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Mikrobiologische Diaknostik

Date post: 17-Feb-2015
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Labormanagment Chapter 1 from the book
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2 1 Labormanagement 1 Wirtschaftliches Labormanagement 1.1 Volker Oeding, Henning v. Eicke und Silvia Schulz Einführung 1.1.1 ! Labordiagnostik ist integraler Bestandteil des Behand- lungsprozesses. Nach Kruse-Jarres sind Laborwerte bei mehr als 70 % aller medizinischen Diagnosen maßgeb- lich beteiligt. Nur wenn man die Labordiagnostik ihrerseits als Prozess versteht und beschreibt, macht man sie der Analyse und Optimierung zugänglich und wird damit der Aufgaben- stellung eines wirtschaftlichen Labormanagements ge- recht. Mit der heute zunehmenden Knappheit finanzieller Mittel und einem Wettbewerb der medizinischen Diszip- linen um die zugeteilten Ressourcen treten vermehrt die Kosten in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Dabei hat die Labordiagnostik eine besonders kritische Ausgangs- lage: Die Kosten sind in hohem Maße transparent und damit gezielten Sparmaßnahmen leicht zugänglich. Eine durch übermäßige Reduzierung hervorgerufene Unter- versorgung lässt sich zahlenmäßig kaum und wenn über- haupt, dann nur mit zeitlicher Verzögerung erfassen. Ein Kausalzusammenhang lässt sich nur schwer herstellen. Die beschriebene Ausgangslage betrifft alle Disziplinen der Labordiagnostik gleichermaßen, also auch die Mik- robiologie. Das vorliegende Kapitel soll einen Überblick über die grundlegenden, aus der Betriebswirtschaft ent- lehnten Methoden für ein ökonomisch orientiertes Ma- nagement geben. ! Neben fachlicher Eignung muss der Leiter eines mikro- biologischen Labors zunehmend Kosten- und Struktur- manager sein. Nicht behandelt werden im Folgenden die Bereiche Qua- litätsmanagement und Personalmanagement, auch wenn sie für die ökonomische Situation eines Labors von gro- ßer Bedeutung sind. Besonderheiten des 1.1.2 mikrobiologischen Labors Was unterscheidet das mikrobiologische Labor von den anderen Fachbereichen der Labordiagnostik und wirkt damit auf das Labormanagement zurück? Die Zahl der Variablen ist deutlich höher. Das fängt be- reits bei der Präanalytik an, deren Vorgehensweise fall- bezogen variieren kann und sich damit einer einfachen Standardisierung entzieht. Es setzt sich in der analyti- schen Phase fort, bei der die Methodenwahl vom Fall, der Indikation und dem Material abhängt. Die medizinische Befundinterpretation schließlich bedarf in der Regel der Kenntnis des klinischen Bildes und der Kommunikation mit dem behandelnden Arzt. Die Besonderheiten drücken sich letztlich auch in der Gebietsbezeichnung „Arzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie“ aus. Nutzenbewertung des 1.1.3 mikrobiologischen Labors ! Kosten müssen immer im Zusammenhang mit dem daraus erwachsenden Nutzen bewertet werden. Mik- robiologische Diagnostik entfaltet grundsätzlich drei Nutzentypen: den unmittelbaren Patientennutzen, den mittelbaren Patientennutzen und den ökonomischen Nutzen für den Kostenträger des Labors sowie für das Gesundheitswesen im Ganzen. Der letztgenannte Aspekt muss in einem Beitrag zum wirtschaftlichen Labormanagement ausgeblendet blei- ben. Im Fokus der ökonomischen Überlegungen steht der Nutzen für die Einrichtung, in die das Labor wirtschaft- lich eingebunden ist. Unmittelbarer Patientennutzen Der unmittelbare Patientennutzen ist das Ergebnis aus Identifizierung des pathogenen Agens und Bestimmung seiner Empfindlichkeit gegen Antibiotika. Sie sind die Grundlage für eine adäquate Behandlung und Progno- Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Neumeister, B., H. K. Geiss, R. Braun, P. Kimmig (Hrsg.): Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart
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Page 1: Mikrobiologische Diaknostik

2

1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 11

Labormanagement1

Wirtschaftliches Labormanagement1.1

Volker Oeding, Henning v. Eicke und Silvia Schulz

Einführung1.1.1

! Labordiagnostik ist integraler Bestandteil des Behand-lungsprozesses. Nach Kruse-Jarres sind Laborwerte bei mehr als 70 % aller medizinischen Diagnosen maßgeb-lich beteiligt.

Nur wenn man die Labordiagnostik ihrerseits als Prozess versteht und beschreibt, macht man sie der Analyse und Optimierung zugänglich und wird damit der Aufgaben-stellung eines wirtschaftlichen Labormanagements ge-recht.

Mit der heute zunehmenden Knappheit finanzieller Mittel und einem Wettbewerb der medizinischen Diszip-linen um die zugeteilten Ressourcen treten vermehrt die Kosten in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Dabei hat die Labordiagnostik eine besonders kritische Ausgangs-lage: Die Kosten sind in hohem Maße transparent und damit gezielten Sparmaßnahmen leicht zugänglich. Eine durch übermäßige Reduzierung hervorgerufene Unter-versorgung lässt sich zahlenmäßig kaum und wenn über-haupt, dann nur mit zeitlicher Verzögerung erfassen. Ein Kausalzusammenhang lässt sich nur schwer herstellen.

Die beschriebene Ausgangslage betrifft alle Disziplinen der Labordiagnostik gleichermaßen, also auch die Mik-robiologie. Das vorliegende Kapitel soll einen Überblick über die grundlegenden, aus der Betriebswirtschaft ent-lehnten Methoden für ein ökonomisch orientiertes Ma-nagement geben.

! Neben fachlicher Eignung muss der Leiter eines mikro-biologischen Labors zunehmend Kosten- und Struktur-manager sein.

Nicht behandelt werden im Folgenden die Bereiche Qua-litätsmanagement und Personalmanagement, auch wenn sie für die ökonomische Situation eines Labors von gro-ßer Bedeutung sind.

Besonderheiten des 1.1.2 mikrobiologischen Labors

Was unterscheidet das mikrobiologische Labor von den anderen Fachbereichen der Labordiagnostik und wirkt damit auf das Labormanagement zurück?

Die Zahl der Variablen ist deutlich höher. Das fängt be-reits bei der Präanalytik an, deren Vorgehensweise fall-bezogen variieren kann und sich damit einer einfachen Standardisierung entzieht. Es setzt sich in der analyti-schen Phase fort, bei der die Methodenwahl vom Fall, der Indikation und dem Material abhängt. Die medizinische Befundinterpretation schließlich bedarf in der Regel der Kenntnis des klinischen Bildes und der Kommunikation mit dem behandelnden Arzt.

Die Besonderheiten drücken sich letztlich auch in der Gebietsbezeichnung „Arzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie“ aus.

Nutzenbewertung des 1.1.3 mikrobiologischen Labors

! Kosten müssen immer im Zusammenhang mit dem daraus erwachsenden Nutzen bewertet werden. Mik-robiologische Diagnostik entfaltet grundsätzlich drei Nutzentypen: den unmittelbaren Patientennutzen, den mittelbaren Patientennutzen und den ökonomischen Nutzen für den Kostenträger des Labors sowie für das Gesundheitswesen im Ganzen.

Der letztgenannte Aspekt muss in einem Beitrag zum wirtschaftlichen Labormanagement ausgeblendet blei-ben. Im Fokus der ökonomischen Überlegungen steht der Nutzen für die Einrichtung, in die das Labor wirtschaft-lich eingebunden ist.

Unmittelbarer Patientennutzen ■

Der unmittelbare Patientennutzen ist das Ergebnis aus Identifizierung des pathogenen Agens und Bestimmung seiner Empfindlichkeit gegen Antibiotika. Sie sind die Grundlage für eine adäquate Behandlung und Progno-

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!Aus Neumeister, B., H. K. Geiss, R. Braun, P. Kimmig (Hrsg.): Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart

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1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 1

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se. Dabei sollen die folgenden Bedingungen erfüllt sein: Der Patient soll schnell genesen, Resistenzentwicklungen sind zu vermeiden, und die Behandlung soll ökonomisch unter den Kriterien Substanz- und Applikationskosten optimiert sein. Ergebnisse, die Grundlage einer geziel-ten Behandlung sind, sind naturgemäß zeitkritisch. Im Zusammenspiel neuer, schnellerer Technologien mit ge-eigneter, optimierter Organisation des Probenflusses und seiner Abarbeitung, gestützt durch eine Informations-technologie zur Zusammenführung der Einzelergebnisse, der technischen und ärztlichen Validierung des Befundes und dessen Übermittlung, ist das mikrobiologische Labor ein unverzichtbarer Partner des behandelnden Arztes.

Mittelbarer Patientennutzen ■

Mittelbaren Patientennutzen bilden die epidemiologi-schen Erkenntnisse, die aus den Individualbefunden ge-wonnen werden. Neben vermehrtem Wissen über Kau-salzusammenhänge bei Infektionen dienen sie einer der lokalen Resistenzsituation angepassten, „kalkulierten“ Initialtherapie, wenn die patientenspezifischen Befunde nicht abgewartet werden können. Diese Ergebnisse sind naturgemäß weniger zeitkritisch, bedürfen jedoch einer konstanten Datenerhebung, um Veränderungen zeitnah zu erkennen und die entsprechenden Handlungsoptionen ableiten zu können.

Ökonomischer Nutzen ■

Der ökonomische Nutzen des mikrobiologischen Labors für den Kostenträger lässt sich verkürzt durch die Begriffe Input und Output beschreiben.

Dabei drückt sich Output aus als Einfluss auf:die Dauer der intensivmedizinischen Behandlung ■

Liegezeiten ■

die Kosten der antibiotischen Behandlung ■

die Kosten labormedizinischer Folgeuntersuchungen ■

die Rate nosokomialer Infektionen ■

die Resistenzsituation in den Abteilungen. ■

Die genannten Kriterien sind multifaktoriell beeinflusst. Daraus folgt, dass das mikrobiologische Labor seinen

Nutzen nur in dauernder Kommunikation mit den an-deren an der Patientenversorgung beteiligten Faktoren entfalten kann.

Der Input drückt sich aus als Einfluss auf:zielorientiertes Anforderungsverhalten, z. B. durch ■

diagnostische Leitlinien, ein ideales Instrument, um diagnostische Kernprozesse zu strukturieren und aktiv zu steuernangemessene Methodenwahl ■

Kostentransparenz und -optimierung unter einer Voll- ■

kostenbetrachtungpermanente Schulung und Motivation der Mitarbeiter ■

zu Qualitätssicherung und optimiertem Umgang mit materiellen und zeitlichen Ressourcen entsprechend der „Kaizen“-Maxime „Vorbeugen statt Nachbessern“.

Prozesskette der 1.1.4 mikrobiologischen Diagnostik

„Time-to-Result“ ist der Begriff, der die Organisationsket-te und auch den Zeitraum zwischen Probengewinnung und Befund umfassend beschreibt (Abb. 1.1). Von den drei Stufen Präanalytik, Analytik und Postanalytik kann der Mikrobiologe nur die analytische Phase und die post-analytische Phase direkt kontrollieren; wird letztere bis einschließlich der therapeutischen Umsetzung definiert, dann sogar nur die analytische Phase. Alle anderen Ab-läufe bedürfen der Mitwirkung Dritter.

Analytische Phase ■

Die Automatisierung hat klassische Verfahren wie die Identifizierung von Keimen und die Bestimmung der Antibiotikaresistenz oder die Blutkulturdiagnostik we-sentlich beschleunigt. Direkte Nachweisverfahren wie die Detektion spezifischer Nukleinsäuresequenzen haben die biologische Amplifizierung mittels Kultur durch die enzy-matische Amplifizierung der Zielstruktur bzw. des Signals ersetzt und verkürzt.

Detaillierung desUntersuchungs-

auftrages(Arbeitsplatzlisten)

Untersuchungs-auftrag

präanalytischePhase

Proben-gewinnung Transport

analytischePhase

technische Durchführung derUntersuchungen

technischeValidierung

Zusammen-führung derErgebnisse

postanalytischePhase

ärztlicheValidierung

und Freigabe

Befund-übermittlung

an denbehandelnden Arzt

Abb. 1.1 Der Prozess mikrobiologi-scher Labordiagnostik.

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1 Labormanagement

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1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 1Prä- und Postanalytik ■

Isoliert eingesetzt, ohne das organisatorische Umfeld zu betrachten und ggf. zu verändern, wird eine Beschleuni-gung der Analytik nicht den vollen Nutzen entfalten kön-nen. Lässt man Kriterien wie Ergebnisqualität, Standardi-sierung und Personalkosten außer Acht, so ist die Frage der therapeutischen Umsetzung Kernpunkt der Überle-gungen. Der organisatorische Ablauf und die eingesetzte Methode sollten sich nach dem gewünschten Zeitpunkt der Befunderstellung richten. Für eine Dienstleistungs-einrichtung wie das Labor dürfen Arbeitszeiten und deren Staffelung bis hin zum Mehrschichtbetrieb kein Tabu sein. Gleiches gilt für den Probentransport, der heute noch zu häufig geschwindigkeitsbestimmend ist.

! Zeitliche und ökonomische Optimierung haben also an allen Gliedern der Organisationskette anzusetzen, will man „Time-to-Result“ nachhaltig verbessern. Lösun-gen, die nur auf ein Element der Kette zielen, greifen zu kurz.

Auswirkungen der DRG-1.1.5 Finanzierung auf das Labor

Mit Einführung der DRGs (Diagnosis Related Groups) hat „Time-to-Result“ eine zusätzliche Qualität gewonnen.

! Die Enddiagnose eines Patienten muss 48 Stunden nach seiner Entlassung vorliegen, damit die Unterlagen zur Vergütung an die Krankenkasse eingereicht werden können.

Vergütungsrelevante Tatbestände, die sich erst zu einem späteren Zeitpunkt aus den Laborbefunden ergeben, wer-den nicht mehr berücksichtigt. Dem Krankenhaus gehen Mittel verloren, die der tatsächlichen Behandlungsschwe-re des Falles angemessen gewesen wären. Dies schlägt bei infektiologischen Nebendiagnosen besonders zu Buche, da sie wegen des hohen Ressourcenverbrauchs häufig zu einer Eingruppierung in eine besser vergütete DRG füh-ren. Aufschlüsse gibt die vom Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) initiierte Software „DRG Watchdog“ (einzusehen unter: www.trillium.de).

Elemente des Labormanagements1.1.6

Das Labormanagement gliedert sich in drei Kernaufga-ben:

Labororganisation mit dem Ziel, Strukturen und Ab- ■

läufe der Diagnostik zu gestaltenLabormarketing mit der Aufgabe der Gestaltung des ■

Dienstleistungsprogramms des Labors und der Fokus-sierung aller Aktivitäten auf den KundennutzenLaborcontrolling ■

Laborcontrolling ■

Das Laborcontrolling ist Bindeglied zwischen Labororga-nisation und -marketing. Es stellt qualitative und quan-titative Steuerungsinstrumente bereit und unterstützt die Entscheidungsprozesse im Labormanagement. Im Hinblick auf den Detaillierungsgrad können Laborkenn-zahlen für eine erste Abbildung der Effektivität und Effi-zienz sowie die Laborkosten- und Leistungsrechnung als Instrument zur Abbildung der Wirtschaftlichkeit und zur Kalkulation der Dienstleistungen unterschieden werden. Operativ umgesetzt wird das Laborcontrolling insbeson-dere durch die Laborkennzahlen-Systeme und die Labor-kosten- und Leistungsrechnung.

! Ziel des Laborcontrollings ist die permanente Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung im Be-reich der Analytik, der vor- und nachgelagerten Prozes-se sowie des Labor-Overheads.

Die Bereitstellung der Daten zur Kalkulation von Labor-leistungen sowie die Transparenz über die Kosten und Profitabilität der einzelnen Analytikbereiche stehen ebenso im Fokus. Abgerundet wird das Angebot durch Schaffung von Transparenz über die Profitabilität von Kundengruppen (Krankenhaus, niedergelassener Einsen-der, MVZ etc.) bis hin zur Analyse der Profitabilität einzel-ner Einsender (EBM, GOÄ, IGeL-Bereich).

Basisinformationen des Laborcontrollings. Sowohl die La-borkennzahlen als auch die Laborkostenrechnung bauen auf Informationen über Kosten und Leistungen des Labors und des Krankenhauses sowie der Laborstruktur auf.

Die Laborstruktur ist ein Abbild der Arbeitsplätze des Labors und wird in vier Ebenen gegliedert: den Labor-Overhead, die Analytikbereiche, die Arbeitsplätze/Geräte sowie die Parameter/Methoden und/oder Untersuchungs-materialien. Der Labor-Overhead umfasst den Bereich der Prä- und Postanalytik (Probenabnahme, Probenannahme, Probenverteilung, EDV-Validierung, Befundung, Beratung etc.), das Labormanagement (die Laborleitung) sowie die Krankenhausumlagen (Gebäude, Räumlichkeiten). Es folgen die Ebenen Arbeitsbereiche, Arbeitsplätze/Geräte sowie die Parameter/Methoden oder Untersuchungsma-terialien (Abb. 1.2).

Zweiter wesentlicher Teil des Laborcontrollings sind die Laborkosten, die für eine gute Laborkostenrechnung oder Kennzahlenermittlung gesamthaft erfasst werden müssen (Tab. 1.1).

Dritte Säule des Laborcontrollings sind die Leistungen des Labors. Die Mengenerfassung und die Leistungssta-tistik müssen stets genau betrachtet werden. Wichtig ist die Differenzierung in angeforderte Patientenergebnisse und durchgeführte Analysen, die sich auch in der Netto- und Bruttostatistik des Labors niederschlagen. Abb. 1.3 verdeutlicht an einem einfachen Beispiel der Klinischen Chemie den Zusammenhang.

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1 Labormanagement 1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 1

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Insbesondere in der Mikrobiologie ist die Zählung der Laborleistungen eine besondere Herausforderung. Man kann beispielsweise nach Materialien differenzieren in

Stuhl, ■

Urin, ■

Blutkultur, ■

Varia, ■

Sputum, ■

Serum (Infektionsimmunologie) ■

oder nach Keimgruppen. Eine weitere Differenzierungs-ebene in der Leistungsstatistik ist der Anteil steriler Kul-turen, die keiner weiteren Untersuchungsschritte bedür-fen.

Die Zählung der Leistungen bei Isolaten gestaltet sich noch komplexer. Abb. 1.4 skizziert den Zusammenhang.

Ebenen

4

3

2

1

Labor-Overhead Laborallgemein

ProbenannahmeProbenverteilung EDV

Arbeitsbereich

Glukose

Hit 917

Hilfskostenstellen

Hauptkostenstellen

Arbeitsplatz

Parameter/Methoden

ELPHO Gerin-nung kl. BB Diff. BB Varia Stuhl –

Elpho Quick kl. BB Diff. BB Mikrosk. Kultur

Choles-terin

APTT

Trigly-ceride

Ges.Eiweiß

Amylase

Klin. Chemie

Kostenträger

Gerinnung Hämatologie Bakteriologie

Abb. 1.2 Laborstruktur in vier Ebenen. (Hit 917: Hitachi 917; ELPHO: Elektrophorese; APTT: aktivierte partielle Thromboplastinzeit; kl. BB: kleines Blutbild; diff. BB: Differenzialblutbild)

Tab. 1.1 Materialkosten. Reagenzkosten, Verbrauchsmaterialen, Büromaterial inkl. Anforderungsbelege.

Personalkosten Gehälter, Sozialabgaben

Investitions-kosten

Gerätekosten, Mobiliar/Einrichtung oder EDV-Lösungen in Form von Ab-schreibung, Miete, Leasing

Kosten für Dienstleistungen

Kosten für die Fremdvergabe von Laborleistungen, Transportkosten, Beratungs-/Abrechnungs-/Steuerbera-tungskosten

Umlagen Verwaltungskosten, Krankenhausum-lagen

Kosten für Blut-produkte

sollten auf einer separaten Kostenstel-le abgebildet werden.

Anforderungen Analysen Patientenergebnisse

40 PatientenprobenAnforderung: Kalium

40 Nettoanforderungen 48 Bruttoanalysen

Nettostatistik Bruttostatistik

40 Einfachbestimmungen 2 Kalibrationen 4 Kontrollen 2 Wiederholer

40 x Kalium

Abb. 1.3 Leistungszählung im Labor.

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1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 1

Laborkennzahlen ■

Aufbauend auf den Kosten, Leistungen und Strukturin-formationen erlaubt die Kennzahlenermittlung eine ers-te Abbildung der Wirtschaftlichkeit des Labors sowie im Benchmarking einen Vergleich mit anderen Laboratorien. So erhält man erste Antworten auf folgende Fragen:

Liegt das Anforderungsverhalten der Kliniker deutlich ■

über dem Durchschnitt vergleichbarer Krankenhäu-ser?Weisen die Laborkosten pro Fall Besonderheiten auf? ■

Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten pro An- ■

forderung im Vergleich zu anderen Laboratorien?Wie haben sich die Kennzahlen im Periodenvergleich ■

entwickelt?

Entscheidend für die Aussagekraft dieser Kennzahlen ist die Vergleichbarkeit der herangezogenen Laborato-rien. Benchmarking und Laborkennzahlen geben somit erste Hinweise darauf, ob Aktivitäten zur Erhöhung der Effizienz, also der Wirtschaftlichkeit der Strukturen und Abläufe, sowie der Effektivität, d. h. der sinnvollen Anfor-derung von Laborleistungen, notwendig sind.

Kennzahlen bilden grundsätzlich Wirtschaftlichkeit, Produktivität und Rentabilität des Labors ab (Abb. 1.5).

Laborkennzahlen können in labororientierte und kran-kenhausorientierte Kennzahlen differenziert werden (Tab. 1.2). Labororientierte Kennzahlen beurteilen die Effi-zienz der Arbeit des Labors. Beispiele dafür sind:

durchschnittliche Kosten pro Anforderung, ggf. diffe- ■

renziert nach KostenartenAnforderungen pro FTE und Jahr ■

durchschnittliche Punkte pro Anforderung ■

durchschnittliche Kosten pro Punkt ■

durchschnittliche „Turn-around-Time“ (TAT), differen- ■

ziert nach Art der Anforderung

Demgegenüber bilden krankenhausorientierte Kennzahlen die Laborkosten ab, die dem Krankenhaus entstehen und beschreiben die Leistungen, die vom Labor für das Kran-kenhaus erbracht werden. Damit rückt der anfordernde Bereich stärker in den Fokus. Beispiele dafür sind:

Laborkosten pro Fall ■

Kosten pro Bett und Jahr ■

Kosten pro Belegungs- und Berechnungstag ■

Anforderungen pro Fall ■

Laborkosten und Laboranforderungen bezogen auf ■

Case-Mix, Case-Mix-IndexAnteil der Laborkosten an der DRG-Erstattung. ■

Insbesondere beim Vergleich von Kennzahlen zwischen Krankenhaus und niedergelassenen Labors müssen die Besonderheiten der einzelnen Labors beachtet werden. Während im niedergelassenen Bereich insbesondere der hohe Transportaufwand und die komplexe Erfassung der

biochemischeReihe, n

Entero-bakterien, nNon-fermenter, nStrepto-kokken, n

Anaerobier, n

andere x, n

kurze Zucker-reihe, n

z.B. Glukose, n

Maltose, n

Laktose, n

Saccharose, n

andere x, n

einfach, n

biochemisch

Koagulase, n

Oxidase, n

andere x, n

chemisch

immunologisch

Identifizierung

pro Isolat x, n

Isolat

Antibiogramm

molekular-biologisch Agardiffusion, n Substanz x, n

E-Test, n Substanz x, n

Mikrodilution, n Substanz y, n

Agardilution, n Substanz z, n

Metaboliten, n(HPLC)

Strukturfettsäuren, n

Isoprenoidchinone, n(HPLC)Membranproteine, n(SDS-PAGE)

andere x, n

Abb. 1.4 Zählung der Leistungen bei Isolaten.

Wirtschaftlichkeit =wertmäßiger Outputwertmäßiger Input

LeistungenKosten

=

Produktivität =mengenmäßiger Outputmengenmäßiger Input

Rentabilität =Gewinn

eingesetztes Kapital

Abb. 1.5 Wirtschaftlichkeit, Produktivität und Rentabilität.

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1 Labormanagement 1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 1

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Aufträge ins Gewicht fallen, sind im Krankenhaus folgen-de Aspekte zu berücksichtigen:

Versorgung rund um die Uhr ■

hoher Anteil an akut- und schwerkranken Patienten ■

hoher Anteil komplexer labordiagnostischer Fragestel- ■

lungenLaboruntersuchungen induzieren teilweise schwer- ■

wiegende therapeutische Maßnahmenhohe Anforderungen an kurze Antwortzeiten ■

Abarbeitung der Proben fall- bzw. patientenbezogen ■

und nicht auftrags- bzw. arbeitsplatzbezogen.

Laborkostenrechnung ■

Ziel der Laborkostenrechnung ist die Planung, Steuerung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit des Labors. Kosten-transparenz und Abbildung der Entwicklung der Kosten und Leistungen stehen im Fokus. Darüber hinaus ist die Preisfindung zur Leistungsverrechnung im Krankenhaus sowie zur Ermittlung der Preise für die Abgabe der Leis-tungen an andere Krankenhäuser nötig.

! Die Kostenrechnung und eine darauf basierende Analyse liefern ein wertmäßiges Abbild des Labors. Sie geben Auskunft über den aktuellen Stand und die Entwicklung des Labors in der Vergangenheit.

Die Höhe der Kosten des Labors wird stark beeinflusst durch die Rahmenbedingungen, unter denen das Labor arbeiten muss, die Organisation der Strukturen und Pro-zesse sowie die Beschaffungskonditionen und die Perso-nalstruktur.

! Nur durch eine Laborkostenrechnung ist eine diffe-renzierte Aussage über die Wirtschaftlichkeit der Arbeit des Labors möglich. Die Kostenanalyse erlaubt Aussagen, wie sich die Kosten verhalten, wenn sich die Rahmenbedingungen verändern oder die Organisati-on des Labors neu gestaltet wird. Sie dient damit der Zukunftssicherung des Labors.

Die Laborkosten- und Leistungsrechnung ermöglicht es, jeder Organisationseinheit genau die dort angefallenen Kosten zuzuweisen und die nach Verteilungsschlüsseln umzurechnenden Fixkosten anteilig den Kosten der Leis-tungen zuzurechnen. Erreicht wird dadurch eine Kalkula-tion der Stückkosten der Laborleistungen. Die angefalle-nen Kosten sollen dabei möglichst verursachungsgerecht zugeordnet werden. Die direkten oder Einzelkosten im Labor, vor allem Reagenzien, können den Laborleistungen direkt zugerechnet werden. Gemeinkosten können jedoch nur indirekt, d. h. auf dem Umweg über andere Arbeitsbe-reiche, z. B. Overheadkostenstellen, zugerechnet werden. Diese Kosten machen in einem Labor ca. 60–70 % aus und umfassen z. B. Personal-, Raum- und Gerätekosten. Um diese Zurechnung möglichst verursachungsgerecht zu realisieren, wird eine dreistufige Kostenrechnung der Kostenarten über die Kostenstellen hin zu den Kosten der Kostenträger realisiert. Abb. 1.6 beschreibt den Ablauf der dreistufigen Kostenrechnung. Der Zusammenhang zwischen fixen und variablen sowie Einzel- und Gemein-kosten kann Tab. 1.3 entnommen werden.

Ausgangspunkt der dreistufigen Kosten- und Leistungs-rechnung ist die Kostenartenrechnung. Hier wird die Frage beantwortet, welche Kosten angefallen sind. Der zweite Teilschritt ist die Kostenstellenrechnung. Sie zeigt an, wo die Kosten angefallen sind. Die Kostenstellen werden ein-

Tab. 1.2 Beispiele für Laborkennzahlen.

Kennzahlen für ein mittleres Krankenhaus-Zentrallabor (ohne Fremdkosten)

Mittelwert Bereich von … Bereich bis …

Gesamtkosten pro Anforderung (€) 1,39 1,06 1,71

Personalkosten pro Anforderung (€) 0,80 0,59 1,00

Sachkosten pro Anforderung (€) 0,52 0,38 0,66

Anforderungen pro Kraft und Jahr 68 783 51 704 85 863

Gesamtkosten pro Fall (€) 61,68 43,30 80,06

Kennzahlen Bakteriologie (Krankenhaus und Privatlabor)

Gesamtkosten pro Anforderung (€)1 10,00 7,10 13,00

Personalkosten pro Anforderung (€)1 3,80 2,70 5,00

Sachkosten pro Anforderung (€)1 6,20 4,40 8,00

Anforderungen pro Kraft und Jahr 6 200 4 000 8 500

1 Die Anforderungen beinhalten auch die negativen Kulturen.

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1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 1

gerichtet, um die Weiterverrechnung der Kostenarten verursachungsgerecht auf die Leistungen vornehmen zu können. Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen Einzel- und Gemeinkosten. Die Einzelkosten werden di-rekt den Kostenträgern, d. h. den einzelnen Laboruntersu-chungen zugerechnet. Die Gemeinkosten werden als in-direkte Kosten zuerst auf die Kostenstellen verbucht und dann über verschiedene Bezugsgrößen möglichst verursa-chungsgerecht auf die Kostenträger verteilt. Grundsätzlich werden Hauptkostenstellen in Form von Arbeitsplätzen oder Geräten und Overheadkostenstellen differenziert.

Die Kostenträgerrechnung gibt eine Antwort auf die Frage, wofür die Kosten angefallen sind. Die einzelnen La-

Tab. 1.3 Variable/fixe Kosten, Einzel-/Gemeinkosten.

Variable Kostendirekt beschäftigungs- und analysenabhängige Kosten (Reagenzien, Einmalmateri-al, Service ohne Wartungs-vertrag)

Fixe Kostenbeschäftigungs- und analy-senunabhängige Kosten (Per-sonalkosten Bereitschafts-dienst, Geräteabschreibung, Instandhaltung von Gebäu-den, Raumkosten)

Einzelkosten (direkte Kosten)können verursachungs-gerecht direkt der An-forderung zugerechnet werden (Reagenzien und Verbrauchsmaterial).

Gemeinkosten (indirekte Kosten)können nicht direkt der Anforderung zugerechnet werden (Personalkosten für Laborleitung und Probenan-nahme, Energiekosten, Por-to, Telefonate, Büromaterial, Einmalhandschuhe, Pipetten-spitzen).

Buchhaltung, Materialwirtschaft, Labor-EDV, KIS

Material

Gem

ein

kost

en

Kost

enar

ten

Kost

entr

äger

Kost

enst

elle

n

Ein

zelk

ost

en

Ein

zelk

ost

en

Personal Geräte

KostenstellenSumme Overhead Klin.Chem. Geri. BAK . . .

Einz

elko

sten

AST

Einzelkosten

Einzelkosten Gemeinkosten

Zuschlagsbasen

Summe

PersonalMaterialGeräte

. . .

Kostenarten

Zuschlagssätze

Gemeinkosten

Gem

ein

kost

en

Gem

ein

kost

en

Ein

zelk

ost

en

. . .

Gem

ein

kost

en

Abb. 1.6 Ablauf der dreistufigen Kostenrechnung.

borleistungen werden als Kostenträger bezeichnet. Wich-tig ist, diese Kostenträger nicht mit den Krankenkassen als Kostenträger des Krankenhauses zu verwechseln. Dem Kostenträger werden die Einzelkosten (z. B. Reagenzkos-ten) direkt zugerechnet. Die Gemeinkosten werden, wie oben beschrieben, auf die Kostenstellen über Schlüssel zugerechnet. Im Ergebnis erhält man eine Kalkulation der Kosten pro Laboranforderung (Kostenträgerstückrech-nung). Betrachtet man die Kosten für einen bestimmten Zeitraum, spricht man auch von der Kostenträgerzeit-rechnung.

Im niedergelassenen Bereich können den Kosten der Laborleistungen auch Erlöse gegenübergestellt werden. Auf diese Weise können die Deckungsbeiträge einzelner Analytikbereiche, einzelner Untersuchungen, Kunden-gruppen oder einzelner Einsender zugeordnet werden.

! Diese Informationen sind insbesondere für das Marke-ting im niedergelassenen Laborbereich essenziell. Auf diese Weise können systematisch attraktive Arbeitsfel-der entwickelt und einsendende Ärzte oder Kranken-häuser differenziert behandelt werden.

Im Krankenhaus liefert die Kostenträgerrechnung wichti-ge Informationen für die Verrechnung der Leistungen des Labors auf die einsendenden Stationen und Abteilungen. Die undifferenzierte und zum Teil falsche Verrechnung über GOÄ-Punkte als Schlüssel kann in diesem Fall ab-gelöst werden durch eine Verrechnung, die sich an den tatsächlichen Kosten orientiert. Dabei sind verschiedene Ansätze möglich; z. B. ein Kostensatz differenziert nach

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Untersuchungen. Auch eine Differenzierung nach Unter-suchungen in Routinezeiten sowie in der Nacht und am Wochenende ist möglich. Aufgrund der hohen Kosten für die Sicherstellung der Laborverfügbarkeit ist insbesonde-re der Weg über einen Pauschalbetrag für die Leistungs-bereitschaft (Routine-, Nacht- und Wochenenddienst) plus einen Kostensatz differenziert nach Laboruntersu-chungen sehr empfehlenswert.

Das Laborcontrolling als Teil des Labormanagements ist wesentliche Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit und Existenzsicherung des Labors im Umfeld wachsender Anforderungen bei kontinuierlich knapper werdenden fi-nanziellen Ressourcen. Als Steuerungsinstrument hilft es, die Aktivitäten der Laborleitung auf die konkreten Ziele des Labors auszurichten.

Labormarketing ■

Hat die Klinische Mikrobiologie analysiert, in Bezug auf welche Probleme sie sich als Lösungsanbieter positio-nieren will, geht es um die Entwicklung der zur Lösung erforderlichen konkreten Leistungen. Hier empfiehlt es sich, auf den klassischen Marketing-Mix zurückzugreifen, der sich in Anlehnung an die jeweils analogen Begriffe im englischen Sprachraum in die sieben „P“ des Dienst-leistungsmarketing unterteilt und angibt, aus welchen Elementen sich ein komplettes Leistungsangebot zusam-mensetzt (Tab. 1.4).

Bewertung automatisierter 1.1.7 Verfahren

Die Frage der Automatisierung ist wegen schnellerer Er-gebnisse und ökonomischer Überlegungen zunehmend ein Thema. Bereits heute sind in Deutschland etwa ein Drittel der Labors mit einem automatisierten System für Identifizierungen und Resistenzbestimmungen ausgerüs-tet. In der Blutkulturdiagnostik gehört die Automatisie-rung zum Standard. Ihre qualitativen Vorteile in Bezug auf Detektionsgeschwindigkeit sind unstrittig, die Ver-minderung der Personalbindung macht sie auch ökono-misch attraktiv.

Die am häufigsten gestellte Frage lautet: „Ab welchem Untersuchungsvolumen lohnt sich für mich die Automa-tisierung?“ Um es vorwegzunehmen, die Frage lässt sich nicht durch Anwendung eines einfachen Rechenmodells beantworten, da in die Entscheidung qualitative und quantitative Kriterien gleichermaßen eingehen und ab-gewogen werden müssen.

Zunächst ist zu entscheiden, ob das gesamte Proben-aufkommen der automatisierten Bearbeitung zugeführt werden soll oder nur ein Teilbereich. Beispiele beziehen sich auf eine Selektion der Einsender wie auf unterschied-liche Behandlung der Proben aus dem Krankenhaus oder einzelnen Abteilungen gegenüber Proben aus dem ambu-lanten Bereich oder eine Einschränkung auf bestimmte Keimgruppen, z. B. schnell wachsende, um den Vorteil des

Tab. 1.4 Der Dienstleistungsmarketing-Mix.

Product Wie sieht das Leistungsangebot zur Problemlösung konkret aus?

Price & Conditions Zu welchen Konditionen wird es angeboten?

Promotion Wie werden die Kunden über die Lösung informiert bzw. welche Möglichkeiten der Kommunikati-on werden für die Positionierung gewählt?

Place & Time Wo wird die Lösung von wem an-geboten?

Process Wie kommt der Kunde an die Leis-tung?

People Wer führt die Leistung aus?

Physical Evidence Welches Erscheinungsbild vermit-telt der Dienstleister?

„Same-Day-Reporting“ voll auszuschöpfen. Hintergrund ist immer die Abwägung des höheren Materialaufwandes gegenüber der Bedeutung des schnelleren Ergebnisses, wobei die erhöhte logistische Komplexität beachtet wer-den muss.

Die nächste grundsätzliche Überlegung betrifft die Frage: Will ich alle Identifizierungen mit dem automati-sierten System abarbeiten oder entscheide ich mich für eine Lösung, beispielsweise leicht zu bestimmende Kei-me mittels manueller Schnelltests (Latexagglutination, Spot-Test, Bunte Reihe etc.) oder diskriminierender (z. B. chromogener) Medien bereits in oder aus der Primärkul-tur zu identifizieren. Für eine ökonomische Betrachtung kann eine Vergleichskalkulation auf der Grundlage einer aussagekräftigen laborinternen Keimstatistik eines reprä-sentativen Zeitraums dienen. Die Konsequenzen für den Arbeitsablauf sind dabei einzubeziehen.

! Die wesentlichen Entscheidungskriterien für die Auto-matisierung und die Wahl des für die jeweiligen Anfor-derungen am besten geeigneten Systems lassen sich in quantitative und qualitative Kriterien unterteilen. Dazu muss als Ausgangswert eine präzise zeitliche Aufnah-me und Vollkostenanalyse der Istsituation erfolgen und diese mit der vorgesehenen Lösung verglichen und in einer Probephase validiert werden.

Bewertung der Investition ■

Im Sinne einer Gesamtkostenrechnung müssen manu-elles und automatisiertes Verfahren in allen ihren Kos-tenaspekten einander gegenübergestellt und auf die Einzelbestimmung heruntergebrochen werden. Für die Investition in ein automatisiertes System sind dies die in Tab. 1.5 aufgeführten Elemente.

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1 Labormanagement

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1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 1

Finanzierungsarten. Die in Tab. 1.6 aufgeführten Finan-zierungsarten beschränken sich auf die grundsätzlich an-gebotenen. Anbieterspezifisch gibt es Unterschiede in der Benennung und eine große Zahl von Abwandlungen.

Die Finanzierungsarten bieten in ihrer Abfolge eine zunehmende Kostensicherheit für den Anwender, da be-stimmte Risiken zum Anbieter verschoben werden. Dies muss allerdings durch entsprechende Risikoaufschläge ausgeglichen werden. Ein gut funktionierendes Laborma-nagement kann durch die Wahl der geeigneten Finanzie-rungsform kostenoptimierend wirken.

Bewertung von Personalbindung und einem ■Test direkt zuzuordnende Kosten

Grundlage ist eine Untersuchung und Gliederung aller Prozessschritte des Istzustandes wie der angestrebten Lösung von der Primärkultur bis zur Ergebnisvalidierung. Bei einem gegebenen Verfahren bezeichnet TAT als Maß der Zeiteffizienz den Gesamtzeitbedarf einschließlich al-ler Vor- und Nachbereitungen und „Hands-on-Time“ die reine Personalbindung als Maß für die anfallenden Per-sonalkosten.

Wegen der unterschiedlichen Lösungswege kann Tab. 1.7 nur eine Anregung darstellen, wenn es um Hilfestel-lung bei der Analyse der individuellen Situation geht. Als

Tab. 1.5 Elemente eines automatisierten Systems in der Gesamtkostenrechnung.

1. Anschaffungskosten (€)

2. Nutzungsdauer/Ab-schreibungsdauer (Jahre)

Die Abschreibungsdauer wird durch finanzstrategische Überlegungen bestimmt und berück-sichtigt steuerliche Gesichtspunkte. Der Fiskus erkennt für höherwertige Wirtschaftsgüter im Allgemeinen 5 Jahre an.Eine andere Bewertung legt die Nutzungsdauer für ein Gerät zugrunde. Da die Leistungsfähigkeit der Geräte durch Hard- und Software-Updates dem Fortschritt angepasst werden kann, rechnet man mit einer Lebensdauer von 8–10 Jahren.

