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medium gasDas Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 17. Jahrgang | 2. Ausgabe | Juli 2008
Schwerpunkt: DiversifizierungBotschaft: Diversifizierung als Herausforderung | Strategie: Perspektive
Alternative Energien | Expertenbeitrag: VNG für sichere Versorgung wichtig |
Interview: Norwegisches Erdgas für Europa
Inhalt
12 Markt
30 Schwerpunkt
52 Umschau
54 Feature
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AKTUELL
Bilanzpressekonferenz: VNG weiter auf Wachstumskurs
VNG und Gazprom investieren in Erdgasspeicher bei Halle/Saale
TÜV-Zertifikate verlängert
Deutsche und Norweger freuen sich über Verlängerung der
Kooperationsvereinbarung
Eurogas-Hauptversammlung in Leipzig
35 Jahre Lieferungen von Erdgas aus Russland:
„Wir fühlen uns nicht abhängig, sondern verbunden“
(Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald HolstHolst)
MARKT
GETEC AG: Umweltfreundliche Versorgung durch Energiemix
VNG in Italien jetzt vom Gasimport bis ins Endkundengeschäft tätig
AMI 2008: TURBO-Erdgas – Neue Motorengeneration in Leipzig vorgestellt
trac-x und store-x: Kapazitätshandel im europäischen Wettbewerb
HANNOVER MESSE 2008
Energieeinsparung – großes Potenzial in den ostdeutschen Kommunen
Aktuelle Termine: Juli bis Oktober
Forum Erdgas: Stimmen die Wettbewerbsbedingungen im Erdgasmarkt?
SCHWERPUNKT: DIVERSIFIZIERUNG
Erdgas – ein zukunftssicherer Energieträger
Interview mit Kåre A. Tjønneland: Norwegisches Erdgas für Europa
Karikatur
Weshalb die VNG wichtig für die Sicherheit der Energieversorgung in
Deutschland und Europa ist
EnD-I AG: Gasernte frisch vom Acker
Erdgasspeicher im Wettbewerb
Erdgas aus dem russischen Eis
UMSCHAU
Russland und die VNG – Partner fürs Leben mit Erdgas
FEATURE
Sozialistische „Gründerjahre“: Schwarze Pumpe, TFLG und
einheimisches Erdgas (1945–1975)
„Jeg elsker Norge“ – Der Maler Klaus Höhne
Impressum
medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7, 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63,
04332 Leipzig | Tel. 0341 443 - 0 | Fax 0341 443 - 2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy
Nickel | Tel. 0341 443 - 2045 | [email protected] | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Dr. Reinhard Böhm, Mike Diekmann, Laureen Dix, Bernhard Kaltefleiter,
Siegbert Ketelhut, Kerstin Kietzke, Heinz Möller, Birgit Reiss, Olaf Schneider, Susann Surma, Karsten Wendler | Redaktionsschluss für diese Ausgabe 29.05.2008 |
für die nächste Ausgabe 29.8.2008 | Auflage 4 800 | Gestaltung, Herstellung Erik Sittauer | Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck Scan Color Leipzig GmbH |
Fotos wenn nicht anders angegeben VNG | Titelseite Klaus Reinders, Geschäftsführer der Stadtwerke Teterow (rechts) und Karl-Heinz Pasch, Vorstand der
EnD-I AG auf der Biogasanlage in Teterow, die kurz vor der Fertigstellung steht. Foto: Christoph Busse
Mandy Nickel
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3 medium gas | 2008.2Editorial
die Karikatur zeigt Frau Merkel am Kochtopf, mit einem Zündholz in der
Hand. „Welcher Idiot in Europa hat denn jetzt wieder den Putin geärgert? Der
Gasdruck ist so schwach“, fragt sie mit skeptischer Miene. Stuttmann’s Blick
auf die Erdgaslieferbeziehungen mit Russland ist standesgemäß immer ein
wenig überspitzt. Trotzdem: was beim Leser hängen bleibt, ist der Eindruck,
dass Deutschland in einer vermeintlichen Abhängigkeit feststeckt und sich
nicht auf Russland verlassen könne.
Objektiv betrachtet ist dieses medial vermittelte Bild natürlich vollkommen
falsch. Leider werden Meinungsbilder aber nicht durch sachliche, sondern
durch emotionale Werte bestimmt. Wenn Lieschen Müller in der Zeitung
liest, dass sich Russland und die Ukraine über den Gaspreis streiten und
der Gashahn zugedreht wird, dann hat sie Angst. Ihr Vertrauen in Russland kippt, weil sie befürchtet,
bald in einer kalten Stube zu sitzen. Was Lieschen Müller dabei allerdings vergisst, ist die Tatsache,
dass Lieferant und Abnehmer in einer äußerst intensiven, gegenseitigen Partnerschaft stecken. Das
kann man gar nicht oft genug betonen. Beide haben langfristige Verträge mit festgelegten Mengen
und einem am Ölpreis orientierten Abnahmepreis geschlossen.
Verkannt wird auch, dass Europas Gasimporte zwar zu einem großen Teil aus Russland kommen, aber
längst nicht alle. Seit vielen Jahren stammen die Lieferungen auch aus anderen Regionen. Norwegen
drängt sich beispielsweise markant ins Gespräch, ebenso wie Osteuropa, Afrika und der Nahe Osten.
Die international diversifizierten Erdgasbezüge sind heute Grundlage für die Versorgungssicherheit
der deutschen Erdgas-Wirtschaft.
Für die VNG hat der Begriff „Diversifizierung“ noch eine sehr viel weiter reichende Dimension
als allein das Bezugsportfolio auf eine breite Basis zu stellen. Die weiteren Eckpfeiler heißen
für uns Exploration und Produktion, Beschaffung von BioErdgas und LNG, Ausbau der Infra-
struktur und Erweiterung der internationalen Netzwerke. Auf allen Gebieten ist die VNG aktiv –
davon können Sie sich im Schwerpunktteil dieses Heftes überzeugen. Wir sehen unsere Aktivitäten –
sei es der Ausbau des Untergrundgasspeichers Bernburg zusammen mit Gazexport (wie jüngst in der
Presse verkündet) oder die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Russland als wichtige
Punkte unserer Lieferbeziehungen.
Nicht überzeugen, sondern vielmehr zum Schmunzeln bringen möchten wir Sie mit der Karikatur in
diesem Heft. Vielleicht mit weniger spitzer Feder als bei Klaus Stuttmann, dafür aber trotzdem mit
der gewissen Portion Eigenironie erkennen Sie hoffentlich einen deutschen Energie-Top-Manager,
der sich jetzt schon den Kopf über die Diversifizierung unserer Erdgaslieferungen im 22. Jahrhundert
zerbricht.
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen
Mandy Nickel
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
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Bilanzpressekonferenz Geschäftsjahr 2007:
VNG weiter auf Wachstumskurs„Die VNG ist für die Zukunft bestens aufgestellt.
Mit neuen Absatzmärkten und Geschäftsfeldern
sowie einer weiteren Diversifizierung bei der
Gasbeschaffung sind wir nach wie vor auf Wachs-
tumskurs. Die Ertragslage entwickelt sich weiterhin
positiv“, lauteten die zentralen Botschaften des
Vorstandsvorsitzenden Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-
Ewald Holst auf der Bilanzpressekonferenz für
das Geschäftsjahr 2007. Rund 60 Journalisten
verfolgten live oder online seine Rede sowie die
anschließende Fragerunde.
Mit einem Gasabsatz von 165,2 Milliarden kWh
erzielte der Erdgasimporteur einen neuen Re-
kord (2006: 164,2 Mrd. kWh). Dabei haben sich
Absatzmengen verlagert. Verbraucher nutzten
erstmals die Möglichkeit, ihren Gasanbieter zu
wechseln. Dies führte erwartungsgemäß zu einem
geringen Absatzrückgang im Kernmarkt, der durch
Hinzugewinnen neuer Großkunden im gesamten
Bundesgebiet annähernd ausgeglichen war. Der
Absatzrückgang im Inland von ca. fünf Prozent
geht damit im Wesentlichen auf die milden Tem-
peraturen zurück. Dafür erzielte die VNG einen
kräftigen Zugewinn im Export, vor allem durch
vermehrte Lieferungen nach Polen und Italien.
In Italien ist die VNG zudem dabei, die gesamte Wert-
schöpfungskette vom Gaseinkauf bis zum Endkun-
den aufzubauen. Mit der Anfang 2008 erworbenen
Beteiligung von 40,5 Prozent an dem Importeur
und Großhändler SPIGAS aus La Spezia (Ligurien)
nimmt die VNG künftig am Import und Großhandel
in Italien teil. Bereits seit 2006 hat die VNG über ihre
Anteile an der BLUENERGY GROUP auch Zugang zu
60.000 Endverbrauchern in Norditalien.
2007 betrug der Umsatz der VNG 4,2 Milliarden
Euro erstmals ohne die Erdgassteuer für Liefe-
rungen an weiterverteilende Versorgungsunter-
Kennzahlen der VNG AG zum Geschäftsjahr 2007
Klaus-Dieter Barbknecht, Vorstand Gasbeschaffung, Prof. Dr. Gerhardt Wolff, Vorstand Kaufmännisches/Personal und stellvertretender Vorstandsvorsitzender,
Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender, Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand Gasverkauf/Technik und Pressesprecher Markus Wild (v.l.).
Umsatzerlöse Mrd. EUR 4,234
Jahresüberschuss Mio. EUR 130
Gasabsatz Mrd. kWh 165,2
Leitungsnetz zum Jahresende km 7040
Mitarbeiteranzahl zum Jahresende 591
Leistung der Verdichteranlagen zum Jahresende MW 77,6
Kapazität der Untergrundspeicher zum Jahresende Mrd. m3 2,3
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nehmen. Der vergleichbare Umsatz im Vorjahr
erreichte knapp 4,5 Mrd. Euro (5,0 Mrd. Euro lt.
Geschäftsbericht 2006 minus 549 Mio. Euro Erd-
gassteuer an Weiterverteiler). „Der verbleibende
Umsatzrückgang von 300 Mio. Euro gegenüber
dem Vorjahr erklärt sich durch den im Jahr 2007
niedrigeren durchschnittlichen Gasverkaufspreis
an VNG-Kunden. Der Jahresüberschuss erreichte
130,4 Millionen Euro“, erläuterte Prof. Dr. Gerhardt
Wolff, stellv. Vorstandsvorsitzender und zuständig
für das Kaufmännische Ressort.
2007 brachte die VNG den Einstieg in die Eigenpro-
duktion von Erdgas auf dem norwegischen Kon-
tinentalschelf. Die VNG-Gruppe hält dort Anteile
an fünf Förderlizenzen. „Bis zum Jahr 2020 soll
ein eigenes Produktionsportfolio von über einer
Milliarde m³ Erdgas pro Jahr aufgebaut werden“,
erläuterte Klaus-Dieter Barbknecht, als Vorstands-
mitglied zuständig für die Gasbeschaffung.
Neue Wege geht die VNG auch bei der Gasspei-
cherung. Gemeinsam mit der OOO „Gazprom
export“ will die VNG rund 350 Mio. Euro in den Bau
eines neuen Speichers bei Bernburg investieren.
Vorgesehen sind bis Ende 2022 zehn Kavernen
mit zusammen rund 510 Millionen Kubikmetern
nutzbarer Speicherkapazität.
„Unser Ziel für die kommenden Jahre ist es, die
VNG als eigenständiges ostdeutsches Unterneh-
men bestens aufzustellen. Den Wert unseres
Unternehmens wollen wir steigern durch den
Erwerb weiterer Förderlizenzen in Norwegen, den
weiteren Ausbau unserer Aktivitäten in anderen
europäischen Ländern, vor allem Italien und
Polen sowie den Erwerb weiterer Beteiligungen
im In- und Ausland“, fasste Holst zusammen.
Wesentlich seien zudem innovative Konzepte und
Kooperationen mit Partnern sowie „das aktive
Einbeziehen unserer kommunalen Aktionäre und
unser gesellschaftliches Engagement in unserem
Heimatmarkt“, ergänzte der für Gasverkauf zustän-
dige Vorstand Dr. Gerhard Holtmeier.
Dr. Ralf Borschinsky, Leiter Presse
Holst: „Die VNG ist für die Zukunft bestens aufgestellt. Mit
neuen Absatzmärkten und Geschäftsfeldern sowie einer
weiteren Diversifizierung bei der Beschaffung ist die VNG
weiter auf Wachstumskurs. Die Ertragslage entwickelt sich
weiter positiv.“
Der russische Journalist Rustem Tell von der TRIBUNA (mit Mikrofon) interessierte sich vor allem für das gemeinsame Speicherprojekt, das die VNG und Gazexport
wenige Tage vor der Bilanzpressekonferenz öffentlich bekannt gegeben haben. | Dr. Gerhard Holtmeier im Gespräch mit einem Journalisten von Radio Leipzig.
Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature6 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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VNG und Gazprom investieren in Erdgasspeicher bei Halle/SaaleDie VNG – Verbundnetz Gas AG und die OOO „Gaz-
prom export“ haben ein gemeinsames Investiti-
onsvorhaben in Höhe von 350 Mio. Euro für den
Bau eines neuen Erdgasspeichers nahe der Stadt
Bernburg in Sachsen-Anhalt beschlossen. Das
gaben beide Unternehmen Ende April bei einem
Treffen in Moskau bekannt. Bis 2022 sollen zehn
neue Kavernen mit einem nutzbaren Volumen
von über 500 Mio. Kubikmetern entstehen. Diese
Menge reiche aus, um rund 140.000 Haushalte für
zwei Jahre mit Erdgas zu versorgen. Mit der Koope-
ration der VNG und der Gazexport zur Schaffung
von Speicherkapazitäten tragen die Partner dem
wachsenden Speicherbedarf in Europa Rechnung.
Nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden der VNG,
Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, soll der erste
Teil des neuen Speichers bereits im nächsten Jahr
in Betrieb gehen.
Derzeit erarbeiten die VNG und die Gazexport in
einer Arbeitsgruppe weitere Einzelheiten für das
Joint Venture. Bis Ende Juni wollen Spezialisten
beider Unternehmen die technischen Details des
Projektes abgestimmt haben. Die VNG verfügt über
langjährige Erfahrungen beim Bau, dem Betrieb
und der Vermarktung von Untergrundspeichern
für Gas. An den vier Standorten Bernburg, Bad
Lauchstädt, Buchholz und Kirchheilingen betreibt
sie fünf Untergrundspeicher mit einem Gesamt-
volumen von 2,3 Milliarden Kubikmetern.
Mandy Nickel, Redaktion
Begründeten in Moskau ein neues Joint Venture zwischen der VNG und Gazexport: Alexander
Medwedjew, Generaldirektor der OOO „Gazprom export“ (links sitzend) und Prof. e. h. Dr.-Ing.
Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG (rechts sitzend). Stehend (v.l.n.r.):
Dr. Reiner Haseloff, Minister für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt, Klaus-Dieter
Barbknecht, Vorstand Gasbeschaffung der VNG, Protokollant und Dr. Dieter Bandlow, Reprä-
sentant der VNG in Moskau.
TÜV-Zertifikate verlängertIm April waren die Auditoren von der TÜV Süd
Management Service GmbH bei der VNG, um die
Umsetzung der Normenanforderungen nach der
ISO 9001 (Qualitätsmanagement), ISO 14001
(Umweltmanagement) und dem OHSAS 18001
(Sicherheitsmanagement) im Unternehmen zu
überprüfen. Bei dem jährlich anstehenden Über-
wachungsaudit untersucht der TÜV die Geschäfts-
prozesse der VNG. Das gilt als Voraussetzung,
um die erteilten Zertifikate nicht zu verlieren.
Kontinuierliche Verbesserungen sind ein zentraler
Ansatz des Qualitäts- und Sicherheitsmanage-
mentsystems der VNG.In diesem Jahr standen die
Prozesse Gashandel, Kundendienst/Marketing,
Beschaffung, Personelle Ressourcen, Notfallor-
ganisation und Instandhaltung/Betrieb auf dem
Programm. Außerdem wurden die Standorte Ketzin
(Netzbereich Nord), der Untergrundgasspeicher
Bernburg und die Verdichterstation Sayda (beide
Netzbereich Süd) überprüft.
Für alle untersuchten Prozesse und Bereiche zog
der TÜV eine durchgängig positive Bilanz. Vor
allem der hohe Stand der Dokumentation, die
datentechnische Unterstützung aller Prozesse und
die hohe Fachkompetenz der Mitarbeiter wurden
von den Auditoren gelobt.
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Eurogas-Hauptversammlung in LeipzigAm 13. Juni 2008 fand in Leipzig die Hauptver-
sammlung von Eurogas statt. Der Verband mit
Sitz in Brüssel ist die Dachorganisation der eu-
ropäischen Erdgasindustrie.
Die VNG trat bei der Veranstaltung offiziell als
Gastgeber auf. Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald
Holst, der Mitglied im Vorstand von Eurogas ist,
begrüßte am Vorabend zusammen mit dem Eurogas-
Präsidenten Domenico Dispenza die zahlreichen
Vertreter der europäischen Gaswirtschaft. Als
Ehrengast und Redner kam EU-Energiekommissar
Andris Piebalgs nach Leipzig. Bei der diesjährigen
Hauptversammlung wurde turnusgemäß einer neu-
er Vorstand für die nächsten zwei Jahre gewählt.
Zu den deutschen Vertretern zählen neben Holst
auch Dr. Bernhard Reutersberg, seit 1. März 2008
Vorstandsvorsitzender der E.ON Ruhrgas AG, sowie
Dr. Wolfgang Peters, Vorstandsmitglied der RWE
Transgas. Bisher war die deutsche Gaswirtschaft
durch Dr. Burkhard Bergmann, ehemaliger Vorstand
der E.ON Ruhrgas AG sowie durch Holst vertreten.
Aktuell gehören 44 Mitglieder aus 24 Ländern,
darunter 31 Unternehmen, 12 Verbände und eine
internationale Organisation dem Eurogas-Dachver-
band an. Deutsche Mitglieder sind der BDEW, die
E.ON Ruhrgas, die RWE, die Wingas und die VNG.
Städtepartnerschaft Oberhof – Lillehammer
Deutsche und Norweger freuen sich über Verlängerung der KooperationsvereinbarungZusammen mit ihrem Par tner, der Erdgas-
versorgungsgesellschaft Thüringen-Sachsen
mbH (EVG), wird die VNG auch weiterhin die
Städtepartnerschaft zwischen Oberhof und Lille-
hammer finanziell unterstützen. Das versicherte
Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstands-
vorsitzender der VNG, am 11. April während der
Feierlichkeiten zum 15-jährigen Bestehen der
Partnerschaft. Beide Wintersportorte begründeten
1993, ein Jahr vor den Olympischen Winterspielen
in Lillehammer, ihre Kooperation.
Im Rahmen eines Festaktes unterzeichneten die
Oberbürgermeisterin von Lillehammer, Synnøve
Brenden Klemetrud und der Oberhofer Bürgermeis-
ter Thomas Schulz zudem eine neue Vereinbarung
über die deutsch-norwegische Beziehung. Herz-
stück der deutsch-norwegischen Begegnung wird
das ehemalige Golfclubhäuschen in Oberhof. Das
im norwegischen Baustil errichtete Gebäude steht
seit 2002 unter Denkmalschutz. Derzeit wird es
aufwending restauriert. Zukünftig soll es unter
dem Namen „Lillehammerhuset“ deutsch-norwe-
gischen Vereinen, Initiativen und Projekten, wie
dem Förderverein der Städtepartnerschaft und
dem Thüringisch-Norwegischen Kulturverein als
Heimstatt dienen.
Zahlreiche hochrangige Gäste nahmen an der
Festveranstaltung in Oberhof teil, darunter der
Gesandte der Königlich-Norwegischen Botschaft
in Berlin, Andreas Gaarder, Prof. Dr. Christian
Juckenack, Staatssekretär im Thüringer Ministe-
rium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit und
Ministerialdirigent Jürgen Senff aus der Thürin-
gischen Staatskanzlei.
Domenico Dispenza, Präsident von EUROGAS, Andris Piebalgs, EU-Kommissar für
Energie, Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG und
Jean-Marie Devos, Generalsekretär von EUROGAS bei der EUROGAS-Tagung in Leipzig
(v.l.n.r.). Foto: Christoph Busse
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35 Jahre Erdgas-Lieferungen aus Russland
„Wir fühlen uns nicht abhängig,sondern verbunden“ (Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst)
Der 1. Mai 1973 war für die europäische Erdgaswirtschaft ein historischer Augenblick: an jenem Tag
strömte an der Übernahmestation Sayda in der Nähe der tschechischen Grenze erstmals russisches
Erdgas nach Europa. Zur feierlichen Einweihung der Erdgasleitung kam der damalige Minister für Gas-
industrie der UdSSR, Sabit Atajewitsch Orudshew, nach Ostdeutschland gereist. 35 Jahre später wurden
die langjährigen, zuverlässigen deutsch-russischen Erdgaslieferbeziehungen erneut mit einem Festakt
gefeiert. Gleichzeitig jährte sich die Errichtung des russischen Konsulates in Leipzig zum 225. Mal.
Die ausländischen Gäste, die der Leipziger Ober-
bürgermeister Burkhard Jung am 11. Juni im Alten
Rathaus als Hausherr begrüßen durfte, hätten
hochrangiger nicht sein können. Unter ihnen
befanden sich der Vorstandsvorsitzende der
OAO „Gazprom“, Alexej Miller, der Stellvertreter
des Vorstandsvorsitzenden der OAO „Gazprom“
und Generaldirektor der OOO „Gazprom export“,
Alexander Medwedjew, sowie Alexander Petrow,
Gesandter der Botschaft der Russischen Födera-
tion in Deutschland. Prominentester Teilnehmer
der Festveranstaltung auf deutscher Seite war
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee.
Jung wertet wirtschaftliche und diplomatische
Beziehung als unerlässlich
Jung verwies in seiner Begrüßungsrede auf die
Bedeutung des russischen Konsulates in Leipzig
als wichtigen Eckpfeiler für die wirtschaftliche
Entwicklung der Stadt. Die Handels- und Kulturbe-
ziehungen hätten sich in allen Zeiten als gemein-
sames Gut entwickelt, das selbst die schrecklichen
Ereignisse des 20. Jahrhunderts überdauerte, so
Jung weiter. Als Katharina II. 1783 das Konsulat in
Leipzig errichtete, war es die erste ausländische
Vertretung in der Stadt. Seither wahre die Einrich-
tung die Interessen des russischen Staates und
seiner Bürger und fördere den wirtschaftlichen und
kulturellen Austausch zwischen beiden Ländern.
Auch die Lieferbeziehungen zwischen russischen
Erdgasproduzenten und der VNG wertete Jung als
überaus stabil und zuverlässig. Sie gelten seither
als Grundlage für die seit 1991 bestehenden Liefe-
rungen der VNG an die Stadtwerke Leipzig.
Tiefensee betont Verlässlichkeit und Umwelt-
freundlichkeit
Die Stabilität der Lieferbeziehungen hob auch
Wolfgang Tiefensee explizit hervor. „Die Entwick-
lungen in den letzten 35 Jahren deuten auf einen
weiterhin verlässlichen Partner Russland hin“,
so der Bundesverkehrsminister. 5000 Kilometer „Wir fühlen uns nicht abhängig, sondern verbunden“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der
VNG. Auch Miller lobte die herzliche Beziehung zwischen beiden Partnern.
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Pipeline verbinden Russland mit Europa, schon
allein deshalb müsse das geografische Europa
noch enger zusammenrücken. Er unterstrich
gleichzeitig die Bedeutung, die die Erdgasliefe-
rungen seit 1973 für den Klimaschutz hätten.
Erdgas gelte als umwelt- und klimafreundlichster
fossiler Energieträger, das sollte seiner Meinung
nach auch stärker gewürdigt werden.
Holst sieht viele Besonderheiten in den
letzten 35 Jahren
Worte der Würdigung findet der Vorstandsvorsit-
zende der VNG, Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald
Holst, zur Genüge, wenn er über die letzten 35 Jahre
nachdenkt. Als er 1968 als Ingenieur für Speicher
bei der VNG angefangen hatte, wurde gerade das
Lieferabkommen zwischen den damaligen Regie-
rungen der UdSSR und der DDR über die Lieferung
von Erdgas sowie die Zusammenarbeit beim Bau
der Erdgastrasse verhandelt. Zwei Jahre später, im
Februar 1970, schlossen schließlich auch westdeut-
sche Unternehmen, darunter die Ruhrgas (heute
E.ON Ruhrgas), einen spektakulären Vertrag mit
der sowjetischen Staatshandelsfirma Sojuzneft-
export. „Damals haben sowohl die sowjetischen
Vertreter als auch die Mitarbeiter von Ruhrgas sehr
viel Weitsicht bewiesen. Immerhin war der Vertrag
eine hochpolitische Angelegenheit, der in Zeiten des
eisernen Vorhangs viele Widerstände hervorrief“,
so Holst. Er dankte nicht nur den Vertretern der
Gazprom für ihre jahrzehntelange Zuverlässigkeit,
sondern zeigte sich auch voller Lob für die Mitar-
beiter, Aktionäre und Kunden der VNG.
