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Nicaragua-Broschüre

Date post: 15-Mar-2016
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Nicaragua-Broschüre
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Von der Patenschaftzur PartnerschaftSchülerinnen der Hamburger Klosterschulebesuchen im März 2006 die Schule Teresa Arce in León / Nicaragua

Von der Patenschaft zur Partnerschaft

Bericht über eine Schulfahrt der Klosterschule nach Nicaragua im Jahre 2006

InhaltEinleitung. Vorgeschichte des Projekts – Barbara Brix 5

Informationen und Beobachtungen zum nicaraguanischen Schulsystem 7

und unserer Patenschule - Maheba Goedecke Tort, Katerina Saltikiotis

9 Tage gelebte Schulpartnerschaft - Anastasia Albrecht, Sarah Luther 10

Auswertung des Projekts - Lara Flacht, Martha Kubicka, Sarah Swyter 17

Ausblick - Laila Grätz, Meret Gram 20

Bilder – Matthias Herwig

Grafk und Layout – Dirk Rabenstein

Informationen und Beobachtungen zum nicaraguanischen Schulsystem 7Informationen und Beobachtungen zum nicaraguanischen Schulsystem 7

9 Tage gelebte Schulpartnerschaft - Anastasia Albrecht, Sarah Luther 109 Tage gelebte Schulpartnerschaft - Anastasia Albrecht, Sarah Luther 10

Einleitung. Vorgeschichte des Projekts – Barbara Brix 5Einleitung. Vorgeschichte des Projekts – Barbara Brix 5

Auswertung des Projekts - Lara Flacht, Martha Kubicka, Sarah Swyter 17Auswertung des Projekts - Lara Flacht, Martha Kubicka, Sarah Swyter 17

Ausblick - Laila Grätz, Meret Gram 20Ausblick - Laila Grätz, Meret Gram 20

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Vorgeschichte des Projekts

Im Rahmen der Städtepartnerschaft Hamburg – León (Ni-

caragua) gibt es – neben vielen anderen Kontakten – auch

seit ca. 20 Jahren mehr oder wenige enge Verbindungen

zwischen Schulen und Kindergärten hier und dort.

Sie kulminieren (oder erschöpfen sich ) in der jährlichen

Versendung des „Schulcontainers“ , in dem didaktische

Materialien, Spielzeug, Fahrräder, Schreibmaschinen, aber

auch Altkleider nach León verschifft werden.

Die Schulpatenschaft zwischen der „Klosterschule“ und

dem „Centro Educativo Teresa Arce“ existiert seit 1999 und

wird in Hamburg von einem 5-köpfi gen Lehrerteam und

einer Schulsekretärin betreut, in León von Lehrerinnen, der

„Comisión del Hermanamiento“ – alle Mitglieder der wich-

tigsten nicaraguanischen Lehrergewerkschaft ANDEN.

Wir in der Klosterschule haben uns von Anfang an bemüht,

über den Container hinaus diese Schulpatenschaft auf ver-

schiedenen Ebenen und durch unterschiedliche Aktivitäten

mit Leben zu füllen und sie auch unter inhaltlichen Aspek-

ten im Unterricht zu verankern.

So gab und gibt es Weihnachtskartenaktionen, Briefwech-

sel zwischen den 6. Jahrgängen, Lehrerbesuche in León,

zwei so genannte „Sponsorenläufe“ und andere Samme-

laktionen , ein Video über die Patenschule, Diavorträge,

Ausstellungen und andere Präsentationen in vielen Klassen

und im Elternrat sowie einige Artikel in der Schülerzeitung.

Trotz großer Anstrengungen – auch einzelner Schülerinnen

und Schüler – blieb die Schulpatenschaft aber stark per-

sonenabhängig und lehrerlastig und spielte im Schulleben

eine eher untergeordnete Rolle. Es gelang auch nicht, sie

im Unterricht dauerhaft zu etablieren.

Anfang 2005 bildete sich jedoch eine Schülerinnengruppe,

die sich zunehmend stärker mit der Schulpatenschaft iden-

tifi ziert und in ihr engagiert.

