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MAX LIEBERMANN - kunstsalon-franke-schenk.de · Liebermann besonders nahestehenden...

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MAX LIEBERMANN KUNSTSALON FRANKE KÖLN
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Page 1: MAX LIEBERMANN - kunstsalon-franke-schenk.de · Liebermann besonders nahestehenden Familienangehö-rigen, seinen Eltern, dann seiner Frau und seiner Toch-ter. Sie sind insofern äußerlich

MAX LIEBERMANN

KUNSTSALON FRANKEKÖLN

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Max Liebermann

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Kunstsalon FrankeAm Hof 30D-5000 Köln 1Tel.: 0221- 25 65 65Fox: 0221- 25 61 36

KUNSTSALON FRANKEgegr. 1913 in Leipzig

zeigt

MAX LIEBERMANNÖlgemälde, Pastelle, Zeichnungen

inKöln

Kunstsalon Franke, Am Hof 30, 5000 Köln 1, 0221-25656519.9.–17.10.1992

ZürichGalerie Dr. Schenk, Paradeplatz/Bleicherweg 3, CH-8001 Zürich, 00411-221 0730

23.10.–21.11.1992

BerlinWannseevilla des Künstlers, Am Großen Wannsee 42, 1000 Berlin 39

28.11.–15.12.1992

Öffnungszeiten jeweils: Montag bis Freitag: 10 –18 Uhr, samstags: 10 –14 Uhr

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Hansjürgen lmiela

Als um die Jahrhundertwende offensichtlich wurde, in wie hohem Maß die Entwicklung der Malerei in Deutschland vorbildlich am Schaffen Max Liebermanns, an seinem Werdegang, den Stationen des Weiterkom-mens und der entschiedenen Durchsichtigkeit seines folgerichtigen Tuns in Erfahrung zu bringen war, erfolgte zugleich eine eindeutige Akzentverschiebung. Lieber-mann hatte an verschiedenen Orten studiert und sich verhältnismäßig bald vom Schulbetrieb an den Akade-mien ferngehalten, er hatte versucht eigene Wege zu gehen, die ihn direkter mit Lernbarem in Verbindung bringen sollten.Von Weimar aus ging er nach Paris und Barbizon und er kam, zunächst fast nebenbei, in die nördlichen Niederlande. Er meinte, München nicht umgehen zu können und kehrte l 884 nach Berlin zurück, dem er sich nicht zuletzt wegen der durch Menzel begründeten Tradition verbunden fühlte.Seit den »Gänserupferinnen« von 1872 hatte er den Beweis seiner Fähigkeit erbracht, aufgrund eines gängi-gen Bildschemas eine eigenhändige Leistung hervorzu-bringen. Er provozierte ungewollt mit der öffentlichen Ausstellung des »Jesus im Tempel« in München einen Skandal, der sich bis in den bayerischen Landtag fortsetzte. Er malte als Ergebnis seiner Erfahrungen in den Niederlanden 1881 das »Aitmännerhaus in Ams-terdam«, mit dem er sich erstmals als Anreger erwies. Künstlerkollegen hatten Respekt vor ihm, nicht nur Wil-helm Leibl, selbst solche, die als offizielle Repräsentan-ten galten, wie Franz von Lenbach in München und Anton von Werner in Berlin.In Liebermanns Schaffen gab es immer wieder Haupt-werke, die Ergebnis intensiven Studierens und dann Konzentrierens geworden sind. Liebermann hat vor den Objekten seiner Darstellungen immer wiederholt ge-zeichnet und gemalt, bis er in Anschauung von Wirk-lichkeit fähig wurde, die rechte Auswahl für die Schluß-folgerung in der für ihn endgültigen Komposition zu ziehen. Liebermann zeichnete und malte unermüdlich, aber dabei ohne Besessenheit (wenn dahinter Krampf-artiges verstanden wird). Er hatte überhaupt keinen Sinn für dekorative Schnörkel und darum blieb er vom Jugendstil unberührt.In Berlin wuchs er spätestens seit 1892, seit der Grün-dung der »Vereinigung der XI« in die Rolle hinein, stellvertretend für die Gesinnung zu stehen, die ihre Grundlagen in der Tradition von Realismus hatte (wobei die Berliner Voraussetzungen nicht vergessen bleiben sollten) und die sich zunehmend in ein zeitgenössisch bezogenes Gegenwartsverständnis wandelte.