Miller erklärt Verantwortung gegenüber
europäischer Versorgungssicherheit
Das Lob gab Miller an die VNG zurück. Er dankte
Holst für die jahrelang erfolgreiche Zusammen-
arbeit und zeigte sich voller Hoffnung, dass
sich auf Basis der 35-jährigen Beziehungen wei-
tere technische, wirtschaftliche und kulturelle
Kooperationen entwickeln können.
„Die Präsenz des Russischen
Konsulats ist ein wichtiger Eck-
pfeiler der wirtschaftlichen
Entwicklung Leipzigs“, so der
Leipziger Oberbürgermeister
Burkhard Jung.
Stuft die russischen Erdgaslieferungen als überaus verlässlich und stabil ein: Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung. Fotos: Christoph Busse
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Dabei sieht sich Miller in der Verantwortung,
die sichere Erdgasversorgung für Europa auch
zukünf tig weiter zu gewährleisten und so
viel Gas zu liefern, wie gebraucht wird. „Für uns
ist Europa der wichtigste Exportmarkt für Erdgas.
Wir sind von Europa so abhängig wie Europa von
uns“, betonte der Chef von Gazprom. Dafür sei er
auch bereit, weitere Investitionen in Leitungen
und Gasspeicher zu tätigen. Als Beispiele nannte
er das Speicherprojekt zusammen mit der VNG in
Bernburg sowie ein Projekt am Speicher Haidach
in Österreich. Allerdings zeigte sich Miller auch
besorgt über die in Europa geführten Diskussi-
onen zur Diversifizierung der Bezüge. Er könne
zwar verstehen, dass man das Bezugsportfolio
ausweiten möchte. Unklar sei ihm jedoch, warum
jegliche andere Varianten besser wären als eine
Lieferung von Russland. „Ich kann nur betonen,
dass Gazprom immer ein sicherer Energiever-
sorger war und es auch zukünftig sein wird“, so
Miller weiter.
Petrow spricht sich für neues Partnerschafts-
abkommen aus
Der in Vertretung für den Botschafter der Rus-
sischen Föderation in der Bundesrepublik
Deutschland Vladimir Kotenew gekommene
Gesandte Alexander Petrow lobte die warme
Atmosphäre in Deutschland – und das nicht
Klaus-Dieter Barbknecht,
Vorstand Gasbeschaffung
bei der VNG, und Alexander
Medwedjew.
Fortsetzung von Seite 9
„Wir fühlen uns nicht abhängig,sondern verbunden“ (Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst)
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Die bekannte Sopranistin Elena Schlykowa (rechtes Foto), die Moskauer Konzertmeisterin Tatjana Abramowa und Professor Wjatschislav Kruglow (linkes Foto)
begeisterten das Publikum beim Festakt im Alten Rathaus mit ihrer musikalischen Einlage. Auch das Volksinstrumenten-Ensemble „Die neuen Namen Moskaus“
unter Leitung von Kruglow sorgte auf der Festveranstaltung im Alten Rathaus für eine klassische, musikalische Umrahmung. Die Mitglieder des Ensembles
Alexandra Skrosnikowa, Sergej Kotkow und Sergej Jakimow sind Studenten der russischen Musikakademie und Preisträger zahlreicher russischer und internati-
onaler Wettbewerbe (ohne Foto).
Für seine Verdienste um die deutsch-russische Annäherung erhielt Gennadij P. Golub, seit 2005
als russischer Generalkonsul in Leipzig tätig, im Rahmen der Feierlichkeiten zum 225. Bestehen
des russischen Konsulates den Gortschakow-Orden. Er ist nach dem früheren Außenminister
Fürst Alexander M. Gortschakow benannt und gilt als eine der höchsten Auszeichnungen für
Diplomaten. Einen Tag nach seiner Ehrung stand Golub den Journalisten auf der Pressekonfe-
renz im Rathaus Rede und Antwort. v.l.n.r.: Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Alexej Miller,
Wolfgang Tiefensee, Alexander Medwedjew und Gennadij P. Golub. Fotos: Christoph Busse
nur angesichts der heißen Temperaturen der
letzten Tage. Die Energiepartnerschaft zwischen
Russland und Europa biete beiden Ländern die
notwendige Liefer- und Abnahmesicherheit
– und das bereits seit 35 Jahren. Er plädierte
dafür, dass es an der Zeit sei, ein neues Partner-
schaftsabkommen zwischen Moskau und Brüssel
zu schließen, bevor das geltende Abkommen im
Herbst auslaufe. Wichtige Fragen der Energie-
sicherheit würden darin für die nächsten Jahre
festgeschrieben. „Wir müssen jetzt die Ärmel
hochkrempeln. Dass sie das kann, hat die Gas-
wirtschaft in den letzten 35 Jahren gezeigt“, so
der russische Gesandte.
Strategisch bedeutsame Partnerschaft
Für Deutschland ist die Partnerschaft mit Russ-
land strategisch von hoher Bedeutung, da man-
gels eigener Ressourcen aktuell 85 Prozent des
Gasbedarfs aus ausländischen Quellen gedeckt
wird. Davon stammen 37 Prozent aus russischen
Gasfeldern. Importeure auf deutscher Seite sind
die E.ON Ruhrgas AG, die Wingas GmbH und die
VNG. Seit 1973 wurden von Russland insgesamt
über 800 Mrd. m³ Erdgas störungsfrei nach
Deutschland geliefert, davon rund 215 Mrd. m³
an die VNG. „Auch in Zukunft wird die enge Zu-
sammenarbeit mit Russland zentral für unsere
Versorgungssicherheit sein“, erklärt Holst. „Aus
diesem Grund streben wir weiterhin eine starke
Energiepartnerschaft an.“
Mandy Nickel, Redaktion
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Die GETEC AG Magdeburg garantiert:
Umweltfreundliche Versorgung durch EnergiemixDie GETEC AG mit Hauptsitz in Magdeburg hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1993 zu einem
führenden Contracting-Unternehmen entwickelt. Das hört sich allemal passabel an, aber was,
bitteschön, ist unter Contracting genau zu verstehen? Schlicht und allgemeinverständlich ist es eine
Dienstleistung, bei der der Anbieter die Versorgung einer Liegenschaft mit Wärme, Dampf, Kälte,
Strom oder Druckluft übernimmt. Das zentrale Element besteht darin, dass alle wesentlichen Teile
der Energielieferung und der damit verbundenen Leistungen aus dem Aufgabenbereich des Liegen-
schaftseigentümers auf den Contractor übertragen werden.
GETEC bietet den Kunden komplexe, innovative
und wirtschaftliche Lösungen für die Energie-
versorgung an. Das Unternehmen entwickelt,
plant, baut, finanziert und betreibt in eigener
unternehmerischer Verantwortung und verkauft
die Energie an den Liegenschaftseigentümer
oder direkt an den Gebäudenutzer. Der Vorteil
besteht darin, dass sich der Liegenschaftseigen-
tümer sowohl von Aufgaben, die nicht zu seinen
Kernkompetenzen gehören, entlastet, als auch
vom investiven Aufwand für die Errichtung oder
Sanierung sowie der Wartung, Instandhaltung
und Betriebsführung der Anlagen.
Ein Pionier der Contractingidee
Ein offensichtlich sehr interessantes Unterneh-
men. Und überdies wird GETEC seit Oktober des
vergangenen Jahres von der VNG mit Erdgas
beliefert. Gründe also genug für einen Besuch
des Magdeburger Unternehmens in seinem
modernen Hauptsitz in der Albert-Vater-Stra-
ße 50. Sehr freundlich und bestens vorbereitet
werde ich vom Sprecher des Vorstandes, Dr. Karl
Gerhold, Dipl.-Ing. Gerhard Andres, Vorstand
Technik, sowie Dipl.-Ing. Mario Arnold, Leiter
Energieeinkauf, und von der Vorstandsassis-
tentin Melanie Hoffmann empfangen. Geballte
Kompetenz. Und spürbares Selbstbewusstsein.
Dr. Gerhold erklärt gleich eingangs unseres
Gespräches:Der Hauptsitz der GETEC AG in der Magdeburger Albert-Vater-Straße 50. Foto: Helmut Rosan
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„Die GETEC AG ist ein Pionier in der Entwicklung
der Contractingidee. Zunächst lag der Schwerpunkt
in der Wärmedienstleistung für die Wohnungs-
wirtschaft (Wärme-Direkt-Modell). Inzwischen
zählen renommierte Unternehmen der Wohnungs-
wirtschaft, Industrie und Gewerbe, Kommunen,
öffentliche und institutionelle Einrichtungen/Un-
ternehmen, Krankenhäuser, Deutsche Bahn AG und
die Bundeswehr zu den Kunden der GETEC AG.
Wir konnten auch das Jahr 2007, wie jedes Ge-
schäftsjahr seit der Gründung 1993, erfolgreich
abschließen. Der Umsatz wurde in dieser Zeit von
106 866 Tsd. Euro 2006 auf über 111 702 Tsd. Euro
gesteigert. Das Unternehmen investierte seit 1993
rund 100 Mio. Euro und in der jüngsten Zeit pro
Jahr durchschnittlich 10 bis 20 Mio. Euro.
Müde sein, sich ausruhen: Das gilt für uns nicht.
Wir werden jeden Tag neu gefordert und fordern
uns jeden Tag aufs Neue. Unsere Kunden ver-
lassen sich darauf, dass die Anlagen, die wir für
sie erstellen, betreiben und warten, reibungslos
funktionieren.“
Die GETEC AG versorgt mit ihren Tochterunter-
nehmen und Beteiligungsfirmen ca. 300 Kunden
sowie insgesamt 1000 Objekte mit Nutzener-
gie. GETEC ermöglicht ihren Kunden eine sehr
breite Palette an Umsetzungsmöglichkeiten für
eine maßgeschneiderte Energieversorgung. Be-
rücksichtigt werden dabei traditionelle sowie
erneuerbare Energieträger in Form von kosten-
günstigen, umweltfreundlichen Wärme- und Strom-
erzeugungsanlagen. Immer mehr an Bedeutung
gewinnen Brennstoffarten wie Biogas, Biomasse,
Braunkohlestaub und Anthrazit.
Neben der Contracting-Dienstleistung gehören
ebenfalls Generalunternehmerleistungen im Be-
reich Energieerzeugung und die Realisierung von
Planungs- und Entwicklungsdienstleistungen zum
Angebotsspektrum.
Die GETEC AG (Konzern) beschäftigt 179 Mitarbeiter
und vier Auszubildende, die außer im Hauptsitz
Magdeburg in Niederlassungen in Berlin, Frank-
furt/Main, Hannover, München und Dortmund
tätig sind.
Der Vorstand der GETEC AG:
Dipl.-Ing. Gerhard Andres,
Dr. Karl Gerhold und Dipl.-Ing.
Volker Schulz (v.l.).
Der Leitstand der GETEC AG in der Albert-Vater-Straße 50 ist rund um die Uhr im Einsatz. Fotos: GETEC
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Fortsetzung von Seite 13
Umweltfreundliche Versorgung durch Energiemix
Mit Tochter- bzw. Beteiligungsunternehmen ist
GETEC an den Standorten Magdeburg, Iden und
Möckern in Sachsen-Anhalt, Borken in Nordrhein-
Westfalen, Geretsried in Bayern und Lehnin in
Brandenburg vertreten.
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsaktionär
der GETEC AG, Dr. Karl Gerhold kann auf einen
interessanten Lebenslauf verweisen. Der 1950 in
Nordhessen Geborene hat nach seinem Abitur 1969
bis 1975 an der Universität in Göttingen ein Studi-
um der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit
dem Abschluss als Diplom-Volkswirt absolviert.
Dem Studium folgte eine wissenschaftliche Tätig-
keit an der Göttinger Universität; die Promotion
zum Dr. rer. pol. erfolgte 1982.
Bis 1992 war Dr. Gerhold im öffentlichen Dienst tä-
tig, u. a. als Abteilungsleiter im Niedersächsischen
Innenministerium (1988–1990), als Landesbeauf-
tragter der Niedersächsischen Landesregierung
für Sachsen-Anhalt (1990) und schließlich als
Staatssekretär (Chef der Staatskanzlei) in der
Landesregierung Sachsen-Anhalt (1990/1991).
Des Weiteren ist er Aufsichtsratsvorsitzender
zweier Unternehmen, Mitglied des Verwaltungs-
rates des Mitteldeutschen Rundfunks (mdr) sowie
Aufsichtsratsmitglied von drei Unternehmen der
Medienbranche. Dr. Karl Gerhold ist verheiratet
und Vater von drei Töchtern.
Beispiele für gut durchdachten Erfolg
In dem altmärkischen Dorf Iden wurde von
GETEC das Bioenergiezentrum Iden errichtet,
aus dem rund drei Viertel der Haushalte und ein
landwirtschaftliches Versuchszentrum mit um-
weltfreundlicher Energie versorgt werden. Dabei
werden ca. 670 000 Liter Heizöl eingespart und
der CO2-Ausstoß um etwa 1700 Tonnen pro Jahr
verringert.
In Kooperation mit der Landesanstalt für Land-
wirtschaft, Forsten und Gartenbau, die hier Lehr-
linge aus Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und
Brandenburg zu Landwirten ausbildet, wird in der
Anlage methanhaltiges Biogas aus Gülle, Roggen
und Hackschnitzel gewonnen. Das Biogas wird im Bioenergiezentrum Iden, das am 20. Dezember 2005 eingeweiht wurde.
Das Biomassekraftwerk in Borken.
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Blockheizkraftwerk in Strom und Wärmeenergie
umgewandelt. Die Anlage speist jährlich etwa
1350 MWh Strom in das Netz des örtlichen Ener-
gieversorgers und liefert rund 4100 MWh Wärme
für die Idener Gemeindewerk GmbH.
Mit sichtlichem Stolz verweisen meine drei Ge-
sprächspartner darauf, dass GETEC für das Projekt
„Bioenergiedorf Iden“ mit dem Contracting-Award
2006 ausgezeichnet wurde, dem bedeutendsten
Preis der Branche. Übrigens erhielt die GETEC
bereits 2003 den Großen Preis des Mittelstandes
Sachsen-Anhalts, den „Oskar“.
In der extrem kurzen Bauzeit von nur acht Mona-
ten hat am 1. Juli 2006 das Biomasse-Kraftwerk
Borken auf dem Gelände der Kreislaufwirtschaft
Borchers GmbH den Betrieb aufgenommen. Be-
feuert wird die Anlage mit Holzhackschnitzeln,
die aus 110 000 Tonnen Altholz gewonnen werden.
Hier werden jährlich 77 000 MWh Strom erzeugt,
die in das RWE-Netz eingespeist werden. Die
Feuerleistung liegt bei knapp 34 MW thermisch.
Der erzeugte Dampf (65 bar) versorgt die Genera-
torensätze zweier Kondensationsturbinen mit einer
Gesamtleistung von 9,6 MW elektrisch. Investiert
wurden rund 20 Mio. Euro.
Die zur Verfeuerung von Braunkohlestaub einge-
setzte Technologie ist zuverlässig und innovativ,
durch sie kann eine Senkung der Energiekosten um
10 % bis 30 % erreicht werden. Die Isola GmbH in
Düren nutzt diese Vorteile. Dieses Unternehmen
stellt hochwertige Basismaterialien für die Elek-
tronikindustrie her und ist überdies auf diesem
Sektor Weltmarktführer. Die Heizzentrale hat
eine Anschlussleistung von 4500 kW. Planung,
Bau, Finanzierung und Betrieb sind im GETEC-
Leistungspaket enthalten.
Im Bereich der erneuerbaren Energien konnte
GETEC 2006 das Projekt „Schloss Großkühnau“
im Gartenreich Dessau-Wörlitz abschließen. Hier
wurde mit einem Contracting-Modell, basierend
auf Biomasse, in eine neue Heizungsanlage mit
Holzhackschnitzel-Kessel investiert.
Das barocke Schloss gehört zum Weltkulturerbe
der UNESCO und dient als Verwaltungssitz der
Kulturstiftung Dessau-Wörlitz.
Die Reihe der Erfolgsbeispiele ließe sich durchaus
fortsetzen, Grenzen zieht hier allein der Zeilenum-
fang dieses Beitrages. Dennoch soll ein weiteres
Beispiel nicht unerwähnt bleiben: GETEC widmet
sich nachhaltig der Planung und Umsetzung von
Projekten zur Produktion von Grüngas.
Schloss Großkühnau im Gartenreich Dessau-Wörlitz. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz
Anlage der ISOLA GmbH in Düren. Fotos: GETEC
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Umweltfreundliche Versorgung durch Energiemix
Grüngas ist auf Erdgasqualität aufbereitetes
Biogas. Die Herstellung ist derzeit noch kostenin-
tensiv, doch es bietet eine interessante Alternative
für die Verwertung in Blockheizkraftwerken oder
als Fahrzeugtreibstoff. GETEC plant an mehreren
Standorten, insbesondere in Sachsen-Anhalt,
derartige Anlagen.
VNG als innovativer und fairer Partner
Befragt über ihre Zufriedenheit mit der VNG als
Erdgaslieferant äußern sich die beiden Vorstände
Dr. Karl Gerhold und Dipl.-Ing. Gerhard Andres
übereinstimmend sehr positiv. Dr. Gerhold meint:
„Obwohl wir erst seit Oktober 2007 intensiv mit der
VNG zusammenarbeiten, haben wir sehr wohl auch
vorher gespürt, dass sich die Leipziger Energiever-
sorger sehr engagiert und ideenreich den Anfor-
derungen der Liberalisierung stellen.“ Ergänzend
fügt Andres an: „Durch die Kooperation mit der VNG
konnten wir neue Geschäftsmodelle durchsetzen,
was uns vorher so nicht möglich war.“
Mario Arnold nennt ein Beispiel: „Durch den
Einsatz eines innovativen Brennstoffmixes ge-
lingt es, die Energiekosten zu senken. Nehmen
wir eine Papierfabrik. Für die Grundlast kaufen
wir ein Gasband. Die Lastspitzen fahren wir mit
einem alternativen Brennstoff wie z. B. Braun-
kohlestaub ab und optimieren so insgesamt die
Brennstoffkosten.“
Als jederzeit zuverlässige Ansprechpartner werden
mir André Burkhardt, Leiter Gasverkauf Industrie-
und Geschäftskunden, sowie Dr. Stephan Krein,
Verkauf Industriekunden, genannt.
Starkes Engagement für die Region
Wer selbst jederzeit auf starke Leistung setzt, zeigt
auch Interesse für den Leistungswillen anderer.
Deshalb nimmt es nicht wunder, wenn GETEC die
„Gladiators“ des SCM und die Handballerinnen
des HSC 2000 unterstützt. Aber auch den unver-
schuldet Schwachen gilt das Engagement des
Unternehmens. So wird seit vielen Jahren der
Kunstverein Zinnober e.V. gefördert, wo geistig
behinderte Künstler tätig sind.
Magdeburger Impressionen
Gleich von woher und auf welchem Wege auch
immer – zu Lande oder auf der Elbe – der Besucher
sich Magdeburg nähert: Der doppeltürmige Dom
ist das weithin unübersehbare Wahrzeichen der
1200-jährigen Elbemetropole. Obzwar der Dom
als der erste gotische Sakralbau auf deutschem
Boden gilt, ist er aber beileibe nicht das älteste
erhaltene Bauwerk der Stadt. Dies ist das im
11. bis 12. Jahrhundert errichtete Kloster „Unserer
Lieben Frauen“, der Ausgangspunkt der „Straße
der Romanik“, die sich durch Sachsen-Anhalt mit
über 70 Baudenkmälern erstreckt.
Im Lauf einer traditionsreichen Geschichte vom Sitz
des ersten deutschen Kaisers „Otto der Große“,
dem legendären Wirken des Bürgermeisters und
Erfinders Otto von Guericke bis zum jetzigen Status
als Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt erlebte
Magdeburg neben Rückschlägen und schweren
Zerstörungen (1631 und 1945) stets auch beacht-„Gladiators“ des SC Magdeburg. Foto: GETEC
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Kurzchronik1993 Gründung als GETEC Gesellschaft für Energietechnik und -management mbH, Magdeburg | 1996 Gründung der Tochter-
gesellschaft GETEC Energieversorgung GmbH, Hannover; Umfirmierung zur GETEC Energie AG, Magdeburg | 2000 Zertifizierung
nach DIN/ISO 9001, Gründung der Niederlassungen Berlin und Essen (Rhein-Ruhr) | 2001 Umfirmierung zur GETEC AG,
Gründung der Tochtergesellschaft OstBayernWärme GmbH in Regensburg | 2002 Gründung der Niederlassungen München und
Frankfurt, Umwandlung der Tochtergesellschaft GETEC Energieversorgung GmbH Hannover in eine Niederlassung der GETEC AG |
2003 Umzug der Niederlassung Rhein-Ruhr nach Bochum, Auszeichnung der GETEC AG mit dem Großen Preis des Mittel-
standes durch die Oskar-Patzelt-Stiftung, Preis des Wirtschaftsspiegels für hervorragende unternehmerische Leistungen |
2004 Einweihung des neuen Bürokomplexes in Magdeburg, Auszeichnung Energie & Management für innovative Projekte,
Gründung der Abteilung EEG/Sonderprojekte | 2005 Umbenennung der OBW OstBayernWärme GmbH in Bayernwärme GmbH,
„Unternehmer des Jahres“, Preis des Wirtschaftsspiegels Sachsen-Anhalts | 2006 Auszeichnung mit dem Contracting Award 2006 |
2007 Erdgasliefervertrag mit der VNG
Der Magdeburger Dom.
Die Grüne Zitadelle von Magdeburg.
liche Blütezeiten. Etliche sorgsam erhaltene archi-
tektonische Zeitzeugen erinnern an die einstige
Pracht der vormaligen Kaiserresidenz. Trotz der
sichtbaren Historie aus Stein ist Magdeburg kein
Museum, sondern eine moderne Großstadt, die
heute rund 230 000 Einwohner zählt.
Das derzeit modernste und originellste Bau-
werk entstand nach den Plänen des Österrei-
chers Friedensreich Hundertwasser: Die „Grüne
Zitadelle“ ist ein Ausgleich und gleichzeitig eine
Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft. 171 Bäume sind auf und in dem Gebäude
untergebracht, das Haus zählt zudem 865 Fenster
in 285 verschiedenen Formen.
Prominente Persönlichkeiten wie der bereits
genannte Guericke, der Komponist Georg Philipp
Telemann, General Friedrich von Steuben, der
Politiker Erich Ollenhauer oder der Dichter Erich
Weinert wurden hier geboren.
Nachhaltig assoziiert sich der Name der Stadt
mit dem Begriff eines Schwerpunktzentrums
des Maschinenbaus. Obwohl sich ab 1989/1990
gravierende Veränderungen in diesem bis dato
dominierenden Zweig der Großindustrie vollzogen
und dadurch eine neue Marktorientierung erfor-
derlich wurde, haben sich hier und im gleichfalls
traditionellen Förderanlagenbau wieder weltbe-
kannte Firmen etabliert.
Helmut Rosan, freier Redakteur
Otto-von-Guericke-Denkmal.
Kloster „Unser Lieben Frauen“. Fotos: Stadt Magdeburg
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Ausbau der Aktivitäten
VNG in Italien jetzt vom Gasimport bis ins Endkundengeschäft tätig
Mittags um eins steht man in den italienischen
Büros vor verschlossenen Türen. Völlig verwaist.
Auch die Rezeptionsdamen sind verschwunden.
Vor drei Uhr braucht man gar nicht erst wieder
aufzutauchen. So lange ist Mittagspause. La Dolce
Vita nennt man das. Wer sich diesem Ritual nicht
unterordnet, ist selber schuld. Geschäfte kann man
in diesen Stunden aber gleichwohl machen, denn
mit Geschäftsfreunden gemeinsam Mittagessen
ist sehr beliebt.
Wie man in „Bella Italia“ Geschäfte macht – das
weiß die VNG seit langem. Im Oktober 2003 konn-
te der Gasverkauf Ausland und sein Leiter Lutz
Miedtank erstmals Lieferverträge für Erdgas
mit der italienischen HERA S.p.A. abschließen,
seither wurden die Aktivitäten in Italien kon-
tinuierlich ausgebaut. So konnte die VNG im
vergangenen Jahr ihren Gasverkauf nach Italien
auf über 5 Mrd. kWh steigern. Größter Kunde ist
nach wie vor die HERA. Daneben beliefert die
VNG in Italien mittlerweile auch industrielle
Großkunden vorwiegend im Kraftwerksbereich.
