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Modellbasierte Architektur- entwicklung von E/E-Systemen · trik-/Elektronik-Architekturen...

Date post: 05-Aug-2019
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Modellbasierte Architektur- entwicklung von E/E-Systemen Mit einer modellgestützten, werkzeugbasierten Vorgehensweise können bei der Entwicklung von neuen Elektrik-/Elektronik-Architekturen BEREITS IN DER KONZEPTPHASE durch Bewertungsverfah- ren die Auswirkungen von Entwurfsentscheidungen auf die Elektronik und resultierenden Kosten abgeschätzt werden. D ie Entwicklung von neuen Elek- trik-/Elektronik-Architekturen erfordert aufgrund der in den letzten Jahren stetig steigenden Funktio- nalität und Komplexität den Einsatz von effizienten Methoden und geeigneten Entwicklungswerkzeugen. Vernetzte Fahrwerksysteme, Multimedia und Komfortelektronik haben bereits in den jüngsten Architekturprojekten zu einer hohen Steuergerätezahl sowie einer brei- ten Konfiguration von Bussystemen ge- führt. Die E/E-Architektur ist dabei ent- scheidend für den wirtschaftlichen Erfolg einer Fahrzeugbaureihe. Es ist zu erwarten, dass zukünftige in- novative Funktionalitäten (z.B. Fahre- rassistenzsysteme und Systeme zur Ver- brauchsminderung) oder neue Technolo- gien (z.B. AUTOSAR und FlexRay) die Komplexität weiter erhöhen werden und die Grenze des technisch Machbaren ver- schieben. Gleichzeitig sind der zur Verfü- gung stehende Bauraum sowie der am Markt durchsetzbare Preis aufgrund von Wirtschaftlichkeitsanforderungen für Elektrik/Elektronik-Systeme gewisser Grenzen ausgesetzt. Nur durch eine wei- tere Optimierung der E/E-Systeme wird es möglich sein, zukünftig wettbewerbs- fähige Fahrzeuge zu entwickeln. Entscheidend im Architekturentwick- lungsprozess ist die frühzeitige Analyse von Architekturkennzeichen wie z.B. Stabilität, Änderbarkeit, Flexibilität so- wie der Systemkosten. Eine große wirt- schaftliche Bedeutung hat außerdem die Nutzbarkeit einer E/E-Architektur für ei- ne Produktlinie oder Plattform, so dass durch eine mehrfache Nutzung der E/E-Architektur eine bessere Wirtschaft- lichkeit erreicht werden kann. Die Be- herrschung des häufig über mehrere Ab- teilungen aufgehängten Architekturent- wurfs macht den Einsatz von modell- basierten Entwurfsverfahren und einer formalen, möglichst domänenorientier- ten Entwurfsnotation notwendig, außer- dem ist eine konsistente Datenhaltung zu implementieren. Auf Basis der resultie- renden E/E-Architekturmodellen kön- nen umfangreiche Analysen vorgenom- men werden, die in einem inkrementel- len Entwurfsprozess zur richtungswei- senden Optimierung der Architektur he- rangezogen werden. Modellbasiert Eine wesentliche Zielsetzung der modell- basierten Entwicklung von E/E-Archi- tekturen ist die Berechenbarkeit ver- schiedener teilweise konkurrierender Ar- chitekturkonzepte. Anhand von Metri- ken können verschiedene qualitative und quantitative Gütekriterien eines Ar- chitekturkonzepts ermittelt werden und im Rahmen eines inkrementellen Ent- wicklungsprozesses zur Optimierung ei- nes sich über Funktionen und Kom- ponenten und deren Verteilung auf die Bauräume aufspannenden Entwurfs- raums genutzt werden. Durch den mo- dellbasierten Entwicklungsansatz kön- nen bereits Architekturprojekte in einer frühen Konzeptphase unterstützt wer- SYSTEME & SOFTWARE 22 AUTOMOBIL-ELEKTRONIK Oktober 2007 Zielsetzung der modellbasierten Entwicklung ist die Berechenbarkeit verschiedener, teilweise konkurrierende, Architekturkonzepte. (Alle Bilder aquintos GmbH)
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Modellbasierte Architektur- entwicklung von E/E-Systemen Mit einer modellgestützten, werkzeugbasierten Vorgehensweise können bei der Entwicklung von neuen Elektrik-/Elektronik-Architekturen BEREITS IN DER KONZEPTPHASE durch Bewertungsverfah-ren die Auswirkungen von Entwurfsentscheidungen auf die Elektronik und resultierenden Kosten abgeschätzt werden.

