation populaire est fixée au 18 avril 1920: le peupleaura à se prononcer sur le principe des modificationsenvisagées en répondant à huit questions. Il s’agit:

1. de l’introduction de l’initiative législative populaire;

2. de l’introduction du référendum législatif facultatif;

3. de l’élection du Conseil d’Etat par le peuple;

4. de l’introduction de la proportionnelle pour l’électiondu Grand Conseil;

5. de la fixation de trois (au lieu de deux) sessions duGrand Conseil par an;

6. d’établir l’incompatibilité entre le mandat de députéau Grand Conseil et celui de Conseiller d’Etat;

7. de limiter à trois le nombre de Conseillers d’Etat sié-geant aux Chambres fédérales;

8. de confier l’organisation des tribunaux à une loi spé-ciale et non plus à la constitution cantonale.

Malgré l’accord de principe des conservateurs et des radi-caux, la campagne est assez vive. Certains conservateursde la Gruyère, regroupés autour du Fribourgeois, contes-tent l’élection du Conseil d’Etat par le peuple. Le journalradical l’Indépendant recommande à ses lecteurs de voterhuit fois oui (9 et 13 avril), tout en dénonçant lesmanœuvres de certains conservateurs «fribourgeoisistes»(7 avril). La Liberté fait preuve de pédagogie en expli-quant l’historique de cette révision et les motions desdéputés conservateurs (Morard, Grand et consorts). Cetarticle du 7 avril est suivi d’appels au bon sens populaire(12 avril) ainsi que de la publication des consignes ducomité cantonal conservateur: huit fois oui. La Liberté du17 avril lance un ultime appel: «électeur conservateur,suis les consignes de ton parti».Quels sont les résultats au soir du 17 avril 1920? sur 33 102 électeurs inscrits, 18 083 se présentent aux urneset votent ainsi:

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Blancs Oui Nonet nuls

1. Initiative législative 179 17 072 832

2. Référendum législatif 158 17 049 876

3. Election populairedu Conseil d’Etat 224 13 657 4202

4. Election du Grand Conseilà la proportionnelle 198 16 275 1610

5. Fixation de trois sessionsdu Grand Conseil 184 15 278 2621

6. Incompatibilité GrandConseil – Conseil d’Etat 169 16 803 1111

7. Limitation à 3 Conseillersd’Etat au Chambres fédérales 164 16 870 1049

8. Organisation des tribunauxpar une loi 278 16 508 1297

On constate de très larges victoires des oui, sauf pourl’élection du gouvernement par le peuple où la victoiren’est que de trois contre un. Les plus gros contingents derefus viennent de la Sarine (3226 oui, 1395 non), de laGruyère (2256 oui, 963 non) et de la Glâne (1062 oui, 783non), le résultat le plus serré se situe en Veveyse (583 oui,329 non).Le Grand Conseil doit rédiger les articles correspondantsaux décisions de principe prise par le peuple. Il en débatle 7 mai (BGC 1920, pp. 71-80) et le 13 novembre 1920(BGC 1920, pp. 186-188). Lors de la discussion du 7 mai1920, les députés sont conscients de la nécessité d’allervite si l’on veut appliquer les modifications décidées auxélections de 1921: il faudra modifier ou établir certaineslois qui découlent des révisions partielles sur lesquelles lepeuple sera appelé à se prononcer. Les députés débattentlonguement de la nécessité d’inscrire ou pas le moded’élection majoritaire du Conseil d’Etat dans la constitu-tion: ils décident de l’inscrire par 48 voix contre 17. Le 13 novembre 1920, la seconde délibération donne lieu àmoins de discussions: une dernière tentative visant à éle-ver le nombre d’habitants donnant droit à un député de1200 à 1500 échoue par 36 voix à 19.Le peuple est invité à se prononcer le 30 janvier 1921 surla révision de 22 articles de la Constitution. Il doitrépondre à huit questions, correspondantes à des disposi-tions modifiées de la Constitution. Un électeur sur deux(16 978 sur 33 888 ou 50,1 %) se rend aux urnes pourapprouver massivement les révisions partielles.

Blancs Oui Nonet nuls

1. Référendum législatif(art. 28bis) 260 16 040 678

2. Initiative législative(art. 28ter) 246 16 038 694

3. Forme et délais des droitspopulaires (art. 28 et 45) 275 15 969 734

4. Election du GC à lapropor-tionnelle (art. 36, 38, 40) 280 15 796 902

5. Trois sessions du GrandConseil (art. 42) 302 15 602 1074

6. Election du Conseil d’Etatpar le peuple (art. 29, 49) 255 15 683 1040

7. Incompatibilités avec lafonction de CdE (art. 50) 253 15 986 769

8. Organisation des tribunauxpar une loi (art. 59, 63-75) 288 15 916 774

Ce deuxième vote donne lieu à des résultats très positifsen faveur des diverses révisions partielles: le taux desacceptants oscille entre 91,8 et 94,7 %. Ainsi se terminecette importante phase de révision constitutionnelle. Cer-tains problèmes ne sont pas réglés: le peuple ne peutcontrôler les dépenses, même par un référendum finan-cier facultatif et il ne peut que difficilement exprimer sesdroits nouveaux. En effet, le processus de recueil dessignatures est très compliqué et la proportionnelle auGrand Conseil est pimentée d’une quorum de 15 %; oncomprend que l’opposition fasse de la loi sur l’exercicedes droits politiques la cible de ses attaques car elle al’impression qu’on lui prend d’une main ce qu’on luiaccorde de l’autre.

2. La révision de 1943-1948 ou la course d’obstaclesLe 9 juillet 1943, cinquante-sept citoyens libéraux-radi-caux rédigent une proposition de révision partielle de laconstitution. Ils souhaitent l’adjonction d’un article quiaurait la teneur suivante: «Toute loi ou décret entraînantune dépense extraordinaire de plus de 500 000 francs doitêtre soumis à la votation populaire, à la demande d’unquart des députés ou de 6000 citoyens». Ces citoyensdéposent une demande d’initiative à la Chancelleried’Etat le 17 juillet 1943. Le Conseil d’Etat prend unarrêté le 23 juillet 1943: les signatures pourront êtrerecueillies du 15 septembre au 13 décembre 1943.Le 4 mai 1944, la commission de validation du GrandConseil fait son rapport (BGC 1944, pp. 90-95). Elleconstate que l’initiative a recueilli 6748 signatures, dont6182 sont valables: l’initiative a donc abouti. Le GrandConseil accepte de valider l’initiative et nomme une com-mission de neuf membres chargée de lui donner un pré-avis à la session d’automne.Le 22 novembre 1944 (BGC 1944, pp. 284-293), leGrand Conseil examine le principe du référendum finan-cier facultatif. Le rapporteur de la commission, JosephKaelin, constate que 11 cantons connaissent le référen-dum financier obligatoire, que 5 pratiquent le référendumfacultatif et que 9 cantons et demi-cantons ignorent leréférendum financier. Il souligne que les représentantsdes partis conservateur, radical et agrarien soutiennent leprincipe du référendum financier facultatif. Les débatsconfirment cette unanimité de la commission et le GrandConseil fixe la votation populaire au 21 janvier 1945, enrecommandant le oui.Le peuple se rend aux urnes le 21 janvier 1945 de manièrepeu enthousiaste: 16 884 votants sur 44 801 inscrits, soitun taux de participation de 37,7 %. Il y a 309 bulletinsblancs et 83 bulletins nuls; les Fribourgeois acceptent leprincipe du référendum financier par 10 838 oui contre5654 non. Le Grand Conseil valide ce scrutin le 14 février1945 et charge le Conseil d’Etat de rédiger un articleconstitutionnel ad hoc (BGC 1945, pp. 94-96). Il nommeune commission pour examiner le travail de l’exécutif le2 mai 1945 (BGC 1945, pp. 126-127).Le Conseil d’Etat livre son travail le 19 octobre 1945. Ilpropose un article 28bis ainsi libellé: «il en est de même detoute décision du Grand Conseil entraînant une dépenseextrabudgétaire totale de plus d’un million de francs pourle même objet et n’ayant pas le caractère d’urgencereconnu par la majorité absolue du Grand Conseil». LeGrand Conseil débat de cette proposition différente decelle des initiateurs de 1943, le 27 novembre 1945 (BGC,pp. 326-350). Le rapporteur Joseph Kaelin constate

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qu’une minorité de la commission spéciale (3 sur 9)conteste le chiffre d’un million et propose 500 000 francsainsi que la possibilité accordée à une fraction du GrandConseil de lancer le référendum financier facultatif.Après un long débat, la version du gouvernement, légère-ment modifiée, l’emporte par 63 voix à 30. Le 28 mai1946 (BGC 1946, pp. 324-325), le Grand Conseil adopteen deuxième lecture la version du gouvernement par 54voix à 23. La votation populaire est fixée au 7 juillet 1946lorsque éclate un coup de tonnerre juridique: seizecitoyens radicaux font un recours de droit public au Tri-bunal fédéral et demandent qu’il soit sursis à la votationpopulaire. Les juges fédéraux font droit à cette demandeet la votation populaire doit être renvoyée. Le Tribunalfédéral statue sur le recours le 13 février 1947. Il affirmeque le canton de Fribourg ne connaît que l’initiative àréféré (demandant d’abord un vote de principe) et pasl’initiative formulée. Il admet également que le texterédigé par le Grand Conseil ne doit pas s’éloigner de lapensée des auteurs de l’initiative, tout en laissant au légis-latif le droit de proposer son propre projet de texte consti-tutionnel. En conclusion, il décide que les deux textesdoivent être soumis au peuple.Le Grand Conseil décrète, le 14 novembre 1947, que lesdeux versions du référendum financier (à 500 000 et à 1 million de francs) seront soumises au peuple (BGC1947, pp. 802 à 808). La votation populaire est fixée au14 mars 1948. La campagne est assez féroce. Dans laLiberté, Pierre Barras soutient le projet du Grand Conseil(1 million) et fustige la «duplicité radicale» et parle de«petite politique d’obstruction», tout en se laissant aller àtraiter ses adversaires de «pincée d’agitateurs partisans»et de «coterie de politicards». L’Indépendant dénonce les«bobards conservateurs» et parle de «république soustutelle». Les radicaux reçoivent l’appui des socialistes etdes agrariens mais cela sera-t-il suffisant pour ébranler laforteresse conservatrice majoritaire?Le peuple se rend aux urnes le 14 mars 1948. La partici-pation est plus élevée qu’en 1945: 24 177 votants sur 45 624 inscrits, soit un taux de participation de 53 %. Lesrésultats sont les suivants:

Projet du Grand Conseil Projet des initiateurs(1 million de francs) (500 000 francs)

Blancs et Oui Non Oui NonNuls

1193 8575 14 000 12 540 10 131

C’est donc un échec cinglant pour les conservateurs,lâchés par une partie de leur électorat, favorable à l’ex-tension des droits populaires. L’Indépendant du 18 mars1948 parle de «cruel désaveu» pour «nos grands auguresconservateurs». La Liberté observe un prudent silence, sebornant à constater que seule la Singine a suivi les motsd’ordre conservateurs.

3. La révision de 1947-1950 ou la Sarine coupée endeuxL’élection au Grand Conseil de 1946 a donné lieu à unecurieuse répartition des sièges entre la capitale et lesautres communes. Il y a 8041 électeurs en ville de Fri-bourg et 5544 dans les autres communes, soit une pro-portion de 59 % pour la capitale et de 41 % pour le restedu district. Les suffrages exprimés sont répartis ainsi:234 650 (59 %) à Fribourg et 163 628 (41 %) pour lesautres régions. L’affaire se gâte lorsque l’on examine lenombre d’élus: 31 «urbains» (82 %) et 7 «campagnards»(18 %).

Le député radical Henri Bardy et son collègue conserva-teur Séverin Bays déposent chacun une motion visant àcréer deux cercles électoraux dans la Sarine: il s’agit deséparer la cité des Zaehringen du reste du district. Cesmotions sont déposées le 4 février 1947 (motion Bardy)et le 6 février 1947 (motion Bays). Elles sont développéesle 9 septembre 1947 (BGC 1947, pp. 518-523). Le débatsur la transmission de ces motions a lieu le même jour(BGC 1947, pp. 527-531). Le gouvernement est favo-rable à la transmission en constatant qu’il n’y a pas eumanœuvre de la ville contre la campagne: les électeurs dela capitale panachent en gardant leurs candidats urbainssur les listes, alors que les campagnards ont pratiqué lebiffage à l’égard des candidats de leur région. Malgré desréserves de la part des socialistes, les motions ne sont pascombattues et sont donc transmises au Conseil d’Etat.Ce dernier rapporte le lendemain (BGC 1947, pp. 547-552) et se montre favorable à une révision constitution-nelle. Le Grand Conseil, malgré l’opposition des agra-riens et des socialistes, donne son feu vert par unemajorité évidente contre 19 voix.Le peuple se prononce le 14 mars 1948, en même tempsque sur le référendum financier. 53 % des citoyens votentet les 24 177 bulletins rentrés se répartissent ainsi: 756blancs et nuls, 19 295 oui et 4126 non. Le Grand Conseilrédige alors une modification de l’article 22 de la consti-tution cantonale, sans qu’il y ait débat (BGC 1948,pp. 449-451 et 1949, p. 486).Le peuple doit voter sur cette éventuelle modification le5 mars 1950. La participation est très forte: 76 % desélecteurs exercent leurs droits civiques. Les 34 820 bulle-tins se répartissent ainsi: 983 blancs, 72 nuls, 24 749 ouiet 9016 non.

4. Les autres tentatives de révisionLe député Bardy et 11 cosignataires radicaux déposentune motion le 4 février 1947. Ils demandent de modifierl’article 37 de la constitution cantonale: il s’agit de porterde 1200 à 1500 habitants le chiffre de la population don-nant droit à un député (BGC 1497, pp. 41-42). Le députéArmand Droz dépose, au nom du groupe radical indé-pendant, une motion visant la révision de l’article 49 al. 2de la constitution: cette proposition du 6 mai 1947 vise àfaire élire le Conseil d’Etat à la proportionnelle (BGC1947, p. 308). Ces motions sont développées le 9 sep-tembre 1947 (BGC 1947, pp. 518-531). Le député Bardytrouve que le Grand Conseil est trop nombreux (127membres) et gagnerait en efficacité, célérité et frais defonctionnement si le nombre de députés était réduit à 104.Le député Droz souhaite mettre en harmonie la réparti-tion des sièges au Grand Conseil et au Conseil d’Etat enpratiquant dans les deux cas la répartition selon le prin-cipe de la proportionnelle. Les motions ne sont pas com-battues et sont transmises au gouvernement.Le gouvernement répond le 14 mai 1948 et le GrandConseil doit déterminer quel sort il entend donner à cesmotions. La motion Droz ne passe pas la rampe (BGC1948, pp. 241-244) et celle du député Bardy est acceptéepour étude. Le Conseil d’Etat se prononce contre uneréduction du nombre des députés le 17 mai 1949 (BGC1949, pp. 458-461).

5. Les révisions partielles de 1950-1954Le 14 novembre 1950, le député socialiste Challameldépose une motion demandant «l’égalité des droits poli-tiques pour la femme fribourgeoise» (BGC 1950, p. 748).Il développe sa motion le 28 novembre 1950 (BGC 1950,

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pp. 906-911). Il appuie son argumentation sur les activi-tés de la femme au service de la famille, de l’économie etde la défense nationale de 1939 à 1945; il cite le pape PieXII: «il est du devoir des femmes d’entrer dans la viepublique.» Le Conseil d’Etat répond par un message des 17-24 avril1951 (BGC 1951, pp. 600-603). Il propose trois révisionspartielles de la constitution, la première reprenant en par-tie la motion du député Challamel. Ces révisions envisa-gées sont:

a) la modification de l’article 32, al. 2 dans le sens où lesfemmes pourraient accéder à certaines fonctions desordres judiciaire, exécutif et administratif (le Conseild’Etat pense notamment à la Chambre pénale desmineurs);

b) la modification de l’article 32 al. 1 dans le sens d’uneadaptation à la Constitution fédérale (art. 43, al. 4 et 5)permettant l’éligibilité des citoyens suisses établisdepuis plus de trois mois dans le canton;

c) la modification de l’article 26, litt. e avec l’abrogationde la disposition qui prive de la qualité de citoyensactifs les assistés ayant reçu des secours d’une boursedes pauvres dans l’année qui a précédé une consulta-tion populaire.

La votation populaire sur le principe de ces trois modifi-cations a lieu le 20 avril 1952. Au terme d’une faible cam-pagne, les Fribourgeois boudent les urnes: 13 087 votantssur 45 828 inscrits, soit 28,5 % de participation. Lesrésultats sont les suivants:

Blancs et nuls Oui Non

Eligibilité des confédérés 493 7991 4603

Accès des femmesà certaines fonctions 599 4964 7524

Droits civiques des assistés 870 6487 5730

A la suite de ce vote, les autorités rédigent les modifica-tions nécessaires aux articles 32, al. 1 et 26, litt. e. Lepeuple est appelé aux urnes le 21 février 1954 et montreun intérêt plus marqué pour le scrutin: 27 151 citoyenssur 45 480 vont voter, soit 59,7 %. Les deux choix posi-tifs de 1952 sont confirmés:

Oui Non

Eligibilité des confédérés 17 411 6923

Droit de vote des assistés 13 600 7084

6. Les tentatives de révision de 1951-1968Le 16 mai 1950, le député radical Droz dépose unemotion relative à l’élection des Conseillers aux Etats parle peuple (BGC 1950, p. 258). Il la développe le 7 février1951, soulignant que Fribourg est, avec Berne, Neuchâtelet Saint-Gall, un des derniers cantons où les Conseillersaux Etats ne sont pas élus par le peuple (BGC 1951, pp.88-89). Le Conseil d’Etat répond le 13 juillet 1951 (BGC1951, pp. 687-689). Il refuse la motion en se basant sur latradition: les députés au Conseil des Etats représentantl’Etat, c’est au plus haut organe de l’Etat de les élire. Lemotionnaire ne partage pas cette idée, mais il est battulors du vote de prise en considération de son texte: 37voix pour, mais 68 contre.Beaucoup plus délicate est l’affaire de l’initiative popu-laire lancée par le parti radical en 1953: il ne s’agit plusd’accepter ou d’écarter les idées d’un député, mais d’exa-miner une initiative ayant recueilli plus de 9000 signa-

tures. Que s’est-il passé? Le 29 janvier 1953, 35 citoyensdéposent une demande d’initiative pour la révision par-tielle de la constitution. La demande traite de 7 points:

a) introduction de la garantie du secret du vote dans laconstitution;

b) suppression des entraves dans l’exercice du droit d’ini-tiative et de référendum;

c) élection des Conseillers aux Etats par le peuple;

d) diminution du quorum à 10 %;

e) incompatibilité des fonctions de juge cantonal et deprésident d’un tribunal de district avec le mandat dedéputé;

f) réduction de 7 à 5 du nombre des Conseillers d’Etat,un seul d’entre eux pouvant siéger aux Chambres fédé-rales;

g) introduction d’une disposition constitutionnelledevant assurer la couverture de toute dépense budgé-taire nouvelle ou de toute dépense extrabudgétaire deplus de 500 000 francs.

Le Conseil d’Etat fixe le délai de 90 jours (27 février au27 mai 1953) pendant lequel les signatures peuvent êtrerecueillies et procède au contrôle des 9184 signaturesdéposées, dont 9176 sont valables.Le 25 novembre, le Grand Conseil débat de la validationde l’initiative (BGC 1953, pp. 754-768). Si la commis-sion de validation propose d’agréer la demande de vali-dité de l’initiative, le Grand Conseil est divisé. Certainsreprochent au texte d’être une initiative formulée de toutepièce et de ne pas respecter le principe de l’unité dematière. Finalement, la question de la validation est ren-voyée à une commission extraordinaire de 13 membrespar 67 voix à 45.La commission présente son rapport le 17 novembre1954. Ce rapport donne lieu à de longues discussions(BGC 1954, pp. 718-775). La commission est allée qué-rir l’avis de droit du professeur Giacometti de Zurich.Celui-ci conclut au fait que l’unité de matière n’est pasrespectée et que la demande d’initiative doit être déclaréenulle. Il émet une réserve en se fondant sur la pratique fri-bourgeoise de 1873, 1892 et 1920 et admet que l’on pour-rait soumettre le texte, divisé par objet, au peuple. Ilconstate cependant qu’un changement de cette pratiquene serait pas arbitraire. Un débat nourri s’engage jus-qu’au vote où l’on oppose l’idée de déclarer nulle lademande d’initiative à celle de la valider: 74 députés seprononcent pour la nullification contre 43 qui veulentsoumettre l’initiative au peuple. Le projet est-il enterrédéfinitivement? C’est mal connaître la ténacité du groupelibéral-radical.Le 19 novembre 1954, le député Dupraz et 26 cosigna-taires déposent une motion reprenant, pour l’essentiel, lespropositions de modifications constitutionnelles conte-nues dans l’initiative populaire de 1953 (BGC 1954,pp. 825-826). Cette motion est développée brièvement le18 février 1955 (BGC 1955, p. 291). Le Conseil d’Etatrépond le 29 février 1956 (BGC 1956, pp. 126-134). Cer-taines modifications proposées relèvent plus de lois àréviser que de changements constitutionnels. Le Conseild’Etat propose d’accepter de telles propositions pourétude, ce que le Grand Conseil approuve à l’unanimité. Ils’agit des idées suivantes: modifier la loi électorale pourrendre efficace le secret du vote, pour supprimer lesentraves à l’exercice des droits de référendum et d’initia-tive et pour abaisser le quorum électoral appliqué au

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Grand Conseil ainsi que pour modifier la loi financièreafin de réglementer la couverture des dépenses nouvelles.Les modifications qui supposent des révisions constitu-tionnelles subissent le sort suivant:

a) élection des Conseillers aux Etats par le peuple: refus(35 oui, 62 non);

b) incompatibilité des fonctions de juge et de député:refus (15 oui, 64 non);

c) élection du Conseil d’Etat à la proportionnelle: refus(37 oui, 61 non);

d) au maximum deux Conseillers d’Etat aux Chambresfédérales: refus (26 oui, 58 non).

C’est un quadruple refus qui bloque l’évolution constitu-tionnelle jusqu’au début des années 1970.Certains députés essayent de faire bouger les choses.Ainsi le député Sieber propose de faire élire les députésselon la clef de répartition d’un élu pour 1500 habitants(BGC 1958, pp. 339-340). Cette motion du 21 novembre1957 est développée le 21 mai 1958 (BGC 1958, pp. 339-340). Le député Sieber utilise les arguments suivants:l’exiguïté de la salle, les économies à réaliser et l’occa-sion de passer du quorum au quotient électoral. LeConseil d’Etat répond par une déclaration, le 12 no-vembre 1958 (BGC 1958, pp. 638-639). Le gouverne-ment signale qu’il prépare une révision de la loi électoraleet un rapport sur les propositions de modifications consti-tutionnelles.Le député Cottet profite du processus de modification dela loi électorale pour proposer, par voie de motion, l’in-troduction du suffrage féminin (BGC 1958, p. 792). LeConseil d’Etat répond le 25 février 1959 (BGC 1959, pp.214-216). Il constate que le peuple fribourgeois a refuséune initiative fédérale en faveur du suffrage féminin (20 janvier 1959) par 7985 oui contre 18 780 non. Il veutrespecter la volonté populaire tout en constatant quel’idée d’associer les femmes à la vie politique est enmarche. Il accepte donc la motion pour étude.La question du suffrage féminin est à nouveau soulevéeen 1966 par une motion du député Currat (BGC 1966, p.195) ainsi que par une motion du député Michel (BGC1966, p. 293). Le Conseil d’Etat répond le 15 novembre1966 (BGC 1966, pp. 1033-1035). Il constate que lasituation a évolué en faveur du suffrage féminin et il veutmanifester son sentiment favorable aux droits de lafemme. Il accepte les deux motions pour étude.Pendant ce temps, les idées de démocratisation de la viepolitique progressent. La question qui se pose est celle deleur concrétisation dans la constitution. Le Conseil d’Etatsaisit le Grand Conseil d’un projet de révision constitu-tionnelle le 20 janvier 1959 (BGC 1959, pp. 35-49). Cedocument contient des réflexions sur neuf possibilités derévisions partielles. Trois sont préavisées positivement. Ils’agit:

a) de bloquer le nombre total de députés à 130, chiffresupportable pour assurer une bonne représentation desrégions et pour exploiter l’espace de la salle tradition-nelle du Grand Conseil (art. 37);

b) de déplacer la session de février du Grand Conseil dupremier au troisième mardi du mois, afin de créer unespace de temps suffisant entre les sessions denovembre et de février (art. 42, al. 1);

c) de supprimer le vieil article 30, al. 2, qui prévoit queles fonctionnaires qui ont un domicile forcé dans unecommune dont ils ne sont pas ressortissants, peuvent

voter dans le cercle électoral de leur commune d’ori-gine; cette disposition ne correspond plus du tout à lasituation et à l’esprit du milieu du XXe siècle.

Six modifications sont évoquées mais pas soutenues. Ils’agit:a) de réduire à deux le nombre des Conseillers d’Etat fai-

sant partie des Chambres fédérales; le gouvernementsouhaite en rester à trois magistrats pouvant siéger àBerne au nom des intérêts généraux du canton;

b) d’élire le Conseil d’Etat à la proportionnelle, ce que legouvernement se refuse à envisager;

c) de faire élire les deux Conseillers aux Etats par lepeuple, ce que le gouvernement combat au nom de latradition que pratiquent encore Berne, Saint-Gall etNeuchâtel;

d) de dissocier dans le temps l’élection du Grand Conseilet du Conseil d’Etat selon le modèle de Genève; leConseil d’Etat s’y oppose;

e) de réduire le nombre des Conseillers d’Etat de 7 à 5(situation dans 9 cantons); le Conseil d’Etat n’est pasd’accord, car ce serait une fausse économie et celagênerait la représentation linguistique et régionale;

f) d’introduire le suffrage féminin; le gouvernementattend les résultats de la votation fédérale du 1er février1959 (qui sera négative au plan fédéral et très négativeau plan cantonal).

Le Grand Conseil va faire usage de son droit d’initiativeconstitutionnelle le 25 février 1959, au terme d’un longdébat (BGC 1959, pp. 195-216). Il va fixer quelles révi-sions partielles vont être soumises au peuple. Les troisrévisions soutenues par le Conseil d’Etat passent facile-ment la rampe, non sans que le nombre fixe de députés nesoit discuté: 130 (77 députés) ou 120 (23 députés). Lesmembres du Grand Conseil contredisent le gouvernementen fixant, à une majorité évidente, le nombre deConseillers d’Etat pouvant siéger aux Chambres fédé-rales à deux. Le parlement cantonal refuse par contrel’élection du Conseil d’Etat à la proportionnelle (40 oui,61 non), l’élection des Conseillers aux Etats par le peuple(43 oui, 67 non) et la réduction du nombre des membresdu gouvernement de sept à cinq (majorité évidente). Lesuffrage féminin est discuté, mais il est pris acte del’échec de la votation fédérale: 7885 Fribourgeois favo-rables, mais 18 780 opposés aux droits civiques desfemmes; les optimistes retiennent que sept communes fri-bourgeoises, dont la capitale, ont dit oui, ainsi que lescantons de Vaud, Neuchâtel et Genève.Il est clair que les oppositions radicale, socialiste et agra-rienne sont déçues des résultats des débats, les députésconservateurs chrétiens-sociaux faisant bloc pour préser-ver les positions de leur parti au Conseil d’Etat et auConseil des Etats.Finalement, le peuple fribourgeois se prononce le 27 sep-tembre 1959 sur quatre modifications constitutionnellesquant à leur principe:a) à l’article 26, pour atténuer les motifs de déchéance

des droits civiques;b) à l’article 30, al. 2, pour supprimer le vote des fonc-

tionnaires qui ont un domicile forcé dans une com-mune dont ils ne sont pas ressortissants, dans le cercleauquel appartient leur commune d’origine; ils voterontdésormais là où ils résident;

c) à l’article 37, pour fixer le nombre des députés auGrand Conseil à 130;

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d) à l’article 50, pour limiter à deux le nombre deConseillers d’Etat pouvant faire partie des Chambresfédérales.

La campagne est assez terne, puisqu’il n’y a pas d’oppo-sition de principe à ces révisions partielles; il y a parcontre une grande déception quant à l’absence de certainssujets proposés par l’opposition (mode d’élection duConseil d’Etat et du Conseil des Etats). Cette déceptiontransparaît dans l’Indépendant qui parle de «timide pas enavant» (11 septembre 1959), de «marche au rythme de latortue» ou de «révisionnette» (16 septembre 1959). Lesdélégués conservateurs se prononcent à l’unanimité pourles quatre révisions partielles et Pierre Barras tente deconvaincre les lecteurs de La Liberté de faire de même(21-27 septembre 1959), tout en rappelant les refus duparti majoritaire quant au mode d’élection du Conseild’Etat et des Etats.Les résultats du 27 novembre montrent une profondeindifférence (fruit de la frustration?) de la part du peuple:6238 votants sur 45 445 inscrits, soit un taux de partici-pation de 14 %! Il faut encore soustraire 143 bulletinsblancs et nuls.

Blancs Oui Nonet nuls

1. art. 26 (atténuation desdéchéances des droits 135 4427 1608civiques)

2. art. 30, al. 2 (vote etdomicile de certains 48 4487 1635fonctionnaires)

3. art. 37, al. 2 (Grand Conseilà 130 membres) 44 4678 1448

4. art. 50, al. 5 (2 CdE au plusaux chambres fédérales) 51 4414 1705

L’Indépendant constate que les projets gouvernementauxont attiré moins d’électeurs (env. 6000) que l’initiativeradicale de 1953 (plus de 9000 signatures); il parle de«constat de décès de la démocratie directe en pays de Fri-bourg» (29 sept. 1959).Le Conseil d’Etat et le Grand Conseil travaillent à larédaction des articles constitutionnels à soumettre aupeuple (BGC 1959, pp. 667-673, 1034-1044; 1960, pp.541 et 575-576). Le peuple se prononce le 21 octobre1960, en étant aussi peu enthousiaste qu’en 1959, puisqueseuls 5922 électeurs (13 %) sur 45 498 se déplacent auxurnes.

Blancs Oui Nonet nuls

1. art. 26 (atténuation desdéchéances des droits 181 4642 1096civiques)

2. art. 30, al. 2 (vote etdomicile de certains 196 4397 1326fonctionnaires)

3. art. 37, al. 2 (Grand Conseilà 130 membres) 188 4326 1405

4. art. 50, al. 5 (2 CdE au plusaux chambres fédérales) 208 4646 1065

7. Les grandes révisions de 1969-1972Les années 1960 n’ont pas vue la concrétisation de beau-coup des idées lancées par les oppositions au particonservateur chrétien-social. Il y a eu une «réformette»

plutôt qu’une réforme des institutions. Le contexte est entrain de changer: le parti indépendant chrétien-social(PICS) fait sécession et quitte le parti conservateur chré-tien-social, qui perd la majorité qu’il détenait au GrandConseil depuis 1881. Les élections de 1966 marquent untournant historique, accentué par le désir d’une majoritédes Fribourgeois d’acquérir davantage de droits démo-cratiques.C’est dans ce contexte que le député Bruno Fasel dépose,le 13 septembre 1968, une motion visant à la révisiontotale de la constitution cantonale (BGC 1968, p. 688). Ildéveloppe sa motion le 21 mai 1969 (BGC 1969, pp. 538-544). Le député Fasel se place dans la perspective de l’an-niversaire de 1981 pour lequel il faudrait rédiger une nou-velle loi fondamentale. Il constate que la constitution de1857 comptait 86 articles dont 20 sont abrogés; sur les 66articles restants, 17 sont touchés par des initiatives ou desmotions et 33 sont contestés par des interventions auGrand Conseil. Il propose de procéder à une large consul-tation et à une vaste campagne d’information, puis depréparer un projet de révision constitutionnelle. Cettemotion est prise en considération et renvoyé au gouver-nement le 10 février 1971.On va constater que c’est la voie des révisions partiellesqui va être empruntée. La première de ces révisions par-tielles concerne le suffrage féminin. Le Conseil d’Etatdépose, sur le bureau du Grand Conseil, un message ten-dant à donner le droit de vote et d’éligibilité aux femmesen matière cantonale et communale (BGC 1969, pp. 306-311). Dans ce texte, le Conseil d’Etat constate que l’opi-nion publique a évolué en faveur du suffrage féminin etqu’il serait inopportun d’attendre le résultat du processusconstitutionnel au plan fédéral. Le Conseil d’Etat proposede réviser les articles 25,32 et 33 de la constitution can-tonale.Le Grand Conseil débat du projet de révision le 21 mai1969 (BGC 1969, pp. 544-571). La commission constateque quatre cantons connaissent déjà le suffrage fémininen matière cantonale et que trois le pratiquent en matièrecommunale. Elle soutient, comme le Conseil d’Etat, l’en-trée en matière. Tous les groupes politiques du parlementsoutiennent le projet et son entrée en matière. Le votefinal donne le résultat suivant: 109 oui, 0 non, 8 absten-tions, 13 députés étant excusés ou absents.La campagne en faveur du oui est dynamique, comme sil’on se doutait qu’il y a des préventions et des traditionslourdes à vaincre. La Liberté soutient résolument le pro-jet sous la plume de Paul Torche (8-9 novembre 1969), deRoger Pochon (11 novembre), de Max Aebischer (12 novembre) et elle lance un appel aux électeurs le 13 novembre. L’organe radical l’Indépendant publie lesappels du comité favorable au suffrage féminin (28 octobre), ainsi que les articles de Pierre Nordmann (4 novembre) et de Claude Genoud (16 novembre).Le peuple fribourgeois avait dit non à l’initiative fédéralesur le suffrage féminin de 1959: les opposants l’avaientemporté dans une proportion de 2,5 contre 1. Le peuplefribourgeois vote sur le principe du suffrage féminin le 16 novembre 1969. Il y a 27 063 votants sur 50 770 ins-crits, soit 53 % de participation. Il y a 136 bulletinsblancs, 117 bulletins nuls, ce qui fait qu’il y a 26 810 bul-letins rentrant en ligne de compte: 19 038 Fribourgeois(71 %) se sont prononcés pour le principe du suffrageféminin, et 7772 s’y sont opposés (29 %).La presse salue ce vote. Pierre Barras parle dans LaLiberté du 17 novembre, d’un «tournant bien pris» etconstate que Fribourg est le 7e canton à accorder les droitsciviques aux femmes. Même constat dans l’Indépendant

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où l’on se réjouit que Fribourg soit le canton qui a donnéle plus fort taux de oui (18 novembre). Dans Travail, quia vigoureusement soutenu le suffrage féminin, Jean Rie-sen commente le succès de la votation en signalant «uneévolution irréversible» (21 novembre 1969).Un second vote est nécessaire, portant cette fois-ci sur lesarticles concrétisant l’introduction du suffrage féminin. Ils’agit de modifier les articles 25 (composition du corpsélectoral), 32 (éligibilité) et 33 (incompatibilités). LeConseil d’Etat adresse un message en ce sens au GrandConseil, le 13 janvier 1970 (BGC 1970, pp. 34-39). Ilpose la question d’une éventuelle augmentation dessignatures nécessaires pour le référendum et l’initiative:Vaud a passé de 6000 à 12 000 signatures, Neuchâtel de3000 à 6000, Genève de 3500 à 7000. Le Conseil d’Etatrelève que «même doublé, ce nombre reste, comparative-ment à la population de ces cantons, relativement faiblepar rapport à celui qui est requis par le canton de Fri-bourg».Le Conseil d’Etat se prononce pour le statu quo. Ladeuxième votation sur le suffrage féminin a lieu le 7 février 1971, en même temps que celle sur les droitsciviques des femmes au plan fédéral. Les journaux fri-bourgeois vont vigoureusement soutenir les deux initia-tives. La Liberté donne la parole, du 29 janvier au 3 février, à des leaders politiques favorables au suffrageféminin: Gaston Sauterel (PS), Noël Ruffieux (PICS),Georges Ducotterd (PAI), Pierre Dreyer (PDC) et LucienNussbaumer (PRD). Pierre Barras conclut en appelant, le5 février, à un «oui de la raison aussi». L’Indépendantdonne l’occasion (le 21 et 28 janvier ainsi que le 4 février) à des personnalités radicales de s’exprimer enfaveur du suffrage féminin: Liselotte Spreng, Pierre Glas-son, Pierre Nordmann, Lucien Nussbaumer, Jean Nord-mann et Paul Genoud. Le Travail soutient aussi ferme-ment les deux initiatives (22 et 29 janvier, 5 février).Les Fribourgeois votent avec un bon taux de participation(54,4 %). Les suffrages favorables aux droits civiques desfemmes ont encore progressé: 19 843 oui (73,8 %) contre7039 non (26,2 %).La lutte va être beaucoup plus intense à propos de troisinitiatives radicales tendant à des révisions partielles de laconstitution cantonale. 66 personnalités radicales dépo-sent, le 24 octobre 1968, trois initiatives populaires visantà faire élire les Conseillers aux Etats et les préfets par lepeuple et à instaurer le référendum financier obligatoirepour les dépenses supérieures à trois millions. Ces initia-tives recueillent respectivement 8888, 8849 et 8912signatures valables.Le Conseil d’Etat adresse une série de messages au GrandConseil à l’automne 1969. Il propose de rejeter l’électiondes Conseillers aux Etats par le peuple, qui n’est pas«conforme aux traditions de la vie politique fribour-geoise» (BGC 1970, p. 5). Il s’oppose à l’élection despréfets par le peuple, qui ferait de ces magistrats les «pri-sonniers d’une majorité politique». Le statut actuel estpréférable, car il fait du préfet «un intermédiaire objectif,ferme et bienveillant entre le Conseil d’Etat qu’il repré-sente et les intérêts de la population qu’il connaît et qu’ildéfend» (BGC 1970, p. 12). En ce qui concerne le réfé-rendum financier obligatoire, le Conseil d’Etat constateque le référendum facultatif n’a jamais été employédepuis 20 ans et que, dans les quinze cantons où un telréférendum existe, les taux de participation sont faibles(20-30 %). Le Conseil d’Etat affirme que «l’initiativetend à paralyser l’action de l’Etat et à l’empêcher de réa-liser ses objectifs». Le Conseil d’Etat recommande derejeter cette initiative.

Le Grand Conseil débat des trois initiatives en février1970 (BGC 1970, pp. 98-126 et 133-150). L’enjeu tourneautour de la recommandation que le peuple recevra duGrand Conseil, pour ou contre les projets.Pour l’élection des Conseillers aux Etats par le peuple, leGrand Conseil suit sa commission spéciale qui renonce àformuler une recommandation, le parlement étantconcerné par une éventuelle perte de ses pouvoirs. Ledéputé Peter Raemy propose de garantir un siège à laminorité alémanique, ce qui est refusé en deuxième lec-ture, au nom de l’unité de matière. La discussion surl’élection des préfets par le peuple est tendue: 51 députés,dont le président du Grand Conseil recommandent le ouiet l’emportent sur leurs 51 collègues! En deuxième lec-ture, le Grand Conseil invite le peuple à rejeter l’initiativepar 65 voix à 54. En ce qui concerne le référendum finan-cier obligatoire, la commission propose le rejet, au nomde «l’excès de démocratie». Les radicaux soulignent quequinze cantons connaissent déjà ce type de référendum.Tous les autres groupes politiques refusent le projet etrecommandent au peuple de voter non: 76 députés les sui-vent contre 30 parlementaires qui soutiennent la recom-mandation du oui.La campagne est assez vive. Dans La Liberté, Pierre Bar-ras répète les mots d’ordre conservateurs: liberté de votepour l’élection des Conseillers aux Etats, refus de l’élec-tion des préfets par le peuple («petite politique parti-sane») et du référendum financier obligatoire («falla-cieux système»). L’Indépendant veut «éliminer lesderniers obstacles au fonctionnement normal de la démo-cratie fribourgeoise» (2 juin 1970). Le Travail prône deuxoui (élection populaire des Conseillers aux Etats et despréfets) et un non (référendum financier obligatoire).Les résultats du scrutin sont assez inattendus. Le taux departicipation est élevé (63 %) car ces votations cantonalesavaient lieu en même temps que la votation fédérale surl’initiative Schwarzenbach. Quelles sont les issues destrois consultations cantonales du 7 juin 1970?

Inscrits Votants Blancs Nuls Oui Non

Election desConseillersaux Etatspar le peuple 51 113 32 128 646 258 22 986 8 238

Election despréfets par lele peuple 51 113 32 132 444 332 21 235 10 121

Référendumfinancierobligatoire 51 113 32 136 537 349 20 454 10 796

Si l’élection des Conseillers aux Etats par le peuplen’était pas contestée, le succès des deux autres initiativesest une surprise, accentuée par l’ampleur des deux vic-toires. Avec raison, La Liberté du 8 juin 1970 conclut à«un désaveu des partis politiques et des membres duGrand Conseil». L’Indépendant triomphe, car les radi-caux ont été les seuls à prôner le triple oui et parle du«vote historique du 7 juin».Le Grand Conseil adopte les articles constitutionnels adhoc en novembre 1970 (BGC 1970, pp. 904-909, 915-918, 922-929, 1180-1189, 1256-1263). Il n’y a guère dediscussions, sauf sur le moment où entrera en vigueurl’élection des préfets par le peuple: les radicaux propo-sent 1972 et le Conseil d’Etat 1976: cette date l’emportede peu (59 voix à 48). Les deuxièmes lectures se dérou-lent le 30 juin 1971 (BGC 1971, pp. 746-754). Deuxpasses d’armes ont lieu. La première concerne le moment

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de l’entrée en vigueur de l’élection des Conseillers auxEtats par le peuple: le Grand Conseil impose (par 60 voixà 58) l’élection simultanée des deux magistrats fédérauxen 1972. La seconde a trait au moment de la premièreélection des préfets par le peuple: les radicaux proposent1973 au plus tard, alors que le Conseil d’Etat maintient leterme de 1976 et l’emporte de justesse (58 voix à 54).Certaines voix s’élèvent contre le référendum financierobligatoire, «fruit empoisonné», dont le montant paraîttrop bas, même aux yeux de certains radicaux, soucieux àla fois de laisser agir le gouvernement et de ne pas alour-dir la dette cantonale.Le peuple a le dernier mot le 5 mars 1972, lorsqu’il doitse prononcer sur les articles constitutionnels rédigés parles pouvoirs publics. On attend ce scrutin avec intérêt: lepeuple va-t-il confirmer ses choix de principe de 1970 etcomment va voter l’électorat féminin? Le taux de partici-pation est médiocre: 29 % des 104 800 électeurs et élec-trices se déplacent.

Oui Non

Election des Conseillers auxEtats par le peuple 21 361 8 554

Election des préfets par le peuple 18 787 11 723

Référendum financier obligatoire 17 264 13 034

Si l’élection populaire des Conseillers aux Etats est plé-biscitée comme en 1970, l’écart s’est un peu resserré pourles deux autres objets.

C. 1973-1998: les révisions récentesLes événements des 25 dernières années étant suffisam-ment proches, ils seront rapidement évoqués dans cettepartie.En 1976, le peuple fribourgeois est amené à se prononcersur le principe de cinq modifications constitutionnelles.Les 111 020 électeurs et électrices inscrits doivent donnerleur avis sur l’institution d’une juridiction administrative,sur la simplification de la révision partielle de la consti-tution (suppression du vote de principe), sur une restric-tion des conditions de privation des droits civiques, sur lafixation des séances du Grand Conseil dans la loi concer-nant cet organe législatif et sur l’abaissement de l’éligibi-lité à 20 ans. Seuls 26 831 citoyens et citoyennes (24 %du corps électoral) se déplacent aux urnes. Ils disent 4fois oui et, d’un cheveu, une fois non:

Votants Blancs Nuls Oui Non

Institution de lajuridiction adminis-trative 26 831 2290 115 13 057 11 369

Simplification de larévision constitu-tionnelle 26 831 2306 120 13 923 10 482

Restriction de laprivation des droitsciviques 26 829 2263 123 14 196 10 247

Fixation des séancesdu Grand Conseildans la loi 26 829 2310 124 14 336 10 059

Eligibilité à 20 ans 26 829 1757 114 12 287 12 671

La faible participation, le nombre élevé de bulletinsblancs et nuls, l’étroitesse des scores pour les quatremodifications acceptées et le refus de la cinquième mon-

trent une certaine méfiance face au gouvernement et auxchangements, en soi peu spectaculaires, qu’il propose. Lagrogne populaire est alimentée par l’état des financescantonales et certaines dépenses envisagées (routes,extension de l’Université).Le Grand Conseil travaille, de concert avec l’exécutif, àrédiger les articles constitutionnels correspondants à lavolonté populaire. Ils sont proposés au scrutin populairele 24 septembre 1978. Sur 113 518 inscrits, 39 538 (35 %du corps électoral) prennent par au vote. Les électeurs etélectrices confirment leurs quatre choix de 1976, nonsans un nombre record de bulletins blancs:

Votants Blancs Nuls Oui Non

Institution de lajuridiction adminis-trative (art. 52) 39 521 7817 138 22 601 8965

Simplification de larévision constitu-tionnelle (art. 78-82) 39 407 7678 139 22 879 8711

Restriction de laprivation des droitsciviques (art. 26) 39 538 7167 133 24 098 8140

Fixation des séancesdu Grand Conseildans la loi (art. 42) 39 527 7232 137 23 573 8585

Cette votation marque une étape importante: c’est la der-nière fois qu’une révision partielle avec plusieurs objetsdoit franchir l’écueil des deux scrutins (vote de principeet vote définitif de l’article ad hoc). Le Conseil d’Etat asoumis au peuple, le même jour, un projet de révisionconcernant la responsabilité de l’Etat et des collectivitéspubliques en cas de dommage causé par leurs agents. Lasimplification de la révision constitutionnelle n’étant pasentrée en vigueur, car soumise au vote en ce 24 septembre1978, la proposition est soumise à un vote de principe:

Votants Blancs Nuls Oui Non

Responsabilitédes agents de l’Etat 39 423 7389 157 23 087 8810

Les pouvoirs publics rédigent alors l’article 14bis de laconstitution, qui prévoit la responsabilité des collectivitéspubliques en cas de dommage causé sans droit à autruipar leurs agents, dans l’exercice de leur fonction. L’agentrépond du dommage causé en violant ou en négligeantgravement ses devoirs de service. Le peuple vote pour ladernière fois en deux temps: il se prononce sur l’articlerédigé par les autorités le 2 mars 1980. 115 472 citoyenset citoyennes sont inscrits et 34 652 vont voter (30 % desinscrits). Le résultat est assez clair:

Votants Blancs Nuls Oui Non

Responsabilitédes agents de l’Etat(art. 14bis) 34 652 2751 250 22 650 9001

En 1981, le peuple est amené à se prononcer sur l’élec-tion du Conseil d’Etat à la proportionnelle. Les électionsde 1971 avaient amené la formation d’un Conseil d’Etatformé de 4 démocrates-chrétiens, 2 socialistes et unUDC. En 1976, les Fribourgeois envoient au gouverne-ment 4 PDC, 2 radicaux et 1 UDC. Le parti socialiste,deuxième formation politique cantonale, est exclu del’exécutif et veut supprimer les effets du système majori-taire dans l’élection du gouvernement. Un contre-projetest opposé à l’initiative: il s’agit d’empêcher un parti non

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majoritaire au Grand Conseil d’avoir une majorité auConseil d’Etat. Les démocrates-chrétiens parlent d’une«proportionnelle de fait», ce qui conduirait à l’élection detrois des leurs et à l’abandon de leur alliance avec l’UDC.Le peuple se prononce le 18 janvier 1981. Il n’est pas pas-sionné par cette joute électorale: 26 905 citoyens etcitoyennes se déplacent aux urnes, soit 23 % des 116 329inscrits. Ils s’opposent à l’initiative et au contre-projet:

Blancs Nuls Oui NonElection du Conseil d’Etat à la proportionnelle 176 128 11 627 14 612

Contre-projet 176 128 12 007 13 818

Les élections de 1981 amèneront cette formule de «pro-portionnelle de fait» au Conseil d’Etat avec l’élection de3 PDC, 2 socialistes et 2 radicaux. Les élections suivantesmontreront que cette «formule magique» n’est pas stable,le peuple aimant avoir le dernier mot, au détriment desétats-majors de parti. S’agit-il d’un prolongement de lavotation du 18 janvier 1981? En tout cas, le peuple met satouche dans le choix des membres du Conseil d’Etat,comme le montre le tableau qui suit:

PDC PS PRD UDC PSD IND1981 3 2 21986 3 2 1 11991 3 2 1 11996 3 2 1 1

En 1982, les autorités proposent au peuple de réviser lesrapports entre l’Eglise et l’Etat. Il s’agit de réécrire l’ar-ticle 2 de la constitution cantonale en y inscrivant laliberté de conscience et de croyance ainsi que la liberté deculte, en y donnant un statut de droit public à l’Eglisecatholique romaine et à l’Eglise évangélique réformée etun statut de droit privé aux autres communautés reli-gieuses. Le sujet intéresse modérément les Fribourgeoiset les Fribourgeoises: 42 376 (36 % du corps électoral)d’entre eux se rendent aux urnes et se prononcent favora-blement:

Blancs Nuls Oui NonRévision des rapportsEglises – Etat 1920 108 29 327 11 021

En 1983, il s’agit de ramener de 8 à 5 ans la période pourlaquelle les juges cantonaux sont nommés par le GrandConseil. Cette idée d’uniformiser la durée des fonctionsau sein des 3 pouvoirs est présenté au peuple le 27 février1983. L’intérêt pour cet objet est médiocre. 31 439 élec-teurs et électrices se déplacent aux urnes, sur un total de120 764 inscrits, soit un taux de participation de 26 %. Lepeuple se prononce favorablement:

Blancs Nuls Oui NonRéduction de la périodede nomination desjuges cantonaux 1252 132 21 789 8266

En 1984, le peuple fribourgeois est saisi d’une initiativevisant à abaisser l’âge de l’éligibilité au Grand Conseil de25 à 18 ans. Cette révision survient au moment où desvotations fédérales passionnent l’opinion publique etdéclenchent une rafale de non. 65 069 électeurs et élec-trices se rendent aux urnes, soit un taux de participationde 53 %. Le résultat est négatif:

Blancs Nuls Oui NonAbaissement de la majorité civique à 18 ans 642 114 26 820 37 483

Ce vote de méfiance envers la jeunesse est en grande par-tie effacé par une autre proposition de révision constitu-tionnelle qui est acceptée: il s’agit d’abaisser l’âge del’éligibilité au Grand Conseil de 25 à 20 ans. Le peuplefribourgeois vote le 9 juin 1985 en faveur du projet, maissans grand enthousiasme, le taux de participation est de29 % (35 904 votants sur 125 589 inscrits).

