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mopinio 3 2013

Date post: 07-Nov-2014
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Abfahrt Richtung Billiglöhne? Die aktuelle Ausgabe der mopinio befasst sich unter anderem mit verschiedenen Aspekten des Busmarktes. Im Regionalverkehr werden durch Ausgründungen und Sub-Vergaben Tariflöhne unterwandert – ein extremes Beispiel für diese Bestrebungen kommt von der deutsch-tschechischen Grenze. Und im boomenden Fernbusmarkt locken eine Menge neuer Anbieter mit billigen Tickets für Reisen durch die Republik. Der Preiswettbewerb läuft auf vollen Touren. Negative Folgen für die Beschäftigten in den Bussen sind absehbar – soziale Vorgaben und Arbeitnehmerrechte wurden bei der Marktfreigabe durch die Politik nicht berücksichtigt.
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Busverkehr: Abfahrt Richtung Billiglöhne AUSGABE 03 / 2013
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  • 1. Busverkehr: Abfahrt Richtung Billiglhne Ausgabe 03/2013
  • 2. Hier passt alles zusammen: Qualitt aus einer Hand! Die mobifair-Zertifizierungs- und Beratungsgesellschaft mbH untersttzt Unternehmen, Verbnde und Institutionen mit einer Vielzahl von Dienstleistungen. Sie alle sind miteinander verbunden und bieten in den Bereichen Beratung, Zertifizierung, Bildung und Kontrolle individuelle Lsungen an. Den Guten eine Chance! B e r at ung Kon trol le Z ertifiZ ierun g Bi l d u n g Kontakt: mobifair GmbH Westendstrae 52 60325 Frankfurt Tel. : +49 (69) 271 39 96 - 6 Fax : +49 (69) 271 39 96 - 77 [email protected] www.mobifair-gmbh.eu
  • 3. 3 Editorial Impressum Herausgeber: mobifair e. V. Westendstrae 52 60325 Frankfurt Kontakt: 069/2713996-6 [email protected] www.mobifair.eu Geschftsfhrer: Helmut Diener (verantwortlich) Redaktion: Brigitte Klein/ Tobias Lipser presse@mobi- fair.eu Druck: alpha print medien AG Kleyerstrae 3 64295 Darmstadt Eingetragen im Vereinsregister Frankfurt am Main: VR 13555 Ab ins Beet. Unsere Arbeit trgt weiter Frchte. Es ist wie im Garten, was faul ist muss weg. Und da sind wir gerade heftig am Aussortieren. Ab ins Beet hie es gemeinsam mit dem ARD-Magazin Plusminus und da fanden wir die Bahnbus- gesellschaft RBO, die grenzberschreitend in Tschechien einen Ableger gest hat, aber leider nicht dngen wollte. Also den Mitarbeitern ihrer tschechischen Tochter- gesellschaft fr viel zu viel Arbeit viel zu wenig Lohn bezahlt. Das war nicht gut, liebe Deutsche Bahn, wenn man unter die zehn besten Arbeitgeber rutschen will. Im Fernbusverkehr luft das nicht besser. Hier wchst viel Unkraut, weil man dort die falsche Erde verwendet. Die wurde von der Bundesregierung gemischt und man hat doch glatt nicht gewollt, dass der Boden sozialdumpingfrei gehalten wird. Das rcht sich jetzt und so mssen die fleiigen Grtner, in diesem Fall Busfahrer, alles geben, damit sich die Dumping- fahrpreise auch rechnen. Da ist man schon mal viel zu lange unterwegs oder man setzt wieder einmal mehr auf gnstigere osteuropische Erntehelfer. Wir sind mit im Bus und werden beweisen, dass der Gartenplaner hier ganz etwas Wichtiges vergessen hat: Kontrollen, um vor Frost zu schtzen. Die Landesgartenschau, unsere Beiratssitzung, war ein voller Erfolg. Es ging um die vielen Blten in der Tarif treuelandschaft. Nur noch drei Bundeslnder setzen auf Unkraut und wollen weder einen Mindestlohn noch ein Tariftreuegesetz. Aber die Sense ist gewetzt und letztendlich werden sie nicht daran vorbeikommen, dass auch diese Grten blhen. Bleiben wir aktiv : Auf eine gute Ernte! Aus dem Inhalt Titelthema: Abfahrt Richtung Billiglhne Fernbus: Preiswert durch die Republik...S. 7 mobifair Beiratssitzung........S. 9 mobifair zertifiziert Abellio Rail NRW.......................S. 14 Meldungen................................S. 16 Editorial Helmut Diener, Geschftsfhrer mobifair intern: Projektabschlsse....................S. 12 Die Firma schreibt die Stunden auf, die sie braucht...................... S. 4 Konservative und Liberale senken Sozialstandards fr entsendete Arbeitnehmer in Europa...........S. 6
  • 4. mopinio 03/20134 Busverkehr Auszge aus dem Gesprch mit einem betroffenen Busfahrer: Die Firma schreibt die Stunden auf, die sie braucht Das im Grenzverkehr Deutschland/Tschechien operierende Busunternehmen RDS schickt seine Fahrer zu tglichen 14-Stunden-Schichten auf deutschen Linienstrecken los, wie mobifair herausfand. Klglicher Lohn fr die Beschftigten: Umgerechnet um die zwei Euro die Stunde. RDS fhrt im Auftrag der RBO, einer Tochter der DB AG. mo- bifair hat mittlerweile die zustndige Behrde, die Staatsanwaltschaft Passau, wegen Verstoes gegen das Arbeitszeitgesetz eingeschaltet. mobifair: Du bist seit fnf Jah- ren bei der RDS und fhrst die Buslinie Zelezna Ruda-Passau. Wie oft fhrst du am Tag? Vladislav Vlach: Zweimal nach Passau und zurck. mobifair: Wann ist Dienstbeginn? Vlach: Ich komme um 4.50 Uhr zur Arbeit, Abfahrt ist um 5.25 Uhr. Um 7.26 sind wir in Passau und um 7.45 Uhr fahren wir zurck nach Zelezna Ruda. Dazwischen ungefhr 15 Minuten Pause und in Zelezna Ruda nochmal eine halbe Stunde. mobifair: Um elf Uhr fhrst du wieder nach Passau, Ankunft ist um 13.09 Uhr? Vlach: Ja, genau. Ich habe drei Stun- den Pause, muss aber Papiere schrei- ben, den Bus waschen und tanken. Um 16.10 fahre ich zum Bahnhof an die Haltestelle und um 16.25 Uhr fa- hren wir wieder nach Zelezna Ruda. Danach wieder sauber machen, viel- leicht tanken und um 19 Uhr habe ich Feierabend. mobifair: Das ist eine Schichtzeit von 14 Stunden tglich. Vlach: Ja. 14 Stunden insgesamt. Neun Stunden fahren und fnf Stun- den Pause mit Bus subern und so. mobifair: Wie oft machst du das in der Woche? Vlach: Fnf Tage die Woche nach Passau und manchmal nochmal zustzlich diese Route und mit dem Skibus/Wanderbus zum Arber, aber am Sonntag. 6,40 Stunden und zwei Stunden Pause. mobifair: Das wrde 280 Stun- den im Monat bedeuten. Deine Lohnzettel weisen im Schnitt netto um die 22.000 tschechische Kronen aus. Das sind umge- rechnet knapp ber 800 Euro. Vlach: Ja. Ich komme auf einen Stundenlohn von unter drei Euro. mobifair: Der vorliegende Stundennachweis sieht nicht aus, als ob alles ordentlich aufgeschrieben wurde. Vlach: Ja. Die Stunden stimmen nicht. Die Firma schreibt die Stun den auf, die sie braucht, aber die Stunden der Fahrer stimmen nicht.