Dort entstand das Projekt einer Begegnungsreise nach

León, mit dem Ziel, die Patenschule über einen gewissen

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Zeitraum zu besuchen, deren Alltag zu erleben und Idee

und Realität der Patenschaft in beiden Schulen stärker in

Richtung einer Partnerschaft zu entwickeln.

Während eines halben Jahres bereiteten wir uns in vielen

Sitzungen und in ständigem Kontakt mit der Koordinatorin

der Schulpartnerschaften in León, Bernarda López, auf die-

se Reise vor. Dabei kristallisierten sich folgende Vorhaben

für unseren 6-tägigen Aufenthalt bei „Teresa Arce“ heraus:

Teilnahme am Unterricht, Erteilung von Unterrichtsstun-

den, ein Briefaustausch, ein Schulvideo, Schülerinterviews,

Hausbesuche, Anbringung einer Partnerschaftswand,

Planungskonferenzen mit der „Comisión“ und dem Lehre-

rinnenkollegium, Organisation eines Schulfestes, Tanzunter-

richt für uns.

Dass wir am Ende wirklich auf Reisen gehen und diese

Ideen und noch vieles mehr in die Tat umsetzen konnten,

verdanken wir dem großen Engagement unseres Schullei-

ters, Herrn Herzberg und einiger Mitgliedern des Elternrats

sowie der Bereitschaft verschiedener Stiftungen und Insti-

tutionen, uns fi nanziell zu unterstützen.

Bei ihnen möchten wir uns mit diesem Bericht noch einmal

ausdrücklich bedanken und ihnen versichern, dass sie uns

nicht nur eine unvergessliche Reise ermöglicht, sondern

auch unserer Schulpatenschaft zu einem nachhaltigen

Impuls verholfen haben.Briefe von Schülern der Klosterschule werden überbracht, gelesen und beantwortet.Briefe von Schülern der Klosterschule werden überbracht, gelesen und beantwortet.Briefe von Schülern der Klosterschule werden überbracht, gelesen und beantwor

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Informationen und Beobachtungen zum nicaraguanischen Schulsystem und unserer Patenschule

„Bildung wird in Nicaragua als verfassungsmäßig vorge-

schriebene Aufgabe und nicht als Investition angesehen“

(Rafael Ruiz, Vertreter des Bildungsministeriums in der

Stadt León in einem Gespräch mit uns am 8. März 2006).

Nicaragua ist nach Haiti das zweitärmste Land Lateinameri-

kas. Die Armutsrate (d.h. der Anteil von Personen mit einem

Tageseinkommen von einem Dollar oder weniger) liegt bei

45,8 %.

Um seine Existenz zu sichern, hat der Staat Geld bei der

Weltbank geliehen. Diese knüpft die Vergabe von Krediten

an strenge Sparmaßnahmen, damit die Zinsen beglichen

werden können, und schreibt die Bereiche vor, in denen

kürzer getreten werden muss. In erster Linie sind davon der

Sozial- und Bildungshaushalt betroffen.

Aus der Finanzknappheit entstehen Probleme, die wir uns

in Deutschland kaum vorstellen können.

In Nicaragua ist die Schule in die sechsjährige „Primaria“

(Grundschule) und die fünfjährige „Secundaria“ unterteilt.

Lebhafter Meinungsaustausch mit dem Leoner Vertreter des Erziehungsministeriums.

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Nach der letzten Abschlussprüfung besitzt man das „Ba-

chillerato“, das Abitur.

Schulpfl icht besteht allerdings nur für die Primaria. Die

Weltbank äußerte sogar einmal, dass für die Mehrheit der

Nicaraguaner ein dreijähriger Schulbesuch ausreichend

sei.

Der Schulbesuch und das Ausleihen von Schulbüchern sind

offi ziell kostenlos. Nur die obligatorische Schuluniform (ca.

20 Dollar) und alle Materialien wie Hefte, Schreibzeug etc.

muss man selber bezahlen.

Faktisch gibt es aber kaum Lehrbücher in den Schulen.