Blancs Nuls Oui NonEligibilité au GrandConseil à 20 ans 709 100 21 342 13 753

Le référendum financier, vieux de 40 ans, est remis enquestion en1986: il s’agit de remplacer les seuils fixés enfrancs et devenus obsolètes par des pourcentages descomptes de l’Etat. Le référendum facultatif en matièrefinancière peut être demandé dès qu’une dépense dépasse0,25 % des derniers comptes étatiques; le référendum estobligatoire dès qu’une dépense s’élève à plus de 1 % deces mêmes comptes. Le peuple se rend aux urnes le 8 juin1986 dans une grande indifférence: 12 923 votants sur127 923 inscrits, soit un taux de participation de 10 %.C’est un petit oui qui sort des urnes:

Blancs Nuls Oui NonModification du référendumfinancier 193 11 7265 5454

L’autonomie communale devient un enjeu des révisionsde la constitution cantonale en 1987 et en 1992. En 1987,il s’agit de biffer de la charte fondamentale une disposi-tion (art. 52, al. 1, lettre f), qui permet au Conseil d’Etatd’autoriser la vente ou le partage des immeubles commu-naux. 44 199 Fribourgeois et Fribourgeoises sur 129 462inscrits accomplissent leur devoir civique, soit un taux departicipation de 34 %. Le verdict populaire est le suivant:

Blancs Nuls Oui NonVente et partaged’immeubles communaux 2743 147 31 829 9480

En 1989, le peuple fribourgeois est saisi de deux proposi-tions de révision ayant trait à l’organisation judiciaire:l’une a pour but de créer un Tribunal administratif etl’autre de faire élire les juges cantonaux et les présidentsdes tribunaux d’arrondissement par le peuple. Si la créa-tion du Tribunal administratif (art. 65) n’est guère contes-tée, l’élection des juges par le peuple fait l’objet de vifsdébats, sur le thème de la surreprésentation du PDC et dela sousreprésentation du PS dans les instances judiciaires.Le peuple a le dernier mot le 26 novembre 1989 et il sedéplace en masse vers les urnes: 88 909 votants au sujetdu Tribunal administratif et 89 114 à propos de l’électionpopulaire des juges, soit des taux de participation de prèsde 66 %! La votation «pour une Suisse sans armée», n’yest pas étrangère. Les résultats sont les suivants:

Blancs Nuls Oui NonCréation d’un Tribunaladministratif 8561 227 51 753 28 368

Election des juges parle peuple 5606 207 36 148 47 089

En 1990, la constitution cantonale est révisée sur le déli-cat sujet des langues officielles. L’article 21 disait que leslois, décrets et arrêtés devaient être publiés dans leslangues française et allemande, le texte français étant letexte original. Les autorités trouvent une formule quiassure l’égalité entre les deux langues tout en calmant lesinquiétudes de ceux qui craignent un déplacement de la«frontière des langues». Le nouvel article proposé fait du

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français et de l’allemand les langues officielles en réglantleur utilisation selon le principe de la territorialité. Deplus, l’Etat doit favoriser la compréhension entre les deuxcommunautés linguistiques. Le consensus qui règne surles principes proposés ne favorise pas le taux de partici-pation: 36 % du corps électoral s’exprime, le 23 sep-tembre 1990.

Blancs Nuls Oui Non

Langues officielles 2150 87 39 500 7701

La question de la majorité civique revient sur le tapis en1991. Il s’agit d’adapter celle-ci à ce qui se passe au plansuisse et européen. La révision porte sur l’article 25,chiffre 1, lettre a, qui fixe l’âge où les citoyens actifsvotent. L’idée est de l’abaisser de 20 à 18 ans. Le peuplese prononce le 3 mars 1991: 51 % des 137 489 électeursse rendent aux urnes.

Blancs Nuls Oui Non

Majorité civique à 18 ans 574 379 47 143 21 951

La question de l’autonomie communale est posée demanière plus fondamentale en 1992. Il s’agit d’introduireun article 75bis qui affirme que les communes sont auto-nomes dans les limites de la Constitution et de la loi. Laquestion est posée dans un contexte où les charges descollectivités publiques augmentent et où l’on discute derépartition des tâches entre le canton et les communesainsi que de collaboration intercommunale. Le peuple fri-bourgeois montre un intérêt relatif pour la question:51 167 (36 %) des 144 022 inscrits se rendent aux urnesle 16 février 1992.

Blancs Nuls Oui Non

Autonomie communale 3728 201 37 168 10 070

La dernière tentative de révision constitutionnelle a lieuen 1997. L’initiative «toutes citoyennes, tous citoyens»propose d’accorder le droit de vote et d’éligibilité enmatière communale et cantonale aux étrangers remplis-sant certaines conditions de durée de séjour en Suisse. Lepeuple se prononce le 16 mars 1997, avec un taux de par-ticipation moyen (34 %), mais sans équivoque quant aufond:

Blancs Nuls Oui NonToutes citoyennes,tous citoyens 589 108 12 081 38 412

D. PerspectivesEn conclusion, on peut constater que la Constitution de1857 est formée d’un socle d’origine sur lequel se sontdéposées des strates, constituées par des révisions par-tielles successives, effectuées en 1894, 1921, 1948, 1960,1971 et 1972 entre autres. Il y a nécessairement unegrande disparité entre le texte de base et les ajouts suc-cessifs: les langages employés sont fort divers et des dis-positions vieillies subsistent.La constitution cantonale de 1857 n’a jamais été l’objetd’une révision totale. Elle a été établie pour une sociétélargement agraire, comptant 100 000 habitants. Les révi-sions partielles entreprises suffisent-elles pour l’adapter àune société postindustrielle de plus de 222 000 per-sonnes? On peut légitimement se poser la question del’opportunité d’une révision totale, car certains chapitresméritent une refonte complète, notamment ceux qui pré-cisent les droits et les devoirs de l’être humain, les tâches

accomplies par l’Etat et celles relevant des communes,les principes de la politique financière de l’Etat, lesdécoupages administratifs et électoraux ou l’extensiondes droits populaires.Le canton de Fribourg n’a-t-il pas besoin d’une chartefondamentale remise à jour, pour entrer d’un pas ferme etassuré dans le XXIe siècle?

BOTSCHAFT Nr. 110 29. September 1998zum Dekretsentwurf über die Einleitung der Total-revision der Staatsverfassung

Wir unterbreiten Ihnen hiermit einen Dekretsentwurf, derdie geplante Totalrevision der Staatsverfassung konkreti-siert, die bereits in verschiedenen Antworten auf parla-mentarische Vorstösse und in den Regierungsrichtliniender zwei letzten Legislaturperioden angekündigt wurde.Die vorgeschlagene Überarbeitung unserer Verfassungwird die Geschichte des Kantons Freiburg zweifelsohneprägen. Das zeitliche Zusammenfallen mit dem 150-Jahr-Jubiläum des Schweizerischen Bundesstaates ist wederZufall noch rein symbolischer Natur. Die geplante Ver-fassungsrevision bringt den Willen der Regierung zumAusdruck, den Kanton Freiburg im Hinblick auf denSchritt in das dritte Jahrtausend mit den geeigneten Mit-teln und Instrumenten zu versehen, damit er seine Stel-lung innerhalb des Bundes verstärken und die interkanto-nale und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zumWohle seiner Bevölkerung ausbauen kann.In der vorliegenden Botschaft werden vor allem dieGründe für die Totalrevision und die Modalitäten diesesVerfahrens dargelegt.

AbkürzungsverzeichnisAbs. AbsatzArt. ArtikelBBl BundesblattBGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des

Schweizerischen BundesgerichtsBV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidge-

nossenschaft vom 29. Mai 1874 (SR 101)EFTA Europäische FreihandelsvereinigungEWR Europäischer Wirtschaftsraumf. und folgende(r)ff. und folgendeFHG Gesetz vom 25. November 1994 über den Finanz-

haushalt des Staates (SGF 610.1)GABRGesetz vom 18. Februar 1976 über die Ausübung

der bürgerlichen Rechte (SGF 115.1)GRRGGesetz vom 15. Mai 1979 über das Reglement des

Grossen Rates (SGF 121.1)IAO Internationale ArbeitsorganisationKSG Gesetz vom 26. September 1990 über die Bezie-

hungen zwischen den Kirchen und dem Staat(SGF 190.1)

KSZE Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeitin Europa

KV Staatsverfassung des Kantons Freiburg vom 7.Mai 1857 (SGF 10.1)

S. SeiteSGF Systematische Gesetzessammlung des Kantons

Freiburg

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1064 Novembre 1998

SR Systematische Sammlung des BundesrechtsStPO Strafprozessordnung vom 14. November 1996

(noch nicht in Kraft)TGR Amtliches Tagblatt der Sitzungen des Grossen

Rates des Kantons FreiburgUNO Vereinte Nationenvgl. vergleicheVRG Gesetz vom 23. Mai 1991 über die Verwaltungs-

rechtspflegeWTO WelthandelsorganisationZiff. Ziffer

I. Die Staatsverfassung von 1857: Entstehung undEntwicklung

1. EntstehungUm die Staatsverfassung von 1857 zu verstehen, mussman sie im Zusammenhang mit ihren Vorläuferinnensehen.Die Verfassung von 1803 regelt die Geschicke des Kan-tons Freiburg von 1803 bis 1814, nach der bewegten undzentralistischen Zeit der Helvetischen Republik. DieVerfassung wird vom Ersten Konsul Frankreichs, Napo-leon Bonaparte, ausgearbeitet und im Kanton einge-führt. Sie sieht für die Wahl in den Grossen Rat ein Zen-suswahlrecht vor, wobei zum Teil auch das Losentscheidet. Der Grosse Rat wählt aus seiner Mitteeinen Kleinen Rat mit 15 Mitgliedern und ein Appella-tionsgericht mit 13 Richtern. Der Kanton ist in zwölfVerwaltungsbezirke, die «Statthalterämter», unterteilt,die von einem Regierungsstatthalter geleitet werden.Das Grundgesetz von 1803 ermöglicht den Patrizierndie – allerdings nur teilweise – Rückkehr an die Macht,denn sie müssen die Verantwortung nun mit dem reichenBürgerstand der verschiedenen Regionen des Kantonsteilen.Mit dem Untergang des Reichs Napoleons geht dieMediation in der Schweiz zu Ende (1803–1813). Diesiegreichen Mächte zwingen den zerstrittenen Kantoneneinen Bundesvertrag auf (1815). In Freiburg kommt eszu einer Restauration des Patriziats. «Der Schultheiss,der Kleine und der Grosse Rat der Stadt und RepublikFreiburg» erlassen die Verfassung von 1814, welche dieVorherrschaft des Patriziats und zu einem grossen Teilauch das Ancien Régime wiederherstellt und die Gewal-tentrennung ausser acht lässt. Die Staatsgewalt geht vonOrganen aus, deren Mitglieder auf Lebenszeit ernanntwerden: einerseits von einem Grossen Rat mit 144 Mit-gliedern und andererseits von einem Kleinen Rat mit 28Mitgliedern, der vom Grossen Rat aus seiner Mittegewählt wird. Im Grossen Rat beanspruchen die Patri-zier 108 der 144 Sitze für sich, so dass für die Städte undLandschaften des Kantons gerade noch 36 Sitze übrig-bleiben. Die Wahl von neuen Mitgliedern erfolgt durchKooptation und das Los. Der Kleine Rat gliedert sich ineinen 13köpfigen Staatsrat, der vom amtierendenSchultheissen präsidiert wird, und in ein vom ehemali-gen Schultheissen präsidiertes Appellationsgericht.Nach dem Sturz Karls X. in Frankreich (1830) wirdEuropa von einer revolutionären Welle erschüttert. Inder Schweiz kommt es in den Kantonen des Mittellandszu politischen Reformen, die im allgemeinen friedlichverlaufen. Die Behörden geben dem Druck der Volks-versammlungen nach. Eine in einem zweistufigen Ver-fahren gewählte verfassunggebende Versammlung ver-abschiedet die Verfassung vom 24. Januar 1831, ohnedass das Volk darüber abstimmen kann. Diese Verfas-

sung ist vom liberalen Geist der damaligen Zeit geprägt:Sie sieht den zwar nicht ausdrücklich genannten Grund-satz der Gewaltentrennung vor, proklamiert die grundle-genden Freiheitsrechte und führt ein Wahlsystem ein,das dem allgemeinen Wahlrecht nahekommt. Wahlbe-rechtigt ist, wer Bürger einer freiburgischen Gemeindeist, im Kanton wohnt und das 25. Altersjahr zurückge-legt hat. Vom Wahlrecht ausgeschlossen sind Geistliche,Soldaten im ausländischen Dienst, Dienstboten, Ent-mündigte und Geisteskranke. Der Kanton ist in 14Wahlkreise unterteilt, die je ein Wahlkollegium wählen.Dieses wählt die Grossräte, deren Amtszeit 9 Jahrebeträgt. Die 86 Grossräte (1 Vertreter auf 1000 Einwoh-ner) wählen aus ihrer Mitte die Exekutive, d.h. den13köpfigen Staatsrat, und die oberste richterlicheBehörde, das 13köpfige Appellationsgericht. Die Revi-sion der Verfassung ist dem Grossen Rat vorbehalten,der eine Änderung an drei ordentlichen Sessionen imAbstand von jeweils drei Jahren gutheissen muss. Dieserepräsentative Organisation des Staates hat bis 1847Bestand.Die zunehmenden religiösen Spannungen in derSchweiz bringen im Kanton Freiburg die Konservati-ven an die Macht. Der Grosse Rat tritt am 9. Juni 1846nach einer zehnstündigen, hitzigen Debatte dem Sonderbund bei. Nach dem verheerenden Konflikt ver-sammeln sich am 15. November 1847 im Theater vonFreiburg 400 Radikale, die sich «Versammlung allerBürger des Kantons Freiburg» nennen. Die Versamm-lung löst die gewählten Behörden auf und ernennt eine7köpfige «provisorische Regierung». Mit der Unter-stützung der Bundestruppen beruft diese 6 Wahlver-sammlungen ein, die von ihr ergebenen Oberamtmän-nern präsidiert werden. Die Wahlen sind öffentlich, undauf die Wahlversammlungen wird massiver Druck aus-geübt. Die grosse Mehrheit des neu gewählten GrossenRates sind denn auch Radikale. Der Grosse Ratbeschliesst, eine neue Verfassung auszuarbeiten. DieVerfassung vom 4. März 1848 wird von der Legislativedes Kantons verabschiedet und dem Volk nicht zurAbstimmung unterbreitet.Die Verfassung von 1848 verwandelt den Kanton Frei-burg in eine repräsentative Demokratie, welche diewichtigsten Grundrechte garantiert. Sie unterteilt denKanton in sieben Bezirke (die heutigen Bezirke) und insieben Gerichtskreise. Sie schreibt die Gewaltentren-nung fest, wobei aber das Amt des Grossrats mit demje-nigen des Staatsrats und des Kantonsrichters vereinbarist. Wahlberechtigt sind die weltlichen Freiburger, dieim Kanton wohnen, rechtsfähig sind und über die poli-tischen Rechte verfügen, sowie die im Kanton Freiburgwohnhaften weltlichen Bürger derjenigen Kantone, indenen Freiburger ebenfalls stimmberechtigt sind. DieStimmabgabe erfolgt offen, bis 1856 die geheimeAbstimmung eingeführt wird. Der Grosse Rat übt diegesetzgebende Gewalt aus. Er besteht aus 64 Grossräten(1 auf 1500 Einwohner), die vom Volk für 9 Jahre direktgewählt werden, sowie aus 10 Grossräten, die vomGrossen Rat ebenfalls für 9 Jahre kooptiert werden. DerStaatsrat übt die vollziehende Gewalt aus. Er umfasst 7Mitglieder, die vom Grossen Rat für 8 Jahre gewähltwerden. Er ist nicht mehr in Kollegien (1803-1847),sondern in Direktionen unterteilt. Die richterlicheGewalt wird von einem 9köpfigen Kantonsgericht aus-geübt.Obwohl sich das radikale Regime wegen seiner auto-ritären und antiklerikalen Haltung von der Mehrheit derFreiburger entfremdet hat, gelingt es ihm, moderne poli-

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tische Strukturen und eine moderne Verwaltungsorgani-sation einzuführen. Nach dem Erlass einer notwendigenund soliden Gesetzgebung gewinnt die Regierung auchden Kampf um die Eisenbahn und setzt die Linien-führung durch Freiburg durch. Dies vermag jedoch dieschwere Niederlage bei den Wahlen vom Dezember1856 nicht zu verhindern, als neben 64 liberal-konser-vativen Vertretern nur 3 Radikale in den Grossen Ratgewählt werden.Die Verfassung vom 7. März 1857 beruht auf dem Wil-len der Abgeordneten der liberal-konservativen Mehr-heit, die Verfassung von 1848 zu revidieren. Das Volksoll die Möglichkeit haben, über das Grundgesetz desKantons abzustimmen, und zudem sollen die von 1847bis 1856 gestörten Beziehungen zwischen dem Staatund der Kirche wieder geglättet werden. Damit die Ver-fassung von 1848 revidiert werden kann, muss derGrosse Rat dem Grundsatz an zwei aufeinanderfolgen-den Sessionen zustimmen, und zwar jedesmal mit derZweidrittelmehrheit aller Mitglieder.Mehrere Petitionen mit über 14 000 Unterschriften, d.h.die Mehrheit der Aktivbürger, verlangen eine Verfas-sungsrevision. Der Grosse Rat arbeitet im März undMai 1857 daran. Am 24. Mai 1857 stimmt das Freibur-ger Volk zum ersten Mal in seiner Geschichte über dieStaatsverfassung ab, die zu ihrer Annahme der Mehrheitder eingeschriebenen Stimmberechtigten (24 356 Bür-ger) bedarf. 15 897 Bürger gehen an die Urne (65,3 %),wobei 14 335 (58,9 %) ein Ja, 1262 (5,2 %) ein Neinund 280 (1,1 %) einen ungültigen Stimmzettel einlegen.8569 Bürger legen leer ein (34,7 %). Die neue Verfas-sung wird nur mit mässiger Begeisterung angenommen,da die Radikalen zur Stimmenthaltung aufgerufenhaben.Die Verfassung von 1857 übernimmt eine Reihe vonBestimmungen der Verfassung von 1848 und behält die politische und administrative Organisation des radi-kalen Regimes weitgehend bei. In dieser Hinsicht istalso eine gewisse Kontinuität festzustellen. Der Verfas-sung von 1857 liegt jedoch ein anderer, viel demokrati-scherer Geist zugrunde: die Amtszeit der Legislativewird von 9 auf 5 Jahre, diejenige der Exekutive von 8auf 5 Jahre verkürzt. Die Verfassung führt zudem denGrundsatz der geheimen Abstimmung, die Verfas-sungsinitiative und das obligatorische Verfassungsrefe-rendum ein. Der vom Grossen Rat verabschiedete Ver-fassungsentwurf wird dem Volk zur Abstimmungunterbreitet. Ein weiterer Unterschied im Vergleich zu1848: Die Verfassung von 1857 stellt die Rechte derKirchen wieder her. Gewisse Neuerungen sind alsoebenfalls zu erkennen.

2. EntwicklungDer Text der geltenden Verfassung wurde seit 1857 ver-schiedentlich geändert. Im folgenden werden nur diewichtigsten Teilrevisionen aufgeführt. Der geschichtli-che Überblick von Dr. Jean-Pierre Dorand (vgl.Anhang) enthält eine vollständige Darstellung der erfol-greichen und der gescheiterten Teilrevisionen.Die ersten Revisionen erfolgen vor dem Hintergrund derErweiterung der Volksrechte. Sie stehen in Zusammen-hang mit den Revisionen der Bundesverfassung (1872und 1874), den gewaltsamen Zwischenfällen bei dennationalen Wahlen in Freiburg (1890), der Einführungdes Initiativrechts auf Bundesebene (1891) und der Ein-führung des Proporzsystems für die Wahl des National-rates (1919).

Bei einer der wichtigsten Teilrevisionen der freiburgi-schen Verfassungsgeschichte werden am 30. Januar1921 insbesondere die Gesetzesinitiative und das Geset-zesreferendum, die Volkswahl der Staatsräte, die Wahldes Grossen Rates nach dem Proporzsystem und dieUnvereinbarkeit von Grossrats- und Staatsratsmandat inder Verfassung verankert.Am 14. März 1948 wird das fakultative Finanzreferen-dum für ausserordentliche Ausgaben von mehr als 500 000 Franken eingeführt. Das Initiativbegehren ausradikalen Kreisen setzt sich damit nach einem langenRechtsstreit, der bis vor das Bundesgericht geht, gegenden Entwurf des Grossen Rates durch.Am 5. März 1950 stimmt das Volk der Aufteilung desWahlkreises Saane in zwei Wahlkreise zu. Diese Auftei-lung erwies sich als notwendig, nachdem 1946 bei derWahl des Grossen Rates 31 Kandidaten gewählt wur-den, die in der Stadt Freiburg wohnten, während dieübrigen Gemeinden lediglich 7 Sitze erzielten.Am 21. Februar 1954 nehmen die Freiburger eine Ver-fassungsänderung an, die es allen Schweizer Bürgernermöglicht, in die bisher den Freiburgern vorbehaltenenÄmter der Legislative, Exekutive und Judikativegewählt zu werden.Am 16. Oktober 1960 beschränkt das Stimmvolk dieZahl der Grossräte auf 130. Vor dieser Verfassungsände-rung war die Grösse des Grossen Rates von der Zahl derStimmberechtigten abhängig.Am 9. Februar 1971 erhalten die Frauen das Stimm- undWahlrecht, was zu einer Verdoppelung der Zahl derStimmberechtigten führt. Das Frauenstimmrecht aufKantonsebene wird gleichzeitig wie das Frauenstimm-recht auf Bundesebene eingeführt.Mit den drei Teilrevisionen vom 5. März 1972 werdendie Volksrechte erweitert. Die Volkswahl der Stän-deräte und der Oberamtmänner wird eingeführt, unddas Finanzreferendum wird angepasst (alle ausseror-dentlichen Ausgaben von mehr als 3 000 000 Frankenwerden dem obligatorischen Finanzreferendum unter-stellt).Am 24. September 1978 wird unter anderem der Ver-einfachung der Teilrevision der Verfassung zugestimmt(Aufhebung der Grundsatzabstimmung vor der endgül-tigen Abstimmung über die neue Bestimmung).Am 7. März 1982 stimmt das Volk einer Revision derBeziehungen zwischen der Kirche und dem Staat zu. ImRahmen dieser Revision wurde insbesondere derrömisch-katholischen Kirche und der evangelisch-refor-mierten Kirche eine öffentlich-rechtliche Stellung zuer-kannt, während die übrigen Religionsgemeinschaftendem Privatrecht unterstellt wurden.Am 8. Juni 1986 wird eine weitere Änderung desFinanzreferendums gutgeheissen. Anstatt die Ausga-benhöhe in absoluten Zahlen festzuschreiben, wird einProzentsatz der Staatsrechnung festgesetzt (0,25 % derletzten Rechnung für das fakultative Finanzreferendumund l % für das obligatorische Referendum).Am 26. November 1989 genehmigt das Volk die Schaf-fung eines Verwaltungsgerichts, womit die Teilrevisionvom 24. September 1978 hinfällig wird, durch die dasKantonsgericht mit der Beurteilung von verwaltungs-rechtlichen Streitigkeiten beauftragt worden war.Am 23. September 1990 wird ein neuer Sprachenartikelangenommen, der Französisch und Deutsch zu denAmtssprachen des Kantons erklärt und das Territoria-litätsprinzip einführt. Zudem wird der Staat beauftragt,das Verständnis zwischen den beiden Sprachgemein-schaften zu fördern.

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Am 3. März 1991 beschliesst das Volk, das Stimmfähig-keitsalter von 20 auf 18 Jahre zu senken. Wie beimFrauenstimmrecht erfolgt dieser Schritt gleichzeitig mitder Senkung des Stimmfähigkeitsalters auf Bundese-bene.Am 16. Februar 1992 wird ein neuer Verfassungsartikelüber den Grundsatz der Gemeindeautonomie gutgeheis-sen. Die Abstimmung erfolgt in einer Zeit, in der dieAufgaben der öffentlichen Hand zunehmen und in derdie interkommunale Zusammenarbeit und die Aufga-benteilung zwischen dem Staat und den Gemeindensehr aktuell sind. Die Änderung vom 16. Februar 1992stellt die letzte erfolgreiche Verfassungsrevision dar.

II. Wesen, Aufgabe und Bedeutung einer Staatsver-fassung

1. Wesen und AufgabeEine Kantonsverfassung enthält in der Regel die cha-rakteristischen Elemente des modernen westlichen Ver-fassungsstaates: Sie legt die Grundzüge der staatlichenOrdnung fest, sie nennt die wesentlichen Ziele undAufgaben des Staates, sie regelt die Aufgabenteilungzwischen den Behörden, sie bestimmt die Rechtsstel-lung der Menschen in diesem Staat und begrenztdadurch zugleich die staatliche Macht. Als rechtlicheGrundordnung weist die Kantonsverfassung jedoch dieBesonderheit auf, dass sie kein unabhängiges Land,sondern eine Einheit des Bundesstaates beschreibt, diemit staatlichen Kompetenzen ausgestattet ist, an derWillensbildung des Bundesstaates teilnimmt und dasFundament für die Organisation des Bundesstaates bil-det. Eine Kantonsverfassung ist mehr als nur eingewöhnlicher juristischer Text, sie ist auch ein wichti-ges politisches, historisches, soziales und kulturellesDokument.Aufgrund der Normenhierarchie und der Tatsache, dassdie Schweiz ein Bundesstaat ist, haben die Kantonsver-fassungen, soweit sie grundlegende Bestimmungen ent-halten, Vorrang vor den übrigen kantonalen Erlassen(Gesetze, Dekrete, Reglemente usw.) und stehen auchüber dem Gemeinderecht. Dagegen hat das Bundesrechtaller Stufen Vorrang vor dem kantonalen Verfassungs-recht. Das internationale Recht hat Vorrang vor demKantons- und Bundesrecht.Mit dem Artikel 6 Abs. 2 BV sieht das Bundesrechtjedoch inhaltliche Schranken für Kantonsverfassungenvor. Erstens darf eine Kantonsverfassung nichts enthal-ten, was den Bestimmungen der Bundesverfassungwiderspricht. Zweitens verlangt das Bundesrecht, dassdie Kantone Republiken sind, wobei diese die Formeiner repräsentativen Demokratie oder eines Systemsmit direktdemokratischen Elementen haben können.Drittens verlangt die Bundesverfassung ein Minimuman direkter Demokratie, indem eine Kantonsverfassungvom Volk angenommen werden muss. Zudem schreibtdie Bundesverfassung vor, dass eine Kantonsverfas-sung revidiert werden kann, wenn die absolute Mehrheit der Stimmberechtigten dies verlangt. Diesbedeutet, dass die Kantone die Möglichkeit einer Ver-fassungsinitiative vorsehen müssen. Diese demokrati-sche Minimalanforderung wird jedoch von allen Kan-tonsverfassungen ohne weiteres erfüllt, da eineVerfassungsänderung von einem erheblich kleinerenTeil der Stimmberechtigten verlangt werden kann, soauch im Kanton Freiburg (6000 Stimmberechtigtegemäss Art. 78 KV).

2. Funktionen

Eine Verfassung hat zunächst eine Ordnungs- und Orga-nisationsfunktion. In einem bereits organisierten Staatwie dem Kanton Freiburg hat eine Totalrevision dieAufgabe zu zeigen, was dieser Kanton eigentlich ist(oder geworden ist) und was er künftig soll, welche Auf-gaben er hat, wer für diesen Staat tätig werden darf(oder muss), und schliesslich wie dies zu geschehen hat.Der Text einer totalrevidierten Verfassung könnte denBürgerinnen und Bürgern den Zugang zum Kanton neuerschliessen, weil eine moderne Verfassung die Grun-dentscheidungen der politischen Gemeinschaft erneuertund auf diese Weise wieder fassbar macht. Die Organi-sationsfunktion der Verfassung soll aber auch in dieZukunft hinein wirken, weshalb der Abstraktionsgradder Verfassungsnormen so zu wählen ist, dass die ange-sprochene Funktion auch für eine längerfristige Per-spektive tauglich erscheint. Wie aus dem bisher Gesag-ten hervorgeht, könnte eine revidierte FreiburgerVerfassung einen Beitrag zur Stärkung dieser Funktionleisten. In einem weiteren Sinne hat eine Verfassung dieAufgabe, die politische Gemeinschaft zu strukturierenund handlungsfähig zu machen und sie rechtlich zudurchdringen und zu begrenzen. Dies geschieht durchdie Festlegung der Organisation des Kantons und seinerBehörden, die territoriale Gliederung und die Aufga-benteilung zwischen dem Staat und den Gemeinden.Eine Verfassung hat ausserdem die Funktion, die Grun-drechte festzuhalten und die Grundfreiheiten anzuer-kennen. Ging es bei dieser Funktion im letzten Jahrhun-dert vor allem darum, die staatliche Macht zubegrenzen, so hat sie seither eine sehr viel grössereDimension erreicht, indem der Mensch ins Zentrumgerückt wurde.Der Integrationsfunktion der freiburgischen Verfassungkommt aufgrund der zweisprachigen und mehrkonfes-sionellen Prägung unseres Kantons eine besondereBedeutung zu. Im Prozess der Erneuerung der Verfas-sung sollte der Wille zur Gemeinsamkeit über politi-sche, soziale, konfessionelle, sprachliche und kulturelleGrenzen hinweg zum Ausdruck kommen. Die Hervor-hebung dieses Willens in einer neuen Verfassung kannals Bekräftigung der bisherigen Gemeinschaft unterBerücksichtigung der Unterschiede dienen.Eine Verfassung erfüllt zudem eine Brückenfunktion.Das geltende freiburgische Verfassungsrecht themati-siert in erster Linie das Verhältnis des Staates zu denBürgerinnen und Bürgern und das Verhältnis der staatli-chen Organe untereinander. Der Blick ist dabei natur-gemäss auch hier eher nach innen gerichtet. Heute wirdjedoch von einer Kantonsverfassung immer mehr ver-langt, dass sie sich über die Positionierung des Kantonsim interkantonalen oder sogar internationalen Umfeldausspricht. Gerade der Kanton Freiburg mit seiner geo-graphischen Lage und seiner kulturellen Tradition isthier aufgefordert, seine Stellung als Brückenkantonzwischen der deutschen und der französischen Schweizdeutlich zu machen. Darüber hinaus müsste eine neueVerfassung auch die interkantonale Zusammenarbeit insBlickfeld rücken.Eine Verfassung hat des weiteren die Funktion, zueinem effizienten Handeln des Staates beizutragen. Zudiesem Zweck legt sie die Finanzordnung in ihrenGrundzügen fest. In einer neuen Verfassung müsseneinerseits der Grundsatz der Effizienz bei der Verwen-dung staatlicher Mittel und andererseits die Grundsätzeder Steuerpolitik verankert werden. Zur Förderung der

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sozialen Gerechtigkeit muss bei der Erhebung der Steu-ern auf die Grundsätze der Allgemeinheit, der Rechts-gleichheit und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitabgestellt werden.Schliesslich erfüllt eine Verfassung vor allem auch eineOrientierungsfunktion, indem sie das staatliche Han-deln leitet bzw. als Richtschnur für die Aktivitäten desStaates dient. Diese Funktion beruht zu einem grossenTeil auf den vorgenannten Funktionen und ist nicht neu,da der Kanton Freiburg seit langem ein voll funktions-fähiger Staat ist. Die Verfassung von 1857 hat im Laufeder Zeit viel von ihrer Orientierungsfunktion einge-büsst, da sie den politischen, wirtschaftlichen undsoziokulturellen Änderungen der letzten 140 Jahre nurbedingt Rechnung trägt. Unter diesen Umständen kanneine Totalrevision der Staatsverfassung die Orientie-rungsfunktion unseres Grundgesetzes nur verstärken.

III. Notwendigkeit einer TotalrevisionDer Verfassung von 1857, die zu einem guten Teil aufder Verfassung von 1848 beruht, kommt das Verdienstzu, dass sie Institutionen geschaffen und eine territorialeGliederung eingeführt hat, die für die damalige Zeitsehr innovativ waren. Sie hat es dem Kanton währendmehr als einem Jahrhundert ermöglicht, sich zu wan-deln und zu modernisieren, dies vor allem aufgrundihrer Kürze und ihrer offenen Formulierung, ohne dassgrundlegende Änderungen erforderlich waren. Trotzihrer unbestreitbaren Verdienste zeigt auch unsere Ver-fassung die Spuren der Zeit, die durch Teilrevisionennur bedingt beseitigt werden konnten.

1. Auseinanderklaffen von Norm und Wirklichkeit

1.1 Im allgemeinenDie formalen Mängel der Verfassung von 1857, die wei-ter unten erläutert werden (Ziff. 3), sind lediglich äus-sere Symptome für tiefer liegende Ursachen. Verfassungund Realität klaffen trotz der zahlreichen Teilrevisionenauseinander. Die Verfassung von 1857 steht vielfach ineinem Widersprach zur tatsächlichen Staatsstruktur undzu den staatlichen Tätigkeiten, und von den grundlegen-den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ände-rungen hat sie nur teilweise Notiz genommen. Sie istdas Werk eines aus den Wirren von 1848-1856 hervor-gegangenen Agrarkantons mit 100 000 Einwohnern, derdie allmähliche Einbindung in einen relativ schwachenBundesstaat anstrebt. Der Übergang von einem Staaten-bund, der auf dem Bundesvertrag von 1815 beruht, zueinem liberalen und demokratischen Bundesstaaterfolgt nämlich erst 1848.

1.2 VeränderungenIm Laufe der Jahrzehnte fanden grosse Umwälzungenstatt. Die politischen Rechte haben in unserem Kantonan Bedeutung gewonnen: Die Gesetzesinitiative und dasGesetzesreferendum wurden eingeführt, das Volkerhielt das Recht, die Staatsräte und die Ständeräte zuwählen, die Frauen erhielten das Stimmrecht. Der Bundist aus einem anfänglich schwachen Zentralstaat einStaat mit zahlreichen Befugnissen geworden, der in ver-schiedenen Bereichen an die Stelle der Kantone trittoder das staatliche Handeln der Kantone überlagert. DerKanton Freiburg, der heute rund 230 000 Einwohnerin-nen und Einwohner zählt, ist bedeutend wohlhabender,so dass die Lebensbedingungen nicht mehr viel mit

jenen vor 140 Jahren gemein haben. Die Menschen sinddank der heutigen Verkehrsmittel viel mobiler gewor-den. Die Informationsmöglichkeiten wurden durch dieVielfalt der Kommunikationstechnologien stark verbes-sert. Aus einem vorwiegend landwirtschaftlichen undgewerblichen Kanton wurde ein moderner Industriekan-ton, dessen Wirtschaft sich mehr und mehr auf denDienstleistungssektor konzentriert. Auch die Gründungder Universität im letzten Jahrhundert und der Ausbauder Verkehrswege (Strassen und Eisenbahn) haben zurModernisierung des Kantons beigetragen. Die Freibur-gerinnen und Freiburger haben wie auch anderswo inder Schweiz die Höfe und Familienbetriebe verlassenund sich in den Städten und Agglomerationen niederge-lassen, um Arbeit zu finden. Der steigende Energiever-brauch und die deutlich zunehmende Umweltbelastunghaben uns bewusstgemacht, dass wir unsere natürlichenLebensgrundlagen schützen müssen. Diese Umwälzun-gen illustrieren die Entwicklung sowohl weltweit alsauch auf schweizerischer und kantonaler Ebene,machen aber auch die Anforderungen deutlich, die anden Staat gestellt werden. Man erwartet vom Staat alsselbstverständlich, dass er Bildung, Forschung, Kultur-schaffen und Sport neben seinen herkömmlichen Auf-gaben nicht nur ermöglicht, sondern auch fördert, dasser die Nutzung des Bodens regelt, die Umwelt schützt,die Kosten des öffentlichen Verkehrs übernimmt, zueiner aktiven Gesundheitspolitik beiträgt und einSystem der sozialen Sicherheit einführt. Zudem fordertman vom Staat auch, dass er der Wirtschaft bestmögli-che Bedingungen bietet und den freien Wettbewerbgarantiert, gleichzeitig aber auch gewisse heikle Berei-che schützt. Dies sind nur einige Beispiele für die vielenBereiche, in denen man erwartet, dass ein moderner,sozialer und demokratischer Staat wie der Kanton Frei-burg aktiv ist.

1.3 Neue FunktionenDie Verfassung von 1857 beruht noch auf der Vorstel-lung, dass sich die Aufgaben des Staates mit zweiBegriffen zusammenfassen lassen: Gesetzgebung undRechtsanwendung, wobei sich letztere aus einer Ver-waltungs- oder Gerichtstätigkeit ergeben kann. Alleübrigen Aufgaben mussten darin inbegriffen sein. DieErfahrung zeigt jedoch, dass der moderne Lenkungs-und Leistungsstaat Aufgaben wahrnimmt, die nur zumTeil unter diese klassische Definition fallen. DerRechtssatz ist längst nicht mehr alleiniges Steuerungs-mittel, die Verfügung als klassischer Ausdruck behörd-licher Einzelfallanordnung nur eine – wenn auch wich-tige – Form des Verwaltungshandelns. Nicht wenigerwichtig sind heute die Planung, die Koordination, dieErteilung von Mandaten, die Kontrolle und die Zusam-menarbeit. Die Verfassung von 1857 beruht jedochnoch auf dem klassischen Schema des staatlichen Han-delns. Sie sagt praktisch nichts über die Befugnisse derLegislative und der Exekutive im Bereich der Planungund der Koordination, die auf verschiedenen Gebieteneine zentrale Rolle spielen: Finanzen, Raumplanung,Verkehr, regionale Entwicklung, Sozialhilfe, schuli-sche und medizinische Infrastruktur usw. Sie trägtweder den neuen Formen der Verwaltungsführungdurch die Exekutive noch der interkantonalen Zusam-menarbeit oder der Zusammenarbeit mit den Bundes-behörden Rechnung. Mit einer Totalrevision könnenalle diese neuen Funktionen in unserem Grundgesetzverankert werden, so dass es die tatsächlichen Hand-

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lungsmöglichkeiten des Staates besser zum Ausdruckbringt.

1.4 LückenKeine Verfassung vermag zu jedem Zeitpunkt ein voll-ständiges und sicheres Bild der normativen Grundele-mente eines Gemeinwesens zu vermitteln. Die Verfas-sung von 1857 weist jedoch sehr viele Lücken auf.Unser Grundgesetz äussert sich nicht zum Verhältniszwischen dem Kanton Freiburg und dem Bund sowieden übrigen Kantonen. Wichtige Grundrechte fehlen, soz.B. die Menschenwürde, der Schutz vor Willkür, dieMeinungs- oder Versammlungsfreiheit. Die Verfassungvon 1857 schweigt sich über die Frage der Grundrecht-sträger (Schweizerinnen und Schweizer, Ausländerin-nen und Ausländer, natürliche und juristische Personen)ebenso aus wie über die Funktionen dieser Rechte(lediglich subjektive Rechte des einzelnen oder auchPrinzipien rechtlicher Gestaltung) und die Adressaten(Staat oder Private). Auch die wichtigen Prinzipienstaatlichen Handelns, wie Gesetzmässigkeit, öffentli-ches Interesse, Verhältnismässigkeit, Treu und Glauben,werden nicht erwähnt. Die Verfassung von 1857 sagtnicht, wie die Aufgaben zwischen dem Staat und denGemeinden verteilt werden sollen, und zählt auch dieAufgaben des Staates nicht auf. Sie nennt zwar einigeallgemeine Grundsätze der Finanzordnung, enthält aberkeine Aufzählung der finanziellen Mittel und der Steu-ern, und auch die Begriffe Kantonsbeiträge und Finan-zaufsicht kommen nicht vor. Die Ordnung der Gemein-den wird mit Ausnahme der Gemeindeautonomie in dergeltenden Verfassung nicht geregelt, und es ist auchkeine Bestimmung über die Stellung, die Organe, diepolitischen Rechte, den Finanzausgleich, die Zusam-menarbeit oder den Zusammenschluss von Gemeindenzu finden. Schliesslich erwähnt die Verfassung von 1857zwar die anerkannten Kirchen und schreibt den Grund-satz ihrer Autonomie fest, doch erwähnt sie die Pfar-reien, ihre Finanzierung oder die Frage der Zugehörig-keit zu den Kirchen in keiner Weise.

1.5 Nicht angewendete oder dem übergeordnetenRecht widersprechende BestimmungenDie Verfassung von 1857 enthält zum Teil Artikel, dienicht mehr angewendet werden oder sogar gegen über-geordnetes Recht verstossen. Nicht mehr angewendetwird z.B. Artikel 19 Abs. 2, der die Gemeinden ver-pflichtet, für den Primarunterricht zu sorgen, da dieseAufgabe inzwischen mehrheitlich vom Staat getragenwird. Eine Bestimmung, die wahrscheinlich gegen über-geordnetes Recht verstösst, ist beispielsweise Artikel17, der den Staat verpflichtet, die öffentliche Erziehungund den öffentlichen Unterricht «in religiösem undvaterländischem Sinne» zu leiten und der Geistlichkeiteinen «mitwirkenden Einfluss darauf» einzuräumen(unvereinbar mit Art. 27 Abs. 3 und 49 BV). Dasselbegilt für Artikel 16 in bezug auf die Militärdienstpflicht,die in die Zuständigkeit des Bundes fällt (Art. 18 und 20 BV).Die zunehmende Diskrepanz zwischen der Verfassungvon 1857 und der Wirklichkeit hat die Steuerungsfunk-tion unseres Grundgesetzes stark beeinträchtigt. Heutemuss leider festgestellt werden, dass die Verfassung dasstaatliche Handeln nicht mehr leiten kann. Die Verwirk-lichung von grossen Reformen oder die Verabschiedungvon wichtigen Gesetzen erfolgt oft ohne Anpassung der

Verfassung, dies zumindest dort, wo eine Änderung ausrechtlicher Sicht nicht unentbehrlich ist. Die freiburgi-sche Rechtsprechung beruft sich nur selten auf die Ver-fassung von 1857, deren Auslegung manchmal Auf-schluss geben sollte über die Tragweite von Gesetzen,deren Anwendung strittig ist. Niemand in diesem Kan-ton, d.h. weder die Bevölkerung noch die Inhaberinnenund Inhaber eines öffentlichen Amtes, nehmen sich dieMühe, die Verfassung von 1857 zur Hand zu nehmen,wenn sie wissen wollen, welches die Grundlagen unse-res Staates sind.

2. Entwicklung der kantonalen SouveränitätDer Begriff der kantonalen Souveränität hat sich seitdem letzten Jahrhundert grundlegend gewandelt undwird sich in einer Welt, die sich immer schneller ändert,auch weiterhin entwickeln. Obwohl diese Entwicklun-gen sehr unterschiedlich sind und sich gegenseitigbeeinflussen, können sie in drei Kategorien unterteilt(Ziff. 2.1 bis 2.3) und schliesslich zusammengefasstwerden (Ziff. 2.4).

2.1 Zunehmende Schwächung der Stellung derKantone – Perspektiven für eine Aufwertung ihrerRolleUnter dem Bundesvertrag (1815–1848) konnten dieKantone tatsächlich als Staaten bezeichnet werden. Siewaren keiner anderen höheren Macht im In- oder Aus-land unterstellt. Es gab keine Zentralgewalt, und dieKantone waren lediglich durch ein Bündnis miteinanderverbunden, mit dem sie sich verpflichteten, sich gegen-seitig ihre Freiheiten, ihre Unabhängigkeit und ihreSicherheit gegenüber dem Ausland sowie die innereOrdnung zu gewährleisten. Die Kantone verfügten überdie völkerrechtliche Unmittelbarkeit, d.h. sie regeltenihre Aussenbeziehungen selbständig.Die Situation änderte sich 1848, als man beschloss, dieKantone und ihre Befugnisse beizubehalten, über ihnenaber einen souveränen Bund zu errichten. Mit demInkrafttreten der Bundesverfassung von 1848 büsstendie Kantone ihre frühere uneingeschränkte Souveränitätein und waren von da an dem Bund unterstellt. Derneuen Zentralgewalt wurden zunächst allerdings nur dieAufgaben übertragen, die im Bundesstaat naturgemässvom Zentralstaat zu erfüllen sind, d.h. hauptsächlich dieauswärtigen Angelegenheiten, die Landesverteidigung,die Zölle sowie das Post-, das Münz- und das Pulverre-gal. Die Kantone, die für alle übrigen Aufgaben zustän-dig waren, behielten daher sehr weitreichende Befug-nisse und regelten die wichtigsten Aktivitäten ihrerBevölkerung. Die Verfassung von 1857 entstand in die-sem Umfeld: Die Kantone hatten zwar kurz zuvor derSchaffung eines Bundesstaats zugestimmt, doch spieltedieser lediglich eine untergeordnete Rolle im Alltag derBürgerinnen und Bürger, da er mit bescheidenen Mittelnausgestattet war und nur wenige Aufgaben wahrnahm.Der Bund wurde erst im Laufe der Jahre zu einem mitzahlreichen Befugnissen ausgestatteten Gemeinwesen.Trotzdem hält man daran fest, dass die Kantone insofernnoch über staatliche Befugnisse verfügen, als sie dasFundament des Bundesstaates bilden und an seiner Wil-lensbildung teilhaben. Die staatlichen Befugnisse derKantone äussern sich auch darin, dass sie über eine ori-ginäre Staatlichkeit verfügen: Aufgrund von Artikel 3BV üben sie alle Rechte aus, die nicht der Bundesgewaltübertragen sind. Seit 1848 wurden jedoch mehr und

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mehr Aufgaben dem Bund zugewiesen, so dass die ori-ginäre Staatlichkeit der Kantone etwas an Bedeutungverloren hat.Heute sind die Kantone deshalb nicht mehr wirklich«souverän» im klassischen Sinne des Wortes. Gleich-zeitig ist auch der Bund, wie übrigens auch die anderenStaaten, nicht mehr in dem Sinne «souverän», wie es derAuffassung eines Staates des 19. Jahrhunderts ent-spricht,obwohl er völkerrechtlich souverän ist und zahlreicheAufgaben wahrnimmt, für die früher die Kantonezuständig waren. Der Bund seinerseits ist ebenfalls Mit-glied der internationalen Gemeinschaft und beteiligtsich an den verschiedenen europäischen und weltweitenIntegrationsbestrebungen. Die Schweiz kann die gros-sen Probleme von heute aufgrund ihrer in den letztenJahren immer intensiveren rechtlichen, wirtschaftli-chen, sozialen und kulturellen Beziehungen mit ihrenPartnern nicht mehr im Alleingang regeln. Dafür ist einekonzertierte Aktion auf internationaler Ebene oftmalsdas einzig wirksame Mittel. Parallel zu diesem «Sub-stanzverlust», was die Souveränität der Staaten – unddaher auch des Bundes – anbelangt, könnten die Regio-nen und Kantone ihre Rolle im Rahmen der Entwick-lung der internationalen Beziehungen, vor allem im lau-fenden europäischen Integrationsprozess, aufwerten.Mit der Schaffung des europäischen Binnenmarkts ver-lieren die nationalen Grenzen ja an Bedeutung. Ein Mit-tel zur Aufwertung der Rolle der Kantone und Regionenist die Durchführung gemeinsamer Projekte beidseitsder Grenze. Der Regionalismus, der auch eine Form derReaktion auf die europäische Integration darstellt, hatebenfalls zum Ausbau der grenzüberschreitendenZusammenarbeit beigetragen. Als Antwort auf dieErrichtung von supranationalen Strukturen haben dielokalen und regionalen Gebietskörperschaften gestütztauf das Subsidiaritätsprinzips verlangt, dass sie besserin den Entscheidungsprozess einbezogen werden (BBl1997 IV S. 613). Es scheint tatsächlich so, dass vieleBereiche, in denen eine gewisse Harmonisierungerwünscht ist, anstatt von den Staaten und ihrer zentra-len Verwaltung auch sehr gut von regionalen Körper-schaften übernommen werden können, die näher bei denBürgerinnen und Bürgern sind. Als Beispiele sind hierder Verkehr, das Unterrichtswesen, die Kultur, dieAbfallbewirtschaftung, die Raumplanung, die Bewälti-gung der Probleme des Alpenraums und der Tourismuszu nennen. Es steht daher keineswegs fest, dass die Ent-wicklung in Zukunft lediglich in Richtung eines zentra-listischen Europas geht. Die Regionen Europas undwahrscheinlich auch die Schweizer Kantone werdenvermutlich vermehrt zusammenarbeiten müssen.Dadurch können sie sich als Körperschaften aufwerten,mit denen sich die Bürgerinnen und Bürger besser iden-tifizieren können.