  • 5. 5 Busverkehr Das ARD-Magazin plusminus hat ber die Ergebnisse der mobifair-Recherchen berichtet, die Bahn bereits im Vorfeld des TV-Beitrags vehement dementiert und alle Vorwrfe von sich gewiesen. Das Unternehmen RDS hat mittlerweile teilweise reagiert und die Arbeitsbedin- gungen der Fahrer verndert. Die Staatsanwaltschaft Passau prft die Strafanzeige von mobifair gegen RDS wegen Versten gegen Arbeitszeitrecht und Lenk- zeitenverordnung. In Brssel haben die Abgeordneten des Beschftigten- ausschusses des EU-Parlaments den Plnen der EU- Kommission zur Aufweichung der Entsenderichtlinie eine Absage erteilt auch ausgelst durch die mobifair-Re- cherchen an der tschechischen Grenze. Sozialdumping in Europa msse endlich wirksam bekmpft und ein fairer Wettbewerb im Binnenmarkt sichergestellt werden, er- klrten die Sozialdemokraten im Parlament. Die Abgeord- neten drngen darber hinaus auf eine so genannte Ge- neralunternehmer-Haftung. Wenn Firmen also Sub- und sogar Sub-Sub-Unternehmer einsetzen, sollen sie knftig auch die Verantwortung dafr bernehmen, dass alle die- se Betriebe die vorgeschriebenen Standards einhalten. Immer mehr Unternehmen nutzen Werkvertrge oft al- lerdingsnurScheinwerkvertrgeund Ausgrndungen von Gesellschaften, um im Personalbereich Kosten zu drcken. Das gilt nicht nur fr die Busbranche, obwohl gerade im Bahnbusbereich ein 60- bis 70prozentiger An- teil an Subunternehmen verzeichnet werden muss. Bei Scheinwerkvertrgen liegt die Bezahlung der Beschf- tigten oft noch unter der Lohnuntergrenze fr Leiharbeit. Prfungen, etwa wegen illegaler Arbeitnehmerber- lassung, gestalten sich extrem schwierig. Kontrollme- chanismen greifen kaum, da ebenso wie bei den Sozi- alleistungstrgern auch beim Zoll zu wenig Personal eingesetzt wird. Aber auch reale Werkvertrge machen Probleme. Die Tarifbedingungen des Auftragsunterneh- mens werden unterlaufen. Die Aufgabentrger stehen auf dem Standpunkt, dass Sub-Unternehmen keine Ta- rifbindung brauchen. Der schwarze Peter bleibt somit wieder an den Beschftigten hngen, die gleiche Arbeit fr weniger Lohn leisten. Entsprechende Verordnungen, die solche Praktiken einschrnken, sind Mangelware. Betriebsrat und Sub-Unternehmen
  • 6. mopinio 03/20136 Busverkehr Die grenzberschreitende Beschftigung von Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmern in Europa nimmt zu. Im- mer hufiger werden auch im Bereich der Befrderung Mitarbeiter von ihren Firmen in EU Lnder entsandt. Hufig kommt es dabei zu Sozialdumping und selbst die bestehenden Regeln werden noch unterlaufen. Deshalb hat die Europische Kommission eine Durchsetzungs- richtlinie zur Entsenderichtlinie vorgelegt, die im Be- schftigungsausschuss des Europaparlamentes im Juni zur Abstimmung stand. Die konservativ-liberale Mehr- heit will die Durchsetzungsbestimmungen jedoch dazu missbrauchen, in Zukunft die sozialen Standards in Eu- ropa weiter zu senken. Gegen die Stimmen der Sozial- demokraten wurden zahlreiche Verschlechterungen fr entsandte Arbeitnehmer in Europa verabschiedet. Konservative und Liberale senken Sozialstandards fr entsendete Arbeitnehmer in Europa Von Jutta Steinruck und Ismail Ertug, beide MdEP, beide SPD Beschftigungsausschuss des Europischen Parla- mentes stimmt ber die Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie ab Gerade Kraft- und Busfahrer sind hiervon besonders stark betroffen, da ihr Arbeitsplatz anders als in vielen anderen Sektoren immer mobil ist. Im Falle von Missbrauch der bestehenden Regelungen zum Schutz vor Ausbeutung kann in Zweifelsfllen auch das Herkunftsland des Arbeitnehmers als rechtliche Grundlage verwendet werden. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass entsandte Arbeitnehmer dann nach den Tari- fen des Herkunftslandes bezahlt werden knnten, sofern es keine gesetzlichen Mindestlhne im Aufnahmestaat gibt. Diese Vorschlge hhlen Sozialbestimmungen in den einzelnen Mitgliedstaaten aus und knnen so nicht akzeptiert werden. Auch das knftige Verbot des Ver- bandsklagerechtes fr Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer ist fr uns vllig inakzeptabel. Diese Form der Klage muss mglich sein, wenn ArbeitnehmerInnen ge- gen ihren fehlenden Lohn oder andere Vergehen der Ar- beitgeber vor Gericht gehen wollen. Das ffnet weiterem Lohndumping Tr und Tor, was offenbar im Sinne der CDU/CSU und FDP ist. Auch wenn auf Druck der Sozialdemokraten Kontroll- rechte gestrkt werden konnten und verbindliche Haf- tungsregeln fr den Generalunternehmer aufgenommen wurden, bleibt unter dem Strich eine Richtlinie, die ent- sandte Arbeitnehmer schwcht. Damit haben schwarz- gelbe Europaabgeordnete Europa ein Stck unsozialer und unmoralischer gemacht. Leider haben die Grnen sie dabei am Ende untersttzt. BayernSPD Der Personaleinsatz in den Sub-Unternehmen wird auf Kosten der Arbeitnehmer flexibel gehandhabt. blich sind Zwangsteilzeit Einsatz nur in Auftragsspitzen- zeiten, z.B. beim Schlerverkehr auf 450-Euro-Basis oder immer neue befristete Vertrge. Dabei sehen sich auch Betriebsrte mit einer ganzen Reihe zustzlicher Probleme konfrontiert. Die Mitbestimmungsrechte bei Dienstplangestaltung, Arbeitszeit, Arbeitsschutz und internen Versetzungen auch fr Leiharbeit mssen konsequent durchgesetzt werden, oft