Date post: | 06-Apr-2015 |
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MILCHSTRÖME
Die Stellung von Milch im Modernen Ernährungssystem
Literatur
• Höhmann-Hempler, Gesine (Hg.): Milch (=BUKO Agrar Dossier 23). Stuttgart: Schmetterling-Verlag 2000
Milchwirtschaft in der EU
„In Europa leben 28 % aller Kühe, rund 26 % der weltweitenKuhmilcherzeugung findet hier statt. Im Jahr 1999 wurden in derEU von 20,9 Mio. Kühen 114,5 Mio. t Milch erzeugt.(...)
Die durchschnittliche Milchleistung beträgt in der EU5.400 l pro Kuh und Jahr.“
(Höhmann-Hempler 2000: 12)
Milch - kulturgeschichtlich
Um 8.000 a.t. wurden domestizierte Rinder in Kleinasien gehalten.
RINDER sind • die einzigen Zugtiere • liefern Milch und Fleisch • liefern Häute, Talg und Horn• werden z.T. als Opfertiere eingesetzt
Die Kuh als Heilige, als Göttin
Kulthandlungen mit Rindern (z.B. Tempelzeichnungen in Kreta)
Astarte die Kuhgöttin herrscht in der Kosmogonie der Hethitergemeinsam mit dem Stier über die gesamte Schöpfung
Hathor, ägyptische Himmelsgöttin der Liebe und Freudedargestellt in Gestalt einer Kuh oder einer Frau mitKuhhörnern
Baal, das goldene Kalb (Buch Moses)im christlichen Glauben reduziert sich die Bedeutungder Kuh auf die Hörner des Teufels
Milch-Zauber
Im MA viele Mythen um das Wegzaubern von Milch
Den Frauen wird nachgesagt, dass sie den Kühen die Milchweghexen könnten und durch die Wand in ihren Krügen auffangen.Oder, als Falter getarnt, würden sie die Milch, Molke oderButter forttragen.
„Schmetterling“ [weg]schmettern (Milchrahm)„butterfly“ Falter, der die Butter wegträgt
Verzehrgewohnheiten
• Milch wurde immer gesäuert,und ausschließlich in der Form von Butter und Käse konsumiert.
• Es galt als unschicklich, pure Milch zu trinken. Diese war Kindern, Schwangeren und Alten vorbehalten.
Milchwirtschaft
• 300 p.t. entwickelte Milchwirtschaft im Imperium Romanummit Höchstpreisver-ordnungen für Käse
• Im 8. Jh.: in Ackerbauregionen; Viehhaltung in– Hutungen (Lichte
Baumbestände) – Wäldern– Küstengebieten
Milchhandel
Butter- Ex- und Importe im MA
12. Jh. Deutsche Kaufleute importieren erheblichMengen Butter aus Norwegen
14. Jh. Holland, Friesland und Flandern wichtigste Milchproduzenten für den euroäischen Markt
Milch im Modernen Ernährungssystem
(=MES)
19. Jahrhundert - Entwicklung von
1. MOLKEREIWESEN
2. ZUCHT
3. MELKTECHNIK
Molkereiwesen
Zur Herstellung von Butter wird die Sahne von der Milch abgeschöpft oder abzentrifugiert und anschließend pasteurisiert und gestoßen (gebuttert). Dabei koaguliert die Butter (sie flockt aus). Diese Rohbutter wird dann geknetet und mit Wasser
ausgewaschen.
1877 Erfindung der Zentrifuge
–Händisch 20 Liter Milch 0,5 kg Butter
–Zentrifuge 14 Liter Milch 0,5 kg Butter
Zentralisation durch Molkereiwesen
• Ende 19.Jh. Aufbau von genossenschaftlichen wie privaten Molkereien
• Vor und nach dem 1. Weltkrieg setzte eine Gründungswelle von Molkereien ein.
Das Buttern und Käsen wurde aus der Hand der bäuerlichenBetriebe in die Molkerei abgegeben.
Auswirkung auf die traditionelleMilchverarbeitung
Zucht
• Landschläge (nicht in Reinzucht veredelte Rassen) wurden durch Einkreuzung milchbetonter Rassen verändert.