2.2 Einfluss der internationalen RechtsordnungDer Einfluss der internationalen Rechtsordnung, der im19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts nochpraktisch keine Bedeutung hatte, ist in den letzten Jahr-zehnten so wichtig geworden, dass man sich ihm heutenicht mehr entziehen kann. Dabei ist zwischen regionalenund globalen Einflüssen zu unterscheiden.Auf regionaler Ebene hat sich neben dem nationalen Ver-fassungsrecht der einzelnen Länder nach und nach eingemeinsames Verfassungsrecht aller europäischen Staa-ten herausgebildet, entwickelt und konsolidiert. Die Ent-wicklung dieses gemeinsamen Verfassungsrechts wurde

hauptsächlich durch das Bewusstsein der europäischenStaaten um ihre zunehmende Interdependenz und den vorallem von der Europäischen Union verfolgten Integra-tionskurs beeinflusst und vorangetrieben. Dem gemein-samen europäischen Verfassungsrecht liegen neben dennationalen Verfassungen vor allem gewisse Abkommendes Europarates – in erster Linie die Europäische Men-schenrechtskonvention und das Europäische Überein-kommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicheroder erniedrigender Behandlung oder Strafe – sowie dieDokumente der OSZE zugrunde. Unter das gemeinsameeuropäische Verfassungsrecht fallen insbesondere dieGewährleistung der Menschenrechte, der Minderheiten-schutz, die Gewaltentrennung, die Rechtsstaatlichkeit,die Sozialstaatstaatlichkeit und die Wirtschaftsfreiheit.Die Schweizer Kantone können sich diesem wichtigenEinfluss nicht entziehen, wenn sie ihre eigene Verfassungerlassen.Neben den rein verfassungsrechtlichen Einflüssen sindseit einigen Jahrzehnten auch die normativen Einflüsseder europäischen Gesetzgebung immer deutlicher zuspüren. So sind die Kantone z.B. von verschiedenenÜbereinkommen und Empfehlungen des Europaratesdirekt betroffen, vor allem von denjenigen, die das Ver-fahrensrecht, die Erziehung, die Kultur, den Schutz derUmwelt und des historischen Erbes, das öffentlicheGesundheitswesen, den Sport oder die regionale undgrenzüberschreitende Zusammenarbeit regeln. Obwohldas Recht der EFTA die Kantone nur am Rande betrifft,wirkt es sich in bezug auf die technischen Vorschriften,die Konformitätsbescheinigungen oder die staatlichenBeihilfen doch auf ihren Handlungsspielraum aus.Obwohl die Schweiz nicht Mitglied der EuropäischenUnion ist, wird das europäische Recht unser Landesrechtvermutlich immer mehr beeinflussen, wobei sich natür-lich auch die Kantone dieser Entwicklung nicht entzie-hen können.Auf globaler Ebene machen sich ebenfalls normativeEinflüsse bemerkbar. Auf Verfassungsebene sindzunächst das Internationale Übereinkommen über wirt-schaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UNO-Pakt I)und das Internationale Übereinkommen über bürgerlicheund politische Rechte (UNO-Pakt II) zu erwähnen.Unter der Ägide der UNO wurden aber noch anderewichtige Abkommen abgeschlossen, insbesondere dasInternationale Übereinkommen zur Beseitigung jederForm von Rassendiskriminierung, das Übereinkommenzur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung derFrauen und das Übereinkommen über die Rechte desKindes. Diese Abkommen, die von der Schweiz alle rati-fiziert wurden, werden bei der Entwicklung der Grund-rechte eine wichtige Rolle spielen, wie dies auch für dieunter der Schirmherrschaft der IAO verabschiedetenÜbereinkommen hinsichtlich der Entwicklung der Sozi-alrechte gilt.Wie auf der regionalen Ebene zeigen sich die normativenEinflüsse der auf Gesetzesstufe getroffenen Entscheideauch auf globaler Ebene. Ein Beispiel aus jüngster Ver-gangenheit ist das Übereinkommen von Marrakesch überdas öffentliche Beschaffungswesen, das unter der Ägideder zukünftigen WTO abgeschlossen wurde und eben-falls grosse Auswirkungen für die Kantone hat.

2.3 Interkantonale und grenzüberschreitendeZusammenarbeitDie interkantonale und grenzüberschreitende Zusam-menarbeit ist grundsätzlich untrennbar mit dem Begriff

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des Bundesstaates verbunden, und sowohl die Rechtspre-chung als auch die Lehre sehen die aktive und solidari-sche Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonensowie zwischen den Kantonen untereinander als einenAspekt des Grundsatzes der Bundestreue vor. DieSchranken der interkantonalen Zusammenarbeit sinddurch Artikel 7 BV vorgegeben, der die Kantone ermäch-tigt, unter sich Verträge «über Gegenstände der Gesetz-gebung, des Gerichtswesens oder der Verwaltung» abzu-schliessen, es ihnen aber untersagt, «besondereBündnisse und Verträge politischen Inhalts» einzugehen.Heute wird allgemein bejaht, dass die Kantone in allenBereichen, die in ihre Zuständigkeit fallen, Abkommenabschliessen können.Die interkantonale Zusammenarbeit erfolgt insbesondereüber Konkordate. Sie äussert sich aber auch im Erlass vonVollzugsbestimmungen zu solchen Konkordaten. DieseNormen können die Rechte und Pflichten der Bürgerin-nen und Bürger direkt betreffen, sich auf die Errichtunggemeinsamer Institutionen beschränken oder die Erfül-lung einer bestimmten Aufgabe regeln. Auf diese Weisewerden zahlreiche Bereiche geregelt, z.B. das Unter-richtswesen, die Kultur, das öffentliche Gesundheitswe-sen, der Sport, der Tourismus, der Strafvollzug oder dieRechtshilfe. Die Zusammenarbeit besteht oft darin, dassKantonsvertreterinnen und -vertreter in interkantonalenOrganen Einsitz nehmen. In diesem Zusammenhang sindbeispielsweise die kantonalen Direktorenkonferenzen,die Kontaktgruppe Bund-Kantone, die Konferenz derRegierungen der Westschweiz, aber auch die 1993 inBern gegründete Konferenz der Kantonsregierungen zuerwähnen, der alle Kantone angehören. Die Konferenzder Kantonsregierungen will die Zusammenarbeit derKantone in den Bereichen, die in die Zuständigkeit derKantone fallen, stärken und die erforderliche Koordina-tion und Information in Angelegenheiten sicherstellen,für die zwar der Bund zuständig ist, die aber die Kantoneebenfalls betreffen.Jüngste Beispiele für die interkantonale Zusammenar-beit im Kanton Freiburg sind unter anderem die Bestre-bungen, zusammen mit dem Kanton Waadt ein gemein-sames Kollegium und ein interkantonales Spital derRegion Broye zu errichten. Des weiteren haben dieWestschweizer Kantone eine Fachhochschule der West-schweiz gegründet, in welche die Ingenieurschule Frei-burg und die Höhere Wirtschafts- und Verwaltungs-schule (HWV) integriert werden. Die Kantone Bern,Neuenburg und Freiburg haben einen Rahmenvertragunterzeichnet, der die Aufgaben zwischen den drei Uni-versitäten koordinieren und verteilen soll (BENEFRI).Zu erwähnen ist des weiteren der 1994 geschaffene Wirt-schaftsraum Mittelland (Espace Mittelland), dem dieKantone Bern, Neuenburg, Freiburg, Jura und Solothurnangehören. Er soll einen lebensfähigen Wirtschaftsraumzwischen dem Wirtschaftsgrossraum Zürich und demGenferseeraum bilden. Seine Aktivitäten zielen vorallem auf die kleinen und mittleren Betriebe, den Touris-mus, den Verkehr und natürlich die Organisation derExpo.01 ab. Auch wenn im Rahmen der interkantonalenZusammenarbeit grundsätzlich keine wirklichen inter-kantonalen Organe mit eigenen gesetzgebenden, admini-strativen oder gerichtlichen Befugnissen geschaffenwerden können, sofern die Bundesverfassung nichtgeändert wird, so besteht heute trotzdem eine Tendenzzur verstärkten Zusammenarbeit der Kantone. Es ist des-halb anzunehmen, dass die Kantone ihre Probleme inZukunft immer häufiger gemeinsam auf regionalerEbene regeln werden.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit hat vor allemaus zwei Gründen nicht dieselbe Bedeutung wie die inter-kantonale Zusammenarbeit: Zum einen grenzt unserKanton nicht ans Ausland, und zum anderen arbeitet einKanton in einem Bundesstaat wie der Schweiz natur-gemäss enger mit dem Bund und den anderen Kantonenzusammen als mit ausländischen Partnern. Trotzdem darfdie Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenar-beit nicht unterschätzt werden, da diese nach der Ableh-nung des EWR im Dezember 1992 in Freiburg wie in denmeisten anderen Kantonen auch einen neuen Auf-schwung erfahren hat. Der Bund unterstützt die Kantonebei ihren Anstrengungen zur grenzüberschreitendenZusammenarbeit, wobei er das Gleichgewicht unter denKantonen, insbesondere zwischen Grenzkantonen undnicht ans Ausland grenzenden Kantonen, berücksichtigt.Die Befugnisse der Kantone im Bereich der internationa-len Zusammenarbeit werden durch Artikel 9 und 10 BVeingeschränkt. Der Bundesrat legt diese Bestimmungenjedoch grosszügig aus. Die Kantone können in allenBereichen, die in ihre Zuständigkeit fallen, Verträge mitdem Ausland abschliessen. Die grenzüberschreitendeZusammenarbeit hat verschiedene Formen: sie geht voninformellen Kontakten über die Zusammenarbeit inner-halb von gemeinsamen Institutionen und zwischenöffentlich-rechtlichen Körperschaften und privaten Orga-nisationen bis zum Abschluss von Verträgen, die Rechteund Pflichten vorsehen.Der Kanton Freiburg verfügt über verschiedene Instru-mente der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Zuden wichtigsten gehört die «Association transfrontalièreuniversitaire», der sechs Schweizer Hochschulen undzwölf französische Universitäten der Region Rhône-Alpes angehören. Im Hochschulbereich ist des weiterendie Vereinbarung über grenzüberschreitende Zusammen-arbeit zwischen den französischen Universitäten desBurgunds und der Franche-Comté und den SchweizerUniversitäten Freiburg, Lausanne und Neuenburg zuerwähnen. Der Staatsrat hat sich ausserdem darumbemüht, seine aktive Präsenz in der Versammlung derRegionen Europas, im Conseil du Léman und in den imRahmen des Übereinkommens zum Schutz der Alpengeschaffenen Organen zu verstärken. Des weiteren wur-den auf wirtschaftlicher Ebene mehrere Absichtser-klärungen mit ausländischen Regionen unterzeichnet.Zur Koordinierung der grenzüberschreitenden Zusam-menarbeit wurde ein Organ geschaffen, dem der KantonFreiburg als assoziiertes Mitglied beitrat, d.h. die Koordi-nationsgruppe der an Frankreich grenzenden Kantone,der die Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern,Genf, Jura, Neuenburg, Solothurn, Waadt und Wallisangehören. Die Zusammenarbeit erfolgt auch im Rahmender kantonalen Direktorenkonferenzen oder der Konfe-renz der Westschweizer Kantonsregierungen.

2.4 ZusammenfassungWie aus den obigen Ausführungen deutlich hervorgeht,hat sich der Begriff der kantonalen Souveränität seit derMitte des letzten Jahrhunderts, als die geltende Freibur-ger Verfassung angenommen wurde, grundlegend geän-dert. Eine Totalrevision müsste dieser Entwicklung unbe-dingt Rechnung tragen und dabei auch das Feld fürzukünftige Entwicklungen, vor allem in bezug auf dieinterkantonale und grenzüberschreitende Zusammenar-beit, abstecken. Der Kanton Freiburg hat also die Mög-lichkeit, seine «Souveränität» zu definieren, und kann dieRichtung, die er in Zukunft auf diesem Gebiet einschla-gen will, bis zu einem gewissen Grad vorgeben. Es gilt

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jedoch zu beachten, dass unser Kanton aufgrund desschrittweisen Ausbaus des Bundesstaates, der wachsen-den Verflechtung der internationalen Beziehungen undder zunehmenden interkantonalen und auch interregiona-len Beziehungen keine vollkommen eigenständigeLösung treffen kann. Er muss vor allem diese Realitäten,insbesondere die Öffnung unseres Kantons, einbeziehen,wenn er seine «Souveränität» in der neuen Verfassungdefiniert.

3. Formale Mängel

3.1 Im allgemeinenDie Verfassung von 1857, die 86 Artikel umfasst, wurdebis 1998 knapp 40mal teilrevidiert, so dass heute nurnoch 41 Artikel den ursprünglichen Wortlaut aufweisen.Alle anderen 45 Artikel wurden geändert. Bei den vielenRevisionen wurden neue Bestimmungen aufgenommen,die mit den lateinischen Wörtern «bis», «ter» usw.gekennzeichnet wurden. Dadurch werden verschiedeneKapitel der Verfassung von 1857 zum Teil beträchtlichverlängert. Die 1921 eingeführten Artikel 28bis bis 28quater

über das Referendum machen heute einen bedeutendenTeil des 3. Abschnitts aus. Infolge der Teilrevisionen wur-den viele Artikel auch einfach gestrichen, beispielsweisedie Artikel 66 bis 75, die 1921 allesamt aufgehoben wur-den. Schliesslich wurde bei einer Teilrevision oft derWortlaut bestehender Bestimmungen geändert, wobeieine Bestimmung manchmal mehrmals geändert wurde.

3.2 SystematikEs ist nicht erstaunlich, dass die Systematik der Verfas-sung von 1857 durch die vielen Teilrevisionen ziemlichgelitten hat. Die Verfassung hat viel von der Einheit undder systematischen Geschlossenheit eingebüsst, die fürihre Integrations- und Steuerungsfunktion eigentlichunabdingbar wären. Die Bürgerinnen und Bürger, diesich einen Überblick über ihre Rechte verschaffen möch-ten, müssen den ersten Abschnitt lesen, der die allgemei-nen Grundsätze und Gewährleistungen umfasst. Dieserenthält jedoch nur eine sehr unvollständige Aufzählungihrer Rechte, die zudem noch von sehr unterschiedlichenBestimmungen durchsetzt ist, z.B. dem Grundsatz derHaftung des Staates (Art. 14bis) oder den Grundsätzen derFinanzordnung (Art. 15). Genau gleich ergeht es allen,die ein öffentliches Amt innehaben und sich über die demStaat und den Gemeinden obliegenden Aufgaben infor-mieren möchten: Die Verfassung enthält nämlich keineAufzählung der staatlichen Aufgaben, wenn man von denbeiden punktuellen Bestimmungen über das öffentlicheUnterrichtswesen (Art. 19) und die Sprachen (Art. 21)absieht. Angesichts der vielen Schwierigkeiten sind dieLeserinnen und Leser rasch gezwungen, auf die Gesetz-gebung, die Rechtsprechung und die Lehre zurückzugrei-fen, wenn sie mehr wissen wollen, mit allen Problemenund Unsicherheiten, die solche Nachforschungen bein-halten.

3.3 SpracheTrotz der vielen Teilrevisionen atmet die Verfassung von1857 noch den Geist und spricht die Sprache des letztenJahrhunderts. Sie verwendet viele Ausdrücke, die heutenur noch Spezialisten verstehen. Ein Beispiel dafür istArtikel 13, der von einem «dauernden und unablöslichenGrundzins» spricht, sowie Artikel 14, der die Begriffe«Majorate», «Substitutionen» und «Familien-Fideikom-

misse» verwendet. Diese nehmen auf bestimmte Formenvon Privilegien Bezug, die gegen Ende des AncienRégime, d.h. zu Beginn des 19. Jahrhunderts, noch aktu-ell waren, seither aber abgeschafft wurden. Andere Aus-drücke, die zwar allgemein verständlich sind, müsseninfolge der inzwischen eingetretenen Änderungen eben-falls der heutigen Situation angepasst werden. Dies giltz.B. für den Ausdruck «politische und Wahlversammlun-gen» (Art. 28 Abs. 1 und 29 Abs. 1), der an eine öffentli-che Stimmabgabe denken lässt, wie sie bis 1856gebräuchlich war, aber der geheimen Abstimmung, wiewir sie seit 1857 kennen, nicht mehr entspricht. Aufgrundder Möglichkeit der brieflichen Stimmabgabe ist auchder Begriff «Versammlung» überholt. Auch der Begriffder «Handels- und Gewerbefreiheit» (Art. 11), der einemAgrarkanton in der Zeit der Industrialisierung durchausangemessen war, widerspiegelt die in der zweiten Hälftedes 20. Jahrhunderts gestiegene Bedeutung des Dienstlei-stungssektors nur ungenügend. Der Begriff der «demo-kratischen Repräsentativ-Republik» (Art. 1 Abs. 4) istebenfalls längst überholt, da wir infolge des Ausbaus derVolksrechte seit dem Ende des letzten Jahrhunderts heuteeine halbdirekte Demokratie haben. Schliesslich verwen-det die Verfassung von 1857 oft Wörter, die nicht überalldieselbe Bedeutung haben, wie z.B. die Bezeichnung«Bürger», bei der in Artikel 4, 9 und 19 Abs. 4 sämtlicheBürgerinnen und Bürger gemeint sind, während in Artikel28bis und 28ter lediglich Personen angesprochen sind, dieüber die politischen Rechte verfügen. Diese wenigen Bei-spiele zeigen, dass die Klarheit und Einheitlichkeit desWortlauts der Verfassung verloren gegangen sind, wasinsbesondere darauf zurückzuführen ist, dass die revi-dierten Artikel eine modernere Sprache sprechen als derursprüngliche Text. Wortlaut und Standort einer Normhaben daher oft nur beschränkte Aussagekraft.

3.4 Normative DichteNeben den Mängeln bezüglich der Systematik und derSprache sind auch die Mängel zu erwähnen, welche dienormative Dichte betreffen. Die verschiedenen Entste-hungszeiten mit ihren wechselnden situationsbedingtenRegelungsbedürfnissen und den jeweiligen politischenHintergründen haben dazu geführt, dass in der geltendenVerfassung heute ganz allgemeine und sehr detaillierte,wichtige und alltägliche, grundsätzliche und nebensäch-liche Bestimmungen nebeneinander stehen, was die Les-barkeit, Verständlichkeit und Aussagekraft erheblichbeeinträchtigt. Die Verfassung von 1857 enthält bei-spielsweise im 5. Abschnitt, der den Gemeinden gewid-met ist, lediglich zwei kurze Artikel, die den Grundsatzder Oberaufsicht des Staates festschreiben und für alles,was die Organisation der Gemeinden anbelangt, auf dasGesetz verweisen. Die Verfassung von 1857 umfasst auchBestimmungen, die aufgrund ihrer Bedeutung und Trag-weite nicht Verfassungsrang haben, sondern in ein Gesetzoder sogar in eine Verordnung gehören. Ein Beispieldafür ist Artikel 35, der es den Beamten untersagt, ohneEinwilligung des Grossen Rates von einer fremdenMacht einen Ehrentitel, ein Ehrenzeichen, ein Jahresge-halt oder ein Geschenk anzunehmen. Ein anderes Bei-spiel ist die lange Liste der Unvereinbarkeiten von Arti-kel 33. Dagegen fehlen in unserer Verfassung Normen,die nach verbreiteter Auffassung Verfassungswürdehaben, und werden nur auf Gesetzes- oder Verordnungs-stufe erwähnt. Stellvertretend für viele andere Beispieleseien hier das in Artikel 57 bis 65 VRG und in Artikel 42bis 44 StPO konkretisierte rechtliche Gehör, die in Arti-kel 27 GABR vorgesehene Stimmfreiheit, der in Artikel 4

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FHG ausdrücklich erwähnte Grundsatz der Gesetzmäs-sigkeit für Ausgaben und Einnahmen oder die durch Arti-kel 12 KSG garantierte Steuerhoheit der anerkanntenöffentlich-rechtlichen Kirchen erwähnt. Gründe für dieseMängel gibt es viele: Verschiedene sehr detaillierte Arti-kel sind das Ergebnis längst überwundener politischerAuseinandersetzungen und Interessenkonflikte oderergaben sich auch durch die Schwierigkeit, sich auf dasWesentliche zu beschränken. Die allzu kurz gefasstenArtikel, die bei wichtigen Fragen einfach auf die Gesetz-gebung verweisen, sind manchmal Ausdruck eines feh-lenden politischen Konsenses. Dass Normen, die mate-riell Verfassungsrang haben, nicht im Grundgesetz von1857 figurieren, beruht insbesondere darauf, dass eineTeilrevision bis 1979 ein sehr kompliziertes Unterfangenwar, da jeweils zwei Volksabstimmungen erforderlichwaren: eine Abstimmung über den Grundsatz und diezweite über den Wortlaut des geänderten Artikels. Ausdiesem Grund zog man es oft vor, nur den Gesetzestext zuändern, wenn die Änderung nicht gegen die Verfassungvon 1857 verstiess.Die Folgen dieser zahlreichen formalen Mängel sindweniger harmlos, als es scheinen mag. Infolge der fort-währenden Retuschen ist die Verfassung von 1857 ähn-lich wie eine Fassade, die immer wieder einen neuen Ver-putz einer anderen Farbe erhält, zu einem Mosaik ohnewirkliche Einheit geworden. Dies hat logischerweisedazu geführt, dass die Rolle unseres Grundgesetzes alsLeitfaden für das staatliche Handeln immer mehrgeschwächt wurde.

4. Weitere Gründe

4.1 Parlamentarische Vorstösse und Verpflichtungendes StaatsratesWill man die verschiedenen Etappen der Totalrevisionder Verfassung von 1857 nachzeichnen, so muss man bisins Jahr 1968 zurückgehen, als Grossrat Bruno Fasel denStaatsrat mit einer Motion aufforderte, die Zweckmässig-keit einer Totalrevision der Verfassung von 1857 zu prü-fen und gegebenenfalls die vorbereitenden Arbeiten indie Wege zu leiten (TGR 1968 S. 688). Nachdem derGrosse Rat die Motion angenommen hatte, setzte dieRegierung eine beratende Kommission ein. Diese kam inihrem Bericht vom April 1975 zum Schluss, eine Verjün-gung der Verfassung von 1857 sei zwar notwendig, könneaber auch durch Teilrevisionen erfolgen. Der Staatsratschloss sich diesen Schlussfolgerungen an. In der Folgewurden verschiedene Teilrevisionen beschlossen, u.a. dieEinführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Verein-fachung des Verfahrens für die Teilrevision der Verfas-sung, die Neugestaltung der Beziehungen zwischen denKirchen und dem Staat und die Festlegung von neuenRegeln für das Finanzreferendum.Die Frage der Totalrevision wurde dann 1987 erneut auf-geworfen, als John Clerc in einer Motion die Totalrevi-sion der Verfassung von 1857 forderte (TGR 1987 S.1207). In seiner Antwort auf die Motion wies der Staats-rat darauf hin, dass die Verfassung seit der Einreichungder Motion Bruno Fasel im Jahre 1968 bereits mehrmalsteilrevidiert worden sei. Aufgrund einer Vernehmlassungbei den politischen Parteien, bei der Oberamtmännerkon-ferenz und beim Freiburger Gemeindeverband stellte dieRegierung zudem fest, dass der politische Wille für eineTotalrevision fehle. Er beantragte dem Grossen Ratdaher, die Motion abzulehnen und in den nächsten Jahrennoch weitere Teilrevisionen vorzunehmen (TGR 1988 S.

1787 f.). Der Grosse Rat folgte dem Antrag der Regie-rung und lehnte die Motion mit 59 gegen 36 Stimmen ab(TGR 1989 S. 489).Der nächste wichtige Schritt waren die für die Legisla-turperiode 1992-1996 ausgearbeiteten Regierungsrichtli-nien (TGR 1992 S. 1187-1224), die der Staatsrat demGrossen Rat am 18. August 1992 vorlegte. In Punkt 5, derden institutionellen Reformen gewidmet war, sprach sichdie Regierung für eine Totalrevision der Verfassung von1857 aus: «Wie in anderen Kantonen muss auch bei unsdie Staatsverfassung für das Jahr 2000 in Angriff genom-men werden. Grundlage dazu ist ein neues vertieftes Ver-ständnis der Rolle des Kantons als Staat.» Die Regie-rungsrichtlinien enthielten jedoch keinen Zeitplan für diein Aussicht gestellte Totalrevision. Es gilt auch zu beach-ten, dass die Regierungsrichtlinien eine rechtlich nichtverbindliche politische Absichtserklärung darstellen, dieauch den Grossen Rat nicht bindet. Dieser beschränktesich darauf, nach einer Debatte davon Kenntnis zu neh-men.Am 12. November 1992, kurz nach der Veröffentlichungder Regierungsrichtlinien 1992-1996, überwies derGrosse Rat die Motion Jean-Luc Piller zur Totalrevisionder Verfassung von 1857 mit 93 Stimmen und ohneGegenstimme (TGR 1992 S. 2572). In seiner Antwort aufdie Motion (TGR 1992 S. 2470 ff.) hatte der Staatsrat dieTotalrevision diesmal begrüsst und die Annahme derMotion beantragt. Damit verpflichtete er sich, dem Gros-sen Rat einen Dekretsentwurf über den Grundsatz derRevision sowie eine Botschaft mit den Gründen für dieRevision, den Modalitäten, der geplanten Beteiligung derBürgerinnen und Bürger, einem Zeitplan, den Kosten undden erforderlichen Mitteln zu unterbreiten. Der Staatsratwies aber gleichzeitig darauf hin, dass die gesetzlicheFrist von einem Jahr bis zur Überweisung des Dekrets anden Grossen Rat angesichts der Komplexität einer Total-revision möglicherweise nicht eingehalten werdenkönne.Im September 1994 unterbreitete der Staatsrat dem Parla-ment seinen Bericht zum Stand des Regierungspro-gramms 1992-1996 nach der ersten Hälfte der Legislatur-periode. Die Regierung wies in bezug auf dieTotalrevision der Verfassung von 1857 darauf hin, dassanderen gesetzgeberischen Arbeiten Priorität eingeräumtwerden müsse und dass zudem auch die Entwicklung derArbeiten an der Totalrevision der Bundesverfassung zuberücksichtigen sei, was aber nicht bedeute, dass die Not-wendigkeit einer neuen, zeitgemässen Verfassung inFrage gestellt werde (TGR 1994 S. 2418).In seinem Bericht vom 24. Oktober 1995 an den GrossenRat (TGR 1996 S. 154–192, 3504–3566) kündigte derStaatsrat Verwaltungs- und Strukturreformen im Bereichdes New Public Management, der Organisation desStaatsrates und der Kantonsverwaltung, des Dienstver-hältnisses des Staatspersonals und der Subventionspolitikan. Der Staatsrat erweiterte den Bericht in der Folge umeinen fünften, institutionellen Bereich, der die Totalrevi-sion der Verfassung von 1857 und die Aufgabenteilungzwischen dem Staat und den Gemeinden umfasste, sodass die Reform in Bereiche unterteilt war. Die geplanteVerfassungsreform ist natürlich mit allen übrigenReformbereichen verbunden, die möglichst gut koordi-niert werden müssen, wobei der unterschiedliche Standder Arbeiten zu berücksichtigen ist.In seinen Regierungsrichtlinien für die Legislaturperiode1997-2001, die dem Grossen Rat am 19. August 1997unterbreitet wurden, erläuterte der Staatsrat seine Plänehinsichtlich der im Abschnitt «Ziele und Massnahmen»

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aufgeführten Staats- und Verwaltungsreform näher. Erhielt dabei folgendes fest: «Die grosse Entwicklung, diedie Staatstätigkeit in den letzten Jahrzehnten erfahren hat,ist im Rahmen der bestehenden Strukturen verlaufen, dienoch aus dem letzten Jahrhundert stammen. Die Arbeits-organisation und -methoden der Verwaltung haben sichzwar stark verändert, aber eine Gesamtbetrachtung, diesowohl den institutionellen Rahmen wie auch die Art derVerwaltungführung einbezogen hätte, wurde nie ange-stellt. Nun, an der Schwelle zum dritten Jahrtausend undin einer Zeit, wo sich die gesellschaftliche Entwicklungerneut beschleunigt, ist eine tiefgreifende Reform desStaates, seiner Institutionen und seiner Verwaltung not-wendig geworden.» Die Totalrevision der Verfassung von1857 ist also integrierender Bestandteil dieser Staats- undVerwaltungsreform, für die sie gewissermassen einenarchitektonischen Zusatz darstellt. Alle Projekte, die infünf Einheiten gegliedert sind, werden von einer Projekt-oberleitung begleitet. Für die Gesamtleitung ist derStaatsrat zuständig, der von einem Koordinationsaus-schuss unterstützt wird.Die Vorarbeiten für die Totalrevision der Verfassung von1857 wurden von einer Projektoberleitung durchgeführt,die von einer Projektleitung unterstützt wurde. An denArbeiten waren beteiligt:

Pascal Corminbœuf, Staatsrat, Direktor des Innern undder Landwirtschaft, PräsidentAugustin Macheret, Staatsrat, Direktor für Erziehung undkulturelle Angelegenheiten,VizepräsidentPeter Hänni, Universitätsprofessor, Vizedirektor desInstituts für FöderalismusClaude Yerly, Generalsekretär der Direktion des Innernund der LandwirtschaftGérald Mutrux, Dienstchef des GemeindedepartementsDenis Loertscher, Chef des GesetzgebungsamtesAlain Chablais, juristischer Berater der ProjektleitungMarc Bugnon, juristischer Berater der Direktion desInnern und der Landwirtschaft Jean-Marc Schwab, Chef des Projekts «New PublicManagement»

Laut den Regierungsrichtlinien 1997-2001 sollte die ersteEtappe der Totalrevision, d.h. die Abstimmung über dieGrundsatzfrage (Totalrevision: ja oder nein) und dieBezeichnung des für die Revision zuständigen Organs,Ende der Legislaturperiode 1997-2001 abgeschlossensein. Während der parlamentarischen Beratungen zu denRegierungsrichtlinien ging der Staatsrat noch einenSchritt weiter und kündigte an, die Grundsatzfrage werdedem Parlament und anschliessend dem Volk im Jahre1999 oder 2000 gestellt (TGR 1997 S. 815). Nach einerDebatte nahm der Grosse Rat die Regierungsrichtlinienam 16. September 1997 zur Kenntnis (TGR 1997 S. 818).Im Laufe der letzten Jahre wurden verschiedene parla-mentarische Vorstösse, seien es Motionen oder Postulate,zu punktuellen verfassungsrechtlichen Fragen einge-reicht. Bei verschiedenen Vorstössen, z.B. beim PostulatCharly Haenni/Jean-Paul Glasson zur Zahl der Grossräte(TGR 1997 S. 833), bei der in ein Postulat umgewandel-ten Motion Jean-Marc Sallin zur vermehrten Ausrichtungder Staatstätigkeit auf Förderung und Stärkung. derFamilie (TGR 1996 S. 474) und beim Postulat AndréNtashamaje zur Schaffung eines Ältestenrates (TGR1998 S. 268, 294; die Antwort des Staatsrats ist im TGRnoch nicht veröffentlicht) erklärte sich der Staatsratbereit, die Anliegen im Rahmen der Totalrevision derStaatsverfassung von 1857 zu berücksichtigen. Bei ande-

ren nahm er nicht ausdrücklich auf die TotalrevisionBezug. Es ist jedoch denkbar, dass diese Vorstösse eben-falls im Rahmen der Grundsatzüberlegungen zur Totalre-vision behandelt werden, auch wenn ihre Umsetzungnicht unbedingt eine Änderung der jetzigen Verfassungbedingt. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhanginsbesondere die in ein Postulat umgewandelte MotionLouis-Marc Perroud zur Wahl der hauptamtlichen Magi-straten durch den Grossen Rat (TGR 1997 S. 947; TGR1998 S. 163 und 265-268), die in ein Postulat umgewan-delte Motion Michel Buchmann/Charly Haenni zurDezentralisierung der Kantonsverwaltung (TGR 1997 S.837; TGR 1998 S. 159 f. und 231 f.), das Postulat Geor-ges Godel zur Verteilung der Dienststellen des Staates aufdie sieben Bezirke (TGR 1998 S. 159 f. und 231 f.) unddas Postulat Beat Vonlanthen/Marie-Louise Rudaz-Spi-cher zu den kantonalen Jugendsessionen (noch nicht imTGR veröffentlicht).

4.2 Erfahrungen von Bund und KantonenIn den letzten 20 Jahren haben verschiedene Kantoneeine – materielle oder formelle – Totalrevision vorge-nommen. Neben dem etwas besonderen Fall des KantonsJura, der 1977 zur Erlangung seiner Souveränität eineVerfassung erliess, sind hier die Kantone Aargau (1980),Basel-Landschaft (1984), Solothurn (1986), Thurgau(1987), Glarus (1988), Bern (1993), Appenzell Ausser-rhoden (1995) und Tessin (1997) zu erwähnen. Bei diesenneun Totalrevisionen der letzten Jahre ging es meistdarum, die Form, die Systematik und den Wortlaut derVerfassung zu überarbeiten, einen eigentlichen Grund-rechtskatalog aufzustellen, der zum Teil von einer Auf-zählung der Aufgaben und/oder Sozialziele gefolgt war,die Aufgaben des Staates zu präzisieren, die politischenRechte neu zu definieren, die Organisation der Behördenklar darzustellen, die Finanzordnung festzuschreiben, dieStellung, die territoriale Gliederung, die Organisationund die Autonomie der Gemeinden zu verankern undschliesslich Grundsätze für die Beziehungen zwischenden Kirchen und dem Staat aufzustellen. Die Totalrevi-sionen ermöglichten es ausserdem, die kantonale Iden-tität aufzuwerten und einen – wenn auch nur bescheide-nen – Beitrag zu einer besseren Identifikation derBürgerinnen und Bürger mit dem Staat zu leisten, indemihnen vor Augen geführt wurde, was tatsächlich aus demKanton, in dem sie leben, geworden ist.Verglichen mit den neun erfolgreich abgeschlossenenTotalrevisionen ist die Liste der gescheiterten Revisioneninteressanterweise viel kürzer. Ohne Anspruch auf Voll-ständigkeit seien hier einige Beispiele erwähnt: DasStimmvolk von Basel-Stadt und Basel-Landschaft sprachsich 1969 gegen den Entwurf für eine neue Verfassungeines vereinten Kantons Basel aus. Im April 1997 wiesder Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt einen weiterenTotalrevisionsentwurf an den Regierungsrat zurück. ImKanton Aargau sprach sich das Stimmvolk 1979 gegeneinen ersten Verfassungsentwurf aus, bevor es im Jahrdarauf die geltende Verfassung annahm. Im Juni 1997verwarf der Luzerner Grosse Rat einen Entwurf zur Ein-leitung der Totalrevision der Verfassung gegen den Wil-len des Regierungsrates. Im Oktober 1997 lehnte derWalliser Grosse Rat eine Motion ab, die eine Totalrevi-sion verlangte. Die Bestrebungen zur Revision der kanto-nalen Verfassungen scheinen also trotz vereinzelter Miss-erfolge und gewisser Verfahrensschwierigkeiten meistensvon Erfolg gekrönt.Wie die Verfassungsrevisionen der Kantone zeigen, isteine reine Formalrevision, d.h. eine rein redaktionelle

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Revision, bei der die Systematik verbessert und überholteBestimmungen aufgehoben, jedoch keine grundlegendenÄnderungen vorgenommen werden, relativ selten. In denletzten Jahrzehnten hat sich lediglich Genf (1958) dafürentschieden. Der Kanton Tessin schlug zwar 1967 eben-falls diesen Weg ein, musste aber 1997 trotzdem einematerielle Totalrevision vornehmen. Eine kleine Gruppevon Kantonen hat zwar eine Totalrevision durchgeführt,dabei aber mit Ausnahme einiger Neuerungen im wesent-lichen das geltende Recht übernommen: Nidwalden(1965), Obwalden (1968) und Uri (1984). Die Lösung,auf eine Totalrevision zu verzichten und je nach Bedarfeine Reihe von Teilrevisionen durchzuführen, hat eben-falls nicht viele Anhänger. Lediglich die KantoneSchwyz, Appenzell Innerrhoden, Zug, Wallis und Genfscheinen dieses Vorgehen noch zu befürworten. In ver-schiedenen Kantonen ist zur Zeit eine Totalrevision hän-gig, zum Teil schon seit mehreren Jahren: Graubünden,St. Gallen, Zürich, Neuenburg, Schaffhausen, Basel-Stadt und Waadt. Im Kanton Waadt hat das Volk vorkurzem beschlossen, eine Totalrevision einzuleiten unddafür einen Verfassungsrat einzusetzen. Der Stand derArbeiten und vor allem das Verfahren zur Vorbereitungund Verabschiedung eines Entwurfs unterscheiden sichbeträchtlich von Kanton zu Kanton.Auch der Bund hat die 1966 eingeleitete Totalrevisionvorangetrieben. Nach langwierigen Vorarbeiten, die 1977in einen ersten Entwurf mündeten und später zu der 1985vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementausgearbeiteten Modellstudie führten, beschloss die Bun-desversammlung 1987 die Totalrevision der Bundesver-fassung und beauftragte den Bundesrat, das geltende Verfassungsrecht nachzuführen. 1994 entschied das Par-lament, die Arbeiten voranzutreiben, und forderte denAbschluss der Nachführung bis 1998, damit die Vorlageauf das 150-Jahr-Jubiläum des Bundesstaates verabschie-det werden kann. Der Bundesrat beschloss, dem Parla-ment gleichzeitig mit der Nachführung im Bereich derVolksrechte und der Justizreform je ein Reformpaket zuunterbreiten, wobei zu den drei Paketen separateBeschlüsse erlassen und gesondert darüber abgestimmtwerden soll. Die Beratungen im Parlament sind noch imGang, doch sollte der Entwurf der nachgeführten Verfas-sung und möglicherweise sogar die Justizreform plan-mässig 1998 verabschiedet werden können.Angesichts der von den freiburgischen Behörden bereitsgetroffenen Entscheide, der erfolgreich abgeschlossenenTotalrevisionen anderer Kantone und der Entwicklungenauf Bundesebene ist der Zeitpunkt nun auch in unseremKanton gekommen, die Totalrevision unseres Grundge-setzes in Angriff zu nehmen. Neben dem Auseinander-klaffen von Norm und Wirklichkeit (vgl. Ziff. 1), der Ent-wicklung der Souveränität (vgl. Ziff. 2) und den formalenArgumenten (vgl. Ziff. 3) sprechen auch die in diesemAbschnitt aufgeführten Gründe deutlich für eine voll-ständige, d.h. sowohl materielle als auch formelle,Reform.

5. Vorteile einer TotalrevisionDen Befürwortern einer Totalrevision wird gelegentlichentgegengehalten, dasselbe Ziel sei auch mit wenigerAufwand zu erreichen, indem mehrere Teilrevisionenvorgenommen würden. Verschiedentlich wird die Auffas-sung vertreten, dass Totalrevisionen in Zeiten einer tiefen– politischen oder militärischen – Krise durchgeführtwürden, wie dies auch ein Blick in die Geschichte zeige.Eine Totalrevision, die nicht in Krisenzeiten erfolge, habe

den Nachteil, dass Energien und Mittel mobilisiert wer-den müssten, die besser für dringendere Probleme einge-setzt würden, mit denen die Bürgerinnen und Bürger oderdie Behörden jeden Tag zu kämpfen haben. Ausserdemwürde bei einer Totalrevision, die in mehreren Bereichenwirkliche Reformen vorsieht, die Gefahr bestehen, dassdie Gegner einzelner Bestimmungen eine unheilige Alli-anz bilden und schliesslich die gesamte Vorlage gefähr-den würden. Dieses Risiko könne zwar dadurch umgan-gen werden, dass lediglich kosmetische Retuschenvorgenommen würden, womit eine Totalrevision aberkaum noch von Interesse sei.Diese Erwägungen verdienen eine differenzierte Betrach-tung. Es trifft zwar zu, dass viele Totalrevisionen inschweren Krisenzeiten oder nach einem politischen odermilitärischen Umsturz erfolgten, wie dies z.B. für dieVerfassungen Deutschlands (1949), Frankreichs (1958),Österreichs (1920) und sogar des Kantons Freiburg(1803, 1814, 1831, 1848 und 1857) gilt, doch handelt essich hierbei nicht um eine Konstante: Die ErfahrungenDänemarks (1953) oder der Niederlande (1983), aberauch der Kantone Aargau (1980), Basel-Landschaft(1984), Solothurn (1986), Thurgau (1987), Glarus(1988), Bern (1993), Appenzell Ausserrhoden (1995) undTessin (1997) beweisen das Gegenteil, auch wenn sichunser Land und unser Kontinent zur Zeit zugegebener-massen in einem wirtschaftlichen und sozialen Umbruchbefinden, wie es ihn seit der industriellen Revolution des19. Jahrhunderts nicht mehr gegeben hat. Die Revisionender Kantonsverfassungen wurden im allgemeinen innerteiner vernünftigen Frist abgeschlossen und benötigtennie so viele Ressourcen, dass der Staat nicht mehr in derLage gewesen wäre, die grossen Probleme der Gegenwartanzugehen. Sie haben der kantonalen Politik im Gegen-teil oftmals neuen Elan verliehen, die Bürgerinnen undBürger sensibilisiert und ihr Interesse für die Arbeits-weise und die Grundlagen des Staates geweckt. Ausser-dem sind die Verfassungen, die aus einer Krise hervorge-hen, nicht unbedingt die besten, da sie nicht mit dernotwendigen Ruhe und Ausgeglichenheit ausgearbeitetwerden.Das Argument, wonach eine Totalrevision, die zu vieleReformen vorsieht, politisch zu gewagt sei, da sie durchdie kumulierte Opposition aus verschiedenen Lagern zuFall gebracht werden kann, muss ebenfalls relativiertwerden. Auf Bundesebene ist eine – materielle und for-melle – Totalrevision in einem einzigen Schritt tatsäch-lich ein sehr schwieriges Unterfangen, so dass sich derBundesrat für einen «offenen» Prozess entschieden hat,bei dem zu den verschiedenen Reformbereichen geson-dert Vorschläge und Beschlüsse unterbreitet werden. AufKantonsebene, wo der Konsens trotz allem leichter zufinden ist, trifft dies jedoch nicht zu. Der Staatsrat hat sichim übrigen bereits gegen eine «kapitelweise» Totalrevi-sion ausgesprochen (TGR 1992 S. 2472). Die neunerfolgreichen Totalrevisionen auf Kantonsebene zeigenauch, dass eine Totalrevision in einem einzigen Schrittmachbar ist. Sogar Reformen, die politisch sehr umstrit-ten sind oder für die das verfassunggebende Organ keinenbefriedigenden Konsens findet, können dank der Mög-lichkeit der Variantenabstimmung (vgl. Kap. VIII), wiesie der Bund und mehrere Kantone vor einigen Jahreneingeführt haben, in den Entwurf einer neuen Verfassungintegriert werden.In Anbetracht der zahlreichen formalen und inhaltlichenMängel der Verfassung von 1857 würden die vielen not-wendigen Teilrevisionen allein sicher nicht mehr genü-gen, um die Einheitlichkeit unseres Grundgesetzes wie-

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derherzustellen und es bürgernäher zu gestalten (vgl.auch Kapitel VIII Ziff. 1). Es ist an der Zeit, dass wirunseren Bürgerinnen und Bürgern und den zukünftigenGenerationen ein verjüngtes, modernes und offenes Bildunseres Kantons vermitteln, wie es im Laufe derGeschichte geprägt wurde und wie es sich in Zukunft ent-wickeln muss. Wir können die Grundlagen unseres Staa-tes nur mit einer Totalrevision neu gestalten.

IV. Organ zur Ausarbeitung des Entwurfs einerneuen Staatsverfassung

1. Im allgemeinenBevor der mögliche Inhalt einer neuen Verfassung skiz-ziert wird, soll die Frage des mit der Ausarbeitung desVerfassungsentwurfs beauftragten Organs behandelt wer-den. Diese Frage verdient eine eingehendere Prüfung, dasie den Ablauf der Vorarbeiten entscheidend beeinflusst.Wird eine Totalrevision verlangt, so muss die Frage desGrundsatzes der Revision gemäss Artikel 80 Abs. 1 und 2KV dem Volk unterbreitet werden, das ebenfalls zu ent-scheiden hat, ob die Totalrevision von einem eigens dafürgewählten Verfassungsrat oder vom Grossen Rat durch-geführt werden soll (Abs. 1). Der Verfassungsrat wird aufdieselbe Weise wie der Grosse Rat für fünf Jahre gewählt.Es besteht keine Unvereinbarkeit (Abs. 2).

2. Der VerfassungsratDer Verfassungsrat fällt unter den oben zitierten Artikel80 Abs. 2 KV, wird aber auch durch Bestimmungen aufGesetzesstufe geregelt: Artikel 230a und – durch Verweis– Artikel 206 Abs. 3 und 4 sowie 206a GABR. Der Ver-fassungsrat ist nach Massgabe der geltenden Gesetzge-bung relativ ähnlich organisiert wie der Grosse Rat. Erweist wie der Grosse Rat folgende Merkmale auf:– Er setzt sich aus 130 Mitgliedern zusammen (Art.

206a Abs. 2 GABR).– Die Sitze müssen auf die Wahlkreise verteilt werden

(Art. 76 GABR, anwendbar aufgrund des Verweisesvon Art. 80 Abs. 2 KV).

– Die Wahl der Mitglieder erfolgt als Listenwahl nachdem Proporzsystem (Art. 80 GABR, anwendbar auf-grund des Verweises von Art. 80 Abs. 2 KV).

– Die Amtszeit beträgt fünf Jahre (Art. 80 Abs. 2 KV).Der Verfassungsrat organisiert sich selbst und gibt sichsein eigenes Reglement (Art. 206a Abs. 2 GABR). ImGegensatz zum Grossen Rat besteht aber keine Unverein-barkeit zwischen dem Amt als Mitglied des Verfassungs-rates und einem anderen Mandat oder einer anderenFunktion. Dies bedeutet, dass alle Bürgerinnen und Bür-ger unabhängig von der Funktion, die sie innehaben, oderder Staatsgewalt, in der sie ein Amt ausüben, in den Ver-fassungsrat gewählt werden können.

3. Argumente für eine Totalrevision durch einen Ver-fassungsrat bzw. den Grossen RatIm folgenden sollen kurz die Argumente dargelegt wer-den, die für jedes der beiden Organe sprechen, denen dasVolk den Auftrag zur Ausarbeitung eines neuen Verfas-sungsentwurfs erteilen kann.