D ie Entwicklung von neuen Elek-trik-/Elektronik-Architekturen erfordert aufgrund der in den

letzten Jahren stetig steigenden Funktio-nalität und Komplexität den Einsatz von effizienten Methoden und geeigneten Entwicklungswerkzeugen. Vernetzte Fahrwerksysteme, Multimedia und Komfortelektronik haben bereits in den jüngsten Architekturprojekten zu einer hohen Steuergerätezahl sowie einer brei-ten Konfiguration von Bussystemen ge-führt. Die E/E-Architektur ist dabei ent-scheidend für den wirtschaftlichen Erfolg einer Fahrzeugbaureihe.

Es ist zu erwarten, dass zukünftige in-novative Funktionalitäten (z.B. Fahre-rassistenzsysteme und Systeme zur Ver-brauchsminderung) oder neue Technolo-gien (z.B. AUTOSAR und FlexRay) die Komplexität weiter erhöhen werden und die Grenze des technisch Machbaren ver-schieben. Gleichzeitig sind der zur Verfü-gung stehende Bauraum sowie der am Markt durchsetzbare Preis aufgrund von

Wirtschaftlichkeitsanforderungen für Elektrik/Elektronik-Systeme gewisser Grenzen ausgesetzt. Nur durch eine wei-tere Optimierung der E/E-Systeme wird es möglich sein, zukünftig wettbewerbs-fähige Fahrzeuge zu entwickeln.

Entscheidend im Architekturentwick-lungsprozess ist die frühzeitige Analyse von Architekturkennzeichen wie z.B. Stabilität, Änderbarkeit, Flexibilität so-wie der Systemkosten. Eine große wirt-schaftliche Bedeutung hat außerdem die Nutzbarkeit einer E/E-Architektur für ei-ne Produktlinie oder Plattform, so dass durch eine mehrfache Nutzung der E/E-Architektur eine bessere Wirtschaft-lichkeit erreicht werden kann. Die Be-herrschung des häufig über mehrere Ab-teilungen aufgehängten Architekturent-wurfs macht den Einsatz von modell-basierten Entwurfsverfahren und einer formalen, möglichst domänenorientier-ten Entwurfsnotation notwendig, außer-dem ist eine konsistente Datenhaltung zu implementieren. Auf Basis der resultie-

renden E/E-Architekturmodellen kön-nen umfangreiche Analysen vorgenom-men werden, die in einem inkrementel-len Entwurfsprozess zur richtungswei-senden Optimierung der Architektur he-rangezogen werden.

Modellbasiert Eine wesentliche Zielsetzung der modell-basierten Entwicklung von E/E-Archi-tekturen ist die Berechenbarkeit ver-schiedener teilweise konkurrierender Ar-chitekturkonzepte. Anhand von Metri-ken können verschiedene qualitative und quantitative Gütekriterien eines Ar-chitekturkonzepts ermittelt werden und im Rahmen eines inkrementellen Ent-wicklungsprozesses zur Optimierung ei-nes sich über Funktionen und Kom-ponenten und deren Verteilung auf die Bauräume aufspannenden Entwurfs-raums genutzt werden. Durch den mo-dellbasierten Entwicklungsansatz kön-nen bereits Architekturprojekte in einer frühen Konzeptphase unterstützt wer-

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22 AUTOMOBIL-ELEKTRONIK � Oktober 2007

Zielsetzung der modellbasierten Entwicklung ist die Berechenbarkeit verschiedener, teilweise konkurrierende, Architekturkonzepte.

