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Modellbasierte Entscheidungsunterstützung in Produktions- und Dienstleistungsnetzwerken;...

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WI – RESEARCH NOTES Modellbasierte Entscheidungsunterstützung in Produktions- und Dienstleistungsnetzwerken Die Betrachtung von Integrationsaspekten, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Autonomie von Entscheidungsträgern und Informationsasymmetrie, die Modellierung von Präferenzen der Entscheider, die effiziente Ermittlung robuster Lösungen sowie die Verkürzung der Zeit zur Modellerstellung und -nutzung sind Herausforderungen, die in zukünftigen Forschungsaktivitäten für eine modellbasierte Entscheidungsunterstützung in Produktions- und Dienstleistungsnetzwerken zu berücksichtigen sind. Der Artikel schlägt eine Forschungsagenda vor, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wirtschaftsinformatikern mit Wissenschaftlern aus der Betriebswirtschaftslehre, der Informatik und dem Operations Research erfordert. Einige Beispiele für relevante Forschungsergebnisse werden vorgestellt. DOI 10.1007/s11576-013-0402-2 Die Autoren Prof. Dr. Andreas Fink Helmut-Schmidt-Universität Hamburg Hamburg Deutschland Prof. Dr. Natalia Kliewer Freie Universität Berlin Berlin Deutschland Prof. Dr. Dirk Mattfeld Technische Universität Braunschweig Braunschweig Deutschland Prof. Dr. Lars Mönch ( ) FernUniversität in Hagen 58097 Hagen Deutschland [email protected] Prof. Dr. Franz Rothlauf Johannes Gutenberg-Universität Mainz Mainz Deutschland Prof. Dr. Guido Schryen Universität Regensburg Regensburg Deutschland Prof. Dr. Leena Suhl Universität Paderborn Paderborn Deutschland Prof. Dr. Stefan Voß Universität Hamburg Hamburg Deutschland Eingegangen: 2013-03-10 Angenommen: 2013-09-22 Angenommen nach zwei Überarbei- tungen durch die Herausgeber des Schwerpunktthemas. Online publiziert: 2014-01-17 This article is also available in English via http://www.springerlink.com and http://www.bise-journal.org: Fink A, Kliewer N, Mattfeld D, Mönch L, Roth- lauf F, Schryen G, Suhl L, Voß S (2014) Model-Based Decision Support in Manufacturing and Service Net- works. Bus Inf Syst Eng. doi: 10.1007/ s12599-013-0310-4. © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 1 Relevanz und Aktualität des Themas für die Wirtschaftsinformatik Eine Entscheidungsunterstützung für Produktions- und Dienstleistungsnetz- werke ist aufgrund der extremen Größe der heutigen in starkem Maße verflochte- nen globalen Liefernetzwerke, der hohen Geschwindigkeit, mit der Änderungen stattfinden, sowie dem Vorhandensein unterschiedlicher Typen von Unsicher- heit herausfordernd. Die Interaktion der vielen kapazitätsverbrauchenden Enti- täten in Produktions- und Dienstleis- tungsnetzwerken, wie beispielsweise Teile oder Transportaufträge, ist bisher nicht gut verstanden. Eine wachsende Bedeu- tung der Automatisierung auf der phy- sischen Ebene kann beobachtet werden, die durch erwartete Produktivitätsstei- gerungen, Kostenreduzierungen sowie die angestrebte Erhöhung der Qualität in Produktions- und Dienstleistungsnetz- werken vorangetrieben wird. Gleichzeitig reduziert die Automatisierung die Mög- lichkeit von Menschen, kritische Ent- scheidungen in bestimmten Situationen zu treffen, da zum einen die Entschei- dungskomplexität sich vergrößert hat, es gleichzeitig aber notwendig ist, sehr schnell in einem hochgradig dynami- schen Umfeld zu reagieren. Entschei- dungsmodelle können diese Nachteile abschwächen, indem sie Planungs- und Steuerungsentscheidungen unterstützen. Vieles deutet darauf hin, dass eine mo- dellbasierte Entscheidungsunterstützung oft Entscheidungen ermöglicht, die zu ei- ner besseren Befriedigung von Kunden- wünschen, zu einer erhöhten Auslastung sowie zu niedrigeren Beständen führten. Deshalb gibt es gewichtige ökonomische Gründe, die dafür sprechen, eine mo- dellbasierte Entscheidungsunterstützung WIRTSCHAFTSINFORMATIK 1|2014 21
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WI – RESEARCH NOTES

Modellbasierte Entscheidungsunterstützungin Produktions- und DienstleistungsnetzwerkenDie Betrachtung von Integrationsaspekten, insbesondere auch unter Berücksichtigung derAutonomie von Entscheidungsträgern und Informationsasymmetrie, die Modellierung vonPräferenzen der Entscheider, die effiziente Ermittlung robuster Lösungen sowie dieVerkürzung der Zeit zur Modellerstellung und -nutzung sind Herausforderungen, die inzukünftigen Forschungsaktivitäten für eine modellbasierte Entscheidungsunterstützung inProduktions- und Dienstleistungsnetzwerken zu berücksichtigen sind. Der Artikel schlägteine Forschungsagenda vor, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit vonWirtschaftsinformatikern mit Wissenschaftlern aus der Betriebswirtschaftslehre, derInformatik und dem Operations Research erfordert. Einige Beispiele für relevanteForschungsergebnisse werden vorgestellt.

DOI 10.1007/s11576-013-0402-2

Die Autoren

Prof. Dr. Andreas FinkHelmut-Schmidt-UniversitätHamburgHamburgDeutschland

Prof. Dr. Natalia KliewerFreie Universität BerlinBerlinDeutschland

Prof. Dr. Dirk MattfeldTechnische Universität BraunschweigBraunschweigDeutschland

Prof. Dr. Lars Mönch (�)FernUniversität in Hagen58097 [email protected]

Prof. Dr. Franz RothlaufJohannes Gutenberg-UniversitätMainzMainzDeutschland

Prof. Dr. Guido SchryenUniversität RegensburgRegensburgDeutschland

Prof. Dr. Leena SuhlUniversität PaderbornPaderbornDeutschland

Prof. Dr. Stefan VoßUniversität HamburgHamburgDeutschland

Eingegangen: 2013-03-10Angenommen: 2013-09-22Angenommen nach zwei Überarbei-tungen durch die Herausgeber desSchwerpunktthemas.Online publiziert: 2014-01-17

This article is also available in Englishvia http://www.springerlink.com andhttp://www.bise-journal.org: Fink A,Kliewer N, Mattfeld D, Mönch L, Roth-lauf F, Schryen G, Suhl L, Voß S (2014)Model-Based Decision Support inManufacturing and Service Net-works. Bus Inf Syst Eng. doi: 10.1007/s12599-013-0310-4.