Mit der fortschreitenden „Autonomisierung“, die einer

schleichenden Privatisierung gleichkommt, erhalten die

Schulen vom Staat nur noch die Lehrergehälter und einen

kleinen Beitrag zu den laufenden Kosten. So ist es üblich

geworden, von den Eltern einen sogenannten. „freiwilligen

Beitrag“ zum Unterricht zu erbitten. Das bedeutet, dass die

Familien und Kinder unter Druck gesetzt werden, für die

Schule zu spenden, also eine Art „heimliches Schulgeld“

zu bezahlen. Fotokopien müssen die Lehrer aus eigener

Tasche bezahlen.

In nicaraguanischen Schulen herrscht oft ein anderes Klima

als an den deutschen. Die Klassenstärke liegt in der Prima-

ria bei 40 bis 50 Schülerinnen und Schülern, in der Secun-

daria nicht selten bei über 70. Die Klassenräume sind klein

Am ersten Tag: Wir stellen uns vor, auf Spanisch, in jeder Klasse, im Vormittags- und Nachmittagsturnus.

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und überfüllt, und meist mangelt es an Materialien. Es be-

steht eine größere Distanz zwischen Lehrern und Schülern.

Diese ist vielleicht nicht gewollt, ist aber oft kaum vermeid-

bar; denn wenn bis zu 70 Kinder in einem Raum sitzen, ist

es für manche Lehrer unmöglich, alle Namen zu kennen. Es

hat sich also – v.a. in den „Secundarias“ - mit der Zeit ein

grausames System entwickelt, in dem den Schülern eine

Nummer zugeordnet wird. Meldet sich ein Schüler, muss

er vor seinem Beitrag seine Nummer sagen, damit sich der

Lehrer diese notieren kann.

Berufsschulen gibt es in Nicaragua nicht, ebenso wenig

eine geregelte Berufsausbildung. Wer sich kein Studium

fi nanzieren kann, muss eben arbeiten gehen, falls er einen

der wenigen Arbeitsplätze ergattert.

Nach Auskunft des Vertreters des Bildungsministeriums

wurde zwar ein Pilotprojekt entwickelt, in das im ersten

Jahr 75 ausgewählte, jetzt aber fl ächendeckend alle „Se-

cundarias“ des Landes integriert wurden. Die Lehrer sollen

fortgebildet werden, um die Schüler besser auf ihr späteres

Berufsleben vorbereiten zu können.

Die Realität sieht aber so aus, dass die meisten Schulen

fi nanziell nicht in der Lage sind, diese Fortbildung anzu-

bieten. Dieses “Pilotprojekt“ dient also nur dem äußeren

Schein.

Viele Lehrer und Lehrerinnen sind oft übermüdet und nicht

in der Lage, den Unterricht intensiver vorzubereiten, denn

sie müssen häufi g neben ihrer Arbeit in der Schule noch

einen zweiten Job ausüben. Das Lehrergehalt ist das weit-

aus niedrigste in Zentralamerika und viel zu gering, um eine

Familie ernähren zu können.

Ein Lehrer der Primaria verdient im Monat ca. 120 Dollar,

einer der Secundaria etwa 135. Der bloße Warenkorb für

eine fünfköpfi ge Familie - ohne Miete, Kleidung etc. - kostet

in Nicaragua 200,- bis 250,- Dollar.

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Unsere Patenschule „Teresa Arce“ in León ist eine – we-

nigstens offi ziell noch staatliche und also keine private

– sechsklassige Grundschule mit zwei Vorschulklassen,

über 800 Schülern und 21 Lehrerinnen (davon zwei Di-

rektorinnen). Wie in den allermeisten Schulen wird in zwei

Schichten unterrichtet. Bis zu 50 Schüler besuchen jeweils

eine Klasse. Eine der beiden Vorschulklassen und eine

Vierte haben jeweils nur einen halben Klassenraum für sich.

Die Schule liegt in einem ärmlichen Stadtteil mit ungepfl as-

terten Straßen, und die Mehrzahl der Kinder kommt aus

Familien, in denen keiner der Erwachsenen eine feste Arbeit

hat.