3.1 Argumente für den VerfassungsratMan kann zunächst die Meinung vertreten, dass der Ver-fassungsrat ein neutraleres Organ ist, da er grundsätzlich

weniger politisiert ist als der Grosse Rat. Es wäre denk-bar, dass die Wählerinnen und Wähler Personen ausser-halb des politischen Spektrums in den Verfassungsratwählen, obwohl der Wahlmodus derselbe ist wie für denGrossen Rat.Im Verfassungsrat könnten Personen Einsitz nehmen, diesich besonders für die Totalrevision interessieren und diemotiviert sind. Damit könnte der Kreis der möglichenMitglieder im Verhältnis zum Grossen Rat erweitert wer-den. Da wie weiter oben erwähnt keine Unvereinbarkeitbesteht, können Personen in den Verfassungsrat gewähltwerden, die in den Grossen Rat nicht wählbar sind (ins-besondere Richterinnen und Richter, Mitglieder desStaatsrates, Beamtinnen und Beamte).Ein Verfassungsrat muss sich nicht mit «alltäglichen»politischen Querelen abgeben. Dank dieser Distanz zuden gerade aktuellen politischen Fragen kann er mehrWeitsicht entwickeln und die grundlegenden Problemeunserer Gesellschaft offener oder sogar ambitionierterangehen.Die Revision ist unbestreitbar eine sehr anspruchsvolleund zeitaufwendige Angelegenheit. Wer für den Verfas-sungsrat kandidiert, ist sich des Umfangs der bevorste-henden Aufgabe bewusst und muss daher ausserordent-lich verfügbar sein. Allerdings weiss man, dass bereitsdie Grossrätinnen und Grossräte überlastet sind. Wennder Grosse Rat mit der Totalrevision beauftragt wird,nimmt ihre Arbeitsbelastung noch mehr zu. Dies könnteden Revisionsprozess verlangsamen. Eine Erhöhung derausserordentlichen Sessionen des Grossen Rates wäre imübrigen für viele Parlamentarierinnen und Parlamentariermit Problemen verbunden.Der Verfassungsrat organisiert sich selbst und gibt sichsein eigenes Reglement. Er hätte daher die Möglichkeit,flexiblere Bestimmungen zu erlassen, die den besonderenArbeiten einer Totalrevision gegebenenfalls besser ent-sprechen als das Gesetz über das Reglement des GrossenRates.Ist der Verfassungsrat einmal gewählt, so könnte er seineArbeit in kürzerer Zeit abschliessen als der Grosse Rat,da er seinen Zeitplan und seinen Arbeitsrhythmus völligunabhängig beschliessen kann.Die Wahl des Verfassungsrates, insbesondere der vorgän-gige Wahlkampf, könnte eine gute Gelegenheit sein, umder Bevölkerung die Bedeutung und die Tragweite derTotalrevision näherzubringen.

3.2 Argumente für den Grossen RatDer Grosse Rat setzt sich aus Personen zusammen, wel-che die politischen Probleme kennen, die im Rahmeneiner Verfassungsrevision gelöst werden könnten. Es istklar, dass sich das Revisionsorgan der gegenwärtigenpolitischen Realität nicht entziehen kann. Allerdingskönnten die Grossrätinnen und Grossräte auch in den Ver-fassungsrat gewählt werden.Die Mitglieder des Grossen Rates sind mit den Beson-derheiten der Parlamentsarbeit vertraut, so dass dieArbeiten unter bestmöglichen Bedingungen erfolgenwürden.Man kann sich fragen, ob ein Verfassungsrat nicht genaugleich zusammengesetzt wäre wie der Grosse Rat. Auf-grund des Wahlmodus des Verfassungsrates ist es aufjeden Fall wahrscheinlich, dass eine Reihe von Gross-rätinnen und Grossräte darin Einsitz nehmen würden.Falls der Grosse Rat mit der Revision beauftragt würde,könnten die Kosten für die Organisation der Wahl desVerfassungsrates gespart werden. Die Betriebskostenkönnten bei dieser Variante ebenfalls gesenkt werden, da

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die Arbeiten an der Totalrevision zumindest teilweisewährend der ordentlichen Sessionen des Parlaments aus-geführt werden könnten. Im grossen und ganzen scheintdie Variante Grosser Rat billiger zu sein.

4. SchlussfolgerungNachdem der Staatsrat die Vor- und Nachteile der beidenLösungen gegeneinander abgewogen hat, ist er zumSchluss gelangt, dass sowohl der Grosse Rat als auch einVerfassungsrat in der Lage wären, eine moderne Verfas-sung für den Kanton Freiburg unter Dach und Fach zubringen. Der Staatsrat empfiehlt aber den Verfassungsrat,weil er der Meinung ist, dass die vorgebrachten Argu-mente stärker für einen Verfassungsrat sprechen als fürden Grossen Rat. Zudem würde die Tatsache, dass dieRevision einem Verfassungsrat übertragen wird, diesemEreignis mehr Würde verleihen. Indem er diese Lösungbevorzugt, zeigt der Staatsrat auch, dass er das Problemder Arbeitsüberlastung der Grossrätinnen und Grossräteernst nimmt. Schliesslich steht diese Lösung nicht quer inder Landschaft, haben sich doch im Juni und im August1998 sowohl die Waadtländer Stimmbürger als auch dasZürcher Parlament entschieden, die Arbeiten für eineTotalrevision ihrer Verfassung einem Verfassungsrat zuübertragen.

V. Vorschlag für die Struktur einer neuen Verfassung

1. Die möglichen zehn Abschnitte einer neuen Staats-verfassungDie Verfassung von 1857 hat sieben Abschnitte, die –allerdings in einer neuen und aktualisierten Form – über-nommen werden müssten. Es wäre zudem wünschens-wert, wenn die neue Verfassung einige zusätzlicheAbschnitte erhält, die entweder tatsächlich neu sind oderdie bereits bestehende Bestimmungen, die unter demGesichtspunkt der Systematik heute ungenügend zumAusdruck kommen, zusammenfassen und ergänzen. Dieneue Verfassung könnte zehn Abschnitte umfassen, dienachfolgend kurz skizziert werden. Es gilt allerdings zubeachten, dass dies lediglich ein Entwurf für eine neueStruktur ist, der wahrscheinlich noch geändert wird. Diein den letzten Jahren verabschiedeten Kantonsverfassun-gen haben aber in der Regel eine ähnliche Einteilung, sodass zuviel Originalität in dieser Hinsicht weder wün-schenswert noch möglich ist.In einem ersten Abschnitt könnten die allgemeinenGrundsätze und einige grundlegende Bestimmungenüber den Staat, die Souveränität, das Verhältnis zumBund und den anderen Kantonen, das Kantonsgebiet, dieSprachen, das Bürgerrecht sowie die Grundsätze für dasstaatliche Handeln verankert werden. Die Verfassung von1857 enthält nur einen kleinen Teil dieser Bestimmun-gen, und dies über mehrere Abschnitte verstreut.Im zweiten Abschnitt könnte der neue Grundrechtskata-log verankert werden. Die geltende Verfassung enthältzwar schon eine Reihe von Grundrechten, doch ist dieAufzählung unvollständig. Obwohl die Grundrechtesowohl in der Bundesverfassung als auch in der Europäi-schen Menschenrechtskonvention figurieren, ist ihreVerankerung in der Kantonsverfassung trotzdem sinn-voll: Erstens werden viele Grundrechte in der geltendenBundesverfassung nicht erwähnt; zweitens ist die Auf-zählung dieser Rechte eine gute Möglichkeit für denStaat, sich den Bürgerinnen und Bürgern transparentdarzustellen; drittens hat ein Kanton die Möglichkeit, in

bezug auf die Garantie von Grundrechten weiter zugehen als die Bundesverfassung und sogar neue Grund-rechte einzuführen. Im zweiten Abschnitt der neuen Ver-fassung könnten zudem einige Sozialrechte und einigePflichten der Bürgerinnen und Bürger aufgeführt wer-den. Des weiteren sollten auch die Sozialziele des Staa-tes genannt werden.Der dritte Abschnitt, der neu eingefügt würde, müsste dieöffentlichen Aufgaben behandeln. Er müsste Aufschlussgeben über die wichtigen Aufgaben, die der Staat undzum Teil auch die Gemeinden bereits heute wahrnehmen.In der Verfassung von 1857 fehlt eine solche Aufzählung,weil in den Augen des damaligen Verfassungsgebersnoch die meisten öffentlichen Aufgaben vom Kantonwahrgenommen wurden, da der Bund erst sehrbeschränkte Befugnisse hatte. Durch die Aufzählung derwichtigsten Aufgaben des Staates in der neuen Verfas-sung könnten die Bereiche hervorgehoben werden, indenen der Kanton noch eigenständig handeln kann undnicht nur Bundesrecht vollziehen muss. Eine solche Auf-zählung würde also sowohl der Information als auch derTransparenz dienen. Ausserdem würde sie den in der Ver-fassung erwähnten Aufgaben eine grössere demokrati-sche Legitimation verleihen.In einem vierten Abschnitt müssten die politischenRechte verankert werden. Dabei könnte im wesentlichender entsprechende Abschnitt der geltenden Verfassungübernommen werden. Aufgeführt würden also Bestim-mungen über die Stimmberechtigten, die Stimmfreiheit,den Inhalt des Stimmrechts, die Wahlen, die Volksinitia-tive, das Referendum und gegebenenfalls die Beteiligungam Meinungsbildungsprozess.Der fünfte Abschnitt wäre den Kantonsbehörden gewid-met. Nach einigen allgemeinen Normen würden Bestim-mungen über die Organisation des Grossen Rates, desStaatsrates und der Kantonsverwaltung sowie derGerichte eingeführt. Damit würde die Struktur des heuti-gen Abschnitts über die Staatsgewalten im grossen undganzen übernommen. Ein solcher Abschnitt, der denStaat definiert und organisiert, gehört unbedingt in eineneue Verfassung. Er ermöglicht es, die Rolle der Behör-den zu definieren, und verhindert eine missbräuchlicheund unkontrollierte Machtausübung, indem die Trennungder gesetzgebenden, vollziehenden und richterlichenGewalt in personeller, organisatorischer und funktionel-ler Hinsicht gewährleistet wird.Ein sechster Abschnitt, der neu eingefügt würde, könntedie Finanzordnung regeln und Bestimmungen über dieallgemeinen Grundsätze, die finanziellen Mittel, dieSteuern, die Besteuerungsgrundsätze, die Subventionenund die Finanzaufsicht vorsehen. Die Verfassung von1857 enthält nur eine rudimentäre Bestimmung zumThema der Finanzordnung. Aufgrund seiner Wichtigkeitsollte dieser Themenbereich jedoch in der Verfassung undnicht nur auf Gesetzesstufe geregelt werden.Im siebten Abschnitt könnte die territoriale Gliederungdes Kantons festgelegt werden. Des weiteren sollte dieGemeindeordnung definiert und die Aufgabenteilungzwischen dem Staat und den Gemeinden verankert wer-den. Ein solcher Abschnitt gehört in eine Kantonsverfas-sung, denn die Einteilung eines Kantons in Bezirke,Kreise, Regionen, Agglomerationen usw. fällt nicht unterdas Bundesrecht. Die Verfassung von 1857 sieht bereitseine Gliederung vor, die aber überprüft werden sollte. DieStruktur dieses Abschnitts ist daher noch ungewiss, da sie weder die Neugliederung der Bezirke noch die Schaf-fung von neuen regionalen Einheiten verhindern darf. Dieden Gemeinden gewidmeten Bestimmungen dieses

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Abschnitts könnten die Stellung, die Autonomie, die Auf-gaben, die Organe, die politischen Rechte, die Finanzenund den Finanzausgleich regeln.Der achte Abschnitt könnte die Stellung der anerkanntenKirchen und anderer Religionsgemeinschaften regeln.Die Verfassung von 1857 enthält dazu lediglich eine ein-zige Bestimmung, die in einen anderen Abschnitt inte-griert ist. Die Regelung der Grundlagen des Verhältnisseszwischen den Kirchen und dem Staat erscheint uns wich-tig genug, um sie in einer neuen Verfassung zu verankern,auch wenn dafür nicht zwingend ein eigener Abschnitterforderlich ist. Im achten Abschnitt könnten alsoBestimmungen über die anerkannten Kirchen und ihreAutonomie, die Pfarreien, die Finanzen, die Zugehörig-keit zu den Kirchen und die übrigen Religionsgemein-schaften verankert werden.Der neunte Abschnitt könnte die Verfassungsrevision, seies die Totalrevision oder die Teilrevision, regeln. Die Ver-fassung von 1857 enthält bereits einen solchen Abschnitt,der unbedingt auch in ein neues Grundgesetz gehört.Im zehnten Abschnitt sollten verschiedene Übergangs-und Schlussbestimmungen verankert werden, wie siebereits in der Verfassung von 1857 zu finden sind.

2. Notwendigkeit, gewissen Bestimmungen Verfas-sungsrang zukommen zu lassenDer Begriff des Verfassungsrechts kann zwei Bedeutun-gen haben: Spricht man von Verfassungsrecht im mate-riellen Sinne, so sind damit alle grundlegenden Bestim-mungen gemeint, welche die Organisation des Staatesund seine Arbeitsweise regeln. In einem formellen Sinnemeint man damit alle Normen, die in einer Verfassung zufinden sind, und zwar unabhängig davon, ob sie vongrundlegender Bedeutung sind oder nicht. Im Idealfallsollte sich das materielle Verfassungsrecht mit dem for-mellen Verfassungsrecht decken, d.h. die Verfassungsollte sämtliche grundlegenden Bestimmungen des Staa-tes, und nur diese, umfassen. In unserem Kanton hat dasmaterielle Verfassungsrecht im Laufe der Jahre anBedeutung gewonnen, ohne dass es systematisch in dieVerfassung integriert wurde, so dass diese die «heutigeVerfassungsrealität» nicht mehr ausreichend wiedergibt.Bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung geht es alsonicht nur darum, zahlreiche der Verfassungsbestimmun-gen von 1857 moderner zu formulieren, sondern auchdarum, eine Reihe von Normen festzulegen, die für ver-fassungswürdig erachtet werden, in der Verfassung von1857 aber fehlen. Es kann sich dabei um ungeschriebeneNormen handeln, wie dies bei einigen Grundrechten, soder Menschenwürde und der Meinungsfreiheit, der Fallist. In den meisten Fällen sind sie jedoch bereits in Geset-zen, Dekreten oder anderen der Verfassung untergeordne-ten Erlassen aufgeführt. Ein Beispiel dafür sind dieöffentlichen Aufgaben, zu denen eine umfangreicheGesetzgebung besteht (Verkehr, Kommunikation, Was-ser, Energie, Umwelt, Bauwesen, öffentliches Gesund-heitswesen, Kultur usw.) und deren Grundsätze auf Verfassungsebene festgeschrieben werden müssten. Das-selbe gilt für die Bestimmungen über die Finanzordnung,die bereits im Gesetz über den Finanzhaushalt des Staa-tes und im Steuergesetz figurieren. Die Verankerung derwesentlichen Grundsätze dieser Gesetze in der neuenVerfassung würde also keinen radikalen Bruch mit derheutigen Situation darstellen. Allerdings ist ein solcherSchritt auch nicht folgenlos, da die in der neuen Verfas-sung verankerten Bestimmungen einen höheren Schutzgeniessen, weil sie nur mit einem obligatorischen Refe-

rendum geändert werden können. Die Aufnahme aller fürgrundlegend erachteten Bestimmungen in die Verfassungwürde schliesslich dazu beitragen, dass die Verfassungaktualisiert und ihre Orientierungsfunktion verstärktwürde. Politikerinnen und Politiker und Bürgerinnen undBürger würden sie öfter in die Hand nehmen, wenn siesich über die Grundlagen des Staates informieren möchten.

3. Notwendigkeit, gewisse Bestimmungen aus derVerfassung zu streichenEs ist nicht ausgeschlossen, dass das verfassunggebendeOrgan einige für zu wenig wichtig erachtete Bestimmun-gen aus der Verfassung von 1857 streicht, um sie in einemGesetz oder Dekret zu verankern. Dies könnte z.B. beiArtikel 33 der Verfassung von 1857 der Fall sein, der eineVielzahl von Unvereinbarkeiten im Detail aufzählt. Diesekönnten auf Gesetzesstufe geregelt werden, und die Ver-fassung könnte sich darauf beschränken, nur dieGrundsätze festzuschreiben. Eine solche «Rückstufung»würde die betreffenden Normen natürlich etwas«schwächen», da sie in der Folge ohne obligatorischeVolksabstimmung geändert werden könnten, was aberandererseits auch mehr Flexibilität bedeuten würde, dadie entsprechende Bestimmung leichter, d.h. in einemweniger schwerfälligen Verfahren, der zukünftigen Ent-wicklung angepasst werden könnte.Man darf sich allerdings keine Illusionen machen. Die imübrigen relativ kurze Verfassung von 1857 enthält mehr-heitlich Bestimmungen, die wirklich grundlegend sind,d.h. den Rang von materiellem Verfassungsrecht haben.Es gibt sicher nicht viele Normen, die aus der Verfassunggestrichen werden könnten. Angesichts der bedeutendenEntwicklung des materiellen Verfassungsrechts in denletzten Jahrzehnten ist unschwer abzusehen, dass dieneue Verfassung deutlich länger werden wird als die alte,wenn sie die heutige Verfassungsrealität wirklich wider-spiegeln will.

VI. Ziele und wichtigste Revisionsbereiche

1. Ziele

1.1 Im allgemeinenEine Totalrevision kann viele, unterschiedlich wichtigeZiele haben. Der Staatsrat ist deshalb überzeugt, dass dieHauptziele der Revision klar definiert werden müssen.Wenn im folgenden einige Ziele vorgestellt werden, sobedeutet dies aber nicht, dass das verfassunggebendeOrgan keine anderen Ziele festlegen darf, doch soll ihneneine gewisse Priorität eingeräumt werden, wenn derInhalt der neuen Verfassung konkreter diskutiert wird.Schliesslich können die genannten Hauptziele nicht nurdadurch realisiert werden, dass das geltende Recht neugeschrieben wird, sondern auch und vor allem durch dieVerabschiedung von punktuellen Neuerungen und/oderwirklichen Reformen (TGR 1992 S. 2471).

1.2 Arbeitsweise der BehördenDie neue Verfassung muss unbedingt versuchen, dieArbeitsweise der Behörden zu verbessern. Diese Fragekann bei einer Totalrevision schlecht ausgeklammertwerden, denn schliesslich beruht die Organisation desGrossen Rates, des Staatsrates und der Gerichte weitge-hend auf der Verfassung von 1857, wenn nicht sogar auf

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derjenigen von 1848. Die Legislative, die Exekutive unddie Judikative müssen in die Analyse einbezogen werden,die mögliche Verbesserungen aufzeigen soll. Ohne dasMilizsystem unseres Parlaments in Frage zu stellen, wirdman versuchen, die Effizienz des Grossen Rates zu ver-bessern, indem nicht nur seine Zusammensetzung, son-dern auch seine Arbeitsorganisation untersucht wird. Desweiteren wird geprüft, ob der Staatsrat mit seiner jetzigenOrganisation noch in der Lage ist, die Rolle wahrzuneh-men, die am Ende dieses Jahrhunderts von ihm verlangtwird. Bei der Revision muss dafür gesorgt werden, dassder Handlungsspielraum der Regierung erhalten bleibt.Die Regierung sollte ausserdem von einem Teil ihrer vie-len administrativen Aufgaben entlastet werden, damit siesich vermehrt der Analyse und grundsätzlichen und stra-tegischen Überlegungen widmen kann. Schliesslich sollauch die Judikative überprüft werden. Es gilt sicherzu-stellen, dass die verschiedenen Gerichte weiterhin in derLage sind, ihre Aufgaben gut zu erfüllen. Das Ziel einereffizienteren Arbeit der Behörden wird nicht nur erreicht,indem alle drei Gewalten gesondert angegangen werden,sondern gegebenenfalls auch dadurch, dass das Verhält-nis zwischen den Gewalten überprüft wird. In dieser Hin-sicht gilt zu beachten, dass sich das Verhältnis zwischendem Parlament und der Regierung in den letzten Jahrenam stärksten gewandelt hat. Diese Entwicklung ist zuberücksichtigen.

1.3 Territoriale GliederungBei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung muss nebender Arbeitsweise der Behörden auch die territoriale Glie-derung unseres Kantons überdacht werden. Auch hierdarf das Erbe des vergangenen Jahrhunderts den Verfas-sungsgeber nicht daran hindern, Reformen in die Wege zuleiten, die der Entwicklung Freiburgs von einem vorwie-gend landwirtschaftlichen Kanton zu einer postindustri-ellen, modernen Gesellschaft, in der Kommunikation undMobilität eine wichtige Rolle spielen, Rechnung tragen.Dabei soll nicht nur die territoriale Gliederung des Kan-tons, sondern auch das Verhältnis zwischen dem Staatund den Gemeinden geprüft werden.

1.4 Rechtsstaat, demokratischer Staat undSozialstaatMit der neuen Verfassung sollen auch die Begriffe desRechtsstaates, des demokratischen Staates und des Sozi-alstaates gestärkt werden. Diese Begriffe sind charakteri-stische Elemente in der Tradition unseres Kantons wieübrigens auch der Schweiz. Sie haben jedoch im Laufeder Zeit stark an Bedeutung gewonnen, so dass sie in derneuen Verfassung deutlicher hervorgehoben werden soll-ten, wie dies alle Kantone getan haben, die ihr Grundge-setz in den letzten Jahren revidiert haben. Die Stärkungdes Rechtsstaates wäre eine Gelegenheit, einen Grund-rechtskatalog in die neue Verfassung aufzunehmen. DieStärkung des demokratischen Staates würde es ermögli-chen, die Frage der politischen Rechte anzugehen unddiese anzupassen, gegebenenfalls indem die bestehendenRechte erweitert werden. Die Stärkung des Sozialstaateserfolgt möglicherweise durch die Verankerung von Sozi-alzielen und sogar von Sozialrechten in der neuen Verfas-sung.

1.5 Offene GesellschaftEin Ziel der Revision besteht darin, der Stellung gewisserGruppen von Personen in unserem Staat besondere Auf-merksamkeit einzuräumen. Dabei soll unter anderem ver-

sucht werden, die Wünsche der Jugendlichen, der älterenMenschen, der Behinderten oder anderer Bevölkerungs-gruppen soweit wie möglich zu berücksichtigen. In die-sem Zusammenhang kommt auch der Verwirklichung desGrundsatzes der Gleichstellung von Frau und Mann einewichtige Bedeutung zu. Von diesem Ziel könnten ver-schiedene Bereiche betroffen sein, insbesondere dieGrundrechte und die Sozialziele. Bei den staatlichen Auf-gaben könnte die Notwendigkeit, diese Bedürfnisse bes-ser zu berücksichtigen, ebenfalls ihren Ausdruck finden.

1.6 TransparenzDie Revision muss schliesslich Transparenz gegenüberden Bürgerinnen und Bürgern anstreben: Die Grundlagendes Staates sollen jedermann klar ersichtlich sein, der dieneue Verfassung aufschlägt. Das Ziel der Transparenzergibt sich im übrigen zum Teil bereits aus den weiteroben genannten Zielen: Nur ein Staat, der über funk-tionstüchtige Behörden verfügt, eine zeitgemässe territo-riale Gliederung aufweist und seine demokratische undsoziale Dimension sowie seine Rechtsstaatlichkeit klarzum Ausdruck bringt, kann von seinen Bürgerinnen undBürgern besser verstanden werden. Es ist in der Tat unab-dingbar, dass diese die Organisation des Kantons undsein Handeln verstehen, sonst verlieren sie ihr Interesseam Staat. Allein schon dadurch, dass das neue Grundge-setz gemäss der weiter oben erläuterten Struktur (vgl.Kap. V) ausgearbeitet und systematisiert wird, wird einwichtiger Beitrag zur Verwirklichung des Ziels der Trans-parenz geleistet.

2. Wichtigste Revisionsbereiche

2.1 Im allgemeinenEine Totalrevision hat den grossen Vorteil, dass mehrereProbleme gleichzeitig angegangen und auf verschiedenenEbenen Änderungen vorgenommen werden können.Geplante oder gewünschte Änderungen werden dabeinatürlich erst in der zweiten Phase des Prozesses, d.h.nachdem das Volk dem Grundsatz der Revision zuge-stimmt hat, konkretisiert. Allerdings kann man sichschwer zum Grundsatz der Revision äussern, ohne einewenn auch nur allgemeine Vorstellung davon zu haben, inwelche Richtung die allfälligen Reformen gehen könn-ten. Der Staatsrat stellt in dieser Botschaft deshalb einigeBereiche vor, die in der zweiten Phase eingehendergeprüft werden könnten. Damit soll aber der Handlungs-spielraum des für die Ausarbeitung der neuen Verfassungzuständigen Organs nicht eingeschränkt werden: DemRevisionsorgan, vor allem wenn es sich um einen Verfas-sungsrat handelt, steht es frei, weitere Bereiche anzu-packen oder die hier vorgeschlagenen Bereiche ausseracht zu lassen. Im folgenden sollen lediglich einige Anre-gungen gegeben und die Grundzüge der neuen Verfas-sung aufgezeigt werden. Im jetzigen Stadium geht es alsonoch nicht darum, eine endgültige Stellungnahme zu denhier aufgeführten Vorschlägen einzuholen. Unter Berück-sichtigung der weiter oben angeführten Ziele (vgl. Ziff.1) könnten folgende Bereiche näher untersucht werden:

2.2 Verbesserung der Arbeitsweise der BehördenVerschiedene Massnahmen wären zunächst in bezug aufdas Parlament denkbar. Man könnte z.B. die Frage derMitgliederzahl des Grossen Rates angehen, dessen Ver-kleinerung geprüft werden sollte. Anzahl und Häufigkeitder Sessionen sollten auf Gesetzesstufe geregelt werden.

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Die Rolle und die Stellung der Kommissionen und Frak-tionen, die in der Verfassung von 1857 mit keinem Worterwähnt werden, könnten thematisiert werden. Mankönnte prüfen, ob die Grossrätinnen und Grossräte ver-pflichtet werden sollen offenzulegen, in welcher Form sieöffentliche oder private Interessen vertreten. Des weite-ren könnten die heutigen Unvereinbarkeiten zwischeneinem öffentlichen Amt und einem Grossratsmandatüberdacht werden. In bezug auf das Verhältnis zwischenLegislative und Exekutive könnte auch die Einführungeines Auftrags des Grossen Rates an den Staatsrat geprüftwerden, wie dies auf Bundesebene der Fall ist (BBl 1997III 292-294, 1500 f.). Im Rahmen der Überprüfung diesesVerhältnisses müssten die Mechanismen der Beteiligungdes Grossen Rates bei der Ausarbeitung der interkanto-nalen Konkordate und der internationalen Vereinbarun-gen (vgl. auch Ziff. 2.4) verbessert werden.Weitere Massnahmen könnten die Regierung und die Ver-waltung betreffen. Das Revisionsorgan sollte darübernachdenken, ob die heutige Mitgliederzahl des Staatsra-tes die beste Lösung ist, um die gute Arbeit der Exekutiveals Kollegium zu gewährleisten. Es sollte auch die Aus-wirkungen einer allfälligen Stärkung des Amtes desStaatsratspräsidenten analysieren. Es könnte die Kumula-tion der Ämter eines Vorstehers einer Direktion und einesMitglieds des Wahlkollegiums thematisieren. Schliess-lich könnte es den Grundsatz einer dezentralisierten Ver-waltung nach Bezirken überdenken, an deren Spitze einOberamtmann steht, der zwar vom Volk gewählt wird,aber den Staatsrat vertritt.Ein drittes Massnahmenpaket könnte die Gerichtsorgani-sation und die Gerichte umfassen. Man sollte die Verfas-sungsgrundlagen schaffen, damit die strukturelle Überla-stung der Gerichte langfristig reduziert werden kann.Besonderes Gewicht könnte auf die Suche nach effizien-ten Mechanismen für die von den Gerichten ausgeübteAufsicht gelegt werden. Was die oberen Gerichte anbe-langt, ist zunächst die Zahl der Richterinnen und Richteroder zumindest die Frage, ob diese Zahl in der neuen Ver-fassung figurieren muss, zu prüfen. Man könnte auch dieMöglichkeit prüfen, das Kantonsgericht von einem Teilseiner Aufsichtsaufgaben zu entlasten, indem ein unab-hängiges Organ wie ein «Magistraturrat» eingesetzt wird.Des weiteren könnte man sich überlegen, ob zur Entla-stung der oberen Gerichte neue Instanzen geschaffenwerden sollten. So könnte z.B. die Einrichtung einerOmbudsstelle geprüft werden. Um die Qualität derGerichtsbarkeit zu verbessern, könnte schliesslich dieEinführung einer eigentlichen Verfassungsgerichtsbar-keit ins Auge gefasst werden.

2.3 Territoriale GliederungFür eine bessere territoriale Gliederung und eine neueDefinition des Verhältnisses zwischen dem Staat und denGemeinden sind verschiedene Massnahmen denkbar.Man könnte zunächst die Grundsätze des Finanzaus-gleichs und die Aufgabenteilung zwischen dem Staat undden Gemeinden angehen oder auch die Regelung derGemeindezusammenschlüsse und die Gemeindeautono-mie überprüfen. Dieses Ziel wird es auch ermöglichen,die Schaffung neuer regionaler Einheiten und ihre Veran-kerung in der Verfassung zu diskutieren, die besser in derLage sind, die Aufgaben wahrzunehmen, mit denen eineGemeinde oder sogar ein Bezirk überfordert ist. Dabeidarf das Revisionsorgan die heutige Aufteilung inBezirke durchaus in Frage stellen. Die Gebietseinteilung,die auf die Verfassung von 1848 zurückgeht, entsprichtkaum mehr der heutigen Realität, in der die (grenzüber-

schreitende) Zusammenarbeit eine immer wichtigereRolle spielt.

2.4 Rechtsstaat, demokratischer Staat undSozialstaatDie Stärkung des Rechtsstaates wird hauptsächlich durchdie Aufnahme eines Grundrechtskatalogs in die neue Ver-fassung gewährleistet. Dieser Katalog übernimmtzunächst die in der Verfassung von 1857 aufgeführtenGrundrechte, so die Handels- und Gewerbefreiheit unddie Eigentumsgarantie, in modernerer Form. Ferner soll-ten auch eine Reihe von Grundrechten Platz finden, z.B.die Meinungs- und Informationsfreiheit oder die Kunst-freiheit, die heute von der Lehre und der Rechtsprechunganerkannt werden, aber weder durch die Bundesverfas-sung von 1874 noch durch die freiburgische Verfassungvon 1857 garantiert sind. Der Grundrechtskatalog könnteschliesslich auch über den aus dem Bundesrecht und deminternationalen Recht (Europäische Menschenrechtskon-vention, Pakt I und II der UNO) abzuleitenden Mindest-schutz hinausgehen: Man könnte z.B. die Einführungeines Rechts auf Einsicht in die amtlichen Akten odereines Demonstrationsrechts prüfen. Es gilt aber zu beach-ten, dass gewisse Massnahmen, wie die weiter obenerwähnte Schaffung einer eigentlichen Verfassungsge-richtsbarkeit oder einer Ombudsstelle, auch zur Stärkungdes Rechtsstaates beitragen würden.Der Begriff des demokratischen Staates könnte durch dieEinführung neuer Volksrechte an Bedeutung gewinnen,was allerdings nicht ausschliesst, dass gleichzeitig beste-hende Rechte eingeschränkt werden, falls dies für notwendig erachtet wird. Neue Volksrechte, die das ver-fassunggebende Organ prüfen könnte, wären z.B. dasRecht auf vorzeitige Neuwahl der Behörden, die Ein-führung eines konstruktiven Referendums oder eines Ver-waltungsreferendums oder die Schaffung eines Behör-denreferendums. Andere Neuerungen kommen für diepolitischen Rechte in Frage: Möglichkeit der Varianten-abstimmung bei zukünftigen Verfassungsrevisionen oderdie Einführung der Möglichkeit, bei Abstimmungen überVerfassungsinitiativen ein doppeltes Ja einzulegen, d.h.sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag anzu-nehmen. Neben der Erweiterung der Volksrechte müsstenauch die Unterschriftenzahl und die Frist überprüft wer-den, die bei der Einreichung einer Initiative oder einesReferendums zu beachten sind. Was die Inhaber der poli-tischen Rechte anbelangt, wären noch andere Massnah-men zur Stärkung des demokratischen Staates denkbar.Man könnte z.B. den im Ausland ansässigen Freiburge-rinnen und Freiburgern die politischen Rechte gewährenoder den Ausländerinnen und Ausländern, die seit einergewissen Zeit in unserem Kanton wohnen, bestimmtepolitische Rechte einräumen. Es wäre auch denkbar, dieheute dem Wahlkollegium zugewiesene Befugnis,gewisse hauptamtliche Magistraten zu wählen, demGrossen Rat oder dem Volk zu übertragen. Schliesslichmüsste das Revisionsorgan nach neuen Mitteln suchen,um das Parlament besser in die interkantonale Zusam-menarbeit einzubeziehen, die sich heute mehrheitlich inden Händen der Regierung befindet (vgl. auch Ziff. 2.2).Der Sozialstaat könnte zunächst durch die Aufnahmeeines Katalogs von Sozialzielen in die neue Verfassunggestärkt werden. Im Gegensatz zu den Sozialrechten wür-den sich die Sozialziele in erster Linie an den Gesetzge-ber richten und könnten daher von Privaten nicht vorGericht eingeklagt werden. Mögliche Sozialziele wärenz.B., dass jedermann durch seine Arbeit für seinen Unter-halt aufkommen kann, in zumutbaren Bedingungen woh-

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nen kann und eine seinen Fähigkeiten entsprechendeAusbildung erhält, dass die Bedürfnisse Behinderterberücksichtigt werden oder dass Familien besondersunterstützt werden. Die Sozialstaatlichkeit könnte durchdie allfällige Verankerung von eigentlichen Sozialrechtenin der Verfassung gestärkt werden, d.h. von direkt ein-klagbaren Ansprüchen, die es den Bürgerinnen und Bür-gern ermöglichen, positive Leistungen des Staates zu for-dern. Unter die Sozialrechte fallen beispielsweise dasRecht auf Existenzsicherung (bzw. das Recht auf einMindesteinkommen) oder das Recht auf eine Ausbildungnach der obligatorischen Schulzeit.

2.5 Offene GesellschaftDie Stellung gewisser sozialer Gruppen könnte in derneuen Verfassung mit verschiedenen Massnahmen ver-bessert werden. Die Sozialziele könnten für den Staateinen Anreiz schaffen, insbesondere junge und ältereMenschen sowie Behinderte in ihrer sozialen, kulturellenund politischen Integration zu unterstützen. Sie würdenes auch ermöglichen, den Berufseinstieg der Jungen undder Behinderten zu fördern. Denkbar wäre auch die Ein-führung eines einklagbaren Sozialrechts, das den Kin-dern einen besonderen Schutz garantiert. Man könnte dieEinführung einer Norm prüfen, wonach die Organe desStaates die Gleichberechtigung von Frau und Mann ver-wirklichen müssen. Zudem könnte auch geprüft werden,ob in dem den staatlichen Aufgaben gewidmeten Kapiteleine Bestimmung verankert werden soll, wonach dieSchutzbedürfnisse der weiter oben erwähnten Gruppenzu berücksichtigen sind. Des weiteren könnte auch überdie Schaffung eines repräsentativen Organs der Jugendli-chen oder der älteren Menschen nachgedacht werden.Eine weitere denkbare Massnahme wäre die Senkung desMindestalters für die Wahl in die Exekutive und die Judi-kative von 25 auf 18 Jahre.

2.6 TransparenzWie bereits weiter oben erwähnt, lässt sich das Ziel derTransparenz hauptsächlich dadurch erreichen, dass dieVerfassung neu geschrieben wird, auch wenn man sichdabei auf die Wiedergabe der gegenwärtigen Verfas-sungsrealität des Kantons Freiburg beschränken würde.Selbst wenn man auf punktuelle Neuerungen und inhalt-liche Reformen verzichten würde, hätte eine solche Über-arbeitung den grossen Vorteil, dass den Bürgerinnen undBürgern klar vor Augen geführt würde, was aus dem Kan-ton Freiburg geworden ist: Bei der Lektüre der neuen Ver-fassung könnten alle Bürgerinnen und Bürger die garan-tierten Grundrechte leicht finden und sich über dieAufgaben des Staates oder die Grundsätze unserer Finan-zordnung informieren. All dies ist heute praktischunmöglich. Die Transparenz gegenüber der Bevölkerungkönnte auch mit anderen punktuellen Massnahmengewährleistet werden. Zu erwähnen sind hier beispiels-weise die Aufnahme einer Bestimmung über die Infor-mation der Öffentlichkeit, die Einführung eines Rechtsauf Einsicht in amtliche Akten oder die Verankerungeiner Bestimmung über die Rolle der politischen Par-teien, d.h. die Präzisierung, dass diese zur Meinungs- undWillensbildung der Bevölkerung beitragen.

VII. VorarbeitenNachdem das Volk dem Grundsatz der Totalrevision derStaatsverfassung einmal zugestimmt hat, muss der neueVerfassungsentwurf ausgearbeitet werden. Dieses Kapi-tel soll das mögliche Vorgehen aufzeigen.

1. Beteiligung der BevölkerungBereits weiter oben wurde aufgezeigt, welche Bedeutungeine moderne Verfassung, welche die grundlegendenPrinzipien der politischen Gemeinschaft umfasst, füreinen Staat hat. Das neue Grundgesetz unseres Kantonswird daher nur dadurch legitimiert, dass sich die Mehr-heit der Bürgerinnen und Bürger aktiv an der Revisionbeteiligt, und zwar während des gesamten Prozesses undnicht erst durch die Abgabe des Stimmzettels bei derAbstimmung über den endgültigen Verfassungsentwurf.Der Staatsrat ist überzeugt, dass sowohl die verschiede-nen Vereinigungen als auch die einzelnen Bürgerinnenund Bürger durch verschiedenste Kanäle am Prozessbeteiligt werden müssen. Ein besonderer Platz wird dabeiden Jungen eingeräumt.In dieser vorbereitenden Phase, bei der Transparenz undMitsprache von grosser Bedeutung sind, sollen verschie-denste Ideen und Vorschläge gesammelt und eine breiteDiskussion eröffnet werden. Man darf allerdings nichtverschweigen, dass eine Totalrevision der Verfassung beider Bevölkerung keine spontane Begeisterung auslösenwird, da sie in erster Linie als Aufgabe der Spezialistenwahrgenommen wird. Angesichts der Wichtigkeit desVorhabens geht es nicht nur darum, den Zugang zurInformation und die aktive Mitwirkung sicherzustellen,sondern auch darum, sie durch aktive Massnahmen zufördern. Natürlich wird es Sache der Spezialisten fürVerfassungsfragen sein, die eingegangenen Vorschlägezu sichten, zu analysieren und in eine Verfassungsbe-stimmung zu integrieren, wobei sie stets um die Lesbar-keit des endgültigen Verfassungstextes bemüht sein müs-sen. Ein langwieriges Unterfangen wie eineTotalrevision der Verfassung kann nur gelingen, wenndie Bevölkerung informiert und einbezogen wird. Allekantonalen Verfassungsrevisionen der letzten Jahre wur-den ebenfalls in einem solchen offenen Prozess durchge-führt.

2. Prozess in fünf PhasenUm die weiter oben aufgeführten Grundsätze zu konkre-tisieren, schlägt der Staatsrat vor, die Vorarbeiten in diefolgenden Phasen zu gliedern:

1. Ausarbeitung eines Ideenhefts2. Erste Skizze eines neuen Verfassungstextes3. Vernehmlassung zur ersten Skizze4. Ausarbeitung eines Vorentwurfs mit Botschaft5. Beratungen des verfassunggebenden Organs

Die erste Phase, d.h. die Ausarbeitung eines Ideenhefts,verfolgt zwei Ziele: einerseits die Information der Bevöl-kerung über die Funktion und Bedeutung einer Kantons-verfassung sowie über die Herausforderungen der Total-revision; andererseits sollen möglichst viele Vorschläge,Ideen und Meinungen gesammelt werden.Die Ideenhefte, die ein oder mehrere Kapitel zu den The-men umfassen, die in der neuen Verfassung figurierensollen (z.B. Individualrechte und Pflichten, öffentlicheAufgaben, Volksrechte, Kantonsbehörden, territorialeGliederung usw.) werden zu verschiedenen Zeitpunkteneinem breiten Publikum zugänglich gemacht. Dazu wer-den kurze Erläuterungen zu den wichtigen Fragen sowieein offener Fragebogen verteilt.Schliesslich wird ein besonderes Ideenheft zuhanden derSchülerinnen und Schüler der verschiedenen Stufen (Pri-marschule, Orientierungsschule, Gymnasium, Berufs-schule usw.) ausgearbeitet und im Rahmen des Staats-kundeunterrichts eingesetzt.

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Die Ideenhefte werden bei Pressekonferenzen über dieüblichen Informationskanäle vorgestellt. Es besteht auchdie Möglichkeit, sich auf einer Website im Internet zuinformieren und Anregungen zu machen. Die regelmäs-sige Veröffentlichung der Ideenhefte hat eine Reihe vonVorteilen: Die öffentliche Diskussion, die zu einem gege-benen Zeitpunkt über ein bestimmtes Thema geführtwird, kann besser organisiert werden, und die aufgrundder Komplexität der Materie mögliche Verwirrung kannvermieden werden. Ausserdem kann regelmässig überden neuesten Stand informiert werden, da nicht alle Ant-worten abgewartet werden müssen, bevor mit der Syn-these begonnen wird.In der zweiten Phase wird auf der Grundlage dieser Syn-these eine erste Skizze der neuen Verfassung ausgearbei-tet, nachdem die eingegangenen Vorschläge analysiertwurden. Diese Skizze widerspiegelt gewissermassen diein der ersten Phase geäusserten Meinungen. Sie wird ineine möglichst breite Vernehmlassung gegeben, welchedie dritte Phase darstellt.Die Analyse der Vernehmlassungsergebnisse sollte esermöglichen, in einer vierten Phase einen Vorentwurf derneuen Verfassung auszuarbeiten. Dieser wird von einerBotschaft begleitet, der das verfassunggebende Organüber die Ergebnisse der Vorarbeiten und die getroffenenEntscheide informiert. Es gilt allerdings zu beachten,dass ein Verfassungsrat, sollte sich das Volk dafür ent-scheiden, auch ein anderes Vorgehen wählen kann.In der fünften Phase wird der Entwurf der neuen Verfas-sung, der dem Volk zur Abstimmung unterbreitet wird,entweder vom Grossen Rat gemäss den üblichen Vor-schriften, die für seine Beratungen gelten (Art. 79 ff.GRRG), oder vom Verfassungsrat gemäss dem von ihmerlassenen Reglement (Art. 206a GABR) verabschiedet.

3. ProjektorganisationFür die Vorarbeiten beabsichtigt der Staatsrat, die klassi-sche Struktur einer Projektorganisation mit einer Projekt-oberleitung und einer Projektleitung zu verwenden, wiedies für die Vorbereitung dieser Botschaft der Fall war.Die Projektoberleitung hat hauptsächlich die Aufgabe,die Arbeiten der Projektleitung zu leiten, indem sie denArbeitsrahmen festlegt und ihr die Richtung vorgibt. DieProjektleitung kann auf diese Weise die wichtigstenÄnderungen und Vorschläge beschliessen, die im Verfas-sungsentwurf figurieren müssen. Der Staatsrat wird dafürsorgen, dass die politischen Kreise oder die wichtigstenStrömungen und die wissenschaftlichen Kreise in derProjektoberleitung angemessen vertreten sind. Die Pro-jektleitung wird in erster Linie auf die Ressourcen derVerwaltung zurückgreifen, wobei eine wissenschaftlicheBegleitung durch Beraterinnen und Berater, die für dieDauer des Projekts angestellt werden, sinnvoll wäre.Schliesslich kann die Projektorganisation auch Expertenbeiziehen, denen ein klar abgegrenztes Mandat erteiltwird.Einem Verfassungsrat würde es allerdings freistehen, vondiesem Organisationskonzept abzuweichen.

4. Kosten und ZeitplanAufgrund des Umfangs des Projekts und seiner Unwäg-barkeiten können die Kosten und der Zeitplan nur schwergeschätzt werden. Am aufschlussreichsten ist vielleichtder Vergleich mit denjenigen Kantonen, welche die Total-revision ihrer Verfassung bereits abgeschlossen haben.Der Zeitplan und die Kosten hängen vor allem davon ab,

wieviel Bedeutung der Kommunikation und dem von derBevölkerung geäusserten Interesse beigemessen wird.Zudem sollte die Qualität der Vorarbeiten die Aufgabedes verfassunggebenden Organs erleichtern, so dassweniger Zeit für die Beratungen aufgewendet werdenmuss.In bezug auf die Kosten ist festzuhalten, dass die Kantoneim Durchschnitt rund drei Millionen Franken ausgegebenhaben. Für die Revision unserer Verfassung werden dieKosten jedoch tiefer geschätzt und liegen unter zwei Mil-lionen Franken (vgl. Beilage). Bei dieser Schätzung wur-den die zusätzlichen Kosten, die durch die Wahl und dieArbeit eines Verfassungsrates entstehen, nicht berück-sichtigt. Zudem wurde die Inanspruchnahme der Verwal-tung und ihres Personals nicht gerechnet.In den Kantonen, die ihre Verfassung in den letzten Jah-ren revidiert haben, verstrichen nach dem Grundsatzent-scheid in den meisten Fällen rund fünf bis sechs Jahre, bisdas Volk über die neue Verfassung abstimmen konnte.Der Staatsrat sieht einen ähnlichen Zeitrahmen vor.

Überblick über die Organisation der Vorarbeiten

Phasen Bezeichnung Verfasser/ Zeitplan1 Kosten2

Verantwortlicher

1 Ideenhefte Projektorganisation Ende 1999 550 000

2 Erste Skizze der Projektorganisation Som. 2000 200 000Staatsverfassung Genehmigung der

Skizze durch denStaatsrat

3 Vernehmlassung Projektorganisation Ende 2000 300 000zur ersten Skizzeund Auswertung

4 Vorentwurf der Projektorganisation Ende 2001 300 000neuen Verfassung und Staatsratund Botschaft anden Grossen Ratoder an denVerfassungsrat3

5 Beratungen des Grosser Rat oder Som. 2002 300 000verfassunggebenden VerfassungsratOrgans

6 Annahme des Grosser Rat oder Som. 2003 —Verfassungsentwurfs Verfassungsratdurch das verfas-sunggebende Organ

7 Volksabstimmung Volk Ende 2003 —

Bemerkungen1 Bei der Festsetzung des Zeitplans wurde davon ausge-gangen, dass die Abstimmung über den Grundsatz derVerfassungsrevision im Frühling 1999 durchgeführtwird.2 Die Kosten für Personal, Experten und Entlöhnung derMitglieder der Projektoberleitung machen etwa 50 % derKosten aus.3 Sofern das Volk bei der Grundsatzabstimmung be-schliesst, diese Aufgabe einem Verfassungsrat zu übertra-gen, so könnte dieser frühestens im Herbst 1999 gewähltwerden.