braucht der BR einen sehr langen Atem und Mut zu Auseinanderset- zungen. Mit einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom Juli wurde der Betriebsrat bereits gestrkt: Bei unbefristeter Leiharbeit kann er seine Zustimmung ver- weigern. Dennoch bleibt in diesem Bereich eine Menge zu tun. Rechtsexperten sind sich in der Auffassung einig, dass das Betriebsverfassungsgesetz gerade auf die BR- Rechte in Sachen Leiharbeit dringend berarbeitet wer- den muss. nderungsbedarf besteht allerdings auch bei den Vorgaben der Lnder fr die Gestaltung der PNV- Verkehre oder bei EU-Verordnungen. Besonders fr den Fall der Betreiberwechsel bei Auftragsvergaben mssen verbindliche Regelungen zum Schutz der Beschftigten getroffen werden. Grundstzlich gilt, dass Betriebsrte weiter und besser qualifiziert werden mssen, um ihre zum Teil bereits vorhandenen Rechte im Zusammen- hang mit Sub-Unternehmen und Fremdarbeitskrften effektiv wahrnehmen zu knnen.
  • 7. 7 Dass der potenziell lukrative Markt viele Anbieter an- lockt, ist offensichtlich. Bis Ende 2012 gab es ganze 86 Fernbuslinien innerhalb Deutschlands davon die mei- sten von und nach Berlin. Seit der Marktffnung zum Jahresanfang 2013 hat sich das Angebot nach Anga- ben des Verkehrsministeriums nahezu verdoppelt. Al- lein zwischen Januar und Mrz sind die Unternehmen MeinFernbus.de; city2city, DeinBus.de, public express, Flixbus und Univers mit ihren Linien gestartet, Post und ADAC haben ihre eigene Grooffensive fr den Herbst angekndigt. Ein Drittel des Marktes wird angepeilt, teilte der ADAC mit. Das ist ein dicker Brocken, denn nach Experteneinschtzungen beluft sich das Gesamt- umsatzvolumen auf etwa 400 Millionen Euro. Damit ist eine weitere Verschrfung des Preiswettbe- werbs unumgnglich. Bereits jetzt unterbieten sich die Unternehmen mit gnstigen Ticketpreisen. Ebenso ab- sehbar sind allerdings die Folgen fr die Beschftigten in den neuen Bussen. Wie mobifair bereits im Vorfeld der Preiswert durch die Republik wer zahlt im Endeffekt die billigen Tickets? Mit der Freigabe des Fernbuslinienmarktes in Deutschland haben sich die Bedingungen nicht nur fr Reisende verndert betroffen von der Liberalisierung sind auch die Beschftigten in den Busunternehmen, denn soziale Vorgaben und Arbeitsnehmerrechte wurden bei der Novellierung des Gesetzes nicht bercksichtigt. Den Markt von seinen jahrzehntealten Fesseln befreit nennt das Verkehrsminister Ramsauer und freut sich: Wir erleben eine Aufbruchstimmung: viele neue Angebote, kostengnstig quer durch Deutschland zu reisen. Fernbusse Busverkehr
  • 8. mopinio 03/20138 Busverkehr Gesetzesnovelle warnte, sind die Fahrer akut von Lohn- und Sozialdumping bedroht. Auch die Gewerkschaft ver.di befrchtet, dass der scheinbar unausweichliche Preiskrieg allein auf dem Rcken der Fahrer ausgetra- gen wird. Nach Recherchen von mobifair gibt es bereits jetzt deutsche Busunternehmen, die nur noch Fahrer aus dem europischen Ausland einstellen selbst- verstndlich mit dem Lohnniveau ihres Heimatlandes. ver.di berichtet zudem von tschechischen oder kroa- tischen Sub-Unternehmern, die ihre Angestellten nach dortigen Arbeitsbedingungen beschftigen, dann aber im innerdeutschen Linienverkehr einsetzen. Kontrollen nicht eindeutig geregelt Welche Auswirkungen auf Arbeit und Beschftigung die Liberalisierung des Marktes hat, soll erstmals 2017 berprft werden. Viel zu spt, kritisiert mobifair und fordert Regelungen, um die Standards der Beschfti- gungsverhltnisse zu sichern. Bereits bei der Konzes- sionsvergabe sollten nur solche Anbieter den Zuschlag erhalten, die sich zur Einhaltung von sozialen Standards verpflichten. Der Gesetzgeber habe bei der Novellierung des Personenbefrderungsgesetzes soziale Aspekte auen vor gelassen, bemngelt der Verein und fordert umgehend Nachbesserungen. Auch die Kontrollbefug- nisse mssten dringend geklrt werden. Derzeit sind die Zustndigkeiten fr Kontrollen im Fernbuslinienverkehr zwischen Bund und den Lndern nicht eindeutig gere- gelt. Fernbusse aber fahren lndergrenzen-bergrei- fend. mobifair fordert eine einheitliche Kontrollinstanz, wie zum Beispiel das Bundesamt fr Gterverkehr (BAG). Eindeutige Wettbewerbsverzerrung Handlungsbedarf sieht mobifair ebenso wie die Gewerk- schaft EVG zudem bei den Kosten fr die Busanbieter. Anders als Schienenunternehmen, die Kosten fr Tras- sen und Infrastruktur zu tragen haben, zahlen die Fern- busse keine Maut. Eine klare Wettbewerbsverzerrung, kommentiert mobifair. Wer zahlt fr die Busbahnhfe? Kosten bernehmen sollen die Busbetreiber auch fr Omnibusbahnhfe geht es nach dem Deutschen Std- tetag. In vielen Stdten sind derzeit provisorische Hal- tepunkte eingerichtet, die Vielzahl der neuen Anbieter drngt sich etwa in Frankfurt in mehr oder minder chaotischen Reihen. Die Unternehmen drngen die Stdte, entsprechende Einrichtungen vorzuhalten, in etlichen Kommunen wird derzeit ber entsprechende Plne nachgedacht. Die Stdte fordern die Betreiber der Fernbuslinien auf, Investitionen in den Bau von Busbahn- hfen zu ttigen. Das allerdings wre ein Kostenfaktor, der die Kalkulation der billigen Reisepreise nachhaltig beeinflussen knnte und damit den Befrchtungen, dass Sparmanahmen zu Lasten der Beschftigten ge- hen, weiter Nahrung gibt.
