+ All Categories
Home > Documents > Neuphilanthropismus (schluss)

Neuphilanthropismus (schluss)

Date post: 09-Jan-2017
Category:
Upload: lenga
View: 212 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
4
Neuphilanthropismus (schluss) Source: Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik, Vol. 18, No. 10 (Dec., 1917), pp. 309- 311 Published by: University of Wisconsin Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/30167915 . Accessed: 21/05/2014 10:22 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik. http://www.jstor.org This content downloaded from 193.104.110.132 on Wed, 21 May 2014 10:22:13 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
Transcript
Page 1: Neuphilanthropismus (schluss)

Neuphilanthropismus (schluss)Source: Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik, Vol. 18, No. 10 (Dec., 1917), pp. 309-311Published by: University of Wisconsin PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/30167915 .

Accessed: 21/05/2014 10:22

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

.

University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toMonatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik.

http://www.jstor.org

This content downloaded from 193.104.110.132 on Wed, 21 May 2014 10:22:13 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 2: Neuphilanthropismus (schluss)

Neuphilanthropismus.

(Schluss.)

Wir haben alle das Empfinden, dass ein Unterricht, bei dem der Schiiler nicht bestiindig zum Zuhdren und Denken verurteilt ist, sondern den Lehrstoff in dieser oder jener Form zur Darstellung bringen darf, selbst handeln kann, imstande ist, die Schule zu einer Stiitte des warm- pulsierenden Lebens zu gestalten und da griine Weide zu schaffen, wo bis anhin diirre Heide war. Diesen Neuphilanthropismus mdchte ich daher dem eingangs erwiihnten gegeniiberstellen.

Die richtige Auswahl des Unterrichtsstoffes ist von grundlegender Bedeutung. Der Stoff soll Interesse erwecken, und das wird in dem Masse der Fall sein, als er aus dem Erfahrungskreise des Schiilers, aus dem Leben geschipft ist. iltere Kollegen erinnern sich noch wie es vor einigen Jahrzehnten mit unserem sogenannten Anschauungsunter- richt aussah. Gegenstinde aus ,,Schule, Haus und Umgebung" wurden ausgewihlit nach einemn logischen Schema, um fiir jedes Sachgebiet einen begrifflichen Typus aufzuweisen. Dabei war es nieht zu vermeiden, dass Objekte zur Besprechung gelangten, die dem Schiiler so gleichgiiltig waren, wie die Namen der chinesischen Kaiser. Heute hat sich bei uns die tberzeugung durchgerungen, dass die Stoffgebiete nicht bloss nach Stadt und Land, industrieller oder agrikoler Gegend wechseln miissen, sondern dass vornehmlich auch die Alters- und Entwicklungsstufe des Schiilers dabei mitspreche. Im I. Schuljahre steht dem Kinde sein Spiel, sein Verhiltnis zu Mutter und Geschwistern im Mittelpunkt des Interesses. Spliter sind es entsprechend dem erweiterten Blickfelde des Schiilers die Menshen und Dinge der niheren und weiteren Umgebung, bei deren Auswahl stets das seelische Verhltnis des Z6glings zu den einzelnen Objekten massgebend sein soll. Selbstverstaindlich soll sich der Schreibleseunterricht mit seinen Mustersitzen und Normalwartern an die genannten Anschauungskreise anlehnen. Der Lesestoff unserer Schulbiicher hat sich in den letzten Jahren merklich verbessert. Doch treffen wir da und dort noch jene widerlichen, moralisierenden Erzlih- lungen, die denm Denken und Fiihlen des Kindes nicht zusagen. Indessen haben aber vershiedene Bahnbrecher auf diesem Gebiete durch die Tat

gezeigt, wie ein zeitgem~sses Schulbuch aussehen soll (Gansberg, Schar- relmann). Aber trotzdem fiihlt jeder schweizerische Lehrer den Mangel eines nationalen Schullesebuches, eines Schulbuches, das, teils realistische, teils belletristische Stoffe enthaltend, nicht vom ersten besten ,,erfahrenen Schuhlmanne", sondern von einem vaterlandischen Dichter verfasst, in einer Reihe von Monographien ein anschauliches Bild von Land und

This content downloaded from 193.104.110.132 on Wed, 21 May 2014 10:22:13 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 3: Neuphilanthropismus (schluss)

Monatshefte fiir deutsche Sprache und P~idagogik.

Leuten, industrieller und landwirtschaftlicher Tatigkeit bietet, eine Schil- derung der heutigen Kultur unseres kleinen und doch so vielgestaltigen Landes. Vielleicht in der Form eines kleinen Ferien- oder Reiseromanes abgefasst, diirfte das Buch nicht nur als eine kurze Realenzyklopidie fiir unsere Schweizerschiiler dienen, sondern es wiirde auch zum geistigen Bande zwischen den Eidgenossen deutscher und romanischer Zunge werden und den nationalen Sinn fardern.