Was Liebermann auf Grundlage der Anregungen in den Niederlanden zustandegebracht hatte, was sich unter dem Eindruck von Jozef Israels zeitweise verän-derte, hatte schon immer etwas mit Alltagserfahrung zu tun. Als das Jahrhundert zu Ende ging, durchdrangen das Sehen und Zustandebringen zunehmend andere Erfahrungen, an denen das Verständnis weiterer großer künstlerischer Vorbilder zum Ausdruck kam. Es ist für Liebermann und darüberhinaus für die Situation in Deutschland höchst aufschlußreich, daß erst jetzt Anre-gungen aus dem französischen Impressionismus herü-berwirkten. Das erstaunt bei Liebermann, denn er kannte doch Edgar Degas seit seinen Aufenthalten in Paris. Mit Degas war es vor allem Edouard Manet, dessen urban bestimmter Gegenwartsbezug das Hinse-henkönnen erweiterte.Diese Umstellung geschah ohne Abbrüche und sie vollzog sich im Zusammenhang mit Begebenheiten, die Liebermanns Stellung in der deutschen Malerei ebenso betrafen wie die Gewichtsverlagerung von München nach Berlin. Im Jahre 1898 wurde die Berliner Seces-sion gegründet. Bruno und Paul Cassirer öffneten ihren Kunstsalon. Berlin war erstaunlich schnell derjenige Ort geworden, wo es zeitgenössische Kunst zu sehen gab und wo sie dazu noch entstand. Lovis Corinth und Max Slevogt, umworben von Walter Leistikow und Max Liebermann, zog es in den unmittelbaren Wirkungskreis der Secession.Max Liebermann schrieb wenig später seinen Beitrag: »Über die Phantasie in der Malerei«, mit dem er sein Seh- und Malverständnis definierte, das nicht nur seiner eigensten Anschauung entsprach, sondern darüberhin-aus Gültigkeit hatte. Der Gegenstandsbezug schloß Gegenwart ein und beides entäußerte sich in der unverkennbar eigenständigen Art der künstlerischen Verwirklichung. Diese Fähigkeit zur Übertragung von Unmittelbarkeit, die individuell unterschieden selbst die feinsten Äußerlichkeiten des Machens, des Zustande-bringens durchdrang und belebte und damit das innere Beteiligtsein beim Tun in Erscheinung treten ließ hatte nicht zuletzt ein Umdenken gegenüber den unter sol-chen Grundvoraussetzungen entstandenen künstleri-schen Belegen zur Folge. Die Unterschiede zwischen Studie, Vorarbeit und definitiver Ausführung begannen sich aufzuheben. Viel wichtiger als der Anspruch nach der Rangordnung wurde die Frage nach den jeweiligen Darstellungsqualitäten und damit der Bereitschaft und der Fähigkeit des Betrachters, diese einzusehen.Die Schlußfassung hat nichts mit dem äußeren Format zu tun. Es gibt Hauptwerke Liebermanns von ausgespro-

chenen bescheidenen Dimensionen. Das hängt mit den Bildthemen zusammen. Selten entschloß sich Lieber-mann zu einer Steigerung wie bei den »Netzflickerin-nen«. Für ihn hatte die alte Wertskala der Gegen stände in der Malerei keine Gültigkeit mehr. Ihm war die in sich stimmige Einheitlichkeit des Erscheinungsbil-des wichtiger.Liebermann entwickelte eine Bildidee über Zeichnungen und farbigen Notizen vor der Natur. Die Kompositionen entstanden im Atelier, wo er seine Vorausarbeiten zur Verfügung hielt, um sie gelegentlich zu benutzen, wenn sie ihm in den geplanten Zusammenhang paß ten. Ihm kam es darauf an, sich nicht allzu eng an bereits vor-handene Angaben zu halten, damit die gewünschte lebendige Einheitlichkeit nicht gefährdet wurde.Manche Motive lassen sich zu Gruppen mit ähnlichen Komponenten zusammenordnen. Dazu gehören die Fassungen von »Kinderspielplatz«. Freilichtmotive mit ausgesprochen innenraumhohem Charakter. Dazu gehört ferner die »Gasse in leiden« oder Interieurs mit Arbeitsvorgängen, wie die »Tuchwalke in Florenz«. Nur eine verhältnismäßig kurze Zeit beschäftigte sich Lieber-mann mit den Konsequenzen von Farbigkeit, die die französischen Impressionisten gezogen hatten, so bei der »Schweineschlachterei«, um 1894.Die vielseitigen Anregungen, die er in den nördlichen Niederlanden empfing, haben unterschiedliche Ergeb-nisse gezeigt. Zu den lebendigsten Zeugnissen gehören die beiden bildnishaften Darstellungen der kleinen Mädchen.Besonders zahlreich sind die Zeichnungen nach den Liebermann besonders nahestehenden Familienangehö-rigen, seinen Eltern, dann seiner Frau und seiner Toch-ter. Sie sind insofern äußerlich anspruchslos, als sie, aus persönlichen Gründen verwirklicht, immer ihren sehr privaten Charakter bewahrten.Erst recht spät hat Liebermann in den neunziger Jahren in den Niederlanden Motive in Meeresnähe gesucht deren Darstellung er zuvor mied. Über die Fassungen der »Badenden Knaben« hinaus lassen sich noch an-dere Entwicklungsreihen seit der Zeit um die Jahrhun-dertwende benennen. Dazu gehören insbesondere die »Reiter am Strand«, bei denen in ähnlicher Weise die bewegte Gestalt, das hereinkommende Meer mit der Atmosphäre als Erlebniseinheit erscheinen. Zu den letzlich urban begründeten Motiven gehören die noblen Sportarten wie das »Tennisspiel«, das ebenfalls in der Nähe des Strandes angesiedelt ist und letztlich noch der »Jäger mit Hunden«.

