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notar umbruch 3 - dnotv.de · plom der Befähigung zum Notar. Es folgt eine zweijährige praktische...

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57 notar inhalt notar editorial notar editorial 57 notar impressum 60 notar europa Das Notariat in Frankreich – Notar Edmond Gresser, La Wantzenau 58 notar info Schlichtungs- und Schiedsgerichtshof Deutscher Notare – SGH – Anregungen für Schiedsklauseln 64 Notar i.R. Professor Dr. Wagner 80 Jahre 66 notar justiz Gesetzgebung braucht Form und Stil – Professor Dr. Paul Kirchhof 67 notar international Fachinformationsfahrt russischer Grundbuchbeamter in Deutschland 73 TACIS-Projekt „Unterstützung bei der Rechtsreform in Kazakhstan“ Die Notariatsreform 74 notar intern 3. Tagung Berufspolitik: Notariat in Europa 68 notar kurz vor schluss Hochwasserhilfe 80 Liebe Leserinnen und Leser, von der Notarin und dem Notar wird zu Recht verlangt, dass sie das gesamte Beurkundungsver- fahren nach Form und Stil so gestalten, dass die no- tariellen Berufsleistungen die ihnen im organisierten Rechtsleben zugedachten Wirkungen entfalten kön- nen. Keinen geringeren Anspruch wird man an den Gesetzgeber stellen dürfen. Professor Dr. Paul Kirch- hof macht aus gleich mehreren aktuellen Anlässen in seinem Beitrag „Ge- setzgebung braucht Form und Stil“ darauf aufmerksam, dass form- und stil- lose Gesetzgebung Autorität nicht gewinnen kann. An dieser Stelle dürfen wir Herrn Professor Kirchhof herzlich zu seiner Wahl zum Vorsitzenden der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages gratulieren, die in den vergangenen Tagen auf dem 64. Deutschen Juristentag in Berlin erfolgt ist. Mit dem Aufsatz von Notar Edmond Gresser, La Wantzenau, über das französische Notariat setzen wir unsere Reihe über ausländische Notariats- formen fort. Wir bedanken uns herzlich bei Notar Gresser, der dem Deut- schen Notarverein seit vielen Jahren verbunden ist, für seinen Beitrag. Vertraglich vereinbarte Schiedsklauseln bilden die Grundlage für die Durchführung von Schiedsverfahren. Wir geben in diesem Heft Anregungen für Schiedsklauseln in verschiedenen Rechtsgebieten auf Grundlage des Sta- tuts des Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofs Deutscher Notare – SGH. Wir hoffen, damit zu einer weiteren Verbreitung von Schiedsklauseln in sinn- vollen Fällen beizutragen. Der Deutsche Notarverein und die DNotV GmbH engagieren sich in den Reformstaaten Mittel- und Osteuropas und darüber hinaus beratend bei der Einführung des selbständigen Notariats. Der notar hat darüber mehrfach be- richtet. Der Reise- und Erfahrungsbericht meines Kollegen Detlef Heins über ein Beratungsprojekt in Kazakhstan zeigt die erfreuliche Offenheit für das System des lateinischen Notariats, aber auch die Schwierigkeiten, denen man bei der Umsetzung in einem Flächenland wie Kazakhstan begegnet. Besonders möchte ich Sie auf die 3. Tagung Berufspolitik des Deutschen Notarvereins aufmerksam machen. Sie findet am 24. und 25. Januar 2003 in Brüssel statt. Das Programm können Sie diesem Heft entnehmen. Indem der Deutsche Notarverein die Tagung in Brüssel unter dem Generalthema „Das Notariat und Europa“ abhält, zeigt der Deutsche Notarverein, dass er der europapolitischen Arbeit eine hohe Priorität einräumt. Am Rande der 3.Tagung Berufspolitik werden der Deutsche Notarverein und die DNotV GmbH einen Empfang aus Anlass der Eröffnung ihrer Brüsseler Repräsen- tanz geben und dabei auch an die Ventôse-Gesetzgebung vor 200 Jahren erinnern. Wir freuen uns über Ihre Anmeldung zur 3. Tagung Berufspolitik. Verwenden Sie dazu bitte das auf der 4. Umschlagseite abgedruckte An- meldeformular. Wie immer runden weitere Berichte aus der Arbeit des Deutschen No- tarvereins den notar ab. Ich wünsche eine anregende Lektüre. Herzlichst Ihr Dr. Peter Schmitz
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notar inhalt notar editorial

notar editorial 57

notar impressum 60

notar europa

Das Notariat in Frankreich – Notar Edmond Gresser, La Wantzenau 58

notar info

Schlichtungs- und Schiedsgerichtshof Deutscher Notare – SGH – Anregungen für Schiedsklauseln 64

Notar i.R. Professor Dr. Wagner 80 Jahre 66

notar justiz

Gesetzgebung braucht Form und Stil – Professor Dr. Paul Kirchhof 67

notar international

Fachinformationsfahrt russischer Grundbuchbeamter in Deutschland 73

TACIS-Projekt „Unterstützung bei der Rechtsreform in Kazakhstan“ Die Notariatsreform 74

notar intern

3. Tagung Berufspolitik: Notariat in Europa 68

notar kurz vor schluss

Hochwasserhilfe 80

Liebe Leserinnen und Leser,

von der Notarin und dem Notar wird zu Rechtverlangt, dass sie das gesamte Beurkundungsver-fahren nach Form und Stil so gestalten, dass die no-tariellen Berufsleistungen die ihnen im organisiertenRechtsleben zugedachten Wirkungen entfalten kön-nen. Keinen geringeren Anspruch wird man an denGesetzgeber stellen dürfen. Professor Dr. Paul Kirch-

hof macht aus gleich mehreren aktuellen Anlässen in seinem Beitrag „Ge-setzgebung braucht Form und Stil“ darauf aufmerksam, dass form- und stil-lose Gesetzgebung Autorität nicht gewinnen kann. An dieser Stelle dürfenwir Herrn Professor Kirchhof herzlich zu seiner Wahl zum Vorsitzenden derStändigen Deputation des Deutschen Juristentages gratulieren, die in denvergangenen Tagen auf dem 64. Deutschen Juristentag in Berlin erfolgt ist.

Mit dem Aufsatz von Notar Edmond Gresser, La Wantzenau, über dasfranzösische Notariat setzen wir unsere Reihe über ausländische Notariats-formen fort. Wir bedanken uns herzlich bei Notar Gresser, der dem Deut-schen Notarverein seit vielen Jahren verbunden ist, für seinen Beitrag.

Vertraglich vereinbarte Schiedsklauseln bilden die Grundlage für dieDurchführung von Schiedsverfahren. Wir geben in diesem Heft Anregungenfür Schiedsklauseln in verschiedenen Rechtsgebieten auf Grundlage des Sta-tuts des Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofs Deutscher Notare – SGH.Wir hoffen, damit zu einer weiteren Verbreitung von Schiedsklauseln in sinn-vollen Fällen beizutragen.

Der Deutsche Notarverein und die DNotV GmbH engagieren sich in denReformstaaten Mittel- und Osteuropas und darüber hinaus beratend bei derEinführung des selbständigen Notariats. Der notar hat darüber mehrfach be-richtet. Der Reise- und Erfahrungsbericht meines Kollegen Detlef Heins überein Beratungsprojekt in Kazakhstan zeigt die erfreuliche Offenheit für dasSystem des lateinischen Notariats, aber auch die Schwierigkeiten, denenman bei der Umsetzung in einem Flächenland wie Kazakhstan begegnet.

Besonders möchte ich Sie auf die 3. Tagung Berufspolitik des DeutschenNotarvereins aufmerksam machen. Sie findet am 24. und 25. Januar 2003in Brüssel statt. Das Programm können Sie diesem Heft entnehmen. Indemder Deutsche Notarverein die Tagung in Brüssel unter dem Generalthema„Das Notariat und Europa“ abhält, zeigt der Deutsche Notarverein, dass erder europapolitischen Arbeit eine hohe Priorität einräumt. Am Rande der3. Tagung Berufspolitik werden der Deutsche Notarverein und die DNotVGmbH einen Empfang aus Anlass der Eröffnung ihrer Brüsseler Repräsen-tanz geben und dabei auch an die Ventôse-Gesetzgebung vor 200 Jahrenerinnern. Wir freuen uns über Ihre Anmeldung zur 3. Tagung Berufspolitik.Verwenden Sie dazu bitte das auf der 4. Umschlagseite abgedruckte An-meldeformular.

Wie immer runden weitere Berichte aus der Arbeit des Deutschen No-tarvereins den notar ab. Ich wünsche eine anregende Lektüre.

Herzlichst IhrDr. Peter Schmitz

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I. Zugang zum Notaramt

A) Berufsausbildung

Die gesetzlichen Voraussetzungender Ausbildung zum Notar sind im De-kret vom 5. Juli 1973 festgelegt, dasdurch die Dekrete vom 19. Februar1980 und vom 29. April 1986 geän-dert wurde. Danach gibt es heute zweiMöglichkeiten, die Befähigung zumNotaramt zu erlangen.

1. Weg: Universitätsdiplom

Die Universitäten bieten aufGrund einer Vereinbarung mit dem na-tionalen Zentrum für die notarielle Be-rufsausbildung nach dem abgeschlos-senen Jurastudium eine besondereBerufsausbildung zum Notar an undverleihen nach bestandener Prüfungdas „Diplome supérieur du notariat“(CRFPN). Voraussetzung für dieses Di-plom ist ein dreijähriger universitärerAufbaustudiengang, in dem die Kandi-daten verschiedene Zwischenprüfun-gen ablegen müssen. Zum Abschlusshat jeder Kandidat der Prüfungskom-mission einen Bericht über seine Aus-bildung vorzulegen. Während der Aus-bildungszeit tragen die Kandidatenden Titel „Notaire stagiaire“; danachdürfen sie sich „Notaire assistant“nennen.

2. Weg: Praktische Ausbildung

Dieser 2. Ausbildungsweg ist durchDekret vom 20. Juni 1989 neu gestal-tet worden. Nach Abschluss des Uni-versitätsstudiums (Staatsexamen, d.h.Maitrise oder ein gleichwertiges Di-plom) muss jeder Kandidat zunächstbei einem der verschiedenen neuenNotarausbildungszentren eine Auf-nahmeprüfung ablegen, um dort einJahr in Theorie und Praxis ausgebildetwerden zu können. Von dieser Auf-nahmeprüfung und Grundausbildung

sind alle Inhaber des Bürovorsteherdi-ploms und der „Maitrise en droit“ be-freit. Das Abschlussexamen heißt Di-plom der Befähigung zum Notar. Esfolgt eine zweijährige praktische Aus-bildung bei einem Notar; dieser „Mai-tre de stage“ stellt dem Kandidatenzum Abschluss ein Zeugnis über diepraktische Ausbildung aus, das die Be-fähigung zur Ausübung des Notaram-tes bescheinigt. Auch danach wird dieAusbildung bei einem Notar fortge-setzt und durch einen Abschlussbe-richt des Ausbildungsnotars abge-schlossen. Falls der Verwaltungsrat desNotarausbildungszentrums glaubt,dass ein Kandidat noch nicht alle Vor-aussetzungen erfüllt hat, kann dessenAusbildungszeit zweimal um je einJahr verlängert werden.

B) Die Ernennung zum Notar

Das genannte Dekret regelt unteranderem, dass nur französischeStaatsangehörige (und Frauen erst seitdem 20. März 1948), diesen Berufausüben dürfen. Der Kandidat muss ingeregelten Vermögensverhältnissenleben, einen juristischen Studienab-schluss (Maitrise en droit) haben, erdarf nie zahlungsunfähig gewesensein (en faillite), und keine unsitt-lichen Vorstrafen haben. Ein Notarkann nicht gleichzeitig Richter, Staats-anwalt, Urkundsbeamter oder Ge-richtsvollzieher sein.

1. Allgemeines Verfahren

Die Ernennung zum Notar erfolgtdurch den Justizminister (Runderlassvom 21. Mai 1973), es gibt drei ver-schiedene Situationen:

– Ein Bewerber kann nur ernanntwerden durch Ausübung des Vor-schlagsrechts (nomination surprésentation) eines bisher amtie-renden Notars zu seinen Gunsten.

– Außerdem besteht die Möglich-keit, in eine Gesellschaft von No-taren aufgenommen zu werden,die als Inhaber des Notaramtes gilt(société titulaire d’un office nota-rial).

– Schließlich kann sich ein Bewerberum eine neu geschaffene oder umeine bisher nicht besetzte Notar-stelle bewerben. Neue Notarstel-len werden vom Justizminister ein-gerichtet und zwar in allen Fällen,in denen ihm nach den erforder-lichen Ermittlungen ein entspre-chender Bericht der staatlichenStelle in Zusammenarbeit mit der„Comission de Localisation“ vorge-legt worden ist. Die Ernennungeines Notars auf eine neu ge-schaffene oder vakante Notarstelleerfolgt auf Vorschlag einer Kom-mission, die vorher unter mehre-ren Kandidaten durch eine Prüfungden geeignetsten ausgewählt hat.

2. Käuflichkeit des Amtes

Jeder Notar und seine Erben ver-fügen über das Vorschlagsrecht oderPräsentationsrecht, d.h. dass sie denNachfolger zur Ernennung vorschla-gen dürfen, sofern dieser die gesetz-lichen Mindestvoraussetzungen er-füllt. Hierüber wird ein entgeltlicherVertrag abgeschlossen. Der Wert desPräsentationsrechtes wird an den Um-sätzen der letzen fünf Jahre gemes-sen. Die in Großstädten zur Zeit sehrhohen Preise eines Amtes sind aus-schlaggebend für den Zusammen-schluss der Notare in verschiedenenGesellschaftsformen.

3. Besonderheit in Elsaß-Lothringen: kein käufliches Amt

Als 1870 Elsaß-Lothringen an dasDeutsche Reich angeschlossen wurde,hat man das Präsentationsrecht abge-schafft und als 1918 diese Regionen

Das Notariat in FrankreichEdmond Gresser, Notar in La Wantzenau, Bas-Rhin

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wieder an Frankreich fielen, trat diesesRecht nicht wieder in Kraft. Nach Ab-schluss der Ausbildung zum „Notaras-sistenten“ und nach Erhalt des Di-ploms zur Berufsbefähigung mussjeder Kandidat in Elsaß-Lothringeneine weitere Prüfung ablegen, bei derjährlich nur eine vom Justizministerfestgelegte Zahl von Kandidaten zuge-lassen wird. Diese Prüfung darf höch-stens dreimal versucht werden, undwer es beim dritten Mal nicht geschaffthat, kann nicht mehr in Elsaß- Lothrin-gen (wohl aber in den anderen De-partements) Notar werden.