D.h. alle müssen zu Hause in irgendeiner Form helfen, sei

es, dass sie einen richtigen Job haben oder mindestens

auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen müssen.

Die Schule wird gut geführt und macht auf den ersten Blick

einen freundlichen Eindruck mit den frisch gemalten Haus-

wänden und Blumenbeeten.

Das ändert nichts daran, dass die allermeisten der oben

beschriebenen Zustände – wie Enge, Mangel an Materia-

lien und Büchern, Lärm, überfüllte und überalterte Klassen,

eintöniger Unterricht, überanstrengte, schlecht bezahlte

Lehrerinnen – auch auf unsere Patenschule zutreffen.

Neun Tage gelebte Partnerschaft – unsere Aktivitäten in der Patenschule

Sonntag, 5. März

Treffen mit Bernarda López, der Koordinatorin der Schul-

partnerschaften Hamburg – León, und Paulina Alonso,

die das vierköpfi ge Partnerschaftskomitee in der Schule

„Teresa Arce“ leitet.

Wir besprechen unsere Vorhaben für die folgende Besuchs-

woche und hören mit Erleichterung, dass das Bildungs-

ministerium die kurzfristig angesetzte Fortbildung für die

Lehrerinnen zum Thema „Integration“ wegen unserer

Anwesenheit verschoben hat.

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Schulleiterinnen und Kollegium sind mit allen Plänen einver-

standen und sichern uns jede Unterstützung zu.

Ein ganz besonderes Projekt wird die Herstellung einer so

genannten Partnerschaftstafel sein, die den jeweils aktu-

ellen Stand in der Beziehung unserer Schulen in Form von

Briefen, Photos, Bildern, Schülerarbeiten etc. darstellen

soll. Sie soll als - Wandbild geplant - unser Geschenk an

„Teresa Arce“ sein. Die Überlegungen zum Standort, Ma-

terial, seiner Beschaffung und zu den Kosten nehmen den

größten Raum unseres Planungsgesprächs ein.

Montag, 6. März

Vormittags: Besuch des auch vom Hamburger Senat unter-

stützten Straßenkinderprojekts „Las Tías“ ; Gespräch und

Rundgang.

Am frühen Nachmittag: Erster Besuch in unserer Paten-

schule, wo wir aufs Herzlichste von der Schüler- und Leh-

rerschaft empfangen werden.

Wir setzen uns mit einigen Lehrerinnen und den Direkto-

rinnen zusammen und planen die Woche in ihrem Ablauf

und alle notwendigen Vorbereitungen. Wir spüren uneinge-

schränktes Vertrauen und Entgegenkommen. Die mehrfa-

chen Besuche unserer Lehrer in der Vergangenheit wirken

sich aus.

Der Tanzleidenschaft in Nicaragua, auch für traditionelle Tänze, begegneten wir sowohl auf der Feier zu unserer Begrüßung als auch auf dem Abschiedsfest.

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Nach dem Gespräch fi ndet eine Begrüßungsfi esta mit

Nationalhymne, Reden und landesüblichen Musik- und

Tanzeinlagen statt.

Anschließend fordern uns die begeisterten Kinder auf und

führen uns in die Schritte der neusten Tanzform, des „Reg-

gaeton“, ein.

Dienstag, 7. März

Wir wandern durch alle Klassen und stellen uns und unsere

geplanten Aktivitäten vor. Jede von uns hat dazu ein paar

spanische Sätze auswendig gelernt. Dass in Hamburg zur

Zeit Schnee liegt und wir mit dicken Schals und Mänteln

abgefl ogen sind, hinterlässt bei den Kindern einen beson-

ders tiefen Eindruck, angesichts der Temperatur von um die

35 Grad.

Anschließend gehen wir in Klassen unterschiedlicher

Jahrgänge und beobachten interessiert den Unterricht in

Spanisch und Mathematik.

Später geben zwei von uns eine Stunde Deutschunterricht,

von der die Kinder sehr angetan sind. Noch die ganze

Woche über werden wir auf dem Schulhof mit „Guten Tag“,

„Wie geht es dir?“ und „Tschüss!“ begrüßt und verab-

schiedet.