© Springer Fachmedien Wiesbaden2014

1 Relevanz und Aktualitätdes Themas für dieWirtschaftsinformatik

Eine Entscheidungsunterstützung fürProduktions- und Dienstleistungsnetz-werke ist aufgrund der extremen Größe

der heutigen in starkem Maße verflochte-nen globalen Liefernetzwerke, der hohenGeschwindigkeit, mit der Änderungenstattfinden, sowie dem Vorhandenseinunterschiedlicher Typen von Unsicher-heit herausfordernd. Die Interaktion dervielen kapazitätsverbrauchenden Enti-täten in Produktions- und Dienstleis-tungsnetzwerken, wie beispielsweise Teileoder Transportaufträge, ist bisher nichtgut verstanden. Eine wachsende Bedeu-tung der Automatisierung auf der phy-sischen Ebene kann beobachtet werden,die durch erwartete Produktivitätsstei-gerungen, Kostenreduzierungen sowiedie angestrebte Erhöhung der Qualität inProduktions- und Dienstleistungsnetz-werken vorangetrieben wird. Gleichzeitigreduziert die Automatisierung die Mög-lichkeit von Menschen, kritische Ent-scheidungen in bestimmten Situationenzu treffen, da zum einen die Entschei-dungskomplexität sich vergrößert hat,es gleichzeitig aber notwendig ist, sehrschnell in einem hochgradig dynami-schen Umfeld zu reagieren. Entschei-dungsmodelle können diese Nachteileabschwächen, indem sie Planungs- undSteuerungsentscheidungen unterstützen.

Vieles deutet darauf hin, dass eine mo-dellbasierte Entscheidungsunterstützungoft Entscheidungen ermöglicht, die zu ei-ner besseren Befriedigung von Kunden-wünschen, zu einer erhöhten Auslastungsowie zu niedrigeren Beständen führten.Deshalb gibt es gewichtige ökonomischeGründe, die dafür sprechen, eine mo-dellbasierte Entscheidungsunterstützung

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in zukünftigen Produktions- und Dienst-leistungsnetzwerken zu erweitern und zuverbessern.

In diesem Artikel betrachten wir ei-ne modellbasierte Entscheidungsunter-stützung, auch als Business Analytics be-zeichnet, um diese Herausforderungenzu meistern. Wir grenzen uns damit voneiner datengetriebenen Entscheidungs-unterstützung oder Business Intelligenceab. Die Bedeutung von Anwendungs-systemen, die eine modellbasierte Ent-scheidungsunterstützung gestatten, wirdbeispielsweise durch die Erfolgsgeschich-te von Kiva Systems, einer Firma, dieauf die Anwendung von mobilen Ro-botern für Verteilzentren spezialisiert ist(vgl. D’Andrea 2012), demonstriert. Ki-va Systems wurde kürzlich von Ama-zon für 775 Millionen US-Dollar ge-kauft. Kiva Systems hat eine Infrastrukturfür die Bewegung der Roboter entworfenund implementiert, die auf dem Multi-Agenten-Paradigma basiert. Die Infra-struktur erlaubt es den Robotern, Gegen-stände unter Platzrestriktionen zu trans-portieren, ohne sich gegenseitig zu be-hindern. Modellbasierte Adaptions- undLernalgorithmen wurden vorgeschlagen,die eine Erhöhung der Leistungsfähig-keit der Roboter im zeitlichen Verlaufermöglichen.

Heutzutage gestatten Anwendungssys-teme die Nutzung einer großen Mengestrukturierter Daten zur Entscheidungs-findung. In jüngerer Zeit hat sich dieLeistungsfähigkeit von Hard- und Soft-warekomponenten stark erhöht. Basie-rend auf moderner Middleware könnenverteilte Systeme relativ leicht implemen-tiert werden. IT-Dienste sind weithindurch cloudbasierte Lösungen verfügbar.Leistungsfähige Algorithmen, die heuris-tische und exakte Ansätze in einer ge-schickten Art und Weise kombinieren,werden heute routinemäßig entwickelt(vgl. Maniezzo et al. 2009). Infolgedes-sen können heute, im Gegensatz zurSituation vor 20 Jahren, große Praxis-modelle mit vertretbarem Zeitaufwandgelöst werden. Ein repräsentatives Bei-spiel ist die Anwendung von Dekompo-sitionstechniken, linearer Optimierungund Heuristiken, um Planungsaufgabenin der unternehmensweiten Halbleiter-lieferkette von IBM zu lösen (vgl. Deg-botse et al. 2013). Als Ergebnis erhältman einen integrierten Produktions-,Transport- und Lieferplan, der die Ter-mintreue um 15 % verbessert hat. Gleich-zeitig werden die Bestände um 25–30 %verringert. Die integrierte Produktions-

und Ablaufplanung in Ford-Werken (vgl.Barlatt et al. 2012) stellt ein weiteresBeispiel dar, das zu großen Verbesse-rungen in der Arbeitsplatz- und Ablauf-planung führte. Der vorgeschlagene An-satz ermöglichte eine signifikante Ver-ringerung von Überstunden, Lagerhal-tungskosten sowie von Aufschlägen fürTransportkosten.

Die Lösung von großen Tourenpla-nungsproblemen in der Firma Coca-Cola, die mehr als 10000 LKW pro Tagbeinhalten (vgl. Kant et al. 2008), stelltein weiteres Beispiel dar, das zu jähr-lichen Kosteneinsparungen von 45 Mil-lionen US-Dollar für die 1,5 MilliardenFälle geführt hat, in denen die Auslie-ferung unter Verwendung der Softwaregeplant wurde. Außerdem war eine star-ke Verbesserung des Kundenservices zuverzeichnen.

Es wird erwartet, dass aktuelle Tech-nologietrends wie beispielsweise In-Memory-Datenmanagement (vgl. Platt-ner und Zeier 2011) zu erweiterten undmodifizierten Anwendungsszenarienführen werden. Trotz dieser günstigenBedingungen ist festzustellen, dass ei-ne breite Anwendung moderner Ansätzezur Entscheidungsfindung sowie ent-sprechender Anwendungssysteme in derPraxis nicht anzutreffen ist. Die Funk-tionalität, die durch gegenwärtig vorhan-dene Anwendungssysteme, speziell auchbetriebswirtschaftliche Standardsoftwa-re, angeboten wird, berücksichtigt nichtdiese neuen, günstigen Bedingungen fürdie Entscheidungsfindung. Daraus folgt,dass fortgeschrittene Entscheidungsun-terstützungssysteme zu entwerfen sind,die auf verbesserten Algorithmen undihrer Wechselwirkung mit Informations-technologie basieren. Wir erwarten, dasseine Auseinandersetzung mit den nach-folgenden Herausforderungen im star-ken Maße dazu beitragen wird, dass einbreiter Einsatz von effizienten Entschei-dungsunterstützungslösungen in prak-tischen Anwendungsszenarien erreichtwird.

Herausforderung 1: Integration istwichtig, da die Entscheidungen inProduktions- und Dienstleistungsnetz-werken räumlich und zeitlich verteiltstattfinden sowie unterschiedliche Ent-scheider mit individuellen Zielen daranbeteiligt sind. Deshalb ist es erforder-lich zu untersuchen, wie die Integrationvon unterschiedlichen Subsystemen undder entsprechenden Entscheidungen inProduktions- und Dienstleistungsnetz-werken beispielsweise durch Verhand-lungen oder Planungsaktivitäten erreicht

werden kann. In diesem Zusammen-hang ist es auch wichtig zu untersuchen,wie die Präferenzen menschlicher Ent-scheidungsträger in Anwendungssys-temen modelliert werden können, dadas einen wichtigen Schritt in Richtungautomatisierter Entscheidungen darstellt.

Herausforderung 2: Robustheitsaspek-te sind wichtig, um Unsicherheit be-rücksichtigen zu können. Eine wichti-ge Forschungsfrage beschäftigt sich da-mit, wie Entscheidungen zu treffen sind,die mit dem dynamischen und stochas-tischen Verhalten des zugrundeliegen-den Produktions- und Dienstleistungs-netzwerks umgehen können.