3. Abschreibungssumme pro Jahr (linear) (€)

= 1. / 2.

4. Finanzierungskosten pro Jahr (€)

Bei völliger Finanzierung aus Eigenmitteln entfällt dieses Kostenelement. Es fällt bei vollständiger oder teilweiser Fremdfinanzierung an und wirkt über die Nutzungs-/Abschreibungsdauer. Bank-übliche Zinssätze liegen in der Größenordnung von 7 % pro Jahr.

5. Wartungskosten pro Jahr (€)

Die angebotenen Wartungsmodelle sind höchst unterschiedlich und reichen von der präventiven Regelwartung bis zum Vollwartungsvertrag, der alle Risiken abdeckt. Die Entscheidung, welches Angebot man wählt, sollte von einer Risikoabschätzung bestimmt sein. Grundlage könnte die MTBF(-Zeit) und eine Pannenstatistik sein, die Aufschluss über die Art der Störungen und die Kos-ten ihrer Beseitigung gibt. Ein Maximum an Planungssicherheit bietet der Vollwartungsvertrag. Er liegt in der Regel bei ca. 7,5 % des Geräteneupreises pro Jahr.Bei der Bewertung der durchschnittlichen jährlichen Wartungskosten über den Nutzungszeit-raum ist die Herstellergarantie mindernd zu berücksichtigen.

6. Investivkosten pro Jahr (€)

= 3. + 4. + 5.

7. Anzahl Tests pro Jahr Identifizierungen plus Resistenzbestimmungen bzw. Tests bei Blutkulturen

8. Investivkosten pro Test (€)

= 6. / 7.Um eine Größenordnung zu geben: Bei einem Gerätepreis von 100.000 €, kompletter Fremdfi-nanzierung, Abschluss eines Vollwartungsvertrages und einer Nutzungsdauer von 8 Jahren liegen die Investivkosten bei einem Testvolumen von 20.000 pro Jahr bei ca. 1,15 €/Test.

Beispiel wurden Identifizierung und Resistenzbestim-mung von Keimen gewählt.

Die quantitative ökonomische Bewertung folgert aus dem Vergleich der Gesamtkosten zweier Verfahren be-stehend aus Materialkosten, Investivkosten und Personal-kosten.

Qualitative Entscheidungskriterien ■

Die in Tab. 1.8 aufgeführten Kriterien folgen einem Ord-nungssystem, erheben aber ebenfalls keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dienen der Anregung für eigene, der spezifischen Situation angepasste Überlegungen.

Zusammenführung der Kriterien und Entscheidungsfin-dung. Aus den vorstehenden Abhandlungen werden die Vielzahl der zu berücksichtigenden Kriterien und die Komplexität der Entscheidungsfindung offenkundig. Es ist empfehlenswert, die quantitativen und qualitativen Kriterien zunächst getrennt zu bewerten und erst im letzten Schritt zur endgültigen Entscheidung zusammen-zuführen.

Für die qualitativen Kriterien ist es unerlässlich, zu-nächst eine Gewichtung vorzunehmen und dann anhand einer Skalierung die unterschiedlichen Optionen zu be-werten.

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1 Labormanagement 1.1 Wirtschaftliches Labormanagement 1

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Tab. 1.6 Finanzierungsarten.

Kauf Der Kauf ist langfristig betrachtet in der Regel die ökonomisch günstigste Lösung. Die Entschei-dung wird aber durch die gesamtwirtschaftliche Betrachtung des Labors bestimmt (z. B. Auswir-kungen auf Liquidität, steuerliche Aspekte etc.).

Leasing Die Finanzierung wird durch einen Dritten, in der Regel eine Leasingbank, übernommen. In der Bewertung gelten sinngemäß dieselben Kriterien wie bei einem Kauf.

Miete Die Investivkosten werden vom Anbieter vorfinanziert. Die feste monatliche oder jährliche Mie-te erlaubt in der Kostenanalyse eine klare Zuordnung von Investitions- und Verbrauchskosten. Diese Finanzierungsform ist von Schwankungen des Verbrauchsmittelvolumens unabhängig.

Reagenzleasing Auch bei dieser Finanzierungsform tritt der Anbieter in Vorleistung und rechnet seine Investition in den Preis für die Verbrauchsmaterialien ein. Die Kalkulation beruht auf den initialen Ver-brauchsschätzungen und bedarf besonderer Controllingmaßnahmen, um die Hypothesen mit der Realität in Einklang zu bringen. Diskrepanzen machen eine Nachkalkulation und ggf. Preis-korrektur notwendig.

Kosten pro Test (engl. reportable result)

Diese Finanzierungsform entlehnt sich aus der Klinischen Chemie und ist wegen der Besonder-heiten der Mikrobiologie nur mit größten Einschränkungen übertragbar. Bei ihr werden gegen-über dem Reagenzleasing zusätzlich die qualitätssichernden Maßnahmen und etwaige Testwie-derholungen in die Preisgestaltung für das Verbrauchsmaterial integriert.

Tab. 1.7 Analyse von Personalbindung am Beispiel der Identifizierung und Resistenzbestimmung von Keimen.

Prozessschritt PersonalbindungMTA/Arzt (min)

Verbrauchsmaterial pro Test €/Test

1. Herstellen von Keimsuspension und ggf. Verdünnungen

Impfösen, Wattetupfer, Röhrchen, Suspensionsmedium

2. Auspacken, Kennzeichnen und Einle-sen der ID/AST-Karten/Platten

ID/AST Karte/Platte

3. Beimpfen/Befüllen der ID/AST-Kar-ten/Platten

4. Be- und Entladen des Systems (beson-ders bei externer Inkubation)

5. Zusatzreaktionen bei Identifizierun-gen

Zusatzreagenzien

6. Ablesung –

7. Entsorgung Entsorgungskosten für infektiöses Mate-rial (volumen-/gewichtabhängig)

8. Protokollierung und technische Vali-dierung ggf. unter Nutzung von Exper-tensystemen

9. Ärztliche Validierung ggf. unter Nutzung von Expertensystemen und Befundfreigabe

– Materialkosten pro Test

– + Investivkosten pro Test

Gesamtarbeitszeit pro Test + Arbeitszeit pro Test bewertet zu Per-sonalgesamtkosten

– Gesamtkosten pro Test

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1 Labormanagement

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1.2 Automatisierung in der Mikrobiologie 1Die Bewertung sollte alle Expertisen eines Labors ge-

wichtend einbeziehen (ärztliches Personal, MTA, EDV-Be-auftragte, Medizintechniker etc.). Zu einer Strukturierung kann man sich verschiedener Verfahren wie beispielswei-se der Delphi-Methode bedienen, wobei es zunächst um eine unbeeinflusste Bewertung jedes einzelnen Teilneh-mers und in einem nachfolgenden Schritt um Konsens-bildung geht.

Literaturwww.trillium.de

GlossarBegriff DefinitionBenchmarking Vergleich der Kennzahlen mit denen

anderer Strukturen; dient der Stand-ortbestimmung und der Erkennung von möglichem Optimierungspotenzial

Case-Mix-Index

beschreibt die durchschnittliche Schwe-re der Patientenfälle resultierend aus einer beliebigen Anzahl von Fällen.

DRG Finanzierungssystem im Kranken-haus, basierend auf „Diagnosis Related Groups“, d. h. Falldefinitionen, die sich in ihrem ökonomischen Ressourcen-verbrauch gleichen

FTE (Full-Time-Equivalent)

anteilige Bewertung des Personal-einsatzes (1,0 FTE = Vollzeit)

HOT (Hands-on-Time)

beschreibt die Personalbindung eines gegebenen Verfahrens

Labor-controlling

quantitatives Steuerungsinstrument für die Entscheidungsprozesse des Labormanagements

Labor-kennzahlen

quantitative, verdichtete Abbildung von Leistung und Ressourcenverbrauch eines Labors; Basis für den Vergleich mit anderen Strukturen bzw. Vergleich verschiedener Zeiträume vor und nach Einführung von Veränderungen

Labor-marketing

Positionierung des Laborangebotes zu den Anforderungen der Einsender

MTBF engl. mean time between failure, be-schreibt den mittleren Zeitraum zwi-schen zwei Störungen eines Gerätes

Produktivität Quotient aus mengenmäßigem Output und mengenmäßigem Input

Rentabilität Quotient aus Gewinn und eingesetztem Kapital

TAT (Turn-around-Time)

beschreibt den Gesamtzeitbedarf eines gegebenen Verfahrens einschließlich Vor- und Nachbearbeitung und ist damit ein Maß der Zeiteffizienz

Time-to-Result Gesamtzeit zwischen Probengewinnung und Ergebnisübermittlung

Wirtschaft-lichkeit

Quotient aus Leistungen und Kosten

Tab. 1.8 Qualitative Entscheidungskriterien bei der Bewertung automatisierter Verfahren im Rahmen einer Gesamtkostenrech-nung.

1. Leistungsfähigkeit der Identifizierungs- und Resistenzbestimmungssysteme

1.1. Anzahl und Aktualität der identifizierbaren Taxa

1.2. Resistenzbestimmungen

1.2.1. Abdeckung der verfügbaren Antibiotikaklassen (Aktualität der Antibiotika, Konformität mit beste-henden Normen [DIN, CLSI, EUCAST etc.])

1.2.2. MHK-Bereich wichtiger Antibiotika, Erkennung von Emerging Resistance

2. Bedienerführung und Datenhandling

2.1. Anwenderfreundlichkeit der Bedienungssoftware

2.2. Expertensystem zur Befundunterstützung (regel-basiert versus matrixbasiert, Möglichkeiten der laborspezifischen Anpassung etc.)

2.3. Datenaustausch mit LIS/KIS (unidirektional versus bidirektional)

2.4. statistische Optionen (z. B. für epidemiologische Fragestellungen)

2.5. Datenexport für externe Weiterverarbeitung

3. Systemeigenschaften

3.1. Störanfälligkeit und Ausfallzeiten (Messkriterium ist die MTBF [engl. mean time between failure], d. h. der durchschnittliche Zeitraum zwischen zwei störungsbedingten technischen Interventionen. Welche Back-up-Lösung stellt das System zur Ver-fügung [z. B. modularer Aufbau]?)

3.2. Platzbedarf (einschließlich aller [Tisch-]Flächen für Vor- und Nachbereitung der Proben)

4. Arbeitssicherheit (TRBA-Richtlinien)

4.1. Ausschluss von Verwechslungen (Barcode-Füh-rung, Farb- oder sonstige Codierungen etc.)

4.2. Kontaminationsrisiko bei Ansatz, Beschickung und Entsorgung

5. Leistungsfähigkeit des Lieferanten/Herstellers

5.1. Erreichbarkeit und Reaktivität des technischen Service

5.2. Qualität von Hotline und Anwendungsberatung vor Ort

5.3. Erwartungen an die laufende Weiterentwicklung des Systems und aller Identifizierungen und Resis-tenzbestimmungen

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1 Labormanagement 1.2 Automatisierung in der Mikrobiologie 1

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Automatisierung in der Mikrobiologie 1.2 (Identifizierung und antimikrobielle Empfindlichkeitsprüfung)

Katharina Kähler und Ulrike Kunert

Kurzer historischer Abriss1.2.1

Mikromethoden zur biochemischen Identifizierung von Mikroorganismen (ID) wurden bereits 1918 beschrieben. Mehrere Veröffentlichungen berichteten über die Verwen-dung von mit Reagenzien imprägnierten Papierblättchen und Mikroröhrchen zur Differenzierung von Enterobak-terien. Das Interesse an miniaturisierten Identifizierungs-systemen führte zur Einführung mehrerer kommerzieller Systeme Ende der 1960er-Jahre, deren Vorteile geringer Platzbedarf, längere Haltbarkeit, standardisierte Quali-tätskontrolle und einfache Handhabung waren.

Das moderne Bouillon-Mikrodilutionsverfahren, das heute verwendet wird, hat seinen Ursprung im Röhrchen-Verdünnungstest, der 1942 von Rammelkamp und Ma-xon zur In-vitro-Empfindlichkeitsprüfung von Bakterie-nisolaten aus klinischen Proben verwendet wurde. Beim Bouillon-Mikrodilutionsverfahren werden Bakterien in Flüssigmedien anhand geometrischer Verdünnungsrei-hen (Faktor 0,5) abnehmenden Konzentrationen von An-tibiotika ausgesetzt. Die niedrigste Konzentration eines Antibiotikums, bei der kein sichtbares Wachstum statt-findet, wird als minimale Hemmkonzentration (MHK) bezeichnet.

Die Einführung eines Mikrotitriersystems mit kalib-rierten Präzisionsdrahtösen und Tropfpipetten zur Her-stellung präziser Verdünnungen im Jahr 1956 ermöglich-te Marymont und Wentz die rasche Entwicklung eines Reihenverdünnungstests zur Bestimmung der antimi-krobiellen Empfindlichkeit (AST: antimikrobielle Emp-findlichkeitsuntersuchung, engl. antimicrobial sensitivity tests). Das Mikrotitriersystem war trotz der Verwendung kleinerer Antibiotikamengen genau. Die Bezeichnung Mikrodilution wurde 1970 zur Beschreibung eines MHK-Tests verwendet, der mit 0,1 ml oder noch kleineren Men-gen von Antibiotika-Lösungen durchgeführt wurde.

Methoden und 1.2.2 Systembeschreibung von der Teil- bis zur Vollautomatisierung

Die Identifizierung von Mikroorganismen mit kommerzi-ellen Systemen basiert auf mehreren Technologien:

pH-Änderung basierend auf der Verwertung von Subs- ■

traten (Fermentationen oder Alkalisationen)enzymatische Reaktionen mit Freisetzung von chro- ■

mogenen oder fluorogenen SubstratenVerwendung (Assimilation) von Kohlenstoffquellen ■

visueller Nachweis von Bakterienwachstum ■

Nachweis von flüchtigen oder nichtflüchtigen Fettsäu- ■

ren durch Gaschromatographie.

Zu den manuellen Identifizierungssystemen gehören das API-System (bioMérieux) und das Crystal-System (Becton Dickinson), die beide sowohl manuell als auch mithilfe von Ablesegeräten abgelesen werden können, was die Bezeichnung Teilautomatisierung erlaubt. Weitere Teil-automatierungssysteme stellen das autoSCAN von Dade Behring (jetzt Siemens Healthcare Diagnostics) und das Mikronaut-System (Merlin) dar.

Zu den Vollautomaten gehört das VITEK-classic-System, das VITEK 2 und VITEK 2-compact-System (bioMérieux), das BD-Phoenix-System (Becton Dickinson) und das Mi-croScan-WalkAway-System (Siemens Healthcare Diag-nostics).

Für die Empfindlichkeitsprüfung verwenden die kom-merziellen Systeme das Mikrodilutionsverfahren, entwe-der als Breakpoint-Methode oder als MHK-Messung. In diesem Zusammenhang sind die VITEK-Systeme, das BD-Phoenix-System sowie das MicroScan-WalkAway-System zu nennen.

BD-Phoenix-System ■

Im Phoenix-System können mit den Phoenix-ID/AST-Kombopanels gleichzeitig bis zu 100 Identifizierungstests und antimikrobielle Empfindlichkeitsbestimmungen durchgeführt werden. Das Phoenix-Einwegpanel ist eine versiegelte und selbstinokulierende Polystyren-Form-schale mit 136 Vertiefungen, die getrocknete Reagenzien enthalten. Das Kombopanel besteht aus einer ID-Seite mit 45 getrockneten, chromogenen und fluorogenen bioche-mischen Substraten und Vertiefungen mit Fluoreszenz-kontrollen und einer AST-Seite mit 84 Vertiefungen mit verschiedenen Konzentrationen von Antibiotika, Wachs-tums- und Fluoreszenzkontrollen. Das Phoenix-System verwendet einen optimierten kolorimetrischen Redox-Indikator zur AST und verschiedene kolorimetrische und fluorimetrische Indikatoren zur ID. Die Phoenix-Panels sind als ausschließliche ID- und ausschließliche AST-Pa-nels erhältlich.

Phoenix-Panels werden mit einer Zielorganismendich-te von 0,5 McFarland oder 0,25 McFarland inokuliert, in das Instrument eingesetzt und bei 35 °C kontinuierlich inkubiert (1 McFarland entspricht 1,5x107 koloniebil-denden Einheiten). Das Instrument testet die Panels alle 20 Minuten.

Die Phoenix-AST-Methode ist ein Bouillon-Mikrodiluti-onstest. Das Phoenix-System verwendet einen Redox-In-dikator zum Nachweis von Bakterienwachstum in Gegen-wart eines Antibiotikums. Das Bakterienwachstum wird durch kontinuierliche Messung von Indikatoränderungen und der Bakterientrübung bestimmt. Jedes AST-Panel enthält verschiedene Antibiotika in einer Reihe geomet-rischer Verdünnungsstufen (Faktor 0,5). Die Organismen-

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Page 13: Mikrobiologische Diaknostik

1 Labormanagement

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1.2 Automatisierung in der Mikrobiologie 1identität wird zur Auswertung der MHK-Werte jedes An-tibiotikums in den Interpretationen sensibel, intermediär und resistent verwendet. Sowohl die MHK-Rohdaten als auch die Interpretationen werden dann mit dem regelba-sierenden BDXpert-System u. a. auf Plausibilität geprüft, Resistenzmarker detektiert, untypische Phänotypen ana-lysiert etc., um dann dem Anwender zur Validierung prä-sentiert zu werden (s. auch 1.2.4).

MicroScan-System ■

Nach dem im Jahr 1983 eingeführten autoSCAN-4 wurde 1986 das autoSCAN WalkAway auf den Markt gebracht. Die heutige Konfiguration, das WalkAway SI 96 oder 40, kann 96 oder 40 Panels zur selben Zeit abarbeiten. Die Panels mit 96 Vertiefungen sind als ID- oder AST-Panels und als Kombinations-Panels verfügbar. Sogenannte Overnight-Panels können auch manuell abgelesen wer-den. Die 1998 eingeführten Rapid Panels eliminierten die Notwendigkeit einer Ölüberschichtung auf den De-carboxylasetests, sind jedoch nur über das WalkAway-SI 96/40-System abzulesen.

Die Empfindlichkeitsprüfung basiert auf dem Mikro-Dilutionsverfahren und erlaubt entweder die Unter-suchung nach der Breakpoint-Methode oder nach den MHK-Werten.

VITEK-Systeme ■

VITEK classic. Die Entwicklung des VITEK-classic-Systems geht auf einen Auftrag der NASA in den späten 1960er-Jahren zurück. Bereits Ende der 1970er-Jahre wurde das System für die Anwendung im mikrobiologischen Labor konzipiert.

VITEK-classic-Systeme sind modular aufgebaut und an alle Laborgrößen anpassbar. Die VITEK-Karten wurden aufgrund ihrer Anwendung im All im Scheckkartenfor-mat entwickelt; sie werden in Vakuumkammern mit der Keimsuspension befüllt. Die Karten enthalten entweder biochemische Substrate zur Identifizierung von Bakteri-en oder Antibiotika in verschiedenen Verdünnungsstufen zur MHK-Bestimmung.

Die Systeme bestehen aus Füll-Versiegelungsstation und 1–4 Ablesegeräten (Kapazität 60–480 Inkubations-plätze), die die Karten inkubieren und stündlich ablesen. Die gemessenen Rohwerte werden im angeschlossenen Computersystem analysiert und die Resultate so schnell wie möglich für den Befund zur Verfügung gestellt.

VITEK 2 und VITEK 2 compact. VITEK 2 ist das erste System der zweiten Automatengeneration in der Mikrobiologie. Die Markteinführung von VITEK 2 war im Jahr 2000, die von VITEK 2 compact, die kleinere Version für mittlere und kleinere Labors, 2005. VITEK 2 ist eine Weiterent-wicklung des VITEK classic. Die Proben werden nach Her-stellung des Inokulums nach McFarland-Standard 0,5–0,6 in nur 2,5 ml einer 0,45 %igen NaCl-Lösung im System vollautomatisiert verdünnt, befüllt, versiegelt, bebrütet und alle 15 Minuten abgelesen. Die Rohdaten aus Trü-

bungs- und colorimetrischen Messungen werden analy-siert, mit der in der Karte vorhandenen Wachstumskon-trolle verglichen und so frühzeitig wie möglich für die Fertigstellung des Resultats verwendet.

Die VITEK 2-Karten sind im bewährten Scheckkarten-format. Sie enthalten 64 Vertiefungen, die entweder für die Identifizierung von Mikroorganismen mit biochemi-schen Substraten oder für die Empfindlichkeitsprüfung mit Antibiotika und dem notwendigen Kulturmedium in Verdünnungsreihen befüllt sind. Die Identifizierung und Empfindlichkeitsprüfung wird immer in getrennten Karten durchgeführt. Bei Keimen, die mit einfachen und schnellen Methoden identifiziert werden (z. B. S. aureus, E. coli), kann bereits während des Ansatzes der Karten für die Empfindlichkeitsprüfung die Keimidentifizierung über Barcodes an das System gegeben werden. Die auf den Karten vorhandenen Barcodes werden in den Smart-Carrier-Stationen mit den Probennummern verbunden. Sie enthalten neben den Informationen zu Art und Zu-sammensetzung der Karten und dem Verfallsdatum eine einmalige Nummer, die die Zuordnung zur entsprechen-den Probennummer eindeutig macht. Nach Inkubation und Beendigung der Analysen werden die Karten auto-matisch aus dem System ausgeladen und die Inkubations-plätze für die kontinuierliche Beladung mit neuen Karten freigegeben.

VITEK 2- und VITEK 2-compact-Systeme stehen in mo-dularer Bauweise von 30–360 Inkubationsplätzen an ei-nem Computer zur Verfügung.

Die analysierten Daten aus eingegebener oder im Sys-tem durchgeführter Identifizierung und Empfindlich-keitsprüfung werden im Advanced Expert System auf Plausibilität überprüft und für die technische oder medi-zinische Validierung freigegeben (s. auch Kap. 1.2.4).

Standardisierung mit modernen 1.2.3 automatisierten Methoden

! Die Verkürzung der Analysenzeiten und die automa-tisierte, fotometrische Ablesung lassen der Standar-disierung der Methoden eine zentrale Bedeutung zukommen. Die Standardisierung des Inokulums für Identifizierung und Empfindlichkeitsprüfung auf die richtige Einsaatdichte ist der erste Schritt in einer Reihe von wichtigen Kriterien für das Arbeiten mit Automa-ten in der Mikrobiologie.

Alle Automaten, die mit kinetischen Methoden und ver-kürzten Analysenzeiten arbeiten, bedingen eine korrekte Einstellung der Inokulumdichte.

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1 Labormanagement 1.2 Automatisierung in der Mikrobiologie 1

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Nephelometer, Densicheck ■

Zu den heute üblichen Automaten gehören Nephelo-meter, die für die Überprüfung bzw. die Einstellung der Keimdichte zum Ansatz der Identifizierung und Resis-tenzbestimmung verwendet werden.

! Dieser Schritt gehört zu den für automatische Me-thoden wichtigsten vorbereitenden Arbeiten. Das Nichteinhalten der Anfangsbedingungen bedeutet bei allen Methoden Unsicherheit bezüglich der erzielten Resultate.

Beimpfung der Karten oder Panels ■

Alle modernen Systeme arbeiten mit Beimpfungsmetho-den, die die Befüllung der einzelnen Reaktionen mit den richtigen Volumina garantieren. Das genaue Verhältnis von Keim- zu Substratmenge wurde bei Entwicklung, Evaluierung und Zulassung der Methoden und Automa-ten durch verschiedene Behörden geprüft.

Ablesung und Inkubation ■

Alle modernen Systeme verfügen über integrierte Inku-batoren. Die Bebrütungstemperatur wird über die gesam-te Inkubationszeit konstant gehalten. Interne Kontrollen garantieren eine lückenlose Überprüfung der Inkubati-onskonditionen. Abweichungen werden durch optische und akustische Hinweise angezeigt.

Die zur Ablesung verwendeten Optiken werden in Selbsttests kontinuierlich überprüft. Nähern sich die Werte intern vorgegebenen Schwellenwerten, werden diese Abweichungen angezeigt.

Reproduzierbarkeit ■

Die industrielle Fertigung mit laufenden Kontrollen der Reagenzien, die Abstimmung der einzelnen Komponen-ten je nach Fragestellung und die aufwendige Endkont-rolle mit Qualitätskontrollzertifikat sind wichtige Voraus-setzungen für die Reproduzierbarkeit der Endergebnisse.

Identifizierung und Empfindlichkeitsprüfung sind für die Therapieüberwachung relevant. Schlecht reprodu-zierbare Resultate, die eine Änderung der Resistenz eines Keims vortäuschen, bergen für die betreffenden Patien-ten Risiken. Die Überprüfung der Reproduzierbarkeit und die Wiederfindung vorgegebener Werte sind demzufolge Teil der Evaluierung von neuen Systemen. Sie werden auch bei der Zulassung durch verschiedene Behörden mit bewertet.

Relevanz für die kalkulierte Therapie. Die Entscheidung für den Einsatz einer kalkulierten Antibiotikatherapie ist von der lokalen Resistenzsituation abhängig. Resistenz-statistiken dienen dabei als Grundlage zur Auswahl von primär eingesetzten Substanzen.

! Die statistische Auswertung der Resultate aus Identifi-zierung und Empfindlichkeitsprüfung ist natürlich nur dann korrekt, wenn die erstellten Befunde standardi-siert und reproduzierbar sind.

Online-Übertragung der Resultate ■

Die Online-Übertragung der Resultate an das Laborinfor-mationssystem hat entscheidende Vorteile:

Die Personalbindung im Labor wird minimiert. ■

Übertragungsfehler wie bei manueller Eingabe werden ■

verhindert.Die medizinische Validierung der Endbefunde wird ■

vereinfacht, da aus den Systemen nur überprüfte Be-funde an das LIS übermittelt werden.

Expertensysteme1.2.4

Entstehung von Expertensystemen ■

Die Resistenzentwicklung der letzten 20 Jahre führt zu immer komplexeren Validierungsvorgängen von Iden-tifizierung und Empfindlichkeitsprüfung. Neue Enzyme wie ESBL und eine Vielzahl von ß-Laktamasen sind ohne automatisierte Unterstützung der Validierung nicht mehr zu bewältigen.

Die Computerentwicklung und die Komplexität der entstandenen Resistenzmechanismen haben die Ent-wicklung von EDV-gestützten Expertensystemen be-günstigt. Der Einsatz dieser Expertensysteme hat für den Anwender mehrfach Nutzen.

Die Algorithmen der Systeme ermöglichen eine ■

kontinuierliche und automatische Überprüfung aller erstellten Resultate. Computergestützte Expertensysteme arbeiten immer ■

nach den gleichen Grundregeln.Inkonsistente Resultate werden schnell und zuverläs- ■

sig nachgewiesen.Die Anwendung von Expertensystemen führt zu einer ■

einfacheren Vergleichbarkeit der Befunde innerhalb eines Labors.

Die drei Ebenen der Expertenvalidierung ■

1. Technische Validierung. Die erste Aktion der computer-gestützten Expertensysteme ist die technische Überprü-fung der gemessenen Resultate von Identifizierung und Resistenzbestimmung.

Sind die gemessenen Werte technisch korrekt, wird die Validierung fortgesetzt:

Wurden die richtigen Reagenzien für die getestete ■

Keimgruppe verwendet?Liegt eine Mischkultur vor? ■

Sind die Werte in der Gesamtheit konsistent? ■

Passen Identifizierung und Empfindlichkeitsprüfung ■

zusammen?War die initiale Inokulumdichte im vorgegebenen ■

Rahmen?

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1 Labormanagement

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1.2 Automatisierung in der Mikrobiologie 1! Wenn eine dieser Fragen mit Nein beantwortet wird,

werden vom Expertensystem Kommentare generiert, die dem Anwender weiterführende Informationen zu den gefundenen Werten geben.

In Tab. 1.9, Tab. 1.10 und Tab. 1.11 finden Sie eine Rei-he von seltenen Resistenzphänotypen, die bereits wäh-rend der technischen Validierung von Expertensystemen nachgewiesen werden. Solche Unplausibilitäten werden zurückgehalten und mit Kommentaren versehen.

Beispiele für generierte Kommentare:„Vorsicht, Keimidentifizierung und Empfindlichkeits- ■

bestimmung stimmen nicht überein, bitte ID oder AST erneut testen!“„Enterobacteriaceae sind normalerweise Carbapene- ■

me sensibel, bitte Isolat erneut testen!“„Das Isolat ist vollständig resistent, bitte auf Reinheit ■

der eingesetzten Kulturen prüfen!“

2. Therapeutische Interpretation. Sind die Resultate tech-nisch korrekt und konsistent, wird aus der Gesamtheit der Resultate überprüft, ob trotz technisch richtiger Er-gebnisse für den Patienten ein therapeutisches Risiko ge-geben ist.

! Bei Resistenzmechanismen, die nach wissenschaft-lichen Erkenntnissen definitiv zu Therapieversagern führen können, werden die Ergebnisse resistenter interpretiert als üblich.

Die Gefahr des Auftretens von Therapieversagern wird auf diese Weise minimiert, z. B.:

Die Oxacillinresistenz bei ■ S. aureus führt bei allen ß-Laktam-Antibiotika zu einer Verschiebung der In-terpretation (auch sensibel) gemessener Werte nach resistent.Der Nachweis einer ESBL bei ■ E. coli und Klebsiella spp. führt zu einer Veränderung der Interpretation aller Cephalosporine und der inhibitorgeschützten Penicil-line zu resistenten Ergebnissen.

3. Äquivalenzen bei Antibiotikafamilien. Die gemessenen Werte werden validiert, ggf. interpretiert und die Ablei-tungen weiterer Antibiotika vorgenommen. Die Regel-werke für diese Ableitungen sind in den unterschiedli-chen Normen (DIN, CLSI etc.) niedergelegt oder werden aus der wissenschaftlichen Literatur ermittelt und dann von den Expertensystemen umgesetzt. Im Folgenden ei-nige Beispiele:

Tab. 1.9 Seltene oder bis jetzt nicht bekannte Resistenzphäno-typen.

Keim/Keimgruppe Antibiotika, gegen die Resistenz selten oder bislang unbekannt ist

Enterobacteriaceae Imipenem, Meropenem

Staphylococcus aureus Vancomycin, Linezolid, Quinup-ristin/Dalfopristin, Teicoplanin

Koagulasenegative Staphylokokken

Vancomycin, Linezolid, Quinup-ristin/Dalfopristin

Enterococcus faecalis Ampicillin, Linezolid

Enterococcus faecium Linezolid, Quinupristin/Dalfop-ristin

β-hämolysierende Streptokokken der Gruppen A, B, C und G

Penicillin, Ampicillin, Breitspekt-rum-Cephalosporine

Streptococcus spp. Vancomycin, Linezolid

Haemophilus influenzae Breitspektrum-Cephalosporine, Fluorochinolone

Neisseria gonorrhoeae, N. meningitidis

Breitspektrum-Cephalosporine

Tab. 1.10 Enterobacteriaceae mit bekannten Resistenzen gegen häufig verwendete Antibiotika.

Genus/Spezies Normalweise resistent gegen folgende Antibiotika

Citrobacter, Enterobacter, Kleb-siella, Morganella, Providencia, Proteus vulgaris, Proteus penneri, Serratia, Yersinia

Ampicillin

Citrobacter freundii, Enterobac-ter, Morganella, Providencia, Proteus vulgaris, Proteus penneri, Serratia, Yersinia

Cefazolin, Cephalotin

C. freundii, Enterobacter, Serratia Cefoxitin

C. freundii, Enterobacter, Proteus vulgaris, Serratia

Cefuroxim

Citrobacter, Enterobacter, Serratia

Amoxicillin/Clavulansäu-re, Ampicillin/Sulbactam

Tab. 1.11 Pseudomonas aeruginosa und andere Bakterien au-ßerhalb der Enterobacteriaceae mit bekannten Resistenzen gegen häufig verwendete Antibiotika.

Genus / Spezies Normalweise resistent ge-gen folgende Antibiotika

Acinetobacter baumannii, Aeromonas, Burkholderia ce-pacia, P. aeruginosa, Steno-trophomonas maltophilia

Ampicillin, Cefazolin, Cepha-lotin, Cefoxitin

Acinetobacter baumannii Mezlocillin, Piperacillin

B. cepacia, S. maltophilia Gentamicin

S. maltophilia Imipenem, Meropenem

P. aeruginosa Cotrimoxazol

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1 Labormanagement 1.2 Automatisierung in der Mikrobiologie 1

17

CLSI: Für ■ Salmonella spp. und Shigella spp. erste und zweite Generation Cephalosporine und Aminoglykoside R bewerten!ESBL-produzierende Stämme ( ■ E. coli und Klebsiel-la spp.) sollten für alle Penicilline, Cephalosporine und Aztreonam R bewertet werden!Für ■ Enterococcus spp. alle Cephalosporine, Aminogly-koside, Clindamycin und SXT R bewerten!Oxacillinresistente ■ S. aureus und koagulasenegative Sta-phylokokken für alle Penicilline, Cephalosporine, Carba-peneme und Inhibitor-Kombinationen R bewerten!

DIN:Penicillin-G-resistente Staphylokokken sind auch ■

gegen Ureido- oder Aminopenizilline als resistent zu werten.Oxacillinresistente Staphylokokken sind gegen alle Pe- ■

nicilline/Cephalosporine sowie auch gegen Imipenem als resistent zu werten.Penicillinresistente und oxacillinsensible Staphylo- ■

kok ken sind sensibel gegenüber β-Laktam-Antibiotika/ β-Lactamase-Inhibitoren. Oxacillinre-sistente Sta phy lo kok ken sind resistent gegenüber β-Laktam-Antibiotika/β-Lac tamase-Inhibitoren. Bewertungsstufen von ß-Laktam-Antibiotika/β-Lactamase-Inhibitoren gelten für Enterobacteriaceae und Pseudomonas spp.

Regelbasierte Expertensysteme ■

Die ersten und heute noch in der überwiegenden Zahl der Automaten eingesetzten Expertensysteme arbeiten mit vordefinierten Regeln, die auf Referenzinformationen der verschiedenen Organisationen, die Standards ausge-ben (z. B. CLSI, DIN, SFM), aber auch auf aktueller wis-senschaftlicher Literatur basieren. Darüber hinaus gibt es sog. offene Expertensysteme, in denen der Anwender zu-sätzliche, für sein Labor oder seine Institution spezifische Regeln definieren kann.

Im Allgemeinen bieten regelbasierte Expertensysteme verschiedene Arten von Regeln:

antibiotikaspezifische ■

probenspezifische ■

bezogen auf intrinsische Resistenz oder Empfindlich- ■

keittherapiebezogene Regeln ■

Resistenzmarker ■

methodische Warnungen. ■

Zusammen mit der Identifizierung und den entsprechend dem eingestellten Standard hinterlegten MHK-Werten für die Breakpoints wird das interpretative Ergebnis ermit-telt. Daneben gehen patientendemografische Daten und/oder Probenart in die Algorithmen des Expertensystems ein, um ein für dieses Isolat spezifisches und aussage-kräftiges Ergebnis zu erzielen. Sowohl die gemessenen MHK-Werte, die reinen Interpretationen (basierend auf den eingestellten Breakpoints) als auch die Expertenin-

terpretationen werden dem Anwender zur Validierung des Ergebnisses zusammen mit einer Textnachricht prä-sentiert, die die Logik der ausgegebenen Regel beschreibt. Der Anwender kann nun entscheiden, ob er die Vorschlä-ge akzeptiert oder ablehnt.

Matrixbasiertes Expertensystem ■

Die Untersuchung einer großen Anzahl von Bakteri-enstämmen ohne erworbene Resistenzmechanismen und mit genau definierten Resistenzmechanismen führt zu einer Matrix mit MHK-Bereichen für die bekannten Resistenzphänotypen. Zusätzlich werden aus der Litera-tur bekannte MHK-Werte für die einzelnen Phänotypen in die Datenbasis integriert. Daraus entsteht eine dreidi-mensionale Matrix für

den identifizierten Keim, ■

die gemessene MHK pro Antibiotikum, ■

den Resistenzphänotyp. ■

Die vom System gemessenen MHK-Werte werden mit den in der Datenbank hinterlegten MHK-Werten von Keimen mit bekannten Phänotypen verglichen und so die Resis-tenzmechanismen identifiziert. Ist ein Resistenzmecha-nismus bekannt, kann automatisch die Interpretation der gemessenen Werte angepasst werden.

Unplausible Ergebnisse, die von Expertensystemen nachgewiesen werden, haben vorwiegend die folgenden Ursachen:

Kontaminationen ■

fehlerhafte Identifizierung ■

falsches Inokulum (für ID und AST) ■

mangelnde Eignung des getesteten Keims für das Sys- ■

tem.

Nachweis von 1.2.5 Resistenzmechanismen

Neben der reinen Interpretation von Messwerten der MHK in S, I oder R (sensibel, intermediär, resistent) an-hand der sensiblen und resistenten Breakpoints von In-stitutionen wie DIN, CLSI oder SFM bieten die automa-tisierten Systeme auch Unterstützung im Erkennen von Resistenzmechanismen wie

dem Nachweis der ESBL-Produktion bei Spezies der ■

Enterobacteriaceae,der Vancomycinresistenz bei ■ Enterococcus-Spezies (VRE),der Resistenz gegen hohe Konzentrationen von Ami- ■

noglykosiden bei Enterococcus-Spezies (HLAR),der Methicillinresistenz bei Staphylokokken (MRS), ■

der β-Lactamaseproduktion bei ■ Staphylococcus-Spezi-es (BL),der Makrolidresistenz bei ■ Streptococcus-Spezies (MLSB und MEF),dem Nachweis hoher und niedriger Penicillinresistenz ■

bei Streptococcus pneumoniae (HLPRSP, LLPRSP).

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1 Labormanagement

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1.2 Automatisierung in der Mikrobiologie 1Neben der reinen Interpretation der entsprechenden MHK-Werte werden hierzu auch die in den Systemen eta-blierten Expertensysteme herangezogen, die je nach Her-steller auf unterschiedlichen Philosophien basieren.

Qualitätskontrolle1.2.6

! Ein Qualitätskontrollprogramm dient dazu, alle As-pekte einer Prozedur zu beobachten (Monitoring), zu evaluieren und zu dokumentieren. Dies trifft auf die Qualität der Proben, die Performance der Reagenzien, Medien und Automaten ebenso zu wie auf die Validie-rung der erzielten Testergebnisse.

! Neben den beim Hersteller für alle Reagenzien durch-geführten Qualitätskontrollen sollte der Anwender Qualitätskontrollen nach den entsprechenden Richt-linien (wie z. B. CLSI) regelmäßig durchführen. Hierzu gehört die Angabe über die zu testenden Qualitätskon-trollstämme, die Häufigkeit der Untersuchung sowie die zu erwartenden Ergebnisse.

Beschleunigung der Diagnostik 1.2.7 über kinetische Messung und Verkürzung der Bearbeitungszeit

Der automatisierten Diagnostik in der Bakteriologie kommt mit dem DRG-basierten Abrechnungssystem in Deutschland eine steigende Bedeutung zu. Die Mikrobio-logie ist im Gegensatz zur Klinischen Chemie mit Analy-sezeiten von einigen Minuten bis Stunden eine „langsa-me“ Disziplin der Labordiagnostik. Molekularbiologische Methoden sind zwar schneller geworden, aber noch lange nicht für alle Fragestellungen der Diagnose und Therapie ausgereift. Die konventionelle Mikrobiologie hat demzu-folge immer noch einen sehr hohen Stellenwert.

Kinetische Messungen, aus der Klinischen Chemie seit langer Zeit bekannt, haben mit der Automatisierung auch in der Mikrobiologie Bedeutung bekommen. Da die An-zucht von Bakterien mit visueller Ablesung der gewach-senen Kulturen bis heute das Standardverfahren in der klassischen Mikrobiologie darstellt, bieten kinetische Methoden für Identifizierung und Empfindlichkeitsprü-fung von Bakterien für den behandelnden Arzt die beste Möglichkeit, die Zeit von der Probennahme bis zum ferti-gen Befund zu beschleunigen (Abb. 1.7).

