Date post: | 05-Apr-2015 |
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Messung in der Umfrageforschung I:
Anmerkungen zur Messung allgemein
(Beispiel: Big Five Persönlichkeitseigenschaften)
Siegfried Schumann
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Phasen des Forschungsprozesses
aus: Schnell u.a. 2005: 8
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Mögliche Fragestellung ↔ theoretischer Hintergrund
• Offenheit für Erfahrung → Selbstentfaltungswerte
• Persönlichkeitseigenschaften → Werthaltungen Genaueres: nächste
Sitzung!
↓
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Persönlichkeit: Theoretischer Hintergrund
• Wichtige Paradigmen der Persönlichkeitsforschung:– Psychoanalytisches Paradigma – Behavioristisches Paradigma– Eigenschaftsparadigma – Dynamisch-interaktives Paradigma – Informationsverarbeitungsparadigma (nach Asendorpf 2004)
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Forschungsrichtungen im Eigenschaftsparadigma
• Untersuchung einzelner Persönlichkeitseigenschaften (PE)
– Def. PE: Stabile Beziehung: Situation – Reaktion• Transsituative Konsistenz vs. zeitlich stabile Situationsprofile• PE aus konstruktivistischer Sicht (z.B. Krahé – schwer umsetzbar)
– Verhaltenserklärung durch PE: • Deskription vs. biophysische Existenz• „Breite“ PEs vs. spezielles Verhalten
Beispiel: Autoritarismusforschung (Ambiguitätsintoleranz; autoritäre Reaktion)
• Untersuchung „der Persönlichkeit“
(als Kombination von Persönlichkeitseitseigenschaften; Übergang
fließend!)
– Faktorenanalytische Ansätze Beispiele u.a.: Guilford, Cattell, Eysenck, Big Five-Ansatz
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Der Ansatz von Joy Peter Guilford (1897-1987)
Dimensionen der Persönlichkeit
• Somatische Dimension– Morphologische Merkmale (z.B.: Kopfgröße, Dicke der Muskeln …)– Physiologische Merkmale (z.B.: Muskelspannung, Dominanz:
Sympathikus/Parasymp.)
• Eignung und Fähigkeit– Eignung (aptitude vs. ability)
Klassen: Wahrnehmung, Psychomotorik, Intelligenz
• Temperament Klassen: genereller, emotionaler, sozialer Verhaltensbereich
• Motivationale Dimension Klassen: Bedürfnisse, Interessen, Einstellungen (!) ↓ Liberalismus/Konservatismus, Religiosität, Nationalismus, humanitäre Haltung, Bevorzugung: allmähliche Entwicklung vs.
Umbruch
(nach
Fisseni 1998)
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Der Ansatz von Raymond Bernard Cattell (1905-1998)
Erfassung der Persönlichkeitsmerkmale (Traits): 16 PF
• Sizothymia – Affectomia (Sachorientierung – Kontaktorientiertung)
• Low – high intelligence (konkretes – abstraktes Denken)
• Lower – high ego-strength (emotionale Störbarkeit – emot.
Widerstandsfähigkeit)
• Submissiveness – Dominance (soziale Anpassung – Selbstbehauptung)
• Desurgency – Surgency (Besonnenheit – Begeisterungsfähigkeit)
• weaker – stronger superego strength (Flexibilität – Pflichtbewußtsein)
• Threctia – Parmia (Zurückhaltung – Selbstsicherheit)
• Harria – high Premsia (Robustheit – Sensibilität)
… (nach Fisseni
1998:361)
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Der Ansatz von Hans-Jürgen Eysenck (1916-1997)
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Der Big Five Ansatz
• Dimensionen:– Neurotizismus– Extraversion– Offenheit für Erfahrung– Verträglichkeit– Gewissenhaftigkeit
• Lexikalischer Ansatz / Sedimantationsthese!
• Deskriptiver Ansatz vs. „psychophysiche Existenz“
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Messung der Big Five I: allgemeine Anmerkungen
• Fragebogen nur eine Möglichkeit der Messung!– Alternativen: z.B. Situations-Reaktions – Beobachtung bzw.
~Inventare
Konsequenzen:
• transsituative Konsistenz– Nicht: zeitlich stabile Situationsprofile!
• Selbsteinschätzung des Befragten!
– Vorteile: ökonomisches Verfahrenviel Information einbezogen
– Nachteil: Informationsverarbeitung nicht nachvollziehbar
• Problem: Δ Selbsteinschätzung ↔ Fremdeinschätzung
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Messung der Big Five II: betrachtete Instrumente
• NEO-FFI (original) → NEO-FFI (deutsche Übersetzung)
• BFI (original) → BFI (deutsche Übersetzung)
• BFI-Kurzfassungen → BFI-Kurzfassungen (deutsche Entwicklungen)
Nebenfrage: Übersetzung ↔ Neuentwicklung
z.B.: BFI-Antwortvorgaben
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NEO-FFI – Originalfragebogen (klin. Verwendung)
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NEO-FFI - Auswertung
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NEO-FFI: Zur Messung
• Formulierungsregeln beachten!