  • 9. 9 beiratssitzung mobifair-Wal fr Tariftreuegesetz Alexander Kirchner, Vorsitzender der Gewerkschaft EVG wrdigte in seiner Rede den Preistrger als Politiker, der immer den Menschen in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt habe. Das Tariftreuegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen knne aus gewerk- schaftlicher Sicht als vorbildhaft bezeichnet werden. Al- lerdings, so Kirchner, knnten Tariftreuegesetze immer nur ein erster Schritt auf dem Weg zu fairen Lhnen und gerechten Arbeitsbedingungen sein. Der Begriff soziale Marktwirtschaft msse mit neuem Leben erfllt werden. WerVollzeitarbeitet,mussvonseinemVerdienstsichund seine Familie ernhren knnen, sagte Kirchner. Leider sehe die Realitt zunehmend anders aus. Besonders die europische Politik werde hauptschlich von den Wett- bewerbskommissaren bestimmt. Wir brauchen aber ein Europa der Menschen, nicht ein Europa der Mrkte, so der Gewerkschaftsvorsitzende bei der Verleihung des Fairnesspreises an Guntram Schneider. Gerade bei f- fentlichenAusschreibungendrfebillignichtlngerein magebliches Kriterium sein, sondern Qualitt msse in den Vordergrund gerckt werden. Wettbewerb ber den Preis gehe immer auf Kosten der Arbeitnehmer. Fr sein Engagement bei der Gestaltung von Tariftreue- gesetzen wurde auch Karl-Heinz Zimmermann, Vor- sitzender des Zentralen Betriebsgruppenausschusses Eisenbahnen in der SPD, mit dem Fairnesspreis aus- gezeichnet. mobifair-Geschftsfhrer Helmut Diener sagte, durch die Untersttzung von Zimmermann seien viele Tren aufgestoen und viel erreicht worden. Die Diskussion um die Tariftreue sei nicht neu, so der 2. Vorsitzende von mobifair, Dirk Schlmer, bereits im 19. Jahrhundert gab es nach seinen Worten in Wrttem- berg die Vorschrift Mindestlohn ist einzuhalten. Der Weg bis zu heutigen Gesetzen allerdings war durchaus steinig. Besonders nachdem die EU mit ihren Liberalisierungs- bestrebungen die Dienstleistungsfreiheit forcierte, wurde es umso wichtiger, sagte Schlmer, Rahmenbedingungen fr Standards zu schaffen. Was ist wichtiger Dienstlei- stungsfreiheit oder die Rechte der Menschen?, fragte er. Der Europische Gerichtshof habe sich mit seinen Urtei- len gegen die Arbeitnehmer gestellt und damit den Tarif- treuebestrebungen einen schweren Rckschlag erteilt. Es bleibe immer noch viel zu tun. Nachdem nun die Mehr- heit der Bundeslnder Tariftreuegesetze in Kraft gesetzt habe, stelle sich die Frage nach Kontrolle der Einhaltung von Bedingungen und Vorgaben. Dies knne, so Schlmer, auch eine Aufgabe von mobifair sein. Ein Pr-Qualifizie- rungsverfahren fr Unternehmen, die sich um Auftrge bewerben, erleichtere die Auswahl fr die Aufgabentrger und mache Vergaben kalkulierbarer. Immer kontrovers, so Fairnesspreistrger Guntram Schneider, sei das Thema Tariftreue gewesen. Das Gesetz in NRW habe gegen die Vorurteile ist nicht zu kontrol- lieren, schafft Brokratie, hemmt Wachstum durchge- setzt werden mssen. Wir werden mit unserem Gesetz das Gegenteil beweisen, versicherte Schneider. Neben einem Mindeststundenlohn von 8,62 Euro (Schneider: dynamisch festgelegt) wurden andere soziale Aspekte wie Ausbildung und Frauenfrderung festgelegt. Kontroll- mechanismen wrden derzeit entwickelt. Fr seine mageblichen Verdienste um das Tariftreuegesetz Nordrhein-Westfalen hat mobifair Guntram Schnei- der, Minister fr Arbeit, Integration und Soziales des Bundeslandes mit dem Fairnesspreis ausgezeichnet. ber- reicht wurde die Ehrung im Rahmen der Beiratssitzung von mobifair in Fulda.