Die vier Mädchen der Kunstgruppe beginnen währenddes-

sen mit den Überlegungen zum Wandbild.Ein Novum in der Schule „Teresa Arce“, und auch nur eine Doppelstunde lang: Deutschunterricht!

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Mittwoch, 8. März

Morgens setzen wir uns zusammen und besprechen unsere

ersten Beobachtungen und Fragen. Dann berichtet uns

Bernarda López über das nicaraguanische Schulsystem,

die gegenwärtige Bildungspolitik und die erfolgreichen

Lehrerstreiks der vergangenen Jahre. Wir vergleichen

das Gehörte mit unseren Erfahrungen und begeben uns,

ausgerüstet mit vielen Informationen, zu dem Vertreter des

Bildungsministeriums in der Stadt León. Später kommt

noch die Abgeordnete des Bildungsministeriums in der

Provinz León dazu.

Es wird ein zunehmend offeneres Gespräch über den Alltag

in den Schulen, v.a. aber auch über die Schulpartnerschaf-

ten, deren Bedeutung die beiden nicaraguanischen Politiker

lobend hervorheben.

Während des Gesprächs entsteht der Plan, einen Brief an

den Hamburger Senat zu verfassen, in dem die beiden Mi-

nisteriumsvertreter die wichtige Rolle der Schulpatenschaf-

ten unterstreichen und um die Fortführung und Unterstüt-

zung dieser Arbeit bitten wollen.

Dieser Brief liegt vor und wir beabsichtigen, ihn in der Ham-

burger Senatskanzlei persönlich zu übergeben.

Anschließend fahren wir – wie immer mit einem Bus des

öffentlichen Nahverkehrs – in unsere Schule.

Im Gespräch mit der Schuldirektorin.

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Unsere beiden Lehrer führen ein weiteres Planungsge-

spräch mit einer Direktorin über die Aktivitäten der nächs-

ten Tage, während wir uns in der Schule umsehen und

unterschiedliche Klassen in ihrem Unterricht besuchen,

diesmal in der Nachmittagsschicht.

Die Kunstgruppe diskutiert weiter das Konzept des Wand-

bildes und beginnt zu malen.

Donnerstag, 9. März

Wir fahren früh zur Schule, ziehen uns in einen Klassen-

raum zurück und machen Interviews mit fünf Schülerinnen

unterschiedlicher Jahrgänge.

In den Pausen sind wir immer umlagert von vielen Kindern,

die uns anfassen und Liebesbriefe zustecken oder mit uns

fotografi ert werden wollen.

Am Mittag begleiten wir in Kleingruppen zu zweit oder zu

dritt je zwei Mädchen und zwei Jungen nach Hause. Wir

besichtigen die Wohnungen, nehmen am Mittagessen teil

und unterhalten uns mit den Familien.

Nachmittags setzt die Kunstgruppe die Arbeit am Wandbild

fort.

Ein Interview von Schülerin zu Schülerin.

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Freitag, 10. März

Früh in der Schule gehen drei von uns in den 6. Jahrgang,

in den von einigen Eltern und der Schulleitung außerplan-

mäßig organisierten Englischunterricht. Dort sehen wir die

englischen Lehrbücher, die wir im vergangenen Jahr mit

gesammeltem Geld fi nanziert haben. Die drei Mädchen ge-

ben eine Doppelstunde in Englisch und üben mit der Klasse

ein Lied ein.

Unterdessen stellt die Kunstgruppe das Wandbild fertig

- einen friedlich lächelnden Löwen (das Wappentier der

beiden Städte Hamburg und León) in einem tropischen

Blätterwald.

Es wird bei der anschließenden Abschiedszeremonie unter

großem Beifall enthüllt und zusammen mit zwei Partner-

schaftstafeln an zentraler Stelle in der Schule aufgehängt.

Zu unserer Verabschiedung sind alle Schüler und Leh-

rerinnen, Bernarda López und weitere auswärtige Gäste

eingeladen. Es gibt Musik, feierliche Reden, Gedichte und

Tanzvorführungen. Die Schulleiterin würdigt die Schulpart-

nerschaft und unsere Arbeit und beschenkt jede einzelne

von uns.