Was bedeuten schnellere Befunde für den behandeln-den Arzt? Hier müssen wir zwischen Intensiv- und Nor-malstationen unterscheiden.

Bedeutung für Intensivstationen ■

Auf Intensivstationen ist die zeitnahe Umsetzung einer Therapie auch außerhalb der täglichen Visite einfacher zu gestalten als auf Normalstationen. Die Schwere der Erkrankungen und der Zwang, Therapien dauernd zu überprüfen und anzupassen, führen dazu, dass Befunde, die am 2. Tag abends übermittelt werden, direkt zu einer Anpassung oder sogar grundsätzlichen Überprüfung der bestehenden Therapie führen. Auf Intensivstationen ist durch die verstärkte Apparatemedizin die Gefahr nosok-omialer Infektionen besonders groß. Mit einer Beschleu-nigung der Diagnostik werden multiresistente Keime schneller nachgewiesen, und Hygienemaßnahmen kön-nen sofort eingeleitet werden. Die Ausbreitung von MRSA wird auf diese Weise eingedämmt.

Bedeutung für Normalstationen ■

! Auf Normalstationen werden Therapieumstellung und -überprüfung großenteils bei der morgendlichen Visite vorgenommen. Befunde, die bis zu dieser Tageszeit auf der Station sind, sind für die weiterführenden Entschei-dungen relevant.

Auch wenn die bereits abends auf der Station vorliegen-den Befunde nicht direkt in eine Anpassung der Therapie einfließen, sind sie aber zumindest am nächsten Morgen zum Beginn der Visite für den behandelnden Arzt verfüg-bar. Ergebnisse, die mit konventionellen Methoden erst morgens abgelesen und dann technisch und medizinisch validiert werden, sind bestenfalls im Laufe des Vormit-tags auf der Station. Notwendige Therapieanpassungen werden an diesem Tag dann nicht mehr durchgeführt; der Befund hat erst für die Visite am nächsten Morgen Relevanz.

Tag 1

Zeit zwischen Proben-entnahme und Verfüg-barkeit der Ergebnisse

Tag 2 Tag 3 Tag 4

Zeit zwischen Probenentnahme und Vorlage des Befundesbeim Arzt

Zeit zwischen Probenentnahme und Interventiondurch den Arzt

schnelle Ergebnisse konventionelle Ergebnisse

Abb. 1.7 Zeitgewinn mit automatisierter Identifizierung und Empfindlichkeitsprüfung.

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1 Labormanagement 1.2 Automatisierung in der Mikrobiologie 1

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Ökonomische Aspekte ■

Die ökonomischen Aspekte einer schnellen Diagnostik werden in Deutschland immer noch kontrovers diskutiert. Groß angelegte Studien wurden bis jetzt nicht realisiert. Die in den USA durchgeführten Studien haben gezeigt, dass eine konsequente Umsetzung der schnellen Befunde ökonomisch von Bedeutung ist. Die Durchführung dieser Studien ist allerdings komplex und langwierig. Sie bedarf der engen Zusammenarbeit von mikrobiologischem Labor und allen Fachbereichen des Krankenhauses. Neben den direkten Kosten müssen alle indirekten Kosten und Ein-sparpotenziale in die Betrachtung einbezogen werden.

Die erste Studie zu diesem Thema wurde von Trenhol-me et al. (1989) durchgeführt, die sich vor allem mit einer Reduzierung der Aufwendungen für Antibiotika ausein-andergesetzt haben. Durch den Wechsel auf kostengüns-tigere Antibiotika oder das Absetzen nicht notwendiger Therapien kamen sie damals schon auf eine durchschnitt-liche Kostenminderung von 158 US-Dollar pro Patient. Trenholme et al. (1989) zeigten auf, dass bei schneller Übermittlung der mikrobiologischen Befunde die The-rapieempfehlungen signifikant häufiger befolgt wurden (Tab. 1.12). Die nächsten Arbeiten wurden von Doern et al. (1994) in den USA und Heizmann et al. (1994) in Deutschland durchgeführt. Sie berücksichtigten in ihren Studien neben den rein mikrobiologischen Aspekten den klinischen Verlauf (Tab. 1.13) mit allen Unterschieden in den Folgekosten der beiden Patientenkollektive (Tab. 1.14). Nachfolgend wurde von Barenfanger et al. (1999, 2001) die Thematik noch einmal aufgenommen und die ökonomischen Werte für das Gesundheitswesen darge-stellt.

Durch die Einführung der DRGs in den deutschen Kran-kenhäusern werden diese Studien und die Schlussfolge-rungen daraus auch bei uns zunehmend an Bedeutung gewinnen. Sicher sind die US-amerikanischen Zahlen nicht direkt auf Deutschland und andere europäische Länder übertragbar, doch zeigt die Tendenz aller Studien, dass auch bei uns durch den Einsatz gezielter und schnel-ler Mikrobiologie Einsparungen bei den Gesamtkosten zur erzielen sind.

! Wichtig ist, dass es in den nächsten Jahren zu einem Bewusstseinswechsel im Labor und bei den behan-delnden Ärzten kommt.

Voraussetzungen für den Erfolg der ■Bemühungen um schnellere Diagnostik

Die konsequente Verbesserung der Arbeitsabläufe und die Verlängerung der Öffnungszeiten im mikrobiologischen Labor ist nur ein Baustein auf dem Weg zur Umsetzung in der Klinik.

Tab. 1.12 Therapieempfehlungen des Mikrobiologen.

Empfehlung Anzahl (%) der Empfehlungen bei:

Direktansatz aus Blutkultur

Routinemethode nach Subkultur

Beginn einer Antibiotikatherapie

10 (9,1)1 0 (0,0)

Wechsel zu effektiver Therapie

8 (7,3)1 1 (0,9)

Wechsel zu kosten-günstiger Therapie

38 (34,5)1 21 (18,1)

Stoppen der Antibiotikatherapie

6 (5,5) 4 (3,4)

Keine Änderung der Therapie empfohlen

40 (36,4) 64 (55,2)

Empfehlung des Mikrobiologen nicht umgesetzt

8 (7,3) 26 (22,4)

1 Signifikante Differenz (p<0,5) beim Vergleich des Direktansatzes aus Blutkultur mit der Routinemethode nach Subkultur (Trenholme et al. 1989).

Tab. 1.14 Vergleich Gesamtkosten zweier Patientengruppen (Doern et al. 1994).

Kostenparameter Schnelle Befundung1

Übernacht-befunde1

Kosten Labor, gesamt 4 732 6 074– davon Mikrobiologie 843 1 241

Kosten für Arzneimittel (Apotheke)

4 181 5 523

– davon Antibiotika 1 063 1 354

Sonstige Kosten 6 149 7 659

Kosten für den gesamten Krankenhausaufenthalt

15 062 19 256

1 Alle Angaben in US-Dollar.

Tab. 1.13 Vergleich der Patientengruppen bzgl. Mortalität und Aufenthaltsdauer (Doern et al. 1994).

Parameter Schnelle Befundung

Übernacht-befunde

Durchschnittliche Aufent-haltsdauer

20,7 Tage 20,1 Tage

Gesamtzahl (%) verstorbener Patienten

24 (8,8) 46 (15,3)

Gesamtzahl (%) an Infektio-nen verstorbener Patienten

19 (7,0) 38 (12,7)

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1 Labormanagement

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1.3 Transport von Laborproben und infektiösem Material 1! Im Labor schnell erstellte Befunde nützen nicht viel,

wenn in der Präanalytik nicht Wert darauf gelegt wird, dass Proben nach ihrer Gewinnung ohne Verzögerung schnellstmöglich ins Labor gebracht werden. Die Orga-nisation des Probentransports innerhalb des Kranken-hauses oder zu einem externen Labor muss kontinuier-lich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Nicht weniger wichtig ist die zügige Befundübermittlung nach Fertigstellung. Trotz der Möglichkeit der elektroni-schen Befundübermittlung direkt ins Krankenhaus-Infor-mationssystem (KIS) und damit direkt auf die Stationen werden heute noch viele Befunde nur in Papierform oder auf das Fax im Sekretariat des Chefarztes übermittelt.

Studien, die scheinbar beweisen, dass schnelle mikro-biologische Befunde keinen Einfluss auf die Therapie und dadurch keinen ökonomischen Nutzen haben, müssen auf die in der Prä- und Postanalytik verwendeten Methoden überprüft werden.

Personalbindung1.2.8

Um der steigenden Nachfrage nach mikrobiologischer Labordiagnostik gerecht zu werden und trotzdem kos-teneffektiv und wirtschaftlich zu arbeiten, bietet ein gesteigerter Automatisierungsgrad einen Lösungsansatz zur größtmöglichen Effektivität von Organisation und Kostenmanagement. Dies bedeutet mehr Effizienz im Ar-beitsablauf, besserer Service für Kliniker und zuverlässige Ergebnisse für Arzt und Patient.

Die kommerziellen Systeme zur Automatisierung der ID und AST können und sollen den erfahrenen Mikro-biologen nicht ersetzen, sondern ihn in seiner täglichen Routine unterstützen. Daher sollte eine Einsparung von Personal im mikrobiologischen Labor durch Anschaffung eines Automaten auch kritisch betrachtet werden. Viel-mehr kann die Automatisierung das Personal dahinge-hend entlasten, dass es für andere Aufgaben mehr Zeit aufwenden kann. Darüber hinaus kann ein computer- und expertengestütztes Programm als Hilfsmittel für die Weiterbildung des Laborpersonals verwendet werden.

Zusammenfassung1.2.9

Neben Blutkulturautomaten tragen vor allem Automa-ten zur Identifizierung und Empfindlichkeitsprüfung von Bakterien im modernen mikrobiologischen Labor zu ei-ner spürbaren Reduktion der Arbeitsbelastung bei. Die Performance der Geräte führt zu einer Standardisierung der Resultate, sowohl im eigenen Labor als auch unter verschiedenen Labors. Die Systeme generieren teilweise schnellere Resultate, die für die Therapie von Relevanz sind. Die Entwicklungen mikrobiologischer Diagnostika und Geräte werden unter dem Aspekt der Geschwindig-keit weiter optimiert. Neben schnellen Nachweismetho-den nach Anzucht von Bakterien wird an neuen Methoden zum direkten Nachweis mit Detektion und Identifizierung von Resistenzmechanismen gearbeitet. Molekularbiolo-gische Technologien werden für gezielte Fragestellungen sowohl für die Bestätigung von Resistenzmechanismen aus angezüchteten Bakterien (Nachweis des mecA Gens) wie auch für das Screening von MRSA direkt aus Proben-material eingesetzt. Zu einer weiteren Beschleunigung der mikrobiologischen Diagnostik werden in der Zukunft vor allem molekularbiologische Methoden beitragen.

LiteraturBarenfanger J, Drake C, Kacich G. Clinical and financial benefits of

rapid bacterial identification and antimicrobial susceptibility testing. J Clinical Microbiol. 1999;37:1415-8.

Barenfanger J, Short MA, Groesch, AA. Improved antimi-crobial interventions have benefits. J Clinical Microbiol. 2001;39:2823-8.

Doern GV, Vautour R, Gaudet M, Levy B. Clinical impact of rapid in vitro susceptibility testing and bacterial identification. J Clinical Microbiol. 1994;32:1757-62.

Heizmann WR, Berger K, Oberender P. Kosten-Nutzen-Analyse alternativer Untersuchungssysteme im medizinisch-mikrobio-logischen Labor. Klin Lab. 1994;40:181-5.

Trenholme GM, Kaplan RL, Karakusis PH, et al. Clinical impact of rapid identification and susceptibility testing of bacterial blood culture isolates J Clinical Microbiol. 1989;27:1342-5.

Transport von Laborproben und infektiösem Material1.3

Gottfried Mauff

Herrn Dr. V. Thurm, ehemals Robert Koch-Institut Werni-gerode, bin ich für Korrekturanmerkungen zu Kap. 1.3 zu besonderem Dank verpflichtet.

Einleitung1.3.1

Der Versand bzw. Transport medizinisch-diagnostischer Proben, Materialien und mikrobiologischer Kulturen über öffentliche Verkehrswege unterliegt aus Gründen einer möglichen Infektiosität dem Gefahrgutrecht, soweit diese Proben beim Transport eine individuelle oder allgemeine Gefährdung darstellen.

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1 Labormanagement 1.3 Transport von Laborproben und infektiösem Material 1

21

! Als infektiös (ansteckungsgefährlich) gelten Stoffe bzw. potenziell mit Krankheitserregern kontaminierte Gegen-stände, die bei Menschen oder Tieren Infektionskrank-heiten verursachen können. Krankheitserreger im Sinne der Transportvorschriften sind Mikroorganismen, „ins-besondere Bakterien, Viren, Rickettsien, Parasiten und Pilze und andere Erreger wie Prionen, von denen bekannt oder anzunehmen ist, dass sie bei Menschen oder Tieren ansteckende Krankheiten verursachen“ (ADR 2009).

Hieraus ergibt sich prinzipiell, dass alle Erreger von Risiko-gruppe 2 an gemäß Biostoffverordnung unter das Gefahr-gutrecht fallen. Für den Transport von Krankheitserregern bzw. infektiösen Stoffen gilt die Annahme, dass sie auch in der Lage sind, am Ort ihres Freiwerdens Krankheiten auf zufällig anwesende Personen oder Tiere zu übertragen. Nationale und internationale Vorschriften des Gefahrgut-rechts werden in kürzeren Abständen novelliert, in der Regel alle zwei Jahre. Die in diesem Kapitel behandelten Transportvorschriften und Regelungen entsprechen dem Stand bei Drucklegung. Es ist daher erforderlich, die Vor-schriften bei Bedarf auf ihre Aktualität zu überprüfen.

Im Folgenden werden die Begriffe Transport oder Ver-sand außerhalb von Gebäuden der medizinischen Ver-sorgung oder der Forschung synonym verwandt. Der Transport medizinischer Proben und anderer anstecken-der Stoffe unterliegt insbesondere je nach Verkehrsweg den jeweils gültigen Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR 2009), der Ordnung für die Interna-tionale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter mit der Eisenbahn (RID 2008) und den Vorschriften für die Beför-derung gefährlicher Güter des Internationalen Verbandes der Luftfahrtgesellschaften (IATA-DGR 2009). Für den innerdeutschen Postversand medizinisch-diagnostischer Proben gelten die privatrechtlichen Regelungen der Deut-schen Post AG (2009). Eine ausführliche Darstellung findet sich u. a. bei Thurm et al. (2007).

Klassifizierung1.3.2

Für die Zuordnung von medizinischen Laborproben zu den infektiösen Stoffen (Materialien) sind prinzipiell zu unterscheiden:

allgemeine Patientenproben ohne Kenntnis eines In- ■

fektionsrisikos oder Verdacht auf ein InfektionsrisikoUntersuchungsproben von Patienten mit klinischem ■

Verdacht oder gesicherter Kenntnis einer InfektionErregerkulturen in geringer Menge zu diagnostischen ■

ZweckenMassenkulturen von Erregern. ■

Erregerkulturen gleichzusetzen sind tiefgefrorene Erre-gerkulturen sowie Lyophilisate von Erregern. Darüber hinaus unterliegt der Transport medizinischer oder kli-

nischer Abfälle, auch aus Laboratorien, soweit sie die vor-genannten Kriterien erfüllen, dem Gefahrgutrecht. Keiner speziellen gefahrgutrechtlichen Vorschrift unterliegen ab-getötete bzw. inaktivierte Erreger oder aus diesen gewon-nene biologische Produkte oder Nukleinsäure-Extrakte.

! Grundvoraussetzung für den sicheren und vorschrif-tenkonformen Transport infektiöser Materialien sind sterile, fest verschließbare Probengefäße, bevorzugt aus Kunststoff.

Die Lagerungs- und Transporttemperatur vermehrungs-fähiger Erreger liegt unabhängig von der Verwendung spezieller Transportmedien idealerweise zwischen 12 und 18 °C. Bei höheren Außentemperaturen sind entspre-chende Kühlaggregate zu verwenden. Untersuchungspro-ben von primär besiedelten Körperregionen sollten bei längerem Transport gekühlt bei 4–8 °C, Untersuchungs-proben zur Virusanzucht in gefrorenem Zustand (bei ≤ –20 °C) transportiert werden.

Bewertungsgrundlage für die Einordnung von potenzi-ell erregerhaltigen Proben in Laboratorien sind die Risi-kogruppen 1–4 nach Biostoffverordnung und laut Liste ri-sikobewerteter Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten (1997). Für den Transport gelten jedoch die UN-Empfehlungen der Klassifizierung in die Kategorie A (UN-Nr. 2814 für primär humanpathogene Erreger, UN-Nr. 2900 für ausschließlich tierpathogene Er-reger) sowie in die Kategorie B für alle übrigen nicht un-ter A genannten Krankheitserreger (UN-Nr. 3373) (Com-mittee of Experts on the Transport of Dangerous Goods and on the Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals 2008). Der Kategorie A sind solche Erreger oder erregerhaltigen Stoffe zugeteilt, die „in einem Zustand transportiert werden, der bei Kon-takt schwere oder lebensbedrohliche Erkrankungen oder dauernde Behinderung bei ansonsten gesunden Personen verursachen kann“ (engl. Originaltext: „Category A: an infectious substance which is transported in a form that, when exposure to it occurs, is capable of causing perma-nent disability, life-threatening or fatal disease in other-wise healthy humans or animals”) (Tab. 1.15). Zu berück-sichtigen ist, dass die Klassifizierung bekannter Erreger in Kategorie A bzw. potenziell neuer Erreger nach dieser Definition regelmäßig revidiert werden soll. Zudem fallen einige bakterielle Erreger der Kategorie B (z. B. Mycobac-terium tuberculosis) nur nach kultureller Anreicherung in die Kategorie A.

Anlass für die Definition der Gefahrgutkategorien wa-ren die Überlegungen der WHO, dass für den Transport von Infektionserregern oder erregerhaltigem Material in vorgeschriebener Verpackung ein anderes (geringeres) Risiko der Übertragung besteht als für den Umgang im Labor. Für diesen gilt nach wie vor uneingeschränkt die Einteilung der Erreger nach der Biostoffverordnung.

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1 Labormanagement

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1.3 Transport von Laborproben und infektiösem Material 1Tab. 1.15 Klassifizierung von übertragbaren Erregern in UN Kategorie A (engl. Original: „Indicative examples of infectious substances included in Category A in any form unless otherwise indicated”) (Committee of Experts on the Transport of Dangerous Goods and on the Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals 2008).

UN Number and Proper Shipping Name

Micro-organism

UN 2814:infectious substances affecting humans

Bacillus anthracis (cultures only)Brucella abortus (cultures only)Brucella melitensis (cultures only)Brucella suis (cultures only)Burkholderia mallei – Pseudomonas mallei – Glanders (cultures only)Burkholderia pseudomallei – Pseudomonas pseudomallei (cultures only)Chlamydia psittaci – avian strains (cultures only)Clostridium botulinum (cultures only)Coccidioides immitis (cultures only)Coxiella burnetii (cultures only)Crimean-Congo hemorrhagic fever virusDengue virus (cultures only)Eastern equine encephalitis virus (cultures only)Escherichia coli, verotoxigenic (cultures only)1

Ebola virusFlexal virusFrancisella tularensis (cultures only)Guanarito virusHantaan virusHantaviruses causing hantavirus pulmonary syndromeHendra virusHepatitis B virus (cultures only)Herpes B virus (cultures only)Human immunodeficiency virus (cultures only)Highly pathogenic avian influenza virus (cultures only)Japanese encephalitis virus (cultures only)Junin virusKyasanur Forest disease virusLassa virusMachupo virusMarburg virusMonkeypox virusMycobacterium tuberculosis (cultures only)1

Nipah virusOmsk hemorrhagic fever virusPoliovirus (cultures only)Rabies virus (cultures only)Rickettsia prowazekii (cultures only)Rickettsia rickettsii (cultures only)Rift Valley fever virus (cultures only)Russian spring-summer encephalitis virus (cultures only)Sabia virusShigella dysenteriae type 1 (cultures only)1

Tick-borne encephalitis virus (cultures only)Variola virusVenezuelan equine encephalitis virus (cultures only)West Nile virus (cultures only)Yellow fever virus (cultures only)Yersinia pestis (cultures only)

Fortsetzung →

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1 Labormanagement 1.3 Transport von Laborproben und infektiösem Material 1

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Tab. 1.15 Fortsetzung

UN Number and Proper Shipping Name

Micro-organism

UN 2900:infectious substances affecting animals only

African swine fever virus (cultures only)Avian paramyxovirus type 1 – Verogenic Newcastle disease virus (cultures only)Classical swine fever virus (cultures only)Foot and mouth disease virus (cultures only)Lumpy skin disease virus (cultures only)Mycoplasma mycoides – Contagious bovine pleuropneumonia (cultures only)Peste des petits ruminants virus (cultures only)Rinderpest virus (cultures only)Sheep pox virus (cultures only)Goat pox virus (cultures only)Swine vesicular disease virus (cultures only)Vesicular stomatitis virus (cultures only)

1 Cultures provisionally exempted from Category A and classified as B by present regulations until 2010.

Verpackung von medizinischen 1.3.3 Laborproben für den Transport

! Generell gilt für alle ansteckungsgefährlichen Stoffe bei jeder Art von Transport im öffentlichen Bereich das Prinzip der dreifachen Verpackung, wobei für Flüssigkeiten ein auslaufdichtes Primär-(Proben-)gefäß erforderlich ist, ferner eine Sekundär- und eine Außen-verpackung, von denen eine ebenso flüssigkeitsdicht und mit einer Saugeinlage versehen sein muss.

Postversand ■

Gemäß der Verpackungsanweisung P 650 für den Trans-port diagnostischer Proben nach der UN-Nr. 3373 beste-hen zusammengesetzte Verpackungen aus Primärverpa-ckung (Probengefäß), Sekundärverpackung (Schutzgefäß) und Umverpackung. Für flüssige Materialien (z. B. Blut, Urin) müssen Probengefäß und Schutzgefäß flüssigkeits-dicht und zwischen beiden ausreichend saugfähiges Ma-terial vorhanden sein, das bei Bruch die Flüssigkeit im Primärröhrchen aufnehmen kann. Ferner wird von der Deutschen Post AG eine starre Außenverpackung (Falt-karton) gefordert (Abb 1.8). Eine flexible Versandhülle aus reißfestem Papier oder Kunststofffolie wird für den Versand von medizinischen Proben nur dann akzeptiert, wenn sie keine Krankheitserreger enthalten (P 650 light). Auf der äußeren Verpackung sind neben den üblichen In-formationen zu Empfänger und Absender die Kennzeich-nungen „Biologischer Stoff, Kategorie B“ oder „Biological Substance, Category B“, die Bezeichnung „UN 3373“ in einer Raute sowie die Bauartkennzeichnung anzubringen (Abb. 1.8a und b). Der gleiche Faltkarton kann für Proben ohne infektiöse Stoffe mit der Aufschrift Freigestellte me-dizinische Proben verwandt werden.

Zulässige Stoffe und Gegenstände sind nach den Regeln für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegen-ständen (gültig ab 01.01.2009) ausschließlich in Groß- oder Maxibriefen zu versenden.

b

a

Abb. 1.8 Zugelassener Verpackungskarton P 650 der Deutsche Post AG. a Außenansicht. *) Bauart-Kennzeichnung z. B. nach IATA-DGR; Beschriftung gemäß DIN EN 829; b Innenansicht.

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1 Labormanagement

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1.3 Transport von Laborproben und infektiösem Material 1

Erlaubt sind:Infektiöse Stoffe und Gegenstände mit der Klassifizie-1. rung „Biologischer Stoff, Kategorie B“ der UN-Nr. 3373, ausgenommen jedoch Sendungen in Trockeneis oder flüssigem Stickstoff.

Den infektiösen Stoffen gleichgestellt sind biologische Produkte, mikrobiologische Kulturen, gentechnisch veränderte Mikroorganismen der Kategorie B für dia-gnostische, klinische oder epidemiologische Untersu-chungen oder Typisierungsverfahren.Für den Postversand zugelassen sind auch von Men-2. schen oder Tieren stammende Proben (sogenannte freigestellte Patientenproben, siehe Tab. 1.16), bei de-nen aufgrund der ärztlichen oder tierärztlichen Ein-schätzung nur eine minimale Wahrscheinlichkeit be-steht, dass sie Krankheitserreger enthalten. Beispiele sind:

Proben von Blut oder Urin zur Kontrolle des Choles- –terin-. Blutzucker- oder Hormonspiegels, prostata-spezifisches Antigen, Proben zur Kontrolle von Organfunktionen (Herz-, –Leber-, Nierenfunktion), oder zur Arzneimittel-Kontrolle, Proben für forensische, Beschäftigungs- oder Versi- –cherungszwecke (z. B. Drogen / Alkohol),

Tab. 1.16 Verpackungsvorschriften der Deutsche Post AG.

Inhalt Verpackung Sendungsart

Verpackungsvorschrift Zusätzliche Anforderungen

1 UN-Nr 3373Biologische Stoffe, Kategorie B

PI 650 IATA-DGR bauartgeprüft ■

Außenverpackung: ■

kistenförmigMaxibrief

2 Freigestellte Patientenproben s. 3.6.2.2.3.6 IATA-DGR Außenverpackung: ■

kistenförmig oder VersandhülleDarüber hinaus können auch Verpackungen verwendet werden, die der Verpackungsvorschrift PI 650 IATA-DGR entsprechen.

Groß- oder Maxibrief

3 Andere Stoffe und Gegenstände gem. 3.6.2.2.3 IATA-DGR

analog 3.6.2.2.3.6 IATA-DGR

Außenverpackung: ■

kistenförmig oder Versandhülle

Darüber hinaus können auch Verpackungen verwendet werden, die der Verpackungsvorschrift PI 650 IATA-DGR entsprechen.

Groß- oder Maxibrief

3a Vorsorgeuntersuchungen für im Stuhl enthaltenes okkultes Blut

Desifinzierte Objektträger für die Mikroskopie

Biologische Produkte, nicht Infektiös gem. 3.6.2.3.1 (a) IATA-DGR

s. 3.6.2.3.1 (a) IATA-DGR

Hinweis: Die für die jeweiligen Sendungsarten höchstzulässigen Bruttomassen (Höchstgewichte) sowie die Minimal- und Maximalmaße müssen für jede Sendung entsprechend dem Verzeichnis „Leistungen und Preis“ eingehalten werden.Der vollständige Text der Versandvorschriften findet sich unter (Suchmaschine z. B. Google): Regelungen für die Beförderung von gefährli-chen Stoffen, PDF Download.

Schwangerschaftstests, –Biopsien zur Feststellung von Krebs, –Proben zur Bestimmung von Antikörpern bei Men- –schen oder Tieren ohne Hinweis auf einen Infekti-onsverdacht (z. B. zur Untersuchung von Impftitern, von Autoimmunerkrankungen, u.a.).

Weiterhin zugelassen sind: 3. Proben, die keine ansteckungsgefährlichen Stoffe –enthalten oder bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie bei Menschen oder Tieren Krankheiten hervorrufen, Stoffe, die Mikroorganismen enthalten, welche –gegenüber Menschen oder Tieren nicht pathogen sind, Untersuchungsmaterialien, in denen ursprünglich –vorhandene Krankheitserreger so neutralisiert oder deaktiviert wurden, dass sie kein Gesundheitsrisi-ko mehr darstellen( z. B. desinfizierte Objektträger, sterilisiertes Untersuchungsgut für die Pathologie), Stoffe, in denen mögliche Krankheitserreger auf –einem natürlichen Niveau enthalten sind (z. B. Umweltproben, Lebensmittel- und Wasserproben), und bei denen davon auszugehen ist, dass sie kein bedeutsames Infektionsrisiko darstellen,getrocknetes Blut (Blutstropfen) auf einer absorbie- –renden Fläche,

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1 Labormanagement 1.3 Transport von Laborproben und infektiösem Material 1

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Luftfrachtversand ■

Abweichend von den ADR und den Vorschriften der Deut-schen Post AG sind im internationalen Lufttransport alle diagnostischen und erregerhaltigen Proben/Kulturen zwar gemäß den UN-Kategorien nach P 620 oder nach P 650 zu verpacken, zusätzlich aber mit einer „Shippers Declarati-on for Dangerous Goods“ zu versehen (IATA-DGR 2009). Ausgenommen hiervon sind innerhalb Deutschlands die per Luftpost durch die Deutsche Post versandten Proben der Kategorie B. Einige Luftfrachtunternehmen transpor-tieren keine unter die Gefahrstoffklassifizierung fallenden Erreger bzw. diagnostischen Materialien. Im Einzelfall müssen die Bedingungen bei dem Unternehmen erfragt werden ebenso wie der Versand in Trockeneis oder flüssi-gem Stickstoff, da diese als zusätzliche Gefahrstoffe klas-sifiziert sind.

Transport innerhalb medizinisch- ■diagnostischer und Forschungseinrichtungen

Sofern medizinisch-diagnostische Proben oder Kulturen in medizinischen Bereichen oder Forschungseinrichtun-gen über öffentliche Straßen transportiert werden, gel-ten die Vorschriften des ADR. Auf Privatgeländen sollten beim Transport von diagnostischen Proben sowie gesi-chert erregerhaltigem Material oder Kulturen zwischen einzelnen Gebäuden die Richtlinien des ADR zum Schutz von Arbeitnehmern gegen Gefährdung durch biologi-sche Arbeitsstoffe u. a. auch aus juristischen Gründen beachtet werden, obwohl diese Richtlinien für diesen Anwendungsbereich nicht zwingend sind. Innerhalb von Gebäuden gelten zunächst die Richtlinien der Biostoffver-ordnung. Darüber hinaus sollten aber auch beim Proben-transport zwischen einzelnen Bereichen innerhalb eines

Abb. 1.9 Transportverpackung nach P 620 („Biocontainer“) für Einzelproben der Kategorie A.

Vorsorgeuntersuchungen auf okkultes Blut im –Stuhl, Blut- oder Blutbestandteile, die zu Transfusions- –zwecken oder zur Zubereitung von Blutbestandtei-len gesammelt wurden, Gewebe oder Organe zu Transplantationszwecken, –biologische Stoffe oder Produkte –

(Einzelheiten siehe auch die jeweils aktuellen IATA-DGRs).

! Für den Postversand grundsätzlich nicht zugelassen sind Proben mit Erregern (oder deren Kulturen) der Kategorie A (Biostoffverordnung, Committee of Ex-perts on the Transport of Dangerous Goods and on the Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals 2008).

Transport auf der Straße (z. B. Kurierdienste) ■

Es gelten die Europäischen Vorschriften für den Trans-port gefährlicher Güter auf der Straße (ADR 2009), die in Deutschland durch die Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn (GGVSE) (2007) und RID (2008) in nationales Recht umgesetzt wurden. Die Verpackungsvorschriften entsprechen prinzipiell denen des Postversandes. Hin-sichtlich der Klassifizierung potenzieller Erreger in den zu transportierenden Proben folgt ADR den UN-Empfehlun-gen in die Kategorien A und B. Alle Proben mit Erregern der UN-Kategorie B dürfen nach der UN-Verpackungsvor-schrift P 650 (s. oben) über öffentliche Straßen transpor-tiert werden, ebenso Kulturen mit Ausnahme der in Ka-tegorie A genannten Infektionserreger der Kategorie B für diagnostische und klinische Zwecke. Beim Transport auf der Straße ist freigestellt, ob die Primärverpackung oder die Sekundärverpackung flüssigkeitsdicht verschlossen ist.

Für den Transport von Proben mit den in Kategorie A genannten Erregern bzw. deren Kulturen gilt die UN-Verpackungsvorschrift P 620. Diese beinhaltet im Prin-zip die Verpackung nach P 650, wobei jedoch die Einzel-verpackung eines Materials in einem Probenröhrchen und Sekundärröhrchen in einem stoß- und bruchfesten, bauartgeprüften „Biocontainer“ vorgeschrieben ist, der besonderen Belastungen standhalten muss (Prüfung z. B. durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prü-fung, BAM, Berlin), wobei die kleinste äußere Abmessung mindestens 100 mm betragen muss (üblicherweise 100 × 100 × 220 mm) (Abb. 1.9). Ferner sind entsprechende Beförderungspapiere u. a. mit den Angaben zur Proben-natur (Kategorie/Risikogruppe) erforderlich. Der Trans-porteur muss die Zulassung für den Transport nach P 620 aufgrund erfolgter Zusatzausbildung vorweisen können. Jedoch werden gegenwärtig Proben mit Erregern bzw. Kulturen der Kategorie A nur noch von wenigen kommer-ziellen Kurierdiensten auf Anfrage angenommen.

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1 Labormanagement

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1.4 Laborsicherheit 1Gebäudes je nach Erregerverdacht oder gesicherter Diag-nose die Verpackungsvorschriften nach UN 3373 (P 650) bzw. 2814 (P 620) im Prinzip eingehalten werden (Essig et al. 2005, TRBA 2006).

Entsorgung von erregerhaltigem Material ■

Medizinische oder klinische Abfälle unterliegen hinsicht-lich des Transports denselben Kriterien wie medizinisch-diagnostische Proben; hierzu zählen auch die Abfälle aus Laboratorien. Enthalten sie ansteckungsgefährliche Stoffe der Kategorie A oder Kulturen speziell gelisteter Erreger der Kategorie B, sind sie jeweils der UN-Nummer 2814 oder 2900 zuzuordnen. Medizinische oder klinische Ab-fälle, die ansteckungsgefährliche Stoffe der Kategorie B mit Ausnahme der unter Kategorie A genannten Kultu-ren enthalten, sind gegenwärtig der UN-Nummer 3291 (Abfallverzeichnis-Verordnung Abfallschlüssel [AVV AS] 180103) zuzuordnen. Durch Autoklavieren oder Desin-fizieren dekontaminierte medizinische oder klinische Abfälle gemäß TRBA100 (TRBA 2006), die vorher anste-ckungsgefährliche Stoffe enthalten haben, unterliegen nicht den Gefahrgutvorschriften (z. B. ADR), es sei denn, sie sind einer anderen (nicht mikrobiologischen) Gefahr-gutklasse zuzuordnen. Gleichermaßen fallen diagnosti-sche Abfälle, die bekanntermaßen oder nach fachlichem Ermessen keine Infektionserreger enthalten, nicht unter das Gefahrgutrecht. Dagegen ist der Abfall aus diagnos-tischen und klinischen Proben der UN-Nummer 3373 zugeordnet, sofern er nicht pathogene Erreger nach 2814 oder 2900 enthält. Somit hat auch der Abfalltransport nach gegenwärtiger gesetzlicher Regelung in verschlos-senen, flüssigkeitsdichten, geprüften Behältern z. B. der Norm P 621 (ADR 2009) mit entsprechender Kennzeich-nung und Begleitpapieren zu erfolgen.

Für den Transport von infektiösen Abfällen der UN-Nr. 3373 über 333 kg oder der UN-Nr. 2814/2900 sind speziell ausgebildete Gefahrgutbeauftragte zu bestellen. Hierauf kann verzichtet werden, wenn ausschließlich er-regerhaltiges Material nach UN 3373 in der Verpackung P 650 befördert werden soll. Für ein umfassend tätiges mikrobiologisches Labor trifft dies in der Regel nicht zu.

! Es empfiehlt sich daher, gesichert erregerhaltiges Ma-terial der Risikogruppe 2 bereits im Labor zu dekontami-nieren (TRBA 2006, Robert Koch-Institut 2006). Für Risi-kogruppe 3 (und ggf. 4) ist dies zwingend erforderlich.

Verantwortlichkeiten1.3.4

Werden gewerbliche Entsorgungsunternehmen beauf-tragt, hat sich der Auftraggeber (Laborbetreiber) von der entsprechenden Erfahrung des Unternehmens sowie vom gesetzeskonformen Transport und einer entsprechenden Entsorgung des Abfalls zu überzeugen.

Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Verpackung und Kennzeichnung zum Versand oder zur Entsorgung der potenziell mit Infektionserregern behafteten Proben/Mate-rialien liegt primär beim Absender oder Auftraggeber, z. B. Arztpraxen, Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen. Diese werden jedoch die Verantwortung an die Untersuchungslaboratorien weiterreichen, sofern sie von diesen fehlerhaft informiert oder nicht mit geset-zeskonformen Versandmaterialien beliefert wurden. Im Postversand beabsichtigt die Deutsche Post AG, Verstößen gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen/Regelungen bei der Beförderung ansteckungsgefährlicher Stoffe durch Kontrollen im Briefabgang ggf. bis hin zur Regressnahme zu verfolgen. Gleichermaßen sind Verstöße bei der Entsor-gung medizinischen Abfalls strafbewehrt.

LiteraturBiostoffverordnung (BioStoffV, Verordnung über Sicherheit und

Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeits-stoffen) vom 27.01.1999, 06.03.2007. BGBl I, S. 50, zuletzt ergänzt BGBl I, 2007; S. 261.

Committee of Experts on the Transport of Dangerous Goods and on the Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals, UN Model Recommendations. 15th ed., Guidance on regulations for the Transport of Infectious Sub-stances 2007–2008, New York, Geneva: United Nations; 2007.

Deutsche Post AG. Regelungen für die Beförderung von gefährli-chen Stoffen und Gegenständen. Brief National (gültige Fas-sung vom 01.01.2009) (www.deutschepost.de/dpag/)

Essig A, Wellinghausen N, von Baum H, Brax E, Spellerberg B, Kimmig P. MIQ 21. In: DGHM, Hrsg. Sicherheit im mikrobiologi-schen Labor, Teil 2, München, Elsevier, Urban & Fischer; 2005.

Europäisches Übereinkommen vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse (ADR). 2008. BGBl II, S. 942. Neufassung 2009: Gefahrgutrecht: ADR 2009, Fuhrmann J, Huster F, TÜV Media, Köln, 2008

Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn (GGVSE 2007), BGBl I, 2006; S. 2678, zuletzt geändert BGBl I, 2006; S. 2683.

IATA. Guidance Document: IATA Dangerous Goods Regulations (DGR). 50th ed., 2009 (www.iata.org/)

Liste risikobewerteter Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten, BGBl. 40, 1997; 1-33. Ergänzungen: Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheits-schutz 2001, S. 394

Ordnung über internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID), ABl. der EG L235, 1996; S. 25; Neufassung 2008, BGBl. II, 2008; S. 475.

Robert Koch-Institut, Hrsg. Richtlinien für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, C 3.4, München: Elsevier, Urban & Fischer, 2004 (Loseblattsammlung, mit Ergänzungen bis 2006).

Thurm V, Schoeller A, Mauff G, Just H-M, Tschäpe H. Versand von medizinischem Untersuchungsmaterial. Neue Bestimmungen ab 2007. Dtsch Ärztebl. 2007; 104(46), C 2717-23.

TRBA (Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe) GmBl. 21, 2006; S. 435-51.

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1 Labormanagement 1.4 Laborsicherheit 1

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Laborsicherheit1.4

Willi Siller

Das Kapitel über die Sicherheit im Labor für mikrobiolo-gische Diagnostik soll geeignete Maßnahmen aufzeigen, um das Risiko von Laborinfektionen zu minimieren und die Verbreitung infektiöser Organismen aus dem Labor zu unterbinden. In den dem Betrieb eines mikrobiologischen Laboratoriums zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen, der Biostoffverordnung (BiostoffV), dem Infektionsschutz-gesetz (IfSchG) und teilweise dem Gentechnik-Gesetz (GenTG), finden sich klare Vorgaben über die Gestaltung von Labors, die technischen Einrichtungen und die Aus-stattung. Nach einer sorgfältigen Gefährdungsbeurteilung vor Beginn der Arbeiten unter besonderer Berücksich-tigung des Gefährdungspotenzials der bei den Arbeiten gehandhabten Mikroorganismen legt der Laborleiter die Arbeitsverfahren und deren Durchführung fest. Diese aufeinander abgestimmten technischen und organisato-rischen Schutzmaßnahmen verhindern unsichere Situa-tionen im Labor, wobei der Einhaltung der Hygienemaß-nahmen eine besondere Bedeutung zukommt.