VIII. Abstimmungsverfahren

1. Im allgemeinenWenn dem Volk eine so umfangreiche Vorlage wie eineneue Verfassung zur Abstimmung unterbreitet wird, ver-langt man unweigerlich, dass es sich zur gesamten Vor-lage äussert. Der Entwurf einer neuen Verfassung stellt

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nämlich eine Einheit dar, auch wenn er verschiedeneKapitel umfasst und einige Bürgerinnen und Bürger viel-leicht einzelne Teile begrüssen, sich mit anderen jedochnur schwer abfinden können. Dies ist ein normales Phä-nomen, denn wenn ein Gemeinwesen sich eine neue Ver-fassung gibt, stellt sie neue Grundregeln auf, mit denenvielleicht nicht alle einverstanden sind, wobei aber alleeiniggehen, dass sie für ein harmonisches Zusammenle-ben notwendig sind.Es ist jedoch möglich, dass die eine oder andere Frage beiden Beratungen zur neuen Verfassung besonders umstrit-ten ist. Falls bei einer solchen Frage kein Konsens inbezug auf den dem Volk zu unterbreitenden Entwurfgefunden wird und der Entscheid klar auf Kosten eineranderen Lösung getroffen werden muss, besteht dieGefahr, dass die Verliererseite daraus eine Grundsatz-frage macht und zum Schluss den gesamten Entwurfbekämpft. Die Opposition gegen verschiedene Einzelfra-gen könnte sich kumulieren, so dass schliesslich diegesamte Totalrevision der Verfassung gefährdet ist. DasScheitern einer Totalrevision würde aber für alle Betei-ligten einen Zeit- und Energieverlust darstellen. Es gibtjedoch einige Möglichkeiten, um dieses Risiko zu mil-dern, indem über besonders umstrittene Fragen gesondertabgestimmt wird.Die erste Möglichkeit ist die Teilrevision der Verfassung.Wenn die umstrittene Frage besonders wichtig und kom-plex ist und eingehende Vorarbeiten erfordert, so kann sieim Rahmen einer Teilrevision behandelt werden, die demVolk kurz vor oder nach der Totalrevision zur Abstim-mung unterbreitet wird. Diese Möglichkeit ist in der Ver-fassung von 1857 bereits vorgesehen, so dass sie pro-blemlos umzusetzen wäre. Der Staatsrat ist jedoch gegenein solches Vorgehen, da eine Teilrevision trotzdemschwerfällig bleibt. Ausserdem würde der Grundsatz derEinheit der Materie den Umfang einer Teilrevisionbeträchtlich einschränken. Schliesslich hätte auch dieBevölkerung Mühe zu akzeptieren, dass bei einem so ehr-geizigen Vorhaben wie einer Totalrevision nicht für einegewisse Zeit von Teilrevisionen abgesehen werden kann.Ein zweites Mittel wäre die Möglichkeit, die Totalrevi-sion in verschiedene «Pakete» zu gliedern und diesenacheinander zur Abstimmung zu bringen. Jedes Paketkönnte einen Abschnitt oder ein Kapitel der neuen Ver-fassung enthalten. Der Staatsrat befürwortet aber auchdiese Lösung nicht, da das Verfahren viel zu lange dauernwürde und die Bürgerinnen und Bürger nur schwer denÜberblick über die Totalrevision behalten könnten. Einsolches Vorgehen eignet sich zudem vor allem dazu, grös-sere politische Konflikte in bezug auf ganze Kapitel desVerfassungsrechts zu entschärfen, was vielleicht auf Bun-desebene der Fall ist (z.B. für die Volksrechte), auf Kan-tonsebene jedoch nicht zutrifft.Ein drittes Mittel ist die nachfolgend erläuterte Methodeder Varianten.

2. VariantenBei dieser Methode wird über verschiedene umstritteneFragen (also nicht über ganze Kapitel) gesondert abge-stimmt, wobei die Abstimmungen vor oder gleichzeitigmit der Volksabstimmung über den Entwurf der neuenVerfassung stattfinden können. Diese Methode hat denVorteil, dass die Bürgerinnen und Bürger eine der vorge-schlagenen Varianten nur annehmen können, wenn siegleichzeitig dem gesamten Verfassungsentwurf zustim-men. Auf diese Weise kumulieren sich die Jastimmen zuden verschiedenen Varianten anstatt die Neinstimmen zu

umstrittenen Bestimmungen. Durch die Varianten wirddie Abstimmung zudem interessanter und attraktiver: DieStimmberechtigten haben mehr Handlungsspielraum undfühlen sich als mündige Bürgerinnen und Bürger ernstgenommen, was sich positiv auf die Stimmbeteiligungauswirken kann. Schliesslich sprechen auch die positivenErfahrungen der Kantone (Basel-Landschaft, Bern, Solo-thurn), die eine erfolgreiche Variantenabstimmungdurchgeführt haben, für dieses Vorgehen (BBl 1997 III S.1323). Erst vor kurzem haben auch der Bund und andereKantone (Graubünden, Schaffhausen) die nötigen Grund-lagen für eine Variantenabstimmung geschaffen. Diesekann auf zwei Arten erfolgen:– Findet die Abstimmung vorgängig statt, so weist dasResultat die Richtung, die das verfassunggebende Organanschliessend bei der Ausarbeitung der neuen Verfassungeinschlagen muss. Der Staatsrat spricht sich jedoch gegendieses Vorgehen aus, weil es mehrere Nachteile hat. Dermehr oder weniger verbindliche Charakter der vorgängi-gen Abstimmung ist in rechtlicher Hinsicht nämlich frag-würdig, da immer die Möglichkeit eines Meinungsum-schwungs besteht, dies um so mehr, je mehr Zeit zwi-schen der vorgängigen Abstimmung und der endgültigenAbstimmung über den Verfassungsentwurf verstreicht.Ausserdem besteht immer noch die Gefahr, dass dieStimmberechtigten, die in der vorgängigen Abstimmungunterlegen sind, ihren Widerstand mit einem Nein zumgesamten Entwurf zum Ausdruck bringen. Schliesslichwürde den gestellten Fragen vermutlich unverhältnismäs-sig viel Bedeutung eingeräumt, wenn eine vorgängigeAbstimmung durchgeführt wird.– Findet die Abstimmung gleichzeitig statt, so stimmtdas Volk zur gleichen Zeit über die Hauptvorlage und dieVarianten ab. Der Staatsrat schlägt diese Lösung für diegeplante Totalrevision der geltenden Verfassung vor. Diegleichzeitige Abstimmung über verschiedene Variantenhat zwar ebenfalls Nachteile, da die Stimmberechtigtendarin ein Zeichen der Führungs- und Entscheidungs-schwäche der Behörden sehen können. Ausserdem kön-nen Varianten die Bürgerinnen und Bürger verwirren,wenn sie nicht genau abschätzen können, welche Aus-wirkungen ihre Stimme hat. Sofern man jedoch gewisseGrenzen setzt und die Modalitäten festlegt, machen dieVorteile dieser Lösung die Nachteile jedoch mehr alswett.

3. Modalitäten der gleichzeitigen Abstimmung überdie VariantenZuerst muss die Frage beantwortet werden, ob die Ver-fassung von 1857 vor oder gleichzeitig mit der Totalrevi-sion geändert werden muss, damit dem Volk Variantenzur Abstimmung unterbreitet werden können. DieseFrage ist zu verneinen. Die Verfassung von 1857 enthältkeinerlei Angaben zu den Varianten, verbietet sie aberauch nicht. Die Varianten sind daher aus der Sicht derVerfassung zulässig. Zu dieser Schlussfolgerung ist auchder Bundesrat im Rahmen der Totalrevision der Bundes-verfassung gekommen (BBl 1985 III S. 130).Da die Möglichkeit, über verschiedene Varianten abzu-stimmen, eine wichtige Neuerung darstellt, sollte dasVolk nach Ansicht des Staatsrates zu dieser Frage Stel-lung nehmen können. In technischer Hinsicht erfolgt diesdurch das dem Volk zur Abstimmung unterbreiteteDekret, das neben der Grundsatzfrage und der Frage überdas zuständige Revisionsorgan eine dritte Frage zur Mög-lichkeit vorsieht, im Rahmen des laufenden Revisions-prozesses Varianten vorzuschlagen. Die Befragung des

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Volks zu den Varianten macht die Abstimmung attrakti-ver, und zudem lassen sich vielleicht mehr Bürgerinnenund Bürger für das Vorhaben der Totalrevision gewinnen.Obwohl es keine Verfassungsänderung braucht, um Vari-anten zu unterbreiten, und obwohl das Volk zu derenZulässigkeit befragt wird, stellt sich die Frage, ob nichttrotzdem eine generell-abstrakte Norm, d.h. eine gesetz-liche Grundlage eigens für diesen Punkt, erforderlichwäre. Eine solche Forderung scheint sich aus der Recht-sprechung des Bundesgerichts zu ergeben, für das einegesetzliche Grundlage für jedes Abstimmungsverfahrenmit einem rechtlich bindenden Resultat erforderlich ist(BGE 104 Ia 232). In bezug auf die Bundesverfassungteilen viele Autoren und auch der Bundesrat diese Auf-fassung (BBl 1997 IV S. 1604). Aufgrund der techni-schen Komplexität der Einführung einer Variantenab-stimmung ist es zudem gerechtfertigt, wenn man dieModalitäten auf Gesetzesstufe regelt, um zu vermeiden,dass die Diskussion über den Inhalt der neuen Verfas-sung durch Erläuterungen zum Abstimmungsverfahrenerschwert wird. Da die freiburgische Gesetzgebung dieMöglichkeit einer Variantenabstimmung bei einer Verfas-sungsrevision nicht vorsieht, wird der Staatsrat also kon-kret eine entsprechende Änderung des Gesetzes über dieAusübung der bürgerlichen Rechte beantragen, um demverfassunggebenden Organ diese Möglichkeit zu geben.Dabei muss natürlich dafür gesorgt werden, dass die neueNorm vor der Abstimmung über den Verfassungsentwurfin Kraft tritt.Unter dem Gesichtspunkt der Stimm- und Wahlfreiheit,welche die freie Meinungsbildung der Bürgerinnen undBürger und den zuverlässigen und unverfälschten Aus-druck des Volkswillens gewährleistet, ist es ausserordent-lich wichtig, dass nur wenige Varianten zur Abstimmungunterbreitet werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssenabschätzen können, welches Ergebnis schliesslich ausden verschiedenen gleichzeitig gestellten Fragen hervor-geht. Aufgrund der Erfahrungen auf Kantons- und Bun-desebene können wohl kaum mehr als drei Varianten vor-geschlagen werden, was bei der Änderung des Gesetzesüber die Ausübung der bürgerlichen Rechte präzisiertwerden muss. Damit die dem Volk unterbreiteten Fragennicht übermässig kompliziert werden, sollte zu jedemstrittigen Punkt nicht mehr als eine Alternative vorge-schlagen werden.Schliesslich gilt zu beachten, dass der Entscheid, demVolk Varianten zu unterbreiten, ein politischer Entscheidist. Es kann sich im übrigen auch um ein zweischneidigesSchwert handeln, da gewisse unpopuläre Massnahmen ineiner Volksabstimmung oft nur Chancen haben, wenn siein ein Gesamtpaket integriert sind; wenn gesondert dar-über abgestimmt wird, besteht hingegen die Gefahr derAblehnung, was das Gleichgewicht eines ganzen Kapi-tels der neuen Verfassung gefährden kann. Das verfas-sunggebende Organ wird daher sorgfältig prüfen müssen,zu welchen Fragen es Varianten vorlegen will. Der Ent-scheid über die schliesslich berücksichtigten Variantendarf erst nach Abschluss der Beratungen des verfassung-gebenden Organs getroffen werden, da dieses erst danneinen Überblick über das gesamte Projekt haben kann.

IX. Kommentar zum Dekretsentwurf

Artikel 1Artikel 1 leitet das Verfahren zur Totalrevision der Staats-verfassung von 1857 gemäss Artikel 78 Abs. 2 KV for-mell ein. Gemäss dieser Bestimmung obliegt die Einlei-

tung eines solchen Verfahrens nämlich (insbesondere)dem Grossen Rat.

Artikel 2Der Entscheid, eine Totalrevision der Verfassung von1857 einzuleiten, bedeutet, dass die Grundsatzfrage nachMassgabe von Artikel 80 KV dem Volk unterbreitet wer-den muss, das entscheidet, ob das geltende Grundgesetzrevidiert werden soll. Dies ist der Zweck von Artikel 2dieses Dekrets.Ein Ja zum Grundsatz der Verfassungsrevision stellteinen verbindlichen Auftrag an die Behörden des Staatesund vor allem an den Staatsrat dar, die Vorarbeiten (vgl.Kap. VII) im Hinblick auf die Ausarbeitung eines Verfas-sungstextes in Angriff zu nehmen, der vom verfassung-gebenden Organ verabschiedet und dann dem Volk unter-breitet werden muss. Falls sich das Volk jedoch gegeneine Totalrevision ausspricht, so nimmt der Grosse Ratgemäss Artikel 224 und 225 GABR durch Verweis vonArtikel 230 GABR von diesem Entscheid Kenntnis.

Artikel 3Bei der Abstimmung über den Grundsatz der Totalrevi-sion muss das Volk aufgrund von Artikel 80 Abs. 1 KVauch entscheiden, ob die Revision von einem eigensdafür gewählten Verfassungsrat oder vom Grossen Ratdurchgeführt werden soll. Dieser Punkt wird im erstenAbsatz dieses Artikels geregelt. In bezug auf den Verfas-sungsrat und die Argumente, die für ihn sprechen, wirdauf Kapitel IV verwiesen. In diesem Zusammenhang giltzu beachten, dass das Abstimmungsergebnis gemässArtikel 206 Abs. 3 GABR ungültig ist, wenn sich dasVolk gleichzeitig sowohl für den Verfassungsrat als auchfür den Grossen Rat oder sowohl gegen den Verfassungs-rat als auch gegen den Grossen Rat ausspricht.Die Frage, ob der Grosse Rat dem Volk eine Empfehlungfür die Bezeichnung des Revisionsorgans abgeben darf,ist weder in der Verfassung von 1857 noch im Gesetz überdie Ausübung der bürgerlichen Rechte genau geregelt.In bezug auf den zweiten Absatz dieser Bestimmung giltes zu beachten, dass es von Vorteil ist, wenn der GrosseRat seine Meinung deutlich zum Ausdruck bringt, auchwenn das Volk in dieser Beziehung selbstverständlichvöllig frei entscheiden kann: Einerseits, weil er in ersterLinie betroffen ist in bezug auf seine Bereitschaft, dieneue Verfassung selbst zu verabschieden, und anderer-seits, weil dies, wie bereits in Kapitel IV aufgezeigt, einewichtige Frage ist. Der zweite Absatz übernimmt imGrunde genommen lediglich den Inhalt von Artikel 205bis

GABR, wonach der Grosse Rat «dem Volk die Annahmeoder die Verwerfung der Initiative empfehlen» kann.Wenn er dies bei einer Verfassungsinitiative tun kann, soist davon auszugehen, dass er zur Bezeichnung des ver-fassunggebenden Organs ebenfalls klar Stellung nehmendarf.

Artikel 4Diese Bestimmung ermöglicht es, das Volk zur Zweck-mässigkeit von Variantenabstimmungen zu befragen,deren Vorteile in Kapitel VIII dargelegt werden. DieModalitäten zur Umsetzung der Variantenabstimmungwerden in der Ausführungsgesetzgebung festgelegt, dasie offensichtlich nicht Verfassungsrang haben. Ausser-dem soll die dem Volk unterbreitete Frage nicht durchvorwiegend technische Erläuterungen kompliziertergemacht werden.

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Artikel 5Diese Bestimmung beauftragt den Staatsrat, die Voll-zugsbestimmungen über die Modalitäten des Urnengangszu erlassen. Diese betreffen vor allem die Art und Weise,wie das Volk sich zur Bezeichnung des verfassunggeben-den Organs und zum Grundsatz der Varianten äussernkann.

Wir beantragen Ihnen, diesen Dekretsentwurf anzuneh-men.

DEKRETSENTWURF 29. September 1998

über die Einleitung der Totalrevision der Staatsver-fassung

Der Grosse Rat des Kantons Freiburg

gestützt auf Artikel 78 und 80 der Staatsverfassung desKantons Freiburg vom 7. Mai 1857;nach Einsicht in die Botschaft des Staatsrates vom 29. September 1998;

auf Antrag dieser Behörde,

beschliesst:

Artikel 1. Das Verfahren zur Totalrevision der Staatsver-fassung des Kantons Freiburg vom 7. Mai 1857 wird ein-geleitet.

Art. 2. Die Frage des Grundsatzes der Totalrevision wirddem Volk zur Abstimmung unterbreitet.

Art. 3. 1 Das Volk wird ebenfalls aufgerufen zu entschei-den, ob die Totalrevision von einem eigens dafür gewähl-ten Verfassungsrat oder vom Grossen Rat durchgeführtwerden soll.2 Der Grosse Rat empfiehlt dem Volk, einen Verfassungs-rat mit der Verfassungsrevision zu beauftragen.

Art. 4. Bei dieser Abstimmung befindet das Volk auchdarüber, ob der Entwurf der neuen Verfassung bei beson-deren Fragen Varianten vorsehen darf, die gleichzeitigmit dem gesamten Entwurf zur Abstimmung unterbreitetwerden. Die Vollzugsmodalitäten werden im Gesetzgeregelt.

Art. 5. Der Staatsrat wird mit der Organisation der Volks-abstimmung beauftragt.

Also beschlossen vom Grossen Rat, zu Freiburg, am

Anhang zur Botschaft zum Dekretsentwurf über die Ein-leitung der Totalrevision der Kantonsverfassung

Die Verfassung von 1857: ein geschichtlicher Abriss

Beitrag zum Entwurf für eine Totalrevision der Kantons-verfassung von Herrn Jean-Pierre Dorand, Dr. ès lettres,Geschichtslehrer am Kollegium St. MichaelEine Abhandlung über die Verfassung von 1857 ist nurmöglich, wenn man unser geltendes Grundgesetz mit sei-nen Vorläufern vergleicht. In diesem Abriss werden daherzunächst die Verfassungen von 1803, 1814, 1831 und1848 kurz vorgestellt. Anschliessend wird der geschicht-

liche Kontext von 1856-57 und der Inhalt der Verfassungvon 1857 erläutert. Die Entwicklung der geltenden Ver-fassung wird im letzten Teil des Abrisses dargestellt, derwie folgt gegliedert ist:I. Die Verfassungen vor 1857II. Der geschichtliche Kontext von 1856-1857III. Die Charakteristiken der Verfassung von 1857

A. Geregelte ProblemeB. Hängige Probleme

IV. Die Entwicklung seit 1857A. 1857-1917: von der Stabilität zur StagnationB. 1917-1972: ein halbes Jahrhundert Demokratisie-

rungC. 1973-1998: die jüngsten Revisionen

I. Die Verfassungen vor 1857Im Ancien Régime ist Freiburg ein Stadtstaat, der grosseGebiete erwirbt oder erobert und sie seiner Herrschaftunterstellt. Die Zähringerstadt, die bis 1477 verschiede-nen Herrschern untersteht, erlässt 1347, 1392 und 1404eine Art Verfassung. Die Stadt verfügt über ein «aristo-kratisch-demokratisches» Regierungssystem mit ver-schiedenen Organen: Bürgerversammlung, Kleiner Rat,Venner, Heimliche, Rat der Sechzig, Rat der Zweihundertoder Grosser Rat. Dieses System entwickelt sich zu einerOligarchie, die 1627 von Rechts wegen eingeführt wird.In die Regierungsämter sind nur die Patrizier, die sog.«Heimliche Bürgerschaft», nicht aber die «gemeinenBürger» und die «Einwohner» der Hauptstadt wählbar.Ab 1684 werden keine Bürger mehr in das Patriziat auf-genommen. Infolge der Unruhen von 1781-82 werdenwieder einige Familien in die «Heimliche Bürgerschaft»aufgenommen. 1783 wird eine Art Verfassung erlassen,die aber keine Gewaltentrennung zwischen dem GrossenRat, dem Kleinen Rat, den beiden Schultheissen und derGeheimen Kammer vorsieht. Die Mitglieder dieserBehörden werden unter Vorbehalt einer allfälligen Zensurauf Lebenszeit ernannt. Die Souveränität liegt beimGrossen Rat und nicht beim Volk. Die Oligarchen derHauptstadt (ungefähr l % der Kantonsbevölkerung) herr-schen über die gesamte Bevölkerung des Kantons. DasSystem wird 1798 weggefegt.

A. Die Verfassung von 1803Nach dem Zwischenspiel der Helvetik (1798-1802), dieneue Ideen bringt, die sich erst später durchsetzen werden, überreicht der Erste Konsul Bonaparte denSchweizer Abgeordneten am 19. Februar 1803 dieMediationsakte, die 19 Kantonsverfassungen und eineBundesverfassung enthält.In den Stadtstaaten des Ancien Régime garantieren dievon Bonaparte erlassenen Grundgesetze die Rechts-gleichheit zwischen der Hauptstadt und den Landschaf-ten. Das Wahlsystem sichert den Patriziern die Vorherr-schaft, was ihnen die Rückkehr an die Macht, nicht aberdie alleinige Ausübung der Macht ermöglicht. Am 27. Juli 1803 beschliesst der freiburgische Grosse Rat, dievom Ersten Konsul erlassene Verfassung als Grundlagefür die Ausarbeitung der Organisationsgesetze des Kan-tons zu verwenden.Diese Gesetze gliedern den Kanton in fünf Bezirke (Frei-burg, Romont, Murten, Bulle, Estavayer), die ihrerseits invier Quartiere unterteilt sind. Die gesetzgebende Gewaltwird von einem Grossen Rat mit 60 Abgeordneten aus-geübt. Die ausführende Gewalt ist einem 15köpfigenKleinen Rat vorbehalten, während die richterlicheGewalt von einem Appellationsgericht mit 13 Richtern

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ausgeübt wird. Die Abgeordneten des Grossen Rates wer-den von den Quartieren nach einem Zensuswahlsystemernannt. Um in einem Quartier wählen zu können, mussman:

– Bürger oder Sohn eines Bürgers einer Gemeinde desKantons sein;

– seit einem Jahr im Quartier wohnen;

– 30 Jahre alt sein, wenn man ledig ist, und 20 Jahre,wenn man verheiratet ist;

– über Grundeigentum oder eine Hypothekarforderungvon 500 Schweizer Pfund verfügen.

Dieses System stellt eine Art Übergang vom AncienRégime zu den Ideen von 1789 dar. Es ermöglicht denPatriziern, die 36 der 60 Abgeordneten des Grossen Ratesund 13 der 15 Mitglieder des Kleinen Rates stellen, dieRückkehr an die Macht. Die Wahl erfolgt auf Lebenszeit.Die Mitglieder des Kleinen Rates und die beiden Schult-heissen gehören weiterhin dem Grossen Rat an. DieSchultheissen präsidieren abwechselnd – je für ein Jahr –den Grossen und den Kleinen Rat sowie das Appella-tionsgericht.Auch wenn dieses Regierungssystem die wichtigstenErrungenschaften der Helvetik bewahrt und die Trennungvon Exekutive und Judikative beibehält, so sind die legis-lativen und administrativen Befugnisse doch in den Hän-den des Kleinen und des Grossen Rates konzentriert, zwi-schen denen keine richtige Gewaltentrennung besteht.

B. Die Verfassung vom 4. bis 10. Mai 1814Mit dem Untergang des Reichs Napoleons geht dieMediation in der Schweiz zu Ende (1813). Am 10. Januar1814 schlägt der Kleine Rat vor, die Mediationsakte auf-zuheben, und der Grosse Rat folgt dem Antrag einstim-mig. Als die Regierung den Kanton vorübergehend ver-walten und reorganisieren will, sinkt die Begeisterung.Der Antrag wird zunächst abgelehnt, bevor er unter demEinfluss von Drohungen und Intrigen gutgeheissen wird.Ein Teil der Patrizier will die vollständige Rückkehr zumAncien Régime. Daraufhin tritt der ehemalige Grosse Ratvon 1798 zusammen und beschliesst, eine neue Verfas-sung auszuarbeiten, die zwischen dem 4. und 10. Mai1814 artikelweise verabschiedet wird, ohne dass sie inihrer Gesamtheit diskutiert wird.Die neue Verfassung weist typisch oligarchische Grund-züge auf und bedeutet klar eine Rückkehr zu den Verhält-nissen vor 1798. Der Grosse Rat ist die höchste Behördedes Kantons. Er setzt sich aus 144 gleichberechtigtenMitgliedern zusammen, die zu drei Vierteln (108) vomPatriziat und zu einem Viertel (36) von den Städten undLandschaften gewählt werden. Der Grosse Rat wählt ausseiner Mitte einen Kleinen Rat mit 28 Mitgliedern,einschliesslich der beiden Schultheissen. 13 Mitglieder,die vom amtierenden Schultheissen präsidiert werden,bilden den Staatsrat (Exekutive), und 15 Mitglieder, dievom ehemaligen Schultheissen präsidiert werden, bildenden Appellationsrat (Judikative). Das einzige, eher for-melle Zugeständnis ist die Öffnung des Patriziats gegen-über den «Kleinbürgern» von Freiburg und den Bürgerndes übrigen Kantons unter «billigen Bedingungen».Diese Bedingungen werden am 8. Juni 1814 festgesetzt.Um Patrizier werden zu können, muss man ehelich gebo-ren und Bürger einer Gemeinde des Kantons sein, einehundertjährige Ortsansässigkeit nachweisen, einen ein-wandfreien Leumund haben und im Kanton ein Vermö-gen von 50 000 Franken besitzen. Die 36 nichtpatrizi-schen Abgeordneten werden von den Bürgern, die über

ein Vermögen von mehr als 3000 Franken verfügen, nacheinem Zensuswahlsystem gewählt. Um für den GrossenRat kandidieren zu können, müssen die nichtpatrizischenBürger das 29. Altersjahr zurückgelegt haben, Bürgereiner Gemeinde des Kantons sein, eine hundertjährigeOrtsansässigkeit nachweisen, einen einwandfreien Leu-mund haben und im Kanton über Grundbesitz von 20 000Franken verfügen.Das freiburgische Volk ist aus dem politischen Leben völ-lig ausgeschlossen. Es ist in keiner Weise an der Aus-übung der Staatsgewalt beteiligt und ist auch kein Organdes Staates. Von allen Kantonen mit einem Patriziat hatFreiburg das reaktionärste System, so dass der Wider-stand nicht lange auf sich warten lässt. Die Wahl der 36nichtpatrizischen Abgeordneten wird in 19 von 20 Krei-sen boykottiert. Die Stadt Murten, der Bezirk Bulle, dieStadt Châtel-Saint-Denis und die Stadt und der BezirkRomont protestieren heftig gegen die Wiedereinführungder Oligarchie. Einige Vertreter des Adels und des«Kleinbürgertums», darunter Joseph de Praroman undFrançois Duc, möchten dem Kanton eine liberalere Ver-fassung geben. Sie wollen mit friedlichen Mitteln vorge-hen und nehmen mit den Vertretern der alliierten MächteKontakt auf, die den reaktionären Eifer der FreiburgerOligarchen zu mildern versuchen. Sie verfassen ein«Exposé de la situation politique du peuple fribour-geois», in dem sie die Abschaffung des Patriziats und einanderes Wahlsystem fordern. Die Anführer dieser Bewe-gung werden in Freiburg verhaftet, gerichtlich verfolgtund mit Gefängnis oder Hausarrest bestraft. Es brauchtdie Intervention der alliierten Mächte, damit ihnen 1815eine mit gewissen Auflagen verbundene Amnestie erteiltwird. Sie werden 1831 rehabilitiert.

C. Die Verfassung vom 7. bis 24. Januar 1831Die 1814 eingeführten Regierungssysteme sind in derSchweiz wenig beliebt, und nach dem Sturz Karls X. inParis (Juli 1830) setzen sich die liberalen Ideen in denKantonen des Mittellandes durch. Der Übergang verläuftfriedlich, und man führt eine Form der repräsentativenDemokratie ein, welche die Gewaltentrennung und dieGrundrechte der Bürger gewährleistet und die Rechts-gleichheit einführt.In Freiburg reichen viele Gemeinden Petitionen ein, umeine Verfassungsänderung durchzusetzen. Die Behördenzögern zuerst, müssen dann aber am 2. Dezember 1830vor der Menge der Murtener und Greyerzer kapitulieren,die mit Knüppeln bewaffnet in die Hauptstadt gekommensind («Stäcklitag»). Ein Dekret vom 7. Dezember 1830schafft alle Vorrechte der Geburt und des Orts ab, führtdie Rechtsgleichheit zwischen den Bürgern ein und siehtdie indirekte Wahl einer verfassunggebenden Versamm-lung vor.Die verfassunggebende Versammlung wird am 14. und15. Dezember 1830 gewählt. Sie zählt 49 Mitglieder, diemit ihrer Arbeit rasch vorankommen und ihr Werk zwi-schen dem 7. und 24. Januar 1831 beenden. Die Verfas-sung trägt den Forderungen der liberalen BewegungRechnung (Trennung von Exekutive und Judikative, Aus-weitung der Befugnisse des Grossen Rates), berücksich-tigt aber auch die Traditionen des Kantons (System derKollegien und Verneinung der politischen Verantwortungdes Staatsrates). Die Liberalen von 1830 sind eine sozialeElite: Sie sind zwar für die politische Gleichberechtigungund die Abschaffung des Patriziats, doch sie misstrauendem Volk, das ihrer Auffassung nach zuwenig gebildetund aufgeklärt ist. Sie möchten ein System der «Fähi-gen», bei dem das Volk seine Macht an eine Elite von

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rechtschaffenen Männern abtritt. Bezeichnenderweiseunterbreiten die Abgeordneten ihr Werk dem Volk nichtzur Abstimmung.Die Verfassung von 1831 führt also eine repräsentativeDemokratie ein, bei der das Volk lediglich ein Ernen-nungsorgan ist. Sie schafft alle Vorrechte des Orts, derGeburt und der Personen ab und garantiert die Gleichheitvor dem Gesetz sowie die Gleichheit der politischenRechte. Sie proklamiert die Grundrechte, führt ein Peti-tionsrecht ein, schafft die Folter ab und sieht den Loskaufder Feudalrechte vor. Die katholische Religion wird imganzen Kanton zur einzigen öffentlichen Religion erklärt.Eine Ausnahme bildet lediglich der Bezirk Murten, wodie reformierte Religion diesen Status erhält.Der Artikel 3 der Verfassung bringt die Haltung des Ver-fassungsgebers auf den Punkt: «Die Souveränität gehtvom Volke aus; sie wird durch seine Stellvertreter aus-geübt.» Die Staatsgewalt liegt also in den Händen desVolks, doch übt dieses sie nicht aus. Freiburg ist übrigensder einzige Kanton der Schweiz, in dem die neue Verfas-sung nicht dem Volk zur Abstimmung vorgelegt wird.Wer ist nun wahlberechtigt? Um wählen zu können, mussman Bürger einer freiburgischen Gemeinde und weltli-chen Standes sein, das 25. Altersjahr zurückgelegt habenund im Kanton wohnen. Vom Wahlrecht ausgeschlossensind Soldaten im ausländischen Dienst, Dienstboten, Ent-mündigte und Geisteskranke, Zahlungsunfähige, Armen-genössige und gerichtlich verurteilte Personen. Der Kan-ton ist in 14 Wahlkreise unterteilt. Die Hauptstadt und die13 Bezirke bilden je einen Wahlkreis. Die Stimmberech-tigten wählen die Abgeordneten des Grossen Rates inzwei Etappen: Die Urversammlungen wählen die Wahl-männer, die ihrerseits die Abgeordneten wählen (indi-rekte Wahl). Der Grosse Rat zählt 86 Mitglieder, wobeiauf 1000 Einwohner ein Abgeordneter kommt. DieStimmabgabe ist geheim.Der Grosse Rat wird vom amtierenden Schultheissen prä-sidiert. Es besteht keine Unvereinbarkeit zwischen demAmt des Staatsrates und demjenigen des Grossrates. DieAbgeordneten verfügen über die parlamentarischeImmunität. Die Sitzungen des Grossen Rates sind öffent-lich, aus Platzmangel werden aber höchstens 40 Personenpro Tag zugelassen! Die Grossräte erhalten ein beschei-denes Entgelt, und der Staat bezahlt denjenigen, die weitentfernt von Freiburg wohnen, die Reisekosten. DerGrosse Rat verfügt auch über Wahlbefugnisse: Er wähltdie Mitglieder des Staatsrates und des Appellationsge-richts, den Staatskanzler und dessen Stellvertreter sowieverschiedene hohe Beamten.Der Grosse Rat übt die gesetzgebende Gewalt aus, d.h. erverabschiedet Gesetze und Dekrete. Er verfügt über dieverfassunggebende Gewalt und kann die Verfassungändern, wobei die Bedingungen allerdings schwer zuerfüllen sind. Er übt das Begnadigungsrecht aus. Ererstellt und genehmigt den Voranschlag, und er geneh-migt die Rechnung. Die Amtszeit der Grossräte beträgt 9Jahre, wobei jeweils ein Drittel des Parlaments erneuertwird.Der Staatsrat zählt 13 Mitglieder, die der Grosse Rat ausseiner Mitte oder ausserhalb des Parlaments ernennt. Siewerden für acht Jahre gewählt, wobei ab 1835 jeweilszwei pro Jahr ersetzt werden, mit Ausnahme von allfälli-gen Vakanzen infolge Todesfalls oder Rücktritts. DieRegierung ist eine Kollegialbehörde, die dem GrossenRat nicht verantwortlich ist. Sie wählt ihren Präsidenten,den sogenannten Schultheissen, und ihren Vizepräsiden-ten für 2 Jahre. Sie organisiert sich in 7 Dikasterien, dieim allgemeinen 5 Mitglieder umfassen: diplomatischer

Rat, Erziehungsrat, Justizrat, Rat des Innern, Finanzrat,Kriegsrat und Polizeirat. Der Staatsrat ist die Regierungs-und Verwaltungsbehörde. Er ist der politische Motor desKantons, auch wenn der Grosse Rat über den anderenGewalten steht und ihm eine allgemeine Kompetenzver-mutung zusteht. Der Staatsrat bereitet die Gesetzes- undDekretsentwürfe sowie den Voranschlagsentwurf vor undnimmt gleichzeitig seine allgemeine Regelungsbefugniswahr, indem er Ausführungsbeschlüsse zu den Gesetzenausarbeitet. Er ernennt die Oberamtmänner, die Friedens-richter und die Ammänner.

D. Die Verfassung vom 4. März 1848Im Sonderbundskrieg muss Freiburg kapitulieren (14. November 1847). Der Kanton tritt aus dem Sonder-bund aus, entlässt seine Truppen und fügt sich in dieBesetzung seiner Hauptstadt durch die Bundestruppen.Nach der Kapitulation will der Staatsrat seine Befugnisseeiner provisorischen Regierungskommission übergeben.Die angefragten Mitglieder lehnen das Mandat ab, sodass der Staatsrat seine Amtsgeschäfte wieder aufnimmtund General Dufour fragt, ob er bereit wäre, den Behör-den bei der Wahrung von Ruhe und Ordnung zu helfen.Dufour schreibt einem seiner Untergebenen: «Unter denkonstituierten Behörden verstand ich diejenigen, mitdenen ich verhandelte; aber ich habe nie gedacht, dassunser Schutz bis zur Gewährleistung der Regierunggehen könnte...; das Beste wäre, wenn die Regierung ver-pflichtet würde, den Grossen Rat in Kürze einzuberufen,damit dieser die Verfassungsänderungen, die der Zustanddes Landes erfordert, auf gesetzlichem Wege vornehmenkann» (Brief Dufours an Oberst Rilliet-Constant; Über-setzung).In Wirklichkeit halten diese Bedenken in bezug auf dieRechtmässigkeit aber nicht lange an. Scharen vonbewaffneten Freisinnigen – auch Radikale genannt – stür-men die Staatskanzlei und lösen den Staatsrat und dieübrigen Behörden auf. Am 15. November 1847 versam-meln sich 300 bis 400 Personen im Theater von Freiburg,die sich «Versammlung aller Bürger des Kantons Frei-burg» nennen und das durch die Verfassung von 1831geschaffene System stürzen. Die Versammlung setzt eine7köpfige provisorische Regierung ein, die mit Gesetzge-bungs- und Regierungsaufgaben betraut wird. Sie über-trägt dem zukünftigen Grossen Rat die verfassungge-bende und die gesetzgebende Gewalt.Die provisorische Regierung beruft die Wahlversamm-lungen auf den 10. Dezember zur Wahl der Abgeordnetendes Grossen Rates ein. Die Wahlen finden in grossenöffentlichen Versammlungen und durch Handaufhebenstatt. Sie werden von den Oberamtmännern geleitet, dieder provisorischen Regierung völlig ergeben sind. DieFreisinnigen nutzen die Verwirrung der Konservativenund Liberalen sowie die Anwesenheit der Bundestruppenund erringen die Mehrheit, obwohl ihre Wähler nur einDrittel der Freiburger Aktivbürger ausmachen. Durch dieim Dekret vom 27. November 1847 vorgesehene Wahlvon zehn indirekt zu wählenden Abgeordneten kann dieMehrheit der Freisinnigen weiter ausgebaut werden. Am20. Dezember beschliesst der Grosse Rat, einen Verfas-sungsentwurf auszuarbeiten, und überträgt diese Aufgabeeiner 11köpfigen Kommission, die im Januar und Februar1848 daran arbeitet. Der Grosse Rat behandelt den Ent-wurf im März 1848 und verabschiedet ihn am 4. März1848 mit einigen Änderungen.Die Verfassung vom 4. März 1848 wird dem Volk nichtzur Abstimmung unterbreitet, da die «Versammlung allerBürger des Kantons Freiburg», deren Legitimität mehr

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als zweifelhaft ist, den Grossen Rat mit der verfassung-gebenden Gewalt ausgestattet hat. Dasselbe Misstrauengegenüber der vorwiegend konservativen oder liberalenWählerschaft zeigt sich auch im September 1848, alsnicht das freiburgische Volk, sondern der Grosse Rat überdie Bundesverfassung abstimmt, was in der ganzenSchweiz einmalig ist! Als die eidgenössische Tagsatzungdie freiburgische Verfassung am 10. Juli 1848 gewährlei-stet, wird Kritik geübt: Die Verfassung hätte dem Volk zurAbstimmung unterbreitet werden müssen, sie ist zu starr,und die Amtszeit der Magistraten ist zu lang! Die frei-sinnigen Vertreter in der Bundesversammlung unterstrei-chen die Tatsache, dass diese Verfassung den Kantoneiner Revolution aussetzt.Die Verfassung von 1848 enthält 102 Artikel, die in 8 Titel gegliedert sind. Der 1. Titel «AllgemeineGrundsätze und Gewährleistungen» zählt 17 Artikel. Ermacht aus dem Kanton Freiburg eine repräsentativeDemokratie. Er garantiert die wichtigsten Menschen-rechte und hebt die Todesstrafe auf (unter Vorbehalt dermilitärischen Strafgesetze). Der 2. Titel ist dem Kantons-gebiet gewidmet, das für unveräusserlich erklärt wird.Der Kanton ist in 6 Wahlkreise, 7 Bezirke und 7 Gerichts-bezirke (heutige Bezirke) unterteilt. Der 3. Titel hält fest,dass die Souveränität im Volk beruht, das sie bei Wahl-versammlungen ausübt und sie den Staatsbehörden über-trägt. Wahlberechtigt sind alle Freiburger weltlichenStandes, die das 20. Altersjahr zurückgelegt haben, imKanton wohnen, rechtsfähig sind und über die politischenRechte verfügen. Die Schweizer, die diese Bedingungenerfüllen, haben dieselben Rechte, sofern Freiburger inihrem Kanton ebenfalls wahlberechtigt sind. DieseBestimmung wird mit dem Artikel 42 der Bundesverfas-sung von 1848 hinfällig. Vom Wahlrecht ausgeschlossensind Zahlungsunfähige, Armengenössige, gerichtlichVerurteilte und Personen, denen der Besuch von Wirts-häusern untersagt ist. Die Modalitäten der Ausübung desStimmrechts sind in der Verfassung nicht geregelt. Miteinem Dekret vom 27. November 1847 wird in jedem der6 Wahlkreise eine grosse Wahlversammlung geschaffen,wo durch Handaufheben gewählt wird, bis das Wahlge-setz vom 11. Oktober 1856 die geheime Abstimmung ein-führt.Der 4. Titel behandelt die «Staatsgewalten», diegrundsätzlich klar getrennt sind. Da sie aber nur «in dendurch das Gesetz bestimmten Grenzen» getrennt sind, istdiese Gewaltenteilung unvollkommen. Die Staatsräte unddie Richter des Kantonsgerichts, aber auch die Oberamt-männer, die Bezirks- und Friedensrichter sowie dieöffentlichen Beamten können dem Grossen Ratangehören.Der Grosse Rat besteht aus direkt vom Volk gewähltenMitgliedern, wobei auf 1500 Einwohner ein Grossratkommt, sowie aus zehn indirekt gewählten Mitgliedern,die vom Grossen Rat ernannt werden. Wer für den Gros-sen Rat kandidieren will, muss Freiburger sein, das 25. Altersjahr zurückgelegt haben und darf nach März1848 nicht mehr bei den Jesuiten studieren. Die imNovember 1847 gewählten Grossräte bleiben bis Novem-ber 1856 im Amt, nachher beträgt die Amtszeit fünfJahre. Die ordentlichen Sessionen des Grossen Rates fin-den jeweils am ersten Montag im Mai und am zweitenMontag im November statt. Der Grosse Rat kann von sei-nem Präsidenten, von der Regierung oder auf Antrag von20 (von 74) Grossräten zu einer ausserordentlichen Sit-zung einberufen werden. Die Grossräte erhalten eine Ent-schädigung für Sitzungen und Reiseauslagen. Die Sit-zungen sind öffentlich, sofern der Staatsrat oder fünf

Grossräte nicht den Ausschluss der Öffentlichkeit verlangen.Der Grosse Rat bildet die Legislative, d.h. er verabschie-det die Gesetze und Dekrete auf Antrag seiner Mitgliederoder des Staatsrates. Er übt die verfassunggebendeGewalt aus und kann die Verfassung an zwei aufeinan-derfolgenden Sitzungen mit Zweidrittelmehrheit ändern.Der Grosse Rat wählt die sieben Mitglieder des Staatsra-tes, die neun Richter des Kantonsgerichts und die beidenStänderäte. Er ernennt den Kanzler. Er beschliesst dieSteuern, Ausgaben und Darlehen, den Kauf und Verkaufvon Staatsgütern sowie – auf Antrag des Staatsrates – denVoranschlag des Staates. Er genehmigt die Rechnung. Erübt die Oberaufsicht über die Kantonsverwaltung aus. Erübt alle Teile des Souveränitätsrechts aus, welche die Ver-fassung nicht einer anderen Behörde überträgt. Er ent-scheidet Kompetenzstreitigkeiten zwischen der Exeku-tive und der Judikative. Er steht rechtlich über denanderen Staatsgewalten, kann aber die Regierung nichtstürzen.Der Staatsrat übt die vollziehende und verwaltendeGewalt aus. Er setzt sich aus sieben Mitgliedern zusam-men, die vom Grossen Rat zunächst für 8 Jahre (1849-57)und anschliessend für 5 Jahre gewählt werden. DieRegierung ist eine Kollegialbehörde, ihr Präsident, dervom Grossen Rat für ein Jahr gewählt wird, ist «Primusinter pares.» Der Staatsrat bezeichnet seinen Vizepräsi-denten. Die Verfassung von 1848 schafft das System dervon einer Gruppe von Staatsräten geleiteten Dikasterienab und führt die Direktionen ein. Die Direktoren bereitenihre eigenen Geschäfte vor, die ihnen der Staatsrat über-weist, und erstatten ihm Bericht. Sie machen Vorschlägein bezug auf ihren Zuständigkeitsbereich und vollziehendie ihnen übermittelten Gesetze, Beschlüsse oderDekrete. Es werden die folgenden sieben Direktionengeschaffen: Erziehung und Kultus, Justiz, Inneres, Poli-zei, Finanzen, Krieg und öffentliche Bauten.Der Staatsrat verfügt über die Gesetzgebungsinitiative.Er legt die für notwendig erachteten Gesetzes- undDekretsentwürfe vor und kann die Revision der Verfas-sung einleiten. Er prüft die Motionen der Grossräte. DieVerfassung sagt nichts über seine Regelungsbefugnis,doch kann man davon ausgehen, dass diese bejaht wird,da der Staatsrat in der Praxis alle erforderlichen Aus-führungsbeschlüsse zu Gesetzen und Dekreten erlässt.Diese Entscheide müssen mit der Verfassung und den gel-tenden Gesetzen übereinstimmen. Der Staatsrat leitet dieKantonsverwaltung, arbeitet den Voranschlagsentwurfaus, verwaltet die Finanzen und erstellt die Rechnung. Erwacht über die Verwaltung der Gemeinden. Er ist beauf-tragt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, undverfügt dazu über die bewaffnete Macht.Wie aus den obigen Ausführungen hervorgeht, hat derStaatsrat nicht nur die Aufgaben einer Exekutive, sondernauch die Rolle der treibenden Kraft innerhalb des Staates.Während der Grosse Rat rechtlich Vorrang hat, verfügtder Staatsrat über eine politische Vorrangstellung. DerGrosse Rat behält jedoch seine Handlungsfreiheit undkontrolliert die Regierung, die er aber nicht stürzen kann.Die Justiz liegt in den Händen der durch die Verfassunganerkannten Gerichte. Ein Kantonsgericht mit 9 Richternund 9 Ersatzmännern überwacht und leitet die unterenGerichtsbehörden, insbesondere die Bezirksgerichte unddie Friedensgerichte.Der 5. Titel enthält einige allgemeine Bestimmungenüber die Gemeinden. Diese unterstehen der Oberaufsichtdes Staates, und ihre Reglemente müssen vom Staatgenehmigt werden. Alle Freiburger Aktivbürger und alle

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Bürger derjenigen Kantone, in denen Freiburger eben-falls stimmberechtigt sind, dürfen sich am politischenLeben der Gemeinde beteiligen. Die Gemeindegüter wer-den jedoch nur von den Bürgern der Gemeinde verwaltet.Die Verfassung schafft sämtliche alten Unterscheidungenzwischen Gemeindebürgern und blossen Angehörigenoder ewigen Einwohnern ab. Die Gemeinden dürfen dasBürgerrecht den Schweizern, welche die gesetzlich vor-geschriebenen Sicherheiten darbieten, nicht verweigern.Für die politische und administrative Organisation derGemeinden verweist die Verfassung auf das Gemeinde-gesetz.Im 6. Titel sind die antiklerikalen Bestimmungen zu fin-den. Der Staat verwaltet die Güter des Bistums und derOrdens- und Weltgeistlichkeit. Die Kollaturen kirchlicherPfründen fallen dem Staat anheim. Der Staat anerkenntdie früheren Privilegien und Immunitäten nicht mehr, dieder Verfassung, den Gesetzen und den Staatsrechtenwidersprechen. Die 1847 verbotenen Jesuiten, Ligorianerund anderen Körperschaften werden für immer aus demKantonsgebiet verbannt. Junge Bürger, die bei den Jesui-ten studieren, sind von nun an von sämtlichen öffentli-chen und geistlichen Ämtern ausgeschlossen. Der Reli-gionsunterricht wird von den übrigen Fächern desstaatlichen Unterrichts getrennt. Der Staat ist beauftragt,den öffentlichen Unterricht zu fördern und für einenunentgeltlichen und obligatorischen Besuch der Primar-schulen zu sorgen.Der 7. Titel betrifft die Revision der Verfassung. Das Ver-fahren ist äusserst restriktiv geregelt. Während der lau-fenden Legislaturperiode (1847-1856) ist keine Ände-rung möglich. Nachher muss das Revisionsbegehren anzwei aufeinanderfolgenden Sessionen mit der Zweidrit-telmehrheit aller Mitglieder des Grossen Rates geneh-migt werden. Wird das Begehren abgelehnt, so kann erstnach fünf Jahren wieder ein Antrag auf Verfassungsrevi-sion gestellt werden.Der 8. Abschnitt umfasst die Schluss- und Übergangsbe-stimmungen. Er beauftragt den Staatsrat, dem GrossenRat eine eindrückliche Zahl von Gesetzesbestimmungenzu unterbreiten: Strafgesetzbuch, Zivilprozessrecht, Han-delsgesetz, Schuldbetreibungsgesetz, Erziehungsgesetz,Armengesetz, Gemeindegesetz, Strassengesetz, Gesund-heitsgesetz, Forstgesetzbuch usw.Die freisinnige Regierung hält ihr Wort und erneuert dieGesetzgebung mit modernen, guten und soliden Geset-zen. Im Kampf um die Eisenbahn setzt sie nach hartemRingen durch, dass die Zugverbindung von Bern nachLausanne über Freiburg führt. Trotzdem ist die Regierungaufgrund ihres extremen Antiklerikalismus und ihresjakobinischen Autoritätsanspruchs sehr unpopulär. DieUnzufriedenheit der Mehrheit der Freiburger äussert sichin Vorstössen an die Bundesbehörden, in Verfassungsre-visionsbegehren und in bewaffneten Aufständen. Diefreisinnige Regierung hat geglaubt, sie könne mit ihrenVerfassungsbestimmungen jegliche Opposition unter-drücken: lange erste Legislaturperiode, keine Revisionder Verfassung während neun Jahren, öffentliche Stimm-abgabe und Wahleid. Doch unter diesem Deckel nähertsich die Stimmung im Volk unerbittlich dem Siedepunkt.1850 werden Petitionen an die Bundesversammlunggesandt. Eine von ihnen zählt mehr als 14 700 Unter-schriften, d.h. sie wird von der Mehrheit der Aktivbürgerunterstützt! Allerdings bleiben diese Petitionen, welchedie Legitimität des Regimes in Frage stellen, wirkungs-los. 1852 reicht der konservative Grossrat Baeriswyl eineMotion ein, mit der er die freisinnige Regierung auffor-dert, ihr Werk einer Vertrauensabstimmung zu unterstel-

len. Die freisinnige Regierung hat leichtes Spiel undweist darauf hin, dass das Begehren gegen die Verfassungvon 1848 verstösst, die keine Volksabstimmung vorsieht.Der Grosse Rat lehnt die Motion mit 44 gegen 8 Stimmenab. Am 24. Mai 1852 versammeln sich mehr als 15 000Personen (3/5 aller Wahlberechtigten!) in Posieux. Siebeschliessen, eine Petition an die Bundesversammlungzu schicken, in der sie eine Volksabstimmung über dieKantonsverfassung und die Neuwahl des Grossen Ratesverlangen. Die Bundesversammlung hält sich aber trotzder Unzufriedenheit des Volkes an eine legalistische Aus-legung: Es kommt nicht in Frage, dass die Verfassung vor1856 geändert wird! In einem Schreiben, das bis 1874geheim bleibt, ersucht Louis Wuilleret, der Anführer derKonservativen, sogar um die Intervention von PrinzLouis-Napoleon Bonaparte (des zukünftigen NapoleonIII.), der dem Wunsch aber nicht nachkommt. Am 12. März 1853 verlangt Grossrat Hubert Charles mit einerMotion, dass die freiburgische Verfassung dem Volk zurAbstimmung unterbreitet wird. Der Grosse Rat lehnt dieMotion jedoch ab.So bleibt nichts anderes übrig, als bis zu den nächstenWahlen des Grossen Rates am 7. Dezember 1856 zu war-ten. Die Wahl ist geheim und erfolgt nach dem Majorz-verfahren, das der freisinnigen Regierung zum Verhäng-nis wird: Es werden drei Freisinnige (mit einem Drittelder Stimmen) und 64 Liberal-Konservative gewählt, vondenen ein Drittel der liberalen Strömung zuzurechnen ist.Zehn indirekte Abgeordnete bleiben noch zu bezeichnen.Der Grosse Rat wählt eher liberal gesinnte Prominente.Die Regierung bleibt bis im Juni 1857 im Amt. Seit 1855setzt sie sich aus Freisinnigen und zwei Liberal-Konser-vativen zusammen, so dass während sechs Monaten eineunfreiwillige «Kohabitation» besteht. Die Regierungzeigt sich sehr widerspenstig gegenüber jeglichen Verfas-sungsänderungen.