Herausforderung 3: Modellierung istimmer noch schwierig und zeitaufwän-dig. Aus diesem Grund ist es erfor-derlich, den Zyklus der Modellbildungund -nutzung zu vereinfachen, um dieEffektivität der angestrebten modellba-sierten Entscheidungsunterstützung zuerhöhen. Geeignete Mensch-Maschine-Schnittstellen sind zu betrachten, daMenschen die flexibelste Ressource dar-stellen.

Der Beitrag ist wie folgt aufgebaut. DieHerausforderungen werden in Abschn. 2detaillierter beschrieben. Wissenschaft-liche Methoden zur Lösung der skiz-zierten Probleme werden in Abschn. 3dargestellt. Relevante akademische Dis-ziplinen und mögliche interdisziplinäreKooperationen werden in Abschn. 4 um-rissen. Beispiele für initiale Forschungs-ergebnisse werden in Abschn. 5 vorge-stellt.

2 Problembeschreibungund Herausforderungen für dieForschung

2.1 Bezugsrahmen

Das Informationssystemssystem einesProduktions- und Dienstleistungsnetz-werkes kann aus mehreren Subsystemenbestehen. Jedes der Subsysteme auf derPlanungs- und Steuerungsebene besitztein internes Modell, das Daten der kor-respondierenden Subsysteme des physi-schen Netzwerkes enthält, beispielsweisealle Maschinen und Jobs einer Halblei-terfabrik, welche wiederum Bestandteileines Unternehmens der Halbleiterin-dustrie ist. Jedes der Subsysteme für diePlanung und Steuerung, zum Beispielein ERP-System oder ein Manufacturing-Execution-System (MES), kann mehrereEntscheidungsmodelle besitzen, die auf

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Basis der Daten in den internen Model-len Vorgaben für andere Planungs- undSteuerungssubsysteme oder für Objek-te im physischen Netzwerk berechnen.Derartige Entscheidungsmodelle bildenden Kern jedes Entscheidungsunterstüt-zungssystems für komplexe Produktions-und Dienstleistungsnetzwerke.

Der Entwurf entsprechender Entschei-dungsunterstützungsfunktionalität, diedurch die Entscheidungsmodelle zur Ver-fügung gestellt wird, ist wesentlich fürunsere Forschungsagenda. Die folgen-den Einsichten, die das eben beschrie-bene ideale Entscheidungsfindungssze-nario relativieren, sind bei der Identi-fizierung von Forschungsproblemen zuberücksichtigen:1. Die internen Modelle enthalten oft

Daten, die nicht für die erforderli-chen Entscheidungen geeignet sind,da sie nicht detailliert genug sind, deraktuelle Status nicht korrekt abgebil-det wird oder historische Daten, diezur Ermittlung bestimmter Parame-ter in stochastischen Modellen erfor-derlich sind, fehlen. Wenn ein Ent-scheidungsmodell entworfen wird, istes wichtig zu klären, wie die erfor-derlichen Daten in einer sich schnellverändernden Umgebung, die typischfür Produktions- und Dienstleistungs-netzwerke ist, bereitgestellt und ge-pflegt werden können.

2. Die Subsysteme zur Planung undSteuerung sind nicht vollständig au-tomatisiert, d. h., menschliche Auf-gabenträger sind eingebunden, dieeigene Entscheidungen treffen oderEntscheidungen des Anwendungssys-tems außer Kraft setzen. Aus die-sem Grund ist zu berücksichtigen,ob der Empfänger einer Entschei-dung ein menschlicher Aufgabenträ-ger oder ein Computer ist. Im letzte-ren Fall sind Standard-Aktionen vor-zusehen, die zum Einsatz kommen,wenn implizite Annahmen, zum Bei-spiel bezüglich der Verfügbarkeit vonJobs oder Ressourcen, verletzt sind.Dadurch wird ein höherer Automa-tisierungsgrad auch bei der Entschei-dungsunterstützung möglich, der auf-grund des sich vergrößernden Au-tomatisierungsgrades im physischenNetzwerk sinnvoll ist.

Wir setzen eine moderne Hard- undSoftwareinfrastruktur voraus, die eineeffektive Verknüpfung von physischerund IT-Welt ermöglicht. Dadurch wer-den prinzipiell autonome, selbstorgani-sierende, sensorgetriebene Produktions-

und Dienstleistungsnetzwerke möglich.Es ist aber festzustellen, dass der Entwurfvon Planungs- und Steuerungssubsyste-men, die Vorteile aus einer solchen In-frastruktur, beispielsweise bezüglich derUmsetzung von Autonomie bzw. der Ver-fügbarkeit großer Mengen an Daten, zie-hen, in der Literatur bisher selten disku-tiert worden ist. Unserer Meinung nachsind die Forschungsherausforderungen,die im weiteren Verlauf dieses Abschnittsdiskutiert werden, wichtig für den Ent-wurf und die Gestaltung derartiger zu-kunftsweisender Anwendungssysteme.

2.2 Integration unter Berücksichtigungvon Autonomie undInformationsasymmetrie in großenProduktions- undDienstleistungsnetzwerken

Diese Herausforderung ist motiviertdurch die verteilte Entscheidungsfin-dung, die typisch für das Supply ChainManagement (SCM) ist. SCM kann alsdie Koordination von Logistikprozes-sen angesehen werden, die lokal durchverschiedene autonome Entscheidungs-einheiten gesteuert werden. Koordina-tionsprobleme treten auf, weil Asym-metrie bezüglich des Entscheidungszeit-punkts, d. h., die Entscheidungseinheitenoperieren in unterschiedlichen Zeitska-len, bezüglich der Entscheidungsrech-te und bezüglich des Informationssta-tus der Entscheidungseinheiten vorliegt.Die unterschiedlichen Subsysteme desPlanungs- und Steuerungssystems desNetzwerkes unterstützen häufig nur lo-kale Ziele, die oft in Konflikt zu den glo-balen Zielen des Netzwerks stehen. Ob-wohl einige aktuelle Arbeiten dezentraleEntscheidungsmechanismen betrachten,zum Beispiel die von Dudek (2009) be-schriebenen Verhandlungsansätze, basie-ren viele SCM-Ansätze und die meistender Standardsoftwaresysteme im SCM-Bereich auf der Annahme einer einzel-nen, zentralen Entscheidungseinheit (vgl.Schneeweiss 2003).

Als eine Konsequenz aus dieser Situa-tion erscheint es notwendig zu untersu-chen, wie Planungs- und Steuerungssys-teme zu entwerfen sind, welche die Au-tonomie lokaler Entscheidungseinheitenwahren. Gleichzeitig haben diese Einhei-ten stärker globale Entscheidungen an-derer Einheiten zu berücksichtigen, dieauf anderen, möglicherweise besserenInformationen beruhen. Das führt zuder Frage, wie Planung und Steuerung

in großen Produktions- und Dienstleis-tungsnetzwerken geeignet zu verbindenist. Koordinationsmechanismen für au-tonome Akteure in verteilten Planungs-und Steuerungsszenarien, die geeigneteAnreize berücksichtigen, sind zu analy-sieren.