Danach setzen wir uns mit dem gesamten Kollegium und

der Schulleitung zusammen, und nach einem gemeinsamen

Mahl aus der nicaraguanischen Küche und einer kleinen

Salsa-Einlage besprechen wir die vergangene Woche und

Übergabe der Partnerschaftstafel auf dem Abschlussfest.

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die Projekte für die Zukunft der Partnerschaft, die Wünsche

für den nächsten Container und die Verwendung der Gelder

aus dem letztjährigen „Sponsored Run“.

Zwei Vorhaben stehen zur Diskussion: die Teilüberdachung

des Schulhofes mit Segeltuch (die Idee mit dem Segeltuch

kam von einer unserer Mitschülerinnen) und der Bau eines

zweistöckigen Gebäudes, das unten ein z.Zt. fehlendes Klas-

senzimmer und oben einen Multifunktionsraum als Biblio-

thek, Gruppenarbeitsraum und langfristig auch eine Leihbü-

cherei für den Stadtteil beherbergen könnte. Die endgültige

Entscheidung soll getroffen werden, sobald Kostenvoran-

schläge für beide Vorschläge eingeholt sind.

Am Nachmittag steht die Abschiedsfi esta an, die wir für

die Schüler von „Teresa Arce“ geben. Wir organisieren viele

deutschtypische Gruppenspiele wie Dosenwerfen, Stoptanz,

die Reise nach Jerusalem und verteilen mitgebrachte Preise.

Am Ende steht ein trauriger Abschied mit vielen Fotos,

Briefchen, „Besitos“ und dem Versprechen, bald wiederzu-

kommen.

Sonnabend, 11. März

Unsere Lehrer fahren in die Schule, um sich die Abdeckung

unseres Wandbildes mit einem Plexiglasdeckel anzusehen.

Dann führen sie ein Gespräch mit dem (Nacht- und Wo-

chenend-)Wächter der Schule, der auch für die gärtneri-

sche Gestaltung des Geländes zuständig ist.

Zu Besuch im Umweltinstitut CIMAC, welches unter anderem auch mit „Teresa Arce“ in der Umwelterziehung zusammenarbeitet.

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Sonntag, 11. März – Ausfl ugstag

Die Lehrer laden Bernarda López, Paulina Alonso und

ihre Partner zu einem Ausfl ug an die Ausgrabungsstätte

des alten León und an die Pazifi kküste ein.

Montag, 12. März

Wir besuchen das Umweltdidaktische Zentrum von León,

das CIMAC, und führen mit dem Leiter ein Informations-

gespräch über den Umweltschutz in Nicaragua, die Arbeit

des Instituts mit den Schulen und die Möglichkeit eines

gemeinsamen umweltpolitischen Projekts mit einer Klasse

in „Teresa Arce“. Da eine 6. Klasse unserer Patenschule

schon im CIMAC zu Besuch war, zeichnet sich die Idee

eines zweisprachigen Jahreskalenders zum Thema „Was-

ser“ ab.

Am Abend laden wir Bernarda López und die vier Lehrerin-

nen des Partnerschaftskomitees zum Essen ein und werten

gemeinsam die vergangene Woche aus.

Auswertung des Projekts

Der erste Eindruck, den wir beim Besuch unserer Paten-

schule hatten, war überraschend positiv. Das Gebäude war

gerade blau-weiß (die Nationalfarben) gestrichen worden,

auf dem Hof blühten Blumen und Bäume, die Kinder trugen

ihre blau-weißen Schuluniformen und sahen äußerlich

gepfl egt aus.

Im Lauf der Zeit konnten wir jedoch hinter die Fassaden bli-

cken. Während der Unterrichtsbesuche, in den Interviews,

beim täglichen Kontakt mit den Kindern und den Hausbe-

suchen in den Familien ergab sich ein realistischeres, aber

auch erschreckendes Bild:

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Nach der Schule wird die förmliche Schuluniform sofort

gegen die öfter getragene und weitergereichte Alltagsklei-

dung ausgetauscht. Die Uniform wird für den nächsten Tag

gewaschen oder an ein Geschwisterkind weitergegeben.