Auch in Elsaß-Lothringen ernenntder Justizminister den Notar, aber esgibt keine Abfindung für den Amtsvor-gänger. Der Bewerber um eine frei ge-wordene Notarstelle bewirbt sich beimGeneralstaatsanwalt. Aus den vorlie-genden Bewerbungen wählt eine Vor-schlagskommission, bestehend ausdem Generalstaatsanwalt sowie ausden Präsidenten der regionalen Notar-kammern, der örtlichen Notarkammerund des Oberlandesgerichts drei Kan-didaten aus und schlägt sie dem Jus-tizminister zur Ernennung vor. Trotzdes schwierigen zusätzlichen Examensist die Zahl der Notarkandidaten aufder Warteliste von Elsaß-Lothringenverhältnismäßig groß – zur Zeit 30 –im Vergleich zu den 200 amtierendenNotaren.

II. Ausübung des Notar-amtes

Der Notarberuf ist in der Verord-nung vom 2. November 1945 ( Arti-kel 1) geregelt. Ein Notar ist Inhabereines öffentlichen Amtes, der befugtist, alle Dokumente und Verträge ent-gegenzunehmen, denen die Beteilig-ten einen Urkundscharakter gebenwollen oder müssen, der nur durch diedem Notar übertragene öffentlicheGewalt gesichert ist, indem er dieseDokumente und Verträge datiert, inseiner Obhut lagert, Ausfertigungenund vollstreckbare Ausfertigungenaushändigt.

Ein Notar hat außerdem gewisseZuständigkeiten, die im Einzelfall dieSicherheit der Beteiligten garantierensollen. Er darf sich seiner Amtstätigkeitnicht entziehen, sofern kein besonde-rer Ablehnungsgrund vorliegt. Als Aus-schließungsgrund seiner Zuständigkeitgilt jede Beurkundung von Willenser-klärungen, an denen der Notar selbst,seine Frau, seine Eltern oder seine nä-hesten Verwandten (bis Onkel undNeffen) beteiligt sind. Eine derartigeBeurkundung wäre unwirksam.

Während bis vor einigen JahrenResidenzpflicht bestand und die örtli-che Zuständigkeit des Notars auf denOberlandesgerichtsbezirk und den un-mittelbar benachbarten Landgerichts-bezirk seines Wohnortes beschränktwar, darf heute jeder französischeNotar im ganzen Territorium Frank-reichs beurkunden.

A) Form der Berufsausübung: Die Berufsorganisation

Die interne Berufsorganisation be-steht aus drei Organen: Notarkammer,Regionalkammer (Conseil Régional)und Conseil Supérieur du Notariat,welcher weitgehend der Bundesnotar-kammer entspricht.

1. Selbständiger Notar

Wie in den meisten Bundeslän-dern ist auch in Frankreich eine selb-ständige Berufsausübung des Notar-amtes möglich. Heute sind allerdingsnur noch etwa 1/3 aller Notare alsselbständige Notare (ohne Bindungeninnerhalb einer Notargesellschaft)tätig. Doch für die Zukunft erscheintdiese Art Berufsausübung trotzdem alsdie zweckmäßigste und klienten-freundlichste, vor allem in ländlichenBezirken.

2. Notar in einer Gesellschaft

Am 29. November 1966 schuf derfranzösische Gesetzgeber die Grund-lage für alle freien Berufe, also auch

für Notare, sich zur Ausübung des Be-rufs in einer Gesellschaft zusammen-zuschließen. Diese gesetzliche Rege-lung erlaubt den Zusammenschlussvon Notaren und fördert somit eineSpezialisierung der einzelnen Notare.Die Zusammenarbeit ermöglicht zumeinen eine Kostensenkung (Miete, Ge-hälter, EDV und anderer Einrichtun-gen), zum anderen gewährt sie einegrößere Sicherheit in Beratung undRechtsverkehr.

Das französische Recht bietet fürdiese Zusammenarbeit zwei möglicheFormen. Die erste ist eine „sociétécivile de moyen“ (SCM) die einerBürogemeinschaft entspricht. Diezweite ist die „Societe civile professio-nelle“ (SCP). Im Unterschied zumdeutschen Recht ist diese Gesellschaftkraft Gesetzes eine juristische Person.Das ausführende Dekret für Notarevom 2. Oktober 1967 unterscheidetbei der SCP noch einmal zwischen:

– Société titulaire d’un office, d.h.,dass die Gesellschaft Inhaberindes öffentlichen Amtes und derKanzlei ist. Mit etwa 4 500 Ge-sellschaften ist dies die am wei-testen verbreitete Gesellschafts-form in Frankreich.

– Société de notaires; diese ist nureine gesellschaftliche Verbindungmehrerer selbständiger Notare,von denen jeder Inhaber des öf-fentlichen Amtes bleibt, davon gibtes zur Zeit etwa 10 Gesellschaften.

Am 1. Januar 1992 ging der Ge-setzgeber in der Liberalisierung derBerufsausübung noch einen Schrittweiter und erlaubte die Société d’e-xercice libéral (SEL). Danach sind No-tare dazu befugt, ihren Beruf in derRechtsform einer Handelsgesellschaftauszuüben, wenn auch mit zivilrechtli-chem Zweck. In allen Gesellschaftsar-ten arbeiten die Notare zusammen alsGesellschafter dieser juristischen Per-son. Sie handeln auch im Namen die-ser Gesellschaft. Praktisch hat dieseAusübungsform erst geringe Bedeu-

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tung. Sie soll für die Zukunft eine Al-ternative darstellen, u. a. für die Ausü-bung des Notarberufes in interdiszipli-nären Zusammenschlüssen.

Als Ausblick sollte erwähnt werden,dass Wirtschaftsprüfer sich seit demGesetz vom 8. August 1994 in Formvon Holdinggesellschaften zusam-menschließen können. Obwohl diesesGesetz das Notariatswesen nicht be-trifft, wird in Berufskreisen überlegt, obeine ähnliche Entwicklung für die Be-rufsausübung der Notare sinnvoll ist.Es sollte darauf geachtet werden, dassdie Ordnungsregeln des Notariats ge-wahrt bleiben, auch wenn der Zutrittanderer Berufsarten möglich sein soll-te. Der Zusammenschluss in Formeiner Holding soll dazu verhelfen, dieDienstleistungen der Notare in größe-rer Breite anbieten zu können. Außer-dem würden dadurch z. B. kleineLandnotariate die Möglichkeit bekom-men sich zu vereinigen, ohne jedochzu verschmelzen. Sie würden dabeivon den gegenseitigen Investitionenprofitieren, ohne diese selbst erbrin-gen zu müssen.

3. Die Besonderheit des „notairesalarié“

Das Gesetz von 31. Dezember1990 hat die Möglichkeit eingeräumt,angestellte Notare zu beschäftigen.Allerdings darf ein selbständiger Notarnicht mehr als einen gehaltsempfan-genden Notar beschäftigen, währendeine Notargesellschaft nicht mehrgehaltsempfangende Notare einstel-len darf, als sie Notargesellschafterhat. Der Notaire salarié ist befugt, alleAufgaben eines Notars wahrzuneh-men, obwohl er nicht selbst Inhabereines öffentlichen Amtes ist und nichtals „Voll“Notar angesehen werdenkann (Dekret vom 15. Januar 1993).Die Ernennung wird nach Ersuchen anden Staatsanwalt durch den Justizmi-nister in Absprache mit der regionalenNotarkammer vorgenommen. 1999arbeiteten jedoch nur 1,7 % Notare alsgehaltsempfangende Notare.

B) Art der Tätigkeit: der Notar alsInhaber eines öffentlichen Amtes

Der Notar übt auch in Frankreichein öffentliches Amt aus, und zwar alsFreiberufler mit einer Gebührenord-nung. Obwohl er ein öffentliches Amtausübt, kann der Notar den Rahmenseiner Tätigkeit frei gestalten. Er orga-nisiert sein Notariat nach Belieben undbetreibt sein Büro auf eigene Rech-nung. Für die von ihm vorgenomme-nen Beurkundungen ist er persönlichund uneingeschränkt verantwortlich,anders als z.B. Staatsbeamte oderRichter bei der Ausübung ihres öffent-lichen Amtes.

1. Die sogenannten Monopol-tätigkeiten

a) Beurkundungen

Hauptaufgabe des Notars ist es,Erklärungen und Vereinbarungen inUrkundsform festzuhalten. Gemäß Art.1319 Code Civil dient dies der Siche-rung des Datums der Urkundserrich-tung, dem Beweis der Richtigkeit undVollständigkeit der Urkunde, und zwarmit Wirkung zwischen den Beteiligtenund gegenüber Dritten.

� Beweiskraft: Die notarielle Urkun-de verleiht der beurkundeten Er-klärung oder Vereinbarung öffent-lichen Glauben unter den Beteilig-ten und gegenüber ihren Erbenund Rechtsnachfolgern. Das be-trifft alle vom Notar persönlich undin Ausübung seiner amtlichen Tä-tigkeit formulierten oder festge-stellten Tatsachen. Die persön-lichen Feststellungen des Notars,insbesondere die Geschäftsfähig-keit eines Beteiligten, könnendurch die üblichen Beweismittelwiderlegt werden.

� Vollstreckbarkeit: Die notarielle Ur-kunde enthält nach französischemRecht – ohne besondere Klauseln– die Zwangsvollstreckungsmög-lichkeit hinsichtlich der in der Ur-kunde enthaltenen Zahlungsver-pflichtungen.

� Die Unterschrift: Sie hat den Zweckdas Rechtsgeschäft abzuschließenund außerdem die unterzeichendePerson zu identifizieren. Durch dieUnterschrift werden die Willenser-klärungen eines Urkundenbeteilig-ten wirksam. Geschieht dies voreinem Notar, ist damit, gem. Arti-

notar impressum:Herausgeber:

Deutscher NotarvereinKronenstraße 73/74

10117 BerlinTelefon: 030/20454284Telefax: 030/20454290e-mail: [email protected]

http://www.dnotv.de

Schriftleitung:Detlef Heins, Geschäftsführer

des DNotV (Hauptschriftleiter); Dr. Peter Schmitz, Geschäftsführer

des DNotV (Hauptschriftleiter);Dr. Wolfgang Reetz, Geschäftsführer

der DNotV GmbH

Verlag:DNotV GmbH,

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Bezugspreise:Für Mitglieder der angeschlossenen

Notarvereine kostenfrei.Jahresabonnement: € 20,–

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Hinweise:Alle Urheber-, Nutzungs- und

Verlagsrechte vorbehalten.Namensbeiträge und Leserbriefe geben

nicht notwendig die Meinungder Schriftleitung oder des DeutschenNotarvereins wieder. Die Schriftleitungbehält sich vor, Leserbriefe zu kürzen.

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kel 1316-4 al 1er code civil, dieEchtheit des Rechtsgeschäft be-gründet. Das Gesetz vom 13. März2000 stellt eine elektronischeUnterschrift einer auf Papier er-brachten Unterschrift gleich. Dieelektronische Unterschrift ist jedesVerfahren, welches dazu führt, aufeine sichere Art und Weise einenZusammenhang mit dem Rechts-geschäft herzustellen. Artikel 1317Abs. 2 code civil sieht sogar vor,dass eine elektronisch beglaubigteUrkunde möglich ist, wenn sie ge-treu nach dem Anwendungsdekreterrichtet wird, das aber bis heutenoch nicht in Kraft getreten ist.

� Beurkundung als Wirksamkeitsvor-aussetzung: Durch Gesetz ist nota-rielle Beurkundung als Wirksam-keitsvoraussetzung vorgeschrie-ben insbesondere für eine Schen-kung unter Lebenden (auch für be-wegliche Gegenstände), Bestel-lung und Aufhebung von Hypothe-ken, alle Eheverträge, alle Vermö-gensauseinandersetzungen unterBeteiligung von Minderjährigenund ein öffentliches (notarielles)Testament. Der Kaufvertrag nachMaßgabe der Fertigstellung mussseit 1967 wie auch der Kauf vonnoch zu errichtendem Wohneigen-tum notariell geschlossen werden.Ohne notarielle Beurkundung sinddiese Rechtsgeschäfte nichtig.

Für einige gesetzlich vorgeschrie-bene Beurkundungen sind nebendem Notar auch andere Urkund-spersonen zuständig, z.B. für dasVaterschaftsanerkenntnis, die frei-willige Versteigerung von Mobilienund die Zwangsversteigerung vonImmobilien, um nur die wichtig-sten Fälle zu nennen.

Daneben gibt es viele Rechtsge-schäfte, die zwar auch ohne Beur-kundung rechtswirksam sind, dieaber beurkundet werden müssen,um in ein Register eingetragenwerden zu können, z.B. der Kaufvon Immobilien. Im französischenRecht gilt im Vertragsrecht dasKonsensprinzip. Danach geht das

Eigentum an Mobilien und Immo-bilien in dem Zeitpunkt auf denKäufer über, in dem er sich mitdem Verkäufer über Kaufgegen-stand und Preis geeinigt hat. Dieanschließende Veröffentlichung(publicité foncière) des Eigen-tumsübergangs an Immobilien ist„nur“ erforderlich, um Drittwirkungzu erreichen; also wirkt etwa die„Eintragung“ ins Hypothekenregis-ter nur deklaratorisch. Der franzö-sische Gesetzgeber musste 1955feststellen, dass die Zuverlässigkeitder Kataster und Grundbucheintra-gungen nur über den Weg der no-tariellen Beurkundung erlangt wer-den kann. Grundsätzlich darf derNotar alle Beurkundungen aufdem Gebiet der freiwilligen Ge-richtsbarkeit vornehmen; eine ge-nauere Umschreibung oder Auf-zählung dieser Beurkundungen isthier nicht möglich.

Schließlich gibt es Verträge, dieauch in einfacher Schriftform gültigsind, die aber nach dem Willen derBeteiligten mit den Vorteilen dernotariellen Urkunde ausgestattetwerden sollen. Hierzu gehören z.B.Miet- und Pachtverträge wegen derErleichterung einer Zwangsvoll-streckung auf Grund der Vollstreck-barkeit der notariellen Urkunde.