II. Der historische Kontext von 1856-1857

A. Eine Zeit des ÜbergangsDie Verfassungsrevision erfolgt in einer eher bewegtenZeit. Wegen des Majorzverfahrens bei der Wahl des Gros-sen Rates ist der Sieg der Liberal-Konservativen (70 %der Stimmen und 95 % der Sitze) viel deutlicher ausge-fallen, während die freisinnige Minderheit (30 % derStimmen und 5 % der Sitze) gefährlich an den Randgedrängt wird. Die Mehrheitsverhältnisse im GrossenRat verzerren also die tatsächliche Situation im Kanton.Welches sind nun die wichtigsten Ideen der politischenGruppierungen, als das Grundgesetz von 1848 endlicheine Verfassungsrevision zulässt?Die Freisinnigen halten an ihrer Verfassung von 1848fest, die für die Modernisierung und die Weltlichkeit desKantons bürgt. Sie befürchten die Rückkehr der «Son-derbund-Konservativen» an die Macht und den Klerika-lismus. Sie können sämtliche Verfahrensschritte im Gros-sen Rat ausschöpfen, um jede Änderung aufzuhalten,doch sie zählen auf ihre mächtigen Freunde in Bern, umzu verhindern, dass die konservative Reaktion im Kantonallzu weit geht. Ihre Leitfigur bleibt der wegen seinesEinsatzes für die Eisenbahn mit einem Nimbus umgebeneJulien Schaller, der vom neuen Grossen Rat wieder in denStänderat gewählt wurde, damit er dort die kantonalenEisenbahninteressen vertritt.Das liberal-konservative Lager hat die Befürworter des«juste milieu» und die Masse der bäuerlichen Konserva-tiven unter dem gemeinsamen Nenner der Ablehnung der

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freisinnigen Exzesse hinter sich zu scharen gewusst.Diese Koalition hat während rund 20 Jahren Bestand. DieLiberalen wollen die Verfassung von 1848 erneuern undgleichzeitig die Beteiligung des Kantons am Bundesstaatermöglichen. Sie wollen demokratischere Institutionen,wissen aber, dass sie bei der Gewährung von Einfluss andie katholische Kirche nicht zu weit gehen dürfen. Siehalten sich allerdings nicht daran und lassen einen gewis-sen Josephinismus erkennen. Eine wichtige Rolle spieltder gemässigte Hubert Charles von Riaz, der von weite-ren Persönlichkeiten umgeben ist, die nicht in den Son-derbund verwickelt waren: Romain Werro, Alfred Vonderweid und dem Murtener Engelhard. Der über-wiegende Teil der Wähler sind Konservative, die zweiDrittel der Grossräte der Koalition stellen. Diese sindzunächst relativ diskret, obwohl sie das Grundgesetz von1848 möglichst rasch abschaffen und die Rechte derkatholischen Kirche wiederherstellen möchten. Mit derbemerkenswerten Ausnahme ihres Führers Louis Wuille-ret gibt es zu diesem Zeitpunkt nur wenige herausragendePersönlichkeiten. Der 1857 gewählte Staatsrat zähltbezeichnenderweise fünf Zentristen, einen gemässigtenFreisinnigen und einen einzigen «Sonderbund-Konserva-tiven». Es kommt also nicht zu einer «konservativenRestauration», doch müssen die Gemässigten, welche dieVerfassungsrevision leiten, auf ihre Wählerschaft Rück-sicht nehmen und die Kompromisse schliessen, die in derVerfassung von 1857 zu finden sind.

B. Beginn der VerfassungsrevisionDer Grosse Rat tritt am 8. Januar 1857 zusammen. Am10. Januar 1857 reicht Grossrat Romain Werro eineMotion im Hinblick auf die Revision der Verfassung vom4. März 1848 ein (Tagblatt des Grossen Rates [TGR]1857, S. 6–7). Er begründet seinen Vorstoss wie folgt:Die Verfassung von 1848 wurde nicht vom Volk gutge-heissen, das oft dagegen protestiert hat und hartnäckigeine Revision verlangt. Grossrat Werro führt weiter aus,das Volk wünsche die Revision der Verfassung, derenBestimmungen die religiösen Gefühle der Katholikenverletzten. Der Freisinnige Castella ist anderer Meinung:Die Verfassung von 1848 biete genügend Garantien fürdie Rechte und Freiheiten des Volks, und die Schwierig-keiten mit der katholischen Kirche seien mit einemModus vivendi mit dem Bischof geregelt worden. Er fin-det Unterstützung bei Julien Schaller, dem Anführer derFreisinnigen, der den Zeitpunkt für ungünstig hält(Mobilmachung infolge der Ereignisse in Neuenburg)und es zudem für beunruhigend erachtet, dass jede neueMehrheit die Institutionen in Frage stellt. Werro wird vonden Abgeordneten Frossard, Ruffieux, Engelhard, Bullet,Bondallaz und Wuilleret unterstützt. Bei der Abstim-mung wird der freisinnige Vorschlag, die Revision aufzu-schieben, mit einer deutlichen Mehrheit gegen 10 Stim-men verworfen. Die Motion wird mit einer deutlichenMehrheit gegen 5 Stimmen für erheblich erklärt.Der Staatsrat prüft die Motion und erstattet dem GrossenRat in der Februarsession 1857 Bericht (TGR 1857, S.12–14). Der mehrheitlich freisinnige Staatsrat ruft inErinnerung, dass der Wahleid und die öffentliche Stimm-abgabe abgeschafft wurden und dass ein Modus vivendimit der katholischen Kirche gefunden wurde, so dass diewichtigsten Vorwürfe gegenüber der Verfassung gegen-standslos geworden seien. Nach Auffassung des Staatsra-tes ist die Verfassung im übrigen «der Spiegel der Zeitund der Ereignisse, die sie ausgelöst haben, und sie hatden Wünschen der Bevölkerung und den für notwendig

erachteten Reformbedürfnissen entsprochen» (TGR1857, S. 12; Übersetzung).Der Staatsrat beantragt die grundsätzliche Abweisung derVerfassungsrevision. Falls ihr grundsätzlich zugestimmtwerden sollte, beantragt der Staatsrat eine Totalrevisionmit einer Volksbefragung zwischen den beiden Beratun-gen des Grossen Rates.Nun mischt sich das Volk ein. Eine Petition kritisiert daslangsame Vorgehen bei der Revision und verlangt «einewirklich demokratische Verfassung, die den Meinungenund Bedürfnissen des Volkes sowie seinen religiösenÜberzeugungen Rechnung trägt» (Aktenbeilagen desGrossen Rates, 1857; Übersetzung).Diese Petition erzielt bis im Februar 11 615 Unterschrif-ten, im März sind es schon fast 14 000 und im April mehrals 15 000, was 60 % der Aktivbürger entspricht!Am 10. Februar 1857 prüft der Grosse Rat die Vorschlägedes Staatsrates zur Motion Werro. Die besondere Kom-mission der Legislative lehnt den Antrag der Regierungeinstimmig ab. Ihr Berichterstatter Fracheboud hält fest:«Das Volk und seine Stellvertreter werden alles zu schät-zen wissen, was an der geltenden Gesetzgebung gut ist,sie werden es nicht zerstören» (TGR 1857, S. 18; Über-setzung).Die Kommission schlägt vor, dass der Grosse Rat einenVerfassungsentwurf ausarbeitet, der anschliessend demVolk unterbreitet wird. Die Revision wird grundsätzlichmit 67 gegen 6 Stimmen, d.h. mit mehr als zwei Drittelaller Stimmen (50 von 74), gutgeheissen.Am 5. März 1857 findet die zweite Debatte über die Ver-fassungsrevision statt (TGR 1857, S. 23). Nach Auffas-sung von Julien Schaller kann die Revision, der an «zweiaufeinanderfolgenden Sessionen» zugestimmt werdenmuss, nicht an einer ausserordentlichen Sessionbeschlossen werden. Mit einer deutlichen Mehrheitgegen 9 Stimmen lehnt der Grosse Rat diese Sichtweiseab. Die Revision wird grundsätzlich mit 65 gegen 4 Stim-men gutgeheissen. Der Grosse Rat beschliesst, eine15köpfige Kommission zu ernennen, die einen Verfas-sungsentwurf ausarbeiten soll. Die Gemässigten der libe-ral-konservativen Koalition stellen zwei Drittel der Kom-missionsmitglieder.Die Protokolle dieser Kommission werden im Staatsar-chiv aufbewahrt (Beratungen der verfassunggebendenKommission, 1857). Sie zeigen, dass die Kommissionrasch und entschlossen an die Arbeit geht. An ihrer Sit-zung vom 6. März 1857 beschliessen die 13 anwesendenMitglieder, die Kommission «grande commission» zunennen, Hubert Charles zu ihrem Präsidenten zu wählenund ein «Redaktionskomitee» zu bezeichnen, das sichaus den 5 Gemässigten Charles, Werro, Fracheboud, Von-derweid und Frossard zusammensetzt. Am 24. Märzunterbreitet das Komitee seinen Entwurf, der am 24. und27. März diskutiert wird. Die Kommission folgt seinenVorschlägen relativ getreu, und die abweichenden Ände-rungsanträge werden abgelehnt: unentgeltlicher Sekun-darschulunterricht, Schaffung eines unabhängigenOrgans für die Prüfung der Staatsrechnung, Ernennungdes Präsidenten des Kantonsgerichts durch die Richter,Verankerung der Unvereinbarkeiten in der Verfassung.Oftmals werden Artikel «zur Vermittlung» an das Redak-tionskomitee zurückgewiesen.Der Grosse Rat behandelt den Verfassungsentwurf vom22. bis 25. April sowie am 27. und 28. April 1857 (TGR1857, S. 25–38). Die zweite Beratung findet am 5., 6. und7. Mai 1857 statt (TGR 1857, S. 39-44). Umstritten istinsbesondere der Artikel 8, der die Todesstrafe nur fürpolitische Delikte aufhebt. Die Gegner der Todesstrafe

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unterliegen aber mit 53 gegen 8 Stimmen. Auch die Zahlder Grossräte gibt zu Diskussionen Anlass: Schliesslichsetzt sich der Antrag, das Verhältnis auf einen Grossratpro 1200 Seelen sowie pro Bruchteil über 800 Seelenfestzulegen, gegen den Antrag eines Grossrats pro 1500Seelen durch. Die Grossräte sprechen sich mit grosserMehrheit für die Organisation des Staatsrates in Direktio-nen (anstatt in Dikasterien wie vor 1848) aus. Sie disku-tieren viel über die Einsetzung der Geschworenen, diefakultativ wird. Der Grosse Rat berät die Frage der für einVerfassungsrevisionsbegehren notwendigen Unterschrif-tenzahl: Die Kommission schlägt 4000 Unterschriftenvor, doch das Parlament entscheidet sich mit 37 gegen 20Stimmen für 6000 Unterschriften. Auf Antrag desBischofs und des Klerus wird das Stimmrecht mit 32gegen 28 Stimmen nur den Freiburgern weltlichen Stan-des eingeräumt.Der Grosse Rat beschliesst mit Dekret vom 7. Mai 1857,den Entwurf am 24. Mai 1857 dem Volk zur Abstimmungzu unterbreiten. In einer Proklamation richtet er sich mitfolgenden Worten an das Freiburger Volk: «Wir hättengewünscht, alle Wunden heilen zu können, selbst Uner-setzliches wieder gut zu machen, und alle Lasten zuerleichtern, namentlich diejenigen der öffentlichen Abga-ben» (Amtliche Gesetzessammlung [AGS] (1857, S. 88).Die Verfassungsrevision kommt mit Riesenschrittenvoran. Es gibt keine Grundsatzdebatte, die Verfassungs-artikel werden einzeln beraten, wobei die Kommissionund ihr Redaktionskomitee in ihrer Arbeit weitgehendbestätigt werden.

C. Der VolksentscheidIn welchem politischen Klima findet diese Verfassungs-revision statt? Die Zeitungen geben einen Einblick in dieAnsichten der Meinungsmacher. Der «Chroniqueur», dasOrgan der Liberal-Konservativen, veröffentlicht in derersten Hälfte des Monats April 1857 eine Reihe von Arti-keln, in denen der Verfassungsentwurf vorgestellt wird.Am 6. April 1857 wehrt er sich gegen den Vorwurf, derEntwurf sei theokratisch, mittelalterlich oder ultramon-tan, und bezeichnet ihn als «wahre Demokratie, wahrenLiberalismus.» Am 10. April kommentiert er Artikel 17,welcher der Geistlichkeit «einen mitwirkenden Einfluss»auf das Unterrichtswesen einräumt. Er findet die Formu-lierung etwas vage und zieht die im Schulgesetz von Sar-dinien-Piemont verwendete Formulierung vor (DerUnterricht muss auf der Religion beruhen). Am 20. Mairuft der «Chroniqueur» die ruhmreiche Versammlungvom 24. Mai 1852 in Posieux in Erinnerung und fordertdie Bürger auf, ein Ja in die Urne zu legen: «Am 24. Mai1857 werden alle Männer von Posieux der Verfassungzustimmen, denn sie ist eigentlich die Folge von Posieuxund wird dem Land die Institutionen geben, welche dieForderungen von Posieux verwirklichen werden.»Der freisinnige «Confédéré» äussert sich von Anfang ansehr viel kritischer. Am 14. Januar 1857 schreibt er:«Nichts wird aus diesem neuen Grossen Rat hervorgehen– auf jeden Fall nichts Grosses, Bedeutendes, Fruchtba-res.» Am 14. Februar 1857 weist er auf die Gefahr derAllmacht des Klerus hin. Er kritisiert den «mitwirkendenEinfluss» des Klerus auf den Unterricht und schlägt am 7. Mai 1857 ironisch vor, einen solchen Einfluss den«Ärzten, Ingenieuren, Physikern, Naturforschern usw.»einzuräumen.Die Volksabstimmung über die neue Verfassung findetam 24. Mai 1857 statt. Die Freisinnig-DemokratischePartei fordert die Bürger auf, sich der Stimme zu enthal-ten, während die Liberal-Konservativen das Volk aufru-

fen, das Wahlergebnis vom 7. Dezember 1856 zu bestäti-gen. Der «Confédéré» vom 21. Mai ist besonders bissig:«Fallt nicht auf diesen politischen Hinterhalt herein. DieVerfassung vom 7. Mai ist eine erstarrte Schlange, die derVolksatem wärmen wird und die, einmal erwacht, dasVolk mit ihrem Biss mitten in das Herz treffen wird.Seien wir auf der Hut, seien wir misstrauisch und enthal-ten wir uns der Stimme.» Der «Chroniqueur» vom 20. Mai scheut sich hingegen nicht, hochtrabende Wortezu verwenden: «Ihr könnt am 24. Mai sagen: Dies ist nuneine Verfassung, die von unseren gewählten Vertreternausgearbeitet wurde, dies ist nun die erste Verfassung,über die wir abgestimmt haben, die wir durch die grösste,heiligste Handlung im Leben eines freien Volkes feierlichangenommen haben.»Das Freiburger Volk geht am 24. Mai an die Urne. DieWählerschaft setzt sich aus 24 356 Aktivbürgern zusam-men. Die Verfassung bedarf der absoluten Mehrheit dereingeschriebenen Stimmberechtigten, d.h. 12 179 Jastim-men.

Das Abstimmungsergebnis sieht wie folgt aus (AGS1857, S. 65–77):

Bezirk Aktivbürger Stimmende Ungültig JA NEIN

Saane 5 394 3 714 52 3 517 145

Broye 3 249 2 264 80 l 734 450

See 3 387 l 779 58 l 255 466

Greyerz 3 970 2 111 40 2 039 39

Sense 3 691 2 795 16 2 759 20

Vivisbach l 777 984 10 960 14

Glane 2 888 2 250 24 2 098 128

Total 24 356 15 897 280 14 355 1 262

65 % der Bürger sind an die Urne gegangen. Die 35 %Stimmenthaltung lassen sich nicht nur mit dem Abseits-stehen der Freisinnigen erklären, insbesondere wenn mandie 1262 Neinstimmen (5,2 % der Stimmberechtigten)hinzuzählt. Zwar scheint die Stimmbeteiligung im See-bezirk (52 % der Aktivbürger) und im Greyerzbezirk (53 %) auf die freisinnige Stimmenthaltung zurückzu-führen zu sein, was aber gilt für die konservativenBezirke wie den Sensebezirk (75 % der Aktivbürger) undden Vivisbachbezirk (55 %)? Im Sensebezirk machen dieFreisinnigen nicht ein Viertel der Stimmberechtigten aus,noch kommt die Opposition im Vivisbachbezirk auf 45 %der Stimmen. Man kann daher vermuten, dass es imLager der «überzeugten» Konservativen Enttäuschte gibt,denen die Verfassung im Bereich des religiösen Unter-richts und der Wiederherstellung der Klöster zuwenigweit geht. In der Stadt Freiburg, der liberalen und freisin-nigen Hochburg, liegt die Stimmbeteiligung bei knapp 51 %, und die Jastimmen machen lediglich 45 % derStimmberechtigten aus. 268 der 280 Gemeinden desKantons nehmen die neue Verfassung an, zehn lehnen sieab (Montbrelloz, Morens, Büchslen, Agriswyl, Gem-penach, Courlevon, Fräschels, Murten, Ulmiz undEstévenens). Zwei Gemeinden sind unentschlossen(Seiry und La Vounaise).An den Grossratswahlen vom 7. Dezember 1856 hattennoch 88 % der wahlberechtigten Freiburger teilgenom-men. Knapp sechs Monate später liegt die Stimmbeteili-gung nur noch bei 65 %. 35 % der Aktivbürger enthaltensich der Stimme, und 5 % lehnen die neue Verfassung ab.Die Verfassung wird also von 59 % der Stimmberechtig-ten gutgeheissen. Dies ist zwar ein deutliches Resultat,

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doch bleibt der Triumph aus. Wahrscheinlich ist zurStimmenthaltung der freisinnigen Wählerschaft (rund 30 %) noch diejenige des rechten Flügels des liberal-kon-servativen Lagers hinzugekommen. Zu berücksichtigenist auch die Tatsache, dass Abstimmungen wenigerattraktiv sind als Wahlen. Eine detaillierte, nach Gemein-den aufgeschlüsselte Analyse könnte aufzeigen, welchenAnteil die Gleichgültigkeit und die Opposition bei derStimmenthaltung gehabt haben.

III. Die Grundzüge der Verfassung von 1857Bevor der Inhalt der Verfassung von 1857 erläutert wird,ist darauf hinzuweisen, dass im folgenden die damaligeNumerierung der Artikel verwendet wird, wie sie in derAmtlichen Gesetzessammlung von 1857, S. 40-65, zufinden ist.Man kann sich fragen, inwieweit die Verfassung von1857 eine Tochter des Grundgesetzes von 1848 ist. VieleBestimmungen der letzten Verfassung werden beibehal-ten: Das administrative, gesetzgeberische und territorialeGerüst des Kantons bleibt bestehen. Die 7 Bezirke undGerichtsbezirke, das System der Direktionen des Staats-rates und die unter der letzten Verfassung erlassenenGesetze werden beibehalten. Bei einem näheren Blickzeigt sich jedoch, dass der Verfassung von 1857 ein ganzanderer Geist zugrunde liegt: Das Volk verfügt über mehrRechte, und der Antiklerikalismus ist verschwunden. DieVerfassung wird unter den Schutz Gottes des Allmächti-gen gestellt.

A. Geregelte Probleme

1. Allgemeine Grundsätze und GewährleistungenDer Artikel 1 schreibt die (relative) Souveränität des Kan-tons innerhalb des Bundes fest. Die Souveränität beruht«in der Gesamtheit des Volkes» und wird von den stimm-fähigen Bürgern entweder unmittelbar durch ihr Stimm-und Wahlrecht oder aber durch die drei Staatsgewaltenausgeübt. Die Bürger verfügen auch über die verfassung-gebende Gewalt. Das Volk ist also, um es mit den Wortenvon Jean Castella zu sagen, ein «Ernennungsorgan undein Organ der Willensäusserung; es ist das höchste Organdes Staates, der Herrscher im Bereich der Verfassung.»Artikel 1 bezeichnet des weiteren die Regierungsform,welche die einer «demokratischen Repräsentativ-Repu-blik» ist.Der Artikel 2 regelt die heikle Frage der Religion. DieFormulierung beruht auf einem Kompromiss: Der Katho-lizismus ist die Religion der Mehrheit des Volkes, dochist die freie Ausübung der katholischen und evangelisch-reformierten Religion gewährleistet. Man hat also vonder in der Kommission diskutierten Formulierung abge-sehen, den Katholizismus im ganzen Kanton mit Aus-nahme des Murtenbiets zur Staatsreligion zu erklären.Die Artikel 3 bis 11 gewährleisten die Grundrechte: dieFreiheit, die Unverletzlichkeit des Hausrechts, dieNichtrückwirkung der Gesetze, die Gleichheit, die Pres-sefreiheit, die Handels- und Gewerbefreiheit, das Peti-tionsrecht, das Vereinsrecht, das Recht auf freie Nieder-lassung. Artikel 12 garantiert die Unverletzlichkeit desEigentums unter Vorbehalt der Enteignung im öffentli-chen Interesse. Die Artikel 13 und 14 schaffen die steuer-lichen und rechtlichen Überreste des Ancien Régime ab.Der Artikel 15 hält fest, dass die Steuern nach demGrundsatz der Gleichheit, der Allgemeinheit und derwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erhoben werden. DerArtikel 16 verpflichtet unter Vorbehalt von gesetzlichen

Ausnahmen sämtliche Freiburger und alle im Kantonwohnhaften Schweizer zum Militärdienst.Der Artikel 17 beruht auf einem Kompromiss innerhalbder liberal-konservativen Bewegung: Der Staat hat zwar«die Oberaufsicht über die öffentliche Erziehung und denöffentlichen Unterricht», doch sollen diese «in religiösemund vaterländischem Sinne organisiert und geleitet wer-den», wobei der «Geistlichkeit ein mitwirkender Ein-fluss» eingeräumt wird. Der Artikel 18 begünstigt die all-fällige Rückkehr der Orden, da er das Recht zuunterrichten im Rahmen der einschlägigen Gesetzesbe-stimmungen freigibt. Der Artikel 19 schreibt die Unent-geltlichkeit des Primarunterrichts fest und erklärt ihn fürobligatorisch. Die Gemeinden werden verpflichtet, mitder Unterstützung des Staates für den Unterricht zu sor-gen. Grundsätzlich darf jeder Bürger seinen Kindern Pri-vatunterricht erteilen, sofern das Niveau gleich hoch istwie dasjenige der öffentlichen Primarschule.Der Artikel 20 verteilt die Ausgaben des Staates für Kul-tus und öffentlichen Unterricht «in billiger Weise» undnach Massgabe der «einheimischen Bevölkerung» aufdie beiden Konfessionen.Der Artikel 21 regelt das Problem der Amtssprachen. ImGegensatz zur Verfassung von 1848, welche die französi-sche Sprache im Artikel 16 zur Regierungssprache erklärthatte, wobei alle amtlichen Erlasse übersetzt wurden,regelt der Artikel 21 der Verfassung von 1857 in ersterLinie die Veröffentlichung der amtlichen Erlasse in bei-den Sprachen, allerdings mit der Einschränkung «derfranzösische Text ist der Urtext».

2. GebietseinteilungDer Artikel 22 gliedert den Kanton in Wahlkreise, Ver-waltungsbezirke und Gerichtsbezirke. Im Gegensatz zurVerfassung von 1848 werden aber die Bezirke undHauptorte im Grundgesetz von 1857 nicht erwähnt, dasdafür auf das Gesetz verweist. Laut dem Artikel 23 sinddie Bezirke in Gemeinden unterteilt. Der Artikel 24 gehtweiter als der Artikel 25 der Verfassung von 1848: DieStadt Freiburg ist nicht nur Hauptort des Kantons, son-dern gleichzeitig auch «Sitz der obersten Behörden».

3. Politische Stellung der BürgerDer Artikel 25 regelt das Stimmrecht. Er lautet sehr ähn-lich wie der entsprechende Verfassungsartikel von 1848,allerdings mit dem grossen Unterschied, dass der Bischofund der Klerus 1857 darum gebeten haben, nicht alsAktivbürger anerkannt zu werden. Stimmberechtigt sindalso alle über 20jährigen Freiburger weltlichen Standes,die im Kanton wohnen, rechtsfähig sind und über diepolitischen Rechte verfügen, sowie alle Schweizer, dieseit mehr als einem Jahr im Kanton wohnhaft sind. DerArtikel 26 sieht 6 Kategorien von Bürgern vor (1848waren es 5), die vom Stimmrecht ausgeschlossen sind:alle Personen, welche die Alters- und Wohnsitzbedingun-gen nicht erfüllen, gerichtlich Verurteilte, Zahlungsun-fähige, Entmündigte, Armengenössige, die im Jahr vorder Volksbefragung unterstützt wurden, Personen, denender Besuch von Wirtshäusern untersagt ist, sowie Gei-steskranke (neu). Der Artikel 27 führt die «politischen»und «Wahlversammlungen» ein, die gemäss Artikel 28zur Abstimmung über die Annahme und die Änderungender Kantonsverfassung sowie über die Revision der Bun-desverfassung einberufen werden. Die Wahlversammlun-gen wählen die Grossräte, die Nationalräte und die eid-genössischen und kantonalen Geschworenen (Art. 29).Die Abstimmung ist geheim, was einen gewaltigenUnterschied zu 1848 darstellt. Der Artikel 30 präzisiert,

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dass die Grossräte pro Wahlkreis gewählt werden unddass die Beamten, die aufgrund ihres Amtes in einerGemeinde Wohnsitz nehmen müssen, im Wahlkreis ihrerHeimatgemeinde abstimmen können.

4. StaatsgewaltenDieser Abschnitt schreibt unter den «allgemeinenBestimmungen» fest, dass es eine gesetzgebende, einevollziehende und verwaltende sowie eine richterlicheGewalt gibt (Art. 31). Die drei Gewalten sind «inGemässheit der durch das Gesetz festgestellten Bestim-mungen voneinander getrennt.» Der Artikel 32 räumt denfreiburgischen Aktivbürgern über 25 Jahren das passiveWahlrecht ein. Der Artikel 33 regelt die Unvereinbarkei-ten infolge Verwandtschaft, die für die Staatsbehördenmit Ausnahme des Grossen Rates gelten. Nach Artikel 32sind die Staatsbeamtungen grundsätzlich befristet, wobeidie Möglichkeit der Wiederwahl besteht. Artikel 35untersagt es den Beamten der drei Gewalten bei Verlustder Amtsstelle, ohne Einwilligung des Grossen Rateseinen Ehrentitel, ein Ehrenzeichen, ein Jahresgehalt oderein Geschenk anzunehmen.Die gesetzgebende Gewalt steht dem Grossen Rat zu(Art. 36). Die Wahlkreise wählen einen Grossrat auf 1200Seelen (1500 im Jahre 1848), wobei ein Bruchteil vonmehr als 800 Seelen ebenfalls Anspruch auf einen Gross-rat gibt (1000 Seelen im Jahre 1848). Der Grosse Ratwird für 5 Jahre gewählt (im Jahre 1848 zuerst 9, dann 5Jahre). Wenn ein Sitz frei wird, so ist dieser innert zweiMonaten wieder zu besetzen (Art. 38 und 40). Im Gegen-satz zu 1848 gibt es keine indirekt gewählten Grossrätemehr. Der Grosse Rat wählt seinen Präsidenten für einJahr; dieser ist für das darauffolgende Jahr nicht wieder-wählbar (Art. 41). Laut dem Artikel 42 finden die ordent-lichen Sessionen des Grossen Rates am ersten Dienstagim Mai und am zweiten Dienstag im November statt. DasParlament kann vom Präsidenten, von der Regierung oderauf Antrag von 20 Grossräten zu einer ausserordentlichenSession einberufen werden. Der Artikel 43 führt einQuorum ein: Der Grosse Rat kann nur beraten, wenn dieMehrheit seiner Mitglieder anwesend sind. Die Sitzun-gen sind grundsätzlich öffentlich (Art. 44). Der Artikel 45setzt die Befugnisse des Grossen Rates fest. Zuerst diegesetzgeberischen Befugnisse: Er erlässt die Gesetze,wobei das Antragsrecht jedem Parlamentsmitglied unddem Staatsrat zusteht. Er kann den Staatsrat einladen,ihm einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Falls der Staats-rat dieser Aufforderung nicht innerhalb der anberaumtenFrist nachkommt, so kann der Grosse Rat eine Kommis-sion mit der Ausarbeitung des Entwurfs beauftragen. Fer-ner verfügt das Parlament über administrative Befug-nisse, da es die Vollmachten seiner Mitglieder prüft, dieStänderäte, Staatsräte und Kantonsrichter wählt und alleanderen ihm vorbehaltenen Ernennungen vornimmt. DerGrosse Rat beschliesst über Steuern und Abgaben, dekre-tiert die Ausgaben und Anleihen und bewilligt denAnkauf und die Veräusserung der Staatsgüter. Erbeschliesst den Voranschlag des Staates und genehmigtdie Staatsrechnung. Er genehmigt den Rechenschaftsbe-richt des Staatsrates. Er setzt die Besoldungen der Staats-beamten und -angestellten fest. Er erteilt das Bürgerrechtund übt das Vergebungs- und Begnadigungsrecht aus.Was die richterlichen Befugnisse betrifft, entscheidet derGrosse Rat schliesslich über Kompetenzstreitigkeitenzwischen der Exekutive und der Judikative. Zum Schlusssei hier noch erwähnt, dass dem Grossen Rat eine Kom-petenzvermutung für alle Teile des Souveränitätsrechtszusteht, die nicht ausdrücklich einer anderen Behörde

übertragen werden. Gemäss Artikel 46 erhalten dieGrossräte keine verbindlichen Aufträge. Der Artikel 47gewährt den Abgeordneten die parlamentarische Immu-nität für die im Parlament geäusserten Ansichten. DerArtikel 48 umfasst den Grundsatz der Entschädigung derParlamentarier.Die vollziehende und administrative Gewalt steht demvom Grossen Rat ernannten Staatsrat zu (Art. 49). DerStaatsrat setzt sich aus 7 Mitgliedern zusammen, die für5 Jahre gewählt werden (Art. 50). Nach jeder Gesamter-neuerung des Grossen Rates findet eine Gesamterneue-rung des Staatsrates statt, und jede Vakanz wird«sogleich» wieder besetzt. Der Präsident des Staatsrateswird vom Grossen Rat für die Dauer eines Jahres ernanntund ist für das darauffolgende Jahr nicht wiederwählbar(Art. 51). Die im nächsten Artikel aufgeführten Befug-nisse des Staatsrates sind nahezu identisch mit denBestimmungen von Artikel 52 der Verfassung von 1848.Der Staatsrat ist mit dem Vollzug der Gesetze und mit derVerwaltung des Kantons beauftragt. Er verfügt über diebewaffnete Macht zur Sicherheit des Staates und zur Auf-rechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Im Gegensatzzu 1848 ist er aber verpflichtet, den Präsidenten des Gros-sen Rates zu benachrichtigen und gegebenenfalls selbstdas Parlament einzuberufen. Er ernennt die ihm unter-stellten Behörden und beruft sie ab. Er schlägt dem Gros-sen Rat diejenigen Gesetzesentwürfe vor, die er für nötigerachtet. Er entscheidet in rein verwaltungsrechtlichenStreitigkeiten. Er überwacht die Verwaltung der Gemein-den und Pfarreien, doch sind die Kirchengüter 1857 vondieser Aufsicht ausgenommen. Er beaufsichtigt und leitetdie unteren Verwaltungsbehörden. Er sorgt für die freieAusübung der Kulte, während in der Verfassung von1848 noch von der «Aufsicht und Polizei in Sachen desCultus» die Rede ist. Er unterbreitet dem Grossen Ratjedes Jahr den Voranschlag. Er ist mit den auswärtigenBeziehungen beauftragt und bewilligt die Auslieferungennach Massgabe der bestehenden Verträge. Er nimmt zuallen Geschäften Stellung, die ihm der Grosse Rat über-weist.Der Staatsrat hat also gesetzgeberische Aufgaben (insbe-sondere die Gesetzesinitiative und die Ausarbeitung derGesetzesentwürfe) sowie administrative, richterliche undRegierungsbefugnisse. Er ist folglich nicht nur ein Voll-zugsorgan, sondern vielmehr die treibende Kraft des poli-tischen Lebens. Aufgrund der Vielzahl seiner Aufgabenund der Tatsache, dass er eine ständige Behörde ist,kommt ihm eine Vorrangstellung zu.Gemäss Artikel 53 muss der Staatsrat dem Grossen Ratjedes Jahr ausführlich Rechenschaft über seine Verwal-tung ablegen. Der Staatsrat wird in jedem Bezirk durcheinen für fünf Jahre gewählten Oberamtmann vertreten(Art. 54). Er verfügt über eine Staatsanwaltschaft zur Ver-folgung der Verbrechen (Art. 55). Wie der Artikel 56 fest-hält, ist der Staatsrat weiterhin in Direktionen unterteilt.Der Staatsrat ist für seine Amtsverrichtungen verantwort-lich (Art. 57), wie auch die öffentlichen Beamten undAngestellten für ihre Handlungen verantwortlich sind.Die richterliche Gewalt wird von den durch die Verfas-sung anerkannten Gerichten ausgeübt (Art. 59). Der Arti-kel 60 führt ein Kantonsgericht ein, das sich aus 9 Rich-tern und 9 Ersatzmännern zusammensetzt, die vomGrossen Rat für 8 Jahre ernannt werden. Die Mehrheitder Richter und Ersatzmänner muss beide Sprachen desKantons beherrschen (Art. 61). Der Präsident des Kan-tonsgerichts wird vom Grossen Rat für die Dauer einesJahres gewählt und ist für das darauffolgende Jahr nichtwiederwählbar. Das Kantonsgericht hat die Funktion

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eines Kassationshofs und einer Anklagekammer (Art.63). Es überwacht die unteren Gerichtsbehörden undunterbreitet dem Grossen Rat jedes Jahr einen allgemei-nen und ausführlichen Bericht über seine Tätigkeit (Art.64). Der Artikel 65 sieht die Schaffung eines Gerichts fürjeden Gerichtsbezirk vor. Diese Gerichte bestehen auseinem Präsidenten, aus 4 Richtern und 4 Ersatzmännern,die vom Staatsrat und vom Kantonsgericht gemeinsamernannt werden. Der Artikel 66 sieht die Schaffung einesoder mehrerer Friedensgerichte pro Gerichtsbezirk vor.Die Verwaltung der «Waisensachen» wird in einem Spe-zialgesetz geregelt (Art. 67). Die Handelssachen und dieErrichtung eines oder mehrerer Handelsgerichte werdenebenfalls in einem Spezialgesetz geregelt (Art. 68). Lautdem Artikel 69 ist die Einsetzung von Geschworenenge-richten im Bereich von Verbrechen, politischen Vergehenund Pressedelikten freiwillig (1848 war sie noch obliga-torisch). Der Artikel 70 hält fest, dass die von Militärper-sonen im Dienst begangenen Vergehen von den Militär-gerichten beurteilt werden. Die Gerichtsverhandlungensind grundsätzlich öffentlich und mündlich (Art. 71). EinGericht kann nur ein gültiges Urteil erlassen, wenn esvollzählig versammelt ist (Art. 72). Die richterlichenBeamten sind für ihre Handlungen verantwortlich (Art. 73) und können nur durch ein Urteil und nur in denvom Gesetz bezeichneten Fällen abberufen werden (Art.74). Ein Gesetz wird die Gerichtsorganisation regeln(Art. 75).

5. GemeindenDieser Abschnitt behandelt die Gemeinden, die wie 1848der Oberaufsicht des Staates unterstellt sind (Art. 77),allerdings mit dem Unterschied, dass die Verfassung von1857 nicht mehr verlangt, dass die Gemeindereglementevom Staatsrat genehmigt werden. Während die Verfas-sung von 1848 für die politische Organisation derGemeinden auf das Gesetz verwies, präzisiert das Grund-gesetz von 1857 (Art. 76), dass jede Gemeinde über eineGemeindeversammlung und einen Gemeinderat verfügt.Dieser wird von einem Ammann präsidiert, der «zu glei-cher Zeit der Agent der Regierung in der Gemeinde» ist.Die Verfassung von 1857 garantiert den Gemeinden dieunbeschränkte Verwaltung ihres Vermögens unter derOberaufsicht des Staates (Art. 77), sagt aber nichts überden erleichterten Erwerb des Gemeindebürgerrechts. Ins-gesamt werden die Gemeinden vom Staat weniger einge-schränkt.

6. VerfassungsrevisionDie Artikel 78 bis 82 behandeln die Revision der Verfas-sung. Im Grundgesetz von 1848 war die Verfassungsrevi-sion sehr restriktiv geregelt. Eine Revision war bis 1856unmöglich, anschliessend musste sie an 2 aufeinander-folgenden Sessionen des Grossen Rates mit Zweidrittel-mehrheit genehmigt werden. Das Volk war überhauptnicht beteiligt. Der Artikel 78 führt den Grundsatz derTotal- und Teilrevision ein. Im letzteren Fall müssen dieRevisionsartikel speziell bezeichnet werden. Eine Total-oder Teilrevision wird durchgeführt, wenn sie von 6000Bürgern verlangt wird oder wenn der Grosse Rat siebeschliesst. In beiden Fällen wird die Frage des Grund-satzes der Verfassungsrevision dem Volk zur Abstim-mung unterbreitet, und die Revision wird weitergeführt,wenn die absolute Mehrheit der eingeschriebenen Aktiv-bürger grundsätzlich zustimmt (Art. 79). Gemäss Artikel80 erfolgt die Totalrevision durch einen Verfassungsrat,der auf dieselbe Weise wie der Grosse Rat gewählt wird.Wenn der Entwurf der revidierten Verfassung abgelehnt

wird, arbeitet derselbe Verfassungsrat einen zweiten Ent-wurf aus. Wird dieser ebenfalls verworfen, so wird einneuer Verfassungsrat gewählt (Art. 81). Eine Teilrevisionwird vom Grossen Rat an 2 Beratungen im Abstand von6 Monaten durchgeführt (Art. 82). Das Volk befindet beider ersten Grundsatzabstimmung mit der absolutenMehrheit der eingeschriebenen Aktivbürger und bei derAbstimmung über den vom Parlament ausgearbeitetengeänderten Verfassungsartikel mit der Mehrheit der Stim-menden.

7. Übergangs- und SchlussbestimmungenDie Übergangsbestimmungen sehen vor, dass die Verfas-sung dem Volk zur Abstimmung unterbreitet wird (Art.83). Im Falle einer Annahme tritt sie unverzüglich inKraft. Wird sie jedoch abgelehnt, so berät der Grosse Ratnoch einmal darüber und legt sie erneut dem Volk zurAbstimmung vor. Mit dem Inkrafttreten der neuen Ver-fassung wird die alte Verfassung von 1848 aufgehoben(Art. 84). Unmittelbar nach der Annahme der Verfassungdurch das Volk werden die verfassungsmässigen Behör-den ernannt (Art. 85). Nach Massgabe von Artikel 86bleiben die Gesetze in bezug auf die Organisation der dreiStaatsgewalten in Kraft, bis sie mit der neuen Verfassungin Einklang gebracht werden können.

B. Hängige ProblemeDie Staatsverfassung von 1857 bedarf der Gewährlei-stung des Bundes, die am 30. Juli 1857 mit einigen Vor-behalten gewährt wird.Der 1. Vorbehalt betrifft das im Artikel 2 vorgeseheneKonkordat zwischen dem Staat Freiburg und der katholi-schen Kirche. Die Bundesbehörden wollen diesesAbkommen prüfen können. Um diese Einmischung desBundes in seine Angelegenheiten zu vermeiden, schliesstder Staat Freiburg nie ein Konkordat mit Rom ab. Im Ein-vernehmen mit der päpstlichen Behörde schliesst er1858, 1859, 1873, 1874 und 1924 eine Reihe von Verein-barungen mit dem Bischof ab.Der 2. Vorbehalt betrifft den Artikel 16, der die Militär-dienstpflicht für die im Kanton wohnhaften Freiburgerund Schweizer vorsieht. Der Bund weist darauf hin, dassdiese Bestimmung im Sinne der eidgenössischen Militär-gesetzgebung ausgelegt werden muss.Der 3. Vorbehalt bezieht sich auf den Artikel 20, gemässdem die Ausgaben des Staates für Kultus und öffentlichenUnterricht unter den Katholiken und Protestanten «nachMassgabe ihrer einheimischen Bevölkerung» aufgeteiltwerden müssen. Wie die Bundesbehörden ausführen,muss diese Bestimmung im Lichte der Bundesverfassungvon 1848 ausgelegt werden (Art. 41 und 42). Dies bedeu-tet, dass man für die Berechnungen den im Kanton nie-dergelassenen Schweizern beider Konfessionen Rech-nung tragen muss.Der 4. und letzte Vorbehalt betrifft den Artikel 32, der denfreiburgischen Aktivbürgern über 25 Jahren das passiveWahlrecht gewährt. Der Bundesstaat beruft sich dabei aufdieselben Bestimmungen der Bundesverfassung wiebeim dritten Vorbehalt. Die im Kanton wohnhaftenSchweizer, welche die Anforderungen an die Aufent-haltsdauer erfüllen, müssen über dieselben Rechte verfü-gen wie die im Kanton Freiburg heimatberechtigten Bürger.Der freiburgische Verfassungsgeber hat 2 Bestimmungenim Grundgesetz verankert, die später problematisch wer-den können. Es handelt sich zunächst um Artikel 15, derunter anderem folgendes festhält: «Die Verwaltung sollbesonders darauf ausgehen, so schnell als möglich die

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Ausgaben mit den Einnahmen ins Gleichgewicht zu brin-gen.» Diese Bestimmung ist etwas vage und schwieriganzuwenden. Zwischen 1857 und 1957 schliessen 78Rechnungsjahre mit einem Defizit und 23 mit einemGewinn. Die zweite etwas problematische Bestimmungist in Artikel 80 zu finden, der vorsieht, dass eine Totalre-vision von einem Verfassungsrat durchgeführt wird, derauf dieselbe Weise gewählt wird wie der Grosse Rat. Hierstellt sich die Frage, wie lange das Mandat dieses Verfas-sungsrates dauert: Er muss zwar den Verfassungsentwurfausarbeiten, aber innerhalb welcher Frist? Diese Frist istgegenwärtig im Gesetz über die Ausübung der bürgerli-chen Rechte festgelegt. Es könnte auch zu Schwierigkei-ten kommen, da gleichzeitig zwei Räte bestehen würden,die beide vom Volk legitimiert wären und in denengewisse Personen, die in beide Organe gewählt wurden,eine Doppelfunktion ausüben würden.

IV. Die Entwicklung seit 1857

A. 1857-1917: von der Stabilität zur StagnationDiese sechs Jahrzehnte sind von einem Paradox geprägt.Das liberal-konservative Regime bringt eine demokrati-schere Verfassung unter Dach und Fach als sein freisinni-ger Vorgänger im Jahre 1848, doch klammert es sich inder Folge allzu stark daran, so dass die Ausweitung derVolksrechte den Freisinnigen zu verdanken ist. Diesehaben Mühe, ihre Ideen durchzusetzen, da ihre Wähler-schaft nur etwa ein Viertel der Aktivbürger ausmacht. Siemüssen daher die Gemässigtsten der Konservativen über-zeugen und an die Urne bringen, aber auch so bringen siekeine Mehrheit zustande.

1. Der Revisionsversuch von 1872-1874Diese Revision findet in einem besonderen Kontext statt:Auf Bundesebene wird die Verfassung von 1848 totalre-vidiert, und auf Kantonsebene regt sich der Separatismusdes Murtenbiets infolge der Entscheide des Staatsrates inbezug auf die Eisenbahn. Nach der Übernahme derEisenbahnlinie Bern – Freiburg – Lausanne hat der Kan-ton zudem mit hohen Schulden zu kämpfen.Der Staatsrat unterbreitet dem Grossen Rat am 24. April1872 eine Botschaft, in der er 7 Teilrevisionen vorschlägt:

1. Festsetzung der Wahlkreise in der Verfassung undErhöhung ihrer Zahl, um ihre Grösse zu vereinheitli-chen (Art. 22);

2. Einführung des Stimmrechts für den Klerus, nachdembisher nur Freiburger weltlichen Standes stimmbe-rechtigt waren (Art. 25);

3. Einführung des Referendums für gewisse Gesetze(Art. 28);

4. Verringerung der Zahl der Grossräte von 90 auf 75,indem der Verteilschlüssel geändert wird: 1 Grossratpro 1500 anstatt pro 1200 Einwohner (Art. 37);

5. Verringerung der Zahl der Staatsräte von 7 auf 5,wobei die Arbeit und die Gehälter der sieben früherenStaatsräte auf die verbleibenden fünf aufgeteilt werden(Art. 50);

6. Verringerung der Zahl der Kantonsrichter von 9 auf 7unter denselben Bedingungen wie bei der Kantonsre-gierung (Art. 60, 63 und 72);

7. Einführung der Unvereinbarkeit von gewissen politi-schen Ämtern mit dem Grossratsmandat (Art. 32).

Der unter Eid einberufene Grosse Rat behandelt die 7Teilrevisionen im November 1872 (TGR 1872, S. 162 bis183). Staatsrat Joseph Jaquet fasst den Standpunkt derRegierung zusammen: «Die Gesellschaft kann und darfnicht stillstehen, sondern muss auf dem Wege eines ver-nünftigen Liberalismus versuchen, ihre Institutionen undGesetze zu verbessern» (TGR 1872, S. 162; Überset-zung). Die freisinnigen Grossräte nutzen die Gelegenheitund versuchen, neue Volksrechte durchzubringen: Geset-zesinitiative, Vetorecht gegenüber Gesetzesvorlagen,Volkswahl der Oberamtmänner, der Gerichtspräsidentenund der Bezirksrichter. Sie werden deutlich geschlagen.Nach der zweiten Beratung am 13. Februar 1873beschränkt sich der Grosse Rat auf vier Teilrevisionen:die Festsetzung der Zahl und der Grösse der Wahlkreisein der Verfassung, das Stimmrecht für Geistliche, dasReferendum für gewisse Gesetze und den Grundsatz derUnvereinbarkeit (TGR 1873, S. 43-46). In einer Prokla-mation vom 24. März 1873 präzisiert der Staatsrat dieGesetze, die dem Referendum unterstellt wären: alleGesetze, welche die Gemeinden und Pfarreien, den Pri-marschulunterricht, die politischen Rechte, die Steuernund die hohen Ausgaben betreffen.Die Volksabstimmung findet am 20. April 1873 bei mäs-siger Stimmbeteiligung statt. 17 273 von 27 649 einge-schriebenen Stimmberechtigten, d.h. 60 %, gehen an dieUrne. Dies zeigt die Skepsis eines Teils der konservativenRechten gegenüber den Zugeständnissen an die freisin-nige Opposition. Damit eine Verfassungsänderungzustande kommt, muss sie von der Mehrheit der einge-schriebenen Stimmberechtigten, d.h. von 13 825 Bür-gern, angenommen werden. Das Abstimmungsergebnissieht wie folgt aus:

Vorlage Ja Nein Ergebnis

Verankerung derWahlkreise 14 853 2 021 Angenommen

Erhöhung der Zahlder Wahlkreise 4 222 12 615 Abgelehnt

Unvereinbarkeit 8 011 8 931 Abgelehnt

Stimmrechtder Geistlichen 13 305 3 416 Abgelehnt

Gesetzesreferendum 13 305 3 737 Abgelehnt

Dieses Ergebnis ist eine Enttäuschung, da sich sowohl dieFreisinnigen als auch die Konservativen für ein Ja einge-setzt haben. Die Freisinnigen verstehen die vorgeschla-genen Teilrevisionen als kleine Konzessionen an die Min-derheit und als Fortschritte für den Kanton, währenddemdie Konservativen darin «einige Reformen, deren Zweck-mässigkeit von allen wahren Konservativen anerkanntwird», sehen («Liberté» vom 18. April 1873). Nach derAbstimmung kommen die Freisinnigen zum Schluss,dass von der freiburgischen Regierung, die unter demEinfluss des Klerus steht, nichts zu erwarten ist («Con-fédéré» vom 30. April 1873).Die Frage der Verankerung der Wahlkreise in der Verfas-sung ist noch nicht abgeschlossen. Nach zwei Beratungenim Grossen Rat (16. Februar und 17. August 1874) wirddie Vorlage am 27. September 1874 dem Volk zurAbstimmung unterbreitet. Die Konservativen rufen dieStimmbürger auf, ein Ja in die Urne zu legen, währendsich die Freisinnigen für ein Nein oder die Enthaltung derStimme stark machen. Sie sind dagegen, dass die 7Bezirke je einen Wahlkreis bilden sollen, denn sie möch-ten 15 Wahlkreise mit 5000 bis 7000 Aktivbürgern, so

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dass sie entsprechend ihrem Wähleranteil, insbesonderein der Stadt Freiburg, im Greyerzbezirk und im unterenBroyebezirk, im Parlament vertreten wären. Das Volkentscheidet wie folgt: 13 362 von 28 355 eingeschriebe-nen Stimmberechtigten, d.h. 48 %, gehen an die Urne,12 551 legen ein Ja und 1000 ein Nein ein. Die Verfas-sungsänderung kommt also zustande, da bei der zweitenVolksbefragung nur die Mehrheit der Stimmenden erfor-derlich ist.