  • 10. mopinio 03/201310 beiratssitzung Rezept gegen Lohndumping oder Papiertiger? Lndertariftreuegesetze kontrovers Podiumsdiskussion in Fulda v. l. : Udo Willms, Dr. Walter Arnold, Alexander Kirchner, Uli Rhm, Guntram Schneider, Gerhard Ameis, Dirk Schlmer, Dr. Thorsten Schulten Die Standpunkte der Befrworter und Gegner des Themas Tariftreue blieben auch whrend der Podiumsdiskussi- on im Rahmen der mobifair-Beiratssitzung kontrovers. Whrend Vertreter von SPD, Gewerkschaften oder wissen- schaftlichen Instituten dafr pldierten, Tariftreuegesetze zu verankern, um soziale Mindeststandards zu sichern, sprachen sich konservative Politiker und Vertreter von Arbeitgeberverbnden dafr aus, allein den Tarifpartnern die Regelungen zu berlassen. Die Debatte ist nicht neu, in der Mehrheit der deutschen Bundeslnder haben sich jedoch mittlerweile die Befrworter durchgesetzt. Lediglich drei Bayern, Hessen und Sachsen haben keine entsprechenden Landesgesetze erlassen. Unter dem Motto Tariftreue Allheilmittel gegen Lohn- und Sozialdumping? fand eine Podiumsdiskussion mit Vertretern von Parteien, Unternehmen und wissenschaft- lichen Instituten statt. Die kontroversen Auffassungen, die Tariftreue- und Vergabegesetze seit langem begleiten, wurden auch hier wieder deutlich. Vertreter der SPD, wie Minister fr Arbeit, Integration und Soziales in NRW Gun- tram Schneider und der NRW-Landtagsabgeordnete Dirk Schlmer stellten klar, dass nur mit der gesetzlichen Fest- schreibung von Standards die Interessen der Beschftigten gesichert werden knnen und Schluss sein muss mit dem Motto der billigste Anbieter erhlt den Zuschlag. Unter- sttzung erhielten sie von Dr. Thorsten Schulten vom Wirt- schafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Bckler-Stiftung ebenso wie von Alexander Kirchner. Auch Gerhard Ameis, Geschftsfhrer der Nrnberger Wach- und Schliegesellschaft, besttigte, dass gerade bei ffentlichen Vergaben der Preis das einzige Kriteri- um sei. Dr. Walter Arnold, CDU-Landtagsabgeordneter in Hessen vertrat dagegen ebenso wie Udo Willms, Ge- schftsfhrer der Arbeitgebervereinigung ffentlicher NahverkehrsunternehmendenStandpunkt,dassdieTarif- partner soziale Fragen selber lsen sollten, Tariftreue- gesetze daher nicht ntig seien. Gewerkschaftsvorsitzender Alexander Kirchner machte deutlich, dass eine Festschreibung von Mindestlhnen in Bei Auftrgen mssen die Vorgaben vorher geklrt werden. Dreizehn von sechzehn Bundeslndern waren mutig. Dirk Schlmer Schneider: Der Wettbewerb um Auftrge kann nicht ber den Faktor Kosten ausgetragen werden. Bei ffent- lichen Auftrgen msse die Qualitt dominieren. Gute Arbeit beinhalte auch ordentliche Bezahlung. Von Arbeit msse man ordentlich leben knnen, Tariftreuegesetze seien dazu ein wichtiger Schritt, der auch mit der Wrde der betroffenen Arbeitnehmer zu tun habe. Allerdings, so Schneider in Fulda: Kein Gesetz ersetzt gewerkschaft- liche Strke. Es geht nur mit aktiven Gewerkschaften. Er habe die Auszeichnung von mobifair gerne entgegen- genommen, obwohl er ansonsten im politischen Leben Ehrenzeichen nicht annehme, sagte der Minister, weil es gewerkschaftspolitisch ein so wichtiges Thema ist. Die jhrliche Beiratssitzung von mobifair und die Verlei- hung des Fairnesspreises an Guntram Schneider fanden im Esperanto-Hotel in Fulda statt. Der erste Vorsitzende von mobifair, Jrg Krger konnte eine Reihe von Ehren- gsten begren, die an der Veranstaltung und der an- schlieenden Podiumsdiskussion teilnahmen.
  • 11. 11 beiratssitzung Die ffentliche Hand war bisher der unseriseste Auftraggeber. Das einzige Kriterium ist der Preis. Gerhard Ameis In Deutschland sind weniger als 60 Prozent der Unternehmen tarifgebunden, damit sind wir in Westeuropa am unteren Ende. Dr. Thorsten Schulten Es wre besser, wenn die Politik sich zurckhielte. Die Tarifpartner schaffen das selber. Udo Willms Tarifpartner sind bestens geeignet, sich alleine zu einigen. Gesetze mssen nicht regeln, was der Markt selbst kann. Dr. Walter Arnold Wir brauchen auch Kontrollmecha- nismen, Meldestellen und Klagerecht fr die Beschftigten. Das Tariftreue- gesetz ist nur ein erster Schritt. Alexander Kirchner Wettbewerb um Auftrge kann nicht ber den Faktor Kosten ausgetra- gen werden. Das ist Wettbewerb auf den Knochen der Arbeitnehmer. Guntram Schneider Gerhard Ameis von der Nrnberger Wach- und Schlie- gesellschaft beklagte, dass gerade die ffentliche Hand bisher als unseriser Auftraggeber hervorgetreten sei. Einziges Kriterium sei der Preis, Qualitt spiele keine Rolle. Gerade im Bereich der Sicherheitsdienstleistungen sei diese Einstellung zynisch. Um kein Papiertiger zu bleiben, msse ein Tariftreuegesetz erst mit Leben erfllt werden, davon merke er in seinem Bereich noch nichts. Dass neben Mindestlhnen auch weitere Vergabe- kriterien in Tariftreuegesetzen festgeschrieben werden mssen, war Konsens zwischen den Befrwortern der Regelungen. Um Wettbewerb auf Kosten der Arbeitneh- mer einzudmmen, mssen konkrete Vorgaben gegen Sozialdumping Bedingung sein. So lange allerdings Bil- liganbieter nach wie vor bevorzugt werden, bleiben die Probleme existent. Minister Guntram Schneider stimmte zu, immer mehr Un- ternehmen weigerten sich, Tarifbindungen einzugehen. Die Festschreibung eines Mindestlohnes sei in jedem Fall wichtig, denn manche Unternehmen zahlten trotz Tarif- vertrag weniger als die gesetzlich festgelegten Betr- ge. Aus seiner Erfahrung mit dem Tariftreuegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen sagte er, schon die Auffas- sungen von Lohndumping seien unterschiedlich. Die Po- litik msse in manchen Bereichen eingrenzen so auch Thorsten Schulten, Vertreter des WSI, ergnzte, dass in Deutschland weniger als 60 Prozent der Unternehmen tarifgebunden seien. Ganz im Gegensatz zu den europ- ischen Nachbarstaaten. In Frankreich, Belgien oder den Niederlanden liege diese Rate bei bis zu 90 Prozent. mit einem Mindestlohn beginnend bei 8,50 Euro die Stun- de. Vergabe- und Tariftreuegesetze seien aber nicht nur Lndersache, auch der Bund sei gefordert. Tariftreuegesetzen alleine aber nur ein erster Schritt sein kann. Wichtig sei die Benennung eines reprsentativen Tarifvertrages. Seit 20 Jahren werde das Tarifrecht syste- matisch ausgehebelt, nur deswegen sei die Mindestlohn- debatte entstanden.