Rechtsgrundlagen und 1.4.1 erforderliche Behördenkontakte

Biostoffverordnung ■

In der Biostoffverordnung (BioStoffV) und den nach ihr er-lassenen Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe werden die Rahmenbedingungen und die einzuhaltenden Maßnahmen für den gezielten und auch den ungezielten Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen festgelegt.

Anhand der Risikogruppen der gehandhabten Arbeits-stoffe, der durchgeführten Arbeiten und der in Betracht kommenden Schutz- und Hygienemaßnahmen ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen (§§ 3–8) (s. auch Kap. 1.4.2)

vor Aufnahme der Tätigkeiten, ■

bei Änderungen von Arbeitsbedingungen und dadurch ■

erhöhter Gefährdung,bei Auftreten einer tätigkeitsbedingten Infektion oder ■

von Krankheitserregern,auf Veranlassung durch den Betriebsarzt bei gesund- ■

heitlichen Bedenken.

In den §§ 10 und 11 der BioStoffV sowie den Anhängen 2 und 3 werden Aussagen zu den Schutzmaßnahmen, Hygi-enemaßnahmen und zu Schutzausrüstungen getroffen.

Es bestehen gemäß § 13 Anzeige- und Aufzeichnungs-pflichten für das Arbeiten mit biologischen Arbeitsstoffen.

! Als Anzeigepflichten gegenüber der zuständigen Be-hörde sind insbesondere die Anzeige der erstmaligen Durchführung von allen Tätigkeiten mit Organismen

der Risikogruppen 3 oder 4 30 Tage vor Aufnahme der Arbeiten, die Anzeige von gezielten Tätigkeiten mit Organismen der Risikogruppe 2 30 Tage vor Aufnahme der Arbeiten und die erneute Anzeige bei sicherheits-bedeutsamen Änderungen der Tätigkeiten zu nennen.

Bei bereits erfolgten Anzeigen nach anderen Rechts-vorschriften genügt die Übermittlung einer Kopie der Genehmigung der betreffenden Behörde. Eine Aufzeich-nungspflicht besteht für ein Verzeichnis über Beschäftigte beim Umgang mit Organismen der Risikogruppen 3 oder 4, die Art der Tätigkeiten, der verwendete biologische Ar-beitsstoff sowie die aufgetretenen Unfälle und Betriebs-störungen. Die Beschäftigten haben ein Einsichtsrecht in die Aufzeichnungen. Aufzeichnungen sind mindestens 10 Jahre, je nach Erkrankung bzw. Inkubationszeit bis zu 40 Jahre aufzubewahren.

! Wichtig ist, dass der Personalrat über Betriebsstörun-gen, die die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftig-ten gefährden können, und über Unfälle unverzüglich zu unterrichten ist und dass dem Personalrat die in den Absätzen 1–3 genannten Angaben zur Verfügung zu stellen sind.

In § 15 werden die erforderlichen arbeitsmedizinischen Vorsorgemaßnahmen festgelegt (s. Kap. 1.4.3).

Neben den Anzeigepflichten des § 13 besteht im § 16 eine weitere Verpflichtung zur Unterrichtung der Behör-de. Diese ist unverzüglich über jeden Unfall und jede Be-triebsstörung in den Risikogruppen 3 und 4, die zu einer Gesundheitsgefahr für den Beschäftigten führen können, und über Krankheits- und Todesfälle bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zu unterrichten. Darüber hinaus ist auf Verlangen über das Ergebnis der Gefähr-dungsbeurteilung einschließlich der zugrunde liegen-den Informationen, über Tätigkeiten mit tatsächlich oder möglicherweise erfolgten Expositionen, über die Anzahl der exponierten Beschäftigten, über die verantwortlichen Personen, über Betriebs- und Arbeitsanweisungen, über technische und organisatorische Schutzmaßnahmen und Pläne zur Abwehr von Gefahren zu unterrichten.

Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung ■von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

Für das Arbeiten in Laboratorien sind insbesondere die §§ 44 ff. des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) von Bedeu-tung. In ihnen werden das Arbeiten und der Verkehr mit Krankheitserregern geregelt.

Für das Arbeiten mit Krankheitserregern bedarf es ei-ner Erlaubnis der zuständigen Behörde gemäß § 44 IfSG. Diese Erlaubnis benötigen nach § 45 nicht Personen, die

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1 Labormanagement

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1.4 Laborsicherheit 1zur selbstständigen Ausübung des Berufs als Arzt, Zahn-arzt oder Tierarzt berechtigt sind. Eine solche Erlaubnis ist auch nicht nötig für mikrobiologische Untersuchungen zur orientierenden medizinischen und veterinärmedizi-nischen Diagnostik mittels kultureller Verfahren, die auf die primäre Anzucht und nachfolgende Subkultur zum Zwecke der Resistenzbestimmung beschränkt sind und bei denen die angewendeten Methoden nicht auf den spezifischen Nachweis meldepflichtiger Krankheitserre-ger gerichtet sind, soweit Untersuchungen für die unmit-telbare Behandlung der eigenen Patienten für die eigene Praxis durchgeführt werden.

Voraussetzung für eine Erlaubnis zum Arbeiten mit Krankheitserregern ist der Nachweis der erforderlichen Sachkunde sowie geeigneter Räume oder Einrichtungen für die durchzuführenden Arbeiten.

! Der Erlaubnisinhaber hat geplante Arbeiten mit Krankheitserregern gemäß § 49 IfSG 30 Tage vor der Aufnahme der Tätigkeiten der zuständigen Behörde anzuzeigen.

Gentechnik-Gesetz ■

Das Gentechnik-Gesetz ist die Umsetzung der Richtlinien 90/219/EWG über die Anwendung genetisch veränder-ter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen und 2001/18/EG über die Freisetzung gentechnisch veränder-ter Mikroorganismen in die Umwelt in deutsches Recht.

Es ist immer zu prüfen, inwieweit das Gentechnik-Ge-setz Anwendung auch in mikrobiologisch-diagnostischen Labors finden muss. Als Beispiel sei die Verwendung des auxotrophen LT2-Stammes von Salmonella typhimuri-um für den Ames-Test genannt. Hier gibt es mittlerweile auch gentechnisch weiterentwickelte Isolate (z. B. TA 98, TA 100, TA 102), die unter die Begriffsdefinition des gen-technisch veränderten Organismus fallen. Beim Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen müssen die Laborräume einem gentechnikrechtlichen Anzeige-, An-melde- oder Genehmigungsverfahren unterzogen wer-den. Es sind ein Projektleiter sowie ein Beauftragter für die biologische Sicherheit zu bestellen und Aufzeichnun-gen über die gentechnischen Arbeiten zu führen.

Gefährdungsbeurteilung und 1.4.2 Schutzmaßnahmen

Sowohl gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz als auch gemäß der §§ 3–8 BioStoffV muss der Arbeitgeber die arbeits-platz- und tätigkeitsbedingten Gefährdungen durch bio-logische Arbeitsstoffe ermitteln. Der Betriebs- oder Per-sonalrat ist an der Gefährdungsbeurteilung zu beteiligen,

der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit können beratend hinzugezogen werden. Die maßgebli-chen Unterlagen zur Gefährdungsbeurteilung müssen dokumentiert und vorgehalten werden.

Grundlage der Gefährdungsbeurteilung ist die Beschaf-fung von Informationen sowohl über die gehandhabten Organismen als auch über die Tätigkeiten und Verfah-rensabläufe. Im § 5 BioStoffV sind die Anforderungen an die zu beschaffenden Informationen aufgeführt. Hierzu zählen insbesondere

tätigkeitsbezogene Informationen über die Identität, ■

die Einstufung und das Infektionspotenzial der vor-kommenden biologischen Arbeitsstoffe sowie die von ihnen ausgehenden sensibilisierenden und toxischen Wirkungen, tätigkeitsbezogene Informationen über die Betriebsab- ■

läufe und Arbeitsverfahren, Art und Dauer der Tätigkeiten und der damit verbun- ■

denen möglichen Übertragungswege sowie Informati-onen über eine Exposition der Beschäftigten,Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten, Belas- ■

tungs- und Expositionssituationen.

Aufgrund der Informationen ist eine Zuordnung zu ge-zielten oder nicht gezielten Tätigkeiten vorzunehmen. Gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn

die biologischen Arbeitsstoffe mindestens der Spezies ■

nach bekannt sind,die Tätigkeiten auf einen oder mehrere biologische ■

Arbeitsstoffe unmittelbar ausgerichtet sind unddie Exposition der Beschäftigten im Normalbetrieb ■

hinreichend bekannt oder abschätzbar ist.

Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn eine der ge-nannten Voraussetzungen nicht gegeben ist.

Generell kann man sagen, dass Arbeiten in diagnosti-schen Labors grundsätzlich den ungezielten Tätigkeiten zuzuordnen sind. Dies gilt auch bei einer Verdachtsana-mnese, wenn also der Mikroorganismus aller Wahr-scheinlichkeit nach bekannt ist. Auch in einem solchen Fall ist dieser Organismus nicht das unmittelbare Ziel der Arbeiten, und somit bleiben diese Tätigkeiten ungezielte Tätigkeiten.

Es kann jedoch im Rahmen der Untersuchungen zu einer Verschiebung von nicht gezielten Tätigkeiten in gezielte Tätigkeiten kommen. Das ist z. B. der Fall, wenn der betreffende, mittlerweile der Spezies nach bekannte Erreger zur weiteren Charakterisierung gezielt vermehrt wird.

Eine Hilfe bei der Erstellung der Gefährdungsbeurtei-lung bietet die Technische Regel Biologische Arbeitsstoffe „Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“ (TRBA 400).

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1 Labormanagement 1.4 Laborsicherheit 1

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Gefährdungsbeurteilung bei gezielten ■Tätigkeiten (§ 6 BioStoffV)

! Basierend auf der Einstufung der gehandhabten Orga-nismen in eine Risikogruppe erfolgt die Zuordnung der Arbeiten in die entsprechende Schutzstufe.

Europaweit rechtsverbindliche Angaben hinsichtlich der Risikoeinstufung von Organismen finden sich in ei-nigen Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 460, TRBA 462, TRBA 464, TRBA 466). In diesen präfabrizierten Gutachten werden die Mikroorganismen gemäß dem Klassifizierungsschema der WHO in 4 Risiko-gruppen eingestuft (Tab. 1.18).

Jeder der in Tab. 1.18 genannten Risikogruppen ist eine Schutzstufe zugeordnet, d. h., es gibt 4 Schutzstufen und in jeder dieser Schutzstufen sind auch entsprechende Schutzmaßnahmen einzuhalten. Falls in einem Labor mehrere Arbeitsstoffe gehandhabt werden, ist die Risi-kogruppe des Mikroorganismus mit dem höchsten Ge-fährdungsgrad für die Gefährdungsbeurteilung und die Zuordnung zu einer Schutzstufe ausschlaggebend.

Gefährdungsbeurteilung bei ungezielten ■Tätigkeiten (§ 7 BioStoffV)

Aufgrund von Erkenntnissen und langjährigen Erfahrun-gen können auch nicht gezielte Tätigkeiten einer Risiko-gruppe und damit einer Schutzstufe zugeordnet werden. Hierbei sind das Infektionspotenzial der betreffenden Mikroorganismen sowie die Wahrscheinlichkeit des Auf-tretens dieser Mikroorganismen und die zu erwartende Exposition der Beschäftigten bei den durchgeführten Ar-beiten von Relevanz. Ergibt sich aufgrund der Informati-onsbeschaffung, dass mit einer Exposition gegenüber bio-logischen Arbeitsstoffen unterschiedlicher Risikogruppen zu rechnen ist, kann die gesamte Labortätigkeit auch der niedrigeren Schutzstufe zugeordnet werden, wenn die Infektionsgefährdung durch die Mikroorganismen dieser niedrigen Risikogruppe bestimmt wird. Die Gefährdungs-beurteilung ist für jedes Labor eine Einzelfallbetrachtung,

jedoch können aufgrund der Zielsetzung, der vorkom-menden Erreger und der durchgeführten Arbeiten die im Folgenden aufgeführten Vorüberlegungen und Festlegun-gen zur Zuordnung in eine Schutzstufe getroffen werden.

Humane Probenmaterialien (Körperflüssigkeiten, Ge- ■

webe, Zellkulturen etc.), deren Infektionsstatus nicht charakterisiert ist, sind als potenziell infektiös anzu-sehen. Die Arbeiten mit diesen Materialien sind in der Schutzstufe 2 durchzuführen.Ist der Infektionsstatus des Probenmaterials bekannt ■

und liegt eine Infektion mit HIV, HBV, HCV oder sons-tigen durch Blut übertragbaren Hepatitiserregern vor, kann in Abhängigkeit vom Expositionsrisiko der zu verrichtenden Arbeiten eine mit gezielten Tätigkeiten der Schutzstufe 3** vergleichbare Gefährdung vorlie-gen. In diesem Fall sind die Sicherheitsmaßnahmen der Schutzstufe 3 entsprechend der TRBA „Sicher-heitsmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3**“ (TRBA 105) anzu-wenden.Ist der Infektionsstatus des Probenmaterials bekannt ■

und liegt eine Infektion mit einem biologischen Ar-beitsstoff der Risikogruppe 3 vor, kann in Abhängigkeit vom Expositionsrisiko der zu verrichtenden Arbeiten eine mit gezielten Tätigkeiten der Schutzstufe 3 ver-gleichbare Gefährdung vorliegen.Liegen Verdachtsmomente einer Infektion mit einem ■

biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4 vor, sind alle Untersuchungen in der höchstmöglichen zur Ver-fügung stehenden Schutzstufe, mindestens jedoch un-ter den Bedingungen der Schutzstufe 3 durchzuführen.Liegen nach der Charakterisierung humanen Pro- ■

benmaterials klinisch unauffälliger Patienten keine wirtstypspezifischen Kontaminanten der Risiko-gruppe 2 oder höher vor, sind die Bedingungen der Schutzstufe 1 einzuhalten. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Probenmaterialien HIV-, HBV- und HCV-negativ sind. In der Regel ist davon auszugehen, dass eine Infektionsgefährdung durch andere Krankheitserreger vernachlässigbar ist.

Tab. 1.18 Einteilung von Mikroorganismen bzw. biologischen Arbeitsstoffen in Risikogruppen gemäß der BioStoffV.

Risiko-gruppe

Konsequenzen bei Kontakt

1 biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit auslösen

2 biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich, eine wirksame Vorbeu-gung oder Behandlung normalerweise möglich

3 biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung kann bestehen, wirksame Vorbeugung oder Behandlung normalerweise möglich

4 biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; wirksame Vorbeugung oder Behandlung sind normalerweise nicht möglich

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1 Labormanagement

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1.4 Laborsicherheit 1Laboratorien in medizinischen und veterinärmedizi- ■

nischen Bereichen sowie Laboratorien zur Herstellung von Biologika, in denen Sterilitätsprüfungen oder Bestimmungen zur mikrobiologischen Qualitätssiche-rung durchgeführt werden, können der Schutzstufe 1 zugeordnet werden. Anreicherungen und Differen-zierungen biologischer Arbeitsstoffe bei Verdachts-diagnosen sind unter Bedingungen der Schutzstufe 2 durchzuführen.Laboratorien, in denen mit tierischen Probenmateria- ■

lien von Vertebraten (Ausnahme Primaten) gearbeitet wird, sind der Schutzstufe 1 zuzuordnen, sofern die Spendertiere keine Krankheitssymptome zeigen. Gibt es einen begründeten Verdacht für das Vorliegen einer Infektion mit einem Zooanthroponose-Erreger, sind mindestens die Sicherheitsmaßnahmen der Schutz-stufe 2 einzuhalten.Tätigkeiten mit nicht charakterisiertem Material von ■

Primaten sind der Schutzstufe 2 zuzuordnen. Wird aufgrund der Erkrankung des Spendertieres mit der Abgabe von Erregern einer höheren Risikogruppe ge-rechnet, ist eine auf den Einzelfall bezogene Schutz-stufenfestlegung durchzuführen.Tätigkeiten in Laboratorien, die sich im Rahmen der ■

Tuberkulosediagnostik ausschließlich auf mikroskopi-sche Direktuntersuchungen zum Nachweis säurefester Stäbchen beschränken, bzw. Tätigkeiten, bei denen klinisches Untersuchungsgut nach Vorbehandlung auf Kulturmedien überimpft wird oder mit Mykobakte-rien bewachsene Kulturen an spezialisierte Institute weitergeleitet werden, sind nicht gezielte Tätigkeiten der Schutzstufe 2 nach BioStoffV.Tätigkeiten in Laboratorien, in denen bekannterma- ■

ßen mit vermehrungsfähigen Tuberkuloseerregern gearbeitet wird (z. B. weitergehende Identifizierung, Empfindlichkeitsprüfung), sind nach § 2 BioStoffV be-reits gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstof-fen der Risikogruppe 3, die die Schutzstufe 3 erfordern (Beschluss 601 des ABAS).Für Tätigkeiten mit Material, das TSE-assoziierte Agen- ■

zien enthält oder enthalten kann, gelten die „Schutz-maßnahmen bei Tätigkeiten mit Transmissibler Spon-giformer Enzephalopathie (TSE) assoziierten Agenzien in TSE–Laboratorien“ (Beschluss 603 des ABAS).Tätigkeiten im Rahmen der Milzbranddiagnostik sind ■

der Schutzstufe 2 zuzuordnen, wenn es sich um diag-nostische Orientierungsuntersuchungen von Proben menschlichen oder tierischen Ursprungs wie Abstri-che, Blut etc. oder Umweltproben (z. B. Bodenproben) handelt, die Milzbranderreger enthalten können. Zur diagnostischen Orientierungsuntersuchung gehören die Anfertigung und Beurteilung von mikroskopischen Präparaten, das Anlegen und Beurteilen von Kulturen sowie ggf. serologische und molekularbiologische Untersuchungen unmittelbar am Untersuchungs-material.

Die weiterführende Diagnostik, d. h. die endgültige ■

Differenzierung (Ausschluss bzw. Bestätigung von Milzbranderregern) der in der Primärkultur gewach-senen, verdächtigen Bakterien mithilfe mikrobiolo-gischer, biochemischer und molekularbiologischer Techniken sowie der diagnostische Tierversuch sind bis zum Abschluss der Inaktivierung in der Schutzstu-fe 3 durchzuführen.Hinweis: Die diagnostische Orientierungsuntersu- ■

chung von verdächtigen (z. B. pulverförmigen) Mate-rialien, die Milzbrand-Endosporen enthalten können, wird der Schutzstufe 3 zugeordnet. Die „Sicherheits-technischen Anforderungen zur Milzbranddiagnostik“ (Beschluss 604 des ABAS) sind einzuhalten.Probenmaterialien aus der Umwelt (Wasser, Boden, ■

Luft und sonstige) sind in aller Regel als nicht infekti-ös anzusehen. Tätigkeiten mit diesen Materialien sind im Allgemeinen unter Bedingungen der Schutzstufe 1 durchzuführen.Laboratorien, in denen Sterilitätsprüfungen, Bestim- ■

mungen der Koloniezahl oder sonstige Arbeiten zur mikrobiologischen Qualitätssicherung durchgeführt werden, die nicht dem spezifischen Nachweis von biologischen Arbeitsstoffen mit infektiöser Wirkung dienen, und in deren Verlauf keine Verfahrensschritte zu deren spezifischen Anreicherung oder Vermehrung zur Anwendung kommen, können der Schutzstufe 1 zugeordnet werden.Sind im Probenmaterial biologische Arbeitsstoffe mit ■

infektiöser Wirkung vorhanden (z. B. im Abwasser, Ab-fall, Kompost, Klärschlamm, Rottegut) und kommt es im Verlauf der Tätigkeiten zu deren spezifischen An-reicherung oder Vermehrung, so sind diese Tätigkeiten im Allgemeinen der Schutzstufe 2 zuzuordnen.Proben aus der Produktion von Biologika, Medizinpro- ■

dukten und Arzneimitteln (z. B. von Plasmaproteinen, rekombinanten Proteinen, Produkte aus Zellkulturen, Zwischen- und Endprodukte) stammen aus geprüf-tem Ausgangsmaterial und werden hinsichtlich ihrer Sterilität geprüft. Diese Untersuchungen können unter Bedingungen der Schutzstufe 1 durchgeführt werden.Zu den nicht gezielten Tätigkeiten zählen auch das ■

Aufbewahren bzw. die Inaktivierung des Probenma-terials oder des isolierten biologischen Arbeitsstoffes nach erfolgter Identifizierung bzw. Diagnose, sofern keine weiteren gezielten Tätigkeiten folgen.Im Rahmen der Qualitätskontrolle von attenuierten ■

Lebendimpfstoffen werden z. T. bei deren Wirksam-keitsprüfung Positivkontrollen benutzt, was eine gezielte Tätigkeit darstellt.

Arbeitsgeräte und -verfahren mit ■besonderem Gefährdungspotenzial

Voraussetzung für eine Laborinfektion ist, dass der Mitar-beiter gegenüber den genutzten Mikroorganismen expo-niert wird und diese in den Körper gelangen können.

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1 Labormanagement 1.4 Laborsicherheit 1

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Aufnahmepfade. Mögliche Aufnahmepfade im Labor sinddie Aufnahme über die Atemwege ( ■ Inhalation) beim Einatmen von Bioaerosolen. Deshalb ist bei allen Ar-beitsschritten und -verfahren zu prüfen, ob die Gefahr einer Aerosolbildung besteht. Eine solche Gefahr ist gegeben bei allen Arbeiten, bei denen es zu einem Platzen von Flüssigkeitsfilmen kommen kann (z. B. Blasen oder Schaum), bei denen Gas und Flüssigkeiten gemischt werden, bei denen es zu einem Zerplatzen von Tropfen unter Hitzeeinwirkung kommen kann, beim Abschleudern von Tropfen durch Vibration oder Zentrifugalkräfte, beim Aufprallen von Tropfen auf Oberflächen oder durch das Verschütten von Flüssig-keiten. Die meisten einfachen Labortätigkeiten wie Pipettieren, Überimpfen oder Umfüllen erzeugen Ae-rosole. Daneben kann es auch beim Umgang mit einge-trockneten oder gefriergetrockneten Materialien zur Bildung von festen, staubförmigen Aerosolen kommen.die Aufnahme über den Mund ( ■ Ingestion). Sie ist zu-meist auf die Missachtung von Hygieneregeln und we-niger auf die Risiken von Arbeitsverfahren zurückzu-führen. Insbesondere seien hier die Vernachlässigung der Hand- und Flächendesinfektion, die Missachtung des Verbots von Essen, Trinken und Rauchen sowie der Lagerung von Nahrungs- und Genussmitteln am Arbeitsplatz erwähnt.die Aufnahme über die Haut ( ■ Inokulation) oder Schleimhäute. Normalerweise bildet die Haut eine gute Barriere gegen Mikroorganismen, jedoch können kleine Läsionen, Verletzungen durch kontaminierte, scharfkantige Gegenstände (z. B. Skalpelle, Glassplit-ter) oder Nadelstiche und aufgeweichte Haut (Feucht-arbeiten) diese Schutzfunktion aufheben. Eine weitere Möglichkeit der Inokulation ist der Stich oder Biss von Versuchstieren.

Alle Arbeitsschritte im Labor müssen deshalb im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auf die Möglichkeit des Ex-positions- und somit Infektionsrisikos überprüft werden.

Im Folgenden sind einige häufig genutzte Arbeitsgeräte und -verfahren beschrieben, bei denen das Risiko einer Laborinfektion durch einen der vorgenannten Übertra-gungswege besteht. Die genannten Schutzmaßnahmen können zu einer deutlichen Reduktion des Expositionsri-sikos und damit bei ungezielten Tätigkeiten zu einer Ein-stufung in eine niedrigere Schutzklasse führen.

Impfösen. Bei der Arbeit mit Impfösen besteht ein großes Risiko der Freisetzung von Aerosolen je nach Durchmes-ser der Öse und Länge des Ösenstiels. Große und eventu-ell unvollständige Ösen verlieren sehr leicht ihre Ladung, entweder spontan oder als Ergebnis von Vibrationen während der Bewegung. Diese Vibrationen werden bei langstieligen Ösen verstärkt und führen zu vermehrter Aerosolbildung. Um Vibrationen zu minimieren, sollten Impfösen vollständig, im Durchmesser nicht größer als 2–3 mm und der Stiel nicht länger als 5–6 cm sein. Ste-

rile Einmal-Plastikösen sind stabiler als Drahtösen und müssen darüber hinaus nicht abgeflammt werden. Für viele Arbeitsschritte gibt es Alternativen zu Impfösen, z. B. Holzstocher oder Wattestäbchen. Ob beim Abflam-men von Impfösen im Bunsenbrenner infektiöse Aerosole entstehen, ist strittig. Dennoch sollte zur Minimierung dieses Risikos beim Umgang mit Organismen in höheren Risikogruppen auf das Abflammen verzichtet werden. Für die Sterilisation von Impfösen bei diesen Arbeiten kön-nen sog. elektrische Bunsenbrenner benutzt werden. Ein größeres Risiko der Bildung von infektiösen Aerosolen besteht beim Eintauchen von erhitzten Impfösen in eine Kultur. Hierbei hängt die Menge der freigesetzten infekti-ösen Aerosole vom Volumen der Kultur und der Größe des verwendeten Kulturgefäßes ab. Verstärkt wird die Aero-sol-Bildung durch das Bewegen der erhitzten Impföse in der Kultur. Dieses Risiko der Aerosolbildung wird vermie-den, wenn man die Impfösen vor dem Eintauchen in eine Kultur abkühlen lässt oder sterile Plastikösen benutzt. Beim Ausplattieren von Kulturen können in Abhängig-keit von der Oberfläche des Mediums ebenfalls Aerosole entstehen. Wenn im Medium Luftblasen eingeschlossen waren und somit eine raue Oberfläche besteht, kann es zu Vibrationen der Impföse und damit zur Bildung von Aerosolen kommen.

Zusammenfassung der Sicherheitsmaßnahmen:

! Es sollten immer kurzstielige und vollständig geschlos-sene Impfösen benutzt werden. Beim Umgang mit in-fektiösen Materialien höherer Risikogruppen bzw. von Erregern, die über Aerosole übertragen werden, sollten Einmal-Plastikösen verwendet werden. Darüber hinaus sollten diese Arbeiten in einer mikrobiologischen Si-cherheitswerkbank (MSW) durchgeführt werden.

Klassischer Katalasetest. Beim klassischen Katalasetest auf einem Objektträger kommt es beim Auftropfen von Wasserstoffperoxid auf die Bakterien zur Blasenbildung, und es werden Aerosole abgegeben. Eine sicherere Alter-native ist die Verwendung eines Kapillarröhrchens mit H2O2. Beim Berühren der Bakterienkultur mit der Kapil-larenspitze entstehen die Blasen nur innerhalb des Röhr-chens.

Zentrifugieren. Beim Zentrifugieren können im Normal-betrieb Aerosole durch nicht vollständig abgedichtete Zentrifugengefäße entstehen. Darüber hinaus besteht das Risiko von geborstenen Gefäßen durch Bedienungs- oder Materialfehler. Beim Zentrifugieren erregerhaltiger Flüssigkeiten ist sicherzustellen, dass Aerosole nicht ent-stehen oder zumindest nicht in den Laborraum gelangen können.

Als Primärcontainment dienen die Zentrifugengefäße und Flaschen. Beim Befüllen der Zentrifugengefäße sind die vom Hersteller vorgegebenen maximalen und mini-malen Füllstandsmengen zu beachten. Der Inhalt darf

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1 Labormanagement

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1.4 Laborsicherheit 1bei der Zentrifugation den Gefäßrand nicht erreichen, da Dichtungen bei hoher Drehzahl ihre Wirkung verlie-ren können. Durch den Einsatz von Winkelhalsflaschen werden Kontaminationen des Deckels und der Dichtung auch während des Zentrifugenlaufs verhindert. Die Zent-rifugengefäße dürfen jedoch auch nicht zu niedrig befüllt sein, da in Festwinkel- und Vertikalrotoren Röhrchen, die nicht hoch genug befüllt sind, kollabieren können. Beim Befüllen der Zentrifugengefäße ist darauf zu achten, dass die Außenseite, der obere Rand und der Deckel nicht kontaminiert werden, da diese Tröpfchen durch die Zen-trifugalkraft im gesamten Zentrifugeninnenraum verteilt würden. Zentrifugengefäße müssen korrekt austariert werden, um Unwucht und Vibrationen, die zu Gefäß-bruch führen können, zu vermeiden. Für die Zentrifugen-röhrchen in Ultrazentrifugen ist ein Verschlusssystem zu wählen, das die Dichtigkeit während der Zentrifugation sichert (z. B. Quick-Seal-System, bei dem Polyallomer-Röhrchen thermisch abgeschmolzen werden, oder Ultra-crimp-System, bei dem das Röhrchen in einer Druckpres-se mit einer Aluminiumhülse dicht versiegelt wird).

Beim Umgang mit Krankheitserregern sollte als Se-kundärcontainment ein Rotor mit dicht schließendem und durchsichtigem Deckel verwendet werden. Für Aus-schwingrotoren stehen Hermetikbecher (runde Schwenk-becher mit Schraubdeckel, vorzugsweise mit Innengewin-de und Dichtung) zur Verfügung. Bei Ultrazentrifugen gibt es zwei Wege, die Dichtigkeit der Zentrifuge als Sekundär-containment zu erreichen. Zum einen wird mit entspre-chenden gesicherten Rotoren gearbeitet, die nur in der MSW geöffnet werden. Zum anderen wird ein Hochleis-tungsschwebstofffilter zwischen den Zentrifugenraum und die Vakuumpumpe geschaltet, damit im Falle einer Havarie keine Organismen in die Raumluft gelangen können.

Die verwendeten Zentrifugengefäße und Flaschen so-wie die Dichtungen sind einer regelmäßigen Sichtkont-rolle zu unterziehen. Alle Dichtungen sind regelmäßig zu fetten. Der Zentrifugeninnenraum ist regelmäßig zu des-infizieren. Besonders wichtig ist die Sichtprüfung nach dem Öffnen der Zentrifugenkammer, um Bruch oder Le-ckage zu erkennen. Ist es zu einer offensichtlichen Konta-mination des Zentrifugeninnenraums gekommen, muss die Zentrifuge wieder geschlossen und nach einem vor-her festgelegten Notfallplan, in dem die Vorgehensweise einschließlich der persönlichen Schutzausrüstung, der Desinfektionsmittel und -verfahren und der Abfallent-sorgung festgelegt sind, vorgegangen werden. Bei Bruch eines Zentrifugengefäßes innerhalb des dichten Rotors muss dieser zum Öffnen in eine MSW verbracht werden.

Schütteln von Kulturgefäßen oder Proberöhrchen. Das Schütteln von Kulturgefäßen oder Proberöhrchen produ-ziert ebenso wie das Mischen in Kleinfermentern Schaum und damit Aerosole. Je mehr Energie eingebracht wird, desto größer werden die Scherkräfte, die Tröpfchen aus der Oberfläche schlagen können. Dies gilt nicht nur für Bakterienschüttler zur Kultur in großen Gefäßen, son-

dern auch für die im Labor benutzten Vortex-Mischer. Beim Schütteln von Bakterienkulturen sollte ein Schüttler mit Abdeckhaube benutzt werden. Nach Beendigung des Schüttelns ist eine Verweilzeit zu beachten, damit sich Aerosole absetzen können. Bei Arbeiten in einer höheren Risikogruppe sollten Schüttler mit einer luftdichten Kam-mer verwendet werden, die nicht über eine Antriebswel-le, sondern über einen Magnetantrieb bewegt werden.

Lagerung von Proben in Flüssigstickstoff. Bei der Lage-rung von Proben in Flüssigstickstoff ist darauf zu achten, dass die Probengefäße hierfür geeignet sind. In ungeeig-nete oder nicht dicht geschlossene Gefäße kann Stick-stoff eindringen. Dies führt zu einem Druckaufbau beim Auftauen und kann zum Zerplatzen des Gefäßes führen. Hierbei werden zum einen Aerosole freigesetzt, zum an-deren ist damit ein Verletzungsrisiko durch die scharf-kantigen, mit Krankheitserregern kontaminierten Plas-tiksplitter verbunden. Ist flüssiger Stickstoff in das Gefäß eingedrungen, sollte es vor der Entnahme für mindestens 24 Stunden in der Gasphase aufbewahrt werden. Länger gelagerte, ältere Proben, bei denen die Eignung des Gefä-ßes nicht eindeutig ist, sollten zusätzlich immer in einem geschlossenen Übergefäß und in der MSW aufgetaut wer-den. Durch undichte oder zerborstene Gefäße kann es zu Kontaminationen des Stickstoffs (in der –80 °C-Kühltruhe der Eisschicht) mit Erregern kommen, die aufgrund der niedrigen Temperaturen lange Zeit als infektiöse Parti-kel überdauern. Nach einer erkennbaren Kontamination muss der Tank aufgetaut und desinfiziert werden. Bei der Außerbetriebnahme (bzw. beim Abtauen von Kühltru-hen) muss der Innenraum ebenfalls desinfiziert werden.

Bei Arbeiten im Flüssigstickstofftank sind immer Iso-lierhandschuhe, ein langer Laborkittel und ein Gesichts-schutzschild zu tragen.

Pipettieren. Beim Pipettieren kann es durch das Herabfal-len von Tropfen zur Aerosolbildung kommen. Die Menge und die Verbreitung der Aerosole hängen dabei von der Fallhöhe und vom Material der Aufprallfläche ab, wobei selbst von aufsaugenden Materialien noch Aerosole ab-prallen.

Pipetten sind als Auslaufpipetten kalibriert, sodass der „letzte Tropfen“ nicht ausgeblasen werden muss. Dieses Ausblasen stellt ein sehr großes Risiko der Aerosolbil-dung dar. Wie Hochgeschwindigkeitsaufnahmen gezeigt haben, produziert das Ausblasen eines Tropfens aus einer Pipette einen dichten Nebel kleinster Tröpfchen.

! Mundpipettieren ist wegen des Risikos der Ingestion strengstens untersagt. Es sind stets Pipettierhilfen zu benutzen.

Ist beim Pipettieren von Organismen kontaminiertes Ma-terial in die Pipettierhilfe eingesaugt worden, muss diese zur Vermeidung von Verschleppungen desinfiziert wer-den.

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1 Labormanagement 1.4 Laborsicherheit 1

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Beim Umgang mit Krankheitserregern sollten Plastik-pipetten benutzt werden, um das Risiko von Verletzun-gen durch Glasbruch zu vermeiden. Benutzte Pipetten sollten in einem Behälter mit Desinfektionsmittel gesam-melt werden. Die Höhe des Behälters muss der Länge der Pipetten angepasst sein, um eine entsprechende Stand-festigkeit zu haben und damit das Desinfektionsmittel den gesamten kontaminierten Innenraum der Pipette benetzt.

Spritzen mit Hohlnadeln.

! Spritzen mit Hohlnadeln stellen die größte Infektions-gefahr im Labor dar.

Statistiken zeigen, dass ca. 25 % aller Laborinfektionen durch Nadelstichverletzungen verursacht werden. Des-halb sollten Spritzen nur dann benutzt werden, wenn es absolut notwendig ist. Das Zurechtbiegen und das Ab-ziehen von Nadeln sowie das Aufsetzen von Hüllen auf Nadeln (Recapping) stellen ein großes Risiko für eine Na-delstichverletzung dar. Bei Arbeiten mit Krankheitserre-gern nur Spritzen mit Luer-Lock-Anschluss verwenden. Ab Schutzstufe 2 sind sichere Nadelsysteme zu benutzen, bei denen sich z. B. die Nadel nach der Benutzung auto-matisch in eine Hülle zurückzieht.

Neben Nadelstichverletzungen gibt es beim Umgang mit Spritzen auch das Risiko der Aerosolbildung. Beim Austreiben von Luft aus Spritzen mit erregerhaltigen Flüssigkeiten können sowohl Aerosole abgegeben als auch die Hände kontaminiert werden. Gleiches gilt für das He-rausziehen einer Nadel aus dem Septum einer Flasche. In beiden Fällen kann die Kontamination und Verbreitung von Aerosolen durch eine Abdeckung mit desinfektions-mittelgetränktem Zellstoff verhindert werden.

Anwendung sonstiger Arbeitsgeräte und -verfahren. Die Verwendung sonstiger Gebrauchsgegenstände, die ein Verletzungsrisiko und somit die Gefahr einer Inokulation bergen (scharfkantige Gegenstände), ist auf das absolute Mindestmaß zu beschränken. Glasware ist, wenn irgend-wie möglich, durch Plastikware zu ersetzen.

! Niemals Glasbruch mit den Händen berühren!

Beim Einsatz von Mikrotomen sind abgedeckte Messer zu benutzen. Besondere Vorsicht ist beim Kryomikrotom notwendig. Durch die Kälte werden Schnittverletzungen nicht sofort bemerkt, und es setzt auch innerhalb des ge-kühlten Arbeitsraums keine Blutung zur Reinigung der Wunde ein.

Die Entsorgung von Spritzen und scharfkantigen Ge-genständen hat immer in einen geeigneten Abfalleinweg-behälter zu erfolgen (durchdring- und bruchfest, stabil gegen Feuchtigkeit, mit Abstreifvorrichtung für Kanülen, verschließbar, nicht wieder zu öffnen). Der Abfall muss unter der Abfallschlüsselnummer AS 18 01 01 entsorgt

werden (Empfehlung der Kommission für Krankenhaus-hygiene und Infektionsprävention des Robert Koch-Insti-tutes 2002).

Beim Messen in einem Durchfluss-Cytometer und beim Sortieren von Zellen in einem FACS werden Tröpfchen und Aerosole gebildet sowohl bei der Vermischung der Zell-suspension mit der Trägerflüssigkeit zum Hauptstrom als auch beim Sortiervorgang, bei dem es bewusst zum Ab-riss von Tropfen aus dem Hauptstrom kommt. Auch beim Eintropfen der sortierten Zellen in das Sammelgefäß kön-nen Aerosole entstehen. Durch teilverstopfte Düsen oder Luftbeimischung im Hauptstrom kann die Aerosolbildung deutlich erhöht werden. Die Aerosole verbleiben bei kor-rekt geschlossener Kammer innerhalb des Messgerätes bzw. Sortierers. Vor der Sortierung von unfixierten Zellen mit Organismen höherer Risikogruppen sollte jedoch das Containment des FACS validiert werden. Ein Verfahren hierzu mit T4-Bakteriophagen wurde von der Internati-onal Society of Analytical Cytology (ISAC) vorgeschlagen (Schmid et al. 1997).

Beim Reinigen von Instrumenten mit Ultraschall ent-stehen Aerosole. Deshalb müssen alle zu reinigenden Ge-genstände zuvor desinfiziert werden. Beim Arbeiten mit Ultraschall ist ein Gehörschutz zu tragen.

Beim Öffnen von Kulturen und Ampullen können Aeroso-le entstehen, da zwei Oberflächen (Gefäß und Verschluss) voneinander getrennt werden und hierbei ein vorhan-dener Flüssigkeitsfilm zerrissen wird. Beim Öffnen von Röhrchen mit trockenen Stopfen aus aufsaugendem Ma-terial besteht dieses Risiko nicht. Ist der Stopfen jedoch durch Schütteln oder Umfallen nass geworden, können Aerosole freiwerden. Gleiches gilt bei der Verwendung von Gummi- oder Plastikstopfen und Schraubverschlüs-sen, die in das Probenröhrchen hineinreichen. Die mit dem Herausziehen solcher Verschlüsse verbundene ab-rupte Bewegung zerreißt vorhandene Flüssigkeitsfilme, es werden Aerosole freigesetzt, und die Finger können kontaminiert werden. Bei der Öffnung von Röhrchen mit Stopfenverschlüssen sind deshalb Handschuhe zu tragen. Zusätzlich sollte der obere Teil des Röhrchens einschließ-lich des Stopfens mit einem aufsaugenden Papier umwi-ckelt werden. Auch bei Schraubverschlussflaschen mit ei-nem Außengewinde am Flaschenhals kann sich zwischen Flaschenrand und dem Futter des Schraubdeckels ein Flüssigkeitsfilm bilden, der beim Öffnen zerreißt. Nach dem vorsichtigen Aufschrauben sollte man vor dem Ent-fernen des Deckels 1–2 Sekunden warten.