Und schließlich bietet die VNG seit diesem
Jahr neben dem bisherigen Lieferweg über die
Schweiz auch Gas im italienischen Markt über
die österreichische Trans Austrian Gas Pipeline
(TAG) an und nutzt dabei konsequent die Mög-
lichkeiten aus ihrem langfristig verfügbaren
Einkaufsportfolio. „Erdgas an verschiedenen
Handelspunkten anzubieten, gehört mittlerweile
zum Tagesgeschäft des Gasverkaufs Ausland“,
berichtet Miedtank.
Einstieg in den italienischen Markt
Die Partnerschaft mit der börsennotierten HERA
mit Sitz in Bologna war für die VNG der Einstieg
in den italienischen Markt. Der zählt neben dem
britischen und deutschen Erdgasmarkt zu den größ-
ten in Europa, weiß Oliver Hill, Leiter Geschäfts-
entwicklung Westeuropa. Die Möglichkeiten, das
eigene Absatzportfolio zu steigern, liegen im
wachsenden italienischen Markt quasi auf der
Hand. Vor allem der wirtschaftsstarke nord- und
mittelitalienische Raum bietet großes Potenzial.
Die dort ansässigen privaten und kommunalen
Erdgasversorger – meist mittelständisch geprägte
Unternehmen – suchen für die Beschaffung im
europäischen Wettbewerb nach strategischen
Partnern aus dem Ausland. Vor diesem Hinter-
grund gründeten HERA und VNG im April 2006
ein Joint Venture. Die FlameEnergy Trading GmbH
mit Sitz in Wien bündelt seither die Aktivitäten
von HERA und VNG im italienischen Markt und
in angrenzenden Regionen. Sie besitzt Trans-
portkapazitäten auf der TAG, handelt am PSV –
dem virtuellen Handelspunkt in Italien – und ist
zudem am Handelspunkt im österreichischen
Baumgarten registriert.
Kurz nach Gründung des Joint Venture mit HERA
ging die VNG eine weitere Beteiligung in Italien
ein. Über die Holdinggesellschaft BLUEFIN S.r.l.
hat sich der Erdgasimporteur mit 19 Prozent an
Die Beteiligungen und Geschäftspartner der VNG im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten in Italien
Erdgas verkaufen in Italien
ist mehr als dolce vita!
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der BLUENERGY Group S.p.A. beteiligt. Das Un-
ternehmen versorgt in der Region Friuli-Venezia
Giulia circa 65.000 Endkunden mit Strom und
Gas. Im letzten Jahr betrug der Umsatz rund
80 Millionen Euro bei einem Absatz von 1,5 Mrd.
kWh. „Derzeit erobert die BLUENERGY mit ihren
rund 30 Mitarbeitern neue Absatzregionen in
ganz Italien und nutzt dabei alle Möglichkeiten im
regulierten italienischen Gas- und Strommarkt“,
erklärt Hill.
Neue Importmöglichkeiten nach Italien
Fünf Jahre nach den ersten Lieferverträgen mit Ita-
lien und zwei Jahre nach den ersten Beteiligungen
im Großhandels- und Endkundengeschäft hat die
VNG ihr Italienengagement nochmals verstärkt.
Mit dem Kauf von 40,5 Prozent der Anteile an der
SPIGAS S.r.l. aus La Spezia in Ligurien ist der deut-
sche Importeur nunmehr über ihre italienischen
Beteiligungen vom Gasimport über den Gashandel
bis hin zum Endkundengeschäft tätig. Mittels einer
Kaufoption kann VNG ihren Anteil an der SPIGAS
zukünftig weiter erhöhen.
Der Einstieg bei SPIGAS kam nicht von ungefähr.
„Trotz unserer Beteiligungen an FlameEnergy
und BLUENERGY sahen wir uns nach wie vor mit
dem Problem konfrontiert, unser eigenes Erdgas
strukturiert in den italienischen Markt zu liefern“,
so Hill. Diese Lücke schließt SPIGAS. Der itali-
enische Importeur und Großhändler verfügt ab
Oktober 2008 über Transportkapazitäten auf der
TAG. SPIGAS, einer der zehn größten Großhändler
in Italien, soll zum verlängerten Vertriebsarm
der VNG-Gruppe entwickelt werden und für den
Handel mit Erdgas auf der italienischen Großhan-
delsebene zuständig sein. Dabei sollen vor allem
Regionalversorger aber auch Industriekunden
beliefert werden.
SPIGAS hat für den Leipziger Erdgasimporteur
noch eine weitere strategische Komponente – den
Zugang zu LNG-Mengen. Die Norditaliener, die
erst seit sechs Jahren am Markt sind, verfügen
bereits über Erfahrungen in dem Geschäft mit
verflüssigtem Erdgas und konnten bereits die
ersten LNG-Importe abwickeln. Aufgrund ihrer Lage
in der Nähe eines LNG-Terminals besitzt SPIGAS
zudem gute Kontakte in der LNG-Szene sowie zu
nordafrikanischen Produzenten.
Beteiligungsgesellschaft VNG Italia
Mit ihren drei Beteiligungen auf allen Wertschöp-
fungsstufen ist die VNG in Italien bereits gut
aufgestellt. Um ihr Geschäft weiter zu festigen,
planen die Leipziger noch in diesem Jahr die
Gründung einer Holding – der VNG Italia. Zukünftig
sollen die Aktivitäten in Italien von Bologna aus
gebündelt und koordiniert werden. Den Schritt hin
zu einer eigenen Vertretung in Italien erklärt Hill
als wichtige Voraussetzung, um sich innerhalb der
lokalen und regionalen Märkte einen Namen zu
machen und direkt am Geschehen teilnehmen zu
können. „Nur so können wir vor Ort am Ball bleiben
und Präsenz im Markt zeigen“, so Hill.
Vor über fünf Jahren ging für die VNG der Traum vom
sonnigen Süden in Erfüllung. Dass dieser Traum
tatsächlich mehr als Dolce Vita ist, war allen Betei-
ligten schnell klar. Denn wie auch in Deutschland
konkurriert die VNG im Stiefelland in einem Markt
mit zahlreichen großen und kleinen Wettbewerbern.
Trotzdem ist der Leipziger Importeur auf einem
guten Weg. Im letzten Jahr konnte das Unterneh-
men seinen Absatz im Ausland mit einem Anteil
von nunmehr elf Prozent deutlich steigern – ein
großer Teil entfiel dabei auf Italien. Ziel ist zudem
der Aufbau eines marktgerechten Absatzportfo-
lios der VNG für Italien aus den verschiedensten
Quellen, darunter künftig sicher auch Gas aus
Nordafrika über neu errichtete LNG-Terminals. „In
diesem Jahr werden wir die Wertschöpfungskette
zwischen Exporten nach Italien und dem regionalen
Endkundengeschäft schließen können“, sind sich
Miedtank und Hill sicher.
In Italien weiter zu wachsen, das haben die Leip-
ziger fest im Visier. Nur jeden Mittag, zwischen ein
und drei Uhr, müssen sie in ihren Bestrebungen
eine kleine Pause einlegen.
Mandy Nickel, Redaktion
Bringen das Geschäft in Ita-
lien auf einen guten Weg:
(v.l.n.r.): Tomas Taubert, Leiter
Gasverkauf Südeuropa, Lutz
Miedtank, Direktor, Leiter Gas-
verkauf Ausland, Christina
Pollack, Projektmanagerin
Geschäftsentwicklung West-
europa, Oliver Hill, Direktor,
Leiter Geschäftsentwicklung
Westeuropa, Tassilo Möschke,
Projektleiter Geschäftsent-
wicklung Westeuropa und
Tilo Renner, Projektmanager
Geschäftsentwicklung West-
europa.
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AMI 2008
TURBO-Erdgas – Neue Motoren-generation in Leipzig vorgestelltVom 5. bis 13. April öffnete die 18. Leipziger AUTO MOBIL INTERNATIONAL (AMI) ihre Pforten. Auf
dem Gemeinschaftsstand Erdgasfahrzeuge stand besonders ein neues Modell im Mittelpunkt, das
gleichzeitig Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit und Fahrspaß verspricht.
Mit dem VW Passat TSI EcoFuel 1.4. feierte in
Leipzig das erste Erdgasfahrzeug mit Turbo-An-
trieb seine Premiere. Für Branchenkenner gilt die
Entwicklung der neuen Motoren-Generation als
wichtiger Entwicklungsschritt, um Erdgasfahrzeuge
im Fahrzeugmarkt neu zu positionieren.
Zielgruppe des neuen Erdgas-Passat sollen laut
Trägerkreis Erdgasfahrzeuge vor allem private
Nutzer und Flottenbetreiber sein. Einen Anreiz,
vom „normalen Passat“ auf das Erdgasmodell
umzusteigen, dürften sie besonders beim Blick
auf die Tankrechnung haben. Da offenbart der
Passat EcoFuel eine Kostenersparnis von mehr als
30 Prozent gegenüber der Dieselvariante und von
über 50 Prozent gegenüber dem Benziner.
Der Fahrspaß, so versprechen es die Hersteller,
kommt dabei nicht zu kurz. Die neuen Turbomotoren
verleihen dem Auto eine Dynamik, die mehr Tempo
und maximalen Fahrspaß garantiert.
Das Prinzip ist dabei ähnlich wie beim Diesel:
durch Erhöhung der Verdichtung und des Lade-
drucks werden die Motoren extrem durchzugsstark
und effizient. Schon bei 1.500 U/min stemmt
der Erdgas-Passat kraftvolle 220 Newtonmeter auf
die Kurbelwelle – mehr als der leistungsgleiche
Passat FSI, der es auf 200 Newtonmeter bei
3.500 Touren bringt.
Der neue VW Passat TSI EcoFuel 1.4. kommt dem-
nächst als Limousine und Variant sowie mit Schalt-
oder Automatikgetriebe auf den Markt.
Bestellungen werden laut VW ab dem vierten
Quartal 2008 entgegen genommen. Aufgrund der
steigenden Nachfrage nach Erdgasfahrzeugen ha-
ben auf der AMI auch weitere Hersteller erklärt, in
Kürze eigene Turbo-Erdgasmotoren auf den Markt
zu bringen (siehe dazu auch Seite 21).
Mandy Nickel, Redaktion
Der „Star“ am Stand der Erdgasfahrzeuge auf der diesjährigen AMI. Mit dem VW Passat EcoFuel
läuten Automobil- und Erdgasbranche eine neue Generation von Erdgasfahrzeugen ein – mehr
Power, mehr Fahrspaß und trotzdem umweltverträglich.
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Erdgas-Turbomotor sorgt für neuen SchwungAus Sicht der VNG ist die diesjährige AMI sehr er-
folgreich verlaufen. Mit 293.000 Besuchern wurde
ein neuer Rekord verbucht. Dieser Besucheran-
sturm war auch auf dem Gemeinschaftsstand
Erdgasfahrzeuge deutlich zu spüren. Kaum zum
Durchatmen kamen allerdings die Berater am VW
Passat mit dem neu entwickelten 1,4 TSI EcoFuel
Turbomotor. Dass dieses Modell, zusammen mit
der neuen Motorengeneration, für neuen Schwung
im Geschäftsfeld Erdgas als Kraftstoff sorgen wird,
war unverkennbar. Aber auch die bevorstehenden
Markteinführungen neuer Modelle von Opel, Fiat
und Volkswagen standen im Focus des Interesses.
Ebenfalls ausgestellt war der B 170 NGT, der ab
Juni neben der E-Klasse und dem Sprinter bei den
Mercedeshändlern stehen wird. Es war zu spüren,
dass viele Messegäste den Stand regelmäßig be-
suchen, um sich über Neuheiten zu informieren.
Der dabei vorhandene Wissensstand war sehr gut.
Die Beratungsgespräche zeigten aber auch, dass
noch viel Aufklärungs- und Informationsbedarf,
vor allem was den Unterschied zwischen Erdgas
und Autogas betrifft, besteht.
Steffen Hesse,
Kundendienst/Marketing bei der VNG
Das sagen Automobilhersteller und die Erdgasbranche zum neuen Turbo-Antrieb
Wir sind davon überzeugt, mit dem
neuen Turbo-Passat einen ähnlichen
Siegeszug hinzulegen wie vor zehn
Jahren mit dem ersten Turbo-Diesel.
Der Wagen glänzt allein durch Leistung
und Fahrspaß: 150 PS, 220 Newton-
meter bei nur 1500 Umdrehungen und
420 Kilometer Reichweite im Erdgas-
betrieb plus 31 Litern Benzinreserve
– das ist eine neue Generation von
Erdgasfahrzeugen! Mit der Entwick-
lung des Passat TSI EcoFuel bekennt
sich VW auch zu Erdgas als wichtiger
Bestandteil seiner Kraftstoffstrategie.
Wir werden unsere Modellpalette an
Erdgasfahrzeugen weiter ausbauen
und dabei verstärkt auf Turbo-Mo-
toren setzen.
Matthias Leifheit, Leiter Entwicklung
Gasfahrzeuge bei der Volkswagen
Individual GmbH
Fiat hat den Trend zu Erdgasfahrzeu-
gen bereits früh erkannt – und ist
heute Nr. 1 in Europa und der Hersteller
mit der breitesten Produktpalette auf
dem Markt. Mit dem Dobló Cargo Maxi
haben wir auf der AMI den Kleintrans-
porter mit dem größten Laderaum-
volumen präsentiert. Im Spätherbst
stellen wir zudem den Grande Punto
mit Erdgasbetrieb vor, der vor allem
im Kleinwagensegment punkten soll.
In der Entwicklung steckt derzeit auch
ein Zwei-Zylinder-Turbomotor. Da-
mit wird Fiat auch technologisch ein
neues Kapitel bei Erdgasfahrzeugen
aufschlagen.
Stefan Schrahe, Koordinator Erdgas-
fahrzeuge/Alternative Antriebe bei
der Fiat Teamsys GmbH
Wir sehen, dass der Trend zum um-
weltfreundlichen Fahren mit Spaß
ungebrochen ist. Einen zusätzlichen
Schub wird der Markt durch die neuen
Turbo-Erdgas-Motoren bekommen.
Die deutsche Gaswirtschaft forciert
deshalb den weiteren Ausbau des Tank-
stellennetzes. Die Marke von deutsch-
landweit 1000 Tankstellen ist für uns
dabei ein Richtwert, aber lange nicht der
Schlusspunkt. Der Diskussion um die
Anfang April gekippte Biosprit-Verord-
nung können wir gelassen gegenüber
stehen. In Erdgasfahrzeugen ist der
Einsatz von Biomethan ohne technische
Veränderungen problemlos möglich
– egal ob 10 Prozent oder 100 Prozent
getankt werden. Für uns ist das ein
weiteres Indiz dafür, dass wir mit der
Strategie „Erdgas als Kraftstoff“ auf das
richtige Pferd gesetzt haben.
Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstands-
vorsitzender Initiativkreis Erdgas als
Kraftstoff – Deutschland e.V. (IEK) und
Vorstand Gasverkauf/Technik bei der
VNG – Verbundnetz Gas AG
Opel ist zwar auf der diesjährigen
AMI mit keinem neuen Erdgasmodell
vertreten. Wir arbeiten aber derzeit
an einem Erdgas-Turbo-Motor, der
Anfang 2009 im Opel Zafira TNG seine
Markteinführung feiern wird. Was die
Fahrleistungen betrifft wird der Erd-
gas-Zafira seinem Benziner-Kollegen
in nichts nachstehen. Perspektivisch
wird Opel seine Erdgasfahrzeuge
nur noch mit dieser Turbotechnik
ausrüsten. Das liegt vor allem an der
hohen Oktanzahl von 130. Dadurch
ist der Erdgaskraftstoff klopffester als
jeder konventionelle Sprit und kann
in Turbomotoren höher verdichtet und
effektiver verbrannt werden.
Klaus Hablik, Marketing and Projects
Manager bei Opel Special Vehicles
22 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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trac-x und store-x
Kapazitätshandel im europäischen WettbewerbDie wachsende Bedeutung des Transport- und Speichermarktes für den Gashandelsplatz Deutschland
ist unbestritten. Vor allem der Handel mit Kapazitäten spielt eine immer stärkere Rolle. Vorreiter auf
diesem Gebiet sind die Plattformen trac-x und store-x. Wir sprachen mit Bernd Protze, Geschäftsführer
in beiden Unternehmen und gleichzeitig Leiter Speicherportfolio bei der VNG – Verbundnetz Gas AG.
Wie kamen Sie auf die Idee, eine Transport- und
Speicherplattform für Sekundärkapazitäten zu
initiieren?
Die Idee geht in beiden Fällen auf den damaligen
Leiter Strategische Koordinierung und jetzigen
Vorstand Gasbeschaffung, Klaus-Dieter Barb-
knecht, zurück. Mit der Initiierung von trac-x hat
er einer Verpflichtung aus der Gasnetzzugangs-
verordnung vorgegriffen, die die Gasnetzbetreiber
zum Handel mit sekundären Transportkapazi-
täten verpflichten sollte. Bei store-x war der
Grund ähnlich. Als damaliger Präsident von GSE
(Gas Storage Europe) hat Herr Barbknecht die
Guidelines for Good Practice for Storage System
Operators der ERGEG1 maßgeblich mitbestimmt.
Darin setzen sich die Speicherbetreiber für die
Schaffung eines Marktes für sekundäre Speicher-
kapazitäten ein.
Die Plattform trac-x wurde bereits zur E-World 2005
vorgestellt. Warum ist das Projekt erst Ende letzten
Jahres so richtig in Schwung gekommen?
Unmittelbar nach Gründung der Gesellschaft be-
gannen erste Gespräche mit potenziellen Gesell-
schaftern. Tatsache ist, dass es auf der Plattform
bis Oktober 2007 nur wenige Aktivitäten gab. Wir
haben auch keine Werbung dafür gemacht. Das
lag an der fehlenden Kartellamtsentscheidung
über den Verkauf von Anteilen der trac-x GmbH
an E.ON Ruhrgas, RWE Gastransport und EWE.
Alle drei Anteilseigner waren offiziell noch nicht
bestätigt und hätten als Gesellschafter nicht von
dem innovativen Produkt trac-x profitieren können.
Seit der Zustimmung von Seiten des Kartellamtes
im Oktober letzten Jahres läuft der Ausbau der
Plattform mit allen Partnern auf Hochtouren.
Mittlerweile sind bereits acht der „großen“ Netz-
betreiber registriert.
Obwohl keine Werbung für die Plattform gemacht
wurde, ist die EEX auf trac-x aufmerksam geworden
und als 19%iger Anteilseigner eingestiegen.
Mit Eingang des Kartellamtsantrages über den An-
teilskauf hat die niederländische Energiebörse APX
Einspruch gegen die Zusammenlegung erhoben.
Daraufhin musste das Kartellamt ein so genanntes
Hauptverfahren eröffnen, das jedoch positiv aus-
fiel. Trotzdem hat die APX beim Oberlandesgericht
Düsseldorf eine Klage gegen das Bundeskartellamt
eingereicht – was natürlich in der Branche nicht
unbemerkt blieb. Denn das spiegelt anscheinend
nicht nur für uns das Potenzial der Plattform wider –
unter anderem hat auch die EEX AG daraufhin das
Gespräch mit uns gesucht.
Wo sehen Sie zukünftig die Herausforderung
für trac-x?
Eine neue Herausforderung für trac-x wird das
von der ERGEG ins Leben gerufen GRI-Pilotprojekt
(GRI = Gas Regional Initiative) sein. trac-x und die
niederländische Energiebörse APX haben innerhalb
dieses Projektes jeweils den Auftrag bekommen,
die europaweite Sekundärkapazitätsvermarktung
1 European Regulators Group
for Electricity and Gas
23 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
mit ihren Plattformen an den Grenzübergangs-
punkten zu unterstützen. Damit entwickelt sich
trac-x endgültig von einer deutschen zu einer
europäischen Plattform.
Darüber hinaus sehen wir unsere Arbeit durch
die Bundesnetzagentur bestätigt, denn aus ihrer
Sicht „wird durch die Internetplattform trac-x
§ 14 GasNZV umgesetzt, der die Netzbetreiber
verpflichtet, eine gemeinsame elektronische
Plattform für den Handel mit Kapazitätsrechten
einzurichten, auf der dann exklusiv Kapazitäten
gehandelt werden können“.
Was bedeutet das GRI-Projekt konkret für Händler,
die auf trac-x Geschäfte abwickeln?
Seit 1. April können sich Händler auf trac-x
für den europaweiten Handel registrieren und
diejenigen Kunden als Favoriten anlegen, mit
denen sie zukünftig ihre Geschäfte abwickeln
wollen. Dass der Händler selber entscheidet,
an wen er seine freien Kapazitäten verkauft,
ist für trac-x ein wichtiges Kriterium. Denn als
reine Kontaktplattform übernimmt trac-x keine
finanzielle Absicherung der Geschäfte, Händ-
ler müssen lediglich einen Geschäftsbetrieb
nachweisen. Ob sich zukünftig die Plattform
trac-x oder die Energiebörse APX beim europä-
ischen Sekundärhandel für Transportkapazitäten
durchsetzen wird, liegt allein in den Händen der
Händler. Sie entscheiden, wem sie ihr Vertrauen
aussprechen werden.
store-x wurde ein Jahr nach trac-x gestartet –
zusammen mit dem größten Speicherbetreiber
in Deutschland, der E.ON Ruhrgas. Das klingt
nach Wettbewerbsverzerrung?
Die VNG wollte das Projekt store-x schnell voran
bringen und hat sich deshalb mit E.ON Ruhrgas
von Anfang an einen großen, starken Partner
gesucht. Dass wir damit nicht den Wettbewerb
verzerren, hat auch das Kartellamt anerkannt und
uns bereits ein halbes Jahr nach der Gründung
die Zustimmung gegeben. Wir waren und sind
zudem immer offen für weitere Gesellschafter –
vor allem für europäische Speicherbetreiber. Im
letzten Jahr und Anfang 2008 haben RWE Gas
Storage (Prag) sowie die EEX Gesellschafteran-
teile in Höhe von jeweils 12 Prozent erworben –
natürlich vorbehaltlich der kartellrechtlichen
Zustimmung. Zwei weitere Gesellschafter mit
je 12 Prozent Anteile möchten wir gerne noch
aufnehmen. Möglichst in diesem Jahr soll die
Gesellschafterstruktur vorläufig abgeschlossen
werden.
Gesellschafter von trac-x in %
European Energy Exchange AG – EEX*
EWE AG VNG – Verbundnetz Gas AG
19 24
1919
19
E.ON Gastrans-port AG & Co. KG
RWE AG
26
2612
12
12
12
Gesellschafter von store-x in %
VNG – Verbundnetz Gas AG (VNG)
VNG und E.ON
RWE Gas Storage s.r.o.*
VNG und E.ON
European Energy Exchange AG – EEX*
E.ON Ruhrgas AG (E.ON)
* vorbehaltlich der kartellrechtlichen Zustimmung
trac-x – 8 registrierte Netzbetreiber
ONTRAS – VNG Gastransport GmbH
ExxonMobil
RWE Energy
Gaz de France
E-ON Gastransport
EWE
BEB
Dong Energy
store-x – 14 registrierte Speicherbetreiber
Verbundnetz Gas AG
E-ON Ruhrgas
ZMB
E-ON Avacon
RWE
E-ON Hanse
EnBW
E-ON Thüringer Energie
EWE
RWE Gas Storage
Bayerngas
Wingas
Gaz de France
NUON
24 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Im Gegensatz zu trac-x liefen die Aktivitäten auf
store-x von Anfang an auf Hochtouren. Ein Beweis,
dass freie Speicherkapazitäten stärker denn je
gefragt sind?
In der Tat sind freie Speicherkapazitäten in Europa
derzeit sehr rar. Das hat drei wesentliche Gründe.
Erstens gab es früher ausreichend Erdgaslagerstät-
ten in Großbritannien, die je nach Bedarf sehr flexi-
bel betrieben werden konnten. Diesem saisonalen
Ausgleich können die britischen Lagerstätten nicht
Fortsetzung von Seite 23
Kapazitätshandel im europäischen Wettbewerb
trac-x – Entwicklung der Registrierungen (kumuliert)
Jahr
300
250
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0
2005 20072006 2008
store-x – Entwicklung der Registrierungen (kumuliert)
Jahr
300
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450
350
400
2006 2007 2008
mehr gerecht werden, so dass der Speicherbedarf
steigt. Zweitens gehen auch in Deutschland und
den Niederlanden die Lagerstätten langsam zu-
rück, so dass sich der Importbedarf der EU erhöht.
Das wiederum macht eine gute Strukturierung der
Beschaffung, unter anderem durch den Einsatz von
Speichern, notwendig. Drittens darf auch nicht
außer Acht gelassen werden, dass Erdgasspeicher
– vor dem Hintergrund zunehmender Transporte –
eine immer wichtigere Rolle für die Versorgungs-
sicherheit einnehmen.
Was wird sich für die Plattformen mit dem Einstieg
der EEX ändern?