2. Der Revisionsversuch von 1884-18851884 hat sich der Grosse Rat mit einem Schriftstück zubefassen, das 11 382 Unterschriften aufweist, wovon 10 777 für gültig anerkannt werden. Es verlangt dieVolkswahl der Ammänner. Das Parlament steht vor einemDilemma: Handelt es sich um eine Petition oder um einVerfassungsrevisionsbegehren? Der Grosse Rat berät am13. Mai 1884 darüber (TGR 1884, S. 129–131). Die kon-servative Mehrheit ist der Meinung, es handle sich umeine Petition (welcher der Grosse Rat nicht Folge leistenmuss), während die freisinnige Minderheit das Schrift-stück für ein Verfassungsrevisionsbegehren hält (das derGrosse Rat dem Volk unterbreiten muss). In der Abstim-mung setzen sich die Konservativen mit 45 gegen 15Stimmen durch. Die Angelegenheit wird am 20. Mai1884 weiter behandelt. Die Petitionskommission will erstim November Stellung nehmen, obwohl die Oppositionden Antrag stellt, dass sie sich in der Maisession dazuäussert. Der Antrag wird mit deutlichem Mehr gegen 15Stimmen verworfen (TGR 1884, S. 153-155).Die Petitionskommission legt ihren Bericht am 15. November 1884 vor. Sie stellt fest, dass 10 777 der 11 382 Unterschriften gültig sind und dass 605 Unter-schriften ungültig sind. Die Kommission vertritt die Auf-fassung, es handle sich um ein Revisionsbegehren, dasdem Staatsrat überwiesen werden muss, damit dieser die notwendigen Massnahmen zur Organisation einerVolksabstimmung trifft. Der Grosse Rat schliesst sichdieser Auffassung ohne Gegenstimme an (TGR 1884,S. 194-196).Die Abstimmung ist für den 27. Januar 1885 vorgesehen.Sie betrifft Artikel 76 der Staatsverfassung und sieht dieallfällige Volkswahl der Ammänner vor. Der Abstim-mungskampf in der Presse ist relativ hitzig. Der «Con-fédéré» vom 9. Januar prangert die Taktik der Konserva-tiven an, die sich für Stimmenthaltung einsetzen und es«nicht wagen, eine so demokratische Frage offen zubekämpfen.» Der «Confédéré» ruft mehrmals dazu auf,ein Ja in die Urne zu legen, und bestreitet die verfas-sungsmässige Notwendigkeit der Mehrheit der einge-schriebenen Aktivbürger. Die «Liberté» ruft zur Stimm-enthaltung auf, die «einem Nein gleichkommt.» Daskonservative Organ droht sogar der Opposition, sie werde«verschämt das Stimmlokal betreten, durch eine Mengehindurch, die sie bereits kennt und die sie nachher nochbesser kennen wird.»Bei der Abstimmung gehen ein Drittel der Stimmberech-tigten (9398 der 27 497 eingeschriebenen Aktivbürger),Freisinnige und Liberal-Konservative, an die Urne undheissen die Verfassungsänderung mit einer überwältigen-den Mehrheit gut: 8118 Ja, 1075 Nein und 205 leere odernichtige Stimmzettel. Die Revision kommt aber trotzdemnicht zustande, da das absolute Mehr der eingeschriebe-nen Aktivbürger, d.h. 13 748 Stimmen, verfehlt wird. DieOpposition ficht die Auslegung des Ergebnisses an derSitzung des Grossen Rates vom 25. Februar 1885 an(TGR 1885, S. 10-13), doch sie wird mit deutlichemMehr gegen 18 Stimmen geschlagen. Sie prangert den

Druck an, der auf die Stimmenden ausgeübt wurde, die«auf dem Weg zur Urne durch Menschen Spiessruten lau-fen mussten, die sich über sie lustig machten, sie ver-höhnten und sie einzuschüchtern versuchten.»

3. Der Revisionsversuch von 1891-1894Sechs Jahre später hat sich die Situation gewandelt. DieMeinungen haben sich geändert, in den Kantonen werdendie Volksrechte ausgebaut, und die freisinnige Opposi-tion wird ungeduldig. Die eidgenössischen Wahlen vomOktober 1890 dienen als Auslöser der Unzufriedenheit.Es kommt zu ernsthaften Zwischenfällen in Murten undFreiburg, so dass die Regierung glaubt, dahinter stehe ein«Komplott» der Opposition, die sie stürzen wolle. Einebessere Erklärung sind aber die wirtschaftliche undsoziale Krise sowie die Entrüstung vieler angesichts derMauscheleien der Konservativen bei den Wahlen.Edouard Bielmann, der Führer der freisinnigen Opposi-tion, reicht eine Motion ein, mit der er die Totalrevisionder Staatsverfassung fordert. In seinem Vorstoss vom 27. Februar 1891 äussert er den Wunsch, dass das frei-burgische Grundgesetz mit der Bundesverfassung von1874 und den neuen Bedürfnissen der Zeit in Einklanggebracht wird (TGR 1891, S. 43–44). Bielmann begrün-det seinen Vorstoss am 3. März 1891 und präzisiert ihn.Er fordert eine Änderung der Wahlkreise, die Verringe-rung der Zahl der Grossräte, der Staatsräte und der Kan-tonsrichter, die Wahl der Ammänner durch die Gemein-deversammlungen und die Einführung der absolutenMehrheit der Stimmenden anstatt der eingeschriebenenStimmberechtigten bei der Grundsatzabstimmung übereine Verfassungsänderung. Er befürwortet die Ein-führung des fakultativen Gesetzesreferendums. SeineVorschläge führen im Grossen Rat zu heftigen Auseinan-dersetzungen (TGR 1891, S. 58-65). Die Vertreter derRegierung und die konservativen Grossräte erklären sichmit einigen notwendigen Teilrevisionen einverstanden,wollen sich aber Bielmanns Forderung nach einer Total-revision nicht anschliessen. Bielmann will den Antago-nismus zwischen der Mehrheit und der Minderheit imParlament aufheben, während der Konservative PaulAeby festhält: «Alle geben zu, dass man etwas unterneh-men muss, doch muss man nicht alles auf den Kopf stel-len.» Grossrat Paul Aeby schlägt schliesslich vor, dieMotion Bielmann dahingehend zu ändern, dass es sichnicht mehr um eine Totalrevision, sondern nur um eineTeilrevision handelt, die der Staatsrat insbesondere imHinblick auf die Bestimmungen über die Verfassungsre-vision prüfen würde. Der Vorschlag setzt sich bei derAbstimmung mit einer deutlichen Mehrheit gegen 7Stimmen durch.Der Staatsrat unterbreitet seinen Bericht in der Maises-sion 1891 (TGR 1891, S. 76-77). Er erklärt sich mit derRevision von 5 Verfassungsartikeln einverstanden. DieKommission des Grossen Rates legt ihren Bericht in derMaisession 1892 vor (TGR 1892, S. 90-91). Die Debattefindet am 17. März 1892 statt (TGR 1892, S. 12–29).Nach langen Diskussionen verwirft der Grosse Rat einigeIdeen, die den Freisinnigen am Herzen liegen: die Veran-kerung des Wahlmodus der Ammännerwahlen in der Ver-fassung (12 Ja, 63 Nein) und die Einführung des fakulta-tiven Gesetzesreferendums (18 Ja, 54 Nein).Das Volk stimmt am 23. Oktober 1892 grundsätzlich über3 Teilrevisionen ab. Die erste betrifft die Verringerung derZahl der Mitglieder des Kantonsgerichts (Art. 60 und 72).Die zweite bezieht sich auf die Verankerung aller Bestim-mungen über die politischen Organe der Gebietskörper-schaften, einschliesslich der Wahl der Ammänner, im

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Gemeindegesetz (Art. 76 und 77). Die dritte Änderungbetrifft die Verfassungsrevision: Die Mehrheit der Stim-menden (d.h. nicht mehr die Mehrheit der eingeschriebe-nen Stimmberechtigten) würde bei der Grundsatzabstim-mung über eine Revision genügen (Art. 79).Die Freisinnigen rufen im «Confédéré» vom 9., 12., 16.,19. und 23. Oktober 1892 dazu auf, Ja zu stimmen, auchwenn es sich nur um eine bescheidene Revision handle.Die «Liberté» vom 14. Oktober empfiehlt ebenfalls, die«guten und sinnvollen Reformen» anzunehmen. Ein Neinwürde es den Freisinnigen vor allem ermöglichen, Bun-deshilfe zu beantragen, um Reformen durchzusetzen.Die Grundsatzabstimmung findet am 23. Oktober 1892statt und stösst auf reges Interesse: 18 144 der 28 330 ein-geschriebenen Stimmberechtigten (64 %) gehen an dieUrne.Bei einem absoluten Mehr von 14 166 Stimmen sieht dasAbstimmungsergebnis wie folgt aus:

Vorlage Ja Nein Leer, Ergebnisungültig

Erste Änderung(Art. 60 und 72) 17 695 279 170 Angenommen

Zweite Änderung(Art. 76 und 77) 17 370 513 261 Angenommen

Dritte Änderung(Art. 79) 17 566 308 270 Angenommen

Der Grosse Rat verfasst dann im Mai und im November1893 die Entwürfe für die Verfassungsartikel (TGR 1893,S. 5-6, 21-23, 43, 117, 139, 161-162). Am 14. Januar1894 stimmt das Volk über diese Artikel ab. Es geht umfolgende Bestimmungen :

1. Das Kantonsgericht setzt sich aus 7 Richtern und 14 Ersatzmännern zusammen, die ein jeder besondersauf 8 Jahre vom Grossen Rat ernannt werden (Art. 60).

2. Von keinem Gericht kann ein gültiges Urteil ausge-sprochen werden, wenn es nicht vollständig versam-melt ist, mit Ausnahme des Kantonsgerichts, wo dieAnwesenheit von 5 Richtern genügt (Art. 72).

3. Das Gesetz ordnet alles, was die politische Einrich-tung und die Verwaltung der Gemeinden betrifft (Art. 76).

4. Der Staat hat die Oberaufsicht über die Gemeinden,aber diesen steht unter dieser Oberaufsicht die unbe-schränkte Verwaltung ihres Vermögens zu (Art. 77).

5. Eine Total- oder Teilrevision findet statt, wenn sich dieMehrheit der an der Abstimmung teilnehmendenStimmberechtigten grundsätzlich dafür ausspricht(Art. 79).

Das Volk entscheidet folgendermassen: von 27 830 ein-geschriebenen Stimmberechtigten begeben sich 13 584(49 %) an die Urnen und stimmen mit deutlicher Mehr-heit für die Revisionsvorlagen:

Ja Nein Leer, Ergebnisungültig

Erste Änderung(Art. 60)Zweite Änderung(Art. 72) 12 304 l 064 216 Angenommen

Dritte Änderung(Art. 76)Vierte Änderung(Art. 77) 11 577 l 678 329 Angenommen

Fünfte Änderung(Art. 79) 11 931 l 304 349 Angenommen

So wird 1894 eine der wichtigsten Teilrevisionen vollen-det: das Verfahren zur (Teil- oder Total-)Revision wirdvereinfacht, aber vor 1921 wird sich nichts ändern!

4. Der Versuch einer Totalrevision 189751 Bürger, die der freisinnigen Opposition angehören,reichen eine Initiative für eine Totalrevision der Verfas-sung ein. Das Begehren wird am 11. Februar 1897 imAmtsblatt des Kantons veröffentlicht. Nach der gesetzli-chen Frist von 90 Tagen lässt der Staatsrat die einge-reichten Unterschriften nachprüfen: 5477 von 5748 sindgültig. Es wird festgestellt, dass die Zahl von 6000 Unter-schriften nicht erreicht wurde und dass man die Initiativenicht weiter behandeln kann.

5. Ruhe vor dem Sturm inVerfassungsangelegenheiten

Wenn auch kein weiterer Entwurf für eine Verfassungsre-form mehr vorgelegt wird, wäre es doch falsch zu glau-ben, dass das politische Leben zum Stillstand gekommensei. Die konservative Partei wird von einer Reihe zwei-felhafter Affären erschüttert: der Skandal um die Staats-bank, die Affäre der steirischen Wälder, die Affäre Pictet,katastrophale Verwaltung der regionalen Eisenbahnen.Wenn es auch der freisinnigen Opposition nicht gelingt,das dynamische Regime von Georges Python von derMacht zu verdrängen, erscheint es doch klar, dass dieseStaatsaffären ihre Ursache letztlich in der fehlenden Auf-sicht über den Regierungsapparat haben. Georges Pythonentschuldigt sich vor dem Grossen Rat. Seine persönlicheEhre wird dadurch gerettet und er verbleibt im Staatsrat,aber seine Macht verblasst angesichts des aufgehendenSterns von Jean-Marie Musy.Die Frage der «gemeinsamen Machtausübung» stelltsich: Abgesehen von der Episode Weissenbach im Staats-rat (1906-1909) ist die freisinnige Opposition von denwichtigen Schaltstellen im Staat ausgeschlossen. Eineerste provisorische Lösung des Problems wird 1916 beiden Grossratswahlen gefunden: Die Konservativen unddie Freisinnigen praktizieren einen faktischen Proporz,indem sie gemeinsame Listen aufstellen.Viele Fragen bleiben offen: Wie soll man auf das Begeh-ren nach Ausdehnung der Volksrechte reagieren? Wie sollman gemeinsam die Macht ausüben, wenn der Krieg ein-mal beendet ist? Wie soll man sich angesichts des Auf-stiegs des Sozialismus verhalten?

B. 1917-1972: ein halbes Jahrhundert Demokratisierung

1. Die Revision von 1917-1921Der Weltkrieg lässt in Form seiner Opfer, die er allen Bür-gerinnen und Bürgern abverlangte, den Rückstand derFreiburger Verfassung und die Notwendigkeit, dem Volk,das sich während dieser Prüfung bewährt hatte, Vertrauenentgegenzubringen, um so deutlicher zutage treten. DieRussische Revolution, aber auch die Umstürze inDeutschland und in Österreich-Ungarn erschüttern diesoziale Ordnung. In der Schweiz macht der GeneralstreikAngst, obwohl seine Forderungen in ihrer Mehrheitberechtigt und moderat sind, und ein Teil der Bevölke-rung fürchtet die «Partei der Unordnung». Ziemlich raschkehrt aber wieder Ruhe ein, die Forderungen des Oltener

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Komitees werden zu einem grossen Teil erfüllt, insbeson-dere die Wahl des Nationalrats nach dem Proporzverfah-ren, wobei jeder Kanton einen Wahlkreis bildet. Mit derErfüllung dieser Forderung, die zuerst von den Konserva-tiven, dann von den Sozialisten gestellt wurde, fällt diefreisinnige Vorherrschaft in der Grossen Kammer (60 %der Sitze mit 40 % der Stimmen). Staatsrat Musy, derauch eidgenössischer Parlamentarier war, macht dieAngst vor dem Bolschewismus zur Grundlage seinerPolitik und erreicht so, dass die Freisinnigen den Konser-vativen einen zweiten Sitz im Bundesrat zugestehen, undMusy selbst wird 1919 in die Bundesregierung gewählt.In diesem Kontext von Kriegsgreueln, Hoffnung auf Frie-den und institutioneller Erneuerung reichen Grossrat PaulMorard und sieben konservative Kollegen am 30. Mai1917 eine Motion ein (TGR 1917, S. 138), in der sie for-dern:

1. Die Volksrechte sollen ausgedehnt werden, insbeson-dere soll der Staatsrat vom Volk gewählt werden.

2. Ein Grossratsmandat ist unvereinbar mit dem Amteines Staatsrats.

3. Die Zahl der Staatsräte in der Bundesversammlungsoll beschränkt werden.

4. Die Gerichtsorganisation und -verfahren sollen refor-miert werden.

Wenn einige seiner Anträge auch sehr genau sind, istnicht ganz klar, welche «Volksrechte» Paul Morard in derVerfassung verankern will. Der Grosse Rat diskutiertdiese Motion am 27. November 1917 (TGR 1917, S. 447bis 459). Paul Morard verteidigt seine Ideen wie folgt:Seiner Meinung nach müssen «die Fassaden unsererInstitutionen erneuert werden, ihre Substanz muss jedocherhalten bleiben.» Er hebt hervor, dass die FreiburgerStimmbürger oft auf eidgenössischer Ebene abstimmenkönnen, während sie in kantonalen Angelegenheitenlediglich die Rolle von passiven Subjekten spielen. ImGrossen Rat findet sich leicht eine Mehrheit für die Über-weisung dieser Motion an den Staatsrat, der im übrigenihre Erheblicherklärung beantragt.Die Verfassungsrevision kommt ein Jahr später wiederaufs Tapet, am 10. November 1918. An diesem Datumreichen 29 Grossräte unter der Führung von Emile Grandeine Motion ein, mit der sie eine Teilrevision der Verfas-sung verlangen (TGR 1918, S. 233–234). Sie wünschenfolgende Änderungen:

1. Einführung der Volksrechte mit dem obligatorischenGesetzesreferendum, der Gesetzesinitiative und dembegrenzten Finanzreferendum.

2. Die Wahl der Grossräte nach einem System desbeschränkten Stimmrechts oder nach dem Proporzver-fahren, wobei jeder Bezirk einen Wahlkreis bildet.

3. Die obligatorische Amortisierung der öffentlichenSchuld nach einem gesetzlich festgelegten Satz undeine progressive Besteuerung.

4. Die Schaffung und den Ausbau der Sozialwerke(Sozialhilfe, Sozialwohnungen, Lebensversicherungfür das Volk, Erhaltung des landwirtschaftlich nutzba-ren Bodens in den Händen der Einheimischen) durchden Staat mit Beiträgen der Gemeinden.

5. Die Aufhebung von mehreren Artikeln, damit die Kan-tonsverfassung mit der Bundesverfassung überein-stimmt und die beantragten Änderungen berücksich-tigt. Festlegung von 3 ordentlichen Grossratssessionen

und Erhöhung der Einwohnerzahl pro Grossrat (1400anstatt 1200).

Dieser Motion folgt ein anderer Vorstoss, diesmal vonliberal-freisinniger Seite. 16 Grossräte reichen auf denAnstoss von Wilhelm Bartsch und Emile Gross hin eineMotion für eine Teilrevision der Verfassung ein (TGR1919, S. 233-234). Der Vorstoss vom 7. März 1919 siehtfolgende Neuerungen vor.

1. Die Ausdehnung der Volksrechte durch die Beseiti-gung von Hindernissen bei der Ausübung des Verfas-sungsinitiativrechts (3000 anstelle von 6000 geforder-ten Unterschriften), durch die Einführung der Geset-zesinitiative (3000 Unterschriften), des fakultativenGesetzesreferendums (3000 Unterschriften) und durchdas fakultative Finanzreferendum für ausserbudgetäreAusgaben von mehr als 500 000 Franken (3000 Unter-schriften oder ein Viertel der Grossräte).

2. Die Volkswahl des Staatsrats.

3. Die Unvereinbarkeit eines Grossratsmandats mit demAmt des Staatsrats.

Der Grosse Rat diskutiert am 23. Mai 1919 über dieMotionen Morard, Grand und Bartsch (TGR 1919,S. 412–424). Bei der Beratung besteht Grand auf demPunkt, dass es nicht darum gehe, «die geltende Verfas-sung auf den Kopf zu stellen, sondern sie weiterzuent-wickeln.» Seiner Meinung nach ist die Motion Morardgrundsätzlich richtig, aber geht im Bereich der Volks-rechte zuwenig weit. Bartsch meint, dass «unser Kantonderjenige ist, in dem das Stimmvolk am wenigsten Ein-fluss auf die Ausarbeitung, die Änderung oder die Aufhe-bung von Gesetzen hat.» Er hat den Weg der Teilrevisiondeshalb gewählt, weil eine Totalrevision zuviel Zeit inAnspruch nähme und die Sache dringend ist. Die grosseMehrheit der Redner und des Staatsrats sind für dieseMotionen und diese werden einstimmig erheblich erklärt.Eine parlamentarische Kommission mit 15 Mitgliedernhat den Auftrag, die drei Texte zu studieren und Dekrets-entwürfe über die Fragen, die dem Volk vorgelegt werdensollen, auszuarbeiten.Am 26. Dezember 1919 tritt der Grosse Rat zu einer aus-serordentlichen Session zusammen (TGR 1919, S. 788 bis800). Die Kommission legt dem Parlament ihre Anträgevor. Sie nimmt die Ideen der Verfasser der Motion mitÄnderungen an. Für die Initiative und das Referendumbeantragt sie, die Unterschriftenzahl von 3000 auf 4000 zuerhöhen, das ist 1/7,5 der eingeschriebenen Stimmbürger;sie lehnt die Zahl von 6000 Unterschriften ab, diese Zahlbleibt der Änderung der Kantonsverfassung vorbehalten.Zur Verringerung der Zahl der Grossräte beantragt dieKommission, einen Grossrat auf 1500 Einwohner zuwählen. Der Grosse Rat zählt nach den Wahlen von 1919115 Mitglieder (1 auf 1200 Einwohner), würde man nurpro 1400 Einwohner einen Grossrat wählen, so käme manauf die Zahl von 99 oder 100 Parlamentariern, währenddie Legislative nach dem Antrag der Kommission aus 93Mitgliedern bestehen würde. Die Kommission ist dage-gen, nur einen Grossrat pro 2000 Einwohner zu wählen,das ergäbe ein Miniparlament mit 70 Mitgliedern. Sielehnt auch die fixe Anzahl von 100 Grossräten ab. DieGrossräte sollen nach dem Willen der Kommission nachdem Proporzverfahren gewählt werden. Nach diesem Ver-fahren hätte sich der Grosse Rat mit seinen 93 Mitgliedernwie folgt zusammengesetzt, wenn man die Ergebnisse derNationalratswahlen von 1919 als Grundlage nimmt: 66Konservative, 22 Freisinnige, 5 Sozialdemokraten. Die

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Kommission lehnt die Stimmenkumulation und dasbeschränkte Stimmrecht ab. Sie ist dagegen, die Amorti-sierung der öffentlichen Schuld, die progressive Besteue-rung und die Schaffung von Sozialwerken in der Verfas-sung zu verankern. Die für eine Verfassungsänderungnötige Unterschriftenzahl belässt sie bei 6000. Der GrosseRat stimmt für Eintreten und verschiebt die Detailbera-tung auf eine spätere Sitzung.Diese Session dauert vom 26. bis zum 28. Januar 1920(TGR 1920, S. 1-7, 9-19, 27-29). Die Beratungen kon-zentrieren sich auf einige strittige Punkte. Der erste Punktbetrifft die Anzahl, die nötig ist, damit ein Gesetzesrefe-rendum oder eine Gesetzesinitiative zustande kommt.Der Antrag der Kommission (4000) unterliegt demjeni-gen von Montenach (6000) mit 30 zu 25 Stimmen, aber45 Grossräte waren abwesend! Der zweite Punkt betrifftdas Finanzreferendum, das von den Konservativenbekämpft und mit 29 zu 16 Stimmen abgelehnt wird.Einen dritten strittigen Punkt bildet die Volkswahl desStaatsrats. Die Grossräte Montenach und Delatena sinddagegen, ihr Antrag erhält jedoch nur eine geringe ZahlStimmen. Der vierte Punkt betrifft das Verfahren für dieWahl des Staatsrats: Grossrat Glasson versucht, die Wahlnach dem Proporzverfahren einzuführen, aber bleibt inder Minderheit. Fünftens und letztens geht es um dieFrage, pro wie viele Einwohner ein Grossrat gewähltwerden soll: die Kommission ist für die Zahl von 1500, dader Saal zu klein ist für 115 Grossräte, aber gross genugfür 93; der Grosse Rat zieht es mit 35 gegen 26 Stimmenvor, bei der Zahl von 1200 Einwohnern pro Grossrat zubleiben.In der zweiten Lesung kommen einige Fragen für einRückzugsgefecht wieder aufs Tapet. Die Kommissionbeantragt für das Zustandekommen einer Gesetzesinitia-tive oder eines Gesetzesreferendums die Zahl von 5000Unterschriften; ihrem Antrag folgen 25 Grossräte gegen34, die sich für die Zahl von 6000 Unterschriften aus-sprechen. Grossrat Delatena bekämpft die Volkswahl desStaatsrats und erhält die Gefolgschaft von 16 Grossrätengegen 33, die dafür sind, dass das Stimmvolk die Regie-rung wählt.Die Volksabstimmung wird auf den 18. April 1920 ange-setzt: Das Stimmvolk muss sich zu den vorgesehenenÄnderungen äussern, indem es über die folgenden 8Punkte abstimmt:

1. Einführung der Gesetzesinitiative;

2. Einführung des fakultativen Gesetzesreferendums;

3. Volkswahl des Staatsrats;

4. Einführung des Proporzes für die Grossratswahlen;

5. Festlegung von 3 (anstatt 2) jährlichen Grossratsses-sionen;

6. Unvereinbarkeit eines Grossratsmandats mit dem Amtdes Staatsrats;

7. Höchstens 3 Staatsräte in der Bundesversammlung;

8. Regelung der Gerichtsorganisation in einem Spezial-gesetz anstatt wie bisher in der Kantonsverfassung.

Obwohl sich die Konservativen und die Freisinnigengrundsätzlich einig sind, wird der Abstimmungskampfheftig geführt. Einige Konservative aus dem Greyerzbe-zirk, die eine Gruppe um die Zeitung «Le Fribourgeois»bilden, bekämpfen die Volkswahl des Staatsrats. Die frei-sinnige Zeitung «L’Indépendant» empfiehlt ihren Lesernein achtfaches Ja (9. und 13. April), gleichzeitig verurteilt

sie die Machenschaften gewisser Konservativer, die dem«Fribourgeois» nahe stehen (7. April). «La Liberté» zeigtsich von der pädagogischen Seite, indem sie dieGeschichte dieser Revision und die Motionen der konser-vativen Grossräte (Morard, Grand und Mitunterzeichner)erklärt. Nach diesem Artikel vom 7. April appelliert dieZeitung am 12. April an den gesunden Menschenverstandder Stimmberechtigten und veröffentlicht die Wahlemp-fehlungen des kantonalen Ausschusses der Konservati-ven: achtmal Ja. Schliesslich erlässt die «Liberté» in ihrerAusgabe vom 17. April einen letzten Aufruf: «Konserva-tive Wähler, befolgt die Empfehlungen Eurer Partei.»Am Abend des 17. April 1920 steht fest, dass sich von den33 102 eingeschriebenen Stimmberechtigten deren 18803 an die Urnen begeben und wie folgt gestimmt haben:

Leer und Ja Neinungültig

1. Gesetzesinitiative 179 17 072 832

2. Gesetzesreferendum 158 17 049 876

3. Volkswahl des Staatsrats 224 13 657 4 202

4. Proporz bei der Wahldes Grossen Rates 198 16 275 l 610

5. Drei jährlicheGrossratssessionen 184 15 278 2 621

6. Unvereinbarkeit GrosserRat – Staatsrat 169 16 803 1 111

7. Höchstens 3 Staatsräte inder Bundesversammlung 164 16 870 l 049

8. Gerichtsorganisation ineinem Gesetz 278 16 508 l 297

Man stellt in allen Punkten grosse Ja-Mehrheiten fest;eine Ausnahme bildet die Frage der Volkswahl des Staats-rats, wo das Verhältnis von Ja zu Nein nur 3 zu 1 beträgt.Die meisten Neinstimmen kommen aus dem Saanebezirk(3226 Ja, l395 Nein), aus dem Greyerzbezirk (2256 Ja,963 Nein) und dem Glanebezirk (1062 Ja, 783 Nein); dasknappste Resultat erzielte diese Vorlage jedoch im Vivis-bachbezirk (583 Ja, 329 Nein).Der Grosse Rat muss nun die Gesetzartikel zu diesengrundsätzlichen Entscheiden der Stimmbürger formulie-ren. Er berät darüber am 7. Mai (TGR 1920, S. 71–80)und am 13. November 1920 (TGR 1920, S. 186-188). Beiden Beratungen am 7. Mai 1920 sind sich die Grossrätebewusst, dass sie schnell vorwärts machen müssen, wenndie beschlossenen Änderungen bei den Wahlen 1921 erst-mals angewendet werden sollen: Zahlreiche Gesetzemüssen in der Folge dieser Teilrevision geändert odergeschaffen werden und die Stimmbürger haben darüberzu befinden. Die Grossräte diskutieren lange darüber, obnun das Majorzverfahren bei der Wahl des Staatsrats inder Verfassung verankert werden müsse oder nicht: mit48 gegen 17 Stimmen entscheiden sie sich dafür. Diezweite Beratung am 13. November 1920 gibt wenigerAnlass zu Diskussionen: Ein letzter Versuch festzulegen,dass ein Grossrat pro 1500 Einwohner anstatt pro 1200gewählt wird, scheitert mit 36 gegen 19 Stimmen.Die Stimmbürger werden aufgerufen, am 30. Januar 1921über die Revision von 22 Artikeln der Verfassung abzu-stimmen. Die Änderungen der Verfassung werden in 8Fragen zusammengefasst. Die Hälfte der Stimmberech-tigten (16 978 von 33 888 oder 50,1 %) begeben sich andie Urnen und nehmen die Teilrevision mit massiverMehrheit an:

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Leer und Ja Neinungültig

1. Gesetzesreferendum(Art. 28bis) 260 16 040 678

2. Gesetzesinitiative(Art. 28ter) 246 16 038 694

3. Form und Fristen beiden Volksrechten(Art. 28 und 45) 275 15 969 734

4. Proporz bei der Wahldes GR (Art. 36, 38, 40) 280 15 796 902

5. Drei jährliche Grossrats-sessionen (Art. 42) 302 15 602 1 074

6. Volkswahl des Staatsrates(Art. 29, 49) 255 15 683 1 040

7. Unvereinbarkeiten mitdem Amt des SR (Art. 50) 253 15 986 769

8. Gerichtsorganisation ineinem Gesetz (Art. 59, 63-75) 288 15 916 774

Diese zweite Abstimmung ergibt für die verschiedenenTeilrevisionen sehr positive Ergebnisse: die Jastimmenmachen 91,8 % und 94,7 % aus. So geht diese bedeutendePhase der Verfassungsrevision zu Ende. Gewisse Pro-bleme wurden aber nicht geregelt: Das Volk kann dieAusgaben nicht einmal mit einem fakultativen Finanzre-ferendum kontrollieren, und es kann von seinen neuenRechten nur sehr schwer Gebrauch machen. Das Verfah-ren für die Unterschriftensammlung ist äusserst kompli-ziert und der Proporz im Grossen Rat wird durch eineSperrklausel von 15 % relativiert. Es ist verständlich,dass die Opposition das Gesetz über die Ausübung derbürgerlichen Rechte zur Zielscheibe ihrer Angriffemacht, denn sie hat den Eindruck, dass das, was ihr miteiner Hand gegeben wurde, von der anderen wiedergenommen wurde.

2. Die Revision von 1943-1948: ein HindernislaufAm 9. Juli 1943 verfassen 57 liberal-freisinnige Bürgereinen Antrag für eine Teilrevision der Kantonsverfas-sung. Sie wünschen, dass ein Artikel mit folgendemWortlaut hinzugefügt wird: «Jedes Gesetz oder Dekret,das eine ausserordentliche Ausgabe von mehr als 500 000Franken zur Folge hat, muss der Volksabstimmung unter-breitet werden, wenn dies von mindestens einem Viertelder Grossräte oder von 6000 Bürgern verlangt wird.» Die57 Bürger reichen das Initiativbegehren am 17. Juli 1943bei der Staatskanzlei ein. Der Staatsrat fasst am 23. Juli1943 einen Beschluss: die Unterschriften dürfen zwi-schen dem 15. September und dem 13. Dezember 1943gesammelt werden.Am 4. Mai 1944 erstellt die Validierungskommission desGrossen Rates ihren Bericht (TGR 1944, S. 90–95). Siestellt fest, dass die Initiative 6748 Unterschriften auf sichvereinen konnte, davon sind 6182 gültig: Die Initiative istfolglich zustande gekommen. Der Grosse Rat ist bereit,die Initiative zu validieren und ernennt eine Kommissionmit 9 Mitgliedern, um in der Herbstsession eine Stellung-nahme abzugeben.Am 22. November 1944 (TGR 1944, S. 284-293) unter-sucht der Grosse Rat grundsätzlich das Finanzreferen-dum. Der Kommissionsberichterstatter, Joseph Kaelin,stellt fest, dass 11 Kantone und Halbkantone ein obliga-

torisches, 5 ein fakultatives und 9 gar kein Finanzreferen-dum kennen. Er unterstreicht, dass die Vertreter der Kon-servativen, der Freisinnigen und der Bauernpartei dasfakultative Finanzreferendum grundsätzlich unterstützen.Die Beratungen bestätigen diese Einstimmigkeit in derKommission, und der Grosse Rat legt das Datum derVolksabstimmung auf den 21. Januar 1945 fest und emp-fiehlt, Ja zu stimmen.Am 21. Januar 1945 begeben sich die Stimmberechtigtenwenig zahlreich an die Urne: 16 884 von 44 801 einge-schriebenen, das ergibt eine Stimmbeteiligung von 37,7 %. 309 Stimmzettel werden leer eingelegt, 83 sindungültig. Die Freiburger nehmen das Finanzreferendummit 10 838 gegen 5654 Stimmen an. Der Grosse Rat vali-diert das Abstimmungsergebnis am 14. Februar 1945 undbeauftragt den Staatsrat, einen entsprechenden Verfas-sungsartikel zu redigieren (TGR 1945, S. 94–96). Erernennt am 2. Mai 1945 eine Kommission, die die Arbeitder Regierung überprüfen soll (TGR 1945, S. 126–127).Der Staatsrat liefert seine Arbeit am 19. Oktober 1945 ab.Er beantragt einen folgendermassen verfassten Artikel28bis: «Das gilt auch für jeden Beschluss des GrossenRates, der eine ausserbudgetäre Ausgabe von mehr alseiner Million Franken für denselben Gegenstand zurFolge hat und der nicht von der absoluten Mehrheit desGrossen Rates als dringlich erklärt wurde.» Der GrosseRat berät diesen Antrag, der vom ursprünglichen Begeh-ren der Initianten von 1943 abweicht, am 27. November1945 (TGR 1945, S. 326–350). Der BerichterstatterJoseph Kaelin stellt fest, dass eine Minderheit der beson-deren Kommission (3 von 9 Mitgliedern) die Zahl voneiner Million bekämpft und beantragt, dass das fakulta-tive Finanzreferendum ab 500 000 Franken ergriffen wer-den kann, zusätzlich will die Minderheit diese Möglich-keit auch einer gewissen Anzahl von Grossrätenzugestehen. Nach einer langen Beratung trägt die leichtabgeänderte Version der Regierung mit 63 gegen 30Stimmen den Sieg davon. Am 28. Mai 1946 (TGR 1946,S. 324-325) nimmt der Grosse Rat in zweiter Lesung dieVersion der Regierung mit 54 gegen 23 Stimmen an. DieVolksabstimmung wird auf den 7. Juli 1946 angesetzt. Dafällt ein juristischer Donnerschlag: 16 freisinnige Bürgerreichen beim Bundesgericht eine öffentlich-rechtlicheBeschwerde ein und verlangen, dass die Volksabstim-mung verschoben werde. Die Bundesrichter geben die-sem Begehren statt, und die Volksabstimmung muss ver-schoben werden. Am 13. Februar 1947 entscheidet dasBundesgericht über die Beschwerde. Es bestätigt, dassder Kanton Freiburg nur die Referendumsinitiative (dieverlangt, dass zuerst über den Grundsatz abgestimmtwerden muss) und nicht die ausformulierte Initiativekennt. Es anerkennt auch, dass der vom Grossen Rat ver-fasste Text nicht allzusehr von den Ideen der Verfasser derInitiative abweichen sollte, lässt aber der Legislative dieMöglichkeit, einen eigenen Entwurf für einen Verfas-sungstext zu beantragen. Es beschliesst schliesslich, dassbeide Texte vor das Volk kommen müssen.Der Grosse Rat beschliesst am 14. November 1947, dassbeide Versionen des Finanzreferendums (bei 500 000 undbei einer Million Franken) dem Volk unterbreitet werden(TGR 1947, S. 802-808). Die Volksabstimmung wird aufden 14. März 1948 angesetzt. Die Kampagne ist ziemlichheftig. In der «Liberté» unterstützt Pierre Barras den Ent-wurf des Grossen Rates (1 Million) und geisselt die «frei-sinnigen Doppelgesichter»; er spricht von einer «kleinli-chen Obstruktionspolitik» und geht sogar so weit, diepolitischen Gegner als «Handvoll von Bauernführern»und «Klüngel von Politikastern» zu bezeichnen. Der

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«Indépendant» prangert die «konservativen Lügenmär-chen» an und spricht von einem «bevormundeten Staats-wesen». Die Freisinnigen bekommen von den Sozialde-mokraten und von der Bauernpartei Unterstützung, aberwird das ausreichen, um die Festung der konservativenMehrheit zu erschüttern?Das Stimmvolk begibt sich am 14. März 1948 an dieUrnen. Die Stimmbeteiligung ist höher als 1945: 24 177von 45 624 eingeschriebenen Stimmberechtigten kom-men ihrer Bürgerpflicht nach, das ergibt eine Stimmbe-teiligung von 53 %. Die Resultate lauten wie folgt :

Projekt des Grossen Rates Projekt der Initianten(1 Million Franken) (500 000 Franken)

Leer und Ja Nein Ja Neinungültig

l 193 8 575 14 000 12 450 10 131

Das Ergebnis ist für die Konservativen eine vernichtendeNiederlage; sie wurden von einem Teil ihrer Wählerzugunsten der Ausdehnung der Volksrechte im Stichgelassen. Der «Indépendant» vom 18. März 1948 sprichtvon «einer schrecklichen Widerlegung» unserer «soge-nannten grossen konservativen Propheten». Die«Liberté» hüllt sich vorsichtshalber in Schweigen undbegnügt sich mit der Feststellung, dass einzig der Sense-bezirk die konservativen Parolen befolgt habe.

3. Die Revision von 1947-1950: der zweigeteilteSaanebezirkDie Grossratswahlen von 1946 haben eine seltsame Sitz-verteilung zwischen der Hauptstadt und den anderenGemeinden gebracht. In der Stadt Freiburg wählen 8041Bürger und in den restlichen Gemeinden 5544, das ergibtein Verhältnis von 59 % für die Stadt gegen 41 % der rest-lichen Gemeinden im Bezirk. Die abgegebenen Stimmenverteilen sich wie folgt : 234 650 (59 %) in Freiburg und163 628 (41 %) für die Landgemeinden. Die Sache siehtanders aus, wenn man die Anzahl der Gewähltenanschaut : 31 «Städter» (82 %) und 7 aus der Landschaft(18 %).Der freisinnige Grossrat Henri Bardy und sein konserva-tiver Kollege Séverin Bays reichen beide je eine Motionein, mit der sie fordern, dass im Saanebezirk zwei Wahl-kreise geschaffen werden: Die Zähringerstadt soll vomRest des Bezirks abgetrennt werden. Die Motionen wer-den am 4. Februar 1947 (Motion Bardy) und am 6. Februar 1947 (Motion Bays) eingereicht. Sie werdenam 9. September 1947 begründet (TGR 1947, S. 518 bis523). Die Beratung über die Überweisung dieser Motio-nen findet am selben Tag statt (TGR 1947, S. 527–531).Die Regierung ist für eine Überweisung, wobei sie fest-stellt, dass kein Manöver der Stadt gegen die Landschaftstattgefunden hat: Die Wählenden der Stadt haben pana-schiert und die Kandidaten aus der Stadt auf den Listengelassen, während die Wählenden auf dem Land die Kan-didaten ihrer Region gestrichen haben. Trotz einiger Vor-behalte der Sozialdemokraten werden die Motionen nichtbekämpft und an den Staatsrat überwiesen.Der Staatsrat erstattet tags darauf Bericht (TGR 1947,S. 547–552) und spricht sich für eine Verfassungsrevisionaus. Der Grosse Rat gibt gegen den Widerstand der Bau-ernpartei und der Sozialdemokraten grünes Licht miteiner offensichtlichen Mehrheit gegen 19 Stimmen.Das Volk stimmt am 14. März 1948 ab, am selben Tagwird auch über das Finanzreferendum befunden. 53 %der Stimmberechtigten begeben sich an die Urne und die24 177 eingeworfenen Stimmzettel zeigen folgendes

Resultat: 756 leer und ungültig, 19 295 Ja und 4126 Nein.Der Grosse Rat verfasst ohne Beratung eine Änderungdes Artikels 22 der Kantonsverfassung (TGR 1948,S. 449–451, und 1949, S. 486).Das Volk muss über diese Änderung am 5. März 1950abstimmen. Die Beteiligung ist äusserst hoch: 76 % derStimmberechtigten nehmen ihre bürgerlichen Rechtewahr. Die 34 280 Stimmzettel zeigen folgendes Resultat:983 leer, 72 ungültig, 24 749 Ja und 9016 Nein.

4. Die anderen RevisionsversucheAm 4. Februar 1947 reichen Grossrat Bardy und 11 frei-sinnige Mitunterzeichner eine Motion ein. Sie verlangen,dass der Artikel 37 der Verfassung geändert wird: DieAnzahl Einwohner pro Grossrat soll von 1200 auf 1500erhöht werden (TGR 1947, S. 41-42). Grossrat ArmandDroz reicht am 6. Mai 1947 im Namen der unabhängigenfreisinnigen Fraktion eine Motion ein, mit der er verlangt,dass der Artikel 49 Abs. 2 der Verfassung geändert wird:Der Verfasser der Motion beantragt die Wahl des Staats-rats nach dem Proporzverfahren. (TGR 1947, S. 308).Die beiden Motionen werden am 9. September 1947begründet (TGR 1947, S. 518-531). Grossrat Bardymeint, dass der Grosse Rat zu viele Mitglieder (127) hatund dass er wirksamer, schneller und billiger arbeitenwürde, wenn die Anzahl der Grossräte auf 104 reduziertwürde. Grossrat Droz will die Sitzverteilung im Staatsratan diejenige im Grossen Rat angleichen, sie soll in beidenFällen nach dem Proporzverfahren stattfinden. DieMotionen werden nicht bekämpft und werden der Regie-rung überwiesen.Die Regierung antwortet am 14. Mai 1948, und derGrosse Rat muss entscheiden, welche Folge er diesenMotionen geben will. Die Motion Droz scheitert (TGR1948, S. 241-244). Die Motion Bardy wird zur weiterenPrüfung angenommen. Der Staatsrat spricht sich am 17. Mai 1949 gegen eine Verringerung der Anzahl Gross-räte aus (TGR 1949, S. 458-461).

5. Die Teilrevisionen 1950-1954Am 14. November 1950 reicht der sozialdemokratischeGrossrat Challamel eine Motion ein, mit der er «die poli-tische Gleichberechtigung der Freiburger Frauen» fordert(TGR 1950, S. 748). Er begründet seine Motion am 28. November 1950 (TGR 1950, S. 906–911). SeineArgumentation stützt sich vor allem auf die aktive Rolle,die die Frauen 1939-1945 in Familie, Wirtschaft undLandesverteidigung gespielt haben; er zitiert Papst PiusXII.: «Die Frauen haben die Pflicht, ins öffentliche Lebeneinzutreten.»Der Staatsrat antwortet mit der Botschaft vom 17.–24.April 1951 (TGR 1951, S. 600-603). Er beantragt dreiTeilrevisionen der Verfassung, von denen die erste teil-weise der Motion Challamel entsprechen soll. Die beab-sichtigten Revisionen sind:

a) Der Artikel 32 Abs. 2 soll dahingehend geändert wer-den, dass die Frauen Zutritt zu gewissen Funktionenim Bereich der Rechtsprechung, der Exekutive und derVerwaltung erhalten (der Staatsrat denkt insbesonderean die Jugendstrafkammer).

b) Der Artikel 32 Abs. 1 soll an die Bundesverfassung(Art. 43 Abs. 4 und 5) angepasst werden, so dassSchweizer Bürger, die seit mehr als 3 Monaten imKanton wohnen, wählbar sind.

c) Der Artikel 26 Bst. e soll geändert werden: DieBestimmung, dass Armengenössige, die im Jahr vor

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einer Volksabstimmung finanzielle Unterstützungerhalten haben, ihrer bürgerlichen Rechte beraubt wer-den, soll aufgehoben werden.