Am Deckel von Petrischalen schlägt sich oftmals ver-dampfte Flüssigkeit nieder, die Mikroorganismen enthal-ten und beim Öffnen verspritzt werden kann. Ein weite-res Risiko besteht beim Anwachsen von Schimmelpilzen in Kulturschalen. Beim beabsichtigten oder unbeabsich-tigten Öffnen kann eine große Zahl von Sporen freigesetzt werden. Um das Risiko der Freisetzung durch unbeab-sichtigtes Öffnen zu reduzieren, sollten solche Petrischa-len mit Parafilm oder Klebeband geschlossen werden. Das beabsichtigte Öffnen sollte in der MSW erfolgen.

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1 Labormanagement

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1.4 Laborsicherheit 1Ampullen mit infektiösem Inhalt sind vor dem Aufbre-

chen mit alkoholgetränktem Zellstoff zu umwickeln und in der MSW zu öffnen.

Bei der Lyophilisierung von Kulturen sollte ab der Schutzstufe 2 die Abluft über einen Hochleistungs-Schwebstofffilter geführt werden. Achtung beim Öffnen von gefriergetrockneten Gefäßen und Ampullen! Durch die einströmende Luft in das evakuierte Gefäß können die Mikroorganismen als feines Pulver im Raum verteilt werden. Auch diese Ampullen sollten vor dem Aufbre-chen mit alkoholgetränktem Zellstoff umwickelt oder in der MSW geöffnet werden.

Bei Arbeiten mit Vakuum, z. B. in der Zellkultur, kann es zur Aerosolbildung und zur Leckage kommen. Es soll-ten nur Schlauchpumpen oder dichte Membranpumpen benutzt werden. Schläuche von Schlauchpumpen müssen nach der Benutzung immer mit Desinfektionsmittel ge-spült werden, um ein Nachtropfen erregerhaltiger Flüs-sigkeit zu vermeiden. Leitungen einer zentralen Vakuum-anlage sollten über Abscheider mit Desinfektionsmittel oder Hochleistungsschwebstofffilter geführt werden.

Beim Zerkleinern und Homogenisieren infektiöser Pro-ben entstehen immer Aerosole. Bei der Auswahl des zu benutzenden Gerätes muss deshalb auf ein geschlosse-nes und dichtes System geachtet werden. Arbeiten mit Hochdruckgeräten können im Fall einer Leckage kritisch sein, Kugelmühlen und Mixer mit Glasperlen erscheinen sicherer. Im Zweifel müssen die Arbeiten in einer MSW durchgeführt werden.

Beim Zellaufschluss im Sonikator werden ebenfalls Ae-rosole gebildet. Die Beschallung sollte deshalb in einem dichten Schrank erfolgen, der erst nach dem Absinken der Aerosole geöffnet wird. Eine sichere Alternative ist die Verwendung von Beschallungsköpfen, in denen ge-schlossene Gefäße von außen beschallt werden, anstelle von Beschallungssonden, die in ein Gefäß eingeführt wer-den müssen.

Schutzmaßnahmen ■

! Die erforderlichen Schutzmaßnahmen sind vor Aufnah-me der Arbeiten festzulegen. Es gilt grundsätzlich, dass zunächst technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten auszuwählen sind. Per-sönliche Schutzausrüstung kann nur zur Ergänzung dieser Maßnahmen verstanden werden.

In der Technischen Regel Biologische Arbeitsstoffe „Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätig-keiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien“ (TRBA 100) sind die nachfolgend aufgeführten Schutz-maßnahmen für die jeweiligen Schutzstufen festgelegt. Bei der Umsetzung der Maßnahmen müssen die Gege-benheiten vor Ort und die Art der Tätigkeit berücksich-tigt werden. Im Einzelfall kann von einer Maßnahme dieser TRBA abgewichen werden, wenn es das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung zulässt oder gleichwertige

Maßnahmen ergriffen werden. Die Gleichwertigkeit ist auf Verlangen der Behörde nachzuweisen.

Schutzstufe 1. Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeits-stoffen der Risikogruppe 1 und nicht gezielten Tätigkei-ten, die für die Beschäftigten keine oder eine sehr geringe Gefährdung darstellen, ist das Auftreten einer Infektions-krankheit unwahrscheinlich. Deshalb reicht es aus, den bestimmungsgemäßen Laborbetrieb sicherzustellen. Ne-ben den normalen Hygieneregeln der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe „Allgemeine Hygienemaß-nahmen: Mindestanforderungen“ (TRBA 500) sind insbe-sondere die folgenden Maßnahmen einzuhalten:

Laboratorien der Schutzstufe 1 sollen aus abgegrenz- ■

ten, ausreichend großen Räumen bestehen. Je nach auszuführender Tätigkeit ist eine ausreichende Ar-beitsfläche für jeden Mitarbeiter zu gewährleisten. Oberflächen (Arbeitsflächen und Fußböden) sollen ■

leicht zu reinigen und dicht und beständig gegen die verwendeten Stoffe und Reinigungsmittel sein.Es soll ein Waschbecken im Arbeitsbereich vorhanden ■

sein.Die Grundregeln guter mikrobiologischer Technik sind ■

einzuhalten:Fenster und Türen der Arbeitsbereiche sollen wäh- –rend der Tätigkeiten geschlossen sein. In den Arbeitsräumen darf nicht getrunken, geges- –sen oder geraucht werden. Nahrungsmittel dürfen im Arbeitsbereich nicht aufbewahrt werden. Im Arbeitsbereich ist ein Laborkittel oder andere –Schutzkleidung zu tragen. Mundpipettieren ist untersagt, es sind Pipettierhil- –fen zu benutzen. Spritzen und Kanülen sollen nur dann benutzt wer- –den, wenn es unbedingt nötig ist. Bei allen Tätigkeiten muss darauf geachtet werden, –dass Aerosolbildung soweit wie möglich vermieden wird. Nach Beendigung der Tätigkeit und vor Verlassen –des Arbeitsbereichs müssen die Hände sorgfältig gewaschen und ggf. desinfiziert und rückgefettet (Hautschutzplan) werden. Arbeitsbereiche sollen aufgeräumt und sauber –gehalten werden. Auf den Arbeitstischen sollen nur die tatsächlich benötigten Geräte und Materialien stehen. Vorräte sollen nur in dafür bereitgestellten Bereichen und Schränken gelagert werden. Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sind –die Beschäftigten vor der Aufnahme der Tätigkeit und danach mindestens einmal jährlich mündlich und arbeitsplatzbezogen zu unterweisen. In der Mikrobiologie, Virologie, Zellbiologie oder –Parasitologie unerfahrene Mitarbeiter müssen be-sonders umfassend unterrichtet, sorgfältig angelei-tet und überwacht werden. Ungeziefer muss, wenn nötig, regelmäßig und fach- –kundig bekämpft werden.

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1 Labormanagement 1.4 Laborsicherheit 1

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Biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 können ■

ohne Vorbehandlung entsorgt werden, wenn das Er-gebnis der Gefährdungsbeurteilung oder andere Vor-schriften (z. B. Wasser-, Abfall- oder Gentechnikrecht) dem nicht entgegenstehen. Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der ■

Risikogruppe 1 mit sensibilisierender oder toxischer Wirkung sind Maßnahmen zu treffen, die eine Expo-sition der Beschäftigten minimieren. Hier kann es sich z. B. um die Verwendung einer Sicherheitswerkbank, den Einsatz von geeignetem Atemschutz oder die Vermeidung sporenbildender Entwicklungsphasen bei Pilzen handeln.

Schutzstufe 2. Zum Schutz der Beschäftigten sind zusätz-lich zu den Maßnahmen der Schutzstufe 1 die folgenden Anforderungen einzuhalten:

Das Labor muss gegenüber anderen Bereichen abge- ■

grenzt sein, in denen keine Tätigkeiten mit biologi-schen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 ausgeführt werden.Fenster und Türen sind während der Tätigkeiten mit ■

biologischen Arbeitsstoffen geschlossen zu halten. Das Labor muss von außen deutlich und dauerhaft mit ■

der entsprechenden Schutzstufe gekennzeichnet sein. An der Zugangstür zum Labor ist das Symbol „Bioge-fährdung“ anzubringen. Die Labortüren müssen nach außen aufschlagen und ■

aus Gründen des Personenschutzes mit einem Sicht-fenster ausgestattet sein. Weitergehende Maßnahmen zur Beobachtung des Personals sind nicht zwingend erforderlich. Der Zugang ist auf autorisierte Personen zu beschrän- ■

ken. Betriebsfremde Personen dürfen das Labor nur mit Erlaubnis des Verantwortlichen betreten. In Labors ist in Abhängigkeit von den durchzuführen- ■

den Tätigkeiten geeignete persönliche Schutzausrüs-tung zur Verfügung zu stellen. Die Benutzung persön-licher Schutzausrüstung schließt das Tragen geeigneter Schutzkleidung ein, die beim Verlassen des Arbeits-bereichs abzulegen ist. Die Schutzkleidung umfasst mindestens einen Laborkittel. Je nach Tätigkeit sind Schutzhandschuhe zu tragen. Ist mit einem Versprit-zen von Untersuchungsmaterial zu rechnen, sind ein Mund-/Nasenschutz und Schutzbrillen erforderlich. Für die Desinfektion und Reinigung der Hände müssen ■

ein Waschbecken, dessen Armatur ohne Handberüh-rung bedienbar sein sollte, sowie Desinfektionsmittel-, Handwaschmittel- und Einmalhandtuchspender vor-handen sein. Diese sind vorzugsweise in der Nähe der Labortür anzubringen. Ferner müssen Einrichtungen zum Spülen der Augen vorhanden sein. Oberflächen (Arbeitsflächen und angrenzende Wand- ■

flächen, Fußböden, Flächen an Geräten und Apparaten, die mit biologischen Arbeitsstoffen in Kontakt kom-men können) müssen leicht zu reinigen und beständig gegenüber den eingesetzten Desinfektionsmitteln sein.

Arbeitsgeräte und -flächen müssen nach Beendigung ■

der Tätigkeit desinfiziert werden. Akzidentelle Konta-minationen sind sofort zu beseitigen. Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risiko- ■

gruppe 2, bei denen mit dem Auftreten von Bioaero-solen zu rechnen ist, müssen in einer MSW oder einer vergleichbaren Einrichtung (z. B. Abzug mit Hochleis-tungsschwebstofffilter) durchgeführt werden. Spitze und scharfe Gegenstände (z. B. Kanülen, Lanzet- ■

ten) müssen in stich- und bruchfesten Einmalbehäl-tern gesammelt werden. In pathologisch-histologischen Arbeitsbereichen ■

sind Schlittenmikrotome mit abgedeckten Messern einzusetzen, um die Verletzungsgefahr durch Schnitt-verletzungen zu minimieren. Messerwechsel sind mit Klingenboxen durchzuführen. Biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 2 sind dicht ■

verschlossen und sicher aufzubewahren. Werden Pro-bengefäße mit Untersuchungsgut z. B. bei der Paral-lelaufarbeitung einer großen Zahl von Proben eine Zeit lang unverschlossen gehalten, so sind sie umsturzsi-cher z. B. in einer Auffangwanne aufzubewahren. Nach Abschluss der Pipettiervorgänge sind sie sicher zu verschließen. Der innerbetriebliche Transport von Untersuchungs- ■

material muss in geschlossenen, formstabilen, bruchsicheren, flüssigkeitsdichten und von außen desinfizierbaren Probengefäßen erfolgen, die dauer-haft beschriftbar bzw. etikettierbar und vorzugsweise transparent sind. Sie dürfen sich durch äußere Einwir-kungen nicht versehentlich öffnen lassen. Die Schutz- und Sammelcontainer für Probengefäße ■

sind mit dem Symbol für „Biogefährdung“ zu kenn-zeichnen. Sie müssen so beschaffen sein, dass sie unter normalen Transportbedingungen nicht zerstört werden können. Kontaminationen der Schutzgefä-ße und der Anforderungsscheine sind zu vermeiden. Kontaminierte Probengefäße müssen nach Probenan-lieferung desinfiziert und ggf. neu etikettiert werden, um Schmierinfektionen vorzubeugen. Probengefäße müssen manuell zu öffnen sein. Auf dem Anforde-rungsschein sind Hinweise auf schon bekannte Infek-tionen zu dokumentieren (für den außerbetrieblichen Transport s. Kap. 1.3). Potenziell bzw. nachgewiesen infektiöse Abfälle sind ■

in sicheren Behältnissen (verschließbar, geruchsdicht, feuchtigkeitsbeständig) zu sammeln und entweder vor der Entsorgung zu behandeln oder einer sachgerech-ten Entsorgung zuzuführen. Zur Inaktivierung oder Sterilisation müssen bei ■

Dekontamination und Entsorgung erregerbezogen nachweislich wirksame physikalische oder chemische Verfahren verfügbar sein. Ein Autoklav oder eine ver-gleichbare Einrichtung (z. B. thermische Desinfektions-anlage) muss hierfür im selben Gebäude vorhanden sein.

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1 Labormanagement

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1.4 Laborsicherheit 1Kontaminierte Prozessabluft darf nicht in den Ar- ■

beitsbereich abgegeben werden. Sie muss zuvor durch geeignete Verfahren wie Filtrierung oder thermische Nachbehandlung dekontaminiert werden. Dies gilt z. B. auch für die Abluft von Autoklaven, Pumpen und Bioreaktoren. Vor Instandsetzungs- und Änderungsarbeiten an ■

kontaminierten Geräten oder Einrichtungen ist die Dekontamination durch das Laborpersonal durchzu-führen oder zu veranlassen. Die verantwortliche Per-son hat für Instandsetzungs- und Änderungsarbeiten eine schriftliche Arbeitsfreigabe zu erteilen. Ist eine vollständige Dekontamination nicht möglich, sind die zusätzlich erforderlichen Schutzmaßnahmen tätig-keitsbezogen schriftlich festzulegen. Außerdem sei auf den Anhang IV BioStoffV hingewiesen.Bei der Bearbeitung von infektiösem Gewebe wie ■

z. B. beim Zuschnitt oder mikroskopischen Untersu-chungen ist die persönliche Schutzausrüstung durch Einmalschürzen zu ergänzen. Beim Eröffnen von Hohl-räumen sind Schutzbrillen notwendig, beim Zuschnitt von Zysten und Lymphknoten sowie bei Schnellschnit-ten ist in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurtei-lung ggf. Atemschutz zu tragen.

Schutzstufe 3. Zum Schutz der Beschäftigten sind zusätz-lich zu den Maßnahmen der Schutzstufen 1 und 2 die fol-genden Anforderungen einzuhalten:

Bei Tätigkeiten in der Schutzstufe 3 ist das Labor ge- ■

genüber anderen Bereichen durch eine Schleuse mit zwei selbst schließenden und gegeneinander verrie-gelten Türen zu trennen. Für die Desinfektion und Reinigung der Hände müssen ■

in der Schleuse ein Waschbecken, dessen Armatur ohne Handberührung bedient werden kann, sowie Desinfektionsmittel-, Handwaschmittel- und Ein-malhandtuchspender vorhanden sein. Außerhalb des Laborbereichs müssen Hautschutz- und Pflegemittel zur Verfügung stehen. In der Schleuse ist die für die Schutzstufe 3 vorgese- ■

hene persönliche Schutzausrüstung einschließlich geeigneter Schutzkleidung anzulegen. Die Schutzklei-dung umfasst ergänzend zur Schutzstufe 2 einen an der Rumpfvorderseite geschlossenen Schutzkittel mit Kennzeichnung, geschlossene Schuhe, die entspre-chend der Tätigkeit anzulegen sind, sowie in Abhän-gigkeit von der Tätigkeit Mundschutz (Berührungs-schutz). Für sicherheitsrelevante Einrichtungen wie Lüftungs- ■

anlagen, Notruf- und Überwachungseinrichtungen ist eine Notstromversorgung einzurichten. Zum sicheren Verlassen des Arbeitsbereichs ist eine Sicherheitsbe-leuchtung einzurichten. Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Ri- ■

sikogruppe 3 ist im Labor ständiger, durch Alarmgeber kontrollierbarer Unterdruck erforderlich. Im begrün-deten Fall können auch andere, vom Personenschutz

gleichwertige erprobte Verfahren oder Einrichtun-gen zur Sicherstellung des Containments eingesetzt werden. Die Abluft muss über einen Hochleistungsschweb- ■

stofffilter oder eine vergleichbare Vorrichtung geführt werden. Die Rückführung kontaminierter Abluft in Arbeitsbereiche ist unzulässig. Für offene Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ■

der Risikogruppe 3 ist eine Sicherheitswerkbank der Klasse 2 oder eine im Personenschutz vergleichbare Einrichtung zu benutzen. Bei Tätigkeiten, die Entwick-lungszwecken dienen, ist, sofern technisch möglich, ein geschlossenes System zu verwenden, damit ein Entweichen dieser biologischen Arbeitsstoffe beim be-stimmungsgemäßen Betrieb verhindert werden kann.Beim Auswechseln von Filtern, z. B. der lüftungstech- ■

nischen Anlage oder der Sicherheitswerkbank, müssen diese entweder am Einbauort sterilisiert oder zwecks späterer Sterilisierung durch ein geräteseits vorgese-henes Austauschsystem in einen luftdichten Behälter verpackt werden, sodass eine Infektion des War-tungspersonals und anderer Personen ausgeschlossen werden kann.Jedes Labor sollte über eine eigene Ausrüstung verfü- ■

gen. Im Laborbereich muss ein Autoklav vorhanden sein. ■

Im Arbeitsbereich anfallende Abwässer sind grund- ■

sätzlich einer thermischen Nachbehandlung zu unter-ziehen: Sammeln in Auffangbehältern und Autoklavie-rung oder zentrale Abwassersterilisation. Alternativ können auch erprobte chemische Inaktivierungsver-fahren eingesetzt werden. Bei bestimmungsgemäßem Betrieb und unter Beachtung der organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen fallen aus der Schleuse keine kontaminierten Abwässer an. Der Laborbereich muss zum Zwecke der Begasung ■

abdichtbar sein. Der Zugang zum Labor ist vom Verantwortlichen auf ■

die Personen zu beschränken, die für die Durchfüh-rung der Tätigkeiten erforderlich sind. In begründeten Einzelfällen genehmigt der Verantwortliche den Zu-gang anderer Personen (z. B. Instandhaltungspersonal) unter fachkundiger Aufsicht. Das Verhalten in Notfällen ist in einem Notfallplan zu ■

regeln. Für die Kommunikation vom Labor nach außen muss eine geeignete Einrichtung vorhanden sein. Alle Fenster im Arbeitsbereich müssen dicht und ge- ■

schlossen sein.

Beim Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen der Risiko-gruppe 3** sind die Vorgaben der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe „Sicherheitsmaßnahmen bei Tä-tigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogrup-pe 3**“ (TRBA 105) maßgebend.

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1 Labormanagement 1.4 Laborsicherheit 1

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Grundsätzlich sind die Sicherheitsmaßnahmen der Schutzstufe 3 einzuhalten, wobei auf folgende Maßnah-men verzichtet werden kann:

Unterdruck ■

Abluftfiltration der Raumluft mit Hochleistungs- ■

schwebstofffiltern, wenn die Arbeiten in einer Sicher-heitswerkbank oder einem geschlossenen System durchgeführt werdenAutoklav innerhalb des Laborbereichs ■

die generelle Inaktivierung der Abfälle und Abwässer, ■

wobei sichergestellt sein muss, dass eine Inaktivie-rung der kontaminierten festen und flüssigen Abfälle gewährleistet ist Abdichtbarkeit zum Zwecke der Begasung ■

eine Personenschleuse, sofern sie nicht in den orga- ■

nismenspezifischen Tabellen des Anhangs 2 der TRBA gefordert wird.

Schutzstufe 4. Der Austritt biologischer Arbeitsstoffe der Risikogruppe 4 in den Arbeitsbereich ist nach dem Stand der Technik zuverlässig zu verhindern.

In Abhängigkeit von der Tätigkeit sind auf der Grundla-ge der Gefährdungsbeurteilung über die Schutzstufe 3 hi-nausgehende technische, organisatorische und persönli-che Schutzmaßnahmen für den Einzelfall festzulegen und deren Einhaltung sicherzustellen. Da Laboratorien der Schutzstufe 4 immer Einzelfälle mit hoch technisierten baulichen Voraussetzungen und entsprechend geplanten Organisationsabläufen sind, soll an dieser Stelle nicht nä-her darauf eingegangen werden.

Persönliche Schutzausrüstung ■

Das Tragen eines Laborkittels gehört zur guten mikro-biologischen Praxis und ist in jedem Labor Pflicht. Der Laborkittel sollte möglichst vorne geschlossen sein und beim Sitzen die Knie bedecken. Bei Arbeiten mit Krank-heitserregern sind lange Ärmel mit einem Bündchen er-forderlich. Beim Umgang mit Krankheitserregern sollten sich zum Schutz der Unterarme der Laborkittel und die Schutzhandschuhe überlappen. Der Laborkittel muss im jeweiligen Arbeitsbereich verbleiben, ein Verbrin-gen in Büroräume, Bibliotheken oder Ähnliches ist nicht zulässig. Ab der Schutzstufe 3 sind in jedem Fall hinten geschlossene Laborkittel zu tragen. Als Sonderform des Laborkittels ist in der Schutzstufe 4 ein voll geschlosse-ner Atemschutzanzug zu tragen, falls nicht ausschließlich in MSWs der Klasse 3 gearbeitet wird. Laborkittel sollten mindestens wöchentlich, bei Kontaminationen sofort ge-wechselt und ab der Schutzstufe 2 in einem Desinfekti-onswaschverfahren gereinigt werden (s. TRBA 100).

! Diese Reinigung wird vom Arbeitgeber organisiert; in keinem Fall dürfen die Laborkittel durch die Mitarbeiter zu Hause gewaschen werden.

In der Schutzstufe 1 sind Schutzhandschuhe zu tragen, wenn mit Gefahrstoffen gearbeitet wird. Ab der Schutz-stufe 2 ist das Tragen von Schutzhandschuhen bei allen Arbeiten sinnvoll, bei denen die Finger kontaminiert werden könnten. Innerhalb der MSW ist das Tragen von Schutzhandschuhen Pflicht. Beim Umgang mit biologi-schem Material sollten Nitrilhandschuhe Verwendung finden. Hierbei macht eine kräftige Einfärbung der Hand-schuhe eventuelle Schäden besser erkenntlich. Besondere Schutzhandschuhe können erforderlich sein bei der Ge-fahr von Verbrennungen, Verätzungen, Verbrühungen, Unterkühlung oder elektrischen Durchströmungen. Als Ergänzung zu den Schutzhandschuhen kann es in der MSW sinnvoll sein, bei Arbeiten in höheren Schutzstu-fen einen Unterarmschutz über Kittel und Handschuhe zu ziehen, um die vollständige Bedeckung der Unterar-me zu gewährleisten. Bei längerem Tragen von Schutz-handschuhen und bei Nassarbeiten kann es sinnvoll sein, Baumwoll-Unterhandschuhe zu tragen, um der Gefahr einer Aufweichung der Haut und einer Ekzembildung zu begegnen. In diesen Fällen ist der Hautschutzplan von be-sonderer Bedeutung.

Beim Umgang mit Säuren, Laugen und Desinfektions-mitteln (insbesondere Persäure und NaOH) ist im Labor immer ein Augenschutz zu tragen. Die Schutzbrille muss einen seitlichen Spritzschutz besitzen und kann aus Ge-wichtsgründen aus Kunststoff bestehen. Sollte eine kor-rigierbare Schutzbrille erforderlich sein, kann auch eine Glasbrille Verwendung finden. Beim Umgang mit Orga-nismen, bei denen eine Infektionsgefahr über die Schleim-häute mit der Gefahr einer Schädigung der Augen besteht (z. B. Vacciniaviren), ist auch beim Umgang mit Erregern eine Schutzbrille zu tragen. Kontaktlinsen bieten keinen Schutz und sind somit keine Alternative.

Im Regelfall ist in den Schutzstufen 1–3 kein Atemschutz erforderlich. Im Labor sollten jedoch in einem Notfall-schrank an geschützter Stelle für betriebliche Vorfälle wie Leckage oder Kulturaustritt Atemschutz-Halbmasken mit P3-Filtern (FFP3) vorhanden sein. Darüber hinaus kann das Tragen dieser Masken bei bestimmten Arbeiten notwendig werden. Bei längerem Tragen einer FFP-Maske oder großer physischer Belastung ist als Voraussetzung für das Tragen eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung nach dem BG-Grundsatz G 26 (BGG 904) erforderlich.

! Ein OP-Mundschutz ist kein Atemschutz. Er dient ledig-lich als Spritzschutz und zur Vermeidung von Hautkon-takt der Hände mit dem Mundbereich, um das Risiko einer Ingestion zu minimieren.

Die Arbeitsschuhe sollten rundum geschlossen, rutschfest und trittsicher sein. Besondere Sicherheitsschuhe sind im Laborbereich nicht erforderlich.

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1 Labormanagement

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1.4 Laborsicherheit 1Mikrobiologische Sicherheitswerkbank ■

! Alle Arbeiten mit potenziell infektiösen Arbeitsstoffen, bei denen die Entstehung von Aerosolen unvermeidlich oder wahrscheinlich ist, müssen in einer mikrobiolo-gischen Sicherheitswerkbank (MSW) durchgeführt werden.

Bei der MSW handelt es sich um eine technische Einrich-tung zum Schutz des Benutzers und der Umwelt vor Bio-aerosolen. Es gibt drei Bauarten von MSWs, die Klassen 1, 2 und 3, die sich in ihrem Schutzumfang unterscheiden.

Die MSWs der Klasse 1 verfügen über eine Arbeits- ■

öffnung mit einem nach innen gerichteten Luftstrom. Durch Filtration der Abluft wird vermieden, dass Bio-aerosole austreten. Die MSW-Klasse 1 bietet nur einen Personenschutz.Die MSWs der Klasse 2 verfügen über eine Arbeits- ■

öffnung, durch die der Benutzer Arbeitsvorgänge innerhalb der Werkbank durchführen kann. Sie sind so konstruiert, dass durch den nach innen gerichteten Luftstrom und mithilfe einer vertikalen Luftströmung im Arbeitsbereich eine Luftbarriere an der Arbeits-öffnung entsteht. Durch Filtration der Abluft wird vermieden, dass Bioaerosole austreten. Die besonde-ren Strömungsverhältnisse bieten Personenschutz und minimieren das Risiko einer Produkt- und Kreuzkon-tamination.Die MSWs der Klasse 3 verfügen über einen Arbeits- ■

bereich, der vom Benutzer durch eine physikalische Barriere getrennt und durch formschlüssig an der Werkbank angebrachte Handschuhe zugänglich ist. Sie sind so konstruiert, dass durch den Unterdruck im Innenraum und durch Filtration der Abluft Bioaerosole nicht austreten können.

Die Einteilung der MSWs in die Klassen 1, 2 und 3 steht in keinem Zusammenhang mit der Einstufung biologischer Arbeitsstoffe in die vier Risikogruppen. In der Regel wird in mikrobiologischen Laboratorien an MSWs der Klasse 2 gearbeitet, da diese sowohl einen Personen- als auch ei-nen Produktschutz bieten. Bei Arbeiten in der Risikogrup-pe 4, unter Umständen auch bereits in der Risikogruppe 3, sollte eine MSW der Klasse 3 zum Einsatz kommen.

Aufstellungsort. Die MSW ist so aufzustellen und zu be-treiben, dass die Funktion gemäß den Herstellerangaben gewährleistet und ein sicheres Arbeiten für die Mitar-beiter möglich ist. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass die Luftbewegungen am Arbeitsplatz das Rückhalte-vermögen an der Arbeitsöffnung der MSW nicht beein-trächtigen. Da die vertikale Luftströmung an der MSW 0,45 m/s beträgt, haben geringere Luftgeschwindigkeiten keinen negativen Einfluss auf die MSW. Als Aufstellungs-ort für die MSW empfiehlt sich ein abgelegener Bereich im Labor, also nicht der unmittelbare Eingangsbereich, Fensterbereich oder stark begangene Verkehrswege. Ein

eventuell vorhandener Unterdruck im Labor (z. B. der Schutzstufe 3) beeinträchtigt die Schutzfunktion nor-malerweise nicht, solange die Abluft nicht direkt an die raumlufttechnische Anlage angeschlossen ist. Im Falle ei-nes Direktanschlusses muss die Anlage so angelegt sein, dass es zu keiner Beeinträchtigung der Wirksamkeit der MSW kommt. Deshalb ist eine Esse zur Abführung der Abluft als Indirektanschluss vorteilhafter, weil keine di-rekte Abhängigkeit zwischen MSW und Abluft besteht.

! Beim Direktanschluss stellt der Ausfall oder eine In-stabilität der Abluftanlage eine Gefahrensituation dar, weil das Rückhaltevermögen an der Arbeitsöffnung der MSW unmittelbar aufgehoben und dann die Schutz-funktion nicht mehr gewährleistet ist.

Vor der ersten Inbetriebnahme und nach wesentlichen Änderungen oder Instandhaltungen muss die MSW auf ihren betriebssicheren Zustand geprüft werden. Als we-sentliche Änderung zählt auch eine Änderung ihres Auf-stellungsortes. Darüber hinaus muss die MSW jährlich im Betriebszustand geprüft werden. Die Ergebnisse der Prüfungen (Prüfprotokoll) sind in einem Gerätebuch ein-zutragen und bereitzuhalten.

Sicheres Arbeiten an der mikrobiologischen Sicherheits-werkbank. Das sichere Arbeiten an einer MSW verlangt neben ihrem einwandfreien technischen Zustand und ei-nem geeigneten Aufstellungsort das qualifizierte Arbeits-verhalten der Benutzer. Hierzu zählen insbesondere:

Alle Arbeiten müssen sorgfältig geplant und vorberei- ■

tet werden, um einen sicheren und ruhigen Arbeitsab-lauf zu gewährleisten.Eine Kurzbedienungsanleitung muss gut sichtbar an ■

der MSW angebracht sein.Die MSW soll einige Minuten vor Arbeitsbeginn ein- ■

geschaltet werden, um bei Arbeitsaufnahme stabile Strömungsverhältnisse zu erreichen.Die Arbeiten dürfen nur mit richtig positionierter ■

Frontscheibe durchgeführt werden.Die vorderen Luftansaugöffnungen müssen frei blei- ■

ben, um die Strömungsverhältnisse nicht nachteilig zu beeinflussen.Mit langsamen Armbewegungen arbeiten, damit keine ■

Luftverwirbelungen im Bereich der Luftansaugöffnun-gen entstehen.Die Arbeitsfläche darf nicht überfüllt werden, d. h., es ■

darf nur notwendiges Arbeitsgerät und Material in den Arbeitsraum gebracht werden. Die MSW darf nicht zur Bevorratung benutzt werden.Die Abluftöffnung auf der Oberseite des Gehäuses ■

darf nicht durch Ablage von Gegenständen blockiert werden.Starke Wärmequellen in der MSW sind zu vermeiden. ■

Insbesondere Gasbrenner mit ihrer sehr starken, auf-wärts gerichteten Luftströmung von 10–12 m/s stören die laminare Luftströmung und führen zu starken

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1 Labormanagement 1.4 Laborsicherheit 1

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Verwirbelungen. Sind Gasbrenner in Ausnahmefällen zwingend erforderlich, sollten Sicherheitsbrenner mit Fußschalter oder Sensorbedienung verwendet und im hinteren Teil der Werkbank aufgestellt werden.Infektiöse Abfälle sind innerhalb der MSW in ver- ■

schließbaren und von außen desinfizierbaren Behäl-tern zu sammeln.Bei Arbeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ab Ri- ■

sikogruppe 2 müssen Einmalhandschuhe getragen werden. Es ist darauf zu achten, dass sich Einmalhand-schuhe und Kittel überlappen, sodass die Unterarme geschützt sind. Hände und Unterarme müssen vor Verlassen der MSW desinfiziert werden.

Filterwechsel an der mikrobiologischen Sicherheitswerk-bank. Um beim Filterwechsel eine Verschleppung von pa-thogenen Keimen in die Raumluft und in den Abfallpfad zu vermeiden, gibt es zwei mögliche Vorgehensweisen:

die Inaktivierung von im Hochleistungsschwebstoff- ■

filter eventuell vorhandenen Keimen vor dem Filter-wechsel. Hierzu ist nach der einzigen vom Bundesge-sundheitsamt zugelassenen und validierten Methode zur Sterilisation von Raumluft eine Begasung der MSW mit Formaldehyd (5 g/m3 Rauminhalt bei 80 % relativer Luftfeuchtigkeit) durchzuführen. Die erforderliche Menge Formaldehyd wird als 37 %ige, wässrige Lösung im Arbeitsraum der abgedichteten Werkbank ver-dampft und nach der Einwirkzeitzeit von 6 Stunden mit Ammoniak neutralisiert. Für die Begasung mit Formaldehyd ist gemäß der Technischen Regel für Gefahrstoffe „Raumdesinfektion mit Formaldehyd“ (TRGS 522) eine spezielle Sachkunde erforderlich.die Entnahme des kontaminierten Filters in einen fest ■

eingebauten und dicht mit dem Gehäuse verbundenen Plastiksack, der vor dem Ablösen verschweißt wird (Sack-in-Sack-System), und eine anschließende ther-mische Inaktivierung (Autoklavieren oder Verbren-nen).

Hygiene und Desinfektion ■

Organisatorische Maßnahmen. Zur Erreichung eines gu-ten Hygienestatus im Labor sind zunächst die baulichen und technischen Vorgaben der jeweiligen Schutzstufe einzuhalten. Darüber hinaus bedarf es jedoch noch der Festlegung organisatorischer Maßnahmen wie einem Hygieneplan, Verhaltensanweisungen für die Mitarbeiter und unter Umständen einem Bio-Kontroll-Programm.

Im Hygieneplan legt die Hygienefachkraft oder der La-borleiter fest, was (Oberflächen, Geräte, Personen, Klei-dung, Abfall), wann (Zeitpunkt, Zeitabstände), womit (Desinfektionsmittel mit Angabe der Konzentration und Einwirkdauer, Hilfsmittel) und wie (Waschen, Wischdes-infektion, Hautdesinfektion, thermische Verfahren) zu reinigen bzw. desinfizieren ist und wer zu reinigen bzw. zu desinfizieren hat. Beispiele für Hygienepläne sind viel-fach veröffentlicht (z. B. Merkblatt B 002 der BG-Chemie). Der Hygieneplan ist im Labor auszuhängen.

Zusätzlich ist in jedem Labor ein Hautschutzplan zu er-arbeiten, in dem die Hautschutz- und -pflegemittel sowie ihre Anwendung zu benennen sind. Dabei sind besondere Belastungen wie z. B. Nassarbeiten, längerfristiges Tragen von Schutzhandschuhen etc. zu berücksichtigen. Eine in-takte Haut ist wichtig zur Aufrechterhaltung der Barrie-refunktion.

Die Verhaltensanweisungen umfassen Arbeitsanwei-sungen für den Regelbetrieb, Kleidungsvorschriften, Grundregeln mikrobiologischer Praxis, Standardarbeits-anweisungen für Arbeiten oder Geräte mit besonderem Gefährdungspotenzial, aber auch Arbeitsanweisungen für den Störungs- oder Havariefall, z. B. Vorgehen bei Konta-minationen von Flächen oder Personen, Erste Hilfe etc.

Ein Bio-Kontroll-Programm kann zur Überprüfung des Hygienestatus eines Labors sinnvoll sein. Je nach Inhalt des Programms kann eine allgemeine Keimzahlredukti-on und damit der Erfolg von Hygienemaßnahmen oder aber zielgerichtet das Vorkommen von definierten (uner-wünschten) Leitkeimen überprüft werden. Im Bio-Kon-troll-Programm sind Art und Häufigkeit der Beprobung (Abklatschproben, Luftproben), die zulässigen Keimzah-len und die Maßnahmen bei Keimzahlüberschreitung festzulegen.

Auswahl von Desinfektionsmitteln und -verfahren. Für die persönliche Hygiene – im Wesentlichen die Hand-desinfektion – werden alkoholische Desinfektionsmittel verwendet. Grundsätzlich müssen die Hände vor dem Verlassen des Arbeitsbereichs, in dem mit Krankheitser-regern gearbeitet wurde, zur Vermeidung von Verschlep-pungen und Schmierinfektionen desinfiziert und gewa-schen werden.

! Es muss eine hygienische, keine chirurgische Hände-desinfektion durchgeführt werden, also erst desinfizie-ren, dann reinigen.

Für die Geräte- und Instrumentendesinfektion ist die Ste-rilisation mit gesättigtem Dampf im Autoklaven bei 121 °C und 2 bar für 20 Minuten das Mittel der Wahl. In Sonder-fällen, z. B. bei Kontaminationen mit BSE-Erregern, kön-nen die Temperatur und die Haltezeit erhöht werden (s. Beschluss 603 des ABAS). Die Vorteile sind eine zuverläs-sige Wirkung mit hoher Sicherheit, keine Gesundheitsbe-lastung für das Personal und keine Chemikalienbelastung für Material und Umwelt. Die Funktion des Autoklaven muss regelmäßig kontrolliert werden. Für die Routine-kontrolle genügt die Überwachung der physikalischen Parameter durch Anzeige und/oder Schreiber. Zusätzlich können chemische Indikatoren (mit Farbumschlag) zum Einsatz kommen. Es sind prinzipiell nur Verfahren anzu-wenden, die ordnungsgemäß durch einen anerkannten Prüfer validiert sind. Damit entfällt die Notwendigkeit der regelmäßigen Kontrolle mittels Bioindikatorverfah-ren. Die Validierung ist in mindestens 2-jährigen Abstän-den zu wiederholen.

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1 Labormanagement

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1.4 Laborsicherheit 1Für die Flächendesinfektion (täglich vor dem Arbeits-

ende und nach Kontaminationen) und für die Desinfek-tion von thermolabilen Geräten und Instrumenten ist ein chemisches Desinfektionsmittel festzulegen. Bei seiner Auswahl spielt das Wirkungsspektrum eine entschei-dende Rolle. Informationen hierüber und auch entspre-chende Gutachten bieten die Hersteller kommerzieller Produkte an. Wichtige Hinweise zu Desinfektionsmitteln finden sich auch in der „Liste der vom Bundesgesund-heitsamt geprüften Desinfektionsmittel und -verfahren“ (erhältlich beim Robert Koch-Institut, Nordufer 20, 13353 Berlin), der „Liste des Verbandes für angewandte Hygie-ne (VAH) geprüften und als wirksam befundenen Desin-fektionsmittel“ (mhp-Verlag, 65205 Wiesbaden) und der „Liste der von der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft geprüften und als wirksam befundenen Desinfektionsmittel für die Tierhaltung“ (Dtsch. Ärztebl., erhältlich bei der Geschäftsstelle der DVG, Frankfurter Str. 89, 35392 Gießen). Die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. bietet eine Lis-te viruswirksamer Präparate an (DVV Sekretariat, Post-fach 3809, 48021 Münster).

Flächendesinfektionen sind grundsätzlich als Wisch-desinfektion durchzuführen. Das Desinfektionsmittel muss direkt, am besten mit satt getränktem Zellstoff, auf die zu desinfizierende Fläche aufgetragen und verwischt werden

! Achtung! Nicht aufsprühen, da hierbei sowohl das Risi-ko der Inhalation des Desinfektionsmittels besteht als auch durch die unterschiedliche Benetzung der Fläche desinfektionsmittelfreie Stellen verbleiben können.