� Vorbereitung und Urkundsvollzug:Der Notar hat auch alle Formalitä-ten vor und nach der Beurkundungzu erfüllen, die zur Durchführungerforderlich sind. Hierzu gehöreninsbesondere: Feststellung derPersonalien (einschließlich desehelichen Güterstandes) und derGeschäftsfähigkeit der Beteiligten,der Eigentumsnachweis für die inder Urkundebezeichneten Objekte(weil es keinen öffentlichen Glau-ben des Grundbuchs gibt) und dieBeseitigung von Vorkaufsrechten.Nach der Beurkundung hat derNotar für die Veröffentlichung derRechtsänderung zu sorgen, also fürdie „Eintragung“ der Rechtsände-rung im Grundbuch bzw. für dieEintragung der Hypothek und son-stiger Rechte oder für die Eintra-

gung ins Handelsregister; außer-dem muss der Notar die Finanzbe-hörden benachrichtigen sowie diedurch seine Urkunde ausgelöstenSteuern ausrechnen, einziehenund abführen. Der Notar haftet z.B.gegenüber dem Finanzamt per-sönlich für die Zahlung der Grund-erwerbssteuer. Falls er diese vorBeurkundung nicht in Rechnungstellt, ist er verpflichtet, in Vorleis-tung zu treten.

� Beurkundung durch mehrere No-tare: Es ist zulässig, dass eine Be-urkundung von zwei Notaren vor-genommen wird. Jede Vertragspar-tei kann ihren eigenen Notar be-anspruchen, und zwar ohne zu-sätzlichen Kostenaufwand. Die Ge-bühren werden in einem solchenFall gemäß der Gebührenordnungzwischen den Notaren geteilt.

In der Praxis werden solche Beur-kundungen häufig in Anspruch ge-nommen. Insbesondere wenneine Vertragspartei der französi-schen Sprache nicht mächtig ist,wird ein deutschsprachiger Notarzugezogen, der bei der Vertragsge-staltung mitwirkt, und zwar unterBerücksichtigung der Unparteilich-keit, die wie in Deutschland jederNotar streng einhalten muss.

� Besonderheiten in Elsaß-Lothrin-gen: In Elsaß-Lothringen ist schonseit 1924 ein in einfacher Schrift-form vereinbartes Rechtsgeschäftbezüglich der Bestellung undÜbertragung von Rechten an Im-mobilien nichtig, wenn es nichtinnerhalb einer Frist von sechs Mo-naten zusätzlich zum Inhalt einernotariellen Urkunde gemacht wird.Geschieht dies nicht, verlieren dieVertragsparteien sämtliche Ansprü-che aus dem in einfacher Schrift-form geschlossenen Vertrag.

b) Beratungstätigkeit

Neben den Beurkundungen ist derNotar auch zur Beratung und Beleh-rung der Beteiligten verpflichtet. DiesePflichten sind im Laufe der Jahre durch

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die Gerichte immer mehr ausgedehntworden.

Der Notar muss den Beteiligtenden Umfang der vertraglich übernom-menen Verpflichtungen erläutern;außerdem muss er die Beteiligtenüber die Rechtsmittel und die recht-lichen Auswirkungen belehren. DerNotar muss beispielsweise die Betei-ligten über die gesetzlichen und ver-traglichen Grundstücksbelastungen,die zum Grundstückskaufvertrag erfor-derlichen behördlichen Genehmigun-gen und Bescheinigungen oder dieVerpflichtung zur Zahlung der Erb-schaftssteuer belehren.

c) Die Haftpflicht.

Der Notar haftet für jede Nichtein-haltung seiner Amtspflichten. Wiejeder Freiberufler ist auch der Notarverpflichtet, gem. Dekret vom 20. Mai1955 (Artikel 13 Abs. 1) eine Berufs-haftpflichtversicherung abzuschließen.Wenn Notare sich in einer Gesellschaftzusammengeschlossen haben, ist diejuristische Person versicherungspflich-tig (Dekret von 1967, Artikel 54.)

d) Treuhandtätigkeit

Die Notare können auch als Treu-händer tätig werden. Sie nehmenfremde Gelder entgegen, die sie aufeinem spezifischen Sammelkonto derCaisse des Dépôts et Consignations(CDC) verbuchen, sofern sie vonihnen beurkundete Verträge betreffen.Die verwahrten Gelder müssen wäh-rend der Verwahrungszeit jederzeit fürden Notar verfügbar bleiben. Die be-sonderen Vorschriften für die Buch-führung der Notare sollen eine Garan-tie für die korrekte Abwicklung sein, imInteresse der Klienten und gleichzeitigauch im Interesse des ganzen Berufs-standes, der die kollektive Verantwor-tung für das etwaige Fehlverhalten

eines Notars trägt. Im Rahmen dieserBuchführung erhält jeder Klient ein be-sonderes Konto mit Aktiva und Passi-va, welches ihm eine genaue Über-prüfung aller Kontenbewegungen er-laubt.

Zum Schutz der Klienten bei Zah-lungsunfähigkeit wurde mit einem Ver-trauensschadensfond eine Solidari-tätshaftung aller Notare geschaffen.Dabei besteht eine Selbstbeteiligungdes Notars in Höhe von 7.622,00Euro.

e) Berufsgeheimnis

Das Berufsgeheimnis ist in §§ 226-13 ff code pénal streng geregelt. Esverpflichtet den Notar und seine An-gestellten zur Verschwiegenheit. DerNotar kann sogar die Aussage vor Ge-richt verweigern.

Neben den Monopoltätigkeitenkönnen die Notare auch auf sonstigenGebieten tätig werden und zwar im Fa-milien- und Erbrecht sowie im Gesell-schafts- und Wirtschaftsrecht.

2. Atypische Tätigkeiten

a) Maklertätigkeiten

Die Immobilien- und Wohnungs-verwaltung für Dritte wird als sonstigeTätigkeit des Notars mit Vergütungsan-spruch angesehen. In diesem Zu-sammenhang ist es ihm vor allem ge-stattet, Mieter und Vermieter, Käuferund Verkäufer unter seinen eigenenKlienten zu vermitteln. Der Notar trittdann in direkte Konkurrenz zu den(ortsansässigen) Immobilienmaklern.Zur Ausübung dieser Nebentätigkeitdarf der Notar durch Zeitungsanzei-gen und öffentliche Aushänge die Im-mobilie eventuellen Käufern oder Ver-käufern bekannt geben. Die Ausübungdieser Maklertätigkeit des Notars ist re-

gional sehr unterschiedlich, in Elsaß-Lothringen wird sie z. B. ausgeübt.

b) Besonderheiten bei der Vergü-tung (Artikel 4. der Gebührenord-nung)

Die Notare sind an eine Gebüh-renordnung gebunden. Das Dekretvom 8. März 1978, geändert durchVerordnung vom 11. März 1986, hatden Geltungsbereich der gesetzlichenGebührenordnung sehr einge-schränkt. Demnach sind die Vergütun-gen auf dem Gebiet des Gesell-schaftsrechts, der Geschäftsraummie-ten und des Verkaufs von Handelsge-schäften von der Gebührenordnungausgenommen. Es ist deshalb sehrwichtig, den Klienten darüber zu infor-mieren, welche Gebührenordnung an-wendbar ist. Die Vereinbarung einerfreien Gebühr muss vom Klienten imVoraus schriftlich genehmigt werden.

c) Werbeverbot

Jede Form und Art persönlicherWerbung ist dem Notar untersagt.

Als Schlussbemerkung sei hinzu-gefügt, dass die Überlegungen einerLiberalisierung der Berufsausübung –durch eine Kapitalgesellschaft oder gareine Holding – damit zusammenhän-gen, dass das Notariat in Frankreichdurch den wirtschaftlichen Wert desAmtes mit einer bestimmten Praxis-verbundenheit geprägt wird. Andersals in Deutschland wird das Notariatweitgehend als Unternehmen angese-hen.

Trotz dieser Überlegungen möchteder Berufstand den Amtscharakter ver-stärken und die Einbindung des Nota-riats in die Freiwillige Gerichtsbarkeitin Zukunft besonders hervorhebenund verstärken.

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DNotV GmbH

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Titel Preis pro Stück Stückzahl Gesamtwarenwert

1. Grundstückskauf und Finanzierung € 0,25 €

2. Erbe und Schenkung € 0,25 €

3. Ehe, Partnerschaft und Familie € 0,25 €

4. Gesellschaftsrecht* € 0,25 €

5. Verein* € 0,25 €

6. Schlichtung, Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit* € 0,25 €

* Die Broschüren Nr. 4, 5 und 6 erscheinen ab November 2002.

Ich habe ferner Interesse an einer Broschüre zu folgenden Themen:

Ort, Datum, Unterschrift

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notar info

Mitte des Jahres 2000 hat derSchlichtungs- und SchiedsgerichtshofDeutscher Notare – SGH seine Tätig-keit aufgenommen. Zum Hintergrundseiner Errichtung und zur Ausgestal-tung des Verfahrens unter besondererBerücksichtigung des Schlichtungsge-dankens haben Wolfsteiner, notar1999, 115 ff., und Wegmann, notar1999, 122 ff., ausgeführt.

Die Durchsetzung des SGH hängtnicht zuletzt davon ab, dass Vertrags-parteien mögliche Streitigkeiten derEntscheidung durch den SGH unter-werfen. Bei der Beratung der Beteilig-ten sollte die Möglichkeit einerSchiedsklausel erwogen werden.Dabei sind Schiedsklauseln nicht nurin gesellschaftsrechtlichen Urkundensinnvoll, sondern können auch in an-deren, bisher noch selten der Schieds-gerichtsbarkeit unterworfenen Rechts-gebieten, wie etwa dem Erbrecht, Ein-gang finden.

Die nachfolgenden Klauselvor-schläge sind Anregungen. Sie müssenselbstverständlich dem jeweiligen Ein-zelfall angepasst werden.

Eine Schiedsklausel ist Vorausset-zung für die Entscheidung einer Strei-tigkeit durch ein Schiedsgericht, alsoauch durch den Schlichtungs- undSchiedsgerichtshof Deutscher Notare– SGH. Es handelt sich regelmäßig umeine Vereinbarung zwischen zwei odermehreren Parteien, seltener um eineeinseitige Anordnung. Die Schieds-klausel kann vereinbart werden, wenneine Streitigkeit schon entstanden ist.Vorzugswürdig ist es jedoch, wenn dieKlausel bereits Bestandteil des zu-grunde liegenden Vertragsverhältnis-ses ist.

Im Falle der Verwendung derSchiedsklausel in einer notariellen Ur-kunde empfiehlt der SGH die volle Be-

urkundung sowohl der Schiedsklauselals auch des konkreten, im Zeitpunktder Beurkundung in Kraft befindlichenStatuts des SGH, einschließlich seinerKostenordnung. Dabei können Statutund Kostenordnung in der Form des §13a BeurkG beurkundet werden. ZurArbeitserleichterung und um sicherzu-stellen, dass jeder Schiedsvereinba-rung die jeweils jüngste Fassung desStatuts zugrunde gelegt wird, hat dieDNotV GmbH als Trägerin des SGHeine im Sinne des § 13a BeurkG ver-weisungsfähige notarielle Urkunde er-richten lassen. Diese enthält das Sta-tut und die Kostenordnung jeweils invollem Wortlaut. Sie wird in jedemFalle einer Änderung des Statuts oderder Kostenordnung erneut errichtet.Eine solche Änderung des Statuts oderder Kostenordnung war bisher nichterforderlich. Beglaubigte Abschriftenkönnen im Sekretariat des SGH jeder-zeit angefordert werden.

In der Folge stellen wir Schieds-klauseln für verschiedene Sachverhal-te vor. Wo es geboten ist, sollen kurzeHinweise zur weiteren Auseinander-setzung mit der Materie einladen.

Allgemeine Schiedsklausel

„Alle Streitigkeiten, die zwischenden Vertragsteilen in Bezug aufRechtsverhältnisse entstanden sindoder künftig entstehen, die Grundla-ge, Gegenstand oder Folge desgegenwärtigen Vertrages sind, wer-den unter Ausschluss des Rechtswe-ges zu den staatlichen Gerichten derEntscheidung des Schlichtungs- undSchiedsgerichtshofes Deutscher No-tare – SGH nach Maßgabe des Statutsund der zugehörigen Kostenordnungunterworfen, welche in der Urkundedes Notars … in … vom …, URNr. …,niedergelegt sind. [Weitere Feststel-lungen nach § 13a BeurkG]“

Schiedsklausel im Gesell-schaftsvertrag

„Alle Streitigkeiten, die zwischenGesellschaftern der gegenwärtig er-richteten Gesellschaft oder zwischenGesellschaftern und der Gesellschaftin Bezug auf Rechtsverhältnisse ent-standen sind oder künftig entstehen,die im weitesten Sinne das Gesell-schaftsverhältnis betreffen, werdenunter Ausschluss des Rechtsweges zuden staatlichen Gerichten der Ent-scheidung des Schlichtungs- undSchiedsgerichtshofes Deutscher No-tare – SGH nach Maßgabe des Statutsund der zugehörigen Kostenordnungunterworfen, welche in der Urkundedes Notars … in … vom …, URNr. …,niedergelegt sind. [Weitere Feststel-lungen nach § 13a BeurkG]“

Hinweis:

Im Gesellschaftsrecht existierenmit Blick auf Schiedsverfahren und -klausel eine Reihe von Streitfragen.

Man muss zunächst unterscheidenzwischen den einzelnen Arten vonGesellschaften:

Bei der Personengesellschafthandelt es sich um eine Schiedsver-einbarung nach § 1031 ZPO. Die vor-genannte Schiedsklausel kann ver-wendet werden.

In der Satzung einer Aktienge-sellschaft ist eine Schiedsklauselnach überwiegender Ansicht wegen §23 Abs. 5 AktG unzulässig. Möglich istallenfalls eine individuelle Schiedsver-einbarung zwischen der Gesellschaftund den Gesellschaftern bei einemüberschaubaren Gesellschafterkreis.

Wird im Gesellschaftsvertrag einerGesellschaft mit beschränkter

Schlichtungs- und Schiedsgerichtshof DeutscherNotare – SGH – Anregungen für Schiedsklauseln

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notar info

Haftung (GmbH) eine Schiedsklau-sel niedergelegt, so handelt es sich um eine Schiedsverfügung im Sinnedes § 1066 ZPO. Es ist darauf zu ach-ten, dass ein Gesellschafter weder beider Bildung des Schiedsgerichts nochbei der Durchführung des Schiedsver-fahrens benachteiligt wird. Dazu sollteman

1. ein institutionelles Schiedsgericht(wie den SGH) unter Ausschlussder Möglichkeit der Schiedsrichter-ernennung durch die Parteien ver-einbaren,

2. die Pflicht zur Beiladung konstitu-ieren.