• 1885 wurde unter dem Namen „Holstein-Friesian“ in den USA das Herdbuch der milchreichsten Rinderrasse gegründet.
• Die Festlegung auf Standardtypen als Voraussetzung für die Aufnahme in das Herdbuch Vereinheitlichung der Rassen
Zuchtergebnis
• 1860 lag die Durchschnittsleistung einer Kuh unter 2000 Liter Milch pro Jahr
• 1996 lag sie in Deutschland bei 5.510 Liter pro Jahr
• Das Holstein-Friesian-Rind gibt die meiste Milch, durchschnittlich 7 890 Kilogramm pro Jahr.
Kanadische Rinder Etwa ein Drittel aller kanadischen Rinder wird auf Farmen der Provinz Alberta gezüchtet.
Art Twomey/Photo Researchers, Inc./Hollywood Edge
"Kanadische Rinder."Microsoft® Encarta® Enzyklopädie 2001. ©vorbehalten.
Melktechniken
• 1855 Erfindung des Pulsators
• Seit 1950er praktisch Ende des Handmelkens
• 3 Minuten pro Kuh
• Milchproduzierende Betriebe steigern Kapitalsausstattung
Nachfrage
Ab 19. Jh. vermehrt Butterexport von Kontinentaleuropanach Großbritannien
Milchbedarf der Städte wird zunehmend über Zwischenhandel organisiert1862 Milchverkaufsordnung in München
Stellenwert der Milch in der Ernährung
Milch direkt von der Kuh ist nicht homogenisiert, nicht Pasteurisiert, nicht entrahmt und ist dem jahreszeitlichbedingten Futterwechsel und damit schwankenden Inhaltsstoffen unterworfen.
Die Milch hingegen, die die Molkerei verlässt, ist einstandardisiertes Produkt.
Erzeugerquoten weltweit
ERZEUGER PRODUKTION 1997 (in Tausend Tonnen)
Weltproduktion 471 794
USA 71 072Indien 34 500Russland 34 000Deutschland 28 750Frankreich 24 980Brasilien 19 100Ukraine 15 300Großbritannien 14 163
"Milch: Wichtigste Erzeugerländer. "Microsoft® Encarta® Enzyklopädie 2001. © 1993-2000 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
Auswirkungen auf EL
Rund 40.000 Tonnen Milchpulver bzw. gesüßte Kondensmilchwerden von der EU jährlich in die frankophonen Länder West-Afrikas exportiert.
SENEGALIm Senegal kostet 1 Liter Milch aus subventioniertenEU-Milchpulver 160 FCFA (=France de Communate de L‘Afrique del Oueste)
1 Liter Milch aus lokaler Produktion kostet rund 350-400 FCFA.
(Höhmann-Hempler 2000: 15)
Transport
Die Trocknung von Milch oder das Eindampfen zu Kondensmilch sind Voraussetzung für den Handel mit Milchprodukten über weite Entfernungen.
Babynahrung
„Wenn mein Referat eine juristische Bezeichnung hätte,müsste es mit ‚Milch und Totschlag‘ betitelt werden: Werwie ich täglich das durch unzureichende Ernährunghervorgerufene Massaker der Unschuldigen sieht, der mussfehlgeleitete Propaganda über Babyernährung für diekriminellste Form von Aufwiegelung halten, und die sichdaraus ergebenden Todesfälle sollten als Mord bezeichnetwerden.“Dr. Cicely D. Williams: Milch und Mord. Vortrag vor demRotary Club in Singapur 1939.Zitiert nach: Groß, Elke (1989): Zum Beispiel Babies. Göttingen: 80
Nestlé-Skandal
1974 Bericht „The Babykiller“1981 WHO-Kodex verbietet u.a. „Werbung, die sich direkt
an potentielle VerbraucherInnen wendet (Schwangere,
Wöchnerinnen etc.)“
Boykott als politisches Mittel?Boykott als politisches Mittel?Maggi, Thomy, Bärenmarke, Milupa, Elite, Chambourcy,Nesquick, Nescafé etc.
alles Produkte von Nestlé
Historische Alternativen zum Stillen
Abbildungen entnommen aus:
Fildes, Valeri A. 1986: Breasts, Bottles and Babies.A History of Infant Feeding. Edinburgh UniversityPress: Edinburgh