Die beim Wischen entstehenden Scherkräfte sind für den Erfolg der Desinfektionsmaßnahme zwingend erforder-lich, ein Benetzen der zu desinfizierenden Fläche allei-ne genügt nicht. Nach der Desinfektion darf die Fläche nicht mit Zellstoff nachgetrocknet werden, da sonst die erforderliche Einwirkzeit des Desinfektionsmittels nicht eingehalten wird. Bei großflächigen Kontaminationen ist es sinnvoll, die kontaminierte Fläche mit Zellstoff ab-zudecken, auf diesen, beginnend vom Rand, vorsichtig Desinfektionsmittel aufzutropfen und anschließend zu wischen.

Abfallentsorgung. Für das Sammeln und Transportieren von kontaminierten Abfällen müssen geeignete Behält-nisse am Anfallort zur Verfügung stehen (ab der Schutz-stufe 3 sind alle Abfälle als kontaminiert zu behandeln). Die Sammelgefäße müssen geruchs- und flüssigkeitsdicht sowie reißfest sein. Der Abfall muss hygienisch einwand-frei (unter Vermeidung einer äußeren Kontamination) gesammelt, mindestens täglich entsorgt und sicher vor unbefugtem Zugriff transportiert und gelagert werden.

Die Verbrennung ist die beste Methode zur Sterilisie-rung von Abfällen aus mikrobiologischen Laboratori-en. Hierfür muss eine Trennung in brennbare und nicht

brennbare Abfälle vorgenommen werden. Wird der brennbare Abfall in eine hierfür erforderliche Klinikmüll-verbrennungsanlage transportiert, kann die Sammlung der Abfälle unmittelbar in den gemäß Gefahrgutverord-nung Straße und Eisenbahn geforderten Transportbehäl-tern (s. Kap. 1.3) erfolgen. Abfälle aus mikrobiologischen Laboratorien, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen ge-stellt werden, müssen unter der Abfallschlüsselnummer AS 18 01 03 (Empfehlung der Kommission für Kranken-haushygiene und Infektionsprävention des Robert Koch-Institutes) abgegeben werden.

Soll der Abfall vor seiner Entsorgung im Autoklaven mit gesättigtem Dampf sterilisiert werden (s. oben), muss in der Schutzstufe 2 der Autoklav im Gebäude, ab Schutzstu-fe 3 im Labor vorhanden sein. Auch hier empfiehlt sich die Sammlung der Abfälle bereits im Autoklavierbehälter.

! Es ist darauf zu achten, dass bei der Evakuierung des Autoklaveninnenraums die Luft aus dem gesamten Sterilisiergut entweichen kann (keine geschlossenen Gefäße mit Erregern im Abfall).

Mitarbeiter1.4.3

Elementarer Baustein der Sicherheit im Labor ist der ausgebildete, motivierte und richtig unterwiesene Mit-arbeiter. Eine Selbstverständlichkeit sollte die für die jeweiligen Tätigkeiten entsprechende Qualifikation der Mitarbeiter sein. Vor Aufnahme der Tätigkeiten muss eine arbeitsbereichs- und stoffbezogene Betriebsanweisung er-stellt werden, in der die mit den Tätigkeiten verbundenen Gefahren, die Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln sowie Notfallmaßnahmen festzulegen sind. Zusätzlich müssen die Mitarbeiter anhand der Betriebsanweisung vor Beginn der Arbeiten und danach in jährlichem Ab-stand mündlich unterwiesen werden. Der Zeitpunkt und der Inhalt der Unterweisung müssen dokumentiert und von den Unterwiesenen durch Unterschrift bestätigt wer-den. Zu den Aufgaben des Vorgesetzten zählen auch die regelmäßige Kontrolle der Einhaltung der Schutzmaß-nahmen und deren Durchsetzung.

Bei der Einführung neuer Arbeitsverfahren, aber auch bei bekannten Verfahren, die erstmals mit Erregern ho-her Risikogruppen durchgeführt werden sollen, sollten die Mitarbeiter die Arbeitsschritte zuvor erproben und trainieren. Als sinnvoll hat es sich erwiesen, dieses Trai-ning mit einer starken Färbelösung anstelle der Infekti-onserreger durchzuführen. So lassen sich Schwachstellen im Verfahren, die zu einer Freisetzung von Organismen führen könnten, leicht aufdecken.

Verpflichtend vorgeschrieben sind arbeitsmedizinische Untersuchungen von Mitarbeitern bei Arbeiten gemäß Anhang IV der BioStoffV. Hierbei handelt es sich im We-sentlichen um den Umgang mit Erregern der Risikogrup-pe 4 sowie um den Umgang mit Erregern impfpräventa-

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1 Labormanagement 1.4 Laborsicherheit 1

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bler und chronischer Erkrankungen. Darüber hinaus sind Untersuchungen anzubieten (keine Verpflichtung für die Beschäftigten) beim Umgang mit Organismen der Risiko-gruppe 3, bei Arbeiten in der Risikogruppe 2, falls mit ei-nem Gesundheitsschaden zu rechnen ist, und nach durch biologische Arbeitsstoffe bedingten Infektionen und Er-krankungen.

Impfungen sind anzubieten, wenn ein wirksamer Impf-stoff zur Verfügung steht. Alle Mitarbeiter, die mit huma-nem Material umgehen, sollten zumindest gegen HAV und HBV geimpft sein.

! Schwangere Mitarbeiterinnen dürfen in mikrobiolo-gischen Laboratorien nicht arbeiten, wenn die Gefahr einer Exposition gegenüber Krankheitserregern be-steht (§§ 4 und 5 Mutterschutzgesetz).

Bei Beachtung der Übertragungswege kann eine Infek-tionsgefährdung unter Umständen jedoch durch per-sönliche und organisatorische Schutzmaßnahmen ver-hindert werden. Generell kann man sagen, dass in der Schwangerschaft bei Verwendung von Handschuhen und Schutzbrille als persönliche Schutzmaßnahmen der Umgang mit Humanmaterial möglich ist, über dessen infektiologischen Status, insbesondere hinsichtlich Kon-taminationen mit HBV, HCV und HIV, keine Erkenntnisse vorliegen (z. B. bei Untersuchungen in der Zytogenetik). Allerdings dürfen keine Arbeiten durchgeführt werden, bei denen die Gefahr einer Verletzung und somit einer erhöhten Infektionsgefährdung besteht. Alle Arbeiten mit Nadeln oder Skalpellen sind deshalb zu vermeiden. Soll die Diagnostik den Verdacht auf eine Infektionser-krankung klären, ist das Gefährdungspotenzial des in Frage kommenden Erregers unter besonderer Berück-sichtigung des Risikos für den Fötus in die Gefährdungs-beurteilung einzubeziehen. Weiterhin ist der Immun-status der Schwangeren aufgrund von Vorimpfungen zu berücksichtigen.

Gerade bei einer vorliegenden Schwangerschaft spielen auch die gehandhabten Chemikalien eine entscheidende Rolle.

! Prinzipiell gilt, dass die werdende Mutter nicht mit Stoffen umgehen darf, die mit den Risikohinweisen R 45, 46, 49, 60 oder 61 versehen sind (krebserre-gende, fruchtschädigende oder erbgutverändernde Stoffe).

Ferner gilt, dass die werdende Mutter mit sehr giftigen, giftigen, gesundheitsschädlichen, sensibilisierenden oder in sonstiger Weise chronisch schädigenden Stoffen nur dann umgehen darf, wenn die Arbeitsplatzgrenzwerte nicht überschritten und persönliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, z. B. Tragen von Schutzhandschuhen (Nitrilkautschuk), Arbeiten unter einem Abzug bzw. in einer Sicherheitswerkbank. Der Verbleib am Arbeitsplatz

ist somit eine Einzelfallentscheidung aufgrund einer Ge-fährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes unter Beach-tung der besonderen Situation.

! Es sollte auch die besondere psychische Situation während der Schwangerschaft berücksichtigt und im Zweifel immer der betroffenen Mitarbeiterin die Entscheidung über den Verbleib am Arbeitsplatz über-lassen werden.

LiteraturBeschluss 601 des ABAS. Sicherheitstechnische Anforderungen

zur Tuberkulosediagnostik in Laboratorien. BArbBl Nr. 5/2001 (2001), S. 61.

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1 Labormanagement

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1.5 Labor-EDV 1TRBA 464. Einstufung von Parasiten in Risikogruppen. BArbBl Nr.

4/2002 (2002), S. 134.TRBA 466. Einstufung von Bakterien (Bacteria) und Archaebakte-

rien (Archea) in Risikogruppen. BArbBl Nr. 7/2006 (2006), S. 33.

TRBA 500. Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforde-rungen. BArbBl Nr. 6/1999 (1999), S. 81.

TRGS 522. Technische Regeln für Gefahrstoffe. Raumdesinfektion mit Formaldehyd. BArbBl Nr. 6/1992 (1992), S. 35.

Labor-EDV1.5

Holger Bartz

Einleitung1.5.1

Die elektronische Datenverarbeitung hat in den letzten Jahren einen enormen Stellenwert in mikrobiologischen Labors gewonnen. Durch die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Hard- und Software entstanden leistungs-fähige Systeme, die inzwischen in der Lage sind – wenn auch immer noch mit Einschränkungen – den Ansprü-chen eines mikrobiologischen Labors gerecht zu werden. Sie dienen nicht nur der Befunderstellung, sondern helfen auch dabei, komplexe epidemiologische und statistische Analysen valide, zeitnah und kostengünstig zu erstellen. Darüber hinaus sind moderne Systeme heutzutage in der Lage, mittels hinterlegter Regelsysteme definierte Be-fundkonstellationen zu erkennen und daraus Aktionen abzuleiten. Neben diesen medizinischen Aufgaben un-terstützt die Labor-EDV auch die Laborleitung. Wenn die Aufgabe des Labormanagements an sich auch keine neue ist, hat der Einsatz von EDV-Lösungen zu diesem Zweck während der letzten 25 Jahre die Wege der Datennutzung revolutioniert. Laborinformationssysteme (LIS) und die darüber hinausgehenden Laborinformations-Manage-mentsysteme (LIMS) haben sich durch diese Faktoren zum Rückgrat des Laborbetriebes entwickelt. Die Grün-de, ein LIS einzusetzen, sind demnach offensichtlich: Das LIS soll helfen, den Laborablauf effizienter zu gestalten und somit die medizinische und ökonomische Qualität zu erhöhen. Hierbei spielen neben dem Faktor Zeit auch Aspekte wie Datenzugriff, Übersichtlichkeit und Analyse-möglichkeiten eine Rolle.

! Wenn auch nicht unerwähnt bleiben darf, dass die Implementierung eines neuen LIS und des dazugehöri-gen Umfeldes sich zunächst einmal belastend auf den Laboralltag auswirkt und Kosten erzeugt, ist sowohl der medizinische als auch der ökonomische Gewinn, der aus einem gut funktionierenden System resultiert, doch gewaltig.

In der ersten Zeit muss schon mit einem Investitions-volumen gerechnet werden, das über die entstehenden Arbeitszeitkosten im EDV-System hinausgeht, da mehr Arbeitskraft für die Sicherstellung der täglichen Routine-diagnostik benötigt wird. Im Verlauf bekommen dafür die generierten Daten eine hohe Qualität und insbesondere

in Bereichen, in denen große Datenmengen nur bewegt werden müssen oder automatisiert verarbeitet werden können, ergeben sich massive Beschleunigungseffekte und damit große Einsparpotenziale. Ein klassisches Bei-spiel hierfür ist die Generierung epidemiologischer Daten wie z. B. die Erfassung von aufzeichnungspflichtigen Re-sistenzmustern.

In den letzten Jahren zeichnet sich bei der Program-mauswahl zunehmend eine Tendenz weg von selbst er-stellten sog. In-House-Lösungen hin zu kommerziell er-hältlichen Programmen ab. Für beide Varianten gibt es zahlreiche Argumente. Anwender von In-House-Lösun-gen verweisen auf die hohe Spezifität ihrer Software, die bei Bedarf unmittelbar neuen Gegebenheiten angepasst werden kann und oft von den Labormitarbeitern besser angenommen wird, da sie speziell auf die Bedürfnisse ihrer Arbeitsumgebung zugeschnitten ist. Doch auch für den Einsatz kommerzieller Programme gibt es eine Viel-zahl von Argumenten. Das oft entscheidende Hauptargu-ment ist, dass viele Anbieter Komplettlösungen für unter-schiedliche Laborbereiche (z. B. Mikrobiologie, Klinische Chemie und Blutbank) als eine zentrale Plattformlösung anbieten, und so die Systempflege, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Abteilungen und der me-dizinisch relevante Datenaustausch stark vereinfacht werden. Auch die garantierte Stabilität, permanente Wei-terentwicklung und der externe Service sind wichtige Ar-gumente für eine derartige Auslagerung. Welche Lösung für ein Labor geeigneter ist, welche effizienter eingesetzt werden kann und welche kostengünstiger ist, muss indi-viduell entschieden werden.

Begriffsdefinitionen1.5.2

LIS/LIMS ■

Heutzutage werden die Begriffe LIMS und LIS in der Regel gleichwertig nebeneinander gestellt, was auch der Rea-lität sehr nahe kommt. Traditionell deckt das LIS nur die tatsächliche Laborarbeit ab, das LIMS hingegen umfasst auch noch die Unterstützung von Aufgaben, die haupt-sächlich administrativen Charakter haben wie z. B. die Kundenverwaltung. Allerdings ist der Übergang zwischen den beiden Systemformen fließend.

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1 Labormanagement 1.5 Labor-EDV 1

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! Mit der Trennung dieser Begriffe ist auch eine der am weitesten reichenden Entscheidungen verbunden, die bei der Einführung eines LIS zu treffen ist. Welche Auf-gaben der Laborverwaltung sollen in einem Programm abgebildet werden? Oder anders formuliert: Wie viele verschiedene Softwareanwendungen dürfen nebenein-ander im Labor existieren?

Prinzipiell steht man vor der Herausforderung, dass eine geringere Anzahl von Softwarelösungen zwar weniger Stammdatenpflege erfordert, auch weniger Interaktio-nen, d. h. Schnittstellen zwischen den einzelnen Program-men, und durch das gleichartigere Softwaredesign in der Regel die Nutzung vereinfacht wird, andererseits aber die Leistungsfähigkeit und Spezifität von Einzellösungen in der Regel deutlich höher ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt von verschiedenen Parametern ab, z. B. Mit-arbeiterzahl, Einsenderzahl, Anzahl der angewandten Ge-bührenordnungen etc., sodass beide Konzepte im Vorfeld intensiv geprüft werden sollten.

Orgaware. Aufgrund der umfangreichen Aufgaben, die ein LIS heute im täglichen Betrieb übernimmt, hat sich in den letzten Jahren eine neue Ebene in der Beschreibung von Datensystemen etabliert, der Begriff der Orgaware. Diese Wortneuschöpfung wurde begrifflich an die klassischen Bereiche Hard- und Software angelehnt und umfasst die organisatorischen Rahmenbedingungen und Einzelrege-lungen, die die Administration und die Nutzung auto-matisierter Verfahren definieren (z. B. Handbücher). Da heutzutage praktisch alle im Labor ablaufenden Prozesse mit EDV-Lösungen verknüpft sind, ist der Aufbau zuver-lässiger Orgaware unabdingbar für eine gute Nutzbarkeit dieser Systeme. In vielen Bereichen repräsentiert die Or-gaware als technische Abbildung das real existierende Organigramm und Ablaufschema. Auf die Entwicklung funktionierender Orgaware muss von Beginn an geachtet werden, denn ihre Bedeutung ist für den reibungslosen Ablauf im Labor mit der von Hard- und Software mindes-tens vergleichbar.

Ebenen. LIS enthalten mehrere interne Ebenen. Zunächst gibt es den eigentlichen Programmcode, der bei kommer-ziellen Anwendungen vom Nutzer üblicherweise nicht verändert werden kann und auch nicht verändert werden sollte, da hiermit in der Regel ein Garantieverlust der Fir-ma für ihre Software einhergeht. Die Regelung von Rah-menbedingungen wird oft in sog. Konfigurationsdateien hinterlegt. Die programminternen Stammdaten umfassen die hinterlegten Untersuchungen, Abrechnungswerke, Regelwerke für Resistenzen etc. Hierzu zählen auch Da-ten, die erwartungsgemäß über einen längeren Zeitraum stabil bleiben, typischerweise Einsenderdaten oder Pati-entenstammdaten (z. B. das Geburtsdatum). Der Begriff Stammdaten ist sehr vorsichtig zu benutzen, da die Pa-tientenstammdaten eine andere Qualität haben als die

Programmstammdaten. Die eigentlichen Auftragsdaten müssen dann über die in den anderen Ebenen festgeleg-ten Wege erfasst werden. Bei dem Aufbau dieser Daten ist eine strenge Hierarchie vorzugeben, die sich zum einen aus den genutzten Nummernkreisen (z. B. Patienteni-dentifikationsnummer über Fallnummer über Auftrags-nummer über Labornummer), zum anderen aus den mi-krobiologischen Gegebenheiten ergibt (z. B. Zuordnungen von Untersuchungen zu verschiedenen Keimen einer La-bornummer).

Anforderungen1.5.3

Technische Anforderungen ■

Bei der Anschaffung und Etablierung von Systemen zur elektronischen Datenverarbeitung sind bezüglich der tech-nischen Anforderungen mehrere Fragen zu beantworten. Der Stand der Technik im Bereich Hardware/Netzwerke erlaubt dabei heutzutage eine verstärkte Konzentration auf inhaltliche Aspekte, da Kriterien wie Netzwerkfähig-keit oder schneller Datendurchsatz als selbstverständlich vorausgesetzt werden können. Trotzdem sollte formell geprüft werden, ob die betreffende Software auch diese Voraussetzungen erfüllt.

Zu diesen Leistungen gehörenLauffähigkeit auf gängiger Hardware und üblichen ■

Betriebssystemen,Netzwerkfähigkeit, ■

ausreichende Programmdokumentation (Handbuch), ■

Konfigurierbarkeit im Rahmen von Einzelparametern, ■

Tabellen und Skripten,allgemeine und konfigurierbare Zugangsmechanis- ■

men sowohl zu ablaufenden Prozessen als auch zur Datenbank,genaue interne und wieder abrufbare Protokolle von ■

durchgeführten Aktionen mit Datum, Uhrzeit und Nutzer,kurze Antwortzeiten, ■

hohe Systemverfügbarkeitszeiten (also geringe Ausfall- ■

zeiten) (Solberg u. Gleditsch 1999).

Inhaltliche Anforderungen ■

! Wie für jede Automatisierung gilt prinzipiell: Die An-schaffung einer EDV-Lösung soll die eigentliche Arbeit erleichtern und beschleunigen und kein Selbstzweck sein. Deshalb sollten vorab Standards formuliert wer-den, die von der Software zu erfüllen sind.

Diese Ansprüche unterscheiden sich je nach Art des Labors, ob Medizinische Mikrobiologie, Hygiene oder Forschungs-einheit. In allen Bereichen ist die Online-Anbindung von Messgeräten heutzutage eine Selbstverständlichkeit, dies gilt auch für den Bereich der molekularbiologischen Di-agnostik. Die Art der übermittelten Daten sollte hierbei den höchsten medizinischen Ansprüchen genügen, zum

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1 Labormanagement

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1.5 Labor-EDV 1 Beispiel also auch die Übertragung von MHK und nicht nur von interpretierten Messwerten erlauben. Ein zentraler Punkt ist die Gestaltung des elektronischen Arbeitsplat-zes. Er sollte spezifisch den realen Arbeitsplatz abbilden und eine größtmögliche Transparenz durch eine hierar-chische, klare Gestaltung bieten. Sämtliche Tätigkeiten müssen dokumentierbar sein und die Dokumentation bei Bedarf wieder abrufbar. Auf feststehenden Regelwerken beruhende Routinetätigkeiten sollten automatisierbar sein (z. B. das Meldewesen), d. h., Regelwerke sollten hin-terlegbar sein. Befunde müssen beliebig gestaltbar sein, insbesondere muss sowohl die Möglichkeit zur Erstellung von patientenorientierten als auch einsenderorientier-ten Kumulativbefunden bestehen. Insgesamt sollte an-gestrebt werden, sämtliche Informationsflüsse, soweit sie Patienten bzw. Proben betreffen, mittels LIS abzuwi-ckeln. Darüber hinaus sollte die Software in der Lage sein, wichtige Daten für externe Software aufzuarbeiten oder selbst abzuwickeln. Von besonderer Bedeutung sind im mikrobiologischen Zusammenhang natürlich epidemio-logische Daten, die über einfache Abfragen zu gewinnen sein müssen. Zumindest einfache statistische administra-tive Analysen sollten ebenfalls direkt durchführbar sein. Komplexere Abfragen, die unter Umständen direkt an die Datenbank gerichtet sind, sollten möglich sein, ohne dass aufwendige Programmierarbeit vonseiten des Anwenders erforderlich ist.

Aufbau1.5.4

Softwareaufbau ■

Das Herzstück jeder Labor-EDV bildet der elektronische Laborarbeitsplatz, der klar gegliedert sein muss, damit die Software auch von Mitarbeitern genutzt werden kann, deren Erfahrung im Umgang mit EDV begrenzt ist. Je über-sichtlicher die Gestaltung und je präziser die Vorgaben am Arbeitsplatz, desto leichter und schneller wird die Benut-zung. Der Einsatz von zu komplexen Softwarelösungen und Darstellungen ist im Arbeitsalltag oft kontraproduktiv und die Reduzierung der Komplexität von Vorteil.

Erfassung und Probenverteilung ■

Der Probenlauf durch das Labor beginnt üblicherweise mit der Erfassung der Probe. Diese kann komplett manu-ell, komplett online via Order-Entry oder per Kartenleser erfolgen. Order-Entry-Systeme beschreiben ein Verfah-ren, in dem der Einsender an einem Computer mittels spezieller Software, die über ein Netzwerk mit der zent-ralen Datenbank des LIS verbunden ist, den Auftrag selbst generiert. Nach der Auftragsgenerierung, quasi als Ersatz für den sonst üblichen Einsendeschein, wird dann vor Ort vom Einsender ein Barcode-Etikett erzeugt und das Pati-entenmaterial damit gekennzeichnet. Nun wird das Ma-terial an das Labor versandt, und wenn es dort eintrifft, wird hier mittels Laserscanner die Probe erfasst und der Auftrag automatisch im LIS freigeschaltet.

Je nach Anbindung des Einsenders, z. B. über ein der-artiges Order-Entry-System, kann er automatisiert über das Eintreffen der Probe im Labor informiert werden. Da in der medizinischen Mikrobiologie und Hygiene Proben sowohl aus einem Material mit unterschiedlichen An-forderungen (z. B. eine bronchoalveoläre Lavage mit der Anforderung: Kultur, PCR und IFT auf Legionellen) als auch Materialserien mit gleicher Anforderung (z. B. kran-kenhaushygienische Abstrichserien) umfassen können, müssen die Probenerfassungssysteme beide Möglichkei-ten erlauben. Nach entsprechender Erfassung sollte die gekennzeichnete Probe idealerweise via EDV auf die ent-sprechenden Arbeitsplätze verteilt werden.

Elektronischer Arbeitsplatz ■

Die elektronischen Arbeitsplätze sollten den Anforderun-gen des realen Arbeitsplatzes entsprechend spezifisch gestaltet sein, da dies die Benutzung erleichtert. Dies umfasst die einfache Erfassungsmöglichkeit der durch-geführten Diagnoseschritte und eine klare hierarchische Zuordnung der Ergebnisse zu Auftrag oder Keim. Spezielle Dokumentationsverfahren, z. B. die Erstellung eines Fotos beim IFT, sollten ebenfalls von der Software unterstützt werden. Da viele kommerzielle Systeme dem Bereich der Klinischen Chemie entstammen und damit Probenflüs-se linear abbilden, ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass der elektronische Arbeitsplatz den hierarchi-schen Strukturen mikrobiologischer Untersuchungsab-läufe genügt.

Mit der abschließenden Eingabe der einzelnen Unter-suchungsschritte in diesem Bereich wird üblicherweise gleichzeitig die technische Validation durchgeführt.

Validation ■

Nach der technischen Validation sollte die elektronische Weitergabe des Befundes an die medizinische Validati-on erfolgen. Um diese durchzuführen, sollte der Befund genauso dargestellt sein, wie er abschließend an den Empfänger übermittelt wird. Zur Beurteilung muss die Einsicht auf die durchgeführten diagnostischen Schritte möglich sein. Um einen effizienten Arbeitsablauf zu ge-währleisten, sollte die medizinische Validation auch die Möglichkeit zur Korrektur bieten.

Befunderstellung und -übermittlung ■

Insbesondere der Bereich der Bericht-/Befunderstellung hat in den letzten Jahren enorme Entwicklungen erfah-ren: im Layout, in den Inhalten und auch im Befundtrans-port. Bei allen Optionen, die heutzutage existieren, um die Befundlayouts ständig neu zu gestalten, dürfen die Faktoren Datensicherheit und -integrität in diesem Zu-sammenhang nicht unterschätzt werden: Beispielsweise muss der Befund noch über Jahre genau so vorhanden sein, wie er dem Empfänger ursprünglich zugesandt wur-de. Hierzu empfiehlt sich die elektronische Ablage der Befunde nach endgültiger Erstellung in einer speziellen Datenbank. Das heutzutage für derartige Aufgaben ver-

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1 Labormanagement 1.5 Labor-EDV 1

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wendete Dateiformat ist das Portable Document Format (pdf), ein plattformübergreifendes Format für Dokumen-te, die nicht weiterverarbeitet werden sollen. Von jedem Befund, der das LIS in Richtung Einsender verlässt, sollte eine Kopie in der Datenbank hinterlegt werden, egal ob Zwischen-, Teil- oder Endbefund.

Daneben muss die Befunderzeugung, d. h. die Generie-rung von Befunden nach erfolgter medizinischer Valida-tion, unter mehreren Gesichtspunkten einstellbar sein: Erzeugung nach Arbeitslisten, Einsender etc. Verschiede-ne Befundformate sollten hierfür zur Verfügung stehen. Wichtig ist auch die Möglichkeit des Zusammenfassens von Ergebnissen verschiedener Untersuchungen auf ei-nem Befund: z. B. Legionellennachweise als Kultur, PCR und IFT auf einem Befund, wobei die langwierigste Unter-suchung den Zeitpunkt des Endbefundes vorgibt. Davor werden nur Teil- bzw. Zwischenbefunde erstellt. Auch die Art und Weise, wie der Befund zum Empfänger gelangt, sollte bei der Befunderstellung empfängerspezifisch hin-terlegt sein. Die Befunde sollten den technischen Mög-lichkeiten des individuellen Empfängers entsprechend zugesandt werden. Vom klassischen Postweg über Fax-mitteilungen bis zur E-Mail oder internetbasiert mittels Web-Front-End sind hier viele Möglichkeiten gegeben. Es ist sehr wichtig, diese Datenwege und die Konsistenz der übermittelten Daten regelmäßig zu prüfen, um sicherzu-stellen, dass die Befunde den Empfänger auch wirklich er-reichen. Wichtiger Bestandteil eines LIS ist auch die Mög-lichkeit zur nachträglichen Dokumentation zu Aufträgen (z. B. nach Befundübermittlung durchgeführte Telefonate bezüglich Therapieempfehlungen) ohne Veränderung des zuvor erstellten Befundes.

Auskunftsysteme ■

! Ein gut funktionierendes Auskunftsystem innerhalb des LIS, das ermöglicht, innerhalb kürzester Zeit auf alle Befunde eines Patienten zuzugreifen, ist die ein-fachste Möglichkeit, medizinische und ökonomische Qualität zu optimieren.

Das Auskunftsystem muss Aufträge, Befundstatus und weitere den Befund betreffende Daten (z. B. weitere Ein-sendungen desselben Patienten) schnell und klar ersicht-lich in anschaulicher Form darstellen. Auch Vorbefunde, bei Bedarf auch aus länger zurückliegenden Krankheits-perioden, müssen sofort einsichtig sein. Idealerweise werden auch Daten aus anderen Laborbereichen ange-zeigt, z. B. die Entzündungsparameter aus der Klinischen Chemie.

Kommunikation ■

! Die Kommunikation mit externer Hard- und Software ist aktuell von großer Bedeutung, da insbesondere durch gut funktionierende Kommunikationsschnitt-stellen im Laborablauf viel Zeit und Kosten gespart und Fehlerquellen minimiert werden können.

Je nach Laborstruktur und LIS-Aufbau umfassen diese neben den Schnittstellen zu Messgeräten (sog. Online-schnittstellen oder „Onlines“) eine Vielzahl weiterer Mög-lichkeiten: Kommunikation mit Order-Entry-Systemen, Klinikinformationssystemen (KIS), Befundzustellungs-systemen, infektionsepidemiologischen Auswertungs-systemen, die das Melde- und Erfassungswesen regeln, mit dem Abrechnungssystem, Controllingsystemen, der Finanzbuchhaltung, dem Bestellwesen etc.

! Die Bedeutung dieser Schnittstellen ist sehr groß, da in diesem Bereich die größten Ressourcen zur Steigerung medizinischer Qualität (durch erhöhte Schnelligkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit) und verbesserter ökonomischer Effizienz (durch automatisierte Daten-übernahme, Bewertung und Verarbeitung von Daten-sätzen) liegen.

Betriebsphasen1.5.5

Installationsphase ■

Die Installationsphase ist aus mehreren Gründen von weitreichender Bedeutung für das System. Sie ist sehr kostenintensiv, ihre Effizienz bestimmt über lange Zeit maßgeblich die Akzeptanz des LIS im Labor, und hier eta-blierte Fehler lassen sich nur schwer in der produktiven Phase des Systems korrigieren. Daher ist es ratsam, die Installationsphase intensiv zu planen, mit harten inter-nen und externen zeitlichen Fristen zu arbeiten, und alle Schritte exakt zu protokollieren. Wenn möglich, sollte dieses Prozedere nach den vor Ort üblichen Qualitätsma-nagementrichtlinien durchgeführt werden. In dieser Pha-se muss die Bereitschaft bestehen, Arbeitskraft zu inves-tieren, um aus den Chancen, die eine EDV-Neueinführung bietet, konkrete Verbesserungen zu entwickeln. Je mehr offensichtliche Verbesserungen vorliegen, desto höher wird die Akzeptanz der neuen EDV im Alltag sein.

Zu Beginn wird daher eine Planungsgruppe etabliert, der Mitarbeiter aus allen Bereichen und Ebenen des La-bors angehören. Dies umfasst üblicherweise den Techni-schen Dienst, den Akademischen Dienst, die Laborleitung und die Administration (z. B. Abrechnung). Diese Gruppe erfasst zunächst die aktuellen Abläufe (Proben- und Be-fundungsfluss, Probenanzahl, Art und Anzahl der Messge-räte etc.). Darauf aufbauend werden bisherige Schwach-stellen benannt und Lösungen skizziert.

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1 Labormanagement

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1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1Diese erste Analyse sollte mit den Mitarbeitern der

betreffenden Bereiche noch einmal intensiv diskutiert werden. Danach erfolgt die entsprechende Ausschrei-bung bzw. Eigenentwicklung der Software. Nach Findung sollte die konkrete Umsetzung zunächst exemplarisch gestaltet und in enger Absprache mit dem umsetzenden Informatiker, dem nachher tatsächlich Ausführenden und der Leitungsebene gesichtet und beschlossen werden. Je-der dieser Schritte ist engmaschig zu protokollieren und von allen Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen. Für den Ablauf der Einführung ist ein Phasenplan wichtig, der vorsieht, wann welcher Bereich in den produktiven Pro-zess aufgenommen wird. Dies kann entweder für alle Be-reiche gleichzeitig oder für die einzelnen Laborbereiche nacheinander geschehen. Des Weiteren ist festzulegen, welche konkreten Anwendungen von welcher Software abgebildet werden sollen, und ferner müssen die Schnitt-stellen zwischen den einzelnen Programmen inhaltlich definiert werden. Dieser Plan ist frühzeitig zu erstellen, damit voneinander abhängige Bereiche im Bedarfsfall zur Verfügung stehen. Zu diesem Zeitpunkt müssen auch die nötigen Orgaware-Konzepte entwickelt werden. Hierzu zählt auch eine ausführliche, aber gut nachvollziehbare und zugreifbare Dokumentation.

Der Zeitraum zwischen technischer Umsetzung und Einführung sollte möglichst kurz sein, da Verzögerungen schnell zu einer Dateninkonsistenz der neu gestalteten EDV-Umgebung und zu einer Akzeptanzerniedrigung bei den Mitarbeitern führen.

! In den letzten Wochen vor der Einführung muss zudem eine intensive Mitarbeiterschulung erfolgen. Hierbei gilt es zu beachten, dass deren EDV-Grundkenntnisse sehr unterschiedlich sind und oftmals Ängste vor EDV-Neueinführungen bestehen.

Bei Bedarf können daher zunächst übergreifende EDV-Schulungen durchgeführt werden, in denen z. B. Grund-sätze von Hard-, Software und Betriebssystem vermittelt werden. Danach können Schulungen für eine größere Anzahl an Mitarbeitern durchgeführt werden, in denen Softwarekonzept und -regeln vermittelt werden. Darauf aufbauend sollten dann Schulungen in Kleingruppen in der möglichst bereits fertig entwickelten EDV-Umge-bung erfolgen. Die Hardwarebeschaffung ist möglichst frühzeitig abzuschließen, um eventuelle Fehlfunktionen oder Fehlbestellungen rechtzeitig erkennen und abfan-gen zu können. Bei der Auswahl sowohl im Bereich der Hardware als auch von Betriebssystemen ist es im Fall einer Nutzung eines kommerziellen LIS ratsam, den LIS-Herstellerangaben zu folgen, da viele Hersteller nur dann die Garantie für ihre Software übernehmen, wenn die von ihnen vorgegebenen Rahmenbedingungen eingehal-ten werden. Bei Eigenentwicklungen gilt es zu beachten, dass zu exotische Lösungen zwar teilweise eleganter und funktioneller sind, aber oftmals die Kommunikation zu korrespondierenden Systemen einschränken können.

Laufendes System ■Auch während der produktiven Phase erfordert ein LIS weiterhin intensive Betreuung, da sich zum einen mik-robiologische Weiterentwicklungen im LIS widerspiegeln müssen und zum anderen das LIS selbst ständig aktuali-siert werden muss. Darüber hinaus müssen auch admi-nistrative Neuregelungen bei Bedarf angepasst werden (z. B. Änderungen im Abrechnungswesen). Hier empfiehlt es sich, eine Kerngruppe zu installieren, die für die ständi-ge Aktualität der technischen Umsetzung verantwortlich ist. Um dies zu gewährleisten, trifft sich diese Gruppe in regelmäßigen Abständen mit Entscheidungsträgern aus den anderen Labor- und Administrationsbereichen und definiert Wege, auf denen neue Ansprüche an das LIS an-zumelden sind und wie diese realisiert werden können. Diese Gruppe muss auch das LIS fortwährend weiterent-wickeln.

Systemvalidation und Datenschutz1.5.6

Validation ■

Wie andere Laborgeräte muss auch das LIS einer Quali-tätskontrolle unterliegen, die in diesem Zusammenhang als Systemvalidation bezeichnet wird. Hauptziel dieser Systemvalidation ist festzustellen, ob das LIS in der Art und Weise arbeitet, für die es entwickelt und gestaltet wurde. Zu diesem Zweck sollten Systemakzeptanzkrite-rien etabliert und gegen Aufgaben getestet werden, die überprüfen, ob das System die angestrebten Ergebnisse erreicht. Typische Kriterien wie z. B. Befunderstellung (und ggf. Zustellung), Datenintegrität und -sicherheit sowie Durchsatzleistung müssen hierzu quantifizierbar und verifizierbar gemessen werden. Zu diesem Zweck sollten, wie im Qualitätsmanagement üblich, Protokolle und Standards für den Validierungsprozess entwickelt und entsprechend dokumentiert werden (Turner u. Bol-ton 2001).

Datenschutz ■

Das Thema Datensicherheit ist im Zusammenhang mit Labor-EDV sehr komplex, wird zudem oft regional sehr unterschiedlich behandelt und daher hier nur kurz an-gesprochen. Prinzipiell gilt, dass sämtliche Anforderun-gen mit dem zuständigen Datensicherheitsbeauftragten abgesprochen und entsprechend dokumentiert werden sollten. Das LIS sollte mittels Passwortsicherung nur für bestimmte Personen zugreifbar und der Umfang des Zu-gangs individuell für den jeweiligen Nutzer regulierbar sein. Bei Nichtnutzung sollte sich das LIS nach einiger Zeit selbst beenden. Bei Nutzung von Netzwerken ist es empfehlenswert, Daten lediglich temporär auf den Cli-ents abzulegen, da so sichergestellt wird, dass bei einem eventuellen Verlust der Hardware (z. B. durch Diebstahl) Patientendaten nicht ungewollt Dritten zugänglich ge-macht werden.

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1 Labormanagement 1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1

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Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor1.6

Christoph Schoerner

Einführung1.6.1

Die labormedizinische Diagnostik ist für die Patienten-versorgung von wesentlicher Bedeutung. Deshalb müs-sen alle Maßnahmen getroffen werden, um Richtigkeit und Reproduzierbarkeit der Untersuchungsergebnisse zu gewährleisten und so korrekte Befunde zu liefern, die dem behandelnden Arzt die Grundlage oder sichere An-haltspunkte für die ätiologische Zuordnung und Behand-lung der Beschwerden des Patienten bieten.

Die Fortschritte in der Labormedizin und die durch-greifenden Veränderungen in unserem Gesundheitssys-tem stellen aber immer höhere Anforderungen an eine leistungsfähige Labordiagnostik und damit an ein mo-dernes Qualitätsmanagement (QM). Auch verschiedene gesetzliche und berufsständische Regelungen (z. B. Ge-sundheitsreformgesetz, Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung, Medizinproduktege-setz; Musterberufs- und -weiterbildungsordnung, Richt-linien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung, RiLiBÄK 2008) machen die Etablierung und Anwendung eines QM-Systems in medizinischen Laboratorien zur Si-cherstellung und Verbesserung der Qualität mittlerweile unumgänglich.

Das QM-System muss alle labormedizinischen Teil-schritte einer Untersuchung – präanalytische, analytische und postanalytische Phasen – umfassen. Seine wichtigs-ten Grundzüge sind

fachlich qualifiziertes ärztliches und labortechnisches ■

Personal,die Minimierung von Störeinflüssen und Einflussgrö- ■

ßen in der Präanalytik,eine fachgerechte Durchführung der labormedizini- ■

schen Untersuchungen mittels validierter diagnosti-scher Verfahren und standardisierter Arbeitsabläufe,die fortlaufende Überwachung der Zuverlässigkeit und ■

Leistungsfähigkeit dieser Verfahren durch regelmäßige interne und externe Qualitätskontrollen,eine umfassende Dokumentation aller Abläufe, Tä- ■

tigkeiten, Untersuchungsergebnisse und sonstiger Aufzeichnungen,ein System zur raschen Erkennung und Beseitigung ■

von Fehlerquellen und sonstigen Störeinflüssen in allen Bereichen,ein auftraggeberfreundliches Management, das sich ■

wechselnden Bedürfnissen zeit- und sachgerecht an-passt.

Neben den allgemein anwendbaren Normen der ISO 9000-Reihe bestehen zum QM in Laboratorien spezielle Normen wie die ISO 17025 sowie die für medizinische Laboratori-en konzipierte Norm DIN EN ISO 15189 Medizinische La-boratorien – Besondere Anforderungen an die Qualität und Kompetenz (DIN 2007).

! QM ist ein dynamischer, kontinuierlicher Verbesse-rungsprozess, d. h. ein grundsätzlich auf das gesamte Labor bezogenes Geschehen, das sich im Bemühen um ständige Fortentwicklung an den Bedürfnissen der Einsender und Auftraggeber orientiert. Es umfasst alle Tätigkeiten des Labormanagements, die die Qua-litätspolitik, d. h. die Absichten und Zielsetzungen des Labors zur Qualität, und die Verantwortungen hierfür festlegen und verwirklichen.