Wie bereits in Abschn. 2.1 diskutiert,gibt es einen natürlichen Zielkonfliktzwischen zunehmender Automatisierungund autonomer Entscheidungsfindung indem Sinne, dass eine zunehmende Auto-matisierung zu einem gewissen Grad dieAutonomie der Entscheider einschränkt.Moderne Informatikkonzepte wie Soft-wareagenten versuchen, die Autonomieder Entscheidungseinheiten zu wahren.Ein solcher Ansatz verlangt aber Wissenüber die expliziten oder impliziten Zie-le der Entscheider. Es ist wichtig, Anrei-ze in Koordinationsmechanismen einzu-binden, die sich auf die globalen Zieledes Netzwerkes beziehen. Die zugehöri-gen Präferenzen der individuellen Ent-scheider sind zu bestimmen und even-tuell für eine gruppenbasierte Entschei-dungsfindung zu aggregieren, da es inden meisten Produktions- und Dienst-leistungsnetzwerken nicht nur einen ein-zelnen Entscheider gibt. Eine explizi-te Darstellung der Präferenzen ist wün-schenswert, da sie ansonsten lediglich im-plizite Vorstellungen von Individuen dar-stellen, die keine automatisierten Ent-scheidungen ermöglichen. Die Umwand-lung von impliziten in explizite Präfe-renzen wird Präferenzerhebung genannt.Entsprechende Erhebungsmethoden ha-ben zu berücksichtigen, dass die Präfe-renzen, die in dynamischen, sich verän-derlichen Produktions- und Dienstleis-tungsnetzwerke anzutreffen sind, häufigunsicher sind. Die unsicheren Präferen-zen eines menschlichen Entscheiders sinddurch ungenaue, vage und subjektiveNutzenwerte (vgl. Lang et al. 2012) cha-rakterisiert. Methoden der stochastischenModellierung und der Statistik sind nichtgut geeignet, um diese Art von Unsicher-heit in automatischen Verhandlungen ab-zubilden, da ein Sampling oft nicht mög-lich ist. Die meisten derartiger Methodenbieten lediglich Lösungen für den Gleich-gewichtsfall an, sie erlauben aber keineErkenntnisse für Übergangsphasen. Ausdiesem Grund ist es wichtig, alternativequantitative Ansätze zur Abbildung vonUnsicherheit zu betrachten.

In jüngerer Zeit wurden Ansätze vorge-schlagen, die auf integrierten Planungs-aktivitäten in Produktions- und Dienst-leistungsnetzwerken basieren. Typische

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Beispiele sind die integrierte Ablauf-planung und Entscheidungen in auto-matischen Transportsystemen sowie dieintegrierte Ablaufplanung und Prozess-kontrolle. Neue Trends für Hard- undSoftware wie das In-Memory-Daten-management unterstützen in starkemMaße diese Entwicklung. Die Folge sindzentralisierte Lösungsansätze, die im Wi-derspruch zu den überall zu sehendenAnstrengungen stehen, in stärkerem Ma-ße lokale (dezentrale) Entscheidungenin Netzwerken zu gestatten, die dannzu koordinieren sind (vgl. Schütte 2012,S. 212). Es ist im Rahmen von weite-ren Untersuchungen die Frage zu beant-worten, unter welchen Bedingungen in-tegrierte Planungsansätze sinnvoll sind,weil sie den dezentralen Ansätzen über-legen sind.

2.3 Ermittlung robuster Lösungen unterBerücksichtigung unvollständigerInformationen sowie eines dynamischenund stochastischen Systemverhaltens

Aufgrund der erweiterten IT-Mög-lichkeiten, beispielsweise zeitgemäßerTelematiksysteme in der Tourenplanung(vgl. Crainic et al. 2009), ist es heute re-lativ leicht möglich, Abweichungen vonder Situation zu erkennen, auf der diePlanungs- oder Steuerungsentscheidun-gen basierten. Typische Beispiele sindlängere Fahrdauern aufgrund von Ver-kehrsstaus in der Tourenplanung, Nach-frageunsicherheit und unsichere Zuliefe-rungen von kapazitierten Produktions-systemen, die zu Peitscheneffekten füh-ren, das Risiko von Ansehensverlustenund Qualitätsschwankungen. Die verfüg-baren Informationen werden oft nur ingeringem Maße ausgenutzt, um dyna-misch auf Veränderungen zu reagieren.Wir erwarten, dass eine Kombinationvon verbesserter Datenverfügbarkeit undden Fortschritten in den Algorithmenzu neuen Arten von Entscheidungsun-terstützungssystemen führen werden. ImGegensatz zu einer ausschließlichen Re-aktion auf Störungen kann Robustheitin Bezug auf die Lösungsqualität unddie Lösung selber, d. h. Stabilität, durcheine Antizipation des unsicheren System-verhaltens und dessen Berücksichtigungwährend der Planung erreicht werden.

Die zugehörige Forschungsfrage be-steht darin, wie Algorithmen und Syste-me zu entwerfen sind, die in der Lagesind, mit dem dynamischen und stochas-tischen Verhalten des zugrundeliegen-den Basissystems umzugehen. Stabilitäts-

und Robustheitseigenschaften von Lö-sungsansätzen sind ebenfalls von Inter-esse. Es ist erforderlich, Algorithmen zuentwerfen, welche die möglichen stochas-tischen Veränderungen bereits aufgrundihres Entwurfs berücksichtigen. Gegen-wärtig wird lediglich versucht, der inhä-renten Unsicherheit, die typisch für vie-le Planungssituationen in der Praxis ist,mit sehr einfachen Methoden zu begeg-nen (vgl. Graves 2010). Außerdem ist esinteressant zu untersuchen, in welchenSituationen Eingriffe menschlicher Ent-scheider in automatische Planungs- undSteuerungssysteme erforderlich sind.

2.4 Verkürzung des Modellbildungs-und Nutzungszyklus

Modellierung und Simulation sind eta-blierte Methoden für die Entscheidungs-unterstützung. Gleichwohl ist festzustel-len, dass die Entwicklung diskreter Si-mulationsmodelle immer noch sehr zeit-aufwendig ist, obwohl die Datenverfüg-barkeit in starkem Maße verbessert wur-de und große Anstrengungen unternom-men worden sind, um Modelle auto-matisch zu generieren (vgl. Fischbeinund Yellig 2011). Dies behindert einenweitverbreiteten Einsatz der diskreten Si-mulation in der Industrie. Das gilt ins-besondere auch für die seit langem exis-tierende Vision der Unterstützung derProduktionssteuerung in Echtzeit unterVerwendung von Simulationsmodellen,die aus aktuellen Daten des Netzwerkeserzeugt wurden, da in dieser Situationhochgradig detaillierte Modelle erforder-lich sind. Die Bereitstellung derartigerModelle, die Aspekte einer fortgeschritte-nen Automatisierung wie automatischemMaterialtransport, Montageroboter oderClustertools, d. h. spezifische, aus mehre-ren Maschinen bestehende Minifabriken,beinhalten, ist immer noch alles andereals trivial.