  • 12. mopinio 03/201312 Projekte Die jhrlich verursachten Kosten arbeitsbedingter psychi- scher Belastungen beziffern sich laut eines von der Hans- Bckler-Stiftung in Auftrag gegebenen Gutachtens auf fast 30 Milliarden Euro. Der DAK-Gesundheitsreport 2013 beispielsweise spricht bezglich der Zunahme der Ar- beitsunfhigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen gar von der bei weitem aufflligsten Entwicklung im Arbeitsunfhigkeitsgeschehen seit etwa 15 Jahren. Im Vergleich zu anderen Arbeitsunfhigkeitsursachen, so die zusammenfassende Bewertung der DAK, sei dies eine beispiellose Entwicklung. Der Gesundheitsreport 2012 der Barmer GEK besttigt diese Entwicklungsten- denz. Was die Anzahl krankheitsbedingter Fehltage an- geht, rangieren laut diesem psychische Erkrankungen nach Erkrankungen des Muskel-Skelett-System aktuell auf Platz zwei im Arbeitsunfhigkeitsgeschehen. Auch der Fehlzeit-Report 2012 des Wissenschaftlichen Insti- tuts der AOK (WIdO) spiegelt diese Entwicklungstendenz wider. Gem diesem ist die Zahl der psychischen Er- krankungen seit 1994 um 120 Prozent angestiegen. Wie lsst sich der Risikofaktor Stress eindmmen? Schon seit Jahren weisen unterschiedlichste Studien und Untersuchungen auf eine alarmierende Zunahme psychischer Erkrankungen in deutschen Unternehmen hin. 53 Millionen Krankheitstage im Jahre 2012 gehen darauf zurck, so der Stress-Report der Bundes- regierung. Statistiken der Krankenkassen sprechen die gleiche Sprache. Allein die Diagnose Burnout, so eine Hochrechnung des WIdO bezogen auf die mehr als 34 Millionen gesetz- lich Krankenversicherten in Deutschland, fhrte 2011 fr mehr als 130.000 Personen zu einer Krankschreibung, was wiederum ein Ausfallzeitenvolumen von insgesamt 2,7 Millionen Fehltagen nach sich zog. Dementsprechend sehen sich auch immer mehr Perso- nal- und Betriebsrte mit der Problematik konfrontiert. Allerdings besteht groe Unsicherheit, das Thema aktiv anzugehen. Lassen sich klassische Risikofaktoren, wie Lrm, Staub, Gefahrstoffe usw. eindeutig identifizieren und kategorisieren sowie entsprechende Handlungs- erfordernisse, basierend in der Regel auf klar ausfor- mulierten gesetzlichen Grundlagen relativ eindeutig ableiten, so gestaltet sich die Situation bei der Analyse psychischer Belastungen sehr viel schwieriger. Insbe- sondere die Unbestimmtheit der gesetzlichen Regu- lierung dieses Problemfeldes im Rahmen des Arbeits- schutzgesetzes erweist sich in diesem Zusammenhang fr viele Betriebs- und Personalrte hufig als zustz- licher Hemmschuh. Fr den Verkehrsbereich wurde eine Handlungshilfe entwickelt, die sich, im Rahmen der Durchfhrung von Gefhrdungsbeurteilungen, speziell auf die Erfassung psychischer Belastungen in Verkehrsunternehmen be- zieht bzw. in ihrer Konzeption explizit auf die Besonder- heiten und Erfordernisse der Verkehrsbranche ausge- richtet ist. In einer von mobifair initiierten Vorstudie im Rahmen des Projektes Psychische Belastungen am Arbeits- platz wurde dieser Entwurf unter Beteiligung von Betriebsrten, Fhrungskrften, Fachkrften fr Ar- beitssicherheit aus diversen Konzernteilen der DB AG sowie der dbgs Gesundheitsservice GmbH hinsicht- lich seiner theoretischen sowie praktischen Fundie- rung einer ersten Vorprfung unterzogen. Sowohl aus theoretisch-wissenschaftlicher als auch praktischer Sicht ergaben sich dabei zahlreiche Ansatzpunkte fr Verbesserungen, Anpassungen und Ergnzungen. Unter Hinzuziehung des Dortmunder Forschungsbros fr Arbeit, Prvention und Politik (DoFAPP) wurde nun die berarbeitung abgeschlossen und mobifair legt die Handlungshilfe vor. Projekt Psychische Belastung
  • 13. 13 projekte mobifair hat im Rahmen eines Projektes Bestimmungen, ihre Einhaltung und Kontrolle sowie die Mglichkeiten weitergehender Regelungen in Deutschland, aber auch in sterreich und der Schweiz untersucht. Ausgangs- punkt war dabei unter anderem, dass Arbeitsschutz nicht immer etwas mit Unfallverhtung, Sozialrumen oder Arbeitsmitteln zu tun hat. Zum Ar- beitsschutz gehren auch gesetzlich geschtzte Rahmenbedingungen, wie die Arbeitszeit oder eine notwendige Qualifizierung. Gerade in diesem Bereich kann durch Unterlaufen bestehender Bestim- mungen dem Lohn- und Sozialdumping Vor- schub geleistet wer- den. Vor allem weil er schwieriger zu kontrol- lieren ist als andere, die vorgeschriebene Normen vorweisen mssen. In der Schweiz und in s- terreich wurden durch die Ge- werkschaften auch andere Flle von Lohn- und Sozialdumping durch Unterschreiten bestehender Arbeitsschutzbe- stimmungen beobachtet, zum Beispiele Verste gegen Arbeits- und Pausenzeiten und gegen die Arbeitsstt- tenverordnung (fehlende Sozialrume, Arbeits- oder Schutzkleidung) genannt. Eine bertragung der zum Teil deutlich niedrigeren Sicherheitsstandards aus dem ost- europischen Raum wirkt hier ein und bietet den Unter- nehmen einen Kosten- und somit Wettbewerbsvorteil, der nach Ansicht von mobifair klar im