Das QM-System und seine Dokumentation müssen ständig den sich ändernden Verhältnissen wie Stand der Technik, Leistungsprofil, Kundenerwartungen und -zufriedenheit, Ausbildung und Motivation der Mitarbeiter, Forderungen des Gesetzgebers, Schutz der Umwelt, Wirtschaftlichkeit etc. angepasst werden. Ziel ist die Einrichtung eines um-fassenden QM (TQM: Total Quality Management). Die Qualität steht dabei im Mittelpunkt und fließt von vorn-herein in jegliches Handeln mit ein. Qualität muss gelebt werden, alle Mitarbeiter sind für die Erzeugung von Qua-lität mit verantwortlich. Die Suche nach kontinuierlicher Verbesserung muss zur Alltäglichkeit werden.

Im Folgenden werden grundlegende Aussagen zum QM in medizinisch-mikrobiologischen Laboratorien entspre-chend DIN EN ISO 15189 getroffen (weitergehende Infor-mationen s. Burkhardt u. Boltze 1984, DIN 2000, 2004 und 2007-08, AML u. ZLG 2004). Hinweise zu qualitäts-sichernden Maßnahmen bei einzelnen Untersuchungen finden sich auch in den von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) herausgegebe-nen Mikrobiologisch-infektiologischen Qualitätsstandards (MiQ) (Mauch ab 1997) und in den von der Gesellschaft für Virologie (GfV) erstellten Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von Viruskrankheiten (Mertens et al. 2003).

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!Aus Neumeister, B., H. K. Geiss, R. Braun, P. Kimmig (Hrsg.): Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart

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1 Labormanagement

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1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1Qualitätsmanagement-System 1.6.2 und -Handbuch

Die Dokumentation des QM-Systems mit der Beschrei-bung der generellen Regelungen, aller Abläufe und Ver-antwortlichkeiten erfolgt in einem QM-Handbuch. Es ist eine verbindliche, generelle Weisung für alle Mitarbeiter und muss diesen jederzeit zugänglich sein. Das Personal hat sich damit vertraut zu machen und die festgelegten Regelungen permanent zu befolgen. Das QM-Handbuch sollte folgende Punkte enthalten bzw. beschreiben:

Organisationsstruktur und Rechtsform des Labors ■

grundsätzliche Aussagen zur Qualitätspolitik ■

Tätigkeitsmerkmale und Dienstleistungen, Leistungs- ■

umfang und angebotene UntersuchungsverfahrenFestlegungen zum Personalwesen ■

Räumlichkeiten und Maßnahmen zur Laborsicherheit ■

Regelungen zum Umgang mit Arbeitsmitteln (Aus- ■

rüstungs- und Einrichtungsgegenstände, Geräte, LIS, Reagenzien, Referenz- und Verbrauchsmaterialien)Format, Inhalt und Management der Arbeitsanweisun- ■

gen sowie die dadurch verbindlich festgelegten Abläu-fe, Arbeitsprozesse und Verantwortlichkeiten von der Probennahme bis zur BefundmitteilungDurchführung der internen und externen Qualitäts- ■

kontrolleRegelung des Dokumentationswesens (Dokumenten- ■

lenkung)Zusammenarbeit mit Auftraggebern und Lieferanten ■

Umgang mit Fehlern und Beschwerden ■

vorbeugende Maßnahmen und Maßnahmen zur stän- ■

digen Qualitätsverbesserunginterne und externe Begutachtung des QM-Systems ■

(Audit, QM-Review, ggf. Akkreditierung).

Konkretisierende Regelungen zu einzelnen Punkten kön-nen in Verfahrensanweisungen festgelegt werden.

Für die Betreuung und laufende Pflege des QM-Systems muss ein QM-Beauftragter benannt werden. Er ist dafür verantwortlich, dass die Erfordernisse des QM-Systems erfüllt werden, und muss mit den dazu erforderlichen Be-fugnissen ausgestattet sein.

Beschreibung des Labors 1.6.3 (Organisationsstruktur)

Die Organisationsstruktur ist in einem Organigramm dar-zustellen, aus dem der hierarchische Aufbau, die Organi-sations- und Arbeitsbereiche sowie die Verantwortlich-keiten bzw. Zuständigkeiten namentlich ersichtlich sind. Kompetenzen, Befugnisse und Aufgaben innerhalb des Labors sind eindeutig festzulegen und zu beschreiben; die Stellvertretung der wesentlichen Funktionsträger ist zu regeln. Das Labor muss eine fachlich selbstständige Einheit darstellen. Eine Einflussnahme außenstehender Organisationen oder Personen auf die Untersuchungs-

ergebnisse muss ausgeschlossen sein. Die Laborleitung darf bei der Wahrnehmung der diagnostischen Tätigkei-ten keinen fachlichen Weisungen Dritter unterliegen. Die Mitarbeiter müssen bei der Untersuchungstätigkeit und Befunderstellung frei von finanziellen Einflüssen oder sonstigen materiellen Anreizen sein.

Umgang mit Dokumenten 1.6.4 und Aufzeichnungen (Dokumentenlenkung)

Qualitätsmanagement-Dokumente ■

Wesentlich für das Funktionieren eines QM-Systems ist die adäquate Dokumentenlenkung. Der Umgang mit al-len zum QM-System gehörenden Dokumenten, d. h. de-ren Erstellung, Überarbeitung, Verteilung, Verwaltung und Archivierung ist nach einer festgelegten Systematik vorzunehmen. Alle QM-Dokumente sind systematisch zu kennzeichnen, die Erstellung, Prüfung und Freigabe hat durch autorisierte Mitarbeiter zu erfolgen. Sie müssen gut verständlich abgefasst sein und periodisch auf Aktu-alität überprüft werden. An den Arbeitsplätzen müssen aktuelle Versionen der jeweils benötigten Dokumente zur Verfügung stehen, nach denen verbindlich vorzuge-hen ist. Die Kenntnisnahme durch die Mitarbeiter ist zu dokumentieren. Überholte und ungültige Dokumente sind umgehend von allen Verteilungsorten einzuziehen. Mindestens ein Exemplar ist für einen festgelegten Zeit-raum zu archivieren. Vergleichbare Regelungen sind für die Bereitstellung der Dokumente in elektronischer Form zu treffen.

Auch die Herstellerproduktinformationen (Beipackzet-tel) müssen in die Lenkung einbezogen werden. Zu be-rücksichtigende Regelwerke wie Gesetze, Verordnungen, Normen, Richt- und Leitlinien müssen in aktueller Form vorhanden sein. Außerdem sollte ein Verzeichnis der Re-gelwerke geführt werden.

Qualitätsmanagement- und ■Untersuchungsaufzeichnungen

Für den Umgang mit Unterlagen und Aufzeichnungen zum QM-System (z. B. Geräteinventarisierung und -überwa-chungslisten, Chargenaufzeichnungen, Aufzeichnungen zur internen und externen Qualitätskontrolle, zu Kalib-rierungen und zur Anwendung von Referenzmaterialien, Stammsammlungsunterlagen, Validierungsunterlagen, Personalaufzeichnungen) und zu den durchgeführten Untersuchungen (z. B. Untersuchungsanträge, Ergebnis-aufzeichnungen, Arbeitsplatzlisten, Geräteausdrucke, Untersuchungsbefunde) sind ebenfalls angemessene Verfahren einzuführen. Insbesondere sind Regelungen für die Rückverfolgbarkeit von Aufzeichnungen und den Datenschutz festzulegen.

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1 Labormanagement 1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1

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Bezug von Waren und externen 1.6.5 Dienstleistungen

Für die Beschaffung von Geräten und den Bezug von Wa-ren wie Reagenzien und Verbrauchsmitteln sowie von Dienstleistungen (z. B. Transport- und Reinigungsdienste) sollten vorzugsweise Anbieter mit einem zertifizierten QM-System berücksichtigt werden. Weiterhin sind u. a. folgende Regelungen zu treffen:

Berechtigung zur Auswahl von Herstellern und Liefe- ■

ranten, zur Festlegung der benötigten Spezifikation, Auswahl und Bestellung,Festlegungen für die Annahme bzw. Zurückweisung ■

von Lieferungen,Maßnahmen der Eingangskontrolle und deren Doku- ■

mentation,Chargenaufzeichnungen für alle qualitätsrelevanten ■

Waren (z. B. Reagenzien, Testkits und Kontrollmateri-alien),Festlegungen zur Überwachung des Warenbestandes ■

zur rechtzeitigen Bevorratung und zur Überwachung von Dienstleistungen.

Unzulänglichkeiten bei kommerziellen Reagenzien, Test-kits oder sonstigen In-vitro-Diagnostika, die im Zuge der Verwendung auftreten, sowie Fehler und Unregelmäßig-keiten durch Hersteller und Lieferanten sind zu doku-mentieren und regelmäßig auszuwerten. Alle Hersteller, Lieferanten und sonstigen externen Dienstleister sollten in einem Verzeichnis aufgeführt sein und als Bestand-teil des QM-Systems periodisch nach festgelegten Kri-terien (Zuverlässigkeit der Produkte, Bestellabwicklung, Lieferfähigkeit und Termintreue, Benachrichtigung bei Lieferschwierigkeiten, Reklamationsbearbeitung, Bereit-stellung geeigneter Produktinformationen etc.) bewertet werden (Kern et al. 2004).

Unterauftragsvergabe, Weitergabe 1.6.6 von Untersuchungen

Die Weitergabe von Untersuchungen an andere Laborato-rien kann aus verschiedenen Gründen erfolgen oder indi-ziert sein. Nur selten angeforderte Untersuchungen soll-ten unter dem Aspekt der Qualitätssicherung wegen der ggf. unzureichenden Kompetenz in der Durchführung und fehlenden notwendigen Erfahrung in der Ergebnisinter-pretation an kompetentere Laboratorien weitergegeben werden. Die Weitergabe von Untersuchungen an andere Laboratorien im direkten Unterauftrag (Auftragslaborato-rien) und die Angabe dieser Untersuchungsergebnisse im eigenen Befundbericht ist im Leistungsverzeichnis wie auf dem Befund in eindeutiger Weise zu kennzeichnen. Dies gilt auch für Untersuchungen in anderen Laboratori-en innerhalb eines Laborverbundes.

Die Laborleitung hat sich von der Fachkompetenz und Leistungsfähigkeit der Auftragslaboratorien zu über-

zeugen und geeignete Nachweise einzuholen. Über die Zusammenarbeit sind mit den Unterauftragnehmern entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Im Labor sind Regelungen für den Ablauf der Probenweitergabe festzulegen (z. B. für die Zwischenlagerung, Versandbe-dingungen und Dokumentation). Dies gilt auch, wenn Untersuchungen lediglich an andere Laboratorien weiter-geleitet werden und die Befunde dem Auftraggeber direkt zugehen. Das Labor muss seinen Einsendern auf Nachfra-ge eine aktuelle Liste mit den Unterauftragnehmern zur Verfügung stellen können.

Zusammenarbeit mit 1.6.7 Auftraggebern

Auftraggebern sind alle Informationen und jede Hilfe-stellung zu geben, die für die Erhebung eines aussage-kräftigen Befundes bzw. die optimale Bewertung der Untersuchungsergebnisse notwendig sind. Neben indivi-duellen Beratungsleistungen zur Inanspruchnahme der Laborleistungen, Auswahl von Untersuchungen und bei der Interpretation der Laborbefunde gehört hierzu die Bereitstellung

eines ■ Leistungsverzeichnisses mit dem Untersuchungs-spektrum,von umfassenden Hinweisen für die Probennahme ■

und den Probentransport sowie ggf. für die Zwischen-lagerung oder Vorverarbeitung der Proben (Proben-nahmehandbuch),ggf. von geeigneten Entnahmebestecken einschließlich ■

Probengefäßen, Transport- und Versandgefäßen bzw. Umverpackungen,von geeigneten Untersuchungsanträgen (Einsende- ■

scheine),von Laborinformationen, z. B. zu neu eingeführten ■

Tests.

Zur Tätigkeit und Leistung mikrobiologischer Laborato-rien gehören auch die Durchführung von Informations- oder Fortbildungsveranstaltungen, die Beratung bei der Behandlung von Infektionen, ggf. mit klinischer Konsili-artätigkeit bzw. Teilnahme an Visiten, Begehungen und Beratungen vor Ort, ggf. mit Probennahmen durch Labor-mitarbeiter. In größeren Klinika sollte für dringliche Be-ratungen und Untersuchungen außerhalb der regulären Dienstzeiten ein Bereitschaftsdienst eingerichtet sein.

Über Veränderungen im Leistungsspektrum, Umstel-lung von Untersuchungsverfahren, aufgetretene Fehler etc. sind die Einsender zeitnah zu unterrichten.

Beschwerdemanagement ■(Reklamationswesen)

Einsender sollten aufgefordert werden, Fehler und sonsti-ge Reklamationen (z. B. fehlende, fehlerhafte oder unplau-sible Untersuchungsbefunde, Diskrepanzen zwischen Untersuchungsauftrag und durchgeführten Verfahren, zu

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1 Labormanagement

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1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1lange Probenbearbeitungszeiten) umgehend mitzuteilen sowie Vorschläge und Anregungen zu organisatorischen Verbesserungen zu machen.

Verfahrensweisen zur Dokumentation und Bearbei-tung von Beanstandungen und Beschwerden sind ein-zuführen und Aufzeichnungen über die durchgeführten Aufklärungs-, Korrektur- und ggf. Vorbeugemaßnahmen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen regelmäßig ausgewertet, die Auswertungen analysiert und die Wirk-samkeit sich daraus ergebender Maßnahmen bewertet werden.

Fehlermanagement und 1.6.8 Korrekturmaßnahmen, vorbeugende Maßnahmen und ständige Qualitätsverbesserung

Fehler sind Bestandteil menschlicher Tätigkeiten, deren Auftreten trotz eines etablierten QM-Systems nicht aus-zuschließen ist. Daher ist es wichtig, Fehler schnellstmög-lich zu erkennen und zu korrigieren, die Fehlerursache zu analysieren und durch geeignete Maßnahmen das Auftre-ten ähnlicher Fehler künftig sicher auszuschalten.

! Fehlervermeidung hat Vorrang vor Fehlerbeseitigung. Im Mittelpunkt sollte deshalb die Entwicklung einer positiven „Fehlerkultur“ stehen: An die Stelle der Suche nach dem „Schuldigen“ muss das präventive Auffinden von Schwachstellen, die Suche nach Verbesserungs-möglichkeiten und die Einführung vorbeugender Maß-nahmen treten.

Vorgehen bei fehlerhaften Untersuchungen, ■Einleitung von Korrekturmaßnahmen

Die Verantwortlichkeiten, die Befugnisse und das Vorge-hen bei Auftreten von Unstimmigkeiten, nicht nachvoll-ziehbaren Untersuchungsergebnissen oder offensichtli-chen Fehlern müssen festgelegt sein. Dazu gehören z. B.

Unstimmigkeiten hinsichtlich Eignung, Art, Menge ■

oder Kennzeichnung des Untersuchungsgutes,Probleme bei der Durchführung eines Untersuchungs- ■

verfahrens (z. B. fehlerhafte interne Qualitäts-kontrolle),technische Probleme mit Geräten und Einrichtungen, ■

Abweichungen vom Erwartungswert des Unter- ■

suchungsergebnisses,Mitteilung fehlerhafter Befunde an den Einsender. ■

Durch umgehende Analyse des Sachverhalts muss ver-sucht werden, die Fehlerursache so schnell wie möglich zu ermitteln und zu beseitigen. Entsprechende Kontroll- oder Korrekturmaßnahmen sind einzuleiten. Weiter-hin ist zu entscheiden, ob die Untersuchung fortgesetzt werden kann, abzubrechen oder zu wiederholen ist. Die

jeweilige Bedeutung der fehlerhaften Untersuchungen muss berücksichtigt und ggf. der Einsender informiert werden. Für die Korrektur bereits mitgeteilter, fehler-hafter Befundberichte müssen Vorgehensweisen festlegt werden, die sicherstellen, dass der Sachverhalt vom Ein-sender umgehend zur Kenntnis genommen wird. Der ge-samte Vorgang ist zu dokumentieren.

Vorbeugende Maßnahmen und ständige ■Qualitätsverbesserung

Wird festgestellt, dass sich fehlerhafte Abläufe oder Un-tersuchungen wiederholen könnten, sind vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung oder Früherkennung ein-zuführen und umzusetzen. Aufgetretene Probleme oder Fehler sind mit den sich daraus ergebenden Konsequen-zen oder den eingeleiteten Maßnahmen in den Mitarbei-terbesprechungen zu erörtern, um eine Wiederholung des Fehlers zu verhindern. Die Wirksamkeit ergriffener Korrekturmaßnahmen und eingeführter vorbeugender Maßnahmen muss überwacht werden (z. B. im Rahmen eines Audits).

Interne Audits, 1.6.9 Qualitätsmanagement-Review

Das etablierte QM-System muss in allen Bereichen min-destens jährlich bzw. bei Bedarf systematisch überprüft (auditiert) werden, um sicherzustellen, dass die Forde-rungen des QM-Systems auf allen Ebenen angewendet und effizient verwirklicht werden, und um die dauerhafte Wirksamkeit der festgelegten Arbeitsabläufe zu überwa-chen sowie die Umsetzung eventuell notwendiger Kor-rektur- oder vorbeugender Maßnahmen zu überprüfen.

Im Rahmen dieser internen Audits soll(en)der Istzustand der Abläufe innerhalb des QM-Systems ■

festgestellt,Schwachstellen aufgedeckt und Korrekturmaßnahmen ■

eingeleitet,Verbesserungsvorschläge angeregt und aufgegriffen, ■

die Mitarbeiter für die Umsetzung der Qualitätsziele ■

des Labors sensibilisiert werden.

Die Audits werden nach einem festgelegten Vorgehen durchgeführt. Auditoren können geschulte externe Per-sonen oder Labormitarbeiter sein, die jedoch nicht ihre eigene Tätigkeit auditieren dürfen. Die Ergebnisse müs-sen mit dem auditierten Bereich besprochen werden. Die erstellten Auditberichte sind wesentlicher Bestandteil des QM-Reviews.

Das QM-Review ist die jährlich durchgeführte Bewer-tung des Zustandes und der Angemessenheit des einge-führten QM-Systems durch die Laborleitung. Neben den Auditberichten gehören zu den zu behandelnden Aspek-ten u. a.

die Ergebnisse der internen und externen Qualitäts- ■

kontrollen,

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1 Labormanagement 1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1

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die Auswertung der aufgetretenen Fehler und einge- ■

gangenen Beschwerden einschließlich der Korrektur- und vorbeugenden Maßnahmen,Hinweise und Anregungen von Mitarbeitern und Ein- ■

sendern,die Bewertung der Lieferanten, ■

die Überwachung der Probenbearbeitungszeiten, ■

Einsenderbefragungen und andere statistische Aus- ■

wertungen,die Beurteilung der Angemessenheit der gegenwärti- ■

gen Personal- und Laborressourcen,zukünftige Ziele, Veränderungen und Entwicklungen. ■

Die Ergebnisse des QM-Reviews sind den Mitarbeitern bekannt zu geben.

Personal1.6.10

Anzahl und Qualifikation der Labormitarbeiter müssen der Art und dem Umfang der zu bearbeitenden Aufträ-ge angemessen sein. Die Laborleitung hat die Anforde-rungen bezüglich Qualifikation und Erfahrung des Per-sonals zu definieren. Aufgaben und Tätigkeiten sind in Stellen- bzw. Tätigkeitsbeschreibungen festzulegen. Es ist sicherzustellen, dass der Arbeitsumfang keine dauerhafte Überlastung einzelner Arbeitsplätze verursacht und die Probenbearbeitung zeitgerecht erfolgt. Die Verpflichtung zur Wahrung der Vertraulichkeit muss Bestandteil der Arbeitsverträge sein, auch bei externem Personal (z. B. Reinigungskräfte, Botendienste) und ggf. wissenschaftli-chen Mitarbeitern.

Qualifikation und Einarbeitung ■

Das Labor muss einen qualifizierten, fachlich kompeten-ten Leiter haben, in der Regel ein entsprechend weiter-gebildeter Facharzt bzw. Fachärztin. Je nach Größe des Labors und Umfang der angebotenen Laborleistungen müssen vergleichbar qualifizierte Vertreter benannt sein. Das technische Laborpersonal sollte über eine einschlä-gige Ausbildung (mindestens 3 Jahre, entsprechend der Dauer der MTLA-Ausbildung, MTA-Gesetz 1993) und praktische Berufserfahrung verfügen. Erfahrungen kön-nen durch eigene Tätigkeit sowie interne und externe Fortbildungsmaßnahmen erworben werden.

Neue Mitarbeiter dürfen für eigenständige Arbeiten erst nach qualifizierter Einarbeitung eingesetzt werden. Umfang, Dauer und die für die Einarbeitung verantwortli-che Person werden dem Arbeitsbereich und den individu-ellen Vorkenntnissen entsprechend von der Laborleitung festgelegt. Die Einarbeitung an verschiedenen Arbeits-plätzen sollte sinnvoll aufeinander abgestimmt sein und durch erfahrene und dafür geeignete Kollegen erfolgen. Über Einarbeitung, Aus- und Fort- bzw. Weiterbildung jedes Mitarbeiters sind Aufzeichnungen zu führen. Insbe-sondere ist zu dokumentieren, ab wann die Erlaubnis zur eigenständigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit, d. h.

die Autorisierung für den jeweiligen Arbeitsplatz, durch den zuständigen Laborleiter erteilt wurde. Auch die Ein-weisung in komplexere Analysensysteme und größere Geräte sollte vermerkt werden.

Die Kompetenz jedes Mitarbeiters muss periodisch be-wertet werden. Dies kann z. B. in Form von regelmäßig aktualisierten Autorisierungsplänen geschehen, die auch dem Überblick dienen, welcher Mitarbeiter welchen Ar-beitsplatz eigenverantwortlich bearbeiten bzw. betreuen darf. Es ist darauf zu achten, dass die Kenntnisse durch geeignete Rotation von Zeit zu Zeit aktualisiert werden.

Fortbildung ■

Die Laborleitung hat dafür Sorge zu tragen, dass eine aus-reichende Fortbildung aller Mitarbeiter gewährleistet ist. Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen können intern und extern durchgeführt werden. Häufigkeit und Umfang der Teilnahme an externen Fortbildungen hängen we-sentlich von den internen Fortbildungsmöglichkeiten ab. Interne Fortbildungen sollten nach einem Fortbildungs-plan durchgeführt werden, bei dessen Erstellung und Auswahl der Themen die Mitarbeiter einzubeziehen sind. Hierbei sollte regelmäßig auch auf Aspekte des QM ein-gegangen werden. Zur kontinuierlichen Information über Neuerungen und Veränderungen sowie zur Besprechung aufgetretener Fehler, Probleme und eingegangener Rekla-mationen sind regelmäßig Arbeitsbesprechungen durch-zuführen. Die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und Arbeitsbesprechungen ist durch Teilnahmebeschei-nigungen oder Protokolle zu belegen. Die Aufzeichnungen zu internen Arbeitsbesprechungen sind bei Abwesenheit baldmöglichst nachweislich zur Kenntnis zu nehmen, damit alle Mitarbeiter den gleichen Informationsstand haben.

Fachliteratur sollte in angemessenem Umfang und aktueller Form vorhanden sein. Zum Informations- und Erfahrungsaustausch sollte das Labor Kontakte zu Fach-gesellschaften und Berufsverbänden, Behörden (z. B. Ge-sundheitsamt, Landesuntersuchungsamt, Robert Koch-Institut) und anderen Laboratorien pflegen.

Räumlichkeiten, 1.6.11 Umgebungsbedingungen

Räumlichkeiten ■

Das Labor muss über geeignete Räumlichkeiten verfü-gen und zweckmäßig eingerichtet und ausgestattet sein. Es sollte so konzipiert sein, dass der Arbeitsbetrieb und die Abläufe effizient, die Arbeitsbedingungen für die Be-schäftigten möglichst optimal und Risiken für Verletzun-gen, Laborinfektionen und sonstige Berufserkrankungen so weit wie möglich ausgeschlossen sind. Art, Anzahl und Größe der Räume und die Ausstattung mit Arbeitsmitteln müssen dem Leistungsspektrum und dem Probenauf-kommen angemessen sein, damit die Untersuchungen ohne Beeinträchtigung der Qualität fachgerecht durchge-

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1 Labormanagement

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1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1führt und die Arbeitsbereiche in einem sauberen, aufge-räumten Zustand gehalten werden können.

Räumliche Trennungen der Laborbereiche sind ent-sprechend der Art und Anzahl der durchgeführten Unter-suchungen vorzunehmen. Separate Räumlichkeiten oder eindeutig abgegrenzte Bereiche sollten z. B. vorhanden sein für:

Probeneingang ( ■ Probenannahme),Probenvorbereitung bzw. -verarbeitung ( ■ Anlegeplatz oder -labor),Bearbeitung/Untersuchung der Proben ( ■ Ableseplatz) einschließlich Inkubation (z. B. Brutraum), Zellkultur, Sterilitätsprüfungen/-kontrollen (Reinraum), moleku-largenetische Arbeitstechniken,Untersuchung von Erregern der Risikogruppen 3 und 4 ■

(L3/4-Labor),Herstellung und Lagerung von Nährmedien ( ■ Nährme-dienküche),Aufbereitung von Gerätschaften bzw. Geräten ein- ■

schließlich Dekontamination bzw. Sterilisation und Spül-/Waschbereich (Spülküche),Schreibarbeiten und Verwaltungsvorgänge sowie EDV- ■

Eingabeplätze.

Für die adäquate Aufbewahrung und Lagerung von Un-tersuchungsgut, Reagenzien und Testkits, Referenzorga-nismen und anderen Referenz- und Kontrollmaterialien, Verbrauchsmaterialien, Aufzeichnungen und Dokumen-ten sowie von Abfall müssen geeignete Archiv- und La-gerräume bzw. Lagerbereiche zur Verfügung stehen.

! Der Zutritt fremder Personen zum Labor ist aus Gründen des Infektions- und Datenschutzes auf das Mindestmaß zu beschränken und ausreichend zu kontrollieren. Der Zugang zu den Laborräumen ist so zu regeln, dass diese von Unbefugten nicht betreten werden können. Für bestimmte Laborbereiche, z. B. der Sicherheitsstufe L3, für molekulargenetische Untersu-chungen oder Sterilitätsprüfungen müssen spezielle Zugangsregelungen definiert und überwacht werden; diese Laborräume sind eindeutig zu kennzeichnen.

Umgebungsbedingungen ■

Auch die Umgebungsbedingungen dürfen die Qualität der Untersuchungsergebnisse nicht beeinflussen. Ergebnis-verfälschende Einflüsse müssen durch geeignete Maß-nahmen (z. B. Klimatisierung) ausgeschlossen werden. Sind für einzelne Untersuchungsverfahren spezielle Um-gebungsbedingungen erforderlich, müssen diese definiert und eingehalten werden. Kritische Umgebungsanforde-rungen müssen überwacht und aufgezeichnet werden.

Je nach Art der durchgeführten Untersuchungen sind besondere Vorkehrungen festzulegen und zu dokumen-tieren, um das Risiko von (Kreuz-)Kontaminationen so gering wie möglich zu halten. Insbesondere für mole-kulargenetische Untersuchungen muss die räumliche

Trennung einzelner Arbeitsschritte zum Schutz des Un-tersuchungsgutes vor Verschleppungen von nativer sowie amplifizierter Nukleinsäure und eine auf die Erforder-nisse der Amplifikationsverfahren zugeschnittene Orga-nisation der Arbeitsabläufe gegeben sein. Für bestimmte Laborbereiche sind besondere Festlegungen zur Über-wachung der Umgebung auf Kontaminationen zu treffen (z. B. Reinraum für Sterilitätsprüfungen).

Ausstattung und Reinigung ■

Einrichtung und Ausstattung der Laborräume mit ad-äquaten Labormöbeln, Kühl- und Bebrütungseinrichtun-gen, Abzügen, Betriebs- und Gebrauchsmitteln müssen eine ordnungsgemäße Durchführung der Untersuchun-gen gewährleisten. Dies betrifft insbesondere die Ener-gieversorgung (z. B. Beleuchtung, Stromanschlüsse, ggf. Notstrom), die Klimatisierung, ggf. raumlufttechnische Anlagen und die zweckmäßige Bereitstellung sonstiger Medien wie z. B. Wasser, Gas, Druckluft.

Arbeitsplätze und Fußböden sind sauber zu halten und müssen deshalb leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein. Das festgelegte Reinigungsprogramm mit zweckmä-ßigen Reinigungs- und gelisteten Desinfektionsmitteln für Oberflächen, für die Laborausstattung und -ausrüs-tung ist nachvollziehbar einzuhalten. Staubbelastungen und -ansammlungen sind zu vermeiden (z. B. durch ge-schlossene Lagerungsmöglichkeiten und die Reinigung nicht behindernde Anordnung von Möbeln und Geräten). Pflanzen und persönliche Gegenstände sind aus den La-borarbeitsbereichen fernzuhalten.

Laborsicherheit und Arbeitsschutz1.6.12

(s. MiQ 20 und 21 [Mauch 2005] und Kap. 1.4)

Laborausrüstung, Umgang mit 1.6.13 Geräten

Das Labor muss dem Leistungsumfang gemäß über ge-eignete Analysensysteme und die notwendigen Geräte verfügen und mit allen sonstigen erforderlichen Instru-menten, Ausrüstungsgegenständen, Arbeitsmitteln und Gebrauchsgütern ausgestattet sein.

Alle Geräte müssen sach- und funktionsgerecht auf-gestellt und mit den ggf. erforderlichen Sicherheitshin-weisen versehen sowie mittels einer Gerätenummer eindeutig identifizierbar und in einem Gerätebestands-verzeichnis inventarisiert sein. Die Geräteaufzeichnun-gen sollten u. a. Folgendes enthalten:

Bezeichnung, Kennzeichnung/Gerätenummer ■

Hersteller und ggf. Lieferant, Modell/Typbezeichnung, ■

SeriennummerStandort, Aufstellungs- bzw. Inbetriebnahmedatum, ■

Aufsteller

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1 Labormanagement 1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1

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Zustand bei Erhalt (neu, gebraucht, überholt etc.), ■

BesitzstatusGarantieleistung und Wartung (Kunden- bzw. Repara- ■

turdienst)Aufbewahrungsort der Bedienungsanleitung, ggf. Ge- ■

räteverantwortlicher.

Eignungs- und Leistungsüberprüfung, ggf. Kalibrierung und Unterhalt der Geräte müssen als Teil des QM-Systems geregelt und dokumentiert werden.

Umgang mit Geräten, Leistungsnachweis, ■Funktionskontrolle

Bei Analysensystemen und sonstigen größeren Geräten wird die funktionelle Eingangsprüfung i. d. R. durch den Hersteller oder Lieferanten durchgeführt. Ein Inbetrieb-nahmeprotokoll mit Nachweis der Überprüfung der Funktionsfähigkeit und wesentlicher Leistungsparameter ist zu erstellen. Danach muss die korrekte Funktion und Leistungsfähigkeit der qualitätsrelevanten Geräte wie vom Labor schriftlich festgelegt regelmäßig durch Kali-brierung, Einsatz von Referenz- und Kontrollmaterialien sowie entsprechenden Unterhalt (regelmäßige Reinigung, Instandhaltungs- und Wartungsmaßnahmen) überprüft und sichergestellt werden. Dies ist entsprechend aufzu-zeichnen. Für Analysensysteme und Großgeräte sind Ge-rätelogbücher zu führen, in denen Inbetriebnahme- und Einweisungsprotokolle, bauliche Veränderungen, War-tungsaufzeichnungen, Ausfälle, Funktionsstörungen und Fehlermeldungen, Reparaturnachweise usw. dokumen-tiert werden.

Das Vorgehen bei Auftreten von Funktionsstörungen oder Ausfall eines Geräts ist zu regeln. Defekte Geräte müssen sofort außer Betrieb genommen und eindeutig gekennzeichnet werden, um eine Weiterverwendung sicher zu verhindern. Die Auswirkung des Defekts auf die Untersuchungen zuvor ist zu überprüfen; ggf. erfor-derliche Korrekturmaßnahmen sind einzuleiten. Nach Instandsetzung sind vor Wiederinbetriebnahme entspre-chende Leistungsüberprüfungen durchzuführen.

Insbesondere komplexere Analysensysteme dürfen nur von befugtem, d. h. eingewiesenem und geschultem Personal bedient werden. Die Einweisungen und Schu-lungen sind zu dokumentieren. Für die Gerätebedienung sind verständliche Anweisungen zu erstellen. Auch die Herstelleranleitungen/-gerätehandbücher müssen beim Gerät vorhanden sein (z. B. für die Fehlerbehebung).

Geräteüberwachung ■

Wenn möglich, sollten relevante Geräte wie z. B. Blut-kultur- und andere Laborautomaten, Gefrier- und Tief-kühlschränke an ein zentrales Überwachungs- und ggf. Notstromsystem angeschlossen sein. Für länger dauernde Stromausfälle sollten Notfallpläne erstellt sein.

Die Isttemperatur aller temperaturgeregelten bzw. -re-gelnden Geräte (Kühlgeräte, Inkubatoren, Wasserbäder etc.) ist arbeitstäglich zu kontrollieren und zu protokol-

lieren. Hierfür sind eine Solltemperatur und die jeweils tolerierbare Abweichung von der Solltemperatur festzu-legen. Die Arbeitsthermometer müssen regelmäßig und dokumentiert mit zertifizierten Referenzthermometern abgeglichen (rückgeführt) werden. Der Einsatz digitaler Minimum-Maximum-Thermometer wird empfohlen. Um die Erfassung kurzzeitiger größerer Temperaturschwan-kungen z. B. beim Beschicken der Geräte zu vermeiden, sollte dabei der Temperaturfühler in Glyzerin oder Paraf-finöl eingebracht werden.

Sterilisatoren ■

Es sind Vorkehrungen zur Trennung von zu sterilisieren-den Abfällen, von zu sterilisierendem Gut und von steri-lem Material zu treffen. Bei der Nährmedienherstellung sind je nach Medium ggf. erforderliche, schonende Ste-rilisationsverfahren einzuhalten. Die Chargen und die Überwachung der Sterilisatoren sind ausreichend zu do-kumentieren. Die erforderliche periodische Prüfung der Sterilisation auf Wirksamkeit mit physikalischen Para-metern und/oder einer ausreichenden Anzahl definierter Bioindikatoren ist nachweislich durchzuführen. Indika-toren (z. B. Autoklavierband) sollten nur zur Unterschei-dung sterilisierter und unsteriler Materialien eingesetzt werden.

Laborinformationssysteme 1.6.14 (Labor-EDV) (s. auch Kap. 1.5)

Hardware, Betriebssystem, eingerichtete Softwarekon-figuration und Programmstruktur des eingesetzten La-borinformationssystems (LIS) müssen angemessen do-kumentiert (z. B. in einem Benutzerhandbuch) und die Verantwortlichkeiten für die Labor-EDV festgelegt sein. Die Zugänglichkeit des LIS ist zu regeln, z. B. durch ein personenbezogenes, passwortgeschütztes, hierarchisches Zugangssystem, um Befundeingaben und -änderungen ggf. rückverfolgen zu können und den Anforderungen des Datenschutzes Genüge zu leisten. Weitere Regelungen be-treffen die Dokumentation von Softwareänderungen, die vor ihrer Aktivierung ausreichend getestet sein müssen, die Stammdatenverwaltung und die Ausfallssicherung einschließlich Erstellung eines Notfallplans. Um Schaden durch Datenverluste oder -veränderungen zu verhindern, muss ein hoher Grad an Datenintegrität des LIS sicherge-stellt werden und ein Datensicherungskonzept etabliert sein. Die Maßnahmen zum Schutz des LIS müssen doku-mentiert sein. Rechner sind vor den Folgen eines plötz-lichen Stromausfalls durch unterbrechungsfreie Strom-versorgung zu schützen. Wartungen und Reparaturen sind zu dokumentieren. Das LIS muss über eine geeignete Datenbank verfügen, die zweckmäßige statistische Aus-wertungen ermöglicht.

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1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1Umgang mit Reagenzien und 1.6.15 Referenzmaterialien

Der Begriff Reagenzien umfasst im Folgenden Chemikali-en, Nährmedien, Testkits und sonstige In-vitro-Diagnos-tika (IvD). Unter Referenzmaterialien sind Kalibrier- und Kontrollmaterialien, -kulturen, -stämme und -zellen zu verstehen. Das Labor hat für den adäquaten Umgang mit den verwendeten Reagenzien und Referenzmateriali-en Festlegungen zu treffen, die sicherstellen, dass deren Qualität den Anforderungen der durchgeführten Unter-suchungen entspricht.

Reagenzien ■

Die Eignung kommerzieller Reagenzien für ihren Verwen-dungszweck muss durch Unterlagen des Herstellers bzw. Lieferanten belegt sein. Reagenzien sollten von Anbietern bezogen werden, die über ein zertifiziertes QM-System verfügen. Nach der IvD-Richtlinie müssen alle in der me-dizinischen Labordiagnostik eingesetzten kommerziel-len Produkte CE-gekennzeichnet sein. Dies besagt, dass das Produkt die Anforderungen aller einschlägigen EU-Richtlinien erfüllt. Alle Reagenzien sind einer geeigneten Eingangskontrolle zu unterziehen. Die geforderte Qualität von Reagenzien sowie Hinweise auf besondere Vorsichts-maßnahmen, Risiken und Einschränkungen, die bei der Vorbereitung, Lagerung oder beim Gebrauch beachtet werden müssen (z. B. Luft- und Lichtstabilität, Hitzebe-ständigkeit, Toxizität, Entflammbarkeit, Reaktivität mit anderen Chemikalien oder bestimmten Behältern), sind in den Arbeitsanweisungen anzugeben.

! Alle Reagenzien – ob kommerziell oder selbst her-gestellt – müssen eindeutig identifizierbar und mit folgenden Angaben versehen sein: Konzentration, Lösungsmittel (außer Wasser), Herstellungs- bzw. Eingangsdatum, Verfallsdatum und/oder empfohlener Lager- bzw. Haltbarkeitszeitraum sowie ggf. Anbruch-datum, Lagerbedingungen und Gefahrstoffkennzeich-nung.

Die zugehörigen Sicherheitsdatenblätter müssen zur Verfügung stehen. Es ist sicherzustellen, dass sich keine Reagenzien mit überschrittenem Haltbarkeitsdatum im Zugriff befinden. Gelegentlich sind jedoch Reagenzien über das angegebene Haltbarkeitsdatum hinaus wirksam und damit verwendbar (z. B. Antiseren). Die Wirksamkeit ist dann durch angemessene Kontrollen vor oder im Zuge jeder Verwendung zu überprüfen.

Reagenzien und Referenzmaterialien sind so zu lagern, dass ihre Identität und Unversehrtheit gesichert sind; ins-besondere sind sie strikt getrennt vom Untersuchungsgut aufzubewahren. Vorgaben wie lichtgeschützt, gekühlt, eingefroren, trocken etc. sind einzuhalten. Der Vorratsbe-stand soll im Rotationsverfahren verwaltet werden, da-mit zuerst eingegangene Chargen auch zuerst verbraucht

werden („First in-first out-Prinzip“). Es ist eine adäquate Chargendokumentation zu führen.

Der Gebrauch kommerzieller Reagenzien, vor allem von Testkits, hat nach IvD-Richtlinie und Medizinproduktebe-treiberverordnung gemäß den Vorgaben oder Empfeh-lungen der Hersteller zu erfolgen (bestimmungsgemäßer Gebrauch), anderenfalls muss eine Validierung erfolgen.

Nährmedien, Puffer und Lösungen ■

Für selbst hergestellte Nährmedien, Puffer und Lösungen müssen genaue Herstellungsanweisungen einschließ-lich der Qualitätskontrollmaßnahmen vorliegen (z. B. als Nährmedienhandbuch). Die Qualität des Wassers zur Herstellung sollte nach einer Norm (z. B. DIN ISO 3696, American Society for Testing and Materials [ASTM] oder Clinical Laboratory Standards Institute [CLSI]) klassifiziert sein. Es sollte entionisiertes Wasser aus Umkehrosmose-anlagen verwendet werden, das frei von bakteriziden und wachstumshemmenden Substanzen ist. Über fremdbezo-gene Fertignährmedien und -reagenzien müssen ausrei-chende Produktinformationen des Herstellers bzw. Liefe-ranten vorliegen (z. B. Zusammensetzung, durchgeführte Qualitätskontrollmaßnahmen).