Schließlich ist nicht abschließendgeklärt, ob das Schiedsgericht auchüber Beschlussmängelstreitigkeitenentscheiden kann (BGHZ 132, 278 ff.;Schlosser JZ 1996, 1020 ff., SchmidtZHR 162 (1998), 265 (270)). Mankann wohl festhalten, dass der über-wiegende Teil der Literatur nunmehrvon der Schiedsfähigkeit von Be-schlussmängelstreitigkeiten ausgehtoder die Schiedsfähigkeit zumindestnicht ablehnt. Aus der Entscheidungdes BGH entnimmt diese überwie-gende Meinung lediglich, dass durchdie Gestaltung der Schiedsklausel dieWirkung der §§ 248 Abs. 1 S. 1 und249 Abs. 1 S. 1 AktG erreicht werdenmuss. Am ehesten wird für solcheStreitigkeiten die Vereinbarung einesinstitutionellen Schiedsgerichts wiedes SGH in Frage kommen.

Eine Schiedsklausel im Gesell-schaftsvertrag einer GmbH könntelauten:

„Alle Streitigkeiten, die zwischenGesellschaftern der gegenwärtig er-richteten Gesellschaft oder zwischenGesellschaftern und der Gesellschaftin Bezug auf Rechtsverhältnisse ent-standen sind oder künftig entstehen,die – Anfechtungssachen einge-schlossen – im weitesten Sinne dasGesellschaftsverhältnis betreffen,werden unter Ausschluss des Rechts-weges zu den staatlichen Gerichten

der Entscheidung des Schlichtungs-und Schiedsgerichtshofes DeutscherNotare – SGH nach Maßgabe des Sta-tuts und der zugehörigen Kostenord-nung unterworfen, welche in der Ur-kunde des Notars … in … vom …,URNr. …, niedergelegt sind. [WeitereFeststellungen nach § 13a BeurkG]Die Möglichkeit der Ernennung derSchiedsrichter durch die Parteiennach § 9 des Statuts wird ausge-schlossen. Das Schiedsgericht ent-scheidet mit verbindlicher Wirkung fürdie Gesellschaft, deren Organe undsämtliche Gesellschafter; diese sindam Verfahren im Wege der Beiladungzu beteiligen, sofern sie nicht selbstParteien sind.“

Schiedsklausel in Ver-fügungen von Todes wegen

Testament:

„Alle Streitigkeiten, die die Wirk-samkeit, die Auslegung meines Testa-ments oder die Regelung, Abwicklungoder Auseinandersetzung meinesNachlasses betreffen, werden unterAusschluss des Rechtsweges zu denstaatlichen Gerichten der Entschei-dung des Schlichtungs- und Schieds-gerichtshofes Deutscher Notare –SGH nach Maßgabe des Statuts undder zugehörigen Kostenordnungunterworfen, welche in der Urkundedes Notars … in … vom …, URNr. …,niedergelegt sind. [Weitere Feststel-lungen nach § 13a BeurkG] DasSchiedsgericht entscheidet insbeson-dere über alle Streitigkeiten, die zwi-schen Erben und Vermächtnisneh-mern oder zwischen Erben und mei-nem Testamentsvollstrecker entste-hen. Das Schiedsgericht kann nachseinem pflichtgemäßen Ermessenauch die Auseinandersetzung durch-führen. Es ist also an die gesetzlichenTeilungsregeln nicht gebunden. DasSchiedsgericht entscheidet verbind-lich über den Eintritt einer vom Erb-lasser angeordneten Bedingung undüber die Bewertung des Nachlassesund seiner Bestandteile.“

Hinweis:

Im Erbrecht sind zwei noch nichtentschiedene Fragen zu berücksichti-gen:

§ 2065 BGB (Keine Übertragungdes Bestimmungsrechts auf Dritte)steht der Schiedsbindung nicht grund-sätzlich entgegen. Die Norm bildetaber die Grenze der Kompetenz desSchiedsgerichts. Ihm kann nicht dieoriginäre Bestimmung über Geltung,Zuwendungsberechtigten oder Zu-wendungsgegenstand übertragenwerden. Entscheidungen über dieWirksamkeit und die Auslegung einerVerfügung von Todes wegen sind je-doch – wie bei einem staatlichen Ge-richt – möglich.

Nach herrschender Meinung sindStreitigkeiten mit Pflichtteilsberech-tigten nicht schiedsfähig, weil dieseihre Rechtsstellung nicht aus der Ver-fügung von Todes wegen ableiten,sondern aus dem Gesetz und daherder Erblasser über dessen Rechtsstel-lung nicht einseitig verfügen kann.

Erbvertrag:

Die Schiedsvereinbarung beimErbvertrag lautet entsprechend deroben formulierten Klausel für Testa-mente. Sollen auch Streitigkeiten zwi-schen den Parteien des Erbvertragesetwa über die Ausübung eines Rück-trittsrechts oder über den Eintritt einerBedingung der Schiedsgerichtsbarkeitunterworfen werden, muss ein Zusatzaufgenommen werden, der lautenkönnte:

„Das Schiedsgericht entscheidetauch über die Wirksamkeit oder dasFortgelten des Erbvertrages.“

Schiedsklausel im Ehe-vertrag oder in der Schei-dungsvereinbarung

„Alle vermögensrechtlichen Strei-tigkeiten, die zwischen den Vertrags-teilen in Bezug auf Rechtsverhältnisse

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notar info

entstanden sind oder künftig entste-hen, die Grundlage, Gegenstand oderFolge des gegenwärtigen Vertragessind, werden unter Ausschluss desRechtsweges zu den staatlichen Ge-richten der Entscheidung des Schlich-tungs- und SchiedsgerichtshofesDeutscher Notare – SGH nach Maß-gabe des Statuts und der zugehörigenKostenordnung unterworfen, welchein der Urkunde des Notars … in …vom …, URNr. …, niedergelegt sind.[Weitere Feststellungen nach § 13aBeurkG] Das Schiedsgericht entschei-det auch über alle nichtvermögens-rechtlichen Streitigkeiten im Zu-sammenhang mit der Ehe der Betei-ligten und gegebenenfalls im Zu-sammenhang mit der Beendigungderselben, sofern die Parteien be-rechtigt sind, über den Gegenstandeinen Vergleich zu schließen, mit Aus-nahme der Streitigkeiten, die nachdem Gesetz nicht schiedsfähig sind.“

Hinweis:

Eine Entscheidung durch dasSchiedsgericht ist dann nicht möglich,wenn aufgrund der familienprozessu-alen Regelung des § 632 ZPO zwin-gend ein Entscheidungsverbund mitstatusrechtlichen Angelegenheiten,die der Schiedsbindung entzogensind, besteht. In diesen Fällen musseine einheitliche familiengerichtlicheEntscheidung ergehen.

Schiedsklausel im Grund-stückskaufvertrag

Siehe oben unter „AllgemeineSchiedsklausel“.

Schiedsklausel in derGemeinschaftsordnung derWohnungs- und Teileigen-tümer

„Alle Streitigkeiten, die zwischenden Wohnungs- und Teileigentümernüber die sich aus der Gemeinschaftder Wohnungs- und Teileigentümerund aus der Verwaltung des gemein-schaftlichen Eigentums ergebendenRechte und Pflichten der Wohnungs-und Teileigentümer untereinanderentstanden sind oder künftig entste-hen, werden einschließlich der Strei-tigkeiten über die Gültigkeit von Be-schlüssen der Wohnungs- und Teilei-gentümer unter Ausschluss desRechtsweges zu den staatlichen Ge-richten der Entscheidung des Schlich-tungs- und SchiedsgerichtshofesDeutscher Notare – SGH nach Maß-gabe des Statuts und der zugehörigenKostenordnung unterworfen, welchein der Urkunde des Notars … in …vom …, URNr. …, niedergelegt sind.[Weitere Feststellungen nach § 13aBeurkG]“

Hinweis:

Eine Schiedsvereinbarung zwi-schen den Wohnungs- und Teileigen-tümern oder eine Schiedsverfügungdes teilenden Alleineigentümers bin-det den Verwalter nicht. Um auch denVerwalter zu binden, ist eine ge-sonderte Schiedsvereinbarung mitdiesem erforderlich. Eine solche ge-sonderte Vereinbarung ist zu empfeh-len, um eine Doppelzuständigkeit desstaatlichen Wohnungseigentumsge-richts und des Schiedsgerichts und in

der Folge möglicherweise einanderwidersprechende Entscheidungen zuvermeiden.

Die Schiedsvereinbarung kanngemäß § 10 Abs. 2 WEG als Inhalt desSondereigentums in das Grundbucheingetragen werden.

Vereinbarung einer bloßenSchlichtung nach §§ 18 und19 des SGH-Statuts

Das Statut des SGH sieht nicht nurdas dem streitigen Verfahren obligato-risch vorgeschaltete Schlichtungsver-fahren vor, sondern lässt in den §§ 18und 19 des SGH-Statuts auch eine nurschlichtende oder vermittelnde Tätig-keit des SGH zu. Die Vereinbarung derbloßen Schlichtung nach diesen Vor-schriften könnte lauten:

„Alle Streitigkeiten, die zwischenden Vertragsteilen in Bezug aufRechtsverhältnisse entstanden sindoder künftig entstehen, die Grundla-ge, Gegenstand oder Folge desgegenwärtigen Vertrages sind, wer-den vor der Erhebung eines streitigenVerfahrens der Schlichtung durch denSchlichtungs- und Schiedsgerichtsho-fes Deutscher Notare – SGH – nachMaßgabe der §§ 18 und 19 des SGH-Statuts und der zugehörigen Kosten-ordnung unterworfen, welche in derUrkunde des Notars … in … vom …,URNr. …, niedergelegt sind. [WeitereFeststellungen nach § 13a BeurkG]Die klageweise Geltendmachung vonAnsprüchen ist vor und während derDauer des Schlichtungsverfahrens un-zulässig.“ PS

Notar i.R. Professor Dr. Wagner 80 JahreHerr Notar i. R. Professor Dr. Kurt

Wagner, Ehrenpräsident des österrei-chischen Notariates, langjähriger Prä-sident der österreichischen Notariats-kammer und der Notariatskammer für

Wien, Niederösterreich und Burgen-land, vollendete am 13.09.2002 sein80. Lebensjahr in gewohnter geistigerund physischer Frische. Der Jubilar hatsich nicht nur um das österreichische

Notariat, sondern um das gesamte La-teinische Notariat große Verdienste er-worben. Herzliche Glückwünsche desDeutschen Notarvereins!

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notar justiz

Der Verfassungsstaat zeichnet sichdurch drei Grundsatzanforderungenan den Staat und seine Organe aus:Zunächst begründet die Verfassunghinreichende Staatsgewalt, die alleStaatsorgane befähigt, einen allgemei-nen Frieden zu gewährleisten, die ver-fassungsrechtlichen Garantien durch-zusetzen und die Interessengegensät-ze innerhalb der Rechtsgemeinschaftrechtlich und sozial auszugleichen.

Sodann garantiert die Verfassungunveräußerliche und unverletzlicheMenschenrechte. Sie geben derRechtsgemeinschaft ein Fundamentvon Werten, aus denen Rechte undPflichten abgeleitet werden. Nachderen Vorgaben wird die Rechtsord-nung immer wieder – mit den Erneu-erungsinstrumenten der staatlichenGesetzgebung und der individuellenFreiheit – zukunftsgerecht fortgebildet.

Schließlich unterwirft sich der Ver-fassungsstaat einer Zuständigkeits-,Verfahrens- und Formenordnung, dieHandlungsverantwortungen sichtbarund kontrollierbar macht, staatlichesHandeln der stetigen Beobachtungund Kritik durch Betroffene und Wäh-ler erschließt, demokratische Legiti-mation und Entwicklung ermöglicht,Entscheidungsabläufe in Sachkompe-tenz, Vorabkontrolle, Interessenaus-gleich und Gewaltenmäßigung mög-lichst auf den Weg der sachlichenRichtigkeit verweist.

Demokratie und Rechtsstaat ge-winnen also in Stil, Form und Verfah-ren staatlichen Handelns Entschei-dungssicherheit, gestärkte Verantwort-

lichkeit, wirksame Kontrolle, demokra-tische Legitimation und Erneuerungs-kraft. Drohen Stil, Form und Verfahrenzu verkümmern, ist der Verfassungs-staat in seiner Substanz bedroht.

Der entmündigte Bürger

Im März dieses Jahres hat der Ge-setzgeber das Seemannsgesetz geän-dert, dabei aber auch das BürgerlicheGesetzbuch in einem wichtigen Teildes Dienstvertragsrechts ergänzt. Das„Gesetz zur Änderung des Seemanns-gesetzes und anderer Gesetze“ ent-hält, ohne dass der Gesetzesadressatdieses in der Benennung des Geset-zes vermuten könnte, Änderungen derallgemeinen zivilrechtlichen Regelndes Betriebsübergangs, die den Ar-beitgeber vor der Ausgliederung einesBetriebsteils verpflichten, die betroffe-nen Arbeitnehmer aufzuklären, unddiesen ein Widerspruchsrecht gibt.Diese wichtige Erschwerung der Aus-gliederung wird verfahrensrechtlichmit dem Seemannsrecht verbunden.Das Gesetz ist nicht von der Bundes-ministerin für Justiz gegengezeichnet,die jüngst eine wesentliche Reformdes Bürgerlichen Gesetzbuches initi-iert hatte, sondern von dem Bundes-minister für Verkehr und dem Bundes-minister für Arbeit und Sozialordnung.Die systemwidrige Verknüpfung einerÄnderung des Bürgerlichen Gesetzbu-ches mit anderen Gesetzen hat auchzur Folge, dass das gesamte Artikelge-setz der Zustimmung des Bundesratesbedurfte, obwohl die Änderung ein-zelner Teile ohne eine solche Zustim-mung hätte zustande kommen kön-nen.

Diese Gesetzgebungstechnik derzufälligen Bündelung oder auch desVersteckens ist inzwischen zu einerhäufigen Praxis geworden. Das Steu-errecht ist in mehr als 100 Bundesge-setzen geregelt und wird vielfach

außerhalb von Steuergesetzen geän-dert. Das Einkommensteuergesetz istin einem Jahr im Zusammenhang mitÄnderungen des Sozialgesetzbuches,der Rentenfinanzierung, der Finanz-marktförderung, des Stückaktiengeset-zes, der Seeschifffahrt, des Insolvenz-rechts, der Regelung geringfügiger Be-schäftigungsverhältnisse, der Famili-enförderung, des Seuchenrechts, desAnti-D-Hilfegesetzes, des Versiche-rungsaufsichtsgesetzes, des Altersver-mögensgesetzes, des Gesetzes zurEindämmung illegaler Beschäftigungim Baugewerbe und des Wohnungs-baurechts geändert worden. Hier fehltjeder Sachzusammenhang, die Res-sortverantwortlichkeit wird unterlau-fen, das vom Sachgegenstand abhän-gige Verfahren durchbrochen, die Auf-findbarkeit und Verständlichkeit derNeuregelung verschleiert. Der Bürgerversteht den Gesetzgeber nicht mehr,der Gesetzgeber behandelt ihn nichtals verständigen, nicht als „mündigen“Bürger.