Für die EEX AG ist der Anteilskauf ein logischer
Schritt, denn für ihr bisheriges Geschäftsfeld
Gashandel benötigen sie zukünftig auch Trans-
port- und Speicher-Know-how. Für trac-x und
store-x steigt jetzt natürlich der Druck auf die
Geschäftsaktivitäten. Die Energiebörse schaut
nicht mehr auf physikalische Restriktion, die
sich beispielsweise durch die Beschaffenheit
eines Aquiferspeichers und die daraus einge-
schränkten Fahrweisen ergeben. Was zählt,
ist allein der grenzenlose Handel – ohne lange
Abstimmungsprozesse. Durch den Einstieg der
EEX werden alle Prozesse beschleunigt und die
bisher gehandelten Produkte weiter standardi-
siert. Den Druck, den die EEX als Energiebör-
senbetreiber auf uns ausübt, werden wir als
innovative Lösungen für den Erdgasmarkt in
Europa umsetzen.
Wie ist es für Sie denn als Geschäftsführer von
Gesellschaften, bei denen die VNG nur eine Min-
derheitsbeteiligung besitzt?
Sicher hat man es leichter, wenn man als Geschäfts-
führer die Mehrheit der Stimmen im Aufsichtsrat
hinter sich weiß. Aber gerade darin liegt für mich
auch die Herausforderung, innovative Ideen
durch einen Konsens mit den unterschiedlichen
Gesellschaftern umzusetzen. Dabei bin ich mir
bewusst, dass ich auch in Zukunft mit dem Ver-
trauen der anderen Gesellschafter sehr sensibel
umgehen muss.
25 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
HANNOVER MESSE 2008 – die Erste
VNG auf größter Industriemesse(EB) In diesem Jahr war die VNG zusammen mit ihren
Partnern Geomagic GmbH, GDMcom und der Dr.-Ing.
Veenker Ingenieurgesellschaft mbH erstmals auf
der größten Industriemesse in Hannover mit einem
eigenen Stand vertreten. Hauptaugenmerk des
Messeauftritts lag in der Präsentation von trascue.
PIMS und dem Flotten- und Störungsmanagement
der VNG. Techniker und Ingenieure zahlreicher
Gasversorgungsunternehmen fanden den Weg
zum Stand der VNG, um gemeinsam über neue
Pipelinetechnologien zu sprechen. Dazu gehörte
auch der Smart Plug Molch, der den Ausstoß von
CO2 in die Atmosphäre beim Austausch von Leitung
unterbindet. VNG war das erste Unternehmen, das
diesen Molch in Deutschland eingesetzt hat.
Über den technischen Bereich hinaus waren die
Besucher am Stand der VNG vorrangig an drei
weiteren Themen interessiert: die Möglichkeit von
Praktika und Diplomarbeiten, die Lieferung und
Einspeisung von BioErdgas und die Möglichkeiten
von Erdgasfahrzeugen.
Die HANNOVER MESSE 2009 findet vom 20. bis
zum 24. April 2009 statt. Die VNG wird wieder mit
einem eigenen Stand dabei sein.
HANNOVER MESSE 2008 – die Zweite
Brennstoffzelle zieht Interesse auf sich(EB) In ihrem Profil wirbt die HANNOVER MESSE
damit, der ideale Ort zu sein, „um sich das neueste
Industrie-Know-how zu sichern“. Von einer solchen
zukunftsfähigen Technologie konnte man sich am
Stand der Initiative Brennstoffzelle (IBZ), an der
die VNG beteiligt ist, ein Bild machen.
Die mit Erdgas betriebene Brennstoffzelle, mit
der Strom und Wärme direkt im Haus erzeugt
werden kann, wird derzeit von den führenden
Unternehmen der deutschen Energiewirtschaft
sowie der Geräteindustrie und der Deutschen
Energie-Agentur (dena) zur Marktreife entwickelt.
Die Brennstoffzellen-Technologie gilt als die
effizienteste und umweltschonendste Form der
Kraft-Wärme-Kopplung – dementsprechend groß
war auch der Andrang am IBZ-Stand. Für die mobile
und stationäre Anwendung im Einfamilienhaus
interessierten sich sowohl interessierte Laien als
auch ein breites Fachpublikum.
Rückenwind erhält die Entwicklung der Brenn-
stoffzelle zur Hausenergieversorgung übrigens
auch von politischer Seite. Bund und Wirtschaft
fördern die IBZ im Rahmen des 2006 auf zehn Jahre
angelegten „Nationalen Innovationsprogramms
Wasserstoff und Brennstoffzelle“.
Die IBZ geht allerdings davon aus, dass es bis
zur Marktreife der neuen Technologie noch einige
Jahre dauern wird.
Über eine ressourcen- und umweltschonende Wärme- und Stromversorgung im Haus mit
Hilfe der Brennstoffzelle wollte sich auch Thomas Jurk (Mitte), sächsischer Staatsminister
für Wirtschaft und Arbeit, informieren. Hier mit Bernhard Kaltefleiter, Direktor, Leiter
Unternehmenskommunikation bei der VNG (links) und Volker Nerlich von der Hexis AG.
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Energieeinsparung – großes Potenzial in den ostdeutschen KommunenUnter dem Stichwort „Kommunale Energieeffizienz“ bietet die VNG seit kurzem ein umfangreiches Beratungsinstrument an, mit
dem in Städten und Gemeinden wesentliche Maßnahmen zur Energieeinsparung aufgedeckt werden können. In der Ausgabe
2007.3 berichteten wir von einem ersten Projekt mit der SpreeGas. Aufgrund der erzielten Ergebnisse wurden gleichartige
Untersuchungen in 17 weiteren Kommunen durchgeführt.
Kommunen stehen als öffentliche Akteure ebenso
wie Bund und Länder unter dem Handlungsdruck,
kosteneffiziente und umweltgerechte Energie-
lösungen in ihren Gebäuden einzusetzen. Weiter
gibt es in der Energieeinsparverordnung verschie-
dene Nachrüstforderungen auch für bestehende
Gebäude, um den Energieverbrauch zu senken.
Allerdings bleiben viele Einsparpotenziale im Gebäu-
debestand und in der Energieversorgung ungenutzt,
weil einigen Kommunen die Expertise fehlt.
Um die Städte und Gemeinden beim Thema
Energieeinsatz zu unterstützen, hat die VNG das
Aktionspaket „Kommunaleffizienz“ entwickelt. Es
beinhaltet die messtechnische Untersuchung von
bestehenden Heizungsanlagen, die Bewertung
der angeschlossenen Verteilungssysteme sowie
eine Diagnose der Verbrauchswerte von Heizung
und Warmwasser. Auf Grundlage der gesammel-
ten Daten werden anschließend Vorschläge für
eine Verbesserung der Anlagen unterbreitet.
Diese reichen von kleineren Maßnahmen wie
der Dämmung von Heizungs- und Warmwas-
serleitungen oder der Erneuerung von Pumpen
bis hin zu Empfehlungen bei einem zukünftigen
Austausch der Wärmeerzeugeranlage. Aufgrund
der Ergebnisse aus einem ersten Projekt hat sich
Startschuss für das Aktionspaket „Kommunale Energieeffizienz“ war im Oktober in Krauschwitz. Mittlerweile wurden 96 Gebäude in 17 Kommunen begutachtet.
27 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
die SpreeGas entschlossen, das Aktionspaket
„Kommunaleffizienz“ gemeinsam mit verschie-
denen Kommunen durchzuführen. Im Ergebnis
wurden in 17 Kommunen insgesamt 96 Gebäude
betrachtet. In 31 Gebäuden erfolgte eine genaue
messtechnische Untersuchung.
Die Bandbreite der Gebäude umfasste dabei haupt-
sächlich Rathäuser, Schulen und Kindergärten
sowie Feuerwehrgerätehäuser und Vereinsstätten.
Als Novum wurde auch ein Schloss untersucht.
Bei den Betrachtungen lag der Focus im Wesent-
lichen auf der installierten Heizungsanlage mit
ihren Bauteilen und regelungstechnischen Einstel-
lungen. Als Brennstoff wurde vorwiegend Erdgas
eingesetzt, einige Anlagen wurden aber auch mit
Heizöl betrieben. Grundsätzlich können folgende
Optimierungsansätze benannt werden:
• Leistung der Wärmeerzeuger oftmals zu groß,
• Austausch der stufig arbeitenden Pumpen gegen
drehzahlgeregelte Pumpen,
• fehlende Isolierung an Rohrleitungen und Ar-
maturen,
• fehlender hydraulischer Abgleich an der Heiz-
wasserverteilung,
• unnötig laufende Zirkulationspumpen der
Trinkwasserversorgung,
• korrekter Einbau von Thermostatventilen.
Bei der Ermittlung der Optimierungspotenziale
wurde großer Wert darauf gelegt, dass die resul-
tierenden Empfehlungen mit geringem finanziellen
Aufwand umgesetzt werden können.
Jedes der betrachteten Gebäude einschließlich sei-
ner heizungstechnischen Anlage wurde individuell
bewertet. Zusammenfassend kann prognostiziert
werden, dass das Energieeffizienzpotenzial in den
96 Gebäuden unterschiedlichster Art und Nutzung
bei insgesamt
• 2,4 MWh Brennstoff
• 54.000 kWh Elektroenergie
• 620 t CO2
liegt, wenn den Optimierungsempfehlungen
gefolgt wird.
Dies bedeutet für die Kommunen eine Gesamt-
investition von ca. 255 000 €. Über die erzielbare
Betriebskostenersparnis hat sich diese Investition
bei statischer Betrachtung nach ca. 1,6 Jahren
Messtechnische Untersu-
chung der Heizungsanlagen
sind das A und O, um ener-
getische Schwachstellen zu
f inden und eine optimale
Energienutzung zu erreichen.
Fotos: Christoph Busse
Ihr Ansprechpartner
Marco Kersting
Operatives Marketing
Tel. 0341 443 - 2915
Fax 0341 443 - 2919
amortisiert und bringt einen großen Beitrag in
den öffentlichen Kassen.
Mit dem Aktionspaket „Kommunaleffizienz“ wird
über die Dokumentation von Energieeinspar-
potenzialen und durch Optimierung vorhandener
Heizungsanlagen in Kommunen eine positive
Außenwirkung erzielt. Ebenfalls ist es als Ansatz-
punkt in der Marktpartnerarbeit zum SHK-Hand-
werk (Sanitärtechnik, Heizungstechnik, Klima-
technik) nutzbar, indem dem örtlichen Handwerk
Umsatzmöglichkeiten eröffnet werden.
Versorgungsunternehmen können die „Kommu-
naleffizienz“ auch als Einstieg in Contracting-
Vorhaben verwenden. Auf Grundlage einer mess-
wertgestützten Datenbasis kann der Kommune für
ihre Objekte ein maßgeschneidertes Contracting-
Angebot unterbreitet werden.
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Datum Veranstaltung Ort
Juli
01.07.–09.09.2008 Ausstellung 50 Jahre VNG – Zeitzeugen einer erfolgreichen Unternehmensgeschichte VNG, Leipzig
04.07.2008 Fachtagung „Erdgas und Handwerk“ gemeinsam mit dem Fachverband SHK Thüringen Erfurt
23.–27.07.2008 Sachsentour International (mit Unterstützung der VNG) Sachsen
August
26.–29.08.2008 ONS, Messe Stavanger
September
05.–07.09.2008 Tag der Sachsen Grimma
09.–10.09.2008 Energierechtliche Tagesthemen 2008 (BDEW-Fachtagung) Berlin
10.09.2008 Festakt: 50 Jahre VNG Gewandhaus, Leipzig
15./16.09.2008 1. BDEW-Herbsttagung „Energie im Wettbewerb“ Berlin
15./16.09.2008 10. Energiewirtschaftliche Herbsttagung des BDEW Berlin
Oktober
13.–15.10.2008 14. Jahrestagung Erdgas 2008 Berlin
08.–10.10.2008 IGRC – International Gas Research Conference Paris
Deutsch-Russische Rohstoff-Konferenz vorauss. in St. Petersburg
Aktuelle Termine: Juli bis OktoberONS in Stavanger
Vom 26. bis 29. August
2008 wird die VNG erst-
mals gemeinsam mit
ihrer Tochterfirma VNG
Norge auf der Offshore Northern Seas conference
and exhibition (ONS) mit einem Stand vertreten
sein. Die Gründung der Firma, die seither bereits
Anteile an fünf Förderlizenzen erwerben konnte,
hatte die VNG vor zwei Jahren an gleicher Stelle
und in Beisein des norwegischen Kronprinzen
Haakon bekannt gegeben.
Die ONS gilt als eine der weltweit größten Messen
der Erdöl- und Erdgasbranche. 2006 kamen über
1250 Aussteller und mehr als 35.000 Besucher
nach Stavanger.
Hier finden Sie uns:
Halle C, Stand 354
Tag der Sachsen in Grimma
Vom 5.–7. September 2008
präsentiert sich die VNG
zusammen mit dem Lan-
desspor tbund Sachsen,
der MITGAS und den Stadt-
werken Döbeln auf einem
Gemeinschaftsstand zum Tag der Sachsen in
Grimma. Unter dem Motto „Erdgas und Sport –
Energie und Leistung“ zeigen zahlreiche säch-
sische Sportvereine auf der großen Showbühne
ihr Können. Außerdem wird bei einem Parcour
täglich der beste Sportler gekürt. Für den Empfang
der Gäste steht ein Erdgaszelt mit Bewirtung zur
Verfügung.
Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Astrid Preuss, Operatives Marketing der VNG
Tel.: 0341 443 - 2955
29 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
Stimmen die Wettbewerbs-bedingungen im Erdgasmarkt?Die politische Diskussion rund um das Thema
Energiepreise und Erdgaspreise hat mittlerweile
einen Grad der Widersprüchlichkeit erreicht, der
im Grunde nicht mehr hinnehmbar ist. Sie schadet
auf Dauer der gesamten Gesellschaft mehr, als
dies durch ein Fehlverhalten vereinzelter Anbieter
jemals geschehen könnte. So wird trotz der neuen
Rahmenbedingungen für mehr Wettbewerb auf dem
inländischen Erdgasmarkt nach wie vor so getan,
als sei die Gaswirtschaft monopolistisch organisiert
und könne ihre Gewinne quasi nach Belieben gene-
rieren, sofern sie nicht von staatlichen Behörden
regelmäßigen Kontrollen unterzogen wird.
Die neuen Wettbewerbsbedingungen, die es nun
auch jedem Endkunden ermöglichen, zwischen ver-
schiedenen Anbietern zu wählen, haben offenbar
nichts daran geändert, dass Kostentransparenz
und Offenlegung der Preiskalkulation als die
Schlüsselfaktoren im Kampf gegen die Energie-
preisexplosion gesehen werden. Doch abgesehen
davon, dass der tatsächliche Grund für die hohen
Preise bekanntlich in der rasant gestiegenen
weltweiten Nachfrage liegt, haben Transparenz
und Offenlegung im hier geforderten Sinn und Maß
nichts in einem privatwirtschaftlichen Wettbewerb
verloren. In einer Wettbewerbsordnung konkurrie-
ren Unternehmen mit wirtschaftlichem Geschick
und marktorientierter Preisgestaltung sowohl um
Kunden als auch um notwendiges Kapital. Auf diese
Weise bilden sich dann automatisch angemessene
Preise heraus. Eine statische Kostenbetrachtung
seitens der Kartellbehörden reicht hingegen nicht
aus, um einen Preis zu ermitteln, der langfristig
eine optimale Versorgung gewährleistet.
Es ist deshalb nicht nur aus der Sicht der Energie-
wirtschaft ärgerlich, sondern auch aus überge-
ordneter Perspektive höchst bedenklich, wenn ein
Wirtschaftsbereich von so zentraler Bedeutung wie
die Energieversorgung zunehmend zum Instrument
einer vermeintlich verbraucherfreundlichen Sozi-
alpolitik wird. Im vergangenen Jahr äußerte sich
sogar der bekannte Bundesverfassungsrichter Udo
Di Fabio besorgt über den Regulierungsehrgeiz in
der Energiewirtschaft. Er kritisierte, dass in den
Wettbewerbsgedanken immer öfter Belange des
Gemeinwohls eingepflanzt werden. Sicherlich fühl-
te sich Di Fabio in seiner Beobachtung bestätigt,
als wenig später sogar die Forderung aufkam, die
Energieversorgungsunternehmen sollten einen
Sozialtarif anbieten und damit quasi Aufgaben
des Sozialstaats übernehmen. Der renommierte
Verfassungsrechtler fasste die Bedenken gegen
die starke Regulierungstendenz in folgender For-
mulierung zusammen: „Eigentum verpflichtet
– aber nicht zur Aufopferung“ – eine Aufopferung,
so darf man hinzufügen, die letzten Endes zum
Schaden der Bürger wäre. Wettbewerb in der Ener-
giewirtschaft lebt wie in jeder anderen Branche von
Angebotsunterschieden. Wäre eine Behörde in der
Lage, zielsicher die „richtigen Preise“ für Produkte
zu ermitteln, könnten wir uns einen aufreibenden
Wettbewerbsstress auch sparen. Doch die Ge-
schichte hat nur allzu deutlich gezeigt, dass eine
solche Praxis in den Ruin führt. In Anbetracht der
Tatsache, dass unter aktiver Mithilfe der Gaswirt-
schaft unkomplizierte Netzzugangsbedingungen
eingeführt wurden, mit der die Leitungsnetze
allen Anbietern diskriminierungsfrei zur Verfügung
gestellt werden, muss der Staat nun konsequen-
terweise dem Wettbewerb freien Lauf lassen und
seine Ergebnisse auch akzeptieren. Es gibt keinen
Grund mehr, weshalb Versorgungsunternehmen
im Gegensatz zu allen anderen Branchen ständig
gegenüber dem Staat Rechenschaft über ihre Kos-
tenstrukturen abgeben müssen. Die Verbraucher
können schließlich entscheiden, welchem Anbieter
sie ihr Vertrauen schenken. Und die Anbieter haben
das Ziel, möglichst viele Kunden zu gewinnen. So
sieht der Alltag einer Marktwirtschaft aus.
Weitere Informationen
Andrej Krocker
Forum Erdgas
Tel. 0341 443 - 2626
Fax 0341 443 - 3237
www.forum-erdgas.de
Gastbeitrag Forum Erdgas
Forum Erdgas ist eine Initi-
ative ostdeutscher Erdgas-
Unternehmen, die sich dem
Dialog und der Information
über den Energieträger Erdgas
verpflichtet fühlen. Der Kreis
organisiert einen offenen Mei-
nungsaustausch, auf dessen
Basis das Forum Erdgas an der
öffentlichen Diskussion über
aktuelle Fragen der Energie-
politik teilnimmt.
Das Forum Erdgas
Klaus Reinders, Geschäftsführer der Stadtwerke Teterow (links) und Karl-Heinz Pasch,
Vorstand der End-I AG vor der Biogasanlage in Teterow. Foto: Christoph Busse
30 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Schwerpunkt: Diversifizierung
Diversifizierung ist unerlässlich. Das gilt für die Bezugswege von Erdgas ebenso wie für das Bezugs-
portfolio, die Infrastruktur und den Absatz. In der diversifizierten Beschaffungsstrategie spielen
langfristige Lieferverträge mit Partnern in Russland, Norwegen und Deutschland die wichtigste Rolle.
Sie sind das Non-Plus-Ultra einer sicheren Versorgung mit Erdgas. Zunehmend gewinnen aber auch
neue Projekte an Bedeutung. So wie das Geschäft mit alternativen Energien, das die End-I AG aus Halle
und die Stadtwerke Teterow im hohen Norden Deutschlands auf den Weg bringen wollen.
31 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
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800
Erdgas – ein zukunftssicherer Energieträger
Erdgas als sauberer, umweltfreundlicher Energie-
träger ist im globalen Wettbewerb um fossile Roh-
stoffe ein überaus begehrtes Gut. Die weltweiten
Reserven sind hoch. Doch die Importabhängigkeit
der EU zur Deckung ihres Bedarfs an Erdgas steigt
kontinuierlich, die Gasproduktion traditioneller
europäischer Lieferländer sinkt. Inwiefern entspre-
chen die bestehenden Rahmenbedingungen zur
Gewährleistung der Versorgungssicherheit noch
den heutigen und zukünftigen Anforderungen?
Aufgrund des wachsenden Energiebedarfs wird
die EU zunehmend auf Importe angewiesen sein.
Ungeachtet der Bemühungen auf europäischer
wie nationaler Ebene, den Energieverbrauch zu
senken, steigt der Erdgasverbrauch in Europa
jährlich um etwa 2 %. Im Jahr 2005 verbrauchte
die EU 522 Mrd. m³ Erdgas. Laut Global Insight
wird der Bedarf bis zum Jahr 2020 auf 671 Mrd. m³,
bis 2030 sogar auf 726 Mrd. m³ ansteigen.
Die EU-27 verfügt jedoch über relativ geringe
Erdgasreserven; die Produktion der größten
Erdgasproduzenten der EU sinkt. Vor allem die
nationalen Reserven Deutschlands sind gering
und erschöpft. Großbritannien als ehemals be-
deutender Erdgasexporteur konnte schon 2005
den Eigenbedarf nicht mehr abdecken und wurde
zum Nettoimporteur.
Nach Angaben der Europäischen Kommission
werden die Erdgasimporte der EU bis 2030 von
derzeit 57% auf dann 84% steigen. Der Energie-
versorgungssicherheit wird mehr denn je Aufmerk-
samkeit geschenkt werden. Die Internationale
Energieagentur (IEA) definiert Versorgungssi-
cherheit als die „Minimierung der Risiken einer
Versorgungsunterbrechung auf ein akzeptables
Niveau.“ Die im Energieaktionsplan der EU ver-
abschiedete Stärkung der Versorgungssicherheit
sieht die aktive Diversifizierung der europäischen
Erdöl- und Erdgasimporte vor. In diesem Zusam-
menhang kommt den europäischen Regierungen
eine Schlüsselrolle bei der Schaffung bestmög-
licher Rahmenbedingungen zu, unter denen die
Risiken für Investitionen in die Gasinfrastruktur
kalkulierbar und minimierbar sind.
Wir als VNG definieren Versorgungssicherheit
als „wettbewerbsfähige unterbrechungsfreie
Belieferung unserer Kunden entsprechend der
abgeschlossenen Verträge“. Langfristige Be-
zugsverträge bilden das Rückgrat einer sicheren
Erdgasversorgung Europas. Dies gilt insbesondere
für Deutschland, das stärker als viele andere
große europäische Industrienationen von Im-
porten abhängig ist. Langfristverträgen kommt
insbesondere aufgrund des globalen Nachfra-
geanstiegs und -wettbewerbs nach Erdgas,
bedingt u. a. durch den enormen Energiehunger
der sich rasant entwickelnden Wirtschaften Chi-
nas und Indiens, große Bedeutung zu. Die stark
erdgasimportabhängigen Wirtschaften Europas
und Nordamerikas treten verstärkt in Konkurrenz
zueinander um die globalen Gasvorkommen.
Langfristverträge bieten zudem beiderseitige
Vorteile: Sie garantieren dem Abnehmer sichere
Prognostiziertes Erdgasaufkommen EU-27 bis 2030 Mrd. m3
Quelle: Global Insight 2007
Klaus-Dieter Barbknecht, Vorstand Gasbeschaffung der VNG – Verbundnetz Gas AG, zur Beschaffungsstrategie der VNG
2010 2015 2020 2025 20302005
539,2
andereaußerhalb Europas
NigeriaQuatarÄgypten
Algerien
andere LänderEuropas
UKNiederlande
Norwegen
Russland
613,5633,6
671,4699,2
726,1
Klaus-Dieter Barbknecht
33 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
Erdgaslieferungen über einen langen Zeitraum
und gewährleisten dem Lieferanten langfristig
sichere Einnahmen, die nötig sind, um die mas-
siven Investitionen schultern zu können, die für
den Ausbau von Exploration und Produktion
notwendig sind.
Erdgasbezüge aus der Russischen Föderation
Für die VNG stellen die langfristigen Liefervereinba-
rungen mit den Produzenten die Eckpfeiler des Gas-
einkaufs dar. Gleichsam bildet ein diversifiziertes
Bezugsportfolio die Grundlage für eine sichere
Belieferung unserer Kunden. Die VNG bezieht Erd-
gas von zwölf Gesellschaften mit Sitz in Russland,
Norwegen und Deutschland. Am 5. Juli 2006 hat die
VNG mit der Wintershall Erdgas Handelshaus GmbH
einen Liefervertrag über russische Erdgasmengen
abgeschlossen, der rund 90 Mrd. m³ Erdgas aus
den enormen sibirischen Vorkommen für unsere
Kunden bis zum Jahr 2031 verfügbar macht.
Russland ist ein zuverlässiger Partner und liefert
seit nunmehr 35 Jahren Erdgas nach Deutschland.