Nach dem einfachen Mittagessen (Standard: Reis und rote

Bohnen) müssen fast alle in irgendeiner Form mithelfen, sei

es, dass sie der Mutter beim Backen von Tortillas zur Hand

gehen, auf die kleineren Geschwister aufpassen, beim Vater

zupacken oder selbst zum Arbeiten (meist Verkauf von

Kaugummi und Süßigkeiten ) geschickt werden.

Im Unterschied zu diesem anstrengenden Leben scheint

die Schule ihnen einen Ort zu bieten, an dem sie noch Kind

sein, toben und spielen dürfen. Denn es fi el uns allen auf,

dass die allermeisten Kinder dort – im Gegensatz zu hier

- gern zur Schule gehen.

Uns hat aber auch erschreckt, wie viel Wert auf das äußere

Erscheinungsbild gelegt und wie wenig Aufmerksamkeit

den tatsächlichen Problemen geschenkt wird. Dies fi el uns

u.a. bei der adretten Schuluniform auf, aber auch bei der

Die Klassen waren riesengroß, die Kinder oft älter als der

Jahrgangsdurchschnitt in Deutschland. Sie stammen meist

aus ärmlichen, oft aus sehr armen Verhältnissen. Sie schla-

fen meist zu zweit oder zu dritt in einem Bett in kleinen Ein-

oder Zweizimmer-Häusern. Eine der vier Behausungen, die

wir aufsuchten , bestand aus Pappe, Wellblech und Plastik.

Zu Besuch bei der Schülerin Milagros, deren Familie hauptsächlich...

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Direktorin. Sie vermittelte uns das Bild einer gut organisier-

ten, ansprechenden Schule, doch hatten wir manchmal das

Gefühl, dass sie auf die Schwierigkeiten einzelner Kinder

nicht mit der nötigen Fürsorglichkeit einging. Sie versuchte

das Gesamtbild zu wahren.

Andere Erfahrungen hatten wir mit den Lehrerinnen, die

meist menschlich mit den Schülern umgingen, sich um

Verbesserungen in der Schule bemühten und gerne mit uns

kooperierten.

Wir selber wurden mit einer überwältigenden Freundlichkeit

vor allem von den Kindern aufgenommen und fühlten uns

gerührt und stolz über die offene und unvoreingenommene

Art, in der sie uns begegneten.

Abschließend können wir sagen, dass diese Reise die

Partnerschaft zwischen den beiden Schulen vertieft und

verbessert hat, weil wir nun ein realistischeres Bild mit

nach Hamburg genommen haben. Die Probleme sind uns

bewusster geworden und wir können gezielter helfen. Wir

haben außerdem einen engen Kontakt mit den Kindern und

den Lehrerinnen gefunden und beneiden die Menschen in

Nicaragua um ihre Gelassenheit, ihre Fröhlichkeit und ihre

Herzlichkeit, die sie sich trotz ihrer schwierigen Lebensver-

hältnisse bewahren.

...von den Tortillas lebt, welche die Mutter mit Milagros zusammen verkauft.

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Wir haben auf dieser Reise so berührende Eindrücke und

Erlebnisse gehabt, dass wir uns animiert und bestärkt darin

fühlen, weiter für die Partnerschaft zu arbeiten.

Ausblick

Zu guter Letzt möchten wir unsere Ideen und Pläne für die

Schulpartnerschaft mit Nicaragua in näherer und fernerer

Zukunft vorstellen. Über die bewährten Programmpunkte

wie die jährliche Sammelwoche oder den Austausch von

Briefen und Karten hinaus haben wir uns auf der Reise

weitere Aktionen überlegt, die helfen sollen, „Teresa Arce“

in unserer eigenen Schule noch stärker bekannt zu machen

und mehr zu integrieren.

– Eine Durchsage im Schullautsprecher hat Schüler- und

Lehrerschaft auf unsere interessante Reise und Rückkehr

aufmerksam gemacht.