Die neuesten Änderungen desSteuerrechts sind in einer Rechtsquel-le versteckt, um die sich der Bürger of-fensichtlich nicht zu kümmernbraucht: im Steuerbeamtenausbil-dungsgesetz. Diese Gedankenlosigkeitmag aber in der Einsicht einen Sinngewinnen, dass diese Gesetze auchfür den Finanzbeamten erst nach einerZusatzausbildung verständlich wer-den. Aus dem allgemeinen Gesetzwird ein Gesetz unter Spezialisten undSchulungsvorbehalt.

Blicken wir auf die Entwicklung desSeemannsgesetzes zurück, so entde-cken wir, dass dieses Gesetz zuvordurch eine Verordnung geändert wor-den war. Auch hier stutzt der Leser.Wie kann die Bundesregierung, die imRahmen einer gesetzlichen Ermächti-

Gesetzgebung braucht Form und StilProfessor Dr. Paul Kirchhof, Bundesverfassungsrichter a. D., Professor für Steuerrecht an der Universität Heidelberg.

Nachdruck aus: F.A.Z., Die Gegen-wart, Mittwoch den 4. September2002, S. 8, Nr. 205. Der Nachdruckerfolgt mit freundlicher Genehmi-gung der F.A.Z. und des Autors.

Fortsetzung auf Seite 70

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notar intern

Der Deutsche Notarverein lädt ein zur dritten Tagung Berufspolitik:

Das Notariat in Europaam 24. und 25. Januar 2003 in Brüssel, Dorint Hotel.

Tagungsprogramm:

Freitag, den 24. Januar 2003

10:00 Uhr EröffnungNotar Dr. Stefan Zimmermann, Präsident des Deutschen Notarvereins

10:30 Uhr Berufsrechtliche Entwicklungen im EG-RechtLeitung: Notar Dr. Wolfgang Baumann, WuppertalReferenten: N.N., Europäische Kommission

Notar Kurt Lechner, Mitglied des Europäischen Parlaments

11:30 Uhr Kaffeepause

12:00 Uhr Berufsrechtliche Entwicklungen im EG-Recht (Fortsetzung)

13:30 Uhr Mittagessen

15:00 Uhr Perspektiven eines Europäischen VertragsrechtsLeitung: Notar Dr. Hans Wolfsteiner,

Vizepräsident des Deutschen Notarvereins, MünchenReferenten: Dirk Staudenmayer, Assistent des Generaldirektors,

GD Gesundheit und Verbraucherschutz, EuropäischeKommissionKLaus-Heiner Lehne, Mitglied des Europäischen Parlaments(angefragt)

17:30 Uhr Zwischenbilanz

Samstag, den 25. Januar 2003

10:00 Uhr Freiwillige Gerichtsbarkeit in Europa– Ökonomische Analysen und PerspektivenLeitung: Notar Dr. Manfred Wenckstern, HamburgReferenten: Prof. Dr. Claus Ott, Hamburg

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Riering LL.M., Leiter des Referats Ausländisches und InternationalesPrivatrecht beim Deutschen Notarinstitut, Würzburg

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11:00 Uhr Kaffeepause

11:30 Freiwillige Gerichtsbarkeit in Europa – Ökonomische Analysen und Perspektiven (Fortsetzung)

12:30 Uhr Vorstellung der Thesen und Resümee

13:30 Uhr Ende der Veranstaltung

14:00 Uhr Gelegenheit zum Mittagessen im Hotel

Tagungsort: Dorint Hotel BrüsselBoulevard Charlemagne 11–19B-1000 BrüsselTel.: (0032) 2 231 09 09; Fax: (0032) 2 230 33 71

24. Januar 2003, 10:00 – 18:00 Uhr25. Januar 2003, 10:00 – 13:30 Uhr

Begleitprogramm: Am Freitagabend laden der Deutsche Notarverein und die DNotV GmbH zu einemEmpfang aus Anlass der Eröffnung ihrer Brüsseler Repräsentanz ein. In diesem Rahmen wird eine Festansprache zum Thema „200 Jahre Ventôse-Gesetzgebung und das europäische Privatrecht“ gehalten werden. Einladungen ergehen an die Tagungsteilnehmer gesondert.

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Eine verbindliche Anmeldung richten Sie bitte bis zum 01. Dezem-ber 2002 an den Deutschen Notarverein, Kronenstr. 73/74, Tel. 030/204 54 284, Fax. 030/204 54 290, e-Mail: [email protected]. Die Teilnahmegebühr beträgt für Notarasses-soren € 60 , für alle übrigen Teilnehmer € 120. Nach Eingang Ihrer Anmeldung erhalten Sie eineAnmeldebestätigung und eine Rechnung.

Im Tagungshotel (reserviert bis 31. Dezember 2002) stehen begrenzte Zimmerkontingente für dieTeilnehmer zur Verfügung (EZ: € 99,00, DZ: € 122,00, alle Preise sind inkl. Frühstück u. MwSt.).Übernachtungskosten und Mittagessen am Samstag sind im Seminarpreis nicht enthalten. DieTeilnehmer werden gebeten, die Reservierung unter dem Stichwort „Deutscher Notarverein“ un-mittelbar bei dem vorstehenden Hotel selbst vorzunehmen. Bitte beachten Sie die Reservie-rungsfrist des Hotels.

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notar justiz

gung niederrangiges Verordnungs-recht regeln darf, durch Verordnungdas höherrangige Gesetzesrecht än-dern? Schlägt der gesetzestreue Bür-ger in der Verordnung nach, beobach-tet er zwar erleichtert, dass dort nurdie Benennung eines Ministeriumsverändert worden ist, verharrt aber ineinem Unbehagen, weil nunmehrnicht nur das Gesetzgebungsverfah-ren, die Gesetzgebungsverantwortlich-keit und das Gesetzgebungssystemdurcheinander geraten sind, sondernder Wirrwarr auch auf die Rechtsquel-lenlehre – die strikte Unterscheidungvon Gesetz und Rechtsverordnung inihren Wirkungen – übergreift.

Dieses Unbehagen steigert sichzur Ratlosigkeit, wenn unser Bürger inseinem rechtsstaatlichen Verfassungs-vertrauen erfährt, dass das Einkom-mensteuergesetz die Exekutive seitJahren zum Erlass einer Rechtsverord-nung ermächtigt, diese Rechtsverord-nung dann aber sogleich vom Gesetz-geber miterlassen wird. Gilt diese Ver-ordnung nach ihrer Benennung alsVerordnung oder wegen ihrer Entste-hung als Gesetz? Darf sie der Verord-nunggeber oder der Gesetzgeber än-dern? Darf bei Verfassungswidrigkeitdieser Regelung die Fachgerichtsbar-keit die Norm – als Verordnung – ver-werfen oder nur – als Gesetz – dasBundesverfassungsgericht? Soll derExeget die Verordnung strikt mit Blickauf das höherrangige Gesetz deutenoder als Teil dieses Gesetzes im Kon-text gleichrangiger Normen systema-tisch auslegen?

Die Neugierde unseres Rechtsge-nossen für die Aufgabenteilung zwi-schen Regierung und Gesetzgebungist geweckt. Wenn er nunmehr auf denBefund trifft, dass die Bundesregie-rung mit dem Verband ForschenderArzneimittelhersteller eine Vereinba-rung geschlossen hat, in der sich derVerband bereit erklärt, der gesetz-lichen Krankenversicherung 400 Milli-onen Mark zur Konsolidierung ihrer Fi-nanzen zur Verfügung zu stellen, dieBundesregierung ihrerseits erklärt, für

zwei Jahre auf gesetzliche Preisregu-lierungen für bestimmte verschrei-bungspflichtige Arzneimittel verzich-ten zu wollen, so fragt sich der nach-denkliche Bürger, ob die Bundesregie-rung oder das Parlament gesetzlicheRegulierungen trifft, ob die finanzielleBelastung von Grundrechtsberechtig-ten zur Finanzierung öffentlicher Auf-gaben dem Abgabengesetzgeber oderder Regierung zusteht, ob diese Zah-lungspflichten in einem geschlosse-nen System von Abgaben verfas-sungsrechtlich gebunden sind und obein zahlungskräftiger Verband dankseiner Zahlungsfähigkeit besonderenEinfluss auf die Gesetzgebung gewin-nen darf – und das in eigener Sache.

Liest der Bürger in dem klaren undschlichten Text unseres Grundgeset-zes, so wird er dort erkennen, dasseine entgeltliche Vereinbarung überzukünftige Gesetzgebung verfas-sungsrechtlich nicht vorgesehen undauch eine Verständigung mit einemnicht zur Gesetzgebung befugtenStaatsorgan ausgeschlossen ist. Dieparlamentarische Demokratie behältdem Parlament – dem Repräsentan-ten der Abgabenzahler – die Entschei-dung über Art und Intensität der Ab-gabenlast vor. Zudem weist die Ver-fassung eine Verständigung über Zah-lungspflichten zur Abwehr von Geset-zesvorhaben entschieden zurück:Über die Gesetzgebung verfügen nurdie von der Verfassung ermächtigtenOrgane in dem für die Gesetzgebungvorgesehenen öffentlichen Verfahren.Der Bürger nimmt auf die Gesetzge-bung nur mittelbar durch Wahlen,auch durch Meinungsäußerungen undPetitionen, nicht aber durch Einsatzseiner Finanzkraft Einfluss. Das demo-kratische Ideal der Gleichheit aller Bür-ger mündet in einem gleichen Wahl-recht und wäre verfehlt, wolltenStaatsorgane Gesetzesinhalte vonZahlungen der Gesetzesbetroffenenabhängig machen.

Unser auf die Verfassung hoffen-der Demokrat wird weiter beunruhigtdurch Stimmen der Verfassungspolitik,die derart „informale“ Regelungendurch Verständigung über staatliches

Verhalten als „elegantere“, gelegent-lich auch als „marktwirtschaftliche“Handlungsformen rühmen. Hinweiseauf Absprachen zwischen Staat undGesetzesbetroffenen über zukünftigeGesetzgebung häufen sich. Es werdensogar öffentlich bekundete Forderun-gen nach Einhaltung von „Zusagen“oder „Absprachen“ mit der Bundesre-gierung über das Handeln des Ge-setzgebers laut. Diese Entwicklung ge-fährdet den Verfassungsstaat in seinenStrukturelementen einer parlamentari-schen Demokratie, eines gewaltentei-lenden Rechtsstaates und einer demAllgemeinwohl verpflichteten Repu-blik.

Das Entscheidungsverfahren be-stimmt weitgehend über das Ent-scheidungsziel und letztlich über denInhalt der Entscheidung. Im Wirt-schaftsleben sichert die vertraglicheVerständigung, dass Anbieter undNachfrager einvernehmlich einen Leis-tungstausch regeln. Der Vertrag ist dasInstrument des Erwerbsstrebens undder ökonomischen Bedarfsbefriedi-gung. Ganz anders ist das staatlicheEntscheidungsverfahren verfasst, dasnicht auf größtmöglichen finanziellenGewinn angelegt, sondern auf diesachgerechte Erfüllung der staatlichenAufgaben ausgerichtet wird. Würde einBeamter einen Führerschein oder eineBaugenehmigung gegen Höchstgebotverkaufen, wäre dieses ein grober Ver-stoß gegen die Prinzipien von Rechts-staat und Republik. Würde der Ge-setzgeber Berechtigungen nach Zah-lungsbereitschaft und Zahlungsfähig-keit zuteilen, wären die Errungen-schaften der parlamentarischen De-mokratie, von Rechtsstaat und Sozial-staat verlorengegangen.

Deshalb wird der Verfassungsstaatsorgfältig zu würdigen haben, dass dasTelekommunikationsgesetz die Verga-be von UMTS-Lizenzen in einem Ver-steigerungsverfahren vorsieht und derBundeshaushalt in dieser Versteige-rung 100 Milliarden Mark erlöst hat.Wenn das Gesetz behauptet, mit demVersteigerungsverfahren solle festge-stellt werden, welche Bieter am be-sten geeignet seien, die ersteigerten

Fortsetzung von Seite 67

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notar justiz

Funkfrequenzen effizient für Telekom-munikationsdienstleistungen zu nut-zen, so stellt sich die Frage, ob das fi-nanzielle Höchstgebot hinreichendAusdruck kommunikationstechnischerEignung und Befähigung ist. EinHöchstgebot beweist allenfalls Finanz-kraft.

Form, Verfahren und klare Verant-wortlichkeiten bilden die beste Ge-währ für sachgerechte Entscheidun-gen auch innerhalb der obersten Bun-desorgane. Fehlende Stil- und Verfah-renssicherheit gefährden das Vertrau-en in die Staatsorgane. Das lehrt dieAbstimmung über das (zustimmungs-bedürftige) Zuwanderungsgesetz imBundesrat. Dort ist es seit der Verfas-sung von 1871 gute Tradition, dass dieStimmen eines Landes nur einheitlichdurch die anwesenden Mitglieder ab-gegeben werden können, weil in die-sem Bundesstaatsorgan der Wille des

jeweiligen Landes ausgedrückt wer-den soll, die individuelle Mitglied-schaft deshalb kein freies Mandat ver-mittelt. Soweit in der ebenfalls histo-risch gewachsenen Verfassungspraxisein Stimmführer allein für sein Landdie Hand hebt und damit alle Stimmendes betreffenden Bundeslandes ab-gibt, ist diese Abstimmung durchStimmführer nur zulässig, wenn derStimmführer in der Abstimmung einbereits vorher festgelegtes Votum er-klärt, seine Erklärung also vom Willenaller stimmberechtigten Mitglieder ge-tragen wird. Dabei hat jedes Bundes-ratsmitglied als Mitglied dieses Bun-desorgans dieselbe Rechtsstellung.Unterschiedliche Aufgaben und Be-fugnisse im Lande – etwa die Richtli-nienkompetenz und Außenvertretungdes Ministerpräsidenten oder die je-weils einschlägige Fachkompetenzdes Fachministers – sind insoweit un-erheblich.