Am 1. Mai 1973 war die VNG das erste deutsche
Unternehmen, das Erdgas aus der damaligen
Sowjetunion bezog. Die Kooperation wurde bis
heute ständig ausgebaut und wird auch zukünftig
eine feste Größe unseres Beschaffungsportfolios
darstellen. Die Erdgasbezüge aus Russland haben
einen Anteil von 48 % am Beschaffungsportfolio
der VNG. Transportseitig vollziehen wir eine Diver-
sifizierung der Bezugswege über die Jamal-Pipeline
und die Bratstvo-Leitung. Die Russische Föderation
verfügt mit über 48 Billionen m³ über die weltweit
größten nachgewiesenen Erdgasreserven. Die VNG
ist bestrebt, die Lieferbeziehungen zu Russland
nachhaltig weiter zu entwickeln. Dafür spricht
nicht nur die hohe Reichweite der russischen
Vorkommen, wodurch Russland auch in Zukunft
einen verlässlichen Lieferanten darstellt, sondern
auch die seit Jahrzehnten währende Vertragstreue
der russischen Partner. Gute Beziehungen zu den
Produktionsländern bzw. Produktionsunternehmen
– nicht nur den russischen, sondern auch zu den
norwegischen und deutschen – sind eine der grund-
legenden Voraussetzungen für die Gewährleistung
einer nachhaltigen Versorgungssicherheit.
Da aufgrund der Bedeutung von Pipelines bei
der Erdgasversorgung Mitteleuropas, und damit
des Stammmarktes der VNG, Lieferunterbre-
chungen schwierig aufzufangen sind, leisten
die bestehenden Erdgasspeicher der VNG einen
strategischen Beitrag zur Gewährleistung der
technischen und kommerziellen Versorgungs-
sicherheit. Die VNG ist ebenso wie Russlands
Gazprom an einem weiteren Ausbau der Gas-
infrastruktur interessiert, um auch in Zukunft
eine sichere Erdgasversorgung gewährleisten
zu können. Die Gründung einer gemeinsamen
Speichergesellschaft zeugt von den hervorra-
genden partnerschaftlichen Beziehungen zum
größten russischen Erdgasproduzenten.
Erdgasbezüge aus Norwegen und Deutschland
Neben den sehr guten Kontakten zu Russland
unterhält die VNG intensive langfristige Lieferbezie-
hungen zu den norwegischen Erdgasproduzenten
StatoilHydro ASA, StatoilHydro Petroleum AS, Eni
Norge AS, TOTAL E&P NORGE AS sowie Exxon-Mobil
Production Norway Inc. Die Lieferungen aus den
norwegischen Gasfeldern machten 2007 rund
27 % unserer Einkaufsmengen aus. Schon im De-
zember 1993 schloss die VNG einen Vertrag über
4 Mrd. m³ Erdgas jährlich mit dem Gas Negotiating
Committee (GFU) ab. Unsere Lieferbeziehungen
mit Norwegen bewähren sich seit nunmehr zwölf
Jahren. Seit 1996 hat die VNG bereits mehr als
37 Mrd. m³ Erdgas aus Norwegen bezogen. Wir
haben die norwegischen Lieferungen ebenso wie
die russischen auf eine langfristige Basis gestellt,
um unsere Kunden auch in Zukunft sicher mit
Erdgas beliefern zu können.
RusslandNorwegenDeutschland
0
40
60
80
100
2054
32
14
1997
27
50
23
1998
25
26
49
1999
26
26
48
2000
26
32
42
2001
25
29
46
2002
28
43
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2003
47
25
28
2004
27
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2005
28
44
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2006
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48
Diversifizierung der Erdgasbezüge der VNG 1997–2007 in %
34 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Die Verlängerung unserer Lieferverträge mit Sta-
toil im Dezember 2005 und mit TOTAL im Februar
2006 – jeweils bis zum Jahr 2022 – gibt uns die
notwendige Sicherheit. Neben unseren norwe-
gischen und russischen Partnern erachtet die
VNG auch Deutschland mit seinen 233 Mrd. m³
sicher gewinnbarer Erdgasreserven als attraktive
Bezugsquelle.
Exploration und Produktion
Die VNG engagiert sich verstärkt auch im Bereich
Exploration und Produktion eigenen Erdgases.
Ein Engagement der VNG bei der Erschließung von
Quellen auf dem Norwegischen Kontinentalschelf
(NCS) ist aufgrund der geografischen Nähe zu un-
seren Absatzmärkten besonders attraktiv. Zudem
genießt die VNG den Ruf eines zuverlässigen und
professionellen Partners, den wir über vielfältige
Kooperationen pflegen. Die Gründung unserer
100-prozentigen Tochtergesellschaft VNG Norge AS
am 10. Juli 2006 ermöglicht es, in Norwegen nicht
nur aktiv und präsent zu sein, sondern auch auf
unserem Weg zu einem Mehr an Diversifizierung
die Weichen zukunftsweisend zu stellen. Mit dem
Erwerb von Anteilen an nunmehr fünf Explorations-
und Produktionslizenzen sehen wir unserem Ziel, ab
2013 eigenes Erdgas zu fördern und dessen Anteil
an unseren Erdgasbezügen bis zum Jahr 2020 auf
10 Prozent zu steigern, positiv entgegen. Die VNG
Norge nimmt aktiv an Lizenzrunden und Farm-in-
Projekten teil. Neben dem Erwerb minoritärer Anteile
an Lizenzen sind wir bemüht, zukünftig auch als
Operator, also Betriebsführer, aufzutreten. Die VNG
ist dabei mit ihrem Know-how und im Rahmen einer
engen Zusammenarbeit mit ihren norwegischen
Partnern zum Zweck einer systematischen
und effektiven Wertschöpfung auf dem
Norwegischen Kontinentalschelf sowie
mit dem Ziel einer nachhaltigen und
sicheren Energieversorgung Euro-
pas gut positioniert. Die Upstream-
Aktivitäten der VNG leisten einen
signifikanten Beitrag nicht nur für
die Vervollständigung der Wertschöp-
fungskette unseres Unternehmens,
sondern auch zu mehr Eigenständigkeit
in der Erdgasbeschaffung.
Kurzfristige Gashandelsgeschäfte
Wir wollen nach den Prinzipien der Wirtschaft-
lichkeit, Zuverlässigkeit und Flexibilität im
liberalisier ten Energiemarkt ein breites Be-
schaffungsportfolio erhalten. Der Gashandel
an vir tuellen Handelspunkten und Hubs in
Deutschland, Frankreich, den Niederlanden,
Österreich und perspektivisch auch in Belgien
wird stetig ausgebaut. Die VNG stellt sich den
Herausforderungen eines zunehmend vola-
tilen Marktes. Die VNG nutzt die Börsen- und
OTC-Geschäfte, um ihre Gashandelsaktivitäten
weiter zu diversifizieren und zu optimieren. Wir
Fortsetzung von Seite 33
Erdgas – ein zukunftssicherer Energieträger
Aktivitäten der VNG Norge AS auf dem norwegischen Kontinentalschelf
Norwegischer Kontinentalschelf
PL 270 & PL 426
Nördliche Nordsee
Anteil: 20 %
Betriebsführer:
Endeavour Energy Norge AS
PL 379 & PL 389
Haltenbanken | Norwegische See
Anteil: 20 %
Betriebsführer: TOTAL E&P NORGE AS
NORWEGEN
Norwegische
See
Nordsee
Barentssee
Schweden
Hammerfest
TromsøAndenes
Harstad
Bodø
Sandnessjøen
Brønnøysund
Namsos
TrondheimKristiansund
Florø
Bergen
Stavanger
Kristiansand
Oslo
PL 467 S
Nördliche Nordsee
Anteil: 40 %
Betriebsführer:
BG Norge AS
35 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
In La Spezia, an der Verladestation des italienischen Energiekonzerns ENI, docken die riesigen LNG-Schiffe an, um das verflüssigte Erdgas in ihre Tanks an Land
zu pumpen. Foto: Christoph Busse
haben bereits mit einer Vielzahl von Handelspart-
nern Rahmenverträge für den standardisierten
Gashandel, die die Basis für den bilateralen Gas-
handel und den Handel auf Broker-Plattformen
darstellen, abgeschlossen. Dies ist unerlässlich,
um flexibel auf Marktveränderungen reagieren zu
können. Wir analysieren ständig neue Bezugsmög-
lichkeiten mit dem Ziel, die Versorgungssicherheit
unserer Kunden zu gewährleisten.
LNG
Neben Erdgasmengen, die über Langzeitverträge
kontrahiert sind, spielt die Diversifizierung der
Importe und Produzentenländer sowie ein hohes
Maß an Flexibilität eine entscheidende Rolle.
Flüssigerdgas (LNG) gilt optional als sinnvolle
Ergänzung in unserem Beschaffungsportfolio und
perspektivisch als wirtschaftliche Alternative zu
Pipelinegas. Pipeline-Kapazitäten können den
zusätzlichen Importbedarf Europas nur teilweise
decken. Laut Cedigaz * wird LNG aus außereuro-
päischen Quellen im Jahr 2020 bis zu 18 % der
Erdgasversorgung Europas abdecken. Derzeit hat
LNG an der Versorgung Europas einen Anteil von
8 %. Global sollen im Jahr 2030 sogar 470 Mrd. m³
Erdgas als LNG gehandelt werden. Derzeit gibt es
jedoch einen Engpass an Verflüssigungsanlagen in
den Produzentenländern, was den Wettlauf um die
verfügbaren Kapazitäten weiter erhöht. Europäische
Abnehmer stehen bei Lieferverträgen in einem in-
tensiven Wettbewerb mit zahlreichen asiatischen
und nordamerikanischen Konkurrenten.
BioErdgas
BioErdgas lässt sich durch entsprechende, jedoch
im Vergleich zu den Erdgasimportpreisen immer
noch sehr teure Aufbereitung auf Erdgasqualität
bringen und in Erdgasnetze einspeisen und stellt
für uns eine weitere Option für die Quellendiver-
sifizierung der VNG dar. Allerdings ist nicht davon
auszugehen, dass der Import von Erdgas nach
Deutschland durch Biogas substituiert werden
kann. Vielmehr ist ein Anteil des Biogases von bis
zu 10 Prozent am deutschen Erdgasverbrauch im
Jahr 2030 realistisch. Hier sieht die VNG in jedem
Fall die Möglichkeit, einen Beitrag zur Energiege-
winnung aus nachwachsenden Rohstoffen und
zum Schutz des Klimas zu leisten.
* Cedigaz ist eine internatio-
nale Gesellschaft, die 1961
durch internationale Erd-
gasunternehmen und dem
Institut Français du Pétrole
(IFP) gegründet wurde.
36 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Interview mit Kåre A. Tjønneland
Norwegisches Erdgas für Europa
Kåre A. Tjønneland ist seit
vielen Jahren im Explorations-
geschäft in Norwegen aktiv.
Seit 2006 lenkt er erfolgreich
die Aktivitäten der VNG Norge.
Viele große Firmen sind be-
reits auf dem norwegischen
Kontinentalschelf aktiv, da-
runter Total, StatoilHydro,
ExxonMobil und Wintershall.
Wie kann sich die junge, klei-
ne VNG Norge unter diesen
Firmen behaupten?
Es ist natürlich eine Heraus-
forderung, gegen diese Rie-
senunternehmen anzutreten,
die bereits über viele Jahre
Erfahrung bei der Explorati-
on und Förderung verfügen.
Unser Vorteil besteht in ei-
ner schlanken Unternehmensstruktur mit hoch
qualifizierten Mitarbeitern, die in der Lage sind,
schnelle Entscheidungen zu treffen, wenn sich
gute Gelegenheiten bieten.
Bei der Auswahl unserer Mitarbeiter sind wir mit
großer Sorgfalt vorgegangen und haben darauf
geachtet, einerseits Leute einzustellen, die bereits
große Erfahrung auf dem norwegischen Kontinen-
talschelf haben, und andererseits jüngere, hoch
motivierte Leute, die von den erfahrenen Kräften
lernen können. Wir haben auch großen Wert darauf
gelegt, ein richtiges Team zu bilden. Gute Team-
arbeit führt zu neuen Ideen und neue Ideen führen
zu den Ergebnissen, die wir brauchen.
Die VNG hat außerdem einen Vorteil durch das
fundierte Wissen im Downstream-Geschäft, über
das viele der größeren Unternehmen, die Sie
erwähnten, nicht verfügen. Ich bin davon über-
zeugt, dass die qualifizierten Mitarbeiter und die
Vorzüge, die die VNG als international agierender
Erdgasimporteur hat, für die VNG Norge als Ex-
plorations- und Förderunternehmen von großem
Vorteil sein werden.
Der norwegische Staat hat einen großen Einfluss
auf die Exploration und Förderung von Erdöl und
Erdgas. Wie arrangiert sich die VNG Norge mit
diesem System?
Wir müssen begreifen, dass die Rechte an den
Erdgasressourcen beim norwegischen Staat liegen.
Wir als Unternehmen wurden aufgefordert, dem
Staat bei der Entwicklung der Ressourcen zu helfen.
Als Vergütung für diesen Service erhalten wir die
Eigentumsrechte an den Ressourcen, nachdem sie
gefördert wurden. Der Staat seinerseits hat das
Recht über das staatseigene Unternehmen Petoro
an der Entwicklung teilzuhaben oder aber er kann
auf die Ausübung dieses Rechtes verzichten und
lediglich die Gewinne der Privatunternehmen aus
diesen Aktivitäten besteuern.
Wenn wir Teil dieses Geschäftes sein wollen, wer-
den wir uns immer den Bedingungen der einzelnen
Staaten unterwerfen müssen. Es ist wichtig, dass
wir als Unternehmen nach dem Motto „Denke
global, aber handle vor Ort.“ verfahren.
Die VNG hat schon kurz nach ihrer Gründung die
Präqualifizierung durch das norwegische Öl- und
Energieministerium erhalten. Im letzten Jahr hat
die VNG Norge die ersten Anteile an vier Produkti-
onslizenzen erworben. Wie sehen die konkreten
Pläne für 2008 aus?
Wir sind bereits dabei, neue Produktionslizenzen
zu beurteilen, die erworben werden sollen, wenn
wir sie für interessant genug halten und wenn wir in
der Lage sind, die richtigen Bedingungen für einen
Weiterverkauf zu erzielen. Außerdem bereiten wir
uns schon auf die nächste APA-Lizenzierungsrunde
(Awards in Predefined Areas) vor, die für Anfang
Oktober 2008 ansteht. Darüber hinaus hoffen wir,
dass die 20. „gewöhnliche“ Lizenzierungsrunde
noch vor Beginn der Sommerferien bekannt
gegeben wird. Die Bewerbungsfrist dafür wird
wahrscheinlich Ende 2008 oder Anfang 2009 sein.
Sie sehen also, wir sind gut beschäftigt.
Wir haben ebenfalls schon damit begonnen,
die Möglichkeiten in einem Feld zu erkunden,
das kurz vor der Entwicklung steht. Von solchen
Feldern gibt es nicht gerade viele und es ist zu
bezweifeln, dass die Eigentümer solcher Felder
zum Verkauf bereit sind, aber wir werden es auf
7654321
37 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
jeden Fall versuchen. Wir hoffen auch, dass wir
unsere Geschäftsstrategie im Laufe des Jahres
aktualisieren können. Unsere Strategie muss zu
jedem Zeitpunkt an die aktuelle Situation auf dem
Markt für Exploration und Produktion angepasst
werden können und wir sind der Ansicht, dass
der Zeitpunkt gekommen ist, unsere bisherige
Strategie in einigen Punkten anzupassen.
Bei den fünf erworbenen Lizenzen hat die VNG
Norge Anteile zwischen 20 und 40 Prozent er-
worben. Haben Sie als „Minderheitspartner“ in
diesem Joint Venture auch weniger Arbeit bei der
Exploration?
Es ist richtig, dass wir bisher nur Partner in einem
Joint Venture und nicht Operator sind. Aber auch
als Partner kann man sich nicht auf die faule
Haut legen und sich auf den Operator verlassen.
Die norwegischen Behörden erwarten, dass die
Partner in einem Joint Venture eine wichtige Rolle
im Rahmen der Lizenz spielen. Ich habe gegen-
über der Firma betont, dass wir als Unternehmen
im Rahmen der Lizenzen aktiv sein werden und
dass wir unsere Nichtübereinstimmung mit dem
Operator klar zum Ausdruck bringen werden, wenn
wir der Ansicht sind, dass seine Vorschläge im
Umgang mit den Lizenzen, an denen wir beteiligt
sind, falsch sind.
Die Behörden haben Einsicht in die Arbeit der
verschiedenen Managementkomitees des Joint
Ventures und wenn wir aktiv sind und unsere
Fähigkeiten und unser Know-how zeigen, erhöht
das unsere Chancen, neue Lizenzen in den ver-
schiedenen Lizenzierungsrunden zu erhalten.
Wie sehen die Chancen aus, in dem Gebiet, für
das die VNG die Lizenzanteile erworben hat, auch
tatsächlich Erdgas zu finden?
Es gibt im Wesentlichen drei Regionen auf dem
norwegischen Kontinentalschelf (NCS). Diese
Regionen sind die Nordsee, das Europäische
Nordmeer und die Barentssee.
Die Förderaktivitäten im norwegischen Kontinen-
talschelf begannen in der Nordsee, und diese
Region ist heutzutage mit mehreren Feldern,
die an mehrere Pipelines angeschlossen sind,
sehr gut entwickelt, sodass es möglich ist, so-
wohl den europäischen Kontinent als auch das
Vereinigte Königreich zu erreichen, wenn neue
Gasressourcen entdeckt werden. Wir sind in die-
ser Region mit 3 Lizenzen vertreten. Wir würden
unsere Aktivitäten hier gerne weiter ausbauen,
da man hier auch kleinere neue Ressourcen gut
vermarkten kann.
Das Nordmeer ist ebenfalls gut, aber nicht so
vollständig entwickelt wie die Nordsee. Die VNG
Norge hat zwei Lizenzen im südlichen Teil des
Nordmeeres. Auch hier möchten wir unsere Akti-
vitäten ausbauen.
Dann gibt es noch die Barentssee im Norden.
Dies ist ein riesiges Gebiet, das noch in einer
frühen Phase der Entwicklung steckt. Es gibt
zwei Fundstellen, die entwickelt werden sollen –
die Felder Snøhvit und Goliat. Bis jetzt haben
wir noch nicht beschlossen, in dieses Gebiet zu
gehen, aber wir verfolgen es mit Interesse. Die
norwegischen Behörden sind der Ansicht, dass
die restlichen Reserven des NCS gleichmäßig auf
diese drei Gebiete verteilt sind.
Angenommen die ersten Bohrungen verlaufen
erfolgreich. Wie geht es dann weiter?
Die erste Bohrung, an der wir nach heutigem
Stand beteiligt sein werden, ist das AGAT-Feld,
in dem die Förderung im Oktober dieses Jahres
aufgenommen werden soll. Wenn diese Bohrung
erfolgreich ist, werden wir das Gebiet weiter
durch mehrere Versuchsbohrungen untersuchen
müssen. Wenn alle Ergebnisse positiv ausfallen,
werden wir mit der Vorbereitung für die Entwicklung
beginnen müssen.
Wir müssen jedoch realistisch bleiben und dürfen
nicht zu enttäuscht sein, wenn die erste Quelle
trocken ist. Bedenken Sie, dass im Durchschnitt
nur eine von fünf Quellen zum Erfolg führt.
Plant die VNG Norge in absehbarer Zeit auch als
Operator aufzutreten?
Ganz klar ja! Wir haben bereits begonnen, sowohl
was das Personal als auch was die Kosten betrifft,
die Konsequenzen einer Operator-Position zu beur-
teilen. Die VNG ist ein technisches Unternehmen,
das in die Rolle des Operators hineinwachsen
sollte, und ich habe keinen Zweifel daran, dass
wir absolut in der Lage sind, diese Aufgabe zu
erfüllen.
38 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Eigene Erdgasquellen aufzutun ist sehr kosten-
intensiv und langwierig. Von 60 bis 70 Millionen
Euro für jede Bohrung ist die Rede, auch von einem
dreistelligen Millionen-Euro-Betrag für das ge-
samte Projekt der VNG in Norwegen. Da braucht
es nicht nur ein kompetentes Team, sondern auch
starke Partner?
Wir haben bereits das Gerüst eines professionellen
Teams aufgebaut. Was wir noch brauchen, sind
erfahrenere Seismologen. Es ist wichtig für uns,
nicht nur Personen zu finden, die über die nötige
fachliche Qualifikation verfügen, sondern auch in
die Organisation der VNG Norge AS passen. Ich
achte sehr darauf, nach Leuten zu suchen, die
neben ihrem Wissen auch die richtige Einstellung
und das richtige Verhalten an den Tag legen, um
Synergien schaffen zu können.
So vorsichtig, wie wir unsere Mitarbeiter aussuchen,
müssen wir auch unsere Partner aussuchen. Wir
arbeiten auf einem extrem kapitalintensiven Markt
und müssen Situationen vermeiden, in denen sich
unsere Partner als nicht stark genug erweisen, um
ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen.
In Norwegen konkurriert die VNG Norge mit an-
deren Unternehmen um die besten Mitarbeiter.
Experten für Geologie und Bohrungen gibt es
nicht wie Sand am Meer, trotzdem haben Sie nach
nur zwei Jahren ein fähiges Team zusammenge-
bracht. Wie ziehen Sie die Aufmerksamkeit als
Arbeitgeber auf sich?
Wir haben heute 13 Mitarbeiter. Es war eine große
Herausforderung, die richtigen Leute zu finden,
aber ich bin sehr zufrieden mit unserem Mitarbei-
terstab. Es ist eine gute Mischung aus erfahreneren
und jüngeren, lernbegierigen Leuten. Auch die
Mischung von Frauen und Männern ist gut.
Für mich war es wichtig, den Bewerbern zu vermit-
teln, dass die VNG ein namhaftes Unternehmen
mit einem guten Ruf in der Industrie ist. Es ist ein
Unternehmen, das seine Upstream-Aktivitäten
sorgfältig geplant hat, sodass man sich darauf
verlassen kann, dass diese Pläne auch nicht
verworfen werden.
Ich glaube, dass diese Entschlossenheit bei den
Bewerbern gut angekommen ist. Dazu kommt die
Tatsache, dass in einem kleinen Unternehmen jeder
die Möglichkeit hat, den Weg in die Zukunft mitzu-
bestimmen. Ich bin sicher, dass dies auch positiv zu
Buche schlägt, wenn man sich entschließt, für die
VNG zu arbeiten. Schließlich hat die VNG auch sehr
kompetente Mitarbeiter mit einer menschlichen
Note und so etwas lieben wir Norweger!
Erlauben Sie uns noch zwei persönliche Fragen. Sie
waren seit Jahrzehnten in Stavanger für größere
Förderunternehmen tätig. Warum haben Sie sich
für die „junge“ VNG Norge entschieden und wie
können Sie das dort erworbene Know-how als
Geschäftsführer der VNG Norge nutzen?
Die Motivation für mich war es, ein Unternehmen
von Anfang an aufzubauen. Unsere ersten Büro-
möbel haben wir gebraucht von der Heilsarmee
gekauft. Dies haben wir gemacht, weil wir wussten,
dass die Büroräume, die wir am Anfang hatten, nur
vorübergehend waren. Für die gesamten Möbel
haben wir lediglich € 600 bezahlt.
Es ist aufregend, ein Unternehmen aufzubauen.
Man muss an Papier, Stifte und Rechner denken.
Da wir noch über keine funktionierenden Systeme
verfügten, mussten wir von Anfang an erfinderisch
sein. Außerdem kannte ich die VNG aus der Zeit,
als ich noch für Gasverkäufe – unter anderem eben
an die VNG – verantwortlich war, und ich mochte
die Art, wie man mit komplexen Themen umging.
Man verhielt sich immer sehr positiv und mein
Verhältnis zu Dr. Jürgen Jesse, meinem Kollegen bei
der VNG, war immer sehr gut. Als die Gelegenheit
dann kam, habe ich keinen Augenblick gezögert,
denn ich wollte unbedingt beim Aufbau eines
neuen Explorations- und Förderunternehmens
zusammen mit der VNG mitwirken.
Ich denke, dass meine Erfahrung sehr nützlich
sein wird, da ich in verschiedenen Unternehmen
über ein gutes Netzwerk an Beziehungen verfüge,
das ich in fast 30 Jahren aufgebaut habe. Mein
großer Wunsch ist, dass wir alle Erfolg haben
und dass wir in einigen Jahren unsere eigenen
Kohlenwasserstoffe fördern. Ich habe keinen
Zweifel daran, dass wir erfolgreich sein werden
und ich möchte Sie alle ermutigen, ihren Beitrag
zu diesem Erfolg zu leisten.
Fortsetzung von Seite 37
Norwegisches Erdgas für Europa
39 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
Wir denken heute schon an die sichere Versorgung von morgen – dabei ist uns keine Idee zu abwegig! Illustriert von Peter M. Hoffmann.