Bereich des Lohn- und Sozialdumpings angesiedelt werden muss. Viele osteuropische Mitarbeiter haben hierbei noch nicht einmal ein Problembewusstsein, da sie die in ihrem Hei- matland vorgeschrieben Arbeitsschutzbestimmungen Kontrollmglichkeiten mssen verbessert werden Arbeitsschutz ist in Europa nach wie vor ein Thema von groer Brisanz. Wie Beispiele aus den Nachbarlndern Schweiz und sterreich zeigen, existieren in den dortigen Systemen gewerkschaftspolitische Handlungsmglich- keiten, die durchaus Anreiz geben, den Blickwinkel Arbeitsschutz zu erweitern. einhalten. Diese entsprechen teilweise aber nicht den im Einsatzland geforderten Bestimmungen. In der Schweiz wird eine weitreichende Kontrolle zur Einhaltung der Arbeitszeiten durch die schweizerische Bahnaufsicht sichergestellt. Mit diesem Mittel, das primr dem Arbeitsschutz durch Einhal- tung der vorgeschriebenen Arbeits- zeiten dient, lassen sich sekundr Lohn- und Sozialdumping Be- strebungen verhindern. In Deutschland gibt es diese Form der Kontrollen im Schienengterverkehr nicht. Nichtsdestotrotz hat die Liberalisierung aber auch hier einen harten Preis- und Kon- kurrenzkampf ausge- lst, der nicht selten auf dem Rcken der Be- schftigten sowie zu La- sten von Sicherheits- und Arbeitsschutzvorschriften ausgetragen wird. In Anbetracht dessen erschiene es in der Tat not- wendig, derartige Kontrollen auch im deutschen Gterverkehrssystem zu etablieren. In sterreich hat sich eine konzernweite Informations- schiene etabliert, ber die Unflle und Arbeitsschutz- verste zentral registriert werden. Dadurch ergeben sich neue Ansatzpunkte zu einer Verbesserung des Ar- beitnehmerschutzes innerhalb und auerhalb des BB- Konzerns. So konnte durch dieses Monitoring eine wei- tere Verschlechterung der Ausbildungsstandards und Verkrzung der Ausbildungszeiten verhindert werden. Ferner wurde eine Sensibilisierung der Arbeitgeberseite erreicht, die zu einem besseren Schutz der Arbeitneh- mer gefhrt hat. Projekt Arbeitsschutz
  • 14. mopinio 03/201314 mobifair intern Die Abellio Rail NRW GmbH wurde von der mobifair Zertifizierungs- und Beratungs-GmbH mit dem mobi- fair-Sozialzertifikat ausgezeichnet. Damit bescheinigt mobifair der Hagener Niederlassung des Unterneh- mens die unbedingte Einhaltung fairer Arbeitsbedin- gungen und vorbildliche Lohn- und Sozialstandards. Karl-Heinz Zimmermann, Geschftsfhrer der mobifair GmbH bergab das Zertifikat an die Geschftsfhrung der Abellio Rail. Abellio zeigt, dass Wettbewerb fair ber Qualitt gefhrt und gewonnen werden kann und nicht auf dem Rcken der Beschftigten ausgetragen werden muss, bewertet er die Auszeichnung. Er for- derte, dass bei ffentlichen Ausschreibungen knftig die sozialen Aspekte als Muss-Vorschrift aufgenommen werden, besonders bei Betreiber-Wechseln sei dies ein wichtiger Aspekt. Abellio hat sich zertifizieren lassen, um ein Zeichen und ein klares Bekenntnis zu sozialen Standards zu set- zen, sagte Ronald R. F. Lnser, Geschftsfhrer des Unternehmens. Auch im harten Wettbewerb auf dem Verkehrssektor msse klar sein, dass Menschen nicht als Kostenfaktor angesehen werden drften. Das knne weder im Interesse der Aufgabentrger noch der Ver- kehrsunternehmen liegen. Gemeinsam mit Karl-Heinz Zimmermann brachte Lnser den ersten Zertifizie- rungs-Aufkleber an einem Abellio-Zug an. Knftig wer- den alle Zge des Unternehmens dieses Zeichen tragen. Faire Arbeitsbedingungen bei Abellio Die mobifair Zertifizierungs-GmbH prft Unternehmen der Verkehrswirtschaft auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, einschlgiger Richtlinien und die An- wendung von Lohn- und Sozialstandards. Abellio wird mit der Verleihung besttigt, dass vorbildliche Standards eingehalten werden und darber hinaus die Arbeitszeit- und Arbeitsschutzbestimmungen angewendet und ge- wissenhaft kontrolliert werden. v. l. : Geschftsfhrer der mobifair-GmbH: Karl-Heinz Zimmermann und Geschftsfhrer der Abellio Rail NRW GmbH: Ronald R. F. Lnser Terminhinweis: Mitgliederversammlung 2013 Die diesjhrige Mitgliederversammlung von mobifair findet am 8. Oktober um 11 Uhr in Fulda statt. Tagungsort ist das Esperanto-Hotel. Eingeladen sind alle Mitglieder von mobifair e.V. Die offizielle Einladung mit Tagesordnung wird noch verschickt. Vorab die Bitte: Termin notieren. i Zertifizierung