Das Labor ist dafür verantwortlich, dass alle verwen-deten Nährmedien – ob gekauft oder selbst hergestellt – steril sind, die Vermehrung der Zielorganismen oder von Zellen ausreichend fördern, ggf. biochemisch genügend reaktiv sind und das Wachstum von Nichtzielorganismen unterdrücken. Dazu müssen die Medien zum Zeitpunkt der Herstellung oder Benutzung mit geeigneten (Refe-renz-)Kontrollorganismen entsprechend umfassend kon-trolliert werden. Bei kommerziellen Nährmedien kann sich die Kontrolle auf kritische Reaktionen beschränken, die vom Hersteller nicht überprüft werden. Eine Doku-mentation dieser Kontrollen ist unerlässlich.

Referenzmaterialien ■

Referenzmaterialien sind alle Kontrollmaterialien für die interne Qualitätskontrolle, z. B. Kontrollstämme und -zellen, (monoklonale) Antikörper/-seren, Antigen- und DNA-Präparationen, Kalibratoren. Diese müssen dem di-agnostischen Leistungsumfang gemäß vorhanden sein, um die Richtigkeit von Ergebnissen zu belegen und die Leistungsfähigkeit des Labors zu überprüfen, um Unter-suchungsverfahren zu validieren und zu vergleichen so-wie Geräte und Verfahren zu kalibrieren. Wann immer möglich, sind Referenzkulturen und -stämme von Mikro-organismen, Viren und Zellen zu verwenden, die direkt aus einer anerkannten Stammsammlung oder von einem Referenzlabor bezogen wurden oder ggf. durch geeignete Methoden (z. B. Sequenzierung, biochemische Stoffwech-sel- oder Zellwandanalysen, Ringversuche) hinreichend charakterisiert sind. Über alle Referenzmaterialien sind geeignete Aufzeichnungen zu führen, z. B. Bezeichnung, Eingangsdatum, Aufbewahrungsbedingungen, Haltbar-keit, Anwendbarkeit, Gebrauchszeitraum.

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1 Labormanagement 1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1

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Zur Bevorratung sollen von Referenzkulturen und -stämmen umgehend Subkulturen bzw. Aliquots ange-legt werden, die exakt definiert sein und gleichbleibende Ergebnisse gewährleisten müssen. Reinheits-, biochemi-sche und sonstige Kontrollen müssen je nach Erfordernis vorgenommen werden. Die Referenzvorratskulturen sind durch eine Technik zu konservieren, die die gewünschten Charakteristika der Stämme erhält (z. B. Gefriertrocknung, Tiefgefriertechniken, Lagerung unter Flüssigstickstoff). Daraus werden die Arbeitskulturen für die Routinear-beiten hergestellt. Aufgetaute Referenzvorratskulturen dürfen nicht wieder eingefroren werden. Von Arbeits-kulturen dürfen keine Subkulturen angelegt werden, um Referenz(vorrats)kulturen zu ersetzen. Subkulturen der Arbeitskulturen sind bei Standardmethoden bis zu einer definierten Anzahl möglich, wenn es zu keiner Verände-rung der gewünschten Charakteristika kommt.

Über Zellpassagen und Viruspropagierungen sind Pro-tokolle zu führen (z. B. Nachvollziehbarkeit von Medien und Serumchargen, Serumkonzentrationen, Vermeh-rungsdauer).

Selbst gewonnene Antikörper bzw. Antiseren sollen – soweit vorhanden – mit anerkannten Referenzpräparaten verglichen werden. Ggf. sind Titrationen zur Ermittlung der geeigneten Antikörperverdünnungen durchzuführen.

Präanalytische Maßnahmen1.6.16

Die Qualität mikrobiologischer Untersuchungsergebnisse hängt entscheidend von der Eignung des Untersuchungs-gutes für die jeweilige Fragestellung ab. Daher muss die richtige Probe gewonnen werden, deren Beschaffenheit durch die präanalytischen Teilschritte nicht oder nur mög-lichst wenig beeinflusst werden darf. Die nachfolgenden präanalytischen Maßnahmen müssen von den Auftragge-bern wie auch vom Labor beachtet und strikt eingehalten werden, um eine möglichst optimale Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse zu erreichen. Die Übersendung einer Probe zur (hygienisch-)mikrobiologischen Unter-suchung ist die Anforderung eines laborärztlichen Kon-sils. Das Labor muss sich demzufolge die Ablehnung oder Abänderung von Untersuchungsanforderungen, die kein ausreichend valides, aussagekräftiges Untersuchungser-gebnis erwarten lassen, im Einzelfall vorbehalten.

Leistungsverzeichnis ■

Das Labor hat seinen Einsendern alle relevanten Infor-mationen zur korrekten Präanalytik gedruckt und/oder elektronisch zur Verfügung zu stellen, z. B. als ständig ak-tualisiertes Leistungsverzeichnis. Neben der Darstellung der angebotenen Untersuchungen (Untersuchungsspek-trum) sind detaillierte Hinweise zum Untersuchungsgut (Probennahmehandbuch) zu geben. Darin sollte auch enthalten sein, welche Erreger bei bestimmten Infekti-onskrankheiten ätiologisch und differenzialdiagnostisch von Bedeutung sind, welche Verfahren zum Nachweis

bestimmter Erreger am besten durchgeführt werden und welche Proben dafür bzw. bei bestimmten infektiologi-schen oder (krankenhaus)hygienischen Fragestellungen zu gewinnen sind.

Insbesondere bei infektionsserologischen Nachweisen müssen die jeweils angewandten Untersuchungsver-fahren angegeben sein, da Wertigkeit und Aussagekraft einzelner Verfahren bezogen auf den jeweiligen Untersu-chungsparameter unterschiedlich sein können, sowie ggf. Hinweise zur Aussagekraft und zu Einschränkungen in der Spezifität und/oder Sensitivität der Untersuchungs-verfahren. Weiterhin sollte erwähnt sein, ob eine Unter-suchung arbeitstäglich oder nur an bestimmten Tagen durchgeführt wird, die übliche Bearbeitungsdauer, die Notwendigkeit einer telefonischen Vorinformation (z. B. bei Toxinnachweisen mittels Tierversuch), ggf. die Nach-weisgrenze und – wo vorhanden – der Normalwert sowie sonstige sachdienliche Angaben wie z. B. Hinweise zur Meldepflicht. Extern in Unterauftragsvergabe durchge-führte Untersuchungen müssen als solche gekennzeich-net sein.

Untersuchungsgut – Probennahme, ■Identifikation, Lagerung, Transport

Unabdingbare Voraussetzung für eine aussagekräftige mikrobiologische Diagnostik ist die sachgerechte Entnah-me von geeignetem Untersuchungsgut. Deshalb müssen spezifische Anweisungen für die korrekte Gewinnung und Handhabung der Proben vorhanden sein (Handbuch für die Primärprobennahme, Präanalytikkompendium). Diese Anweisungen haben die Empfehlungen von Fachge-sellschaften sowie ggf. vorhandene Normen, Richtlinien staatlicher Einrichtungen (z. B. des Robert Koch-Instituts zur Krankenhaushygiene) oder gesetzliche Vorgaben (z. B. Trinkwasserverordnung) zu berücksichtigen. Neben der Beschreibung der richtigen Probennahme, wo notwendig und sinnvoll, ist darin einzugehen auf:

ggf. Vorgaben für bestimmte Entnahmezeiten (z. B. ■

Morgenurin),benötigte Probemenge, ■

Verwendung ggf. erforderlicher Transport- oder Kon- ■

servierungsmedien,vorhandene bzw. geeignete Proben- und Transport- ■

gefäße,adäquate Probenidentifikation, ■

korrekten Umgang mit den verfügbaren Anforderungs- ■

formularen,korrekte Probenlagerung unter Berücksichtigung der ■

Probenstabilität,korrekten Probentransport. ■

Zur Vermeidung von Verwechslungen und zur zweifels-freien Zuordnung ist das Untersuchungsgut, d. h. das Probengefäß, durch den Einsender eindeutig und hinrei-chend zu kennzeichnen.

Die Vorgaben für die Lagerungs- und Transportbedin-gungen bzw. -zeiten bis zur Bearbeitung der Proben sind

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1 Labormanagement

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1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1so zu konzipieren, dass deren Stabilität und Zusammen-setzung gewährleistet sind bzw. der Nachweis relevanter Erreger ggf. sogar erleichtert wird (z. B. durch Verwen-dung von Transport- oder Anreicherungsmedien, durch Kühlung oder Vorinkubation, Zusatz von Enthemmern). Einsender sind immer wieder darauf hinzuweisen, dass alle Proben so schnell wie möglich zur Untersuchung ge-langen sollten.

Anforderungsformulare ■

Bedeutsam ist auch der stete Hinweis, dass richtig ausge-füllte Anforderungsformulare maßgeblich für die korrekte Diagnostik und wichtig für die Beurteilung der Untersu-chungsergebnisse und die Erstellung der Befundinterpre-tation sind. Die zur Verfügung gestellten Formulare sind so zu gestalten, dass für die Angabe aller notwendigen bzw. relevanten Informationen ausreichend Platz vorhan-den ist, z. B.

Art der Probe und ggf. Entnahmestelle, ■

Datum und ggf. Zeitpunkt der Probenahme, ■

ggf. Auffälligkeiten oder Schwierigkeiten bei der Pro- ■

benahme,Diagnose und andere relevante (klinische) Angaben, ■

applizierte Antiinfektiva und sonstige relevante Me- ■

dikamente (z. B. Immunglobuline, Immunsuppressiva, Chemotherapeutika),gewünschte Untersuchungen, ■

Datum und ggf. Zeitpunkt des Probeneingangs im ■

Labor,bei hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen ■

ggf. Zusammensetzung der Probe, Probenehmer, Prüf-datum und gerätespezifische Parameter.

Dies gilt gleichermaßen für die elektronische Leistungs-anforderung und Auftragserfassung (Order-Entry).

Probeneingangsüberprüfung, ■Probenkennzeichnung, Auftragserfassung

Das Labor hat Regelungen für die Probenannahme zu treffen und für die Proben(ver)teilung, wenn das Unter-suchungsgut an verschiedenen Arbeitsplätzen mit unter-schiedlichen Verfahren untersucht werden soll (Proben-splitting) oder Rückstellproben erforderlich sind, sowie ggf. zeitliche Prioritäten für die Bearbeitung von Notfall- oder „Eilt“-Untersuchungen zu bestimmen.

Kriterien zur Beurteilung des Zustands und der Eignung von Proben für die angeforderten Untersuchungen bzw. für die Zurückweisung von Proben müssen festgelegt sein, z. B. grundsätzliche Eignung, ausreichende Identifikation der Probe, geeignetes, nicht beschädigtes Probengefäß und intakte (Um-)Verpackung, Probe nicht ausgelaufen oder kontaminiert, Abstrichtupfer nicht ausgetrock-net, ggf. ordnungsgemäße Verwendung von geeigneten Transportmedien, ausreichendes Probevolumen. Insbe-sondere ist bei der Probeneingangsüberprüfung auf zu lange Laufzeiten und ungeeignete Transportbedingungen zu achten, da Faktoren wie Transportdauer und Tempe-

ratur die Probenqualität erheblich beeinflussen können. Auffälligkeiten sind zu dokumentieren. Ebenso sollte ggf. die makroskopische Probenbeschaffenheit (z. B. klar, trüb, eitrig, schleimig, blutig, hämolytisch, breiig, dünnflüssig, wässrig, eingetrocknet) festgehalten und auf dem Befund mitgeteilt werden. Bei allen Unklarheiten und Zweifels-fällen bezüglich des Untersuchungsgutes oder der Anfor-derungen muss mit dem Einsender Rücksprache genom-men werden.

! Anforderungen von Untersuchungen, die mit der eingegangenen Probe kein objektives Ergebnis liefern bzw. nur geringe Aussagekraft haben, sind abzulehnen. Wird nach Rücksprache mit dem Einsender eine Unter-suchung auf dessen ausdrücklichen Wunsch dennoch durchgeführt (z. B. bei nicht wiedergewinnbarem Untersuchungsgut), ist im Befundbericht auf die einge-schränkte Aussagekraft des Untersuchungsergebnisses oder den Mangel der Probe hinzuweisen.

Nach der Eingangsbeurteilung und Annahme der Probe erfolgt eine eindeutige Kennzeichnung durch das Labor (Vergabe einer Labornummer). Mit dieser muss die Probe vom Eingang bis zum Ende der Untersuchung identifi-zierbar und im Falle eines Splittings rückverfolgbar sein, ebenso bei Herstellung von Sekundärproben aus der Pri-märprobe (z. B. Liquorüberstand nach Zentrifugation für infektionsserologische Tests). Bei der Erfassung der Anfor-derung im LIS soll auch der Eingangszeitpunkt im Labor festgehalten werden. Alle an einem Arbeitstag eingegan-genen Proben sind in einem Eingangsbuch, LIS-Protokoll (Patientenliste) o. Ä. zu dokumentieren. Der Umgang mit zusätzlichen telefonischen Untersuchungsnachforderun-gen ist adäquat zu regeln.

Probenlagerung bis zur Untersuchung ■

Kann die Untersuchung einer Probe nicht sofort erfolgen, sind alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Stabilität des Untersuchungsgutes bis zur Bearbeitung si-cherzustellen. Werden Untersuchungen nur an bestimm-ten Tagen durchgeführt, muss die Probenlagerung im Labor unter den für die jeweilige Untersuchung erforder-lichen und festgelegten Bedingungen erfolgen.

Untersuchungsverfahren1.6.17

Alle Untersuchungen sind mit anerkannten, ausreichend validierten oder normativen Verfahren und standardi-sierten Arbeitsabläufen durchzuführen, die dem Wis-sensstand entsprechen und von Fachorganisationen empfohlen oder vorgegeben und entsprechend publiziert wurden. Redundante, nicht indizierte oder bei ungeeig-netem Untersuchungsgut aussichtslose Untersuchungen, die kein valides Ergebnis erwarten lassen, sollen unter-bleiben.

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1 Labormanagement 1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1

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Das angebotene Spektrum an Untersuchungen ist auf aktuellem Stand zu halten. Alle angewandten Untersu-chungsverfahren und die dazugehörenden Standardar-beitsanweisungen sind deshalb in regelmäßigen Abstän-den, d. h. mindestens jährlich, nachvollziehbar auf ihre Aktualität und Anwendbarkeit zu überprüfen. Über rele-vante Änderungen sind die Einsender zu unterrichten.

Validierung von Untersuchungsverfahren ■

Unter Validierung versteht man in der Labormedizin die Bewertung einer Methode oder eines Untersuchungsver-fahrens im Hinblick auf die Eignung für den vorgesehe-nen Verwendungszweck. Sie dient der Überprüfung eines Verfahrens auf Anwendbarkeit und Zuverlässigkeit vor der routinemäßigen Verwendung.

Von Fachorganisationen empfohlene oder normative Standardprozeduren können als ausreichend validiert angesehen werden. CE-gekennzeichnete Testkits müssen vom Hersteller vor dem Inverkehrbringen einer Leistungs-bewertungsprüfung unterzogen, d. h. vollständig validiert werden, und es kann auf die in der Produktinformation angegebenen Leistungsdaten Bezug genommen werden. Bei einer Neueinführung oder Testumstellung muss das Labor jedoch dokumentiert nachweisen, dass es sich durch eine ausreichend häufige Durchführung der Unter-suchung mit der Methodik vertraut gemacht hat und die Labormitarbeiter das neue Untersuchungsverfahren vor der erstmaligen Ergebnismitteilung und Befundung von eingesandten Proben sicher beherrschen (Familiarisie-rung). Wenn möglich, sollte versucht werden, durch eige-ne Untersuchungen bzw. Vergleichstests die publizierten oder vom Hersteller angegebenen Leistungsparameter nachzuvollziehen (Verifizierung).

Bei Abänderung eines beschriebenen Vorgehens oder des bei konfektionierten Testkits vom Hersteller vorge-gebenen Arbeitsablaufs (einschließlich Veränderung der Testkomponenten oder Verwendung anderer Reagenzi-en) sowie bei Entwicklung eigener Tests (Inhouse-Tests, z. B. Nukleinsäure-Amplifikationstests) muss eine ent-sprechend umfassende Validierung des Untersuchungs-verfahrens und eine Dokumentation der Ergebnisse vorgenommen werden mit – wo möglich und sinnvoll – Bestimmung folgender Kenngrößen: Nachweis- und/oder Bestimmungsgrenze, Linearität, Einflussgrößen, diagnos-tische Spezifität und Sensitivität, Intraassay- und Inter-assay-Präzision. Hierfür sollte ein Plan erstellt werden, in dem Art und Umfang der Überprüfung, die Dauer der Test-phase etc. festgelegt werden. Die Austestungs- bzw. Vali-dierungsunterlagen sind mindestens für den Zeitraum der Anwendung der Untersuchungsverfahren aufzubewahren. Gesetzliche Bestimmungen hierzu sind zu beachten.

Durchführung von Untersuchungsverfahren ■

Alle Untersuchungsabläufe und -verfahren sind in Ver-fahrens- bzw. Standardarbeitsanweisungen umfassend zu beschreiben, nach denen verbindlich vorzugehen ist. Die für die Befundentstehung wesentlichen Arbeitsschritte

sollten rückverfolgbar sein. In Normen beschriebene Un-tersuchungsverfahren müssen normenkonform durchge-führt werden, d. h. Vorgaben verschiedener Institutionen dürfen nicht miteinander vermischt werden.

Kriterien, die bei kulturellen oder molekulargeneti-schen Untersuchungen auf eine Kontamination hindeu-ten, und die ggf. zu ergreifenden Maßnahmen sind zu beschreiben sowie Kriterien für eine Wiederholung von Untersuchungen bzw. einen Neuansatz bei kulturellen Untersuchungen zu definieren.

Die Ergebniserfassung kann durch direkte manuelle Eingabe in das LIS, durch Protokollierung der Ergebnisse auf Arbeitsplatzlisten o. Ä., bzw. durch Geräteausdrucke und anschließende manuelle Übertragung in das LIS oder durch Onlineübernahme von automatisierten Analysen-systemen erfolgen. Eingabe- und Übertragungsfehler sind durch Kontrollmaßnahmen auszuschließen.

Standardarbeitsanweisungen1.6.18

Detaillierte Standardarbeitsanweisungen (SAA; engl. standard operating procedures, SOP) sind neben dem QM-Handbuch wesentlicher Bestandteil eines QM-Systems, da alle Elemente des QM-Systems und alle qualitätsbezo-genen Tätigkeiten in Form von SAA zu beschreiben und in ihrem Ablauf zu regeln sind. Sie müssen den Mitarbeitern in aktueller Form am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen (elektronisch oder gedruckt) und von diesen exakt ein-gehalten werden, um eine gleichbleibende Qualität labo-ranalytischer Ergebnisse zu erreichen. Neben der Vorge-hensweise im Normalfall sollen die SAA auch Auskunft über die zu ergreifenden Maßnahmen im Störfall geben. Darüber hinaus sind SAA für die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter essenziell.

SAA sollten unter Mitarbeit des Laborpersonals bzw. von ihm selbst erstellt werden, um sicherzustellen, dass sie verständlich abgefasst sind und nach ihnen gearbei-tet werden kann. Prüfung und Freigabe von SAA dürfen nicht fälschlicherweise nur als formaler Akt angesehen werden, sondern müssen durch autorisierte Mitarbeiter mit entsprechenden Kenntnissen ausreichend gründlich erfolgen, damit sie umfassend und fehlerfrei sind. Es ist sinnvoll, SAA in Verfahrensanweisungen zur Beschreibung diagnostischer und administrativer (organisatorischer und logistischer) Arbeitsabläufe und in Arbeitsanweisun-gen zur Beschreibung der Durchführung von Untersu-chungsverfahren (Methodendurchführungen) einschließ-lich der entsprechenden Verantwortlichkeiten und für die Bedienung von Geräten zu unterteilen.

SAA sollten einheitlich gestaltet (z. B. gleiches Deck-blatt, gleiche Kopf- und Fußzeilen), müssen jedoch in-haltlich nicht starr schematisch aufgebaut sein. Für Ver-fahrensanweisungen lassen sich keine allgemeingültigen Empfehlungen geben, da administrative und logistische Arbeitsabläufe in jedem Labor anders gehandhabt wer-den und deshalb individuell zu beschreiben sind. In SAA

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1 Labormanagement

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1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1für Untersuchungsverfahren sollte – wenn sinnvoll und möglich – u. a. auf folgende Punkte eingegangen werden:

klinische Indikationen und Stellenwert der Untersu- ■

chung, möglichst mit Angaben zur Leistungsfähigkeit des Tests,Prinzip des Untersuchungsverfahrens (Methode) ein- ■

schließlich Hinweisen auf die Grenzen, Fehlermöglich-keiten, Interferenzen und Kreuzreaktionen,Anforderungen an das Untersuchungsgut, ■

Reagenzien und Verbrauchsmaterialien, ■

Durchführung der Untersuchung einschließlich der ■

Qualitätskontrollmaßnahmen und ggf. einer Kurzfas-sung (Verfahrensschema),Bedienung und Unterhalt eingesetzter Analysengeräte, ■

ggf. einschließlich Kalibration,Befundmitteilung und -interpretation, ■

zusätzliche sachdienliche Angaben (z. B. Literatur, ■

ebenfalls geltende Dokumente).

Für Parameter, die am gleichen Gerät oder mit dem glei-chen Verfahren bearbeitet werden, kann es sinnvoll sein, eine eigene Gerätebedienungs- oder Durchführungsan-weisung zu erstellen, auf die jeweils Bezug genommen wird. Die zusätzliche Erstellung von Kurzanleitungen als Hilfestellung bei der Untersuchungsdurchführung (z. B. Pipettierschema) kann nützlich sein. Bei den Literaturan-gaben sollte auf ausgewählte, aussagekräftige Monogra-fien, Methodenbücher, Leitlinien von Fachorganisationen (Mauch ab 1997; Mertens et al. 2003) oder die jeweili-ge Norm Bezug genommen werden, die den Sachverhalt konkret wiedergeben.

Bei kommerziellen Testsystemen ist die aktuelle Versi-on der Herstellerproduktinformation (Beipackzettel) der Arbeitsanweisung als „mitgeltendes Dokument“ beizufü-gen.

Sicherstellung der Qualität der 1.6.19 Untersuchungsverfahren

Das Labor hat eine systematische interne Qualitätskon-trolle (QK) zur regelmäßigen Überwachung der analyti-schen Abläufe zu betreiben und, wann immer möglich, an Vergleichsuntersuchungen teilzunehmen (externe QK). Die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qua-litätssicherung in medizinischen Laboratorien (RiLiBÄK 2008) sind zu beachten. Die durchgeführten Maßnahmen müssen als unerlässlicher Teil des QM-Systems im QM-Handbuch definiert und in den SAA eindeutig beschrie-ben sein.

Interne Qualitätskontrolle ■

Ziel ist die Sicherstellung der Konstanz der täglichen Un-tersuchungen und Bestimmungen. Der Umfang ist u. a. ab-hängig von der Bedeutung, Art und Häufigkeit der jewei-ligen Untersuchung (z. B. Serienlänge), der Chargengröße, dem Grad der Automatisierung sowie der Störanfälligkeit

der Methode (z. B. bei molekulargenetischen Verfahren). Maßnahmen der internen QK sind z. B.

Einsatz gut charakterisierter Kontrollmaterialien bzw. ■

das Mitführen geeigneter Kontrollen in angemessener Art und Häufigkeit,statistische QK unter Verwendung der Untersuchungs- ■

ergebnisse von Routineproben,Vergleich von Untersuchungsverfahren, ■

regelmäßige Wartung und Kalibrierung von Geräten. ■

Kontrollmaterial ist auf dieselbe Weise zu untersuchen wie das Untersuchungsgut. Die Ergebnisse interner QK sind in geeigneter Weise zu protokollieren.

Werden die Vorgaben der internen QK nicht erfüllt oder sind sonstige ungewöhnliche Sachverhalte bei der Durchführung von Untersuchungsverfahren aufgetreten, dürfen die Untersuchungsergebnisse nicht freigegeben werden. Für Kontrollergebnisse, die außerhalb vorgege-bener Qualitätsforderungen bzw. Akzeptanzkriterien lie-gen, sind geeignete Vorgehensweisen festzulegen, insbe-sondere Kriterien für eine Untersuchungswiederholung. Bei Untersuchungsverfahren, für die keine Kalibrier- und Kontrollmaterialien erhältlich sind, müssen geeignete Regelungen getroffen werden, um die Validität der er-haltenen Untersuchungsergebnisse zu kontrollieren und sicherzustellen. Nicht plausible Untersuchungsergebnisse müssen nach Möglichkeit umgehend ursächlich geklärt und eventuell entdeckte Fehler adäquat behoben werden. Aufgetretene Fehler, Abweichungen, Unstimmigkeiten oder sonstige Probleme bei der analytischen Tätigkeit und die ergriffenen Maßnahmen sind angemessen zu do-kumentieren.

Statistische Auswertungen ■

Statistische Auswertungen, die eine Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen anderer Labors zulassen, z. B. Keim- und Resistenzstatistiken, ggf. untersuchungsgutbezogen (z. B. für Blutkulturen), sollten regelmäßig erstellt werden, um mögliche Defizite (z. B. fehlender Nachweis bestimmter Erreger) in den diagnostischen Abläufen und angewand-ten Untersuchungsverfahren zu erkennen.

Keim- und Resistenzstatistiken sind auch den Einsen-dern zugänglich zu machen, um den behandelnden Ärz-ten Hinweise für die kalkulierte antiinfektive Therapie zu geben. Einsender aus dem Krankenhausbereich sollten bei der Dokumentation nosokomialer Infektionen und von Keimen mit besonderen Resistenzen nach § 23 IfSG durch Bereitstellung geeigneter mikrobiologischer Daten aus dem LIS unterstützt werden.

Externe Qualitätskontrolle (Ringversuche) ■

Maßnahmen der externen Qualitätskontrolle sind z. B. die

Teilnahme an Ringversuchen (RV), ■

Durchführung von Laborvergleichen (Probentausch), ■

multizentrische Validierung von (neuen) Analysenver- ■

fahren.

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1 Labormanagement 1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1

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Extern organisierte Programme zur Leistungsbegutach-tung (Ringversuche) sind ein unabhängiges Mittel, mit dem ein Labor die Richtigkeit und Präzision seiner Unter-suchungsergebnisse objektiv bewerten und nachweisen kann. Sie geben ihm die Möglichkeit, seine Leistungsfä-higkeit anhand der Bewertungskriterien zu messen. Das Labor muss deshalb an allen angebotenen RV entspre-chend seinem Leistungsumfang teilnehmen. Ringver-suchsproben sollen unter Routinebedingungen unter-sucht werden.

Die Ringversuchsergebnisse und -auswertungen müs-sen vom Laborleiter oder einem Beauftragten nachweis-lich zur Kenntnis genommen und geprüft werden. Abwei-chungen von den Sollwerten sind zu bewerten und ggf. Korrekturmaßnahmen als Reaktion auf „inakzeptable“ Ergebnisse in der Ringversuchsauswertung einzuleiten und zu dokumentieren.

Laborakkreditierung ■

Mit der Akkreditierung durch eine autorisierte Stelle kann ein Labor regelmäßig die Eignung des eingeführten QM-Systems durch unabhängige externe Begutachter im Sinne eines externen Audits überprüfen und sich seine Kompetenz in der angebotenen Labordiagnostik bestäti-gen lassen. Damit wird zugleich dargelegt, dass den in der Einleitung erwähnten gesetzlichen Vorgaben und stan-desrechtlichen Forderungen zum QM bzw. zur Qualitäts-sicherung nachgekommen wird.

Postanalytische Maßnahmen1.6.20

Freigabe von Untersuchungsergebnissen, ■technische und medizinische Validation, Befundfreigabe

! Das Labor muss Verfahrensweisen für die Freigabe von Untersuchungsergebnissen und Befunden festlegen.

Ergebnisfreigabe und Befunderstellung erfolgen i. d. R. in Zusammenarbeit zwischen technischen und akade-mischen Mitarbeitern. Alle Untersuchungsergebnisse müssen durch hierfür befugte Mitarbeiter technisch und unter Berücksichtigung der verfügbaren Angaben medi-zinisch bzw. im Falle von hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen fachlich validiert sowie durch dazu be-rechtigte Akademiker entsprechend bewertet, interpre-tiert und kommentiert werden.

Bei der technischen Validation wird mittels der in den jeweiligen Arbeitsanweisungen festgelegten internen QK und anderer Testparameter vom technischen Laborper-sonal sichergestellt, dass eine Untersuchung einwandfrei durchgeführt wurde und damit von technischer Seite keine Zweifel an der Richtigkeit des Untersuchungsergeb-nisses bestehen. Die technische Validation beinhaltet vor allem

den korrekten Ausfall der durch- bzw. mitgeführten ■

QK-Reaktionen und die Einhaltung der erlaubten QK-Bereiche,die Stabilität der verwendeten Reagenzien, ■

das korrekte Funktionieren der eingesetzten Gerä- ■

te einschließlich der ggf. durchgeführten korrekten Kalibration

und beruht gerade in der medizinisch-mikrobiologischen Diagnostik beim Umgang mit biologischen Systemen auf der

der persönlichen Erfahrung (z. B. bei der Beurteilung ■

von Kulturen) undder Wahrnehmung von Sachverhalten, die den übli- ■

chen Erfahrungen widersprechen sowie der darauf angemessenen Reaktion.

Die analytische Beurteilung von Untersuchungsergebnis-sen und deren technische Freigabe sollten rückverfolgbar sein.

Bei der medizinischen Validation werden die Unter-suchungsergebnisse anhand der vorhandenen Angaben und durch Vergleich der Resultate verschiedener durch-geführter Untersuchungsmethoden miteinander (z. B. Mikroskopie, Kultur, Serologie, Molekularbiologie) sowie mit eventuell vorhandenen Vorbefunden oder weiteren Untersuchungsanforderungen fachlich auf Plausibilität und Richtigkeit überprüft. Falls notwendig und sinnvoll, sind die Untersuchungsergebnisse vor der Befundfreigabe eingehend zu interpretieren bzw. zu kommentieren. Me-dizinische Validation und (hygienisch-)mikrobiologische Befundung müssen unter fachärztlicher Aufsicht erfolgen. Gegebenenfalls ist auf die Notwendigkeit weiterer Unter-suchungen hinzuweisen oder die Veranlassung von Kon-trolluntersuchungen zu empfehlen. Bei der Beurteilung von Nachfolgeuntersuchungen und Verlaufskontrollen ist auf die Vorergebnisse Bezug zu nehmen. Die für die Be-fundung und Befundfreigabe verantwortlichen Personen sind zu benennen (Befundautorisierung).

Aufbewahrung von Proben, ■Untersuchungsnachforderungen

Wird nicht das gesamte Untersuchungsgut für die bean-tragten Untersuchungen benötigt, sind die verbleibende Primärprobe oder daraus gewonnene Sekundärproben (z. B. DNA-Isolate) bzw. kultivierte Erreger je nach ihrer Stabilität unter geeigneten Bedingungen für einen ange-messenen Zeitraum für Wiederholungs-, Folge- oder Ver-gleichsuntersuchungen aufzubewahren. Die Festlegungen zu den Aufbewahrungsbedingungen und -zeiten müssen gewährleisten, dass der Zustand und/oder die Zusam-mensetzung der Proben bzw. Isolate gleichbleibend bzw. Änderungen möglichst gering sind. Bei Wiederholungs-untersuchungen oder Untersuchungsnachforderungen durch den Auftraggeber während der Bearbeitung einer Probe ist zunächst immer zu prüfen, ob eine Untersu-chung nach erfolgter Lagerung noch sinnvoll ist. Mikro-

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1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1skopische Präparate sind mindestens bis zum Abschluss der Untersuchung aufzubewahren. Bei lehrreichen Befun-den sollten Dauerpräparate zu Schulungszwecken ange-legt werden. Soweit es möglich ist, sollten auffällige und seltene Keimisolate für die Überprüfung von Untersu-chungsverfahren und Testsystemen in die Stammsamm-lung überführt und von positiven Seren eine Serumbank angelegt werden.

Abfallentsorgung ■

Die Entsorgung von Untersuchungsgut, infektiösen und sonstigen Laborabfällen (z. B. verfallene Chemikalien, Re-agenzien, Testkits) hat unter Einhaltung geltender Sicher-heits- und Abfallbeseitigungsbestimmungen zu erfolgen. Infektiöse Abfälle müssen vor der Entsorgung durch ge-eignete Desinfektionsmaßnahmen ausreichend dekonta-miniert oder einem autorisierten Entsorgungsunterneh-men übergeben werden.

Ergebnismitteilung und 1.6.21 Befundberichte

Am Ende der labormedizinischen Untersuchung steht der Befundbericht. Er besteht aus dem Untersuchungsergeb-nis und der Bewertung und Interpretation des Ergebnis-ses, ggf. unter Einbeziehung der einzelnen Teilschritte des gesamten Untersuchungsgangs. Die Befundfreigabe und die Übermittlung der Befundberichte an die Empfän-ger müssen geregelt sein und die Festlegungen auch die direkte Befundweitergabe an Patienten berücksichtigen. Die Befundberichte sollten den Empfängern so schnell wie möglich im Rahmen der festgelegten Bearbeitungs-zeiten zugehen. Die Übermittlung kann in schriftlicher Form oder auf elektronischem Weg erfolgen, entspre-chend den Anforderungen der Auftraggeber. Die nach-folgenden Ausführungen gelten für beide Fälle. Den Be-langen des Datenschutzes ist in jedem Fall angemessen Rechnung zu tragen.

Befundberichte ■

Der Befundbericht sollte übersichtlich und informativ ge-staltet sein und folgende Informationen enthalten:

Name des Labors und ggf. seiner Leitung sowie An- ■

schrift und Telefonnummer(n),Name und Anschrift des Einsenders bzw. des Empfän- ■

gers,Name, Vorname, Geburtsdatum und ggf. ID-Nummer ■

des Patienten,Datum/Zeitpunkt der Befunderstellung, ■

Labornummer der Untersuchungsanforderung, ■

Identifikation und Art des Untersuchungsgutes (Be- ■

zeichnung der Probe),Entnahmeort, Entnahmezeitpunkt (sofern verfügbar), ■

Versanddatum sowie Eingangs- und Verarbeitungs-zeitpunkt (soweit erforderlich und möglich),

bei hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen ggf. auch Probennehmer und Prüfdatum,untersuchungsrelevante Auffälligkeiten und/oder Cha- ■

rakteristika der Probe (z. B. makroskopische Probenbe-schaffenheit),Untersuchungsverfahren, soweit für die Beurteilung ■

erforderlich (z. B. bei infektionsserologischen Untersu-chungen),Untersuchungsergebnisse ggf. mit Erläuterung und ■

Interpretation (medizinische Beurteilung, Befundung),ggf. Messgrößenbezeichnung und Einheit, ■

Name und ggf. Unterschrift der für den Befund verant- ■

wortlichen Person.

Insbesondere ist auf eine aussagekräftige Form der Be-fundinterpretation zu achten. In den Befundbericht in-tegrierte Untersuchungsergebnisse aus anderen Labors müssen eindeutig ausgewiesen sein. Bei Anwendung von Untersuchungsverfahren mit eingeschränkter Spezifität und Sensitivität ist auf die entsprechend begrenzte Aus-sagekraft des Ergebnisses hinzuweisen. Ebenfalls sollte auf dem Befund dokumentiert werden, wenn

die Angaben auf dem Untersuchungsantrag ungenü- ■

gend waren,die Probenmenge unzureichend war, ■

die Probe unzureichend gekennzeichnet oder spezifi- ■

ziert wurde oderdie Probe für die gewünschte Untersuchung mangel- ■

haft oder nur eingeschränkt geeignet war, wegen der Wichtigkeit bzw. Unwiederbringlichkeit auf ausdrück-lichen Wunsch des Einsenders aber dennoch unter-sucht wurde.

Weiterhin sollte der Einsender auf eine bestehende Mel-depflicht (z. B. nach IfSG) hingewiesen werden und ggf. durch Kodierungsvorschläge Hilfestellung für die Ver-schlüsselung infektiologischer Diagnosen nach ICD erhal-ten (Leitritz et al. 2003).

Mitteilung von Teil- und Vorbefunden, ■telefonische Befundauskunft

Falls erforderlich, müssen umgehend Vorabbefunde er-stellt werden bzw. telefonische Mitteilungen erfolgen. Kriterien und Regelungen einschließlich der Berechtigung dazu sind festzulegen. Telefonische Befundmitteilungen sind angemessen zu protokollieren (wer, wann, an wen, was). Teil- und Vorbefunde müssen als solche gekenn-zeichnet sein. Der Empfänger muss aus der Mitteilung eindeutig erkennen können, dass noch weitere Berichte oder ein Endbefund folgen bzw. folgen können.

Zur Auskunft bei telefonischen Befundanfragen sind angemessene Festlegungen zu treffen. Insbesondere ist auszuschließen, dass noch nicht freigegebene Untersu-chungsergebnisse mitgeteilt werden. Die telefonische Befundauskunft durch das technische Laborpersonal beinhaltet immer nur die Ergebnismitteilung ohne jede Interpretation.

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!Aus Neumeister, B., H. K. Geiss, R. Braun, P. Kimmig (Hrsg.): Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart

Page 60: Mikrobiologische Diaknostik

1 Labormanagement 1.6 Qualitätsmanagement im medizinisch-mikrobiologischen Labor 1

61

Korrektur fehlerhafter Befunde ■

Auch für die Korrektur mitgeteilter, fehlerhafter Befund-berichte müssen Regelungen bestehen. Je nach Relevanz ist der Einsender davon umgehend in Kenntnis zu setzen. Der Vorgang ist entsprechend zu dokumentieren. Bei schriftlichen Befunden ist in geeigneter Weise auf die Be-fundkorrektur hinzuweisen.

LiteraturAML und ZLG. Medizinisches Labor – Qualitätsmanagement und

Akkreditierung. Stuttgart: Wiss. Verlagsgesellschaft; 2004.Burkhardt F, Boltze HJ. Qualitätssicherung in der Medizinischen

Mikrobiologie. In: Burkhardt F, Hrsg. DGHM-Verfahrensricht-linien für die mikrobiologische Diagnostik. Stuttgart: Fischer; 1984.

DIN. DIN-Taschenbuch 302: Medizinische Mikrobiologie und Immunologie – Qualitätsmanagement. Berlin: Beuth; 2000.

DIN. DIN-Taschenbuch 222: Medizinische Mikrobiologie und Immunologie – Diagnostische Verfahren. Berlin: Beuth; 2004.

DIN. DIN EN ISO 15189 (2007-08): Medizinische Laboratorien – Besondere Anforderungen an die Qualität und Kompetenz. Berlin: Beuth; 2007.

Kern S, Hubmann M, Semmelrock HJ, Tiran A. Ein Modell zur Lieferantenbewertung im medizinischen Laboratorium. J Lab Med. 2004;28:70-6.

Leitritz L, Kniehl E, Sing A, et al. Vorläufiger Kodierleitfaden ICD-10 Kode – Verschlüsselung von Infektionskrankheiten und Infektionserregern unter DRG-Bedingungen. Mikrobiologe. 2003;13: 192-204.

Mauch H, Hrsg. Qualitätsstandards in der mikrobiologisch-infek-tiologischen Diagnostik (MiQ). Stuttgart: Urban & Fischer bei Elsevier; versch. Hefte seit 1997.

Mertens T, Haller O, Klenk HD, Hrsg. Diagnostik und Therapie von Viruskrankheiten: Leitlinien der Gesellschaft für Virolo-gie. Stuttgart: Urban & Fischer bei Elsevier; 2004.

MTA-Gesetz vom 02.08.1993. BGBl Teil I, 1993; S. 1402.Richtlinie der Bundesärztekammer (RiLiBÄK) zur Qualitätssiche-

rung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Teil A und B1). Dtsch Ärztebl. 2008;105(7):A 341-355.

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