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den, da durch ein formales Datenmodell eine ganzheitliche Betrachtung aller rele-vanten Architekturkennzeichen ermög-licht wird und Architekturentscheidun-gen abgesichert werden können. Ein weiterer Vorteil der modellbasierten Vor-gehensweise liegt in der Konsistenz der Daten.

Domänenspezifisch Bereits aus der Softwarearchitekturmo-dellierung bekannt sind Konzepte zur Objekt- bzw. Datenmodellierung mit den standardisierten Notationen UML (Uni-fied Modeling Language) bzw. SysML. Diese Notationen eignen sich aufgrund ihres generischen Ansatzes zwar prinzi-piell zur Modellierung von Systemarchi-tekturen, verfügen jedoch über eine sehr eingeschränkte eher allgemein gehaltene Symbolsprache. Sowohl UML als auch SysML ermöglichen durch eine Stereo-typisierung die Anpassung der Modellie-rungsartefakte an die in der Automobil-branche relevanten Daten, ohne eine grafische Abbildungsnähe zu vertrauten Darstellungsformen zu erreichen.

PREEvision bietet aus diesem Grund eine speziell auf die Anforderungen der

Automobilbranche maßgeschneiderte domänenspezifische Modellierungsnota-tion, die durch mehr als 15 verschiedene grafische Sichten alle Anforderungen der Konzeptentwicklung von Elektrik-/Elek-tronik-Architekturen im Automobilbau erfüllt. Der Modellierungsnotation mit einer hohen Anzahl an grafischen Sym-bolen liegt ein Ebenen übergreifendes Datenmodell zugrunde, welches die for-male Spezifikation der domänenspezi-fischen Notation realisiert. Alle Modell-sichten sind problemorientiert und den Modellierungsebenen Requirements,

Hardware-Komponenten entsprechen (Bild 1). Orthogonal zu den technischen Architekturebenen wurde im Daten-modell ein Verfahren zur Verwaltung und Konfiguration von Varianten entwi-ckelt, dass über allen Architekturebenen steht.

Praktische Anwendung Das Werkzeug gibt keinen speziellen Ent-wicklungsprozess vor, so dass eine Inte-gration in bestehende Architekturprozes-se bei OEMs und Zuliefereren gewähr-leistet ist. Die Vorgehensweise bei der Ar-

Nur durch eine weitere Optimierung der E/E-Systeme wird es möglich sein, zukünftig wettbewerbsfähige Fahrzeuge zu entwickeln.

Funktionsnetz-werk, Komponen-ten, Vernetzung, Leitungssatz und Topologie zuge-ordnet. Die durch das Datenmodell vorgegeben Modellierungsebenen sind hierarchisch gegliedert und erlauben die konsistente Beschreibung der E/E-Archi-tekturkonzepte. Durch Verknüpfung bzw. Mapping der Modellartefakte kön-nen zwischen den Architekturebenen Bezüge hergestellt werden, die z.B. einer Partitionierung von Funktionen auf

chitekturmodellierung kann sowohl Top-Down (von der Funktionsarchitektur in Richtung der Hardware-Architektur) als auch Bottom-Up (von Hardware-Archi-tektur in Richtung der Funktionsarchi-tektur) organisiert sein.

