+ All Categories
Home > Documents > Neue Wege für die Management-Accounting-Forschung

Neue Wege für die Management-Accounting-Forschung

Date post: 24-Jan-2017
Category:
Upload: dinhkiet
View: 212 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
2
Neue Wege für die Management-Accounting- Forschung Diskussionen auf der ACMAR 2014, Vallendar „Management Accounting braucht eine starke Position. Dem Financial Accounting darf nicht das Feld überlassen werden“, warnte Ranjani Krishnan, Professorin der Michigan State Uni- versität, ihre Zuhörer zu Beginn ihrer Keynote bei der dies- jährigen „Annual Conference for Management Accounting Research” (ACMAR) an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Ein zentrales Ziel des Accountings sollte es sein, Informationen über die Wirtschaftlichkeit einer Aktivität zu liefern. Die bereitgestellten Daten werden laut Professor Krishnan jedoch von Messfehlern und Verzerrungen beein- flusst. Sie erklärte in diesem Zusammenhang vier Phänome- ne: Zum einen werden Financial-Accounting-Systeme sehr häufig für die interne Entscheidungsfindung genutzt. Mit mehreren Beispielen machte Krishnan deutlich, dass eine sol- che Nutzung Nachteile für Unternehmen hat. Zum anderen gibt es bei Managern oftmals Defizite in betriebswirtschaftli- chen Grundlagen. So wurde seit 2006 durch mehrere Wissen- schaftler gezeigt, dass sich Kosten nicht linear darstellen las- sen. Ein Umstand, der von vielen Managern noch immer nicht beachtet wird. Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die Rolle von mentalen Modellen. Diese Modelle bestimmen das Handeln vieler Akteure, werden jedoch meistens unterschätzt. Abschließend lenkte Ranjani Krishnan den Blick auf die fal- sche Annahme, dass Manager stets rational handeln. Grundsätzlich muss sich die Management-Accounting-For- schung laut Krishnan Gedanken machen, wie man anderen Wissenschaftsfeldern etwas zurückgeben könne. Das Anwen- den und Nutzen von Erkenntnissen anderer Felder habe die aktuelle Forschung im Bereich Management Accounting vorangetrieben. Um sich mit anderen Wissenschaftsfeldern auf Augenhöhe zu messen, sei jedoch ein gegenseitiger Aus- tausch notwendig. Professorin Krishnan gelang es mit ihrer energiegeladenen Art, alle Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Ihre kritischen Thesen regten zum Nachdenken an. Mit Dr. Rainer Schwarz, Leiter des Konzern-Controllings im Bayer Konzern, stellte sich – einer Tradition der ACMAR folgend – ein Praktiker als zweiter Keynote Speaker dem wis- senschaftlichen Auditorium und gab Einblicke in einen seiner aktuellen Arbeitsschwerpunkte. Dr. Schwarz legte den Fokus auf das Management der administrativen Kosten in der Bayer Gruppe und vertiefte den Ansatz am Beispiel des kontinuier- lichen Verbesserungsprozesses der Controlling-Funktion. Kernaufgabe sollte es sein, klar getrennte Verantwortlichkeiten für die administrativen Kosten zu definieren. Hierbei sollte der Grundsatz gelten, dass jeder nur für die Kosten verantwortlich ist, die er auch beeinflussen kann. Diese Idee ist zwar nicht neu, in Bezug auf administrative Kosten ist sie jedoch nicht breit implementiert. Durch tiefgreifende Veränderungen ist es der Bayer AG in den vergangenen Jahren gelungen, die adminis- trativen Kosten trotz Wachstum und Inflation weitgehend kon- stant zu halten. Im dezentral organisierten Controlling-Bereich arbeitet die Bayer Gruppe über alle Teilgeschäfte und Services hinweg mit einem Community-Ansatz. Seit 2010 wurden um- fassende Effizienzsteigerungsprogramme in allen Teilbereichen 74 Controlling & Management Review 3 | 2014 Service | Community Events Ranjani Krishnan, Professorin der Michigan State Universität, wirft einen kritischen Blick auf die Relevanz der Management- Accounting-Forschung. Foto: © Kai Myller
Transcript
Page 1: Neue Wege für die Management-Accounting-Forschung

Neue Wege für die Management-Accounting-ForschungDiskussionen auf der ACMAR 2014, Vallendar