Simulation kann zur Abbildung desstochastischen Verhaltens großer Netz-werke eingesetzt werden, wenn sie schnellgenug ist und die entsprechenden Model-le leicht zu entwickeln sind. Wir sind inder Lage, einzelne Knoten solcher Netz-werke zu simulieren. Allerdings existierennur initiale Arbeiten, insbesondere auchzur Integration von Optimierungsansät-zen, die sich mit der Frage beschäftigen,wie die Lieferkette eines großen Unter-nehmens unter Verwendung eines odermehrerer Simulationsmodelle zu simu-lieren ist, beispielsweise für einen glo-bal tätigen Hersteller von Halbleitern mit

Dutzenden von Halbleiterfabriken, vondenen jede wiederum hunderte von Ma-schinen und Jobs enthält. Das SupplyChain Optimization and Protocol En-vironment (SCOPE) (vgl. Orcun et al.2007) ist ein interessantes Beispiel fürein SCM-Modellierungswerkzeug. Aller-dings wurden bisher nur Anwendungs-szenarien relativ geringer Komplexitätuntersucht, und die Abbildung von dy-namischem und stochastischem System-verhalten ist anspruchsvoll. Es ist er-forderlich, reduzierte Simulationsmodel-le zu untersuchen, die zwar einfach sind,gleichzeitig aber in der Lage sind, wesent-liche Aspekte wie die Dynamik des Netz-werkes und lastabhängige Durchlaufzei-ten abzubilden. Wir bemerken, dass dasProblem im Wesentlichen in fehlendenmethodischen Ansätzen liegt und nichtin ungeeigneten Simulationswerkzeugen.Bisher existieren nur wenige Ansätze zurReduktion, die sich alle mit einer de-taillierten Modellierung von Arbeitsgän-gen auf Engpassmaschinen beschäftigen.Die Arbeitsgänge auf den Maschinen, diekeine Engpässe sind, werden anstelle ei-ner detaillierten Modellierung durch fes-te Verzögerungszeiten ersetzt. Da sichaber Engpässe im zeitlichen Verlauf ver-schieben können und die Verzögerungs-zeiten lastabhängig sind, erfordert dieserAnsatz weiteren Forschungsbedarf wievon Rose (2007) im Kontext der Simula-tion von Halbleiterfabriken gezeigt wer-den konnte. Das Vorhandensein derarti-ger reduzierter Simulationsmodelle wür-de aber prinzipiell die Anwendung vonMethoden der simulationsbasierten Op-timierung in großen Netzwerken erlau-ben. Außerdem wäre es so möglich, An-sätze, die zwischen analytischen Ansätzenwie linearer Optimierung und Simulati-on iterieren, auch für große Netzwerkeanzuwenden.

Das Ermitteln einer geeigneten situa-tionsabhängigen Parametrisierung vonPlanungs- und Steuerungsheuristiken isteine wichtige Fragestellung für Anwen-der und Anbieter von entsprechendenSoftwarelösungen. Außerdem stellt dieAufbereitung und Analyse der Ergebnis-se häufig einen Engpass dar, der dieAnwendung quantitativer Verfahren be-hindert. Diese beiden Fragestellungenkönnen gleichzeitig behandelt werden,indem spezielle wissensbasierte Systemegeschaffen werden, sogenannte Zugangs-systeme, die dem Anwender zu einerbestimmten Methode hinführen, wobeidie Methoden Bestandteil einer Metho-denbank sind und Abgangssysteme, wel-che die Analyse und Interpretation der

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Ergebnisse unterstützen. Obwohl solcheWerkzeuge bereits für spezielle Frage-stellungen wie lineare Optimierung (vgl.Greenberg 1996) oder diskrete Simulati-on (vgl. Belz und Mertens 1994) entwi-ckelt wurden, sind weitere Forschungsar-beiten für Entscheidungsunterstützungs-systeme nötig, die andere Methodenverwenden. Außerdem ist es notwendig,Assistenzsysteme zu schaffen, die den An-wender bei einer bestimmten Metho-de unterstützen, zum Beispiel, wenn ge-eignete Parameterbelegungen zu findensind.

Eine große Rechenzeit stellt immernoch ein Hindernis für die Anwendungquantitativer Methoden dar, beispiels-weise, wenn die Ansätze für interaktiveWhat-if-Szenarien vorgesehen sind. Deg-botse et al. (2013) berichten, dass einzel-ne Planungsinstanzen, die auf Unterneh-mensdaten basieren, in wenigen Stundengelöst werden können, während Daten-sätze für Szenarien bis zu einem Tag Re-chenzeit erfordern. Aus diesem Grundist es sinnvoll zu untersuchen, welchespezifischen Entscheidungsprobleme inProduktions- und Dienstleistungsnetz-werken geeignet sind, unter Verwen-dung von Parallelrechnern gelöst zu wer-den. Potenzielle Kandidaten sind großestochastische Produktionsplanungs- oderAblaufplanungsprobleme.

3 Wissenschaftliche Methodenzur Lösung der Probleme

Wir diskutieren Methoden, von denenerwartet wird, dass sie zur Lösung derHerausforderungen, die in Abschn. 1und 2 beschrieben sind, beitragen kön-nen. Da Fragen der Leistungsbewertungfür alle Herausforderungen gleicherma-ßen wichtig sind, werden diese zusätzlichin Abschn. 3.4 behandelt.

3.1 Integrierte Problemstellungen

Es ist zu untersuchen, ob das von Schnee-weiss (2003) vorgeschlagene Paradigmader verteilten Entscheidungsfindung oderandere Organisationsformen einen Be-zugsrahmen bilden, der durch eine ge-eignete Kombination von zentralen unddezentralen Lösungsansätzen verfeinertwerden kann. Wir wissen wenig darüber,wie eine Antizipation der Charakteristi-ka anderer beteiligter Entscheidungsein-heiten zu erfolgen hat. Multi-Agenten-Systeme (MAS) sind ein Softwarepara-digma, das dazu verwendet werden kann,

Ansätze der verteilten Entscheidungsfin-dung zu implementieren. Allerdings istdie Anzahl erfolgreicher praktischer An-wendungen klein. Ein sorgfältiger Ver-gleich von integrierten (zentralen) An-sätzen mit den zugehörigen dezentralenAnsätzen bezüglich Lösungsqualität undRechenzeit ist notwendig.

Anreize für autonome Akteure kön-nen unter Verwendung spieltheoretischerMethoden ermittelt werden. Außerdemist es möglich, unter Verwendung vonMethoden des Forschungsgebiets Mecha-nism Design Regeln zu ermitteln, die so-gar in Situationen, in denen die Agentenihre Präferenzen nicht von sich aus wahr-heitsgemäß offenbaren, zu guten Ergeb-nissen führen.

Modellierungsansätze für Unsicher-heit, die zur Präferenzerhebung einge-setzt werden, können auf der Theorie derFuzzy Sets oder alternativen Unsicher-heitstheorien basieren. AgentenbasierteSimulation kann dazu verwendet wer-den, die Modellierung von Präferenzenzu bewerten.

3.2 Probleme im Zusammenhang mitder Berechnung robuster Lösungen

Typische Forschungsansätze in der Ro-bustheitsdomäne beschäftigen sich mitdem Entwurf und der Leistungsbewer-tung von Online-Algorithmen oder vongeeigneten Umplanungsverfahren. Wirerwarten, dass Methoden der stochas-tischen Optimierung und der approxi-mativen dynamischen Programmierung,d. h. Markowsche Entscheidungsprozes-se, zum Entwurf robuster Algorithmenfür eine große Klasse von Problemenverwendet werden können.