Neben den sonstigen Zeichenmaterialien hat Lieber-mann zunehmend Pastellkreiden zur Hand gehabt. Was sich in Malereien nachweisen läßt, kehrt hier im Be-stand der Arbeiten wieder, so die »Badenden in Nord-wijk« und der »Karren des Badewärters«. Zu ganz ungewöhnlicher Farbigkeit gelangte Liebermann, als er 1902 in Amsterdam den »Papageienmann« und die »Papageienallee« malte.Nur sehr zögernd hatte er sich auf Landschaft eingelas-sen. Das hat etwas mit der Wertigkeit des Figuren bildes zu tun. »Dünen bei Nordwijk« gehören zu den frühen Beispielen. Alfred Lichtwark hat Liebermann nicht nur veranlaßt Bildnisse für die Hamburger Kunsthalle zu malen, sondern 1910 dazu noch den »Abend am Uhlenhorster Fährhaus«. Liebermann benutzte diese Gelegenheit, im engeren Bereich der Binnenalster zu zeichnen. Auf Reisen kam er 1911 und 1915 nach Rom. Er hat sich dort, eher verwirrt von der Fülle, bei den Kunstwerken umgesehen. Gemalt hat er den »Korso auf dem Monte Pincio«.Der »Garten von Nordwijk-Binnen« von 1909 mutet wie eine Vorwegnahme der umfangreichsten Werk-gruppe an, die Liebermann über zwei Jahrzehnte hin beschäftigen sollte. Er hatte ein Grundstück in Wannsee erworben, dort ein Haus bauen lassen und so stand ein Zusammenhang zur Verfügung, der sich als besonderer Glücksfall seit 1914 erweisen sollte. Die Reisen in die Niederlande waren mit Kriegsausbruch unmöglich geworden. Im Sommer hielt sich Liebermann in Wann-see auf, wo er das über die Jahre hin sich verändernde Erscheinungsbild festhielt. Von hier aus war verhältnis-mäßig leicht Nikolskoe in der Nähe der Pfaueninsel zu erreichen und der Forst Dreilinden. Von seinem Stadt-haus hatte er es nicht weit in den Tiergarten. Mit seinem Atelier am Pariser Platz verbunden sind schließlich seine Porträts, schon vor dem Krieg das Gerhart Hauptmanns und 1917 dann dasjenige von Otto Wolff. Die Be-standsaufnahmen des eigenen Erscheinungsbildes nahmen an Zahl zu. Einen Höhepunkt innerhalb der Reihe bildet das Selbstporträt, das er 1922 um die Zeit malte, als er fünfundsiebzig Jahre alt geworden war. In Wannsee hatte er um 1926 die Idee, sich und seine Familie im Gruppenbildnis darzustellen. Eine der be-kanntgewordenen Varianten des nie endgültig zustande-gekommenen Werkes zeigt Liebermann zeichnend, dazu seine Frau, seine Tochter mit dem Schwiegersohn und die Enkelin Maria Riezler. Er versammelte auf diese Art und Weise drei Generationen und er ließ an der Wand hinter ihnen einen der Offiziere aus Frans Hals St. Georgsdoelen wachen.

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Nr. 1Georg Kolbe (1877–1947) Porträtbüste Max Liebermann

Bronze1929Höhe 41 cmMonogrammiert und mit dem Gießerstempel»H. Noack, Berlin Friedenau« versehen

Provenienz:Galerie Flechtheim, Berlin/Düsseldorf ehemals Privatbesitz

Literatur:Abbildung eines anderen Abgusses in:Hans Ostwald »Das Liebermann-Buch«, 1930, auf Seite 284Georg-Kolbe-Stiftung, »Georg Kolbe zum Gedächtnis«, Berlin 1972, Seite 30 f. Ausstellungskatalog »Max Liebermann in seiner Zeit«, Berlin 1979/München 1980, Katalognummer 135, Abbildung auf Seite 378/379

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Nr. 2Netzflickerinnen

Kohlezeichnung, weiß gehöht, auf braunem Papier um 188726 x 34,5 cm signiert rechts unten

Mit der Entstehung der »Netzflickerinnen«, die im Jahr der Fertigstellung bereits von Alfred Lichtwark für die Hamburger Kunsthalle erworben wurde, verbindet sich eine komplizierte Entstehungsgeschichte seit 1887. Die Vielzahl der gezeichneten und gemalten Entwürfe belegt Stadien des Weitergelangtseins und des Voran-kommens in Richtung der großformatigen Schlußfas-sung, die von einer bislang bei Liebermann unbekann-ten Dramatik erfüllt ist.1Am Beginn stehen weiträumige Übersichten mit den am Boden hockenden Frauen, die, mit dem Ausbessern beschäftigt, entsprechend der dreieckigen Grundform der ausgelegten Netze, sich in den Tiefenraum über die Bildbreite hingestaffelt und einander mit weitem Ab-stand gegenübersitzend, verlieren. Die Gleichmäßigkeit ihres Tuns vollzieht sich, soweit das Auge reicht.Nach der Entstehung mehrerer Varianten gab es Bei-spiele, wo einige der Frauen sich erhoben haben und über die Horizontlinie hinausgestoßen sind. Damit gerieten sie zugleich an die Wirkungsintensität des Wetters. Der Wind packte sie, zerrte an ihren Kleidern und sie versuchten dem standzuhalten, indem sie ihm den Rücken zukehrten.Schließlich reduzierte Liebermann diese Bereitschaft zum Ausharren auf eine einzige Gestalt, die, ganz in den Vordergrund gerückt, stellvertretend für die Selbst-verständlichkeit des Handelns in Erscheinung tritt. Mit der vorliegenden Zeichnung hat sich Liebermann der endgültigen Version weitgehend genähert.2

Anmerkungen1 Netzflickerinnen, 1887–89. Leinwand 180,5 x 226 cm, bez.:

M. Liebermann (u.r.). Hamburger Kunsthalle. Eva Maria Krafft/Carl-Wolfgang Schümann. Katalog der Meister des 19. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle. 1969. Nr. 1580, mit Hinweisen auf das zugehörige Material.

2 Vgl. die Zeichnung nach dem gleichen Modell: Versteigerung 1990 München. Deutsche Malerei und Zeichnungen des 19. und 20 Jahrhunderts. Sothebys 31. Mai, Nr. 81.