Der initiale Aufwand der Modell-dateneingabe für die Konzeption einer

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Gesamtfahrzeug E/E-Architektur auf al-len Beschreibungsebenen ist im Regelfall erheblich, daher werden üblicherweise Daten aus einer bereits erprobten Refe-renzbaureihe mittels Import wiederver-wendet und nur neue Funktionen oder Technologien von Hand modelliert. PREEvision unterstützt den Import von z.B. Funktionskatalogen, Kommunikati-ons- und Vernetzungsdaten, Leitungs-satzdaten als auch der Topologie. Eine of-fene Programmierschnittstelle ermög-licht das Ankoppeln an kundenspezi-fische Datenbanken oder nicht standardi-sierte Formate (z.B. der Gateway-Rou-tingtabelle).

Nach dem Import der Daten aus Refe-renzarchitekturen müssen diese tech-nisch aufbereitet und miteinander ver-knüpft werden. PREEvision unterstützt den Anwender hier durch eine Reihe von Entwurfsmuster Automatismen (Modell-Refactorings), die z.B. das Zergliedern von Teilfunktionen aus den Importdaten einer Kommunikationsmatrix verein-fachen oder komplexe Umorganisations-schritte beschleunigen (z.B. Verschmel-zen von Steuergeräten). Der Reifegrad der E/E-Architekturmodelle wird durch regelbasierte Konsistenzprüfungen ge-messen. Konsistenzprüfungsregeln kön-

nen auch zur Prüfung des Architektur-modells gegen Modellierungsrichtlinien eingesetzt werden, um so eine einheitli-che Darstellung über verschiedene Pro-jekte zu gewährleisten.

Nach Datenimport, Datenaufberei-tung und der Modellierung von neuen technischen Innovationen in das Archi-tekturmodell beginnt der eigentliche Ar-chitekturprozess, der durch die Signal- und Leitungssatz-Autorouter und Funk-tionen zur Berechnung von Metriken unterstützt wird. Der Signalrouter gene-riert auf Basis des Funktionsverteilung und der Kommunikation von Daten zwi-schen Teilfunktionen die über die Bussys-teme laufenden Übertragungen. Das Routingergebnis lässt sich grafisch her-vorheben und mittels einer Metrik ana-lysieren (z.B. Beitrag zur Buslast).

Neben der Funktions- und Vernet-zungsarchitektur von Steuergeräten wird bei der Modellierung in PREEvision auch das Bordnetz berücksichtigt. Speziell für das Bordnetz gibt es neben dem Leitungs-satzeditor auch spezielle Sichten auf die Leistungsversorgung oder die 2D-Topo-logie (räumliche Zuordnung von Steuer-geräte und sonstige Elektrik in die Bau-räume eines Fahrzeugs), die über Map-pings miteinander verbunden sind. Der

Bild 1: Durch Verknüpfung bzw. Mapping der Modellartefakte können zwischen den Architekturebenen Bezüge hergestellt werden, die z.B. einer Partitionierung von Funktionen auf Hardware-Komponenten entsprechen.

Leitungssatzrouter automatisiert den Übergang von Leitungssatz in die Topolo-gie, da er die Leitungen in die in der Topo-logie definierten Verlegewege routet. Analysen nach der Leitungsverlegung sind z.B. Querschnitts- oder Gewichts-berechnungen.

Viele Analyseschritte sind in der Ar-chitekturentwicklung im Regelfall eng mit dem Management von Varianten-aspekten verknüpft. Das in PREEvision integrierte Variantenmanagement unter-stützt allgemein die Gruppierung von Modellartefakte in Variantenmodell-gruppen, die zunächst losgelöst von ei-nem technischen Variantenkonzept be-trachtet werden können. Konfigurierte Modellgruppen werden im Laufe der Va-riantenentwicklung unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert und können verschiedenen Ausstattungsvarianten oder Architekturalternativen zugeordnet werden. (sb)

Dipl.-Ing. Markus Kühl und Dr.-Ing. Clemens Reichmann, Geschäftsführer aquintos GmbH infoDIRECT www.all-electronics.de

Link zu aquintos GmbH: 451AEL0507

SYSTEME & SOFTWARE

24 AUTOMOBIL-ELEKTRONIK � Oktober 2007


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