Ein stochastisches Programm basiertin der einfachsten Form auf der Idee,dass eine Entscheidung in einer erstenStufe getroffen wird. Zufällige Ereignis-se können eintreten, die das Ergebnisder Entscheidungen der ersten Stufe be-einflussen. Eine Kompensationsentschei-dung kann in einer zweiten Stufe getrof-fen werden, um ungewünschte Effekte zubeseitigen, die als Folge von Entschei-dungen der ersten Stufe auftreten. DieEntscheidungen der ersten Stufe werdenin einer solchen Art und Weise getrof-fen, dass ihre zukünftigen Auswirkungendurch eine Rekursfunktion berücksich-tigt werden, die den Erwartungswert fürdiese Entscheidungen darstellt.

Die wesentliche Idee von MarkowschenEntscheidungsprozessen besteht in der

Ermittlung einer Strategie, die zur Aus-wahl der als nächstes auszuführendenAktion herangezogen werden kann, wennein bestimmter Systemzustand erreichtwird. Die Strategie wird so bestimmt,dass der erwartete Nutzen maximiertwird.

Simulation kommt in Sampling-Methoden zum Einsatz, d. h., die Ziel-funktionswerte werden durch Simulatio-nen ermittelt. Ein ähnlicher Ansatz wirdbei der simulationsbasierten Optimie-rung eingesetzt, bei der etwa Metaheu-ristiken mit Simulation zur Berechnungdes Zielfunktionswertes im Falle vonUnsicherheit kombiniert werden.

3.3 Probleme im Rahmen derVerkürzung des Modellbildungs- undNutzungszyklus

Um den Modellbildungszyklus zu ver-kürzen, ist es sinnvoll, den Ansatz der re-duzierten Simulationsmodelle für einzel-ne Knoten einer Lieferkette auf die ge-samte Lieferkette auszudehnen. Da es un-möglich ist und gleichzeitig auch nichtnotwendig erscheint, alle Knoten ei-nes großen Produktions- und Dienst-leistungsnetzwerkes in einem einzigendiskreten Simulationsmodell abzubilden,sind Methoden der verteilten Simulati-on dazu einzusetzen, die detaillierten Si-mulationsmodelle mit den reduziertenzu vergleichen. Wir sind davon über-zeugt, dass Kombinationen von detail-lierten oder reduzierten Simulationsmo-dellen mit Metamodellen, zum Beispielmultivariate Regression, deterministischeFlow-Line-Modelle oder System Dyna-mics, erfolgversprechend sind. Bezüglichder Anwendbarkeit von durch partiel-le Differentialgleichungen modelliertennichtlinearen Fluid-Flow-Systemen zurBeschreibung des erwarteten Verhaltenseiner Lieferkette liegen bisher nur ersteUntersuchungen vor.

Techniken aus dem Bereich Experten-systeme sind potenzielle Kandidaten, umZugangs- und Abgangssysteme zu ent-werfen. Methoden des maschinellen Ler-nens können in Assistenzsystemen zumTragen kommen, um situationsabhän-gig Parameterwerte in Heuristiken zuwählen.

Um mit dem hohen Rechenaufwandumgehen zu können, der typisch fürdie Lösung von Entscheidungsproblemenin Produktions- und Dienstleistungs-netzwerken ist, sind Dekompositions-heuristiken von Interesse. Metaheuristi-ken und ihre Kombination mit Ansätzen

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der linearen Optimierung, sogenannteMatheuristics, bei denen Techniken derlinearen Optimierung genutzt werden,um Unterprobleme mit vielen Restrik-tionen zu lösen, können dazu verwen-det werden, qualitativ hochwertige Lö-sungen zu ermitteln. Außerdem kön-nen Unterprobleme parallel gelöst wer-den. Da leistungsfähige Parallelrechner,sowohl traditionelle Multi-Core- undCluster-Systeme sowie spezialisierte Ar-chitekturen wie die Compute Unified De-vice Architecture (CUDA), in jüngererZeit preisgünstig geworden sind, ist esmöglich, solche Systeme in Unterneh-men einzusetzen. Das beinhaltet den Ei-genbetrieb derartiger Systeme oder dieNutzung in der Cloud. Wiederum liegennur erste Untersuchungen vor, die denEinsatz von CUDA für die Lösung vonAblaufplanungs- und Tourenplanungs-problemen zum Gegenstand haben (vgl.zum Beispiel Schulz et al. 2013).

3.4 Fragen der Leistungsbewertung

Die Leistungsfähigkeit der vorgeschlage-nen Algorithmen kann entweder unterVerwendung existierender Benchmark-instanzen beurteilt werden oder durchneu erzeugte Probleminstanzen. Aller-dings ist gerade in einem so dynami-schen und stochastischen Umfeld wie inProduktions- und Dienstleistungsnetz-werken eine simulationsbasierte Leis-tungsbewertung vor dem praktischenEinsatz der Algorithmen von großemInteresse, da kontrollierte Experimentein einer industriellen Umgebung nahezuunmöglich erscheinen.

Die neuartigen Ansätze sind prototy-pisch in existierende Anwendungssyste-me einzubetten. Feldversuche mit denPrototypen sind wünschenswert, um dieLeistungsfähigkeit der Prototypen auchaußerhalb universitärer Forschungslabo-re untersuchen zu können. Die Schwie-rigkeiten, die im Zusammenhang mitder Entwicklung größerer Softwaresys-teme und den zugehörigen Feldversu-chen zu lösen sind, ergeben sich ausden langen Entwicklungszyklen an Uni-versitäten, die durch kleine Forschungs-teams verursacht werden, aus der feh-lenden Robustheit der Prototypen sowieaus organisatorischen Problemen in denUnternehmen, die durch eine fehlendePassgenauigkeit zwischen Geschäftspro-zessen und Planungsmodellen verursachtwerden. Technische Integrationsproble-me sowie fehlendes Engagement der Pi-lotanwender in den Unternehmen ver-ursachen ebenfalls Probleme. Schließlich

ist auch die Tatsache zu berücksichtigen,dass universitäre Forschungslabore häu-fig nicht in der Lage sind, schnell und effi-zient Probleme mit der Software zu lösen.Die Erkenntnisse aus den Feldversuchensind bei der Verbesserung der Algorith-men zu berücksichtigen. Wir streben eineVerallgemeinerung der Algorithmen undPrototypen in dem Sinne an, dass sie invielen praktischen Situationen einsetzbarsind.

4 Relevante akademischeDisziplinen und erforderlicheinterdisziplinäre Zusammenarbeit

Die Herausforderungen, die in Abschn. 2diskutiert wurden, verlangen eine en-ge Zusammenarbeit der Wirtschaftsin-formatik mit anderen akademischen Dis-ziplinen. Die Betriebswirtschaftslehre istfür die Identifikation und Analyse vonProblemen aus der Wirtschaft verant-wortlich. Diese Disziplin ist für alle dreiHerausforderungen wichtig, da betriebs-wirtschaftliche Problemstellungen unse-re Forschungsdomäne bilden. Methodendes Operations Research, der Statistik,der theoretischen Informatik, des Ent-wurfs effizienter Algorithmen, der Künst-lichen Intelligenz und des maschinellenLernens sind zur Problemanalyse undzum Entwurf entsprechender Algorith-men für die drei Herausforderungen zuverwenden. Techniken des Software En-gineerings und des Datenmanagementssind beim Entwurf und der Implementie-rung der Prototypen heranzuziehen.