Ein Martyrium bedeuteten vormals auch die Schablonenaufsitze. Gliicklicherweise ist die Zeit vorbei, wo der Lehrer seine Aufsatzthemen entweder einer gedruckten Sammlung entnahm oder irgendeinen Gegen- stand aus einem der drei Na-turreiche nach einem fiberlieferten unfehl- baren Schema beschreiben liess. Heute schapfen die Lehrer aus des Lebens goldenem tberfluss. Allein unsere Schuleinteilung bringt es mit sich, dass die ganze Klasse ohne Riicksicht auf die Bediirfnisse der ein- zelnen Schiiler iiber denselben Stoff schreiben muss. Man mute einmal einem Erwachsenen zu, iiber einen Gegenstand etwas zu schreiben, der ihm ganz fremd ist, z. B. einem Gesangslehrer iiber den Turnunterricht oder einem Schlosser iiber eine landwirtschaftliche Frage. Finden wir es aber nicht am Platze, in einer Schulklasse alle Kinder, Knaben wie Miidchen mit verschiedenartigen Anlagen und Erlebnissen, iiber denselben Gegenstand sich schriftlich auszusprechen? Wie leicht kann in vielen Fiillen durch Varianten bei der Behandlung den einzelnen Schiilern Rechnung getragen werden! fters diirften die Themen nach den Ge- schlechtern oder den beruflichen Verhiiltnissen ausgewihlt werden. Miid- chen verlangen naturgemiss andere Stoffgebiete als Knaben; letzteren wird ein ,,militiirisches" Thema Veranlassung zu ganz gediegenen Auf- sitzen bieten. Schiiler aus industriellen Kreisen werden, wenn sie sich beim Schreiben in ihrem Erfahrungskreise bewegen diirfen, ebenso Be- friedigendes zutage fSrdern, wie der Bauernknabe, der sich fiiber seines Vaters Feld und Arbeit ausspricht.

Das praktische Rechnen wird in unsern Schulen hiufig noch ,,zu praktisch" betrieben. Die Beispiele werden niimlich aus Gebieten herbei- geholt, die dem Denken und Fiihlen des Schiilers noch fremd sind. Da sol1te ein zwlfjihriges Miidchen in die Gedankenwelt des Kaufmannes eintreten und an seinem Gewinn und Verlust teilnehmen. Oder ein Kind, das den Wein kaum vom Hrensagen kennt, soll eine Mischungs- rechnung ausfiihren. Ist es denn wirklich notwendig, dass man in der Schule sich so ausschliesslich in Stoffgebieten bewege, die einmal der Erwachsene im Leben su bebauen hat, die dem Schiiler aber doch so fern und fremd sind? Gerade im Rechnen, diesem eigentlichen Denkfache, sollte man vor allem darauf Bedacht nehmen, dass die ,,praktischen Bei- spiele" in den wirklichen Vorstellungsgebieten des Schiilers gesucht wer- den. Man lasse daher kleinere Mildchen das Mass und die Kosten eines

310

This content downloaded from 193.104.110.132 on Wed, 21 May 2014 10:22:13 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 4: Neuphilanthropismus (schluss)

Die Grammatik im Anfan gsunterricht.

Puppenkleidchens berechnen, die Knaben vielleicht den Ertrag einer KIaninchenzucht oder die Dimensionen einer Indianarhiitte, die sie an einem freien Nachmittage in einer nahen Wildnis erstellt haben. Die Prozentrechnungen diirfen sich auch einmal das Geflle einer Schlitt- bahn zum Vorwurfe wiihlen. Wer es versteht, sich in den jugendlichen Gedankenkreis einzufiihlen, wird um Beispiele nicht verlegen sein. Im- merhin was wir im Leben von dem in der Schule Gelernuten verwerten kdnnen, bleibt doch in den meisten Fallen die formale Fertigkeit, die wir dort erworben haben; denn die wirklichen praktischen Beispiele sehen im Leben zum grossen Teil anders aus, als die in der Schule geiibten.

Die beiden Facher Geopraphie und Naturkunde verraten nicht selten da, wo sie Fachlehrer erteilen, zuviel systematische Vollstlindigkeit, statt dass sie die Bediirfnisse des taiglichen Lebens zu ihrem Zielpunkte neh- men. Die Herkunft dter verschiedenen Nahrungsmittel und Stoffe, deren Transport und Verarbeitung und Thnliche Fragen der Volkswirtschaft miissen unsere Schiiler in hbherem Grade anregen als die griindliche und allseitige Behandlung eines geographischen oder naturgeschichtlichen Gebietes. Und dasselbe gilt schliesslich vom Geschichtsunterrichte, dessen Friichte ich um so hiher einschlitze, je mehr er hervorhebt, was in der Neuzeit noch fortwirkt. Geschehnisse, deren Auslaufer in die Gegenwart hineinragen und unser heutiges Leben noch beinflussen, nehmen unser Interesse in Anspruch, wThrend solche Ereignisse, die in der Vergangen- heit ihr Ende und Grab gefunden haben, die Teilnahme, wenigstens unserer Jugend, nicht zu gewinnen vermigen.

Wer die Schule im Sinne des Philanthropismus umgestalten will, findet ein weites und dankbares Feld zur Bearbeitung; aber als Leit- sterne sollen ibm dabei die Bediirfnisse des Zaglings leuchten und nicht die Irrlichter pers6nlicher Riicksichten.

Die Grammatik im Anfangsunterricht.

Von Arthur Rollin Graves, Ph. D., Uni. of Minnesota.

In einem Aufsatz im ,,Educational Review" weist ein friiherer Aus- tauschlehrer der Carnegieschen Stiftung, William S. Learned, auf einen wesentlichen Unterschied bin, der in den hdheren Schulen Deutschlands und Amerikas obwaltet. Der Lehrer nimmt niimlich driiben eine viel wichtigere Stellung im Schulsystem ein, als es bei uns der Fall ist, nicht nur im allgemeinen in den Xusserlichkeiten und der ungleich haheren

1 "An American Teacher's Year In A Prussian Gymnasium", Educational Review, pp. 346-370, April 1911.

311

This content downloaded from 193.104.110.132 on Wed, 21 May 2014 10:22:13 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions


Recommended