Die Grundsatzabstimmung über diese 3 Änderungen fin-det am 20. April 1952 statt. Nach einer flauen Kampagnebleiben die Freiburger in grosser Zahl den Urnen fern:nur 13 087 Stimmbürger von 45 828 eingeschriebenennehmen ihre Pflicht wahr, das gibt eine Stimmbeteiligungvon 28,5 %. Die Resultate lauten wie folgt:

Leer, ungültig Ja Nein

Wählbarkeit vonSchweizer Bürgern 493 7 991 4 603

Zutritt der Frauen zubestimmten Funktionen 599 4 964 7 524

Bürgerliche Rechteder Armengenössigen 870 6 487 5 730

Nach dieser Volksabstimmung verfassen die Behördendie notwendigen Änderungen der Artikel 32 Abs. 1 und26 Bst. e. Das Volk wird am 21. Februar 1954 an dieUrnen gerufen und zeigt diesmal ein grösseres Interessefür den Urnengang : 27 151 von 45 480 eingeschriebenenStimmberechtigten stimmen ab, das sind 59,7 %. DieZustimmung von 1952 zu den zwei Änderungen wirdbekräftigt:

Ja Nein

Wählbarkeit von Schweizer Bürgern 17 411 6 923

Stimmrecht der Armengenössigen 13 600 7 084

6. Die Revisionsversuche von 1951 bis 1968Am 16. Mai 1950 reicht der freisinnige Grossrat Drozeine Motion ein über die Volkswahl der Ständeräte (TGR1951, S. 258). Er begründet sie am 7. Februar 1951,indem er unterstreicht, dass Freiburg, zusammen mitBern, Neuenburg und St. Gallen, einer der letzten Kan-tone ist, in denen die Ständeräte nicht vom Volk gewähltwerden (TGR 1951, S. 88-89). Der Staatsrat antwortet am13. Juli 1951 (TGR 1951, S. 687–689). Er lehnt dieMotion ab und stützt sich auf die Tradition: Die Stän-deräte vertreten den Staat, sie müssen deshalb vom höch-sten Staatsorgan gewählt werden. Der Verfasser derMotion teilt diese Meinung nicht, er unterliegt aber in derAbstimmung über die Erheblicherklärung seines Textes:37 Stimmen dafür gegen 68 dagegen.Viel heikler ist die Volksinitiative, die 1953 von der Frei-sinnig-Demokratischen Partei lanciert wurde: Es gehtnicht mehr darum, die Ideen eines Grossrates gutzuheis-sen oder abzulehnen, sondern darum, eine Initiative zuprüfen, die mehr als 9000 Unterschriften auf sich verei-nigt hat. Was ist passiert? Am 29. Januar 1953 reichen 35Stimmbürger ein Initiativbegehren für eine Teilrevisionder Verfassung ein. Das Begehren umfasst 7 Punkte:

a) Verankerung der garantierten geheimen Stimmabgabein der Verfassung;

b) Aufhebung der Behinderungen bei der Ausübung desInitiativ- und Referendumsrechts;

c) Volkswahl der Ständeräte;

d) Senkung der Sperrklausel für den Einzug in den Gros-sen Rat auf 10 %;

e) Unvereinbarkeit der Ämter eines Kantonsrichters undeines Präsidenten eines Bezirksgerichts mit einemGrossratsmandat;

f) Senkung der Zahl der Staatsräte von 7 auf 5, wobei eineinziger von ihnen Mitglied der Bundesversammlungsein darf;

g) Einführung einer Verfassungsbestimmung, wonach fürjede neue budgetäre Ausgabe und für jede ausserbud-getäre Ausgabe von mehr als 500 000 Franken dieDeckung gesichert sein muss.

Der Staatsrat setzt eine Frist von 90 Tagen (vom 27. Februar bis zum 27. Mai 1953), während der dieUnterschriften gesammelt werden können, und prüft die9184 eingereichten Unterschriften, 9167 sind gültig.Am 25. November berät der Grosse Rat die Gültigkeit derInitiative (TGR 1953, S. 754-768). Zwar beantragt dieValidierungskommission die Annahme des Begehrensum Gültigkeit der Initiative, aber der Grosse Rat istgeteilter Meinung. Gewisse Grossräte werfen dem Textvor, eine ausformulierte Initiative zu sein und die Einheitder Materie nicht zu wahren. Schliesslich wird die Frageder Gültigkeit mit 67 gegen 45 Stimmen an eine ausser-ordentliche Kommission mit 13 Mitgliedern delegiert.Die Kommission legt ihren Bericht am 17. November1954 vor. Dieser Bericht gibt Anlass zu langen Diskus-sionen (TGR 1954, S. 718–775). Die Kommission hat einRechtsgutachten von Professor Giacometti aus Züricheingeholt. Dieser kommt zum Schluss, dass die Einheitder Materie nicht gewahrt ist und dass das Initiativbegeh-ren deshalb als ungültig erklärt werden muss. Er äusserteinen Vorbehalt, indem er sich auf die freiburgische Pra-xis von 1873, 1892 und 1920 beruft und zugibt, dass manden Text nach den einzelnen Begehren aufgeteilt demVolk unterbreiten könnte. Er stellt jedoch fest, dass einesolche Praxisänderung nicht willkürlich wäre. Es ent-brennt eine heftige Debatte, bis man in einer Abstim-mung darüber befindet, ob das Initiativbegehren fürungültig oder für gültig erklärt werden soll: 74 Grossrätesprechen sich für Ungültigkeit aus, während 43 die Initia-tive vors Volk bringen wollen. Doch damit ist der Entwurfnoch nicht endgültig begraben, das hiesse die Hart-näckigkeit der Freisinnig-Demokratischen Fraktion zuunterschätzen.Am 19. November 1954 reichen Grossrat Dupraz und 26Mitunterzeichner eine Motion ein, in der sie grundsätz-lich die Anträge für die Verfassungsänderungen derVolksinitiative von 1953 wiederaufnehmen (TGR 1954,S. 825-826). Die Motion wird am 18. Februar 1955 kurzbegründet (TGR 1955, S. 291). Der Staatsrat antwortetam 29. Februar 1956 (TGR 1956, S. 126-134). Einige derbeantragten Änderungen betreffen eher Gesetzes- alsVerfassungsrevisionen. Der Staatsrat beantragt, dieseAnträge zur weiteren Prüfung anzunehmen, was derGrosse Rat einstimmig gutheisst. Es geht um folgendeIdeen: Das Wahlgesetz wird geändert, um die geheimeStimmabgabe wirksamer zu gestalten, um die Behinde-rungen bei der Ausübung des Initiativ- und des Referen-dumsrechts zu beseitigen und um die Sperrklausel für denEinzug in den Grossen Rat zu senken. Daneben soll dasFinanzgesetz geändert werden, um die Deckung derneuen Ausgaben zu regeln. Die Neuerungen, die Verfas-sungsänderungen voraussetzen, erleiden folgendesSchicksal :

a) Volkswahl der Ständeräte: abgelehnt (35 Ja, 62 Nein);

b) Unvereinbarkeit der Richterämter mit einem Gross-ratsmandat: abgelehnt (15 Ja, 64 Nein);

c) Wahl des Staatsrats nach dem Proporzverfahren: abge-lehnt (37 Ja, 61 Nein);

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d) höchstens 2 Staatsräte in der Bundesversammlung:abgelehnt (26 Ja, 58 Nein).

Diese vierfache Ablehnung blockiert die Entwicklung derVerfassung bis in die frühen siebziger Jahre.Einige Grossräte versuchen, Bewegung in die Sache zubringen. So beantragt Grossrat Sieber, die Grossräte nacheinem Verteilschlüssel von einem Grossrat pro 1500 Ein-wohner zu wählen (TGR 1958, S. 339-340). DieseMotion vom 21. November 1957 wird am 21. Mai 1958begründet (TGR 1958, S. 339-340). Grossrat Sieber fichtmit folgenden Argumenten: Das beschränkte Platzange-bot im Grossratssaal, die möglichen Einsparungen unddie Gelegenheit, die Sperrklausel zugunsten des Wahl-quotients aufzugeben. Der Staatsrat antwortet am 12. November 1958 mit einer Erklärung (TGR 1958,S. 638-–639). Die Regierung lässt durchblicken, dass sieeine Revision des Wahlgesetzes und einen Bericht zu denbeantragten Verfassungsänderungen vorbereitet.Grossrat Cottet benützt das Verfahren zur Änderung desWahlgesetzes, um mit einer Motion die Einführung desFrauenstimmrechts zu beantragen (TGR 1958, S. 792).Der Staatsrat antwortet am 25. Februar 1959 (TGR 1959,S. 214–216). Er stellt fest, dass das Freiburger Stimmvolkeine eidgenössische Initiative für das Frauenstimmrecht(20. Januar 1959) mit 7985 Ja gegen 18 780 Nein abge-lehnt hat. Er will den Volkswillen anerkennen, obwohl erfeststellen muss, dass sich die Idee, die Frauen am politi-schen Leben zu beteiligen, nicht aufhalten lässt. Ernimmt die Motion also zur weiteren Prüfung an.Die Frage des Frauenstimmrechts wird 1966 in zweiMotionen erneut aufgeworfen. Eine Motion stammt vonGrossrat Currat (TGR 1966, S. 195), die andere vonGrossrat Michel (TGR 1966, S. 293). Der Staatsrat ant-wortet am 15. November 1966 (TGR 1966, S. 1033 bis1035). Er stellt fest, dass sich die Situation zugunsten desFrauenstimmrechts verändert hat, und er will zeigen, dasser den Rechten der Frauen wohlwollend gegenübersteht.Er nimmt die Motion zur weiteren Prüfung an.Unterdessen entwickeln sich die Ideen zur Demokratisie-rung des politischen Lebens weiter. Es stellt sich dieFrage, wie sie konkret in der Verfassung verankert wer-den könnten. Der Staatsrat unterbreitet dem Grossen Ratam 20. Januar 1959 einen Entwurf für eine Verfassungs-revision (TGR 1959, S. 35-49). Dieses Dokument enthältÜberlegungen zu 9 möglichen Teilrevisionen. 3 vonihnen werden positiv begutachtet:

a) Die Zahl der Grossräte wird auf 130 festgelegt. DieseZahl reicht aus für eine ausgewogene Vertretung derRegionen, und so viele Grossräte haben im traditionel-len Saal Platz (Art. 37).

b) Der Beginn der Februarsession wird vom ersten aufden dritten Dienstag im Februar verschoben, damitzwischen der Novembersession und der Februarses-sion genügend Zeit liegt (Art. 42 Abs. 1).

c) Der alte Artikel 30 Abs. 2 wird aufgehoben. Erbestimmt, dass die Beamten, die zwangsweise in eineranderen als ihrer Heimatgemeinde wohnen, im Wahl-kreis ihrer Heimatgemeinde stimmen können. DiesesBestimmung entspricht nicht mehr den Umständenund dem Geist der Mitte des 20. Jahrhunderts.

6 weitere Änderungen werden aufgezählt, aber nichtunterstützt:

a) Die Zahl der Staatsräte in der Bundesversammlungwird auf 2 vermindert. Die Regierung will weiterhin 3

Magistraten nach Bern entsenden können, um dieInteressen des Kantons besser zu wahren.

b) Der Staatsrat wird nach dem Proporzverfahrengewählt. Die Regierung will von einer solchen Ände-rung nichts wissen.

c) Die beiden Ständeräte werden vom Volk gewählt. DieRegierung bekämpft diese Lösung im Namen der Tra-dition, die noch in Bern, St. Gallen und Neuenburgpraktiziert wird.

d) Die Grossrats- und die Staatsratswahlen werden zeit-lich verschoben abgehalten, wie dies in Genfgeschieht. Der Staatsrat ist gegen eine solche Staffe-lung.

e) Die Zahl der Staatsräte wird von 7 auf 5 vermindert(wie dies in 9 Kantonen der Fall ist). Der Staatsrat istmit dieser Verminderung nicht einverstanden, weil esseiner Meinung nach eine Einsparung am falschen Ortwäre und es die Vertretung der Sprachen und Regionenstören würde.

f) Das Frauenstimmrecht wird eingeführt. Die Regie-rung will die Resultate der eidgenössischen Volksab-stimmung vom 1. Februar 1959 abwarten (Das Resul-tat ist auf Bundesebene negativ und auf Kantonsebeneäusserst negativ).

Der Grosse Rat macht am 25. Februar 1959 nach einerlangen Debatte von seinem VerfassungsinitiativrechtGebrauch (TGR 1959, S. 159-216). Er legt fest, welcheTeilrevisionen dem Volk zur Abstimmung unterbreitetwerden. Die 3 vom Staatsrat unterstützten Änderungenkommen ohne weiteres durch, bloss die feste Zahl derGrossräte wird diskutiert: Der Grosse Rat schwankt zwi-schen 130 (77 Stimmen) und 120 (23 Stimmen). Hinge-gen widersprechen die Grossräte der Regierung, indemsie mit grosser Mehrheit die Zahl der Staatsräte in derBundesversammlung auf 2 begrenzen. Das Kantonspar-lament verwirft die Wahl des Staatsrats nach dem Pro-porzverfahren (40 Ja gegen 61 Nein), die Volkswahl derStänderäte (43 Ja gegen 67 Nein) und die Verminderungder Zahl der Regierungsmitglieder von 7 auf 5 (grosseMehrheit). Das Frauenstimmrecht wird diskutiert, aberman nimmt Kenntnis vom Misserfolg in der eidgenössi-schen Abstimmung: 7885 Freiburger waren dafür, aber18 780 dagegen, dass man den Frauen die bürgerlichenRechte gewährt. Die Optimisten weisen darauf hin, dass7 Freiburger Gemeinden, unter ihnen auch die Haupt-stadt, Ja gesagt haben, ebenso wie die Kantone Waadt,Neuenburg und Genf.Natürlich sind die freisinnige und sozialdemokratischeOpposition zusammen mit den Vertretern der Bauernpar-tei von den Resultaten der Beratungen enttäuscht, diekonservativ-christlichsozialen Grossräte halten zusam-men, um die Stellung ihrer Partei im Staatsrat und imStänderat nicht zu gefährden.Das Freiburger Volk stimmt schliesslich am 27. Septem-ber 1959 grundsätzlich über die folgenden 4 Verfas-sungsänderungen ab:

a) den Artikel 26: die Gründe für den Ausschluss von denbürgerlichen Rechten werden vermindert;

b) den Artikel 30 Abs. 2: die Bestimmung, wonachBeamte, die zwangsweise in einer anderen als ihrerHeimatgemeinde wohnen, im Wahlkreis ihrer Heimat-gemeinde stimmen können, wird aufgehoben; dieseBeamten werden künftig in ihrer Wohngemeinde stim-men;

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c) den Artikel 37: die Zahl der Grossräte wird auf 130festgelegt;

d) den Artikel 50: die Zahl der Staatsräte in der Bundes-versammlung wird auf 2 beschränkt.

Die Kampagne ist eher flau, denn es gibt keine grundsätz-liche Opposition gegen diese Teilrevisionen; hingegen istdie Enttäuschung in den Reihen der Opposition darübergross, dass einige der von ihr beantragten Gegenstände(Wahlverfahren für den Staatsrat und den Ständerat) nicht berücksichtigt wurden. Diese Enttäuschung scheintim «Indépendant» durch; er spricht von «einem zaghaf-ten Schritt vorwärts» (11. September 1959), von«Schneckentempo» und von «einem Revisiönchen» (16. September 1959). Die konservativen Delegiertensprechen sich einstimmig für die 4 Teilrevisionen aus,und Pierre Barras versucht, die Leser der «Liberté» zuüberzeugen, es ihnen gleichzutun (21.–27. September1959), wobei er noch einmal die Ablehnung der Mehr-heitspartei gegen ein neues Wahlverfahren für den Staats-rat und den Ständerat in Erinnerung ruft.Die Resultate vom 27. November zeigen eine grosseGleichgültigkeit (Rührt sie von der Enttäuschung her?)des Volkes: 6238 von 45 445 eingeschriebenen Stimmbe-rechtigten gehen an die Urnen, das gibt eine Stimmbetei-ligung von 14 %! Zusätzlich werden noch 143 Stimmzet-tel leer oder ungültig eingelegt.

Leer, ungültig Ja Nein

1. Art. 26 (Verminderungder Gründe fürden Ausschluss vonden bürgerlichen Rechten 135 4 427 l 608

2. Art. 30 Abs. 2(Abstimmen der Beamten am Wohnort) 48 4 487 l 635

3. Art. 37 Abs. 2 (130 Grossräte) 44 4 678 l 448

4. Art. 50 Abs. 5(Höchstens 2 Staatsräte inder Bundesversammlung) 51 4 414 l 705

Der «Indépendant» stellt fest, dass die Entwürfe derRegierung weniger Stimmberechtigte (ca. 6000) auf sichvereinigt haben als die freisinnige Initiative von 1953 (ca.91 000 Unterschriften); er spricht von der «Feststellung,dass die direkte Demokratie im Freiburgerland gestorbensei» (29. September 1959).Der Staatsrat und der Grosse Rat machen sich an die Aus-arbeitung der Verfassungsartikel, die dem Volk zurAbstimmung vorgelegt werden müssen (TGR 1959,S. 667–673, 1034–1044; 1960, S. 541 und 575–576). DasStimmvolk spricht sich am 21. Oktober 1960 darüber ausmit genauso wenig Begeisterung wie 1959, denn nur5922 Stimmberechtigte (13 %) von 45 498 gehen an dieUrnen.

Leer, ungültig Ja Nein

1. Art. 26 (Verminderungder Gründe fürden Ausschluss vonden bürgerlichen Rechten 181 4 642 l 096

2. Art. 30 Abs. 2(Abstimmen der Beamtenam Wohnort) 196 4 397 l 326

3. Art. 37 Abs. 2(130 Grossräte) 188 4 326 l 405

4. Art. 50 Abs. 5(Höchstens 2 Staatsräte inder Bundesversammlung) 208 4 646 l 065

7. Die grossen Revisionen 1969-1972In den sechziger Jahren wurden wenige Ideen der Oppo-sition gegen die konservativ-christlichsoziale Partei indie Tat umgesetzt. Die Institutionen wurden kaum refor-miert. Der Kontext ist in Änderung begriffen. Die Unab-hängige christlichsoziale Partei (UCSP) spaltet sich vonder Konservativ-christlichsozialen Partei ab, die dieMehrheit im Grossen Rat, die sie seit 1881 hatte, verliert.Die Wahlen von 1966 markieren einen historischen Wen-depunkt, die Mehrheit der Freiburger wünschen mehrdemokratische Rechte.In diesem Kontext reicht Grossrat Bruno Fasel am 13. September 1968 eine Motion zur Totalrevision derKantonsverfassung ein (TGR 1968, S. 688). Er begründetseine Motion am 21. Mai 1969 (TGR 1969, S. 538–544).Grossrat Fasel hat das Jubiläumsjahr 1981 im Auge; aufdiesen Zeitpunkt hin sollte ein neues Grundgesetz ver-fasst werden. Er stellt fest, dass die Verfassung von 185786 Artikel zählte, von denen 20 aufgehoben wurden. Vonden 66 verbleibenden Artikeln sind 17 von Initiativenoder Motionen betroffen und 33 wurden mit Vorstössenim Grossen Rat in Frage gestellt. Grossrat Fasel bean-tragt, eine breite Vernehmlassung und eine grossange-legte Informationskampagne durchzuführen, um danneinen Entwurf für eine Verfassungsrevision vorzuberei-ten. Die Motion wird erheblich erklärt und am 10. Februar 1971 der Regierung überwiesen.Man stellt fest, dass schliesslich der Weg der Teilrevisio-nen eingeschlagen wird. Die erste Teilrevision betrifft dasFrauenstimmrecht. Der Staatsrat reicht beim Büro desGrossen Rates eine Botschaft ein, in der er sich dafür aus-spricht, den Frauen das Stimmrecht und das aktive undpassive Wahlrecht auf Kantons- und Gemeindeebene zugeben (TGR 1969, S. 306-311). In der Botschaft bemerktder Staatsrat, dass die öffentliche Meinung sich zugun-sten des Frauenstimmrechts gewandelt hat und dass esnicht angebracht ist, zuerst das Resultat des Verfassungs-verfahrens auf eidgenössischer Ebene abzuwarten. DerStaatsrat beantragt die Änderung der Artikel 25, 32 und33 der Kantonsverfassung.Der Grosse Rat berät diesen Revisionsentwurf am 21. Mai 1969 (TGR 1969, S. 544–571). Die Kommissionstellt fest, dass 4 Kantone bereits das Frauenstimmrechtauf Kantons- und 3 Kantone es auf Gemeindeebene ken-nen. Sie ist wie der Staatsrat für Eintreten. Alle Fraktio-nen im Parlament unterstützen den Entwurf und stimmenfür Eintreten. Die Schlussabstimmung ergibt folgendesResultat: 109 Ja, 0 Nein, 8 Enthaltungen, 13 Grossrätesind entschuldigt oder abwesend.Die Kampagne für das Ja wird dynamisch geführt, wiewenn man sich bewusst wäre, dass es noch grosse Vorur-teile und langjährige Traditionen zu überwinden galt. Inder «Liberté» unterstützen Paul Torche (8.-9. November1969), Roger Pochon (11. November) und Max Aebi-scher (12. November) den Entwurf entschieden, und am13. November erlässt sie einen Aufruf an die Wähler. Dasfreisinnige Organ «L’Indépendant» veröffentlicht dieAufrufe des Komitees für das Frauenstimmrecht (28. Oktober) sowie die Artikel von Pierre Nordmann (4. November) und Claude Genoud (16. November).Das Freiburger Stimmvolk hatte 1959 Nein gesagt zureidgenössischen Volksinitiative über das Frauenstimm-recht: Die Gegner trugen im Verhältnis 2,5 zu 1 den Siegdavon. Am 16. November 1969 stimmt das Freiburger

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Stimmvolk grundsätzlich über das Frauenstimmrecht ab.27 063 von 50 770 eingeschriebenen Stimmberechtigtengehen an die Urnen, das ergibt eine Stimmbeteiligungvon 53 %. 163 Stimmzettel werden leer eingelegt,117 sind ungültig, so dass 26 810 Stimmzettel entschei-den. 19 038 Freiburger (71 %) sprechen sich grundsätz-lich für das Frauenstimmrecht aus, 7772 (29 %) sinddagegen.Die Presse begrüsst dieses Resultat. Pierre Barras sprichtin der «Liberté» vom 17. November von einem «Durch-bruch» und stellt fest, dass Freiburg der 7. Kanton ist, derden Frauen die bürgerlichen Rechte zuerkennt. DerselbeTon herrscht beim «Indépendant», wo man sich freut,dass der Kanton Freiburg mit dem höchsten Jastimmen-Anteil angenommen hat (18. November). In der Zeitung«Travail», die das Frauenstimmrecht vehement unter-stützte, kommentiert Jean Riesen den Abstimmungser-folg mit den Worten «eine Entwicklung, die nicht mehrrückgängig gemacht werden kann» (21. November1969).Eine 2. Abstimmung ist nötig, diesmal über die Artikel,mit denen das Frauenstimmrecht konkret eingeführtwird. Die Artikel 25 (Zusammensetzung des Stimm-volkes), 32 (Wählbarkeit) und 33 (Unvereinbarkeiten)müssen geändert werden. Der Staatsrat richtet am 13. Januar 1970 eine Botschaft in diesem Sinn an denGrossen Rat (TGR 1970, S. 34-39). Er stellt zugleich dieFrage nach einer eventuellen Erhöhung der notwendigenUnterschriften für das Referendum und die Initiative:Waadt hat sie von 6000 auf 12 000 erhöht, Neuenburgvon 3000 auf 6000, Genf von 3500 auf 7000. Der Staats-rat hebt hervor, dass die Zahlen «sogar wenn sie verdop-pelt wurden, im Verhältnis zur Bevölkerung dieser Kan-tone ziemlich niedrig sind, wenn man sie mit derjenigenvergleicht, die im Kanton Freiburg verlangt wird.»Der Staatsrat spricht sich für Beibehaltung des status quoaus. Die zweite Abstimmung über das Frauenstimmrechtfindet am 7. Februar 1971 statt, gleichzeitig mit der eid-genössischen Abstimmung über die bürgerlichen Rechteder Frauen. Die Freiburger Zeitungen unterstützen diebeiden Vorhaben nach Kräften. Die «Liberté» gibt vom29. Januar bis zum 3. Februar politischen Führern dasWort, die für das Frauenstimmrecht sind: Gaston Sauterel(SP), Noël Ruffieux (UCSP), Georges Ducotterd (BGU),Pierre Dreyer (CVP) und Lucien Nussbaumer (FDP).Pierre Barras schliesst am 5. Februar mit einem Aufruf,«auch aus Gründen der Vernunft ein Ja einzulegen.» Der«Indépendant» gibt (am 21. und 28. Januar) verschiede-nen freisinnigen Persönlichkeiten die Möglichkeit, sichfür das Frauenstimmrecht auszusprechen: LiselotteSpreng, Pierre Glasson, Pierre Nordmann, Lucien Nuss-baumer, Jean Nordmann und Paul Genoud. «Travail»unterstützt die beiden Vorhaben auch voll und ganz (22. und 29. Januar, 5. Februar).Ein grosser Teil der Freiburger Stimmberechtigten (54,4 %) geht an die Urnen. Die Anzahl Jastimmen zuden bürgerlichen Rechten der Frauen steigt noch einmalan: 19 843 Ja (73,8 %) gegen 7039 Nein (26,2 %).3 freisinnige Vorstösse zur Teilrevision der Kantonsver-fassung haben es viel schwerer. 66 freisinnige Persön-lichkeiten reichen am 24. Oktober 1968 drei Volksinitia-tiven ein. Sie fordern die Volkswahl der Ständeräte undOberamtmänner und das obligatorische Finanzreferen-dum für Ausgaben über 3 Millionen Franken. Die dreiInitiativen vereinigen 8888, 8849 und 8912 gültigeUnterschriften auf sich.Der Staatsrat richtet im Herbst 1969 eine Reihe von Bot-schaften an den Grossen Rat. Er beantragt, die Volkswahl

der Ständeräte abzulehnen, da sie nicht «den Traditionendes politischen Lebens im Kanton Freiburg entspricht»(TGR 1970, S. 5). Er ist auch gegen die Volkswahl derOberamtmänner, da diese die Amtsträger zu «Marionet-ten der politischen Mehrheit» mache. Die gegenwärtigeSituation ist besser, denn sie macht den Oberamtmannzum «objektiven, standhaften und wohlwollenden Ver-mittler zwischen dem von ihm vertretenen Staatsrat undden Interessen der Bevölkerung, die er kennt und vertei-digt» (TGR 1970, S. 12). Zum Finanzreferendum stelltder Staatsrat fest, dass vom fakultativen Referendum seit20 Jahren nie Gebrauch gemacht wurde und dass in denKantonen, die ein solches Referendum kennen, dieStimmbeteiligungen jeweils schwach sind (20–30 %).Der Staatsrat bestätigt, dass «die Initiative darauf abzielt,die Tätigkeit des Staates zu lähmen und ihn an der Erfül-lung seiner Aufgaben zu hindern». Der Staatsrat emp-fiehlt die Initiative zur Ablehnung.Der Grosse Rat berät die 3 Initiativen im Februar 1970(TGR 1970, S. 98–126 und 133–150). Es geht um dieEmpfehlung des Grossen Rates an das Stimmvolk, dieVorhaben anzunehmen oder abzulehnen.Bei der Frage der Volkswahl der Ständeräte folgt derGrosse Rat seiner besonderen Kommission, die auf eineEmpfehlung verzichtet, da das Parlament wegen eineseventuellen Verlustes einer seiner Befugnisse direktbetroffene Partei ist. Grossrat Peter Raemy beantragt, derdeutschsprachigen Minderheit einen Sitz zu garantieren;dieser Antrag wird in der 2. Lesung im Namen der Ein-heit der Materie abgelehnt. Die Diskussion rund um dieVolkswahl der Oberamtmänner ist gespannt: 51 Gross-räte, unter ihnen der Präsident des Grossen Rates, emp-fehlen die Annahme und tragen so den Sieg davon überihre 51 Kollegen! In 2. Lesung fordert der Grosse Rat mit65 gegen 54 Stimmen das Stimmvolk auf, die Initiativeabzulehnen. Beim obligatorischen Finanzreferendumbeantragt die Kommission die Ablehnung und begründetdiese vor allem mit einem «Zuviel an Demokratie.» DieFreisinnigen unterstreichen, dass 15 Kantone diese ArtReferendum bereits kennen. Die anderen Fraktionen leh-nen das Vorhaben ab und empfehlen dem Stimmvolk,Nein zu stimmen: 76 Grossräte folgen ihnen, gegen 30,die ein Ja empfehlen.Die Abstimmungskampagne ist ziemlich lebendig. In der«Liberté» wiederholt Pierre Barras die konservativenParolen: Stimmfreigabe für die Volkswahl der Ständeräte,Nein zur Volkswahl der Oberamtmänner («kleinlicheParteipolitik») und zum obligatorischen Finanzreferen-dum («ein trügerisches System»). Der «Indépendant»will «die letzten Hindernisse auf dem Weg zu einer nor-malen Demokratie im Kanton Freiburg» beseitigen (2. Juni 1970). «Travail» empfiehlt zwei Ja (Volkswahlder Ständeräte und der Oberamtmänner) und ein Nein(obligatorisches Finanzreferendum).Aus dem Urnengang gehen eher unerwartete Resultatehervor. Die Stimmbeteiligung ist hoch (63 %), denn diekantonale Volksbefragung findet zusammen mit der eid-genössischen Abstimmung über die Schwarzenbach-Initiative statt. Im folgenden seien die Resultate der dreikantonalen Abstimmungen wiedergegeben:

Einge- Stim- Leer Ungültig Ja Neinschrieben mende

Volkswahlder Ständeräte 51 113 32 128 646 258 22 986 8 238Volkswahlder Oberamt-männer 51 113 32 132 444 332 21 235 10 121

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ObligatorischesFinanz-referendum 51 113 32 136 537 349 20 454 10 796

War die Volkswahl der Ständeräte unbestritten, so stelltder Erfolg der beiden anderen Initiativen doch eine Über-raschung dar, zumal seine Deutlichkeit nichts zu wün-schen übrig lässt. Mit gutem Grund spricht die «Liberté»vom 8. Juni 1970 von «einer Ohrfeige für die politischenParteien und die Grossräte.» Der «Indépendant» trium-phiert, denn die Freisinnigen haben als einzige eine drei-fache Ja-Parole herausgegeben, und spricht von der«historischen Abstimmung vom 7. Juni».Der Grosse Rat erlässt die entsprechenden Verfassungs-artikel im November 1970 (TGR 1970, S. 904–909,915– 918, 922–929). Es gibt kaum Diskussionen, ausserüber den Zeitpunkt, an dem die Volkswahl der Oberamt-männer in Kraft treten soll: Die Freisinnigen beantragen1972 und der Staatsrat 1976: dieser obsiegt knapp (59gegen 48 Stimmen). Die 2. Lesung findet am 30. Juni1971 statt (TGR 1971, S. 746-754). Zwei heftige Diskus-sionen entbrennen. Gegenstand der ersten ist der Zeit-punkt des Inkrafttretens der Volkswahl der Ständeräte:Der Grosse Rat setzt (mit 60 gegen 58 Stimmen) diegleichzeitige Wahl der beiden eidgenössischen Magistra-ten im Jahr 1972 durch. Die zweite Diskussion betrifftden Zeitpunkt der ersten Volkswahl der Oberamtmänner:Die Freisinnigen beantragen 1973 als spätesten Zeit-punkt, der Staatsrat bleibt bei 1976 und obsiegt ganzknapp (58 Stimmen gegen 54). Einige Stimmen erhebensich gegen das obligatorische Finanzreferendum, «einDanaergeschenk», weil der Grenzbetrag zu niedrig ist,sogar in den Augen von einigen Freisinnigen, die einer-seits die Regierung machen lassen möchten, aber ande-rerseits die Kantonsschuld nicht erhöhen wollen.Das Stimmvolk hat das letzte Wort am 5. März 1972, beider Abstimmung über die Verfassungsartikel, die von denBehörden verfasst wurden. Der Urnengang wird mitSpannung erwartet: Wird das Stimmvolk seine Grund-satzentscheide von 1970 bestätigen, und wie werden dieweiblichen Stimmberechtigten stimmen? Die Stimmbe-teiligung ist mager: 29 % der 104 800 eingeschriebenenStimmberechtigten begeben sich an die Urnen.

Ja Nein

Volkswahl der Ständeräte 21 361 8 554

Volkswahl der Oberamtmänner 18 787 11 723

Obligatorisches Finanzreferendum 17 264 13 034

Die Volkswahl der Ständeräte wird ähnlich wuchtig ange-nommen wie 1970, aber bei den anderen zwei Vorlagenhat sich der Abstand zwischen Befürwortern und Geg-nern verringert.

C. 1973-1998: die jüngsten RevisionenDa das, was in den vergangenen 25 Jahren passiert ist,noch sehr präsent ist, soll es in diesem Teil schnell aufge-rollt werden.1976 muss das Freiburger Stimmvolk grundsätzlich über5 Verfassungsänderungen befinden. Die 111 020 einge-schriebenen Stimmberechtigten müssen sich äussern zurSchaffung eines Verwaltungsverfahrens, zur Vereinfa-chung der Teilrevision der Verfassung (Abschaffung derGrundsatzabstimmung), über die Verminderung derGründe für den Entzug der bürgerlichen Rechte, zur Fest-legung der Grossratssitzungen im Gesetz über dessenReglement und die Herabsetzung des Wählbarkeitsaltersauf 20 Jahre. Nur 26 831 Stimmberechtigte (24 %) gehen

an die Urnen. Sie stimmen fünfmal Ja und einmal, wennauch nur ganz knapp, Nein.

Stimmende Leer Ungültig Ja Nein

Schaffung einesVerwaltungsver-fahrens 26 831 2 290 115 13 057 11 369

Vereinfachungder Verfassungs-revision 26 831 2 306 120 13 923 10 482

Einschränkungdes Entzugs derbürgerlichen Rechte 26 829 2 263 123 14 196 10 247

Festlegung derGrossratssitzungenim Gesetz 26 829 2 310 124 14 336 10 059

Wählbarkeitsalter20 Jahre 26 829 1757 114 12 287 12 671

Die schwache Stimmbeteiligung, die hohe Zahl leer undungültig eingelegter Stimmzettel, die knappe Annahmevon 4 Verfassungsänderungen und die Ablehnung der 5.zeugen von einem gewissen Misstrauen gegenüber derRegierung und der von ihr beantragten Änderungen,wenn sie an sich auch völlig unspektakulär waren. DerVolkszorn wird vom Zustand der Kantonsfinanzen undvon einigen geplanten Ausgaben (Strassen, Ausbau derUniversität) genährt.Der Grosse Rat arbeitet zusammen mit der Regierung ander Formulierung der Verfassungsartikel, entsprechenddem Auftrag des Volkes. Sie werden ihm am 24. Septem-ber 1978 zur Abstimmung unterbreitet. 39 538 von 113 518 eingeschriebenen Stimmberechtigten (35 %)nehmen an der Abstimmung teil. Die Stimmberechtigtenbestätigen ihre Entscheide von 1976, allerdings mit einerRekordzahl von leeren Stimmzetteln:

Stimmende Leer Ungültig Ja Nein

Schaffung einesVerwaltungsver-fahrens (Art. 52) 39 521 7 817 138 22 601 8 965

Vereinfachungder Verfassungs-revision(Art. 78-82) 39 407 7 678 139 22 879 8 711

Einschränkungdes Entzugs derbürgerlichen Rechte(Art. 26) 39 538 7 167 133 24 098 8 140

Festlegung derGrossratssitzungenim Gesetz (Art. 42) 39 527 7 232 137 23 573 8 585

Diese Abstimmung markiert das Ende einer Epoche:Zum letzten Mal muss eine Teilrevision mit mehrerenVorlagen die Hürde von 2 Urnengängen nehmen (Grund-satzabstimmung und endgültige Abstimmung über dieentsprechenden Artikel). Der Staatsrat hat dem Volk glei-chentags einen Revisionsentwurf unterbreitet, bei dem esum die Haftung des Staates und der Gemeinwesen im Fallvon Schäden, die von ihren Amtsträgern verursacht wur-den, geht. Da die Vereinfachung der Verfassungsrevisionam 24. September 1978 noch nicht in Kraft getreten ist,untersteht der Antrag der Grundsatzabstimmung:

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1106 Novembre 1998

Stimmende Leer Ungültig Ja Nein

Verantwortungder Amtsträger desStaates 34 423 7 389 157 23 087 8 810

Die Behörden formulieren also den Artikel 14bis der Ver-fassung; in ihm wird die Haftung der Gemeinwesen fürden Schaden, den ihre Behördemitglieder und Beamtenin Ausübung ihres Amtes Dritten widerrechtlich zufügen,geregelt. Die Behördemitglieder oder Beamten haften fürden Schaden, den sie wegen absichtlicher oder grobfahr-lässiger Verletzung ihrer Dienstpflichten verursachen.Zum letzten Mal stimmt das Stimmvolk zweimal übereine Verfassungsänderung ab; am 2. März 1980 stimmt esüber den von den Behörden formulierten Artikel ab. Von115 472 eingeschriebenen Stimmberechtigten begebensich 34 652 (30 %) an die Urnen. Das Resultat ist ziem-lich deutlich:

Stimmende Leer Ungültig Ja Nein

Verantwortungder Amtsträger desStaates (Art. 14bis) 34 652 2 751 250 22 650 9 001

1981 muss das Volk über die Wahl des Staatsrats nachdem Proporzverfahren abstimmen. Aus den Wahlen von1971 ging ein aus 4 Christlichdemokraten, 2 Sozialde-mokraten und einem Vertreter der SVP zusammengesetz-ter Staatsrat hervor. 1976 entsenden die Freiburger 4 Ver-treter der CVP, 2 der FDP und 1 der SVP in die Regie-rung. Die Sozialdemokratische Partei, die zweitstärkstePartei im Kanton, ist aus der Exekutive ausgeschlossenund will das Majorzverfahren bei den Regierungswahlenaufheben. Der Initiative wird ein Gegenvorschlaggegenübergestellt: Eine Partei, die im Grossen Rat nichtüber die Mehrheit verfügt, soll im Staatsrat keine Mehr-heit haben können. Die Christlichdemokraten sprechenvon einem «faktischen Proporzverfahren.» DiesesSystem hätte die Wahl von 3 Christlichdemokraten unddie Aufkündigung der Allianz mit der SVP zur Folge.Das Volk stimmt am 18. Januar 1981 ab. Der Kampf umdas Wahlverfahren vermag keine Begeisterung auszulö-sen: Nur 26 905 oder 23 % von 116 329 eingeschriebenenStimmberechtigten begeben sich an die Urnen. Sie leh-nen sowohl die Initiative wie den Gegenvorschlag ab:

Leer Ungültig Ja Nein

Wahl des Staatsratesnach dem Proporzver-fahren 176 128 11 627 14 612

Gegenvorschlag 176 128 12 007 13 818

Die Wahlen von 1981 bringen diesen «faktischen Pro-porz» im Staatsrat mit der Wahl von 3 Vertretern der CVP,2 Sozialdemokraten und 2 Freisinnigen. Bei den späterenWahlen erweist sich diese «Zauberformel» jedoch nichtals beständig; das Volk will, sehr zum Missfallen der Par-teistäbe, das letzte Wort haben. Handelt es sich um eineFolge der Abstimmung vom 18. Januar 1981? Auf jedenFall setzt das Volk seine Akzente bei der Wahl der Mit-glieder des Staatsrats:

CVP SP FDP SVP DSP UNABH.1981 3 2 21986 3 2 1 11991 3 2 1 11996 3 2 1 1

1982 beantragen die Behörden dem Volk, das Verhältniszwischen Kirche und Staat zu revidieren. Dazu muss der

Artikel 2 der Kantonsverfassung umgeschrieben werden.Die Gewissens-, Glaubens- und Kultusfreiheit soll fest-gehalten werden, und die Römisch-Katholische Kircheund die Evangelisch-Refomierte Kirche sollen öffentlich-rechtlichen Status erhalten, während alle anderen Glau-bensgemeinschaften privatrechtlichen Status haben. DieVorlage interessiert die Freiburger Stimmberechtigtennur mässig: 42 376 (36 %) gehen zur Urne und drückenihre Zustimmung aus:

Leer Ungültig Ja Nein

Revision des VerhältnissesKirchen-Staat 1 920 108 29 327 11 021

1983 soll die Periode, für die die Kantonsrichter vomGrossen Rat ernannt werden, von 8 auf 5 Jahre gesenktwerden. Die Idee, die Dauer der Amtsperioden in allen 3Gewalten gleich lang zu machen, wird dem Volk am 27.Februar 1983 vorgelegt. Die Vorlage weckt nur mässigesInteresse. 31 439 von 120 764 eingeschriebenen Stimm-berechtigten begeben sich an die Urnen, das ergibt eineStimmbeteiligung von 26 %. Die Vorlage findet Gnadevor dem Volk:

Leer Ungültig Ja Nein

Verkürzung derAmtsperiode derKantonsrichter l 252 132 21 789 8 266

1984 müssen die Freiburger Stimmberechtigten über eineInitiative zur Herabsetzung des Wählbarkeitsalters fürden Grossen Rat von 25 auf 18 Jahre befinden. Die Revi-sion kommt zum Zeitpunkt, als eidgenössische Abstim-mungen die öffentliche Meinung beschäftigen und einenAblehnungsschub auslösen. 65 069 Stimmberechtigtegehen an die Urnen, das bedeutet eine Stimmbeteiligungvon 53 %. Das Resultat ist negativ:

Leer Ungültig Ja Nein

Senkung des Wahlfähig-keitsalters auf 18 Jahre 642 114 26 820 37 483

Dieses Misstrauensvotum gegenüber der Jugend wirdgrösstenteils wiedergutgemacht durch die Annahme eineranderen Verfassungsrevision: Das Alter für die Wählbar-keit in den Grossen Rat wird von 25 auf 20 Jahre gesenkt.Das Freiburger Stimmvolk stimmt am 9. Juni 1985 Jazum Entwurf, wenn auch ohne grossen Enthusiasmus:Die Stimmbeteiligung beträgt lediglich 29 % (35 904Stimmende von 125 589 eingeschriebenen Stimmberech-tigten).

Leer Ungültig Ja Nein Wählbarkeit inden Grossen Rat mit20 Jahren 709 100 21 342 13 753

Das 40 Jahre alte Finanzreferendum wird 1986 erneut inFrage gestellt: Die fixen Grenzwerte in Franken, dieunterdessen obsolet geworden sind, sollen durch Pro-zente der Staatsrechnung ersetzt werden. Das fakultativeFinanzreferendum kann ergriffen werden, sobald eineAusgabe 0,25 % der letzten Staatsrechnung überschrei-tet; das Referendum ist obligatorisch, wenn die Ausgabel % dieser Rechnung übersteigt. Das Stimmvolk zeigtkein Interesse am 8. Juni 1986: Nur 12 923 Stimmendevon 127 923 eingeschriebenen Stimmberechtigten gehenan die Urnen, das ergibt eine Stimmbeteiligung von 10 %.Die Abstimmung endet mit einem knappen Ja:

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Novembre 1998 1107

Leer Ungültig Ja NeinÄnderung desFinanzreferendums 193 11 7 265 5 454Die Gemeindeautonomie wird 1987 und 1992 Gegen-stand von Revisionen der Kantonsverfassung. 1987 solleine Bestimmung im Grundgesetz gestrichen werden(Art. 52 Abs. 1 Bst. f), die dem Staatsrat erlaubt, den Ver-kauf und die Teilung von Gemeindegrundstücken zubewilligen. 44 199 Freiburgerinnen und Freiburger von129 462 eingeschriebenen kommen ihrer bürgerlichenPflicht nach, das ergibt eine Stimmbeteiligung von 34 %.Das Verdikt des Volkes lautet wie folgt:

Leer Ungültig Ja NeinVerkauf und Teilungvon Gemeindegrund-stücken 2 743 147 31 829 9 4801989 muss sich das Freiburger Volk zu 2 Revisionsanträ-gen äussern, die beide die Gerichtsorganisation betreffen:Der eine bezweckt die Schaffung eines Verwaltungsge-richts, der andere die Volkswahl der Kantonsrichter undder Präsidenten der Bezirksgerichte. Die Schaffung desVerwaltungsgerichts (Art. 65) ist kaum umstritten, dieVolkswahl der Richter gibt hingegen zu heftigen Debat-ten über die Übervertretung der CVP und die Unterver-tretung der SP in den Gerichtsbehörden Anlass. Am 26.November 1989 hat das Volk das letzte Wort, und es gehtmassenhaft abstimmen: 88 909 Stimmende werden beider Vorlage über das Verwaltungsgericht und 89 114 beider Volkswahl der Richter gezählt; das ergibt Stimmbe-teiligungen von gegen 66 %! Daran ist auch die Abstim-mung über «eine Schweiz ohne Armee» nicht ganzunschuldig. Die Resultate lauten wie folgt:

Leer Ungültig Ja NeinSchaffung einesVerwaltungsgerichts 8 561 277 51 753 28 368Volkswahl der Richter 5 606 207 36 148 47 0891990 wird die Kantonsverfassung auf dem heiklen Gebietder Amtssprachen revidiert. Der Artikel 21 lautete, dassdie Gesetze, Dekrete und Beschlüsse in französischer unddeutscher Sprache veröffentlicht werden müssen, wobeider französische Text der Urtext ist. Die Behörden habeneine Lösung gefunden, die die Gleichberechtigung derAmtssprachen garantiert und zugleich allfälligen Sorgenüber eine Verschiebung der Sprachgrenze Rechnungträgt. Der beantragte neue Artikel erhebt Französisch undDeutsch zu Amtssprachen, wobei deren Gebrauch nachdem Territorialitätsprinzip geregelt wird. Ausserdemmuss der Staat das Verständnis zwischen den beidenSprachgemeinschaften fördern. Die Einigkeit über diebeantragten Grundregeln ist der Stimmbeteiligung nichtförderlich: 36 % der Stimmberechtigten geben am 23.September 1990 ihre Stimme ab:

Leer Ungültig Ja NeinAmtssprachen 2 150 87 39 500 7 701Die Frage des Stimmfähigkeitsalters kommt 1991 wiederaufs Tapet. Dieses muss an die Entwicklung in derSchweiz und in Europa angeglichen werden. Die Revi-sion betrifft den Artikel 25 Ziff. 1 Bst. a, der das Alterfestlegt, von dem an die Aktivbürger stimmen können.Dieses Alter soll von 20 auf 18 Jahre gesenkt werden. DasVolk stimmt am 3. März 1991 ab: 51 % der 137 489Stimmberechtigten begeben sich an die Urnen.

Leer Ungültig Ja NeinStimmfähigkeitsalter18 Jahre 574 379 47 143 21 951

1992 wird eine grundlegende Frage zur Gemeindeauto-nomie gestellt. Ein Artikel 75bis, der bekräftigt, dass dieGemeinden innerhalb der von der Verfassung und vomGesetz gegebenen Grenzen autonom sind, soll eingeführtwerden. Die Frage wird vor dem Hintergrund wachsenderAusgaben der Gemeinwesen und der Diskussion um eineAufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden undum Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden aufge-worfen. Das Freiburger Stimmvolk zeigt eher mässigesInteresse für diese Frage: 51 167 (36 %) von 144 022 ein-geschriebenen Stimmberechtigten nehmen an derAbstimmung vom 16. Februar 1992 teil.

Leer Ungültig Ja Nein

Gemeindeautonomie 3 728 201 37 168 10 070

Der bisher letzte Versuch, die Verfassung zu revidieren,stammt aus dem Jahr 1997. Die Initiative «Demokratiefür alle» beantragt, den Ausländern, die gewisse Anfor-derungen an die Aufenthaltsdauer erfüllen, das Stimm-sowie das aktive und passive Wahlrecht auf Gemeinde-und Kantonsebene zu geben. Das Volk stimmt am 16. März 1997 mit einer durchschnittlichen Beteiligung(34 %) ab; das Verdikt ist hingegen klar:

Leer Ungültig Ja Nein

Demokratie für alle 589 108 12 018 38 412

D. AusblickeZusammenfassend kann man feststellen, dass die Verfas-sung von 1857 aus einem Grundstock besteht, an denweitere Teile in Form der Teilrevisionen von 1894, 1921,1948, 1960, 1971 und 1972 u.a. angefügt worden sind. Esgibt natürlich grosse Ungleichheiten zwischen demGrundtext und den späteren Anfügungen: Die Formen derSprache sind sehr verschieden, und veraltete Bestimmun-gen sind geblieben.Die Kantonsverfassung von 1857 wurde nie einer Total-revision unterzogen. Sie wurde für eine vorwiegend bäu-erliche Bevölkerung von 100 000 Einwohnern geschaf-fen. Reichten die verschiedenen Teilrevisionen aus, umsie an die Bedürfnisse einer postindustriellen Gesell-schaft mit 220 000 Mitgliedern anzupassen? Die Frageeiner Totalrevision ist berechtigt, denn gewisse Kapitelmüssen völlig überarbeitet werden, vor allem diejenigen,die die Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger,die Aufgaben des Staates und der Gemeinden, die Grund-lagen der Finanzpolitik des Staates, die Verwaltungsbe-zirke und Wahlkreise und das Ausmass der Volksrechtefestlegen.Ist es nicht nötig, dass der Kanton Freiburg sein Grund-gesetz vollständig nachführt, um gestärkt und selbstbe-wusst ins 21. Jahrhundert zu gehen?

MESSAGE No 111 6 octobre 1998accompagnant le projet de décret fixant lecoefficient annuel de l’impôt cantonal 1999

Nous avons l’honneur de vous soumettre un projet dedécret relatif à la fixation du coefficient annuel de l’impôtcantonal pour l’année 1999.En application de l’article 2, alinéa premier de la loi du 7 juillet 1972 sur les impôts cantonaux (LIC), le GrandConseil fixe chaque année le coefficient annuel desimpôts cantonaux. Pour les années 1985 à 1998 y com-pris, les décrets ont confirmé tous les taux fixés dans la


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