– Eine Woche nach unserer Rückkehr lief während der ein

stündigen Mittagspause eine Diaschau mit Reisefotos.

– Auf einer Schulkonferenzsitzung wie im Elternrat hat es

erste ausführliche Berichte gegeben.

– Wir haben diesen Bericht über die Erlebnisse, Erfahrun

gen und Ergebnisse unserer Reise verfasst, der unseren

Sponsoren, der Schulleitung und allen Interessierten

zugehen wird.

– Folgen soll demnächst eine Ausstellung, bei der wir einige

Kinder aus „Teresa Arce“ in Text und Bild vorstellen und

so eine menschliche Nähe zu ihnen schaffen wollen.

– Während der Zeit in der Partnerschule haben wir ein

Video gedreht, das gerade geschnitten und bearbeitet

wird und dann in der Schule gezeigt werden und Distanz

überbrücken soll.

– Im Mai trifft sich das Partnerschaftskomitee der Kloster

schule mit Vertreterinnen unserer Gruppe, um in einer

längeren Sitzung die Struktur und Schwerpunkte der

künftigen Arbeit zu planen.

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– Zusammen mit diesem Bericht werden wir in der Senats

kanzlei einen Brief aus dem nicaraguanischen Bildungs

ministerium übergeben, der für die Würdigung und

weitere Unterstützung der Schulpartnerschaften wirbt.

– Im Sommer wird auf einem Fest der Klosterschule ein

selbst erstelltes Wandbild eingeweiht werden, das als

Pinnwand für wichtige und aktuelle Informationen und

Fotos dienen soll.

– Die Schulpatenschaft mit Nicaragua soll eine eigene

ansprechende Homepage erhalten, auf der wir unsere

Projekte vorstellen und immer die aktuellsten News anzei

gen können.

Auch für die weitere Zukunft der Schulpartnerschaft haben

wir Pläne:

Bereits in die Wege geleitet haben wir ein ganz eigenes

Projekt unserer Nicaragua-AG, das aus Beobachtungen im

Unterricht in „Teresa Arce“ erwachsen ist: Wir werden dort

mit selbst erarbeitetem Geld zunächst für zwei Jahre einen

Förderunterricht fi nanzieren, den Paulina Alonso überneh-

men wird, eine dafür ausgebildete Lehrerin, die sich auch in

der Schulpartnerschaft besonders engagiert. Damit helfen

wir gezielt den Kindern, die sonst keine Chance auf der

Schule und somit keine guten Aussichten für die Zukunft

Nachhilfe im Schreiben; der Ausgangspunkt unseres Förderprojekts.

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hätten. Zusätzlich bessern wir das Gehalt der Lehrerin auf,

die sehr schlecht bezahlt wird.

Nach intensiven Gesprächen mit den Lehrerinnen und den

Direktorinnen von „Teresa Arce“ haben wir konkrete An-

haltspunkte dafür, was die Schule vor allem benötigt und

was wir also mit dem nächsten Container im September

schicken sollten. Es handelt sich um so unterschiedliche

Dinge wie Tafelkreide, Geometriekörper, Schuhe für die

Lehrerinnen, Taschenrechner, Geodreiecke und vieles mehr.

Langfristig planen wir ein größeres Bauprojekt, das wir mit

dem im „Sponsored Run“ des vergangenen Jahres erwirt-

schafteten Geld fi nanzieren werden. Zur Wahl stehen die

Teilüberdachung des Schulhofes oder die Errichtung eines

doppelstöckigen Mehrzweckgebäudes.

Abschließend möchten wir sagen, dass uns die Reise nach

Nicaragua motiviert hat, mit vereinten Kräften und voller

Elan an der Umsetzung dieser und weiterer Pläne zu

arbeiten.

Auf dem Abschlussfest: Hamburger Schülerinnen organisieren in Nicaragua eine Reise nach Jerusalem.

Westphalensweg 7

20099 Hamburg

Tel. 42 88 21 - 0

Fax 42 88 21 - 10

E-mail: [email protected]

Internet: www.klosterschule-hamburg.de


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