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Nr. 3Tuchwalke in Florenz

Öl auf Leinwand189370,5 x 1 02,5 cmsigniert und datiert rechts unten

Provenienz:Paul Cassirer, Berlin Oskar Hermes, München Privatbesitz

Literatur:Gustav Pauli, »Klassiker der Kunst«, 1911, Band 19, Abbildung auf Seite 97

Leihgabe

Im Frühjahr 1893 reiste Liebermann nach Oberitalien, nach Mailand, Pavia, Bergamo und bis Florenz.Das vorliegende Bild gehört zu einer Gruppe von Werken, die als Interieurs mit Arbeitsvorgängen charak-terisiert werden kann. Sie begann 1872 mit den »Gän-serupferinnen«,1 setzte sich fort über »Konservenmache-rinnen« und »Korbflechter« 18722 die »Zimmermannswerkstatt« 1875,3 die »Schusterwerkstatt« 1881,4 die »Weber« 18825 und die »Flachsscheuer in Laren« 1877.6An der Reihe dieser Werke ließe sich der Wandel des Verständnisses einer ähnlichen Aufgabe über Jahrzehnte hin gut aufzeigen. Das betrifft die Einbindung der Handelnden in den Raum ebenso wie das Bemühen, Besonderheiten des Arbeitsvorganges sinnfällig zu machen. Dabei verschwand die Ausgangsposition bei der Genremalerei zusehends und an die Stelle des – noch so intelligent – Erzählerischen trat die Verdeut-lichung einer lebensvoll durchdrungenen Raumsituation.An das Ende dieser Reihe gehört die »Tuchwalke in Florenz«. Obwohl die einzig sichtbare Lichtquelle fast nur versteckt in Erscheinung tritt, durchdringt den Raum eine fast gleichmäßige Farbigkeit, bestehend vor allem aus Grau-Ocker-Varianten, die auf das Tun darin zu-gleich die Eigenschaft geradezu stillen, ungestörten Konzentriertseins überträgt.

Anmerkungen1 G. Pauli. M. Liebermann, S. 6.2 G. Pauli. M. Liebermann, S. 7, 8, 9, 12.3 G. Pauli. M. Liebermann, S. 25. 4 G. Pauli. M. Liebermann, S. 54, 55.5 G. Pauli. M. Liebermann, S. 59.6 G. Pauli. M. Liebermann, S 76.

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Nr. 4Stehendes Mädchen

Öl auf Karton um 189949 x 30 cmsigniert rechts oben

Die Bauernmädchen, die Max Liebermann 1899 in einem Doppelbildnis in Loren malte, gaben ihm offen-sichtlich zudem noch den Anlaß, beide einzeln darzu-stellen. Wenn es gestattet ist, in dem »Spielenden Mädchen« (Kat.-Nr. 8) die jüngere der beiden wieder-zuerkennen, darf darüberhinaus der Vorschlag gemacht werden, die vorliegende Fassung als Stehende mit der ein wenig älteren zu identifizieren. Wieder spricht die physiognomische Ähnlichkeit dafür, dazu noch die Art der Kleidung. Zweifellos verbindet beide Bildnisse engstens die Malweise und die Farbigkeit.

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Nr. 5Kinderspielplatz im Tiergarten zu Berlin

Öl auf Holz.um 188517,5 x 30,5 cmsigniert links unten

Provenienz:Paul Cassirer, BerlinSammlung Lohe, Münchenehemals Privatbesitz

Für die verschiedenen Fassungen vom »Kinderspiel-platz« werden in der Literatur wechselnde Orte angege-ben. Davon darf heute die Identifizierung mit dem Jardin du Luxembourg in Paris als ausgeschlossen gel-ten. Es bleiben der Hofgarten in München und der Tiergarten in Berlin. Trotzdem gibt es weiterhin Unsicher-heiten, weil die Varianten sich in Einzelmomenten der Darstellung überschneiden. Die jüngeren Beispiele, seit etwa 1890, dürfen noch. Berlin lokalisiert werden,1 dafür die früheren, seit 1879, noch München. Die letztgenannten stehen zudem noch mit dem »Münchner Biergarten« von 1884 in Zusammenhang.2In auffälliger Weise kommt bei der Auswahl der darge-stellten Personen ein Einzelmotiv mehrfach vor. Es han-delt sich um die beiden, einander gegenüber om Bo-den hockenden Kinder, die manchmal die Seiten wechseln. Unterschiedlich ist die Einordnung der Gestal-ten in ihre baumbestandene Umgebung. Die hochfor-matige Fassung3 mit der weißen Bestuhlung steht dem »Biergarten« am nächsten, auf dem nur das eine der beiden spielenden Kinder erscheint.Unter den querformatigen Bildern gibt es solche, bei denen die Gruppe der links auf einer Bank sitzenden Wärterinnen mit dem Kinderwagen noch vorne gezo-gen ist.4 Bei der vorliegenden Variante erscheint die Gruppe tiefer in den Raum geschoben. Hier bleibt im Vordergrund außerdem ein schmaler Bereich frei, wäh-rend bei anderen Fassungen ein Baumstamm in der Nähe steht.5 ln dem Falle überwiegt der Eindruck des Innenraumhaften, ohne eine bestimmte Wegführung, dafür belebt von der in Gelassenheit unbefangen han-delnden Personen. Nicht zuletzt trägt das Sonnenlicht, das Nahegesehenes und die Tiefe durchdringt, ent-schieden zu dem Eindruck der atmosphärischen Ge-schlossenheit bei.

Anmerkungen1 Vgl. Ausst.-Kot. 1990 Boden-Boden. M. Liebermann- Lovis Corinth.

Kunstsalon Franke, Nr. 7.2 Christian Lenz. Max Liebermann. »Münchner Biergarten«. Bayerische

Staatsgemäldesammlungen. Studio-Ausstellung 9, 1986, mit dem in Beziehung stehenden Material.

3 G. Pauli. M. Liebermann, S. 22. – Chr. Lenz. Münchner Biergarten, Abb. 19.4 I G. Pauli. M. Liebermann, S. 50. – Chr. Lenz. Münchner Biergarten,

Nr. 18. – II Versteigerung 1926 Berlin. Die Sammlung Theodor Scholl und Werke aus Hamburgischem Privatbesitz. P. Cassirer und H. Helbing. 26. Oktober, Nr. 62, Tal. XXIII.

5 I G. Pauli. M. Liebermann, S. 51. – dazu die aquarellierte Handzeichnung: Ausst. Mainz 1970. Max Liebermann als Zeichner. Gesellschaft für Bildende Kunst in Mainz, Nr. 9. – II G. Pauli. M. Liebermann, S. 52. – Katalog der Modernen Galerie Heinrich Thannhauser, München 1916, n. S. 94.