Außerdem ist es erforderlich, ökono-mische Problemstellungen und Mecha-nismen unter einem stärker algorithmi-schen Blickwinkel für Herausforderung1 zu betrachten, d. h., die Informa-tikperspektive innerhalb des interdiszi-plinären Forschungsgebiets „Computa-tional Mechanism Design“ (vgl. Nisanet al. 2007) einzunehmen. Erkenntnisseder Psychologie und anderer Verhaltens-wissenschaften können für mögliche An-reizmechanismen in teilautomatisiertenPlanungs- und Steuerungsmechanismenim Rahmen von Herausforderung 1 undder Gestaltung von Mensch-Maschine-Schnittstellen im Rahmen von Heraus-forderung 3 berücksichtigt werden.

Wir betrachten nun nachfolgend einBeispiel für die erste Herausforderung,das die Notwendigkeit einer interdiszipli-nären Forschung zeigt. Eine integrierteAblaufplanung für Produktionsjobs undvorbeugende Instandhaltungsaktivitäten

wird untersucht. Die zu entwickelndenVerfahren sind in das MES eines großenUnternehmens zu integrieren. Zunächstist das Problem zu analysieren. Insbe-sondere ist es wichtig, Leistungsmaßeauszuwählen, welche die globalen Ge-schäftsziele des Unternehmens unterstüt-zen. Dazu werden Methoden der Be-triebswirtschaftslehre benötigt. Nachdemdas Problem beschrieben und analysiertist, wird eine gemischt-ganzzahlige Op-timierungsformulierung vorgeschlagen,um erste Einsichten zu gewinnen. Da-zu sind Kenntnisse im Operations Re-search erforderlich. Es werden Metho-den der theoretischen Informatik benö-tigt, um die Komplexität des Problemszu untersuchen. Angenommen, das Pro-blem ist NP-schwer. Dann ist ein effizi-enter Ansatz auf Basis von Metaheuris-tiken vorzuschlagen, um große Proble-minstanzen mit vertretbarem Rechenauf-wand lösen zu können. Dieser Schrittverlangt Kenntnisse in Künstlicher In-telligenz und im Entwurf von Algorith-men. Ansätze des maschinellen Lernenskönnen nützlich sein, um die vielen Pa-rameter der Metaheuristik in einer si-tuationsabhängigen Art und Weise mitWerten zu belegen. Da wir an einer An-wendung der vorgeschlagenen Methodeim unternehmensweiten MES interessiertsind, ist es erforderlich, die integrier-te Ablaufplanungsfunktionalität in einemWebservice zu kapseln, der es uns er-laubt, Daten aus dem MES zu bezie-hen und Ablaufpläne dem MES zur Ver-fügung zu stellen. Techniken des Soft-ware Engineerings und des Datenmana-gements sind für die Entwicklung desSoftwareprototyps erforderlich.

5 Konkrete Beispiele fürForschungsergebnisse

Wir stellen exemplarisch einige bereitserzielte Forschungsergebnisse in diesemAbschnitt vor. Die entsprechenden Arti-kel sind in Tab. 1 den Herausforderungenaus Abschn. 2 zugeordnet.

Mönch (2006) schlägt ein verteil-tes hierarchisches Steuerungssystem fürkomplexe Produktionssysteme vor. DasSystem ist als MAS implementiert. Esist aber interessant, auch Produktions-planungsansätze im MAS zu verwen-den. Ein integrierter Optimierungsan-satz für die Fahrereinsatz- und die Tou-renplanung wird von Steinzen et al.(2010) vorgestellt. Fink und Homber-ger (2013) entwickeln einen automati-schen Verhandlungsmechanismus für das

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Tab. 1 Zuordnung von Forschungsherausforderungen zu ersten Ergebnissen

Herausforderung Referenz Inhalt

Integration in Netzwerken Mönch (2006) MAS für die Ablaufplanung in Halbleiterfabriken

Steinzen et al. (2010) Integration von Fahrereinsatz- und Tourenplanung

Fink und Homberger (2013) Automatischer Verhandlungsmechanismus

Driessel und Mönch (2012) Integrierte Ablauf- und Transportplanung

Pfeiffer et al. (2008) Referenzpunkt-basierte Modellierung von Präferenzen

Lang et al. (2012) Fuzzy Sets zur Modellierung von unsicheren Präferenzen

Ermittlung robuster Lösungen Ehmke et al. (2012) Nutzung von Echtzeit-Informationen in der City-Logistik

Dück et al. (2012) Robuste Besatzungseinsatz- und Flugplanung

Verkürzung des Modellbildungs- und Nutzungszyklus Fink und Voß (2003) Schneller Entwurf/Implementierung von Metaheuristiken

Rothlauf (2011) Entwurf von Metaheuristiken

Ehm et al. (2011) Supply-Chain-Simulation mit reduzierten Modellen

Bilyk und Mönch (2012) Paralleles Rechnen für Ablaufplanungsanwendungen

Project Scheduling, wobei Informations-asymmetrie und konfliktäre Ziele derAgenten berücksichtigt werden. Dries-sel und Mönch (2012) schlagen einenintegrierten Ablaufplanungs- und auto-matischen Transportansatz vor, der dieShifting-Bottleneck-Heuristik auf dieseSituation ausdehnt. Allerdings wird le-diglich ein sehr einfaches automatischesTransportsystem betrachtet. Weitere For-schungsanstrengungen sind notwendig,um praxisrelevante Nebenbedingungenzu berücksichtigen.

Multikriterielle evolutionäre Algorith-men, die Präferenzen von Entscheidernin Form von Referenzpunkten berück-sichtigen, werden von Pfeiffer et al.(2008) vorgeschlagen. Es ist allerdingsnotwendig, den vorgeschlagenen Ansatzunter Verwendung zusätzlicher Anwen-dungsszenarien weiter zu evaluieren. DiePräferenzen von Entscheidern sind häu-fig mit sprachlicher Unschärfe verbun-den. Lang et al. (2012) beschäftigensich mit der Erhebung, Modellierungund Verarbeitung unsicherer Präferen-zen menschlicher Entscheider in elek-tronischen Verhandlungen. Dabei wer-den Fuzzy Sets als Modellierungsansatzverwendet. Es erscheint aber sinnvoll,auch alternative Modellierungsansätze indie Untersuchungen einzubeziehen. An-wendungen im SCM-Bereich sind zubetrachten.

Ehmke et al. (2012) zeigen, wie Echt-zeit-Daten dazu verwendet werden kön-nen, Entscheidungen in der Transportlo-gistikdomäne zu verbessern. Dück et al.(2012) schlagen Ansätze für eine robusteBesatzungseinsatz- und Flugplanung vor,

wobei Verspätungen und Störungen, dietypisch für Transporte mit Flugzeugensind, berücksichtig werden.

Der Entwurf von Metaheuristikenfür industrielle Planungsprobleme un-ter Verwendung eines objektorientiertenRahmenwerks wird von Fink und Voß(2003) diskutiert. Rothlauf (2011) klas-sifiziert Metaheuristiken und zeigt, wieentsprechende Heuristiken unter Ver-wendung problem- und instanzspezifi-schen Wissens entworfen werden kön-nen. Ehm et al. (2011) untersuchen dieSimulation von Lieferketten in der Halb-leiterindustrie. Techniken für reduzier-te Simulationsmodelle werden auf eineLieferkette relativ geringer Größe ange-wandt. Es ist allerdings wünschenswert,diese Methode auf große Lieferkettenauszudehnen. Bilyk und Mönch (2012)schlagen eine Variante der Shifting-Bottleneck-Heuristik vor, die auf ei-nem Parallelrechner ausgeführt wird,um große Ablaufplanungsprobleme fürHalbleiterfabriken zu lösen. Dieses Vor-gehen erlaubt den Einsatz moderner Me-taheuristiken zur Lösung der auftreten-den Unterprobleme. Die Durchführungvon Simulationsexperimenten, die unterVerwendung von Methoden der optima-len Versuchsplanung entworfen werden,ist anstrebenswert.