40 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Weshalb die VNG wichtig für die Sicherheit der Energieversorgung in Deutschland und Europa istGedanken von Philip Lambert von Lambert Energy Advisory Ltd., April 2008
Viele westliche Länder sehen sich schwierigen Zeiten
gegenüber. Ihre Kosten für Energieimporte steigen
dramatisch an, weil sich die Ölpreise auf einem
Rekordniveau von über 120 $ pro Barrel (Stand April
2008, d. Red.) befinden. Die Gaspreise liegen eben-
falls hoch, da sie in Europa zum einen an den Ölpreis
gekoppelt sind, zum anderen aber auch der globale
Gaspreis mehr und mehr durch den außerordentlichen
Nachfrageanstieg in China und anderen schnell
wachsenden Ländern der östlichen Hemisphäre
bestimmt wird. Als weltweit fünftgrößte Nation im
Öl- und Gasverbrauch ist Deutschland gegen diesen
Preisdruck nicht immun. Allerdings ist Deutschland
in der glücklichen Lage, eine Gruppe von etablierten
und starken Energieunternehmen zu haben, die dazu
beitragen können, die Sicherheit der Energiever-
sorgung (besonders für Strom und Gas) nach und
innerhalb von Deutschland sicherzustellen.
Deutschland hat keine nennenswerten eigenen Öl-
und Gasreserven. Im globalen Wettbewerb um die
verfügbaren Öl- und Gasbestände ist es daher von
entscheidender Bedeutung, dass die inländischen
Energieunternehmen in der Lage sind, geschickt
die Energieimporte über verschiedene und sichere
Kanäle zu beziehen. Die VNG ist ein gutes Beispiel
für ein deutsches Unternehmen, das sich erfolg-
reich darum bemüht, die Versorgungssicherheit
für seine Kunden aufrecht zu halten. Der Weg zu
einer effizienten nationalen Versorgungssicher-
heit kann mit zwei Worten beschrieben werden
– Beziehungen und Investitionen.
Die Strategie der Beziehungspflege der VNG
gehört zu den besten in Europa und ist Ausdruck
von zwei unglaublich wichtigen, langfristigen
Energiepartnerschaften für Deutschland – die eine
mit Norwegen, die andere mit Russland.
Die VNG hat viele Jahre lang auf ihre wichtige ost-
deutsche „Korridor“position sowie auf ihre Stellung
als Deutschlands drittgrößter Gaslieferant gebaut
und auf diese Weise sehr enge Beziehungen mit
den wichtigsten russischen und norwegischen
Energieunternehmen hergestellt. Der Vorstandsvor-
sitzende der VNG, Klaus-Ewald Holst, und sein Team
haben hart daran gearbeitet, solche Freundschaften
und Partnerschaften aufzubauen. Man findet nicht
oft einen Gasmann, der als norwegischer Hono-
rarkonsul für eine Region vorsteht. Genau diesen
Titel hat Dr. Holst für Ostdeutschland.
Wie bei allen Freundschaften müssen sich natürlich
auch die Beziehungen der VNG zu ihren Hauptliefe-
ranten entwickeln. Im letzten Jahr ist die VNG zu einem
erfolgreichen Investor für norwegische Offshore-
Gasbestände geworden und hat zudem die Liefer-
verträge mit Gazprom bis 2030 verlängert. Dadurch
sichert die VNG auch weiterhin die Interessen der
deutschen Gaskunden. Deutschland liegt im Herzen
20012000 20041999 20032002 2005 2006
Gelieferte Erdgasmengen und Transportmengen der VNG 1999–2007 in Mrd. kWh
0
20
40
60
80
100
120
140
160 152,2 154,4
32,122,5
gelieferte Erdgasmengen Transportmengen
180
156,5 160,2150,7
15,0
161,6
55,449,747,8
71,0
163,1
75,7
164,2
66,9
165,2
2007
41 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
Europas und die VNG liegt im Herzen der Ost-West-
und Nord-Süd-Gastransportströme in Europa. Diese
wichtige Transitrolle der VNG sichert die Energie-
lieferungen für die deutsche und mitteleuropäische
Wirtschaft. Die zahlreichen Untergrundgasspeicher
der VNG entlang dieser Transitrouten mögen zwar
unsichtbar sein, sie sind aber nichtsdestotrotz
unentbehrlich, wenn wir zum Beispiel an kalten
Wintertagen selbstverständlich davon ausgehen,
dass unsere Heizung funktioniert.
Energiesysteme in einem Land funktionieren nur
dann effizient, wenn die Energieunternehmen und
ihre Mitarbeiter engagiert, kreativ und erfolgreich
arbeiten. Eine dynamische und unabhängige VNG
ist überaus wichtig – nicht nur, weil sie eines der
größten und am höchsten angesehenen Unterneh-
men in Ostdeutschland ist, sondern auch weil sie
der Hüter eines beträchtlichen Teils der gesamten
Energieströme in Deutschland ist – und das in einer
Zeit der wachsenden Unsicherheit auf dem globalen
Energiemarkt. Deshalb wird Deutschland einen
Nutzen ziehen, wenn das Team der VNG die nötige
Stabilität und das nötige Selbstvertrauen hat, um
sowohl die Lieferbeziehungen als auch ihre Ener-
gieimporte weiter auszubauen. Bei entsprechender
Förderung könnte eine unabhängige VNG zu einem
der wichtigsten regionalen Energieunternehmen
in Europa werden. Das würde sowohl für die ein-
heimische als auch für die nationale Wirtschaft
unübersehbare Vorteile mit sich bringen.
Eine starke und dynamische VNG könnte bei
stabilen und unterstützenden Eigentumsverhält-
nissen auch in Zukunft wichtige Investitionen in
die Energie-Infrastruktur in Deutschland tätigen.
Solche Investitionen könnten auch den Bau von
LNG-Terminals an der Küste im Norden beinhalten.
Sie würden es Deutschland zum ersten Mal erlau-
ben, auf dem Seeweg transportiertes Erdgas aus
der ganzen Welt direkt zu importieren. Dadurch
würde die Deckung des Energiebedarfs in Deutsch-
land weiter diversifiziert und geschützt. Die VNG
könnte außerdem stärker in ihr neues Upstream-
Geschäft investieren und eigene Gasreserven in
Norwegen und anderswo erschließen.
Damit Energieunternehmen wie die VNG in Deutsch-
land zum Nutzen der Kunden und Bürger erfolgreich
sein können, müssen sie von der Bundesregierung
und den Landesregierungen die nötige Unter-
stützung und Förderung erhalten. Wenn dieser
Beistand fehlt, könnten Unternehmen wie die VNG
– absichtlich oder durch Versäumnisse – destabi-
lisiert werden. Eine Destabilisierung kann schnell
von neuen Investitionen abhalten, und fehlende
Investitionen führen wiederum dazu, dass die
Lichter ausgehen – oder noch schlimmer! Ein
destabilisierter Energiesektor kann im schlimms-
ten Fall zu unerwünschten Übernahmen führen,
durch die, im Falle der VNG, jahrzehntelange harte
Arbeit und hart erkämpfte Partnerschaften mit
den bedeutendsten Energielieferanten zerstört
würden. Das wäre ohne Zweifel zum Nachteil für
die deutschen Verbraucher.
Die VNG hat sich in den letzten 20 Jahren von ihren
ostdeutschen Ursprüngen zu einem der wichtigsten
Partnerunternehmen auf dem europäischen Ener-
giesektor entwickelt. In einer Zeit, in der globale
Öl- und Gasengpässe drohen, ist es daher umso
wichtiger, dass eine unabhängige VNG regional und
national unterstützt und gefördert wird. Wenn diese
Unterstützung gewährt wird, kann es eine sichere
und effiziente Energieversorgung geben – mit lo-
kalem, regionalem und nationalem Nutzen.
VNG-Vorstandsvorsitzender Prof. e.h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst mit Alexander Medwedjew, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der OAO „Gazprom“
und Generaldirektor der OOO „Gazprom export“ (stehend), bei der Unterzeichnung der Verlängerung des WIEH-Liefervertrages bis 2030. | Prof. e. h. Dr.-Ing.
Klaus-Ewald Holst mit dem norwegischen Kronprinzen während der ONS 2006 anlässlich der Feierlichkeiten zur Gründung der VNG Norge AS.
42 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029
Bioenergie sei ein hoch kompliziertes, komplexes
und anspruchvolles Thema, dem man sich nur mit
einer Menge Erfahrung und Umsicht nähern könne,
versichert Vorstand Karl-Heinz Pasch, der übrigens
zu den Mitbegründern der heutigen VNG gehörte.
Damals stand er den Stadtwerken Halle vor, die
heute mit anderen Kommunalen Betrieben rund ein
Viertel der Anteile des Gasversorgers halten.
Als das Thema Alternative Energien drängender
wurde, gründete Pasch ein privates Venture-
Unternehmen, das zusammen mit der VNG und
den Stadtwerken Halle die EnD-I AG ins Leben
rief. Pasch und seine Partner halten 40, die VNG
32 und die Stadtwerke 28 Prozent vom mehr als
fünf Millionen Euro umfassenden Grundkapital.
Damit beschritt man den schwierigen Markt vor-
sichtig. Das besondere daran beschreiben die
Gasernte frisch vom AckerAlle reden von Bioenergie, nur die wenigsten wissen, wovon die Rede ist. Die Fachleute der
EnD-I AG in Halle dagegen meinen selbstbewusst: „Wir wissen eine Menge davon.“
Experten so: „Es gibt größere Bioenergiefirmen
als uns. Die meisten errichten als Anlagenbauer
entsprechende Anlagen und gewinnen nebenbei
auch Bioenergie. Wir fokussieren uns auf Letzteres.
Wir betreiben die entsprechenden Anlagen, stellen
damit Strom, Wärme und BioErdgas her.“
Gewachsen ist das Unternehmen stets in Nischen,
das aber schnell. Im Vorjahr wurde in der kleinen
Gruppe ein Umsatz von über 15 Millionen Euro
erreicht – rd. 40 Prozent mehr als im Jahr davor.
Seit der Gründung im Jahr 2000 steigt der Umsatz
jährlich zwischen 25 bis 30 Prozent. Dabei soll es
auch bleiben.
Den Erfolg führen Pasch und sein Vorstandskollege
Hans-Joachim Nebel darauf zurück, dass man stän-
dig die Strategie der EnD-I AG anpasst, um auf neue
Anforderungen in der Wirtschaft zu reagieren.
Genaue Bauplanung ist bei einem Millionenprojekt wie in Teterow das A und O. Hier: Horst Schumacher, Technischer Leiter Stadtwerke Teterow, Karl-Heinz Pasch,
Vorstand der End-I AG und Dipl.-Ing. (FH) Klaus Reinders, Geschäftsführer Stadtwerke Teterow (v.l.). Foto: Christoph Busse
43 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
Entstanden ist das Unternehmen als Betreiber
von Gasverwertungsanlagen auf Deponien und
stillgelegten Steinkohlegruben. Das ist kompliziert
und verlangt hohes Fachkönnen. Zum einen ist das
Gas sehr häufig mit Schadstoffen befrachtet. Zum
anderen lässt es sich nur schwer auffangen und
bündeln. Und zum Dritten zeigen sich auch die
besten Anlagen als anfällig gegenüber aggressiven
Verunreinigungen. Vor allem Schwefel, Silizium
und Staub belasten das Gas, das außerdem mit
einem Methangehalt von 24 bis 55 Prozent einen
vergleichsweise niedrigen Anteil des Energieroh-
stoffes enthält.
Umso mehr wird von den Mitarbeitern an den
Anlagen verlangt. Deponiegasanlagen wurden
nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien
und Spanien errichtet und betrieben. Die größte
läuft in Schwanebeck bei Berlin mit fünf Megawatt
elektrischer Leistung. Damit ließen sich ungefähr
10.000 Wohnungen mit Strom und ca. 3.000 mit
Wärme beliefern. Wenn man sich vorstellt, dass
das dabei genutzte Methangas normalerweise
in die Umwelt strömen würde, steht neben der
genutzten Energie auch Umweltschutz auf der
Habenseite der Betreiber.
Doch nach Anfangserfolgen hat das Unternehmen
seine Anlagen in Belgien und Spanien wieder
veräußert. Die Gewinnung von Grubengas in ehe-
maligen Steinkohlengruben des Ruhrgebiets muss
man mit anderen Betreibern teilen, man hat drei
Konzessionen bekommen. Weitere Zuwächse sind
dort nicht denkbar. Warum sich das dennoch lohnt?
Die meisten Grubenunglücke in der Welt werden
durch Explosionen von Methangas ausgelöst, weil
es immer als Begleiter der Steinkohleförderung
auftritt. Solange in den Gruben abgebaut wird,
kümmern sich die so genannten Wetterexperten
ums Methan. Theoretisch müsste das auch später
noch passieren. Da in Deutschland aber die meisten
Steinkohlengruben geschlossen wurden, maß man
dem weiter aufsteigenden Gas keine Bedeutung
zu. Erst durch die hohe Energienachfrage wurde
man darauf aufmerksam und versucht seit einigen
Jahren das Grubengas zur rentablen Energiege-
winnung zu nutzen.
Weil auf dem Gebiet keine Zuwächse zu erwarten
sind, erschlossen die Hallenser und ihre Tochter-
firmen neue Bereiche. Das ging nach dem Prinzip:
Wer einmal gelernt hat, komplizierte Gase zu
beherrschen, kann das auch auf andere Bereiche
übertragen. 2006 begann man mit Biogas zu
arbeiten. Eine Anlage ist fertig und produziert,
drei sind beinahe fertig und gehen im 3. Quartal
diesen Jahres in Betrieb. Geplant ist eine Groß-
anlage für 5 MW elektrische Leistung, die Mitte
nächsten Jahres den Betrieb aufnehmen soll.
Genehmigungsverfahren für weitere Anlagen lau-
fen. Nach Bestätigung beginnt der Bau eventuell
noch dieses Jahr.
Aus der schnellen Abfolge leitet Pasch ab: „Wir
arbeiten zwar in einer Nische, aber die lohnt sich –
für uns, für die Umwelt und für unsere Partner.
Wir sind gewissermaßen ein aktiver Zwerg, kein
schlafender Riese.“
Dass es sich für die EnD-I AG lohnt, kann man den
schnell wachsenden Umsatzzahlen entnehmen.
Dass es sich für die Umwelt lohnt, lässt sich
zumindest ahnen, wenn man weiß, in welcher
Weise Massentierhaltung zur Luftverschmutzung
beiträgt – durch die Verdauungsgase der Tiere.
Das Thema Partner erläutert Pasch genauer:
„Wir brauchen Landwirte in der Nähe unserer
Anlagen, mit denen wir auf zuverlässiger Basis
zusammenarbeiten. Das heißt: Der Landwirt löst
unser Problem, unsere Fermenter regelmäßig mit
Gülle, Maissilage und Gras zu füllen. Wir lösen
sein Problem, da er bald keine Gülle mehr auf den
Feldern ausbringen darf.
Biokraftstoffe im Vergleich
Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Biomethan 67 600 km
BtL (Biomass-to-Liquid) 64 000 km
Rapsöl 23 300 km + 17 600 km*
Biodiesel 23 300 km + 17 600 km*
Bioethanol 22 400 km + 14 400 km*
Pkw-Kraftstoffverbrauch: Otto 7,4 l/100 kmDiesel 6,1 l/100 km
* Biomethan aus Nebenprodukten (Rapskuchen, Schlempe, Stroh)
44 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Fortsetzung von Seite 43
Gasernte frisch vom Acker
Nur 20 Prozent des eingebrachten Materials wer-
den zu Methan für die Energieumwandlung. Die
übrigen 80 Prozent bleiben durch Mikroorganismen
umgewandelt zurück – nährstoffreich und ideal
als Dünger für die Bodenfruchtbarkeit. Auch unter
diesem Aspekt schließen wir einen Kreislauf.“
Das sei das Geheimnis zukunftsorientierten
Wirtschaftens. Man schließe Kreisläufe, wo zu
lange jeder nur sein eigenes Geschäft im Auge
hatte und dadurch zu sorglos mit der Natur und
ihren Reichtümern umgegangen wurde. Natürlich
befinden sich die Lieferanten nicht weit von den
Energieerzeugungsanlagen, weil man „sonst die
Gewinne auf der Straße platt“ fahren würde.
Ähnliche Chancen sieht man auch in Osteuropa.
Energiepreise explodieren, während vieles auf den
Feldern so nicht genutzt werden kann. Partner der
EnD-I AG haben in diesem Frühjahr in Rumänien
gerade die ersten Ernten in den Boden gebracht,
aus denen Energie gewonnen werden soll. Was
das ist, wissen die Leute der EnD-I natürlich
auch: Biogas habe von allen Energienutzungen
nachwachsender Rohstoffe die höchste Energieef-
fizienz, meinen sie und nennen vor allem Raps,
Mais, aber auch Roggen und Weizen. Dabei sei
der Weizenpreis ein Barometer wie der Ölpreis
für die Gaswirtschaft.
Innerhalb der letzten zwei Monate sei der Weizen-
preis im Frühjahr um ein Viertel gefallen. Daran
müssten sich dann auch die Verträge mit den
Landwirten orientieren. Man kann da nicht über
lange Laufzeiten feste Preise vereinbaren, wenn
solche Turbulenzen die Märkte erschüttern. „Wir
müssen den Bauern die Möglichkeit zum Atmen
lassen“, sagt Pasch.
Zu dieser Möglichkeit gehören jene Experten im
Unternehmen, die verantwortlich für das Aus-
handeln geeigneter Verträge sind. Sie müssen
wissen, wie Landwirte „ticken“, um ihnen Angebote
zu machen, bei denen die anderen ihre Vorteile
erkennen. Gerade das Vorführen der Kreisläufe
kann auch misstrauische Partner aufschließen,
weil sie sofort sehen: Das rechnet sich nicht nur
für die Gesprächspartner; das rechnet sich auch
für mich.
Angesichts der Umsätze des Unternehmens glaubt
man sich verhört zu haben, als die Zahl der Mitar-
beiter genannt wird: 30. Wie will man alles, was
hier gestemmt wird, mit 30 Leuten bewältigen?
Doch Pasch und Nebel machen deutlich: Allein
wird nur weniges gemacht. Betrieben werden die
Anlagen beispielsweise von erfahrenen Partnern
vor Ort. Wenn im Sommer die Anlage in Teterow die
Produktion beginnt, kümmern sich die dortigen
Stadtwerke darum. Die EnD-I Gruppe hat zwar die
größten Anteile an der Anlage, aber der örtliche
Partner stellt Personal ab und betreibt sie nach
Vorgaben der EnD-I. So ist es bislang auch mit
den meisten anderen. Im Hauptunternehmen
sind vorwiegend Ingenieure tätig, Chemiker und
Landwirtschaftsexperten, auch Ökonomen und
Fachleute für Energie. Fürs Ausland gibt es eben-
falls einige Spezialisten. Entwicklungen werden vor
allem durch Zusammenarbeit mit entsprechenden
Einrichtungen vorangetrieben – mit dem Fraunhofer
Institut Oberhausen beispielsweise oder mit den
Saatgutexperten der KWS Saat AG. Hier geht es
nicht um Genmais. Demnächst kommt neuer Mais
Anlagenstandorte der EnD-I-Gruppe
Quelle: EnD-I-Gruppe
Standorte in Deutschland:
Stendal
Schönebeck
Lochau
Altenburg
Lohe
Meiningen
Hasenbühl
Blumentobel
Schwanebeck
Freyburg
Nißma
Bochum
Castrop-Rauxel
Lembeck
Duisburg
Entstehende Biogasanlagen:
Deutschland:
Dorsten
Odendorf
Teterow
Lustadt
Koblenz
Gotha
Berlin
Rumänien:
Peris
Iasi
Bulgarien:
Panagjurishte
Hissar
Grubengas- Solar- Klärgasanlagekraftwerke anlage in Planung
Deponiegas- Biogas- Biogasanlage in Public Privatekraftwerke anlage Bau/Entwicklung Partnership
45 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
Derzeit noch im Bau, aber bald schon wird die Anlage in Teterow in Betrieb gehen. Weitere
Projekte – auch für die Erzeugung von BioErdgas – sind bei der EnD-I AG bereits in Planung.
Foto: Christoph Busse
auf die Felder, bei dem die Pflanze drei bis vier
Meter hoch wird und dadurch mehr energetisch
verwertbare Masse liefert. Auch mit Bioforschern
und Experten für traditionelle Landwirtschaft wird
zusammengearbeitet.
Die Chefs des Unternehmens werfen mal einen
Blick voraus: „Wenn wir zunehmend Anlagen auch
selbst betreiben, wird die Mitarbeiterzahl schnell
steigen. Dann brauchen wir eigene Handwerker,
die an Disziplin gewöhnt sind. Wer sich um eine
2,5-MW-Anlage kümmert, trägt schließlich die
Verantwortung für eine Investition von zehn
Millionen Euro.“
Solange die EnD-I AG ihre Anlagen von Anderen
betreiben lässt, gibt sie die wichtigsten Erfah-
rungen der eff izienten Betriebsführung den
Partnern, auch den Herstellern weiter, um die
preisgünstigsten Anlagen zu bekommen. Ziel ist
eine überdurchschnittliche Laufzeit der Anlagen.
Bisher laufen sie bei der EnD-I AG rund 8.000 Stun-
den im Jahr. Bei modernen Kernkraftwerken sind
es 7.500 Stunden. Künftige END-I AG-Anlagen
sollen sogar 8.400 Stunden jährlich laufen und
sichern, dass das Unternehmen effizientester
Betreiber ist.
Gleichzeitig lebt es Nachhaltigkeit seinen Partnern
in jeder Hinsicht vor. Auch den rund 4.000 End-
kunden, über die es verfügt. Beim Umgang mit
ihnen werden ebenfalls Erkenntnisse gewonnen,
die ins eigene Handeln einfließen: Was für Partner
braucht der Kunde? Wo liegen seine täglichen
Bedürfnisse? Wie werden die am effektivsten so
befriedigt, dass er den Zusammenhang erkennt
und honoriert. Nur mit zufriedenen Kunden kann
das Geschäft weiter wachsen – ganz gleich, ob es
Rohstofflieferanten oder Gasabnehmer sind.
Weil Biogas gereinigt und aufbereitet werden
muss, bevor man es in das Erdgasnetz einspeist,
ist es mit allen Formen von Erdgas kompatibel. Das
dürfte auch ein wesentlicher Grund sein, warum
sich die VNG mit einem erheblichen Anteil an der
EnD-I AG beteiligt hat. So ist man – indirekt – an
neuen Entwicklungen im Gasbereich beteiligt und
kann sich auch stärker engagieren, wenn diese
Maßnahmen stärkeren Erfolg zeigen.
In welche Richtung die Führung des Biogas-Unter-
nehmens sich entwickeln will, zeigt ein jüngstes
Joint Venture mit der in Koblenz ansässigen
Energieversorgung Mittelrhein. „Man muss die
Chancen in Europa riechen, dann kann man sie
auch nutzen“, so Pasch.
Übrigens schnuppert das Unternehmen durchaus
auch auf anderen Energie-Feldern. In Duisburg be-
treibt man eine 1,2-MW-Solaranlage. Die bisherige
Erfolgsgeschichte des jungen Unternehmens hat
gezeigt: Nur wer sich wandelt, bleibt sich treu.
Thomas Biskupek, freier Journalist
46 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Erdgasspeicher im WettbewerbDie Entwicklung neuer Erdgasspeicherkapazitäten zur Sicherung der europäischen Energieversorgung bedarf eines sicheren Regulierungsrahmens. Doch sind Investi-tionen gefährdet.
Traditionell gleichen Erdgasspeicher jahreszeitlich
bedingte Nachfrageschwankungen aus. Darüber
hinaus dienen sie zunehmend als den Gasmarkt
fördernde Flexibilitätsinstrumente. Wichtigste
Funktion von Gasspeichern bleibt jedoch die Ge-
währleistung der Versorgungssicherheit, die für
das Funktionieren der hoch entwickelten Indus-
triestandorte Europas elementar ist. Die sinkende
Erdgasförderung in Europa, der zunehmende
Importbedarf der Europäischen Union und die
Globalisierung des Erdgasmarktes verschärfen den
Wettbewerb um das verfügbare Gas. Investitionen
in Speicheranlagen sind dringend notwendig,
um die bereits stark gestiegene Nachfrage nach
Speicherkapazitäten bedienen zu können.
Doch anhaltende Diskussionen über eine verschärf-
te Regulierung des Speichermarktes schädigen
signifikant das Investitionsklima. Bislang können
Mitgliedsstaaten auf Basis der europäischen Gas-
Richtlinie 2003/55/EG zwischen einem so genannten
verhandelten oder einem regulierten Speicherzugang
wählen. Deutschland hat sich für die Einführung des
verhandelbaren Speicherzugangs auf vertraglicher
Grundlage entschieden (§ 28 EnWG).