Auch hier müssen verfassungs-rechtliches Verfahren und verfas-sungspolitischer Stil so zusammenwir-ken, dass im Entscheidungsorgan klareErgebnisse auf verlässlicher Verfah-rensgrundlage erzielt werden. Der Vor-sitzende eines Entscheidungsorganswird dieser seiner Verantwortlichkeitnicht gerecht, wenn er ein Gesetzge-bungsverfahren nicht in einem er-probten und bewährten Verfahren zueinem klaren Abschluss führt, sonderndie Gesetzesbetroffenen über Geltungund Verbindlichkeit des Gesetzes imUnklaren lässt und damit auch ande-ren Staatsorganen – dem Bundesprä-sidenten und möglicherweise auchdem Bundesverfassungsgericht – Ver-antwortlichkeiten zuschiebt, die inner-halb des entscheidungsbefugten Or-gans hätten wahrgenommen werdenmüssen.

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„„„„Cuvée Notar N.N.“Cuvée Notar N.N.“Cuvée Notar N.N.“Cuvée Notar N.N.“ 13,-- 13,-- 13,-- 13,--€

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notar justiz

Jedes Staatsorgan hat in seinemVerantwortungsbereich Form und Stilzu pflegen, dem Verfassungsstaatdamit insgesamt ein formgebundenesund stilvolles Gepräge zu geben, imübrigen aber auch andere Staatsorga-ne zu entlasten. Der Akteur steht fürdie Verfassungsmäßigkeit seines Han-delns, der Kontrolleur prüft die Verfas-sungsfestigkeit. Jeder bewährt sich inseiner Aufgabe und Handlungsform.Das ist Bedingung der Gewaltentei-lung unter Bundesorganen und im fö-deralen Verhältnis von Bund und Län-dern.

Werden zwischen Bundestag undBundesrat gegenläufige Auffassungenbekundet, so führt das Verfahren ineinen Vermittlungsausschuss, der zwi-schen den bisher im Bundestag disku-tierten und vertretenen Auffassungenund denen des Bundesrates zu ver-mitteln hat. Der Ausschuss, der ineinem abgekürzten und nichtöffent-lichen Verfahren des kleinen Kreisesentscheidet, ist in dieser Vermittlungs-funktion – dem Ausgleich unter denim Bundestag und Bundesrat förmlicherörterten Alternativen – gebunden.Deshalb steht es ihm nicht zu, bishernicht erwogene Regelungen vorzu-schlagen oder das bisher debattierteGesetzgebungskonzept durch ein an-deres zu ersetzen. Vermitteln heißt,unter vorgegebenen Alternativen aus-zugleichen, nicht das politische Ent-scheidungsspektrum über die bisheri-ge Debatte hinaus zu erweitern. DasBundesverfassungsgericht hatte in sei-

ner Entscheidung zur einkommen-steuerlichen Berücksichtigung desAufwandes für ein häusliches Arbeits-zimmer Anlass, diesen Verfahrensab-lauf in seinen Maßstäben und Formenklarzustellen.

Wie ein Vagabund

Eine Kompetenzverschiebungdroht gegenwärtig nicht nur innerhalbdes parlamentarischen Verfahrens,sondern auch durch Mitentscheidaußerparlamentarischer Gruppierun-gen. Die Wirklichkeit unseres Parteien-und Verbändewesens verdrängt dieEntscheidung oft aus dem Parlamentin Parteizirkel, in Arbeitskreise, die nurfür bestimmte Kreise arbeiten, in„Bündnisse“ oder an „runde Tische“,die in der Verfassung keine Legitima-tion haben, oft aber politisch wirk-mächtig gestalten. Auch hier werdeneine Nachlässigkeit gegenüber demStil und eine Gleichgültigkeit in derForm staatlichen Handelns sichtbar,die wesentliche Errungenschaften desmodernen Verfassungsstaates preis-geben und damit Bedingungen vonRecht, Freiheit und Demokratie zerstö-ren.

Schließlich ist das Ergebnis der Ge-setzgebung, der Gesetzestext, in kla-rer, verständlicher Aussage zu fassen,die bei allen Adressaten die gleicheVorstellung vom Regelungsinhalt her-vorbringt. Ist ein Rechtssatz unklar for-muliert, fehlt auch dem Rechtsgedan-ken die Klarheit. Geltung und Vollzieh-

barkeit des Gesetzes sind gefährdet.Das Einkommensteuergesetz über-bringt die Mindestbesteuerung ineiner sprachlichen Form, derenRechtsgedanke sich auch dem Exper-ten anhand des Textes nicht erschließt.Der Leser erkennt zwar, dass im Ge-setz Wörter durch einen korrektenSatzbau zusammengefügt sind; derdarüber hinausgreifende Erkenntnis-wert tendiert jedoch gegen Null. DieSteuerpraxis hilft sich deshalb mit Be-rechnungsbeispielen und Computer-programmen, vermag aber denRechtsgedanken nicht in Sprache, alsonicht in rationaler Nachvollziehbarkeitund Kontrollierbarkeit auszudrücken.Die Besteuerung steht jedoch nichtunter Computervorbehalt, sondernunter Gesetzesvorbehalt, das meintauch den Vorbehalt sprachlicher Ver-mittlung. Die Mindestbesteuerung istdeshalb nicht verfassungsgemäß imBundesgesetzblatt veröffentlicht, kanninsoweit diesen Geltungsgrund nichtbeanspruchen.

Die Gesetzgebung ist vom Beginnder Gesetzesinitiative bis zur Vollen-dung im Gesetzestext in Form und Stilgebunden. Die Gesetzesform wahrtdie Verfassungsbindung, der Geset-zesstil bekundet Verfassungsverständ-nis. Eine form- und stillose Gesetzge-bung wirkt wie ein Vagabund, der dieKultur respektvoller Begegnung undgepflegter Sprache nicht beherrscht.Er wird Autorität nicht gewinnen undBeachtung nicht beanspruchen dür-fen.

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Auf Initiative der Regionalverwal-tung des Justizministeriums der Russi-schen Förderation für den Nord-West-lichen Verwaltungskreis, fand vom 7.bis 17. Juli 2002 eine Fachinforma-tionsfahrt leitender russischer Beam-ter aus dem Bereich der staatlichenRegistrierung von Rechten an Immo-bilien nach Deutschland statt. Ziel derReise war es, das deutsche Grund-buchwesen in seinen Bezügen zu denübrigen Institutionen, die den Grund-stücksverkehr in Deutschland gewähr-leisten, kennen zu lernen.

Der erste Besuch führte die Grup-pe zur Geschäftsstelle des DeutschenNotarvereins in Berlin, wo Geschäfts-führer Detlef Heins einen Überblicküber das deutsche materielle Immobi-lienrecht und Grundbuchrecht gabund die Rolle des Notars bei der Ge-währleistung eines sicheren Grund-stücksverkehrs darstellte.

Ein Gespräch mit RiLG Schröer, diean einer Beschwerdekammer desLandgerichts Berlin für Grundbuchfra-gen zuständig ist, vertiefte das Gehör-

te aus einer anderen Perspektive. Esschlossen sich Besuche des Sächsi-schen Staatsministeriums der Justizund des Grundbuchamts Werdau an,wo Fragen der Organisation desGrundbuchwesens und die praktischeArbeit des Grundbuchbeamten darge-stellt wurden. Im Deutschen Notarin-stitut in Würzburg wurde die Gruppedurch den Geschäftsführer des Insti-tuts, Hertel, empfangen, der die Tätig-keit des Instituts ausführlich darstellte.Schließlich besuchte die Gruppe nochdas Bayerische Staatsministerium derJustiz und die Direktion für LändlicheEntwicklung Krumbach.

Begleitet wurde die Reise vonPetra Margraf und Burkhard Breig vonder Firma Ekosem GmbH, einer Bera-tungsfirma, die seit 1993 im Bereichder Rechtsberatung in Russland tätigist, unter anderem wurde bis 1997 imAuftrag des Bundesministeriums fürErnährung, Landwirtschaft und Forstenein Projekt zum Aufbau eines Grund-buch- und Katasterwesens im GebietTula/Russland durchgeführt.

Fachinformationsfahrt russischer Grundbuchbeamterin DeutschlandBurkhard Breig, Ekosem – Beratungsgesellschaft für Ökologie und Landbau in Osteuropa mbH,Waldshut-Tiengen

Arbeitstreffen mit dem Deutschen Notarverein in Berlin

Besuch des sächsischen Staatsministeriums der Justiz

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Mit einem Staatsgebiet von2.717.300 km2 ist Kazakhstan der flä-chenmäßig neuntgrößte Staat derErde, in dem aber nur 14,9 MillionenMenschen leben. Die Besiedlung kon-zentriert sich vor allem auf Städte: Al-maty mit 1,3 Millionen Einwohnern,die Hauptstadt Astana (Hauptstadt seit10.12.1997, früherer Name Akmola)mit 0,8 Millionen und Karaganda mit0,6 Millionen Einwohnern. Rund 700private und 150 staatliche Notare,unter ihnen vor allem Frauen, versor-gen die Bevölkerung mit notariellenLeistungen.

Große Entfernungen und unter-schiedliche Lebensweise und Lebens-standard stellen auch das Notariat vorbesondere Herausforderungen. DieNotarkammer der Stadt Almaty bei-spielsweise betreut 200 Notare, dieauf engem Raum im Stadtgebiet ihrenAmtssitz haben, die Notarkammer desGebietes Almaty hingegen ist für 45Notare verantwortlich, die aber bis zu600 km von der am Stadtrand von Al-maty gelegenen Kammergeschäfts-

stelle entfernt tätig sind. Für die 1200km von Astana nach Almaty rechne1man mit dem Zug zwanzig StundenFahrzeit; den eineinhalbstündigenFlug kann sich nicht jeder leisten. Wel-chen Aufwand allein an Zeit und Kos-ten diese Entfernungen verursachen!

Das Notarrecht der Republik Kazakhstan

Zentrale Rechtsquelle des notariel-len Berufs- und Beurkundungsrechtsist das Gesetz über das Notariat(Zakon o notariate, nachfolgend„NotG“) vom 14. Juli 1997. Dieses Ge-setz hat das seit 1922 bestehendestaatliche Notariatswesen sowje-tischer Prägung maßgeblich umgestal-tet. Seitdem ist die Ernennung („Li-zenzierung“) in eigener Praxis tätigerNotare möglich. Es wurden Notarkam-mern auf regionaler und republikani-scher Ebene errichtet.

Vorbild für diesen Schritt der Nota-riatsreform war das Gesetz über das

Notariat der Russischen Föderationvom 11. Februar 1993. Struktur undInhalt wurden, abgesehen von kleinenAnpassungen an örtliche Besonder-heiten, übernommen. Dafür lassensich zwei wesentliche Gründe anfüh-ren, nämlich Sprache und Anlehnungim materiellen Recht. Für die meistenJuristen ist das Russische die Fach-sprache, in deren Terminologie sieausgebildet werden. Erst allmählichwerden Gesetze und andere offizielleDokumente in kazakhischer Spracheabgefasst. Schon bis 2010 soll derÜbergang zur Staatssprache Kaza-khisch abgeschlossen sein; ein sehrehrgeiziges Unterfangen. Der andereGrund ist die Ähnlichkeit sonstigenRechts. Auch das Zivilgesetzbuch derRepublik Kazakhstan orientiert sich ander Rechtslage in der Russischen Fö-deration. Mangels kazakhischer Kom-mentare greifen viele Juristen auf dieErläuterungen zu ähnlichen russischenGesetzen zurück. Es liegt nahe, dasNotarrecht, das zumindest im Beur-kundungsverfahren eine Verfahrens-ordnung zum Zivilrecht darstellt, imGleichlauf zu rezipieren.

Bei dem Wort „Rezeption“ darfman noch nicht an eine Systematisie-rung und wissenschaftliche Durchdrin-gung fremden Rechts zur Übernahmein die eigene Rechtsordnung denken.Dieser Diskurs, besonders der Aus-tausch mit anderen Staaten im Bereichdes lateinischen Notariats, wurde erstangestoßen. Wenn Mitarbeiter desJustizministeriums hervorheben, dasNotariatsgesetz sei ohne Beteiligungausländischer Experten zustande ge-kommen, schwingt in dieser Aussageeine Entschuldigung mit, dass viel-leicht nicht alles so sei, wie es seinkönnte oder sollte; ebenso klingt dieErwartung an, externes Wissen könneeine fertige Lösung bringen. Jedochkann der richtige Weg nur eine engeZusammenarbeit sein, in der ausländi-sches Wissen eingebracht und Hilfe-

TACIS-Projekt „Unterstützung bei der Rechtsreform in Kazakhstan“ Die Notariatsreform

2001 hatte die EU-Kommission die Projektleitung für das TACIS-Projekt No-tariatsreform in Kazakhstan an ein internationales Konsortium unter Beteili-gung der Berliner ABU-Consult GmbH vergeben. Der Deutsche Notarvereinhatte bereits frühzeitig seine Bereitschaft bekundet, die Republikanische No-tarkammer und das Ministerium der Justiz der Republik Kazakhstan als Pro-jektbegünstigte zu unterstützen. Bis zum 14. September 2002 war Ge-schäftsführer Detlef Heins für vier Wochen in Kazakhstan, um mit zwei kaza-khischen Expertinnen die Strukturen und Arbeitsweisen der Kammern undder Justizverwaltung zu untersuchen und Vorschläge für eine angemesseneAusstattung und deren künftige Zusammenarbeit zu machen. Die wirtschaft-liche Abwicklung mit der TACIS-Projektleitung wird in bewährter Weise überdie DNotV GmbH erfolgen.

Der nachstehende Bericht gibt einen Überblick über das Notariatssystem unddie Schwierigkeiten, die bei der Modernisierung dieses Bestandteils eines mo-dernen Rechtssystems noch zu bewältigen sind.

Dieser Bericht bezieht Materialien des TACIS-Projekts ein.

Kazakhstan – ein weites Land

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stellung bei der Umsetzung weitererReformschritte gewährt wird. In die Zu-sammenarbeit muss aber auch der ka-zakhische Berufsstand sein Wissen umdie örtlichen Verhältnisse, seineKenntnisse über Mentalität und Vorbil-dung einbringen. Über den Anstoß,den das Projekt TACIS im Gedanken-austausch und in der materiellenGrundausstattung gibt, wird die Arbeitweit hinausreichen.

Die Rechtsstellung desNotariats und des Notars

„Das Notariat in der Republik Ka-zakhstan ist ein gesetzlich verankertesSchutzsystem für die Rechte undgesetzlichen Interessen natürlicherund juristischer Personen …“ (Art. 1Punkt 1 NotG). Art. 1 Punkt 2 NotGbenennt den Personenkreis, der zurVornahme notarieller Handlungen be-fugt ist:

� Notare, die in staatlichen Notaria-ten arbeiten (staatliche Notare)und Notare in eigener Praxis (pri-vate Notare)

� besonders ermächtigte Amtsträgerder lokalen Verwaltungen

� Personen mit konsularischen Be-fugnissen der Republik Kazakhstan

� andere besonders bevollmächtigtePersonen.

Art. 3 NotG garantiert die Unab-hängigkeit des Notars und ihm gleich-gestellter Personen: Diese sind bei no-tariellen Handlungen nur dem Gesetzunterworfen. Natürlichen und juristi-schen Personen wird das notarielleGeheimnis garantiert.

Der Geschäftsgang, das Beurkun-dungsverfahren eingeschlossen, wirddurch gesetzliche Regelungen, insbe-sondere die Art. 34 ff. NotG, festgelegt.Nach Art. 4 NotG werden diese durch

die Instruktionen zum Geschäftsgangkonkretisiert. Diese Instruktionen sindArbeitsanleitung und „Dienstordnung“zugleich, ihre Einhaltung wird von denterritorialen Organen des Justizminis-teriums und der regionalen Notarkam-mer gemeinsam überwacht; vor allemin regelmäßigen und außerordent-lichen Dienstprüfungen.

Art. 5 verweist auf die Gesetzge-bung der Republik Kazakhstan überdie Sprachen. Auf die verstärkteDurchsetzung des Kazakhischengegenüber der russischen Sprachehaben einige Kammern schon mit derHerausgabe zweisprachiger Formular-bücher oder der Einstellung vonSprachlehrern reagiert.

Das zweite Kapitel des Gesetzesüber das Notariat widmet sich derRechtsstellung des Notars.

Art. 6 Punkt 1 NotG legt fest: Notarkann nur ein kazakhischer Staatsange-

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höriger sein, der ein fünfjähriges juris-tisches Hochschulstudium abge-schlossen hat; Notare in eigener Pra-xis müssen zudem zwei Jahre juristi-scher Berufserfahrung und ein sechs-monatiges Praktikum bei einem staat-lichen oder privaten Notar vorweisenkönnen, eine Prüfung bestanden undeine staatliche Lizenz erhalten haben.

In Bezug auf ihre Rechte undPflichten bei notariellen Handlungenund die juristische Wirkung ihrer Hand-lungen sind staatliche und private No-tare gleichgestellt. Für die Lizenzver-gabe und -entziehung sind die Art. 8-12 NotG sowie das Gesetz über die Li-zenzierung einschlägig. Bemerkens-wert ist, dass nach Art. 7 NotG auchNotargehilfen und Praktikanten die ka-zakhische Staatsangehörigkeit habenmüssen, obwohl derzeit eine Möglich-keit, den Notar zu vertreten, nicht vor-gesehen ist.

Einzelvorschriften befassen sichmit der Stellung des staatlichen No-tars, weitere mit den beruflichen und„unternehmerischen“ Rechten undPflichten des privaten Notars, wie demzur Versicherung des Haftungsrisikosoder dem zur Beschäftigung und Ent-lassung von Mitarbeitern. Außer demNotarberuf darf der Notar keine unter-nehmerische Tätigkeit ausüben; ge-stattet sind ihm Lehr- und wissen-schaftliche oder künstlerische Tätigkei-ten.

Jeder Notar hat ein Siegel undStempel mit Familienname, Vornameund Vatersname; bei staatlichen Nota-ren ist die Bezeichnung des Notariatsangegeben, bei privaten Notaren Li-zenzierungsnummer und -datum. Dieprivaten Notare stört vor allem, dasssie nicht das Staatswappen führendürfen. Die zum Teil geringere Akzep-tanz ihrer Urkunden führen sie auf die-sen Umstand zurück. In der Bevölke-rung wird in der Tat oft Wert auf dasstaatliche Wappen gelegt und deshalbein staatliches Notariat aufgesucht. EinProblem ist vor allem das besondershohe Fälschungsrisiko der privatenSiegel. Auf politischer Ebene wird er-wogen, neue Siegel zu gestalten und

eine einheitliche Behörde zur Ausga-be zu ermächtigen; ein Gedanke, derauch dem Generalkonsulat derBundesrepublik Deutschland sympa-thisch ist. Man klagt dort, dass mit gro-ßer Selbstverständlichkeit sogar Doku-mente vorgelegt würden, die das Kon-sulat angeblich selbst beglaubigt habe.Nur schwer habe man erkennen kön-nen, dass das Siegel eine Fälschungsei. In einem Land, in dem die Eurosbesser sein sollen als die der EZB …Die Notarkammer hat erkannt, dassmit schwindendem Vertrauen in dienotarielle Urkunde auch das Notariatgefährdet werde. Sie gibt inzwischenmit Mikrolinien und Wasserzeichen ge-sichertes Urkundspapier an die Nota-re ab. Jeder Bogen ist nummeriert;über Ein- und Ausgang führt die No-tarkammer mit großer Sorgfalt Buch.

Die Notarkammern

Das dritte Kapitel des Gesetzesüber das Notariat widmet sich denNotarkammern. Pflichtorganisationensind die regionalen Notarkammern,sechzehn für die vierzehn Gebiete undjeweils die Städte Almaty und Astana.Organisiert sind nur die privaten Nota-re. Diese regionalen Notarkammernhaben das Recht, einen privatrecht-lichen Verbund zu bilden, die Republi-kanische Notarkammer. Die Mitglied-schaft in der Dachorganisation ist nachgeltendem Recht für die Kammernfreiwillig, was den Einfluss der Repu-blikanischen Notarkammer deutlichbeeinträchtigt. Erst im vergangenenJahr trat ihr als letzte die finanz- undmitgliedermächtige Notarkammer Al-maty bei.

Die Organisation der Kammernwird durch ihre Satzungen geregelt.Die Kammern haben einen Vorsitzen-den, der Arbeitnehmer der Kammer istund von ihr bezahlt wird; es wird er-wartet bzw. ist von Satzungen vorge-sehen, dass der Vorsitzende weiter alsNotar tätig ist. Der übrige Vorstand istehrenamtlich tätig, was besonders beiNotarprüfungen eine erhebliche Be-lastung darstellt. Notarvertretungensind nicht möglich, und nicht alle Kam-

mern leisten eine Entschädigung fürden Verdienstausfall.

Im übrigen gehören meist Schreib-personal und Juristen zum Kammer-personal – eine wichtige Aufgabe derKammer ist, auf telefonische Fachan-fragen sofort antworten zu können.Über eine Zentralisierung dieses An-fragedienstes wird jetzt nachgedacht.

Die Dienstaufsicht

Die Dienstaufsicht über die Notareist in Kapitel 5 des NotG geregelt.Nach Art. 31 NotG ist das territorialeOrgan des Justizministeriums dafürzuständig, die Gesetzmäßigkeit dernotariellen Tätigkeit und die Beach-tung der Regeln über den Geschäfts-gang zu überwachen; bei den staat-lichen Notaren allein, bei den Notarenin eigener Praxis gemeinsam mit derNotarkammer. Die erste Regelüber-prüfung eines privaten Notars findetfrühestens ein halbes Jahr nach Auf-nahme der Tätigkeit, jedoch nicht spä-ter als ein Jahr danach, statt.

An dieser Prüfung nehmen in derRegel zwei Notare und ein Mitarbeiterdes territorialen Organs des Justizmi-nisteriums teil. Die Prüfung umfasstauch die materielle Richtigkeit vonRechtsgeschäften. Dies erscheintunter dem Gesichtspunkt der Unab-hängigkeit problematisch. Doch wer-den bislang nur klare Missachtungengeltenden Gesetzesrechts gerügt. Hierstellt sich schon nach Art der Ge-schäfte und der Rechtsverstöße nichtmehr die Frage, welche Rechtsauffas-sung noch vertretbar sein könnte.

Die Entscheidung, wer diese Prü-fung letztlich verantworten soll, ist po-litisch noch offen. Es gibt Kammern,die diese Kompetenz selbst habenmöchten, sie verkennen aber, dassdies nur mit einer verstärkten Staats-aufsicht über die Kammern selbstmöglich sein wird. Die Rolle der Kam-mern zwischen selbstverwalteterStaatsaufgabe und Notargewerkschaftist noch nicht gefunden.

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Beschwerden gegen einen Notarwegen seiner Tätigkeit oder der Versa-gung seiner Tätigkeit werden zunächstvon den Aufsichtsorganen Kammerund Organe der Justizverwaltung be-handelt; Art. 25 NotG eröffnet zudemden Weg zu den Gerichten im Verfah-ren der Zivilprozessordnung.

Notarielle Tätigkeiten undBeurkundungsverfahren

Der zweite Teil des Gesetzes überdas Notariat regelt das Beurkundungs-verfahren und andere notarielle Ver-fahrensweisen.

Nach Art. 34 NotG bestätigt derNotar Rechtsgeschäfte; mit dieser „Be-glaubigung“ des Rechtsgeschäftesübernimmt der Notar die Verantwor-tung für die inhaltliche Richtigkeit. Erist verpflichtet, über die Rechtsfolgendes Rechtsgeschäftes zu belehren. Inder Regel wird die Belehrung in der Ur-kunde vermerkt. Er bestätigt die Grün-dungsdokumente von „Personenhan-delsgesellschaften“. Er ergreift Maß-nahmen zur Nachlass-Sicherung underteilt Zeugnisse über das Erbrecht,über das Eigentumsrecht und den Be-rechtigungsumfang bei gemeinschaft-lichem Eigentum („Gesamthandsei-gentum“) von Ehegatten und anderenPersonen. Er kann den Arrest übereinen Vermögensgegenstand verhän-gen und aufheben.

Er beglaubigt Kopien und (aus-zugsweise) Abschriften, beglaubigt dieEchtheit von Unterschriften, bezeugt,ggf. unter Mitwirkung von Übersetzern,die Echtheit einer Übersetzung. Er istferner für Wechselproteste und Ver-wahrungen zuständig.

Testamente, die von bestimmtenanderen Urkundspersonen errichtetwurden, sind dem Notar in Verwah-rung zu geben.

Keine Befugnis hat der Notar zurErrichtung vollstreckbarer Urkunden.

Die nachfolgenden Kapitel desNotG enthalten allgemeine Regeln

und Vorschriften zu den einzelnen Tä-tigkeiten.

Art. 39 NotG wiederholt zum TeilArt. 4 NotG: „Das Verfahren notariellerTätigkeit wird durch das vorliegendeGesetz geregelt, durch weitere norma-tive Akte und die ,Instruktion über dasVerfahren der Vornahme notarieller Tä-tigkeiten durch Notare‘, die vom Jus-tizministerium der Republik Kazakh-stan zu bestätigen ist.“

Die Art. 40 und 41 NotG verpflich-ten den Notar, seine Tätigkeit an demTag vorzunehmen, an dem ihm diezum Abschluss des Rechtsgeschäftsoder der anderen notariellen Tätigkeitnotwendigen Unterlagen (beispiels-weise Eigentumsnachweise) vorgelegtund die Gebühr bzw. das Honorar ent-richtet wurde. Die Tätigkeit kann ins-besondere verschoben werden, wennweitere Dokumente erforderlich sind,oder mehrere Prätendenten einesRechts auftreten, um eine Gerichts-entscheidung zu ermöglichen.

Der Notar muss seine Tätigkeit ab-lehnen, wenn ihn Mitwirkungsverbotetreffen oder er örtlich nicht zuständigist. Die örtliche Zuständigkeit wird z. B.für die Bestätigung von Verträgen überdie Errichtung eines Wohnhauses aufeinem Grundstück gefordert. Zustän-dig ist nur ein Notar am Belegenheits-ort. Weitere Ablehnungsgründe sindfehlende Rechts- oder Geschäftsfähig-keit eines Beteiligten oder ein Verstoßgegen gesetzliche Bestimmungen.

Der Notar hat die Personalien derBeteiligten festzustellen und sich vonder Geschäftsfähigkeit einer natür-lichen Person zu überzeugen. Bei ju-ristischen Personen muss der Notarprüfen, ob der Handelnde befugt ist,die Gesellschaft zu vertreten, ferner,ob die juristische Person aufgrundihrer Satzung berechtigt ist, Rechteund Pflichten in der beabsichtigtenForm einzugehen. In Kazakhstan legtdie Satzung den Umfang der Rechts-fähigkeit der juristischen Person fest.

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Auf Verlangen ist der Text des no-tariell zu bestätigenden Dokumentesden Beteiligten laut vorzulesen. DasDokument wird von den Beteiligten inGegenwart des Notars unterschrieben.Das Gesetz sieht besondere Verfah-rensweisen vor, wenn Behinderte be-teiligt sind. Sie können zum Beispieldurch Schreibzeugen an einer Beur-kundung teilnehmen.

Der Notar: Amtsträger oder Unternehmer?

Das geltende Notariatsrecht ist invielen Punkten weiter reformbedürftig.Im Kern der Forderungen steht, denStatus des Notars dahin zu ändern,dass seine Tätigkeit als Ausübungstaatlicher Gewalt verankert wird. Andem Begriff „Unternehmer“ entzündetsich derzeit ein heftiger Streit: Viele inNotariat und Ministerien haben er-kannt, dass die Tätigkeit eines Notarszwangsläufig Beschränkungen mit sichbringt, seien es solche anderer Tätig-keiten oder bei der notariellen Tätig-keit selbst. Der Notar ist funktionellkein Rechtsdienstleister mit besonde-ren Auflagen, also kein gefesselter An-walt, sondern ein freigelassener Rich-ter. Paradoxerweise ist der Status derNotare nach aktuellem Recht näherbei der Gewerblichkeit als der derRechtsanwälte. Neuregelungen sindfür die Gebühren zu erwägen.

In der berufspolitischen Argumen-tation vermengen sich leider verschie-dene Probleme. Die Statusfrage wirdnicht von der Frage der Besteuerunggetrennt. Es ist ein Ärgernis, dass Be-messungsgrundlage die Einnahmensind, Betriebsausgaben also nur überden Steuersatz pauschal berücksich-tigt werden. Zu Recht, scheint es, wirddies als investitionshindernd bean-standet. Doch fraglich ist, ob 700 nochwenig schlagkräftig organisierte Nota-re genug innere Einigungskraft und ex-terne Überzeugungskunst aufbringen,hier eine Verbesserung zu erreichen.

Der andere Weg, den einige ein-schlagen möchten, scheint hingegen

gefährlich: Sie wollen den Staat beimWort nehmen, sie seien Unternehmer,und wollen die verbliebenen Schran-ken abschütteln. Ihre Ziele sind ver-schieden: Mancher versteht sich in derTat als Verkäufer von gesiegelten Ur-kunden – von der Stange, nicht einmalMaßkonfektion.

Andere haben Angst, der Staatkönne aus fiskalischem Interesse dasfreie Notariat wieder aufgeben undzum staatlichen Notariat zurückkeh-ren. Ob diese Gefahr real ist, nachdemder Staat mit großer Kraftanstrengungeine Notariatsreform begonnen hat?Neuregelungen sind für die Gebührenzu erwägen. Die privaten Notare sind,anders als die staatlichen Notariate, zuGebührenvereinbarungen berechtigt.In vielen Geschäften konnten sie diestaatlichen Gebühren unterbieten, Ge-schäfte an sich ziehen und dennochgut verdienen, besser als die aus demStaatsbudget finanzierten staatlichenNotare. Doch ist das kein echter Wett-bewerb. Diese Notare sind Hechte imKarpfenteich. Sie können durch dieGebührenvereinbarung auch unattrak-tive Mandate auf die staatlichen Nota-riate verlagern. In der Fläche und fürschwierige, nur individuell abzuarbei-tende Fälle wie im Erbscheinsverfah-ren, ist das staatliche Notariat wegendieses Systemfehlers als Auffangstelleweitgehend unverzichtbar.

Regulierung der Notar-stellen

Hier zeigt sich, dass ein weitererAspekt gesetzlich geregelt werdenmuss – die Zahl der Notarstellen. Nachgeltendem Recht kann jeder nach derNotarprüfung eine Lizenz erhalten undals Notar tätig werden. Kammer undJustizverwaltung haben jedoch er-kannt, dass eine Beschränkung derStellenzahl der Ausgleich für andereberufliche Einschränkungen ist. DieForderung wirtschaftlicher Tragfähig-keit von Notarstellen ist kein Selbst-zweck, sondern dient dazu, die Unab-hängigkeit des Notars zu schützen. Die marktwirtschaftlich erwünschte

Konkurrenz wird es auch geben, wennder Zugang zum Notaramt reguliertwird. Auch kann nur durch Zugangs-schranken erreicht werden, dass sichauch private Notare in strukturschwa-che Regionen begeben werden. DerGedanke eines Vorrückesystemswurde von vielen als gerecht und fürein Flächenland angemessen erachtet,besonders wenn eine Standesorgani-sation finanzielle Anreize für die Über-nahme einer abgelegenen Stelleschaffe. Das Justizministerium hälteine Beschränkung der Notarzahlebenfalls für dringend geboten. Be-reits jetzt erweise sich die Amtsprü-fung in angemessenen Zeiträumen alsschwierig.

Wohl deshalb wird nicht allzu kri-tisch hinterfragt, ob die „Aufnahmege-bühren“ in die Notarkammer nicht ge-setzeswidrig abschreckende Wirkunghaben. Schon für sein sechsmonatigesPflichtpraktikum muss ein künftigerNotar jedenfalls bei den freien Nota-ren bezahlen; die Kosten liegen bei ca.500 US $. Dieser Betrag ist, gemessenan der Kaufkraft junger Juristinnen undJuristen, bereits so hoch, dass er eineerhebliche Zugangshürde bedeutet;letztlich auch einen sozialen Filter. Erstrecht gilt das für die Aufnahmegebührals Notar in Größenordnungen von5.000 US $.

Die zu weitgehende Deregulierungjedenfalls hat dazu geführt, dass sichin manchen Straßen Almatys und Ast-anas ein Notariat neben das anderedrängt, während andere Regionenunterversorgt sind.

Die Büroorganisation

Notariate in Kazakhstan sind meist„Ein-Frau-Betriebe“, vielleicht kommtnoch eine Sekretärin dazu, manchmaleine Gehilfin. Vielfach werden ein oderzwei Räume einer Wohnung odereines anderen Geschäfts zum Nota-riat. Die räumliche Enge ist ein Grundfür die Dienstprüfer, auf die Wahrungder Verschwiegenheit zu achten – wiesollte es gehen, wenn das Beurkun-

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dungszimmer zugleich Archiv undWartezimmer ist?

Ein Fax ist nicht überall selbstver-ständlich, ein Modem noch die Aus-nahme. Allerdings hat die Kammer Al-maty für ihre Mitglieder ein Informa-tionssystem aufgebaut, durch das alleNachlass-Sachen in Erbscheinsverfah-ren aufgerufen werden können. Man-che Kammern vertrauen noch aufihren motorisierten Kurier, der dieKammerschreiben gegen Empfangbe-kenntnis persönlich abliefert.

Noch scheinen die Anforderungender notariellen Tätigkeit kein umfang-reicheres Personal zu verlangen. Aufden ersten Blick wirken die Vertrags-muster inhaltlich dürftig und schema-tisch. Allerdings lauern dennoch vielehaftungsträchtige Fallstricke: Verfü-gungsbefugnis von Ehegatten, Rechts-fähigkeit juristischer Personen, ge-fälschte Dokumente. Prüfungsberichtezeigen, dass hier immer wieder Fehlervorkommen. Vielleicht liegt es daran,dass der Notar fast alles selbst machtund es so kein Vier-Augen-Prinzip gibt,vielleicht aber auch daran, dass das Ri-siko persönlicher Haftung noch unter-schätzt wird.

Diese knappe Personaldeckehängt mit den eingeschränkten Mög-lichkeiten zusammen, Betriebsausga-

ben steuerlich geltend zu machen. An-dererseits sehen viele noch nicht dasBedürfnis, sich von Vorbereitung undVollzug zu entlasten, um sich der Pro-blemanalyse und juristischen Lösungeines Problems widmen zu können –schon weil oft das Ausfüllen vonMustern reicht, und die Mandantenselbst alle erforderlichen Unterlagenvon diversen Behörden beschaffenmüssen.

Die Anforderungen, die die recht-suchende Bevölkerung an den Notarstellt, werden künftig wachsen. Bereitsjetzt zeichnet sich ab, dass die ge-wandelten Vermögenszusammenset-zungen eine differenzierte erbrechtli-che Beratung erfordern. War frühereine Zahnbürste zu vererben, bestehtein Nachlass heute schon aus einerWohnung mit Privatisierungsrechtenan Grund und Boden, aus Anteilen aneiner juristischen Person.

Hier wird sich erheblicher Bedarffür die Aus- und Weiterbildung auftun.

Ergebnisse der Experten-reise

Schwerpunkt der Expertenreisewar, die Personalausstattung der No-tarkammern und der Strukturen desMinisteriums der Justiz zu untersu-

chen und Vorschläge für die Aus- undWeiterbildung der Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter zu machen.

Mit zwei kazakhischen Expertin-nen, der Juristin Tatjana Ivanovna Ku-blikova und der Soziologin GulzhanShakenova habe ich in Almaty, Astanaund Karaganda Gespräche mit denKammerpräsidentinnen sowie denVorstehern und Mitarbeitern der Orga-ne des Justizministeriums und der Ab-teilungsleiterin Notarangelegenheitenbeim Justizministerium geführt unddie Daten analysiert. Derzeit erstellenwir einen Bericht, der den Befund fest-stellt und durch detaillierte Empfeh-lungen mit konkreten Beispielen auf-zeigt, wie die Kammern und Organedes Ministeriums der Justiz ihre Arbeiterleichtern und die Zusammenarbeitverbessern können.

Eine erfreuliche Feststellung war,dass nicht zuletzt durch das ProgrammTACIS Problembewusstsein entstan-den ist. Die zunächst aufgebaute Fas-sade, man könne die gestellten Auf-gaben in angemessener Zeit vollum-fänglich erfüllen, wurde in offenen Ge-sprächen aufgegeben. Ob es stets dierichtigen Aufgaben seien, ob man mitder wachsenden Zahl von Notarenmithalten könne, ob man der Abwan-derung qualifizierter Mitarbeiter ausdem Ministerium und den Kammernwegen der relativ geringen Bezahlungetwas entgegensetzen könne – dieseFragen standen schnell im Raum.

Das Ministerium hat den Vorteilfester Organisationsstrukturen undfestgelegter Kompetenzen. Anderer-seits muss es fürchten, dass Wissenabwandert, bevor es neuen Mitarbei-tern nutzbar gemacht werden konnte.

Auf der Ebene der Notarkammernstehen noch Grundsatzentscheidun-gen aus, vor allem, welche Funktionendie Republikanische Notarkammerübernehmen soll. Zwischenmenschli-che Befindlichkeiten und Machtan-sprüche erschweren die Positionie-rung, die einer Entscheidung über Per-sonal- und Finanzausstattung zwin-gend vorauszugehen hat.

Arbeitstreffen in der Republikanischen Notarkammer – Vorsitzende der Republikanischen Notarkammer 2. v.l., GF Heins 3. v.l., Mitarbeiterinnen der Kammer

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notar kurz vor schluss

Schlagworte für das erarbeiteteKonzept sind: Kompetenzen festlegen,Finanzierung sichern, Wissen sam-meln und systematisieren, Koopera-tionen zwischen staatlichen Stellenund den Notarkammern organisieren,Ausbildungsmaterialien erstellen undaktuell halten. Dabei ist vor allem dasBewusstsein für die notarielle Tätigkeitauszubauen. Wenn Prüfberichte mitgenauen Angaben über Urkundsinhal-te mit Beteiligtennennung an die No-tarschaft versandt werden, ist das ausAusbildungszwecken löblich, gleich-wohl eine massive Verletzung der no-tariellen Verschwiegenheit. SolchenFehlern wird nur begegnen können,wer seine Arbeitsweise nicht nur dar-aufhin überprüft, ob das vorrangig an-gestrebte Ziel erreicht wird, sondernauch prüft, ob das Handeln ansonstengesetzmäßig ist.

Eine Expertenreise steht immerunter dem Vorzeichen, Verbesserungs-möglichkeiten aufzeigen zu sollen, ne-gativ formuliert, auch Fehler zu su-chen. Auch dieser Bericht hat die Ten-

Den Deutschen Notarverein habenzahlreiche Anfragen und Anregungenzur Hochwasserhilfe bei betroffenenNotarinnen und Notaren erreicht.Nachdem sich Elbe, Mulde und ande-re Flüsse in ihre Betten zurückgezogenhaben, wird das Ausmaß der Schädenlangsam sichtbar. Von unmittelbarenSchäden durch das Hochwasser be-richten der Sächsische Notarbund e.V.und die Notarkammer Sachsen, inderen Bereich nach derzeitigem Standetwa 10 Kolleginnen und Kollegen be-trächtliche materielle Schäden an undin ihren Geschäftsräumen erlittenhaben.

Nach sächsischen Angaben sindsehr viele Hilfsangebote sächsischerKolleginnen und Kollegen, aber auch

aus anderen Teilen Deutschlands, ein-gegangen. Der Sächsische Notarbunde.V. und die Notarkammer Sachsensprechen dafür ihren herzlichen Dankaus. Eine Vermittlung von Sachspen-den an die Bedürftigen findet derzeitstatt.

Viele zur Hilfe Entschlossenehaben den Deutschen Notarverein,den Sächsischen Notarbund e.V. unddie Notarkammer Sachsen ferner nacheiner Möglichkeit gefragt, durch Geld-spenden zur Linderung der eingetre-tenen Hochwasserschäden beitragenzu können. Die Notarkammer Sachsenhat deshalb ein Sonderkonto „Hoch-wasserhilfe“ eingerichtet, auf welchesGeldspenden ab sofort eingezahltwerden können. Die Verteilung derGeldspenden erfolgt nach dem Ge-sichtspunkt der Bedürftigkeit. Die No-tarkammer Sachsen teilt mit, dass die

Hochwasserhilfe

denz behalten, dass noch viel zu tunist. Sicher ist das richtig. Gleichzeitigmuss hervorgehoben werden, wasschon erreicht ist: Kazakhstan hat dieGrundentscheidung getroffen, imRechtssystem ein Notariat zu veran-kern, das auch Einfluss auf die Ver-tragsgestaltung nimmt und eine In-haltskontrolle ausübt. Ebenso wurdeerkannt, dass die Leistungsfähigkeitdes Notariats gesteigert wird, wenndiese Tätigkeit auf außerbudgetäreAmtsträger verlagert wird.

Auch die Standesorganisationennehmen die neuen Herausforderun-gen an. Einzelne Kammern stellenHandbücher mit einschlägigen norma-tiven Akten zur Verfügung, andere ar-beiten an Mustersammlungen in kaza-khischer Sprache. Die Zeitschrift „Bul-leten Notariusa“ der RepublikanischenNotarkammer will zunehmend aus-und fortbildungsorientiert publizieren.Mit der Installation eines Computer-systems im Rahmen des ProjektesTACIS werden auch die Möglichkeitenzur elektronischen Informationsver-

mittlung wachsen. Weil die Notareselbst zum Teil wohl auf absehbareZeit nicht ans Netz gehen können,müssen die Informationswege auchweiterhin konventionelle Methodenvorsehen. Hier tun sich vor allem Or-ganisationsfragen auf.

In zahlreichen förmlichen und in-formellen Gesprächen war das großeInteresse spürbar, etwas aus der Sichteines deutschen Juristen mit Notari-atserfahrung zu hören. Besonders anpraktischen Fragen der Beurkundungund der weiteren Amtstätigkeit ließensich Vor- und Nachteile bestimmterLösungen erarbeiten, die ohne den il-lustrierenden Hintergrund beiderseitsnicht verständlich wären.

Neben dem konkreten Projektan-lass haben sich weitere internationaleKontakte für den Deutschen Notarver-ein ergeben, die das Netz guter Zu-sammenarbeit nunmehr auch über dieeuropäische Grenze hinaus erstre-cken. DH

Spende nach einer Auskunft des Säch-sischen Staatsministeriums der Finan-zen aufgrund einer bundesweiten Ver-einbarung auch ohne Ausstellungeiner Spendenbescheinigung steuer-lich anerkannt wird.

Die Kontoverbindung lautet:

Notarkammer Sachsen – Sonderkonto „Hochwasserhilfe“

Bayerische Hypo- und Vereins-bank AG, Dresden

Konto-Nr.: 357 952 387

BLZ: 850 200 86.

Der Deutsche Notarverein bedanktsich bei all denjenigen herzlich, dieden vom Hochwasser betroffenen Kol-leginnen und Kollegen ideell oder ma-teriell zur Seite stehen.


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