Als Zusammenfassung der Erkenntnis-se dieses Artikels schlagen wir die folgen-de Forschungsagenda für die nächstenJahre vor.

Herausforderung 1: Wir werden durchdie Betrachtung von spezifischen Bei-spielen aus der Produktionsplanungs-und Ablaufplanungsdomäne untersu-chen, wie Planung und Steuerung in

großen Produktions- und Dienstleis-tungsnetzwerken zu verbinden sind. DasWissen bezüglich der Modellierung vonPräferenzen wird durch die Betrachtungalternativer Modellierungsansätze unddurch das Studium von Anwendungsbei-spielen erweitert werden. Koordinations-mechanismen für autonome Akteure, dieAnreize berücksichtigen, werden analy-siert werden. Wir sind daran interessiert,die Vorteile und Nachteile integrierterPlanungsansätze im Vergleich zu dezen-tralen, koordinierten Ansätzen besser zuverstehen.

Herausforderung 2: Wir werden Algo-rithmen und zugehörige Anwendungs-systeme, die in der Lage sind, das dy-namische und stochastische Verhaltendes zugrundeliegenden Basissystems zuberücksichtigen, entwerfen und imple-mentieren sowie ihre Leistungsfähigkeitbewerten. Dabei erscheint es sinnvoll, zu-nächst mit dynamischen und stochasti-schen Gegenstücken von statischen Pro-blemen mit deterministischen Daten ausder Transport-, Produktionsplanungs-sowie Ablaufplanungsdomäne, für diebereits ein tiefes Verständnis vorliegt, zubeginnen. Außerdem sind wir daran in-teressiert, die Grenzen der einfachen Me-thoden, die gegenwärtig zur Lösung vondynamischen und stochastischen Proble-men verwendet werden, besser zu ver-stehen. Basierend auf diesen Erkenntnis-sen werden wir an fortgeschrittenerenMethoden arbeiten.

Herausforderung 3: Wir werden Tech-niken entwickeln, anwenden und tes-ten, die eine Simulation von großenLieferketten gestatten. Auf diesen Si-mulationsmodellen basierend, werden

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Zusammenfassung / AbstractAndreas Fink, Natalia Kliewer, Dirk Mattfeld, Lars Mönch, Franz Rothlauf, Guido Schryen,Leena Suhl, Stefan Voß

Modellbasierte Entscheidungsunterstützung in Produktions-und Dienstleistungsnetzwerken

In dem Artikel skizzieren wir einige der Herausforderungen, die in zukünftigen For-schungsaktivitäten für eine modellbasierte Entscheidungsunterstützung in Produk-tions- und Dienstleistungsnetzwerken zu adressieren sind. Das beinhaltet die Be-trachtung von Integrationsaspekten, insbesondere auch unter Berücksichtigung derAutonomie von Entscheidungsträgern und Informationsasymmetrie, die Modellie-rung von Präferenzen der Entscheider, die effiziente Ermittlung robuster Lösungen,d. h. Lösungen, die unempfindlich bezüglich Änderungen in den Problemdaten sind,und eine Verkürzung der Zeit zur Modellerstellung und -nutzung. Der Problemlö-sungszyklus umfasst eine Problemanalyse, den Entwurf geeigneter Algorithmen so-wie deren Leistungsbewertung. Wir sind an einer prototypischen Integration der vor-geschlagenen Methoden in Anwendungssysteme interessiert. Daran anschließendkönnen Feldtests mit den so erweiterten Anwendungssystemen durchgeführt wer-den. Die vorgeschlagene Forschungsagenda erfordert eine interdisziplinäre Zusam-menarbeit von Wirtschaftsinformatikern mit Kollegen aus der Betriebswirtschaftsleh-re, der Informatik und dem Operations Research. Außerdem werden exemplarischeinige Beispiele für relevante Forschungsergebnisse vorgestellt.

Schlüsselwörter: Modellbasierte Entscheidungsunterstützung, Produktions- undDienstleistungsnetzwerke, Forschungsfelder der Wirtschaftsinformatik

Model-Based Decision Support in Manufacturing and ServiceNetworks

In this paper, we sketch some of the challenges that should be addressed in fu-ture research efforts for model-based decision support in manufacturing and servicenetworks. This includes integration issues, taking into account the autonomy of thedecision-making entities in face of information asymmetry, the modeling of prefer-ences of the decision-makers, efficiently determining robust solutions, i.e. solutionsthat are insensitive with respect to changes in the problem data, and a reductionof the time needed for model building and usage. The problem solution cycle in-cludes problem analysis, the design of appropriate algorithms and their performanceassessment. We are interested in a prototypical integration of the proposed meth-ods within application systems, which can be followed up with field tests of the ex-tended application systems. We argue that the described research agenda requiresthe interdisciplinary collaboration of business and information systems engineeringresearchers with colleagues from management science, computer science, and oper-ations research. In addition, we present some exemplifying, illustrative examples ofrelevant research results.

Keywords: Model-based decision support, Manufacturing and service networks,Research areas in business and information systems engineering

wir an hybriden Ansätzen für großeProduktions- und Dienstleistungsnetz-werke arbeiten, die analytische Tech-niken und Simulation verbinden. Eswird untersucht werden, wie solche si-mulationsbasierten Methoden in kom-merziellen Anwendungssystemen einge-setzt werden können. Außerdem wer-den wir an der situationsbasierten Pa-rametrisierung von Heuristiken arbeiten,die zur Entscheidungsunterstützung inProduktions- und Dienstleistungsnetz-werken eingesetzt werden. Das Verständ-nis für das Anwendungspotenzial derParallelverarbeitung soll durch die Be-trachtung domänenspezifischer Beispielevergrößert werden.

6 Schlussfolgerungen

In diesem Artikel haben wir verschie-dene Herausforderungen für eine mo-dellbasierte Entscheidungsunterstützungin Produktions- und Dienstleistungs-netzwerken diskutiert. Die Haupther-ausforderungen liegen in der verteil-ten Entscheidungsfindung in großenProduktions- und Dienstleistungsnetz-werken, in der Berücksichtigung von dy-namischem und stochastischem System-verhalten während der Entscheidungs-findung und in der Verkürzung desModellbildungs- und Nutzungszyklus. Eswurde erklärt, warum wir erwarten, dassdie Beschäftigung mit diesen Herausfor-derungen wichtig ist, um einen breitenEinsatz von effizienten Entscheidungs-unterstützungslösungen in der betriebli-chen Praxis zu erreichen. Wir haben au-ßerdem gezeigt, warum es erforderlichist, interdisziplinäre Anstrengungen vor-zunehmen. Eine Forschungsagenda fürdie nächsten Jahre wurde vorgeschlagen.

Danksagung

Die Autoren des Artikels bedanken sichbei Reha Uzsoy, North Carolina StateUniversity, für nützliche Hinweise zurVerbesserung des Artikels.

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