Ordnungsrahmen und freiwillige Guidelines
(GGPSSO)
Auf europäischer Ebene mündete die Diskussion
über den Speicherzugang in die Guidelines for
Good TPA Practice for Storage System Operators
(GGPSSO). Diese wurden vom Madrid-Forum, einer
informellen Diskussionsrunde zu Regulierungsfra-
gen im Gasmarkt, verabschiedet und traten am
1. April 2005 in Kraft. Kerngedanke der rechtlich
nicht bindenden GGPSSO ist ein transparenter
und diskriminierungsfreier Speicherzugang zur
Förderung des europäischen Gasbinnenmarktes.
Die entsprechenden Mindestanforderungen, die
sich sowohl an Speicherbetreiber als auch Spei-
chernutzer richten, unterstützen die zunehmende
Liberalisierung des europäischen Erdgasbin-
nenmarktes. Die Betreiber von Speicheranlagen
sind aufgefordert, einen sicheren, zuverlässigen
und effizienten Betrieb von Speicheranlagen zu
gewährleisten. Sie müssen u. a. umfangreichen
Veröffentlichungspflichten nachkommen, sensible
Informationen vertraulich behandeln und den
Sekundärhandel mit Speicherkapazitäten fördern.
Speicher sorgen nicht mehr nur dafür, dass saisonale Schwankungen ausgeglichen werden. Sie dienen auch mehr und mehr dazu, eine flexible Bezugsoptimierung
von Erdgas zu erreichen. Hier: der Untergrundgasspeicher der VNG in Buchholz. Foto: Christoph Busse
47 medium gas | 2008.2
4031 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 60
Bernd Protze
Gordon Gerisch
Die Implementierung und erfolgreiche Anwendung
der GGPSSO unterliegt einem Monitoring der
EU-Kommission. Die praktische Durchführung
dieses Monitorings nimmt die ERGEG (European
Regulators Group for Electricity and Gas) vor.
Transparenz
Gemäß der Transparenzanforderungen der GGPSSO
sollen Speicherbetreiber umfangreiche, kunden-
freundlich aufbereitete Informationen auf diskri-
minierungsfreier Basis im Internet veröffentlichen.
Dazu zählen u. a. Tarifpreisrechner, Übersichten
über gebuchte und verfügbare Speicherkapazi-
täten, historische Nutzungsumfänge und Methoden
des Engpassmanagements. Um einer Konfliktsitu-
ation zwischen der Umsetzung der Transparenzan-
forderungen und den Geschäftsgeheimnissen von
Speicherbetreibern und -nutzern zu entgehen,
versucht der Speicherbetreiber, ein ausgewogenes
Verhältnis zwischen Informationen an den Markt
und Vertraulichkeitsanforderungen zum Schutz
seiner Kunden herzustellen. Gas Storage Europe
(GSE, www.gie.eu.com/) unterstützt die Forderung
nach Transparenz auf europäischer Ebene und
geht mit zahlreichen Initiativen sogar über die in
den GGPSSO geforderten Anforderungen hinaus.
Die Mitgliedsunternehmen tragen so zu einem
effizienten und effektiven Gasspeichermarkt in
Europa bei.
Zur Erfüllung der Transparenzanforderungen müs-
sen umfangreiche IT-Infrastrukturen geschaffen
werden. Zum Beispiel ist unter www.store-x.net
eine von der ECG Erdgas-Consult GmbH (einem
Tochterunternehmen der VNG) entwickelte, internet-
basierte Handelsplattform für den Sekundärhandel
mit Speicherkapazitäten in Europa entstanden.
Store-x verfügt über verschiedenartige Handelsop-
tionen, über die sowohl gebündelte als auch ein-
zelne Speicherkapazitäten handelbar werden. Die
Plattform bietet darüber hinaus eine Datenbank zu
Speicherlokationen in Europa mit interaktiver Land-
karte zur Auswahl gewünschter Speicherstätten.
Store-x unterstützt nicht nur die Implementierung
des europäischen Sekundärmarktes für Speicher-
kapazitätsprodukte, sondern trägt insbesondere
dazu bei, diesen weiterzuentwickeln.
Umsetzung auf europäischer Ebene
Mit der EU-Gasrichtlinie 2003/55/EG sind bishe-
rige Gasversorgungsunternehmen aufgefordert,
Transport, Verteilung und Speicherung in einzelne
Segmente zu entflechten. Damit wurde die Verant-
wortung für die Versorgungssicherheit statt bislang
einem Monopolisten nunmehr zahlreichen neuen
Akteuren übertragen. Die Wettbewerbssituation,
in der sich die Speicherbetreiber zueinander,
aber auch zu anderen Flexibilitätsprodukten der
Gaswirtschaft befinden, wird auf europäischer
und nationaler Ebene anerkannt. Noch ist die
Regulierungsintensität bei Speichern geringer
als bei Gasversorgungsnetzen. Doch basierend
auf Erkenntnissen der ERGEG, die im Auftrag der
EU-Kommission die Implementierung der GGPSSO
überwacht, soll auch der Speichersektor einer ver-
stärkten Regulierung unterworfen werden. ERGEG
befand nach einer Befragung der europäischen
Speicherbetreiber die Umsetzung der GGPSSO
als unzureichend. Dabei sind an den von ERGEG
konstatierten Ergebnissen durchaus Zweifel an-
zumelden, da sie auf veralteten Daten basieren
und zum Teil Sachverhalte abgefragt wurden, die
so nicht von den GGPSSO gefordert werden. Die
Europäische Kommission sieht in ihrem Vorschlag
zum 3. Energiebinnenmarktpaket vor, die bislang
freiwilligen Richtlinien durch rechtlich bindende
zu ersetzen. Zudem sollen die Befugnisse der
Regulierungsbehörden ausgebaut, der Regulie-
rungsrahmen für neue Investitionen verschärft
und das Speichergeschäft vom Handel rechtlich
und funktionell entflochten werden. Dabei wird
übersehen, dass viele Speicherbetreiber die Anfor-
derungen der GGPSSO bereits vollständig erfüllen.
Eine stärkere Regulierung behindert hingegen die
Wettbewerbsentwicklung in Europas Erdgasmarkt.
Nur mit Hilfe eines positiven Investitionsklimas für
den kapital- und zeitintensiven Ausbau von Spei-
cheranlagen und eines stabilen, vorhersehbaren
und transparenten Regulierungsrahmens können
die Speicherkapazitäten in Europa erweitert und
die Sicherheit der Energieversorgung gewährleis-
tet werden.
Bernd Protze, Leiter Speicherportfolio
Gordon Gerisch, Vorstandsassistent
48 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Erdgas aus dem russischen Eis
„Es ist schon viel gebohrt worden hier oben am Polarkreis“74 Tage war der Fernsehjournalist Thomas Junker in Asien unterwegs – von den Stränden in Thailand
bis zu den russischen Erdgasfeldern im nördlichen Polarkreis. In Novij Urengoij – der Gazprom-City
in Westsibirien – traf er die Gasarbeiter, die so genannten Gasowiki.
Es ist der 13. Januar gegen 15.00 Uhr. Die Sonne ist
schon nicht mehr zu sehen, als wir am Kontrollpos-
ten vor Novij Urengoij eintreffen. 18 000 km haben
wir mit unserem Expeditionsauto seit unserem
Start am 7. November zurückgelegt. Wir haben
für meine neue MDR-Filmreportage Aus Asiens
Sonne ins russische Eis in Thailand, Laos, China
und der Mongolei gedreht. Die Erdgasförderung
auf den beiden größten Gasfeldern der Welt,
Urengoij und Jamburg, ist der abschließende und
krönende Höhepunkt. GAZPROM hat uns eine
Sondergenehmigung erteilt, normalerweise ist
die Region für Ausländer Sperrgebiet.
Der Schlagbaum geht schneller hoch als wir er-
wartet haben, man lässt uns völlig frei in die Stadt
fahren. Es ist der Auftakt zu einer dreitägigen Visite,
die uns sehr erstaunt. Wo wir Einschränkungen
erwartet haben, erleben wir Offenheit. Nirgendwo
muss ich die Kamera ausschalten, alle meine Film-
wünsche finden gänzliche Erfüllung. Ein Zustand,
wie ich ihn bei nicht vielen Firmen und Konzernen
dieser Welt bisher erfahren habe.
Novij Urengoij liegt nur wenige Kilometer südlich
des Polarkreises. 284 Tage im Jahr herrscht Winter,
die Temperaturen sacken in dieser Zeit auf bis
284 Tage von Schnee bedeckt ist die Anlage UPKG 16 in Novij Urengoij. Trotz Schnee und Kälte ist diese Zeit für die Arbeiter
wesentlich angenehmer als der mückenreiche Sommer!
Erlebten Offenheit und Freund-
schaft in Russland: der Fern-
sehjournalist Thomas Junker
(links) und sein Begleiter Sven
Mohring.
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zu minus 62 Grad ab. In den wenigen warmen
Sommertagen plagen Abermilliarden bissfreu-
dige Mücken. Zumindest für die Arbeiter auf den
Bohrtürmen ist das auch nicht viel angenehmer.
Gegen Kälte könne man sich schützen, lassen sie
uns wissen. Aber bei plus 30 Grad sei man den
Plagegeistern grausam ausgesetzt. Wer einmal
im Sommer in Sibirien, Alaska oder Nordkanada
war, weiß, wovon die Männer sprechen.
Um die Gasfelder effektiv nutzen zu können,
wenden sie ein Bohrverfahren an, mit dem auch
horizontal gedrillt werden kann. Der Bohrkopf
muss dabei ständig bewegt werden. Das heißt
für die Männer, immer wieder neue Rohre nach-
schieben. 12 Stunden am Stück. Dann kommt die
nächste Schicht. So geht das an 365 Tagen im Jahr.
Es ist schon viel gebohrt worden hier oben am
Polarkreis, überall sieht man die fertigen Zapf-
stellen. Die Mengen, die von Gazprom jährlich
auf den beiden Feldern Urengoij und Jamburg
inzwischen gefördert werden, sie entziehen sich
fast dem Vorstellungsvermögen. Rund 420 Milli-
arden Kubikmeter – das sind 80 % der russischen
Erdgasförderung, was wiederum rund einem
Fünftel der weltweit zu Tage gebrachten Menge
entspricht. Man kann es auch so betrachten – was
sie an einem Tag hier fördern, würde reichen, um
zum Beispiel die Stadtwerke in Leipzig 3 ½ Jahre
mit Gas zu beliefern.
2300 Kilometer von Moskau entfernt liegt die russische Gashauptstadt Novij Urengoij. Vor mehr als 30 Jahren wurde sie als
Arbeiterstadt für rund 100.000 Einwohner mitten in der sibirischen Tundra erbaut.
Bohrturm von außen und von
innen: Immer wieder neue
Rohre nachschieben, 12 Stun-
den am Stück, 365 Tage im
Jahr.
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Ein verlockender Sonnenuntergang nachmittags um 15 Uhr – bei minus 40 Grad und eisigen Winden.
Unsere Dreharbeiten führen uns bei minus 40 Grad
zu Erdgaskondensatlagerstätten, zu Anlagen zur
Aufbereitung des Kondensats und natürlich auch
zu Pipelines. Die meisten Betriebe werden voll-
automatisch gefahren, meist reicht ein Dutzend
Fachkräfte pro Schicht aus. Für die, die draußen
bohren und für Wartungs- und Reparaturarbeiten
zuständig sind, sind aufgrund der extremen
klimatischen Bedingungen die Arbeitsbedin-
gungen hart.
Fortsetzung von Seite 49
„Es ist schon viel gebohrt worden hier oben am Polarkreis“
Umso mehr verwundert es uns, dass die Fluk-
tuation der Mitarbeiter verschwindend gering
ist. Das hat seine guten Gründe. So lassen sich
die lokalen Unterkünfte bei den Bohrstellen und
den Verarbeitungsanlagen locker mit gehobenen
Mittelklassehotels vergleichen. Nur dass sie hier
in der Tundra zusätzlich vielfältigere Freizeitein-
richtungen haben. Und die erst 1975 gegründete
Stadt Novij Urengoij hat eine hohe Lebensqualität
aufzuweisen. Den 117 000 Einwohnern werden
günstige Mietpreise geboten. Eine 100 qm Woh-
nung kostet 200 Euro. Da hier mit die besten Löhne
in Russland gezahlt werden, ist diese Summe kein
Problem. Das durchschnittliche Einkommen in der
Stadt liegt bei 1200 Euro, das sind fast 1000 mehr
als im restlichen Russland.
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Dazu gibt es hervorragende Kultur- und Sozialein-
richtungen. Beispielsweise Kindergärten. 14 sind
es an der Zahl, und alle haben den gleichen hohen
Standard. Die Betreuungszeiten sind so geregelt,
dass beide Elternteile arbeiten können. Auf acht
Kinder kommt eine Erzieherin. Jede Kita verfügt
über ein eigenes kleines Schwimmbad sowie über
Sporträume. Die Ausstattung lässt kaum Wünsche
offen. 30 Euro kostet die Monatsgebühr pro Kind.
Das reicht natürlich nicht, um die Kosten zu decken.
Aber GAZPROM zahlt den Rest. Mit Erfolg. Aus
Novij Urengoij will so gut wie keine Familie weg.
Die Arbeitsplätze am Polarkreis, sie sind sehr
begehrt. Und selbst nach ihrer Pensionierung zie-
hen die Menschen nicht weg, sondern verbringen
ihren Lebensabend in der eiskalten Stadt.
Neue Gasvorkommen sollen nun bis 2020 auf
der noch weiter nördlich liegenden Jamalhalb-
insel erschlossen werden. Auf 30 Milliarden Euro
werden die Kosten dafür veranschlagt. GAZPROM
will daher langfristige neue Abnahmeverträge,
um bei Banken Kredite für die Erschließung zu
bekommen. Sollte Europa diese Verträge ableh-
nen, werden wohl asiatische Staaten zum Zuge
kommen. Diese Meinung vertritt zumindest der
stellvertretende Generaldirektor des Urengoijer
Gasfeldes, Alexander Iljasov: „Der Bedarf an Gas
wird in den Staaten China und Indien bis ins Jahr
2020 um das Dreifache steigen, das ist natürlich
für GAZPROM ein interessanter Markt!“
Zum Abschluss unserer Reise sind wir mit einem
Kettenfahrzeug unterwegs. Wir lassen die Stadt
und mit ihr die normale Zivilisation hinter uns. Das
geht nur mit einem solchen Fahrzeug. Wir wollen zu
den Menschen, die schon immer in dieser Region
gelebt haben, für die dies schon eine Heimat war,
lange bevor Gas gefunden wurde. Die Rede ist
vom Volk der Nenzen, die von der Rentierzucht
leben. Jetzt im Winter sind sie nahe der Stadt, da
der Schnee hier nicht so hoch ist, die Rentiere
leichter Futter finden. Für sie ist klar, dass sie mit
ihrer kulturellen Art nur dann überleben können,
wenn man ihnen und den Tieren genügend Land
lässt, nicht überall Bohrtürme, Anlagen und
Pipelines installiert.
Es ist wie fast überall entlang unserer Reise „Aus
Asiens Sonne ins russische Eis“. Der Spagat zwi-
schen moderner Wirtschaft und traditionellen
Werten und Lebenswegen, er wird immer schwie-
riger, gelingt selten. Keine leichte Aufgabe für
die Zukunft. Aber wenigstens hier am Polarkreis
haben sie darüber inzwischen hoffnungsvolle
Gespräche angefangen.
Thomas Junker
Das Volk der Nenzen bestrei-
tet seinen Lebensunterhalt
durch die Haltung großer Ren-
tierherden. Während der mü-
ckenreichen Sommermonate
ziehen sie durch die Tundra an
die Küste des Polarmeeres.
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Russland und die VNG – Partner fürs Leben mit Erdgas Auf dem 13. Parlamentarischen Abend der VNG – Verbundnetz Gas AG in Brüssel diskutierten
Politiker aus Russland und der EU sowie Firmenvertreter der VNG darüber, wie sich Stabilität und
Nachhaltigkeit der Energieversorgung in den aufgeheizten Markt tragen lassen. Die Energiepreise
steigen wegen der dynamischen Weltkonjunktur und des Energiehungers der Industrie- und Schwel-
lenländer drastisch. Nationale und europäische Regulierungsmaßnahmen befeuern Turbulenzen an
den Märkten zusätzlich. Die Redner nahmen in ihren Beiträgen kein Blatt vor den Mund.
Die Bibliothèque Solvay als Veranstaltungsort
bildete den perfekten Rahmen für eine Debatte
über Langfristigkeit. Die Solvay GmbH Deutschland
(Sitz: Hannover) war nach der Wende der erste
Industriekunde bei der VNG. Mehr als 60 geladene
Gäste kamen in das 1902 gebaute Art-Deco-Gebäu-
de, darunter der stellvertretende Generalsekretär
der Vereinten Nationen a. D. und ehemalige deut-
sche Umweltminister Klaus Töpfer. Als Ehrengäste
waren der EU-Energiekommissar Andris Piebalgs
sowie der Vizepräsident der russischen Duma und
Präsident der Russischen Gasgesellschaft, Valerij
Afonasjewitsch Jasew anwesend.
Der Vorstandsvorsitzende der VNG, Prof. e. h. Dr.-Ing.
Klaus-Ewald Holst, und der EU-Energiekommissar
betonten die Rolle langfristiger Importlieferverträge
zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit mit
Erdgas. Piebalgs zählte sie zu den drei Hauptzielen
europäischer Energiepolitik. Daneben gehören
Nachhaltigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der
europäischen Industrie dazu. Piebalgs verteidigte
in dem Zusammenhang die Ölpreisbindung, auch
weil so Preissenkungen möglich seien. Allerdings,
so räumte er ein, bereite ihm die Entwicklung an
den Finanzmärkten Sorgen. Auch die VNG als er-
fahrener Erdgasimporteur betont regelmäßig, dass
sich mit der Ölpreisbindung die Schwankungen
der Gaspreise am Weltmarkt begrenzen und für
den Verbraucher glätten lassen, um faire und
transparente Preise zu garantieren. Einig waren
sich die Redner auch beim Thema erneuerbare
Energieträger sowie Kohlendioxidabtrennung und
-speicherung. Der EU-Kommissar räumte beiden
Aspekten einen steigenden Stellenwert im Rahmen
der zukünftigen Klima- und Energiepolitik ein.
Beide Redner appellierten an die Zusammenarbeit
zwischen Russland und Europa. Piebalgs betonte,
dass diese Partnerschaft nicht auf den Energie-
handel reduziert werden dürfe, sondern sich auf
alle Bereiche erstrecken müsse.
Mehr als 60 geladene Gäste diskutierten in der altehrwürdigen Bibliothèque Solvay über die deutsch-russischen Energiebeziehungen.
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Seit 35 Jahren strömt russisches Erdgas über
VNG-Leitungen nach Deutschland und das Unter-
nehmen beging diesen Festtag am 11. Juni. Die VNG
bezieht aktuell mit 44 Prozent den Hauptteil seines
Gases aus Russland. Auch die VNG beschränkt sich
bei ihren Russlandaktivitäten keineswegs nur auf
den Gaseinkauf. Der Erdgasimporteur unterstützt,
wie der russische Konzern OOO „Gazprom export“,
ein ständiges Forum zu Fragen der Rohstoff-Nut-
zung zwischen dem St. Petersburger staatlichen
Bergbauinstitut und der TU Bergakademie Freiberg.
Piebalgs hob die Notwendigkeit der Kooperation
Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG, Andris Piebalgs, Energiekommissar und Mitglied der europäischen Kommission und
Prof. Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister a. D. und Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen a. D. (v.l.) | Valerij Afonasjewitsch Jasew,
Vizepräsident der russischen Duma und Präsident der Russischen Gasgesellschaft, Dieter Bandlow, Repräsentant der VNG in Moskau, Prof. e.h. Dr.-Ing.
Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG und Andris Piebalgs, Energiekommissar und Mitglied der Europäischen Kommission (v.l.).
beendet ist. Jasew vertrat die Auffassung, dass die
Frage der Entflechtung nicht auf EU-Ebene gelöst
werden könne, weil dies dem Subsidaritätsprinzip
widerspreche. Die Schlüsselfrage sei, wie sich die
Trennung auf Investitionen und Energielieferungen
für europäische Verbraucher auswirken würde.
VNG-Chef Holst warnte vor zu viel Regulierung
– gerade mit Blick auf die Kosten. Die VNG nahm
bislang einige Millionen Euro für das Unbundling
nach den bisherigen Anforderungen des Energie-
wirtschaftsgesetzes in die Hand. Die hundert-
prozentige VNG-Tochter ONTRAS vermarktet seit
mit Russland deutlich hervor. Er halte diesen
Energiedialog für gesund und er erklärte, dass
er weiter verfolgt werden müsse. Die Interessen
beider Partner seien günstig für das Geschäft und
man solle gerade darauf vertrauen.
Duma-Vize Jasew sprach schnörkellos heikle Fra-
gen an. Die Initiative der EU gegen ausländische
Investitionen stehe im Gegensatz zu Verträgen über
die Zusammenarbeit, kritisierte er. Jasew bezog
sich damit auf aktuelle Richtlinienvorschläge der
Europäischen Kommission, die den Einfluss von
potenziellen Investoren von außerhalb der EU auf
innereuropäische Leitungsnetze und Energieer-
zeugungsstufen begrenzen sollen. Jasew sprach
sich ferner für die Einrichtung einer internationalen
Schlichtungsstelle aus. Er spielte hier auf den Kon-
flikt zwischen Russland und der Ukraine an.
Bei den Themen Regulierung und Unbundling
– Trennung von Netz und Handel – zeigte sich
wiederum, dass die Diskussion noch längst nicht
Oktober 2006 das VNG-Netz. Für die ONTRAS
birgt die Zunahme der regulatorischen Eingriffe
Risiken, die sich nachteilig auf die Erlössituation
auswirken können.
EU-Kommissar Piebalgs hatte in seiner Rede zuvor
noch einmal betont, dass aus seiner Sicht die
Regulierung im Energiebereich in allen Mitglieds-
staaten auf gleicher Ebene liegen müsse.
Die Diskussion bewies einmal mehr, was Brüsseler
parlamentarische Abende leisten können: ein
Forum zum zwanglosen und offenen Gespräch,
das die Akteure auch über manche argumentative
Gegensätze und den Abend hinweg verbinden kann.
Holst bekräftigte, dass sich das Unternehmen als
drittgrößter deutscher Erdgasimporteur weiter in
die Regulierungsdiskussion einmischen will. Er
sagte: „Wir wissen, dass wir nicht zu den größten
Unternehmen der Energiewirtschaft zählen, aber
wir werden unsere Stimme sehr gern einbringen.“
Katlen Trautmann, Dresden
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Sozialistische „Gründerjahre“: Schwarze Pumpe, TLFG und einheimisches Erdgas (1945–1975)Am 1. Juli besteht die VNG – Verbundnetz Gas AG 50 Jahre. An diesem Tag des Jahres 1958 wurde der Vorläufer
der VNG, die Technische Leitung Ferngas (TLFG) Leipzig, gegründet. Wir wollen das Jubiläum zum Anlass nehmen,
um die Entwicklung der gesamten ostdeutschen Gaswirtschaft nachzuzeichnen. In der zweiten Ausgabe von
„medium gas“ berichtet der Berliner Historiker Dr. Rainer Karlsch über die sozialistischen „Gründerjahre“ und die
Eingliederung in das Gaskombinat Schwarze Pumpe.
Keine „Stunde Null“
Eine „Stunde Null“ gab es nach Kriegsende in der
Gaswirtschaft nicht. Die Ferngasversorgung wurde
bereits im Sommer 1945 wieder aufgenommen.
Obwohl der Wiederaufbau noch bis Anfang der
1950er Jahre dauerte, diskutierten die Fachleute
schon über den Ausbau der Ferngasversorgung.
Die wichtigsten konzeptionellen Überlegungen
kamen vom „Sachverständigenbeirat Gas“, dem
u. a. solch erfahrene Fachleute wie Ing. Hermann
Müller, Direktor der Deutsche-Continental-Gas-
Gesellschaft (DCGG) und Georg Bock, Direktor des
Gaswerkes Dresden-Reick, angehörten.
Müllers Konzeption sah die Bildung eines überre-
gionalen Ferngasunternehmens für die gesamte
DDR und den Bau mindestens eines weiteren
Großgaswerkes auf Braunkohlenbasis vor.