  • 15. 15 ETF-Kongress Die Finanzkrise wurde unlngst zu einer sozialen Krise. Betroffen sind die Menschen, die die Arbeit machen. Ban- ken werden gerettet und Politiker reden ber Milliarden, was macht jedoch der gewhnliche Arbeitnehmer. Ihn betrifft diese Sparpolitik am strksten. Unternehmen dr- cken ihre Lohnkosten unter dem Vorwand der schlechten wirtschaftlichen Lage und kassieren ab im Schatten der Krise. Arbeitsbedingungen werden immer schlechter. Ausbeutung ist an der Tagesordnung und selbst Regie- rungen fangen an Arbeitnehmerrechte zu beschneiden. Die ETF reprsentiert rund 2,5 Millionen dieser Menschen und errterte in Berlin, wie die Auswirkungen dieser Kri- se abgefangen werden knnen. Die Konsequenzen sehen in den verschiedenen Mitgliedslndern unterschiedlich aus, jedoch bleibt es ein gemeinsames Problem. Zusam- men wollen sie einen Weg finden und ihre Ziele umsetzen. Es wird ein generelles Umdenken gefordert. Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerk- schaft (EVG) Alexander Kirchner wurde als ETF-Vice- prsident im Amt besttigt. Er forderte eine strkere Von der Krise zur Gerechtigkeit Vernetzung der Verkehrstrger und eine einheitliche Verkehrspolitik. In der Forschung und Entwicklung fehl- ten die Gelder und die Infrastruktur sei veraltet. Die so- zialen Standards sieht Kircher vernachlssigt. Wenn es um die Liberalisierung geht, gibt die Kommission harte Muss-Regeln vor, wenn es um soziale Standards geht, dann nur weiche Kann-Vorschriften. Europische Lsungen gefragt mobifair begegnen die sozialen Folgen tglich in der Re- cherchearbeit. Es fahren Busfahrer mit Dumpinglhnen Grenzverkehre und Lokfhrer fhren Zge quer durch Europa. Im Rahmen ihres Arbeitsprogramms hat die ETF eine Forderung nach verstrkten Kontrollen beschlossen, um den sozialen Missbrauch zu stoppen. mobifair begrt diesen Weg und wird diesen Beschluss untersttzen. Der ETF-Kongress bot die Mglichkeit, ber den soge- nannten Tellerrand zu schauen. Die Probleme der anderen europischen Lndern sind die eigenen. Nur im gegen- seitigen Austausch knnen Erfahrungen helfen und dem sozialen Abstieg in Europa entgegengetreten werden. ETF-Kongress 2013 Die Europische Transportarbeiter Federation (ETF) hatte zum Kongress nach Berlin geladen. Unter dem Motto FROM GLOBAL CRISIS TO GLOBAL JUSTICE Von der globalen Krise zur globalen Gerechtigkeit diskutiert rund 500 Gewerkschafter aus 41 Lndern ber die Sparpolitik in Europa und deren Auswirkungen auf die Beschftigten in der Verkehrsbranche.
  • 16. mopinio 03/201316 Der DGB hat eine Initiative zur Reform der Minijobs an- gestoen. Gemeinsam mit Verbnden und Wissenschaft- lern richten die Gewerkschaften einen Appell an die Politik, regulre Beschftigung zu frdern und die Nied- riglohnfalle Minijobs zu beenden. Minijobs seien kein Sprungbrett in regulre Beschftigung, sondern eine Niedriglohnfalle, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach zum Start der Initiative. Es sei hchste Zeit, die Minijobmauer zu durchbrechen, regulre Beschf- tigung zu frdern, die Gleichberechtigung zu strken und den Fachkrftebedarf zu sichern. Der gemeinsame Aufruf ist ein breiter Konsens und dringender Appell an die Politik, die Minijobs endlich zu reformieren. Unter- sttzt wird die Aktion von 16 Verbnden sowie 23 Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Der IG Metall Bezirk Kste und das Unternehmen Meyer Werft wollen einen Tarifvertrag vereinbaren, der sozi- ale Mindeststandards festlegen und die Kontroll- und Mitspracherechte des Betriebsrates bei Werkvertrgen strken soll. Damit reagieren Gewerkschaft und Unter- nehmen auf den Tod von zwei rumnischen Leiharbeit- nehmern, die fr eine Fremdfirma auf der Meyer Werft in Papenburg gearbeitet haben. Die beiden Mnner waren bei einem Brand in ihrer Unterkunft ums Leben gekom- men. Vereinbart wurde darber hinaus, dass das Un- ternehmen eine Sozialcharta vorlegt und eine strkere Kontrolle von Wohnraum stattfindet. Auerdem wird eine Task Force eingerichtet, die die aktuelle Situation von Arbeitnehmern mit Werkvertrag berprft. Das System Werkvertrge/Fremdfirmen/Leiharbeiter weitet sich auch im Werftbereich immer mehr aus. Bei manchen Schiffbauern wird nach einer Erhebung der IG Metall fast die Hlfte der Arbeitnehmer von Fremdfirmen gestellt. Arbeitsbedingungen und Bezahlung sind in vielen Fllen katastrophal. Auf der Meyer Werft arbeiten nach Anga- ben des Betriebsrates rund 1500 Beschftigte mit Werk- vertrag. Auch fr andere Unternehmen, die Manahmen gegen Lohndumping ergreifen wollen, knne die Verein- barung ein Beispiel sein, so die Gewerkschaft. Nur 42 Prozent der Beschftigten in Deutschland gehen laut einer Be- fragung des DGB davon aus, dass sie unter ihren derzeitigen Arbeits- bedingungen bis zur Rente arbeiten knnen. Dagegen geben 47 Prozent an, dass sie es wahrscheinlich nicht bis zum Rentenalter schaffen. Der DGB-Index Gute Arbeit beruht auf einer bundesweiten Reprsentativ- befragung. Die Ergebnisse der ak- tuellen Befragung belegen, dass die derzeitigen Arbeitsbedingungen ei- nen negativen Einfluss auf die knf- tige Arbeitsfhigkeit der meisten Beschftigten haben. Die Umfrage zeigt, dass Arbeitshetze und Lei- stungsverdichtung zunehmen. Der DGB fordert unter diesem Aspekt die Bundesregierung auf, die Rente mit 67 auszusetzen. Stattdessen mssten die Voraussetzungen da- fr geschaffen werden, dass die Be- schftigten berhaupt bis 65 Jahre arbeiten knnen. Rente mit 67 aussetzen Lohnfalle Minijob IG Metall auf dem richtigen Weg

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