„Management Accounting braucht eine starke Position. Dem Financial Accounting darf nicht das Feld überlassen werden“, warnte Ranjani Krishnan, Professorin der Michigan State Uni-versität, ihre Zuhörer zu Beginn ihrer Keynote bei der dies-jährigen „Annual Conference for Management Accounting Research” (ACMAR) an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Ein zentrales Ziel des Accountings sollte es sein, Informationen über die Wirtschaftlichkeit einer Aktivität zu liefern. Die bereitgestellten Daten werden laut Professor Krish nan jedoch von Messfehlern und Verzerrungen beein-flusst. Sie erklärte in diesem Zusammenhang vier Phänome-ne: Zum einen werden Financial-Accounting-Systeme sehr häufig für die interne Entscheidungsfindung genutzt. Mit mehreren Beispielen machte Krishnan deutlich, dass eine sol-che Nutzung Nachteile für Unternehmen hat. Zum anderen

gibt es bei Managern oftmals Defizite in betriebswirtschaftli-chen Grund lagen. So wurde seit 2006 durch mehrere Wissen-schaftler gezeigt, dass sich Kosten nicht linear darstellen las-sen. Ein Umstand, der von vielen Managern noch immer nicht beachtet wird. Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die Rolle von mentalen Modellen. Diese Modelle bestimmen das Handeln vieler Akteure, werden jedoch meistens unterschätzt. Abschließend lenkte Ranjani Krishnan den Blick auf die fal-sche Annahme, dass Manager stets rational handeln.

Grundsätzlich muss sich die Management-Accounting-For-schung laut Krishnan Gedanken machen, wie man anderen Wissenschaftsfeldern etwas zurückgeben könne. Das Anwen-den und Nutzen von Erkenntnissen anderer Felder habe die aktuelle Forschung im Bereich Management Accounting vorangetrieben. Um sich mit anderen Wissenschaftsfeldern auf Augenhöhe zu messen, sei jedoch ein gegenseitiger Aus-tausch notwendig. Professorin Krishnan gelang es mit ihrer energiegeladenen Art, alle Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Ihre kritischen Thesen regten zum Nachdenken an.

Mit Dr. Rainer Schwarz, Leiter des Konzern-Controllings im Bayer Konzern, stellte sich – einer Tradition der ACMAR folgend – ein Praktiker als zweiter Keynote Speaker dem wis-senschaftlichen Auditorium und gab Einblicke in einen seiner aktuellen Arbeitsschwerpunkte. Dr. Schwarz legte den Fokus auf das Management der administrativen Kosten in der Bayer Gruppe und vertiefte den Ansatz am Beispiel des kontinuier-lichen Verbesserungsprozesses der Controlling-Funktion. Kernaufgabe sollte es sein, klar getrennte Verantwortlichkeiten für die administrativen Kosten zu definieren. Hierbei sollte der Grundsatz gelten, dass jeder nur für die Kosten verantwortlich ist, die er auch beeinflussen kann. Diese Idee ist zwar nicht neu, in Bezug auf administrative Kosten ist sie jedoch nicht breit implementiert. Durch tiefgreifende Veränderungen ist es der Bayer AG in den vergangenen Jahren gelungen, die adminis-trativen Kosten trotz Wachstum und Inflation weitgehend kon-stant zu halten. Im dezentral organisierten Controlling-Bereich arbeitet die Bayer Gruppe über alle Teilgeschäfte und Services hinweg mit einem Community-Ansatz. Seit 2010 wurden um-fassende Effizienzsteigerungsprogramme in allen Teilbereichen

74 Controlling & Management Review 3 | 2014

Service | Community Events

Ranjani Krishnan, Professorin der Michigan State Universität, wirft einen kritischen Blick auf die Relevanz der Management- Accounting-Forschung.

Foto

: © K

ai M

ylle

r

Page 2: Neue Wege für die Management-Accounting-Forschung

mit unterschiedlichen Schwerpunkten anhand von externen und internen Funktionsvergleichen und Managerbefragungen unternommen. 2014 steht die bereichsübergreifende Optimie-rung im Mittelpunkt. Im Rahmen der „Controlling Agenda 2015“ werden zurzeit vielfältige Maßnahmen angestoßen, die von der IT bis zu HR viele Unternehmensbereiche betreffen.