BHT-Koks und Lauchhammer-Gas
In den 1950er Jahren basierte die Gaserzeugung
noch überwiegend auf Steinkohle. Aus der Sicht
der Planer war die größtenteils aus Polen und
der UdSSR importierte Steinkohle, wie auch die
Zwickauer Steinkohle zu teuer, um sie in jährlich
wachsenden Mengen für die Koks- und Gaser-
zeugung zu verwenden. Eine Lösung schien die
Herstellung eines hüttenfähigen Braunkohlen-
hochtemperaturkokses (BHT-Koks), nach einem
von den Professoren Erich Rammler und Georg
Bilkenroth entwickelten Verfahren zu bieten. Die
Plankommission reagierte auf diese Erfindung
ungewöhnlich schnell. Die Erprobungsphase
des neuen Kokses war noch nicht einmal abge-
schlossen, da wurde bereits der großtechnischen
Verwendung zugestimmt und 1951 der Bau einer
Großkokerei in Lauchhammer beschlossen. Das
neue Werk war nicht nur für die Kohlewirtschaft,
sondern auch für die Gaswirtschaft wichtig,
denn bei der Kokserzeugung fiel Gas als Kup-
pelprodukt an.
Zum wichtigsten und teuersten Projekt der auf
der einheimischen Braunkohle beruhenden Ener-
giepolitik der DDR entwickelte sich der 1955 be-
gonnene Bau des Kombinates Schwarze Pumpe.
Ursprünglich sollten dort vor allem BHT-Koks und
Elektroenergie produziert werden. Doch 1957
musste die Plankommission die Absatzchancen
für den BHT-Koks in der Metallurgie reduzieren.
Sukzessive wurden die Weichen für die Umprofilie-
rung des Kombinates vom Koks- zum Gaskombinat
gestellt. Parallel zum Aufbau des Giganten in
der Lausitz begann der großflächige Ausbau des
Ferngassystems.
Die Technische Leitung Ferngas (TLFG)
Als ersten Schritt veranlasste der Leiter der Haupt-
verwaltung Gas, Reinhard Schacht, zum 1. Januar
1957 die Gründung einer „Aufbauleitung Ferngas“
beim VEB Gasversorgung Leipzig. Anderthalb
Jahre später, am 1. Juli 1958, wurde vom VEB Ver-
bundnetz West, Dessau, die „Technische Leitung
Ferngas“ (TLFG) mit Sitz in der Brandiser Straße 7
in Leipzig gebildet. 1961 zog die TFLG dann nach
Böhlitz-Ehrenberg.
Anfang der 1960er Jahre war der Fernleitungsbau
immer noch nicht durchgehend mechanisiert.
Nur ein Drittel der Tiefbauarbeiten konnte die
TLFG selbst durchführen. Während der Leipziger
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Betriebsteil inzwischen über den dafür nötigen
Maschinenpark verfügte, war dies bei den üb-
rigen Auftragnehmern zumeist nicht der Fall.
Abhilfe sollte die Bildung eines Spezialbetriebes
schaffen.
Den Grundstock für den VEB Ferngasleitungsbau
Leipzig bildete die Abteilung Produktion der
TLFG mit 254 Beschäftigten. Die Anfänge nah-
men sich bescheiden aus. TFLG brachte 20 Bau-
und Gerätewagen, 13 Lastkraftwagen, 26 Pkw,
10 Spezialwagen und nur 10 Rohrlegekräne in den
neuen Betrieb ein. Zugeordnet wurden außerdem
der VEB Rohrleitungs- und Apparatebau Mühl-
hausen, der VEB Rohrleitungsbau Görlitz sowie
die Ferngasabteilung des VEB Rohrleitungsbau
Bitterfeld. Zusätzlich wurden noch 250 Arbeits-
kräfte eingestellt, die bereits über Erfahrungen im
Tiefbau verfügten. Mit knapp 1.000 Beschäftigten
entstand damit ab Januar 1962 ein leistungsfähiger
Spezialbetrieb.
Entscheidenden Anteil an der Konzipierung des
Ferngasverbundsystems hatten Dr. Ing. Hans
Kiesel und seine Mitarbeiter Dr. Günter Richter
und Dr. Walter Altmann.
Das von der TFLG entworfene Versorgungssystem
wurde als 25 bar-Ringsystem ausgelegt. Zur Reali-
sierung des Ferngasleitungsprogramms mussten
bis 1965 jährlich 300 bis 400 km überregionale
und bis zu 400 km regionale Ferngasleitungen
gebaut werden.
Rund 90 Prozent der Investitionen für den Ferngas-
leitungsbau wurden vom VEB Ferngasleitungsbau
realisiert. Die Mitarbeiter des Leipziger Betriebes
bauten unter anderem 1963/64 in einer Rekord-
zeit von nur fünf Monaten die Ferngasleitung
Lauchhammer–Berliner Ring und waren ebenfalls
verantwortlich für die besonders wichtigen Fern-
gasprojekte Lauchhammer–Schwarze Pumpe und
Wittenberg–Ketzin.
Von 1958 bis 1968 wuchs das Stadtgasfernnetz
von rund 1.500 km auf 3.700 km an und die einge-
speiste Gasmenge erhöhte sich von ca. 525 Mio. m3
auf rund 2.500 Mio. m3. Die 1960er Jahre waren
entscheidend für den Ausbau des Stadtgasfern-
systems. TLFG war dafür das logistische Zentrum
und ist sowohl personell als auch materiell direkter
Vorläufer des am 1. Januar 1969 gegründeten
VEB Verbundnetz Gas.
Schwarze Pumpe geht in Betrieb
Am 6. April 1964, kurz vor Mitternacht, „verlor“
der Direktor des VEB PKM Leipzig, Prof. Dr. Kurt
Hoffmann seinen Hut. Symbolisch wurde der Hut,
einem alten Brauch folgend, als „Zündmittel“
in den ersten Generator des Druckgaswerkes
Schwarze Pumpe geworfen. Nach dem Bespannen
des Gasnetzes und Kaltfahren des ersten Gas-
reinigungsstranges konnte der Ferngasschieber
geöffnet werden. Schwarze Pumpe ging ans Netz.
Das Gas wurde in die Ferngasleitung Schwarze
Pumpe–Lauchhammer eingespeist.
Die Inbetriebnahme wurde groß gefeiert. Die Wirt-
schaftsplaner versprachen sich von Schwarze
Pumpe eine stabile Stadtgas-Fernversorgung
zu günstigeren ökonomischen Bedingungen.
Außerdem wollte man die Druckgastechnik ex-
portieren.
Doch die Jubelstimmung hielt nicht lange an. Die
Produktion des Gaskombinates litt unter zahl-
reichen Kinderkrankheiten. Erst nachdem im Juli
1966 Dr. Herbert Richter zum neuen Werkdirektor
des Kombinats Schwarze Pumpe ernannt worden
war, begann sich die Lage allmählich zu verbessern.
Die Anlaufprobleme konnten durch Veränderungen
an den Generatoren und Rohgaswäschen überwun-
den und eine ausreichende Versorgungssicherheit
gewährleistet werden.
Schwarze Pumpe war ein Kind der Industriepolitik
der DDR mit ihrer Fixierung auf die maximale Nut-
zung einheimischer Ressourcen. Die Kosten des aus
Braunkohle hergestellten Stadtgases lagen weit
über den Erdgasimportpreisen. Hinzu kamen die
hohen Transport- und Speicherkosten als Folge des
geringen Wärmeinhaltes des Stadtgases. Interna-
tional verlief der Trend inzwischen in Richtung des
Ausbaus einer Fernversorgung mit hochkalorischem
und umweltfreundlichem Erdgas.
Erdgas aus der Altmark
Erdöl- und Erdgasfunde in Norddeutschland
weckten auch in der DDR die Erwartung, in abseh-
barer Zeit nennenswerte Vorkommen erschließen
zu können. Trotz enormer Aufwendungen blieben
größere Erfolge bei der Erdölsuche aus. Mehr Glück
hatten die Geologen bei der Gasprospektion. Im
Dezember 1968 wurde die Bohrung Pes 4 in mehr
als 3.500 Metern Tiefe gasfündig.
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Bereits eine erste Bewertung zeigte, dass bei
Salzwedel große Erdgasvorkommen lagerten.
Bei der Erschließung des Altmarkgases schien Eile
geboten. Die Erdgaslagerstätten erstreckten sich
entlang der innerdeutschen Grenze und reichten
bis in die westliche Altmark nach Niedersachsen.
Der größere Teil der Lagerstätte befand sich auf
dem Gebiet der DDR.
Von der DDR wurde jeder Schritt auf westlicher
Seite aufmerksam registriert. Als die BEB im Herbst
1969 nahe Schmölln ein Bohrgerät aufstellte,
erging eine Anweisung an die Grenztruppen der
DDR, die weiteren Erkundungsaktivitäten mit
Hubschraubern zu beobachten.
Im Frühjahr 1969 begann die Testlaufphase und
am 1. Juli 1969 wurde der VEB Erdgasförderung
Salzwedel gebildet. Bohrtechnische Hilfe leisteten
der VEB Erdöl- und Erdgas Gommern sowie der
VEB Erdöl- und Erdgas Mittenwalde.
Das Altmarkerdgas war ein „Magergas“ und wies
nur einen niedrigen Methangehalt auf. Darüber
hinaus unterlag die Zusammensetzung des Gases
starken Schwankungen. Vor der Abgabe an die
Verbraucher mussten die Gase deshalb so ver-
mischt werden, dass ein vertraglich definierter
Brennwert eingehalten werden konnte.
Ein abgestimmtes Vorgehen bei der Erschließung
der grenzübergreifenden Lagerstätte lag im ge-
meinsamen Interesse beider deutscher Staaten, die
dazu im Januar 1975 Verhandlungen aufnahmen.
Mit Beginn der Förderung hatten sich die Strö-
mungsverhältnisse in der Lagerstätte geändert.
Vom kleineren westlichen Teil der Lagerstätte
strömte nunmehr Erdgas nach Osten.
Das Bundeswirtschaftsministerium schlug einen
unentgeltlichen Informationsaustausch über
die gesamte Lagerstätte und eine gemeinsame
Vorratsberechnung vor. Die Unterhändler der
DDR lehnten jedoch einen generellen Austausch
von Informationen ab, da sie fürchteten, dass die
DDR-Betriebe ansonsten ihren Vorsprung bei der
Erkundung und Gewinnung verlieren könnten.
Für die Wirtschaft der DDR war das Altmarkerdgas
trotz seines niedrigen Brennwertes wichtig. In einer
ersten Förderplateauphase von 1974 bis 1982
wurden jährlich rund 8 Mrd. m3 Erdgas gefördert.
Die höchste Förderung wurde mit jährlich bis zu
12 Mrd. m3 1983 bis 1987 erreicht. Die Strategie
der maximalen Förderung forderte jedoch ihren
Tribut. Ende der 1980er Jahre setzte eine natür-
liche Erschöpfung und teilweise Verwässerung
der Lagerstätten ein.
Wie sind nun diese Ergebnisse zu bewerten? Von
1960 bis 1989 wurden auf dem kleinen Territorium
der DDR rund 2.100 Bohrungen mit insgesamt
4,4 Mio. Bohrmeter abgeteuft. Rechnet man mit
durchschnittlichen Kosten für jeden Bohrmeter
von 2.000 Mark, so ergibt sich allein für die Bohr-
leistungen ein Aufwand von 8,8 Mrd. Mark. Noch
höher waren die Kosten für die Förderanlagen, das
Transportsystem und die Umrüstung von Bren-
nern in der Industrie. Demzufolge dürften, grob
geschätzt, mehr als 25 Mrd. Mark für den Aufbau
der Erdgasindustrie in der DDR anzusetzen sein.
Dem stehen auf der Haben-Seite bis 1989 Aus-
beuten von rund 178 Mrd. m3 Erdgas gegenüber.
Legen wir 12,40 Pf/10 kWh als Durchschnittspreis
zugrunde, so wäre ein Verkaufserlös von rund
22,1 Mrd. Mark erzielt worden. Hinzu kommen aber
noch die nicht unbeträchtlichen Effekte durch die
Substituierung von Braunkohle in Höhe einiger
Milliarden Mark.
Natürlich sind dies nur nachträgliche Rechnungen.
Sie zeigen aber zumindest, dass selbst die För-
derung des brennwertarmen Altmarkgases wirt-
schaftlich sinnvoll war und die sehr hohen Erkun-
dungskosten, die ein privates Unternehmen so wohl
kaum getragen hätte, letztlich kompensierte. Für
die nicht ausreichend in den Weltmarkt integrierte
Wirtschaft der DDR war das einheimische Erdgas
nicht zuletzt unter dem Aspekt der Devisenein-
sparung nützlich.
Das Erdgasprogramm
Das deutsch-sowjetische Regierungsabkommen
vom 23. Mai 1968, das einen jährlichen Bezug von
3 Mrd. m3 Erdgas sicherte, und die Erdgasfunde
in der Altmark verbesserten die Rohstofflage für
die Gaswirtschaft der DDR. Perspektivisch war
es nunmehr möglich, die Gasversorgung auf drei
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Sozialistische „Gründerjahre“: Schwarze Pumpe, TLFG und einheimisches Erdgas (1945–1975)
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Säulen zu stellen: Braunkohle, einheimisches
Erdgas und importiertes Erdgas. Die Weichen für
die weitere Entwicklung der Gaswirtschaft konnten
neu gestellt werden.
Die neuen Aufgaben der Gaswirtschaft waren in
der Struktur des Stromversorgers VEB Verbundnetz
Berlin nur schwer zu realisieren. Eine Herauslösung
und Verselbstständigung der Direktion Gas schien
geboten. Zum 1. Januar 1969 wurde deshalb der
VEB Verbundnetz Gas mit Sitz in Berlin gegründet.
Die Zeit der relativen Eigenständigkeit währte je-
doch nicht lang. Nur ein Jahr nach seiner Gründung
wurde der VEB Verbundnetz Gas dem Gaskombinat
Schwarze Pumpe zugeordnet.
Ende der 1960er Jahre hatte der Ferngasleitungs-
bau ein beachtliches Niveau erreicht und ein
das gesamte Land umschließendes Ringsystem
geschaffen. Mit über 3.700 km Gesamtlänge
entsprach das Stadtgasnetz bezogen auf die je-
weilige Einwohnerzahl nahezu dem Stadtgasnetz
der Bundesrepublik. Allerdings gab es dort bereits
1966 ein rund 2.500 km langes Erdgasnetz, wohin-
gegen in der DDR ein solches erst in den 1970er
Jahren entstand.
Im Sommer 1968 wurde vom Ministerium für Grund-
stoffindustrie ein „Erdgasprogramm“ beschlossen.
Dessen Kosten wurden bis 1975 auf rund 2,4 Mrd.
Mark geschätzt. Davon entfielen 664 Mio. Mark auf
den Bau einer Erdgastransitleitung, 506 Mio. Mark
auf Ferngasleitungen im Inland, 478 Mio. Mark auf
Untergrundgasspeicher, 380 auf Spaltanlagen und
300 Mio. Mark auf Verdichterstationen.
In der Tat wurde das „Erdgasprogramm“ von den
Fachleuten als Chance angesehen, eine grundle-
gende strukturelle Wende in der Gaswirtschaft
einzuleiten. Es galt eine strategische Entscheidung
über den künftigen Einsatz des einheimischen
Erdgases zu treffen. Mit der Erarbeitung der dafür
nötigen Konzeptionen wurden das Brennstoffinsti-
tut Freiberg und das Wissenschaftlich-Technische
Zentrum (WTZ) Gas der VVB Energieversorgung
beauftragt. Die Experten beider Institutionen ka-
men zu unterschiedlichen Auffassungen. Während
sich die Freiberger Wissenschaftler für den Aufbau
von drei separaten Gasversorgungssystemen
– Stadtgas (SG), einheimisches Erdgas (EEG),
Importerdgas (IEG) – aussprachen, plädierte
das WTZ für die Aufbereitung des einheimischen
Erdgases (Reichgasvariante). In diesem Fall wäre
der weitere Ausbau der Gasversorgung nur mit
zwei unterschiedlichen Gasqualitäten – Stadtgas
und Erdgas – und dementsprechend auch nur
mit zwei Leitungssystemen fortgesetzt worden.
Die technischen und ökonomischen Vorzüge der
Aufbereitung des einheimischen Erdgases lagen
auf der Hand. Dennoch fand die Reichgasvariante
bei den Planungsorganen keine Lobby. Anstatt
eine offene Diskussion über die technisch und
ökonomisch sinnvollste Variante zu führen, wurde
die „Entscheidungsvorlage zur Entwicklung der
Gaswirtschaft“ zur „Vertraulichen Verschlusssa-
che“ erklärt und die Reichgasvariante verworfen.
Im Rückblick muss man zum dreigliedrigen System
festhalten: es war eine Fehlentscheidung, die zu
erheblichen Mehrbelastungen führte.
Von 1969 bis 1972 wurde für die Erdgasfelder in
der Altmark ein separates Abförderungssystem
ausgebaut. Innerhalb von acht Monaten wurde
vom VEB Ferngasleitungsbau Engelsdorf die erste
Ferngasleitung vom Erdgasförderfeld Salzwedel
nach Magdeburg verlegt und am 15. August 1969
in Betrieb genommen. In den nächsten Jahren
baute der VEB Verbundnetz Gas Leitungen zur
Erweiterung der Energieversorgung der Stadt
Magdeburg, des Chemiedreiecks (Buna, Leuna,
Piesteritz) sowie der Chemie- und Energiebetriebe
in Böhlen und Lippendorf. Rund ein Fünftel der
einheimischen Erdgasförderung wurde vom Gas-
kombinat Schwarze Pumpe abgenommen.
Der VEB Verbundnetz Gas wurde zum Träger eines
Modernisierungsprozesses durch Erdgas. Diese
Ende der 1960er Jahre begonnene Entwicklung
konnte allerdings unter planwirtschaftlichen
Verhältnissen nicht zum Abschluss gebracht
werden. Von der Öffentlichkeit wurde das „Erd-
gasprogramm“ nicht sonderlich wahrgenommen.
Dabei lag die Dimension dieses Programms sogar
noch über den Aufwendungen für den Bau der
legendären „Drushba-Trasse“ in der Sowjetunion,
die freilich mehr im Fokus der Politik stand.
Dr. Rainer Karlsch (Berlin)
In der nächsten Ausgabe lesen Sie einen Beitrag über
„Das Tauziehen um die Gasverträge 1974 und 1986“.
Dr. Rainer Karlsch studierte
Wir tschaf tsgeschichte an
der Humboldt-Universität
in Berlin und hat dort auch
zum Dr. oec. promoviert. Er
hat zahlreiche wirtschafts-
geschichtliche Veröf fent-
lichungen verfasst bzw. he-
rausgegeben, darunter „Fak-
tor Öl. Die Mineralölwirtschaft
in Deutschland 1859–1974“
(zusammen mit Raymond
Stokes). Für sein Buch „Allein
bezahlt? Die Reparationsleis-
tungen der SBZ/DDR 1945–53“
(1993) erhielt Karlsch 1996
den Ersten Preis der Stinnes-
Stif tung. Derzeit arbeitet
Karlsch anlässlich des 50-jäh-
rigen Bestehens der VNG an
einem Buch über die Ent-
wicklung der ostdeutschen
Gaswirtschaft.
Zum Autor
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„Jeg elsker Norge“„Jeg elsker Norge“ – „Ich liebe Norwegen“. So heißt eine Kunstausstellung, die am 19. Mai 2008
zum Empfang anlässlich des norwegischen Nationalfeiertages bei der VNG in Leipzig eröffnet wurde.
Der Maler Klaus Höhne ist ein wahrer Freund des facettenreichen Naturparadieses im hohen Norden.
Das spiegelt er auch in seinen lichtschimmernden Kompositionen wider.
Klaus Höhne, 1939 in Schönebeck an der Elbe
geboren, träumte bereits seit frühester Kindheit
von Norwegen. Allein die Landkarte in seinem
Schulatlas, mit den zerklüfteten Küstenlinien, den
Seen und Fjorden, übte eine ungemeine Faszination
auf ihn aus. Als er Ende der 80er Jahre erstmals
nach Norwegen reiste, war es nicht nur die Erfüllung
eines Kindheitstraumes, sondern gleichzeitig auch
der Beginn einer langen Freundschaft zu Land und
Leuten. So eine lockere Atmosphäre und so zau-
berhafte, hilfsbereite und freundliche Menschen
wie in Norwegen hätte er selten getroffen. „Es war
Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Höhne mit
einem Lächeln im Gesicht. Norwegen sollte ihn
von nun an nicht mehr loslassen.
Der Leipziger Künstler, der lange Zeit in Unna
lebte, ist ursprünglich gelernter Theatermaler.
Seine zweite Passion gilt der Musik. Höhne stu-
dierte in Leipzig Gesang, trat mehrere Jahre lang
im Opernchor auf und war danach als Solist in
Wittenberg tätig. Seine Liebe zur Malerei ist in
dieser Zeit nie verloren gegangen. Anfang der
90er Jahre entdeckte er die Leidenschaft zu Farbe
und Leinwand wieder. Seither widmet er sich in
seinen Bildern – wie könnte es anders sein – vor
allem der unberührten norwegischen Landschaft.
Charakteristisch sind seine naturlyrischen Kompo-
sitionen in kräftigen Farben und kontrastreichen
Prägungen.
In seinen Bildern betont Höhne oft die besondere
Faszination, die für ihn von der magischen Wirkung
des Lichtes ausgeht. „In Norwegen sind Licht und
Farbintensität einfach stärker“, so Höhne. Das
liegt vor allem an der reinen Luft, durch die die
Sonnenstrahlen ungehindert zur Erde dringen
können. Für Höhne werden das nordische Licht, der
hohe Himmel und die gläserne Luft immer wieder
zum Erlebnis, die er in seinen Bildern mit kräftigen
Grün-, Blau- und Rottönen aufleben lässt.
Rühmen kann man Höhnes Bilder aber nicht nur
wegen ihrer farblichen Intensität, sondern auch
wegen ihrer „Naturwahrheit“. In ihnen spiegelt
er die Stimmung und den Charakter der einma-
ligen norwegischen Landschaft wider – mit den Ein typisches Fischerdorf auf den Lofoten, umrahmt von schneebedeckten Berggipfeln.
Fischerboote, Lofoten.
59 medium gas | 2008.2
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vermeintlich norwegischen Gebirgslandschaften,
mit tosenden Wasserfällen und grünen Wäldern,
glasklaren Fjorden, unzähligen Tunneln und
bunten Häusern. Höhne sucht die unmittelbare
Naturbegegnung, die Vielfalt und Veränderung.
Obwohl er die Natur mit bemerkenswertem Re-
alismus darstellt, sind seine Bilder keineswegs
nüchtern, sondern ungemein atmosphärisch. Hell,
leuchtend, kraftvoll und mit Energie geladen zeigen
sie ein Land mit einem ungeheuren Reichtum an
unberührter Natur.
Die Frage nach seiner Lieblingsregion in Norwe-
gen lässt der Künstler unbeantwortet: „Alles ist
so wunderschön, vor allem im Sommer, wenn
die Sonne die Natur mit Licht durchströmt“.
Selbst im Regen übt das Land für ihn noch eine
ungemeine Faszination aus. Zwei Orte, die ihm
landschaftlich wie malerisch besonders gefallen,
lässt er sich dennoch entlocken: die Lofoten und
den Hardangerfjord. 200 Kilometer nördlich des
Polarkreises liegen vor der Küste Norwegens die
Inseln der Lofoten im Nordmeer. Ihre Postkar-
tenidylle mit malerischen Fischerdörfern und
schneebedeckten Gipfeln fängt Höhne ebenso
ein wie die atemberaubenden Felsküsten, auf die
die Wellen des Atlantik ungebremst hereinrollen.
Den Hardangerfjord zu „portraitieren“ empfindet
Höhne gleichsam als reizvollere Aufgabe, weil er
von unvorstellbaren landschaftlichen Kontrasten
geprägt ist. Neben tiefblauem Wasser, einge-
rahmt von einer rauhen Hochgebirgsebene und
Raue Natur in unvergesslichen Farben. Hardangerfjord II,
Pastell 2008.
Das Leuchten der Abendröte wird in Norwegen zum unvergesslichen Erlebnis. Abend
am Horningsdalsee, Pastell auf orangefarbenem Fotokarton, 2002.
In Sandal nächtigt Klaus Höhne stets bei reizenden Wirtsleuten in deren his-
torischer Hütte inmitten von Bergen. Zusammen wird gegessen, geangelt und
entspannt, Sandal.
zwei kalten Gletschern leuchten im Mai und Juni
vor allem die blühenden Apfel- und Kirschbäume
in den Fjorden.
„Man kann Norwegen eigentlich nicht malen, man
muss es erleben“, ist sich Höhne sicher. Dennoch
begibt sich der Künstler immer wieder auf eine
Entdeckungsreise mit Leinwand und Farbe, um
die Schönheit und Unberührtheit des Landes auf
einzigartige Weise festzuhalten. Damit schafft
er auch für diejenigen eine bunte Bilderwelt, die
bisher nicht die Faszination Norwegens erleben
durften.
Mandy Nickel, Redaktion
Energie verbindet.
medium gas | 17. Jahrgang | 2. Ausgabe | Juli 2008
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eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
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