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Nr. 6Schweineschlachterei

Pastell über Öl auf Leinwandum 189439,5 x 45 cmsigniert rechts unten und »à Mr. Hessel« gewidmet

Provenienz:Hans Soraperra, Zürichversteigert am 28. März 1930 bei Bollag, Zürich, Nr. 79 mit Katalogabbildung

Ausstellung:Kunsthaus Zürich 1923, außer Katalog

Das Motiv des Schlachterladens, jedoch eines Innen-raums, hatte Liebermann bereits 1877 in Dordrecht beschäftigt.1Die vorliegende Fassung entstand um 1894 ebenfalls in den nördlichen Niederlanden. Der Blick geht über eine baumbestandene Straße auf die parallel im Bild ste-hende Fassade eines eingeschossigen Hauses. Daran hängen, unter dem rot gedeckten Vordach, drei ausge-weidete Schweine. Von rechts kommt eine Frau mit Einkaufskorb in das Bild, dahinter öffnet sich eine Straße oder ein Platz unter Bäumen, wo weitere Gestal-ten auszumachen sind. Durch die Art der Eingrenzung mutet die Komposition innenraumhaft an.Die auffällige Buntfarbigkeit – der Kontrast der Blautöne zu den Nuancen von Rot und Rosa – gibt, wie dazu noch die Oberflächenbildung, einen Hinweis auf die Entstehungszeit. Erich Hancke hat ausführlich über die Fassungen von »Schweinemarkt in Haarlem« geschrie-ben,2 über die Entstehung des Bildes von 1894 und die dabei von Liebermann versuchte Auseinandersetzung mit der Malerei der französischen Impressionisten und ihrer Farbigkeit. Nur bei Werken eines eng begrenzten Zeitraums lassen sich die gleichen Spuren verfolgen. Offenbar hat Max Liebermann auf dieses Werk großen Wert gelegt, denn er wiederholte es als Radierung.3

Anmerkungen1 Schlachterei in Dordrecht, 1877. Kunstmuseum Bern. Abb.: G. Pauli.

M. Liebermann, S. 39. – E. Hancke. M. Liebermann, S. 126. – M. Liebermann. Vierundzwanzig Faksimiledrucke. 1917, Tal. 6. – Kunst und Künstler XIV, 1916, S. 345. – Sandor Kuthy. Kunstmuseum Bern. Die Gemälde. Bern 1983, Nr. 690. – Aquarell: Nachtragswerk II zur großen Katalogausgabe, Galerie Thannhauser, München 1917, Abb. 58.

2 E. Hancke. M. Liebermann, S. 321–330.3 Schiefler 27.

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Nr. 7Martha Liebermann mit Tochter Käthe

Kohlezeichnung auf braunem Papier um 189324,6 x 33,1 cmSignaturstempel links unten

Im Jahre 1918 schrieb Julius Elias den Text zu einem Bond, dessen Titel für eine Seite im Schaffen des Künst-lers steht; Max Liebermann zu Haus. Neben Gemälden enthält er vor ollem Zeichnungen, bei denen sich das Augenblickliche der Veranlassung verbindet mit der Intimität des in tiefem Sinne Atmosphärischen. Bei seinen gemalten Bildnissen suchte Liebermann häufig den direkten Bezug zu den Dargestellten, bei den Zeichnungen überließ er sie sich selbst, beobachtete er sie, ohne allerdings in das Mit-Sich-Beschäftigtsein störend oder gor verletzend einzudringen.Am Beginn der zugehörenden Reihe von Arbeiten stehen Zeichnungen der Eltern, erheblich zahlreicher sind dann diejenigen noch seiner Frau Martha (geb. Marckwald, 1858–1943), die er im August 1884 geheiratet hatte und von ihr gemeinsam mit der 1885 geborenen Tochter Käthe (gestorben 1952).Diese Notizen weisen keine präzisierenden Daten auf. Die ungefähre Reihenfolge läßt sich aus dem Nebenein-ander der vielen, geradezu dokumentarischen Belege herstellen. Auf dem vorliegenden Blatt trägt die Tochter einen Zopf. Das äußerliche Kennzeichen kommt mehr-fach vor. Es hängt ganz offenbar mit einem Entwick-lungsstadium des Mädchens zusammen. Sie veränderte sich im Erscheinungsbild schneller als die Mutter, aber die Gegenprobe hält stand. Die Dotierung »um 1893« darf in Vorschlag gebracht werden.1

Anmerkungen1 Vgl. die Zeichnungen mit beiden Dargestellten: I Abb.: Zeitschrift für Bildende

Kunst NF 27, 1916, S. 229. – II Abb.: Rudolf Pfefferkorn. Die Berliner Secession. Berlin 1972, Abb. 53. – Käthe Liebermann allein. I Abb.: R. Klein. M. Liebermann, n. S. 64. – Die Kunst für Alle XIX, 1904, S. 166. – II Ehem. Slg. Leo Lewin, Breslau. Versteigerung 1927 Berlin. Slg. L. Lewin, Breslau. Paul Cassirer und Hugo Helbing. 12. April, Nr. 101, Taf. Llll.