• Antwortvorgaben:– bipolare Messung– keine Zahlenangaben
• Beantwortungszeit: mind. 15 Min. (60 Fragen; 4 Fragen/Min.)
• Fragebogenversion: Modifikationen!– Einleitungstext– Mündliches Interview: Frage durch Interviewer + Listenvorgabe– Items 1 und 21 vertauscht!
Ich bin nicht leicht beunruhigt. Ich fühle mich oft angespannt und nervös.
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NEO-FFI - Fragebogenversion
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BFI (Übersetzung: Frieder Lang)
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BFI: Zur Messung
• Je 2 „Schlagworte“– Verkürzung der Befragungszeit– Einengung des „semantischen Spielraums“– formal: Mehrdimensionalität!
• Antwortvorgaben:– unipolare Messung– Zahlenangaben von 0 bis 4 (Original: 1 bis 5)!
• Beantwortungszeit: ca. 2 Min. (15 Fragen; ca. 7.5 Fragen/Min.)
▼• BFI-Kurzversionen:
– 7-stufig anstatt 5-stufig (Langversion)– unterschiedliche numerische Antwortvorgaben (US-Denken vs.
Deutschland!)– unterschiedliche Frageformulierungen!
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BFI-Kurzversionen (Frieder Lang vs. SOEP 2005)
SOEPF. Lang
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Interkorrelationen innerhalb der Instrumente
Lang/Lüdtke (2005: 37)
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Korrelationen zwischen den Messinstrumenten
Lang/Lüdtke (2005: 36)
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Zwischenfazit 1:
Unterschiedliche Instrumente liefern tendenziell unterschiedliche empirische Befunde
über die interne Struktur des Konstrukts!
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Forschungsergebnisse: NEO-FFI und ASKO: 1
Interkorrelation von Persönlichkeitsskalen (verschiedener „Ebenen“)
Kürzel Skala Studie: ASKO OE VT
n ASKO Affinität zu einem
stabilen kognitiven Orientierungssystem
"BIG FIVE": OE Offenheit für Erfahrung Berlin 1999 -.37 1198 Mainz 1999 -.45 255 Bund 2000 -.33 1663 Bund 2003 -.37 2508 VT Verträglichkeit Berlin 1999 -.00 .14 1198 Mainz 1999 -.09 .17 255 Bund 2000 .00 .15 1663 Bund 2003 .09 .15 2508 GW Gewissenhaftigkeit Berlin 1999 .25 -.04 .16 1198 Mainz 1999 .16 -.05 .04 255 Bund 2000 .16 .01 .14 1663 Bund 2003 .13 .14 .36 2508 Alle Korrelationskoeffizienten über einem Betrag von ".13" liegen über dem Signifikanzlevel ".01". Fettdruck: Korrelationskoeffizienten über einem Betrag von ".30"
ValidierungEinordnung
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Forschungsergebnisse: NEO-FFI und ASKO: 2a
Korrelation der Persönlichkeitsskalen mit Außenkriterien I
Studie: ASKO OE VT
GW
Wie "aufgeschlossen Berlin 1999 -.31 .26 .07 .08 gegenüber Neuem" sind Sie? Mainz 1999 -.39 .27 .12 .01 Bund 2000 -.24 .18 .03 .04
Sind Sie normalerweise eher ... oder eher ...
auf der Suche nach ... Berlin 1999 .50 -.27 .01 .10 Vertrautem und Bekanntem Mainz 1999 .55 -.38 -.08 .00 (vs. ... neuen Erfahrungen) Bund 2000 .45 -.30 .01 .05 Bund 2003 .43 -.31 .01 .02 hart (vs. nachgiebig) Berlin 1999 -.02 -.04 -.31 .09 Mainz 1999 -.02 .03 -.32 .15 Bund 2000 -.02 -.02 -.30 .13 Bund 2003 -.02 -.06 -.33 -.01 geneigt, ... sich gegen andere Berlin 1999 -.01 -.01 -.30 -.01 durchzusetzen (vs. ... anderen Mainz 1999 -.05 -.05 -.39 .07 entgegenzukommen) Bund 2000 -.05 -.03 -.30 -.00 Bund 2003 -.03 -.07 -.35 -.05 gewissenhaft (vs. locker Berlin 1999 .20 -.04 .08 .31 und ungezwungen) Mainz 1999 .16 -.14 -.10 .48 Bund 2000 .16 -.04 .04 .30 Bund 2003 .24 -.06 .19 .49 Alle Korrelationskoeffizienten über einem Betrag von ".12" liegen über dem Signifikanzlevel ".01". Fettdruck: Korrelationskoeffizienten über einem Betrag von ".20"
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Forschungsergebnisse: NEO-FFI und ASKO: 2b
Korrelation der Persönlichkeitsskalen mit Außenkriterien II (Kontrollvariablen)
Studie: ASKO OE VT
GW
Alter Berlin 1999 .40 -.10 .13 .17 Mainz 1999 .39 -.28 .11 .19 Bund 2000 .32 -.04 .14 .15 Bund 2003 .45 -.14 .09 .13 höchster allgemeinbildender Berlin 1999 -.31 .27 .06 -.07 Schulabschluß Mainz 1999 -.33 .42 .04 -.05 Bund 2000 -.25 .24 .03 -.05 Bund 2003 -.29 .37 .02 .16
Alle Korrelationskoeffizienten über einem Betrag von ".12" liegen über dem Signifikanzlevel ".01". Fettdruck: Korrelationskoeffizienten über einem Betrag von ".20".
ASKO Affinität zu einem stabilen kognitiven Orientierungssystem OE Offenheit für Erfahrung (NEO-FFI) VT Verträglichkeit (NEO-FFI) GW Gewissenhaftigkeit (NEO-FFI)
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Forschungsergebnisse: NEO-FFI und ASKO 3
Korrelation der Big Five-Skalen mit Autoritarismus (nach Oesterreich) und mit Affi-nität zu einem stabilen kognitiven Orientierungssystem (ASKO)
(Korrelationskoeffizienten)
Autoritarismus ASKO Offenheit für Erfahrung (NEO-FFI) -.49 *** -.37 *** Offenheit für Erfahrung (BFI) -.60 *** -.38 *** Offenheit für Erfahrung (BFI-Kurzform) -.56 *** .-53 *** Gewissenhaftigkeit (NEO-FFI) -.14 *** .13 *** Gewissenhaftigkeit (BFI) -.16 *** .17 *** Gewissenhaftigkeit (BFI-Kurzform) -.06 * .22 *** Verträglichkeit (NEO-FFI) -.21 *** .09 *** Verträglichkeit (BFI) -.24 *** .10 *** Verträglichkeit (BFI-Kurzform) -.08 ** .14 *** Extraversion (NEO-FFI) -.48 *** -.32 *** Extraversion (BFI) -.49 *** -.27 *** Extraversion (BFI-Kurzform) -.41 *** -.43 *** Neurotizismus (NEO-FFI) .28 *** .04 Neurotizismus (BFI) .26 *** .01 Neurotizismus (BFI-Kurzform) .22 *** .00
Nmin für NEO-FFI: 1171; Nmin für BFI: 1163; Nmin für BFI-Kurzform: 1171. Signifikanzlevels: * = 0.05; ** = 0.01; *** = 0.001.
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Zwischenfazit 2:
Forschungsergebnisse sind über mehrere Studien weitgehend konstant, allerdings nicht völlig.
Der Big-Five Ansatz eignet sich als „Rahmen“ zur Einordnung anderer Konstrukte.
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Phasen des Forschungsprozesses
aus: Schnell u.a. 2005: 8
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Beispiele für Messungseinfluss bei Datenanalyse:
• Gruppierte Daten ↔ Regressionsanalysen etc. (z.B.: Alter → OE)
• Berechnung von „Big Five – Differenzen“ in RC-
ModellenMögen die einzelnen Politiker Ihrer Meinung nach eher neue Erfahrungen oder eher Vertrautes und Bekanntes? Bitte kreuzen Sie für jeden Politiker an. Er / Sie mag eher … Edmund Stoiber neue Erfahrungen 3 2 1 0 1 2 3 Vertrautes / Bekanntes Angela Merkel neue Erfahrungen 3 2 1 0 1 2 3 Vertrautes / Bekanntes Gregor Gysi neue Erfahrungen 3 2 1 0 1 2 3 Vertrautes / Bekanntes …
Und wie ist das bei Ihnen?
Mögen Sie eher … neue Erfahrungen 3 2 1 0 1 2 3 Vertrautes / Bekanntes
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Zur Datenanalyse:
1. Bereits bei der Auswahl der Messinstrumente sollten die beabsichtigten Analysen
- bekannt sein und- bedacht werden!
2. Die Auswahl der Messinstrumente hat Auswirkungen auf die Forschungsergebnisse!
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Fazit
• Im Falle der Big Five:– Sehr klare Vorstellungen vom „empirischen Relativ“ (Definition!)– Breite Forschungsbasis– Dennoch je nach:
– Messinstrument – Untersuchung
– tendenziell unterschiedliche Ergebnisse!
• Nächste Sitzung Werteforschung :– Divergierende theoretische Vorstellungen vom „empirischen
Relativ“!– Dies hat zusätzliche Auswirkungen auf die Messung!
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Vielen Dank
für Ihre
Aufmerksamkeit!