Kari Lukka, Professor an der Turku School of Economics, stellte als dritter Keynote Speaker am zweiten Tag der ACMAR seine Forschungsagenda vor. Sein Anliegen ist es, die in den vergangenen Jahren angezweifelte praktische Relevanz der Management-Accounting-Forschung wiederherzustellen. Entwicklungen in der Wissenschaft und Praxis sollten keinen Wiederspruch darstellen. Ein möglicher Lösungsansatz hierfür mag die Beachtung verschiedener intellektueller Werte sein. Wissenschaftler sollten sich über diese Werte und den Umgang mit ihnen klar werden. Für eine erfolgreiche Verbindung von Wissenschaft und Praxis zeigte Kari Lukka im Anschluss ver-schiedene Möglichkeiten auf. Durch „Engaged Scholarships“, eine intensive Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Praktikern mit dem Ziel eines gemeinsamen Erkenntnisge-winns, kann Wissen generiert werden, welches sowohl die Hürden der Wissenschaft als auch der Praxis überwindet. Interventionist Research kann hierbei als Katalysator dienen.

Im Rahmen einer Fall-/Feld-Längsschnittstudie kann der in-volvierte Forscher Wissen generieren. Als aktiver Part der Pro-zesse bieten sich ihm neue Blickwinkel. Es gilt jedoch aufzu-passen, dass der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn im Fokus steht und es sich nicht um ein Beratungsprojekt handelt.

Die ACMAR fand zum elften Mal am 13. und 14. März in Vallendar statt. Auch in diesem Jahr folgten rund 130 Profes-soren und Doktoranden der Einladung des Instituts für Ma-nagement und Controlling (IMC) unter der Leitung von Pro-fessor Utz Schäffer und Professor Jürgen Weber. Zum ersten Mal vollständig in englischer Sprache, bot die Konferenz erneut eine Plattform des Austauschs für Wissenschaftler aus Deutsch-land und der ganzen Welt. Zu den mehrfach diskutierten The-men zählte auch die Zukunft des Controllings, die schon in der Eröffnungsrede von Professor Schäffer angesprochen wurde. Mit Vortragenden nicht nur aus Deutschland, sondern aus ganz Europa, so unter anderem von der Universität Innsbruck, der Erasmus-Universität Rotterdam, der Universität Amsterdam und der Dublin City Universität, hat sich die ACMAR als europäische Tagung etabliert. Die nächste ACMAR wird am 5. und 6. März 2015 in Vallendar stattfinden.

Benedikt Brill, Vallendar

Wie Controller Nachhaltigkeit in Unternehmen integrieren17. Konferenz des EMAN, Rotterdam

„From Sustainability Reporting To Sustainability Manage-ment Control” – unter diesem Motto stand die diesjährige Konferenz des Environmental and Management Accounting Network (EMAN). Während sich die bisherige Forschung vorwiegend mit dem evaluativen Aspekt der Integration von Nachhaltigkeit befasste, stand in diesem Jahr die Frage im Vordergrund, wie Unternehmen Nachhaltigkeit in die Unter-nehmenssteuerung einbinden können.

Die präsentierten Beiträge zeigten, dass von externen Ins-titutionen entwickelte Standards, wie beispielswiese die Stan-dards der Global Reporting Initiative (GRI), wichtig für die Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmenssteue-rung sind. Darüber hinaus wurde diskutiert, welche Rolle Controller bei der Steuerung von Nachhaltigkeit spielen. Am

Beispiel Carbon Accounting betonte Frank Hartmann, Pro-fessor an der Rotterdam School of Management, dass Con-troller als Verantwortliche für die internen Prozesse bei der Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmenssteue-rung stärker berücksichtigt werden müssen.

An der 17. Konferenz des EMAN, die vom 27. bis 28. März 2014 an der Erasmus Universität in Rotterdam stattfand, nah-men rund 120 Forscher und Praktiker aus über 20 Ländern teil. Neben interessanten Diskussionen zu insgesamt 53 prä-sentieren Beiträgen, hatten die Teilnehmer bei einer Boots-fahrt durch den Hafen von Rotterdam und einem Museums-besuch die Möglichkeit, die Stadt kennenzulernen und wert-volle Kontakte zu knüpfen.

Jochen Botta, Vallendar

75Controlling & Management Review 3 | 2014

Service | Community Events


Recommended