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Nr. 8Spielendes Mädchen

Öl auf Holz189832 x 23,8 cmsigniert und datiert links oben

Provenienz:Bruno und Paul Cassirer, Berlin

Ausstellungen:Kunstverein Hannover No. 801

Darstellungen kleiner Kinder kommen bei Max Lieber-mann bereits ziemlich früh im Schaffen vor. Seit 1875/76 beschäftigte ihn das Thema der Kleinkinder-schule und der Geschwister.1 Kinder erscheinen auf den Spiel plätzen im Tiergarten,2 und auf »Münchner Bier-garten« oder auf dem »Schulgang in Laren«.31898 entstand im selben Ort das Bild mit zwei Bauern-mädchen vor einer grünen Böschung, zu dessen Ausar-beitung Erich Hancke meint: »…da sie auf einen Wurf vor der Natur hingeschrieben ist, jene Unmittelbarkeit der Auffassung und Handschrift besitzt, die bei Lieber-mann einen durch nichts zu ersetzenden Vorzug darstellen.«4

Bei dem rechten, jüngeren der beiden Bauernmädchen handelt es sich offenbar um das gleiche Kind, das er auf dem vorliegenden Bild spielend darstellte. Dafür spricht die Kleidung, das lange braune Kleid, ebenso wie die physiognomische Ähnlichkeit. Ungleich über-zeugender ist hier die mit ungekünstelter Anteilnahme verknüpfte Sicherheit beim Erfassen der gespannten Zuwendung des Mädchens auf einen Vorgang, wobei die Intimität des Geschehens ungestört und der Anlaß unwichtig bleibt.

Anmerkungen:1 Kleinkinderschule. Abb.: G. Pauli, M. Liebermann, S. 21, 37; E. Hancke,

M. Liebermann, S. 97, 115; Geschwister. Abb. G. Pauli, M. Liebermann, S. 23

2 Vgl. Kot.-Nr. 53 G. Pauli, M. Liebermann, S. 121; E. Hancke, M. Liebermann, S. 375.4 Zwei Bauernmädchen, 1898. Abb.: G. Pauli, M. Liebermann, S. 123;

E. Hancke, M. Liebermann, S. 381.

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Nr. 9Gasse in Leiden

Öl auf Karton um 190045,9 x 38,2 cmsigniert rechts unten

Die Identifizierung des Ortes der dargestellten Situation mit Leiden geht auf Erich Hancke zurück. Das Motiv ist von Max Liebermann für seine Komposition »Holländi-sche Gasse« (bei Erich Hancke: Gäßchen in Leiden) verwendet. Das erwähnte Bild ist allerdings tiefenräum-licher angelegt. Vorne links kommt eine Frau, rechts ist in der Hauswand eine Tür auszumachen.1Auf der vorliegenden Skizze handelt es sich um das-selbe Motiv. Dafür spricht insbesondere die rückwärtige Fassade mit den Fenstern, die den Bereich abschließt. Ein Pastell, das insgesamt gesehen der bildhaften Komposition nähersteht, bestätigt die ldentifizierung.2 Die belebenden Lichtreflexe rühren demnach von Son-nenstrahlen her, die durch das Laubwerk von Bäumen fallen.Die Zeichnung und das Gemälde sind von Ausgegli-chenheit bestimmt, zu der die Haltung der Frau im Vordergrund beiträgt. Die Skizze mutet daneben unmit-telbarer an. In dem verkürzt einbezogenen Raum sind rechts, an der Ecke der dort quer verlaufenden Gasse, zwei sich unterhaltende Frauen auszumachen, von denen aus ein weißgekleidetes Kind, offensichtlich mit weit aufgerissenem Mund, laufend nach vorne kommt. Von einem der durch die Bäume fallenden Sonnenstrah-len getroffen, bringt es ein Moment von unruhiger Lebendigkeit in die Abgeschiedenheit des intimen innenräumlichen Zustandes.Die Malweise bleibt frei von jedem Bemühen um kenn zeichnende Deutlichkeit. Das Geschehen drängt sich nicht als inhaltliches Moment auf. Die Mittel sind souve-rän verwendet, Gegenstand von Malerei, bei der die Farbigkeit mit wenigen Nuancen auskommt. Die Intensi-tät des spontan niedergeschriebenen Gefüges von Strichführung konzentriert sich in der Gestalt des Mäd-chens. Sie tritt in Verbindung mit den irritierenden Refle-xen links oben und wird dabei geradezu für die Bildwir-kung zum gleichwertigen Helligkeitseffekt – im Verhältnis zu den ruhig hingestrichenen weißen Partien an der Rückwand.

Anmerkungen1 Erich Hancke. M. Liebermann 19141 S. 539. Abb.: G. Pauli. M. Lieber-

mann, S. 131; Kunst und Künstler XV, 1917, S. 479. 2 Holländische Gasse, Pastell. Abb.: K. Scheffler. M. Liebermann 19122 ,

S. 207; Kunst und Künstler I, 1903, S. 138. – Vgl. ferner die im Atmosphäri-schen ähnliche Zeichnung »Holländische Dorfecke mit kleinen Mädchen«. Ausst.-Kat. 1979/80 Berlin/München, M. Liebermann, Nr. 251.

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Nr. 10Badende Knaben

Öl auf Karton, um 190033 x 48,2 cm, signiert links unten

Die Beschäftigung Max Liebermanns mit dem Thema der badenden Knaben kann geradezu stellvertretend für sein künstlerisches Weiterkommen stehen. Der Hinblick darauf gestattet es, Stationen einer Entwicklung zu verfolgen, an deren vorläufigem Ende ein Beitrag zu jener Erscheinungs-form von Malerei steht, die als deutscher Impressionismus charakterisiert ist.Hauptbilder lassen sich zu einer Werkreihe ordnen. Am Beginn steht die großformatige Komposition »Im Schwimm-bad«, an der Liebermann 1875–1877 arbeitete.1 Sie zeigt den Blick in einen bis zum Rand des Meeres hin offenen Schuppen. Dort sind im nahen Bildbereich zehn Knaben auszumachen, die sich aus dem Wasser auf die Plattform hochziehen, sich dort abtrocknen und in ihre Kleider schlüp-fen. Die Bewegungshaltungen sind von geradezu statuari-scher Qualität und tatsächlich sind wohl mittelbare Bezie-hungen zu antiken Skulpturen ebenso auszumachen wie zu Vorbildern aus dem Schaffen Michelangelos.Liebermann war zu dem Motiv 1875 in Zandvoort ange-regt, und er hatte die Komposition in Paris ausgeführt. Erich Hancke erinnerte sich an sie, und er erwähnt sie anläßlich des Hinweises auf die Wiederaufnahme des Themas in einer Radierung und dazu mit einigen Studien aus Bad Kösen.2 Dort gibt es zwar verwandte Bewegungshaltun-gen, aber der Handlungsraum ist erweitert. Die badenden Jungen befinden sich vorne im Wasser der Saale, andere sind am Ufer, unter Bäumen, im Begriff sich anzuziehen. Die Umgebung ist allerdings seitlich und im Hintergrund durch die dunklen Baumkulissen begrenzt.Als die während mehrere Jahre verschwundene erste Fas-sung von 1875–77 in der Mitte der zwanziger Jahre wieder auftauchte, hat Liebermann sie selbst restauriert und dabei vor allem, rechts am Ausblick das Meer, weitgehend überarbeitet. Der Hinweis darauf wäre weniger von Be-lang, wenn Liebermann, der doch so lange schon zu Aufenthalten in die nördlichen Niederlande kam, die Darstellung des Meeres für sich als Unmöglichkeit ansah. Erst 1895, als er seine Frau, auf einer Terrasse liegend, in Scheveningen malte, bezog er als Hintergrund die Wasser-oberfläche mit ein.3Im Winter 1895–96 begann die Arbeit an dem nächsten Bild mit badenden Jungen, das diese nunmehr auf einem schräg nach hinten verlaufenden Strand und links in den ankommenden Wellen zeigt.4

Liebermann malte nach Figurenstudien, die er in seinem Berliner Atelier machte. Erst 1 896 ging er dann nach Zandvoort, um an Ort und Stelle weiteres Material zu sammeln. 1898 schließlich, nach verschiedenen Änderun-gen, war das Gemälde vollendet.5Endlich muß noch eine weitere Fassung erwähnt werden, an der Liebermann im Winter 1899–1900 in Berlin auf Grundlage von Studien aus Scheveningen arbeitete.6Der wichtigste Unterschied zu den zuvor erprobten Möglich-keiten liegt in dem wieder veränderten Blickwinkel und damit der Anordnung der Gestalten. Der Blick geht unmittel-bar auf die Wasseroberfläche mit den aus den Wellen kommenden oder in sie hineinsteigenden Badenden. Diese Variante ist die von Liebermann wohl am häufigsten verwen-dete geworden. Die Jungen tragen Badehosen oder sie sind unbekleidet, während einige auf den beiden anderen Kompositionen, deren Ursprung in Holland liegt, der frühen von 1875–77 und der ersten unter Einbeziehung des Meeres, lange dunkle Hosen mit Hosenträgern anhaben. Das weist sie als Landeskinder aus. Es sind keine Bade-gäste, wie z.B. später bei den Nordwijker Strandbildern.Das vorliegende Bild gehört in den Zusammenhang der Komposition von 1896–98, obwohl die Jungen am Strand nicht nach links, sondern nach rechts ausgerichtet sind. Vielleicht ist es 1896 in Zandvoort gemalt. Dafür könnte die Art des Ausschnittes sprechen: Der obere Bildrand verläuft auf Kopfhöhe der Gestalten; die drei vorderen sind in ihrer beruhigten Haltung sehr genau eingesetzt.Anmerkungen1 Im Schwimmbad, 1875-77. Leinwand 180 x 225 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.). Privatbesitz. Lit.: E. Hancke. M. Liebermann, S. 96, 98–99; Kunst und Künstler XXIII, 1925, S. 35–36; Ausst. 1979/80 Berlin/München. M. Liebermann, Nr. 30. – 2 Badende Knaben bei Bad Kösen. Es gibt zwei Varianten: 1 Radierung 1896, Schiefler 43. Ausst. 1979/80 Berlin/München. M. Liebermann, Nr. 440; dazu die Zeichnungen: a) Kreide und Deckweiß 12 x 16 cm, bez. M. Liebermann (u.I.). Privatbesitz; b) Abb. H. Wolff. Zeichnungen von M. Liebermann, Tal. 55; c) Abb. J. Elias. Die Handzeichnungen M. Liebermanns, Tal. 17. – 2 Badende Jungen. Leinwand 45 x 54,5 cm, bez.: M. Liebermann 95 (u.I.); ehem. Sig. A. Rothermundt, Dresden-Blasewitz. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 105; dazu Zeichnungen: a) Kreide 14,4 x 18,8 cm, bez. M. Liebermann (u.I.); ehem. Sig. H. Stinnes. Ausst. 1977 Berlin. Vom kleinen Prinz zur Berliner Göre, Nr. 52; b) Abb. J. Elias. Die Zeichnungen M. Liebermanns, Taf. 35. – 3 Frau Liebermann, 1895. Leinwand 96 x 120 cm. Weimar. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 108; H. Rosenhagen. Liebermann 19001 , S. 64, Abb. 64; 19272, S. 45, Abb. 45. – 4 Badende Knaben, 1896–98. Leinwand 122 x 151 cm, bez.: M. Liebermann 98 (u.r.). München, Neue Pinakothek. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 119; H. Rosenhagen. Liebermann 19001, S. 82, Abb. 86;19272, S. 54, Abb. 54; E. Hancke. M. Liebermann, S. 353, K. Scheffler. M. Liebermann 19222 , S. 142; W. Kurth. M. Liebermann, Tal. 29; G. Busch. M. Liebermann, S. 200, Abb. 182; Die Kunst für AIle XII, 1896/97, S. 214; Kunst und Künstler XXV, 1927, S. 387; Ausst. 1979/80 Berlin/München, M. Liebermann, Nr. 72. – Zeichnungen: a) H. Wolff. Zeichnungen von M. Liebermann, Taf. 54; b) Ausst.-Kat. 1979 Vom zeichnerischen Entwurf zur Druckgraphik. Galerie Pels-Leusden, Nr. 64 a; c) Abb. H. Wolff. Zeichnungen von M. Liebermann, Taf. 52. – 5 E. Hancke. M. Liebermann, S. 325- 353. – 6 Badende Knaben, 1899/1900. Leinw. 112 x 151 cm, bez.: M. Liebermann (u.r.); ehem. Sig. A. Guttmann, Berlin. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 127; H. Rosenhagen. Liebermann 19001, S. 109, Abb. 112; 19272, S. 54, Abb. 54; Die Kunst für Alle XV, 1899/1900, S. 461; Deutsche Kunst und Dekoration XXXIX, 1916, S. 39. 24

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Nr. 11Am Strand

Bleistift auf Papierum 1905–1019,5 x 29 cmsigniert rechts unten, links unten SammlungsstempelDr. Heinrich Stinnes, Köln

Provenienz:Dr. Heinrich Stinnes, Kölnehemals Privatbesitz

Abgesehen von einigen Vorläufern, die Max Lieber-mann in Scheveningen malte, interessierte ihn das mondäne Strandleben erst, seitdem er sich 1905 für Nordwijk als Aufenthaltsort in den Sommermonaten entschieden hatte. Hier entstanden bis 1913 außer den Malereien eine Vielzahl von Niederschriften als Pastell und Zeichnung. Als charakteristisches Kennzeichen findet sich sehr häufig der Schrägverlauf des Strandes, der es Liebermann ermöglichte, die Abfolge von den im Sand spielenden Kindern, flanierenden Personen in modischen Kleidern (überwiegend sind es Frauen) und den Strandkörben lebendig zu verbinden.In manchen Zeichnungen, wie der vorliegenden, tritt das ungestüm Atmosphärische auffälliger in Erscheinung mit dem Hereinwehen des vom Meere kommenden scharfen Windes.

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Nr. 12Papageienmann im Amsterdamer Zoo

Öl auf Leinwand, 190284 x 70 cmsigniert und datiert rechts unten

Provenienz:Sammlung Henry Newman, HamburgPrivatbesitz

Literatur:Gustav Pauli, »Klassiker der Kunst«, 1911, Band 19, Abbildung Seite 140Günter Busch, M. Liebermann, Frankfurt am Main 1986, Abbildung 184, Seite 202

Leihgabe

Das Motiv des Papageienmanns beschäftigte Max Liebermann erstmals um 1881 im Amsterdamer Zoo. Er malte die Skizze eines frontal stehenden Wärters.1 Erst zwanzig Jahre später griff er auf das Motiv zurück. Am Ende der Werkreihe steht das Bild im Besitz des Folk-wang-Museums in Essen.2 Entsprechend seiner Arbeits-weise bereitete Max Liebermann ein solches Bild sorg-fältig vor. Im Besitz des Kestnermuseums in Hannover gibt es eine Zeichnung.3 Die Kunsthalle Bremen erwarb eine aquarellierte Bleistiftzeichnung.4 Demnach dachte Liebermann zunächst an eine querformatige Fassung. Sie enthält allerdings bereits wichtige Einzelheiten, wie die Stellung des Mannes links in der Komposition, dessen nach oben ausgestreckter rechter Arm und den Blick entlang der Papageienallee mit Zoobesuchern. Auf dem Aquarell in Bremen hat sich Liebermann bei der kleinformatigen Wiederholung auf demselben Blatt für das Hochformat entschieden.Die aus der Literatur bekannten vier Fassungen als Gemälde haben alle Hochformat. Am Beginn könnte das Bild in Stuttgarter Privatbesitz stehen.5 Hier fällt das unterschiedliche Standmotiv des Mannes ebenso auf wie seine Kleidung, und der Weg verläuft in anderer Weise als bei den übrigen Beispielen. Außerdem scheint es sich bei dem Modell um einen jüngeren Mann zu handeln. Der Papagei, dessen Schaukel der Wärter im Begriff ist abzunehmen, hat auf der Zeich-nung in Hannover Kopf und Balg nach unten hängend. Die weiteren Gemälde zeigen im Unterschied dazu den Papageien aufrecht sitzend, wie schon bei dem Aqua-

rell in Bremen und einer Zeichnung des Mannes in Mannheim,6 die allerdings, in der räumlichen Umge-bung knapper gefaßt, den hinteren Wegverlauf mit den Personen begrenzt zeigt. Die letztgenannte Arbeit entspricht darin eher dem Bild in Essen. Das vorlie-gende Werk zeigt den Papageienmann ebenfalls in Schrittsteilung, jedoch ausgreifender als bei der Schluß-fassung. Eine solche scheinbar belanglose Beobach-tung spricht jedoch für die nicht zu übersehende Unmit-telbarkeit. Auf der Skizze der ehemaligen Sammlung Stransky7 befindet sich der rechte der Papageien an dem Gestell in der linken Hand des Mannes oberhalb. Es handelt sich um einen weißen Kakadu. Auf einer Fassung in Aachener Privatbesitz8 bleibt der rechte, ebenfalls höher sitzende Vogel nur angedeutet; aber es handelt sich um einen buntfarbigen, wie bei dem vorlie-genden Bild um denjenigen in Essen.Erich Hancke blieb bei der Frage nach der Datierung ungenau. Während er im Text seiner Monographie eine Entstehung im Jahre 1901 nahelegt, nennt er im Kata-logteil der Ausgabe des Buches von 1914 das Jahr 1902. Ferner verweist er auf die im Frühjahr 1901 entstandenen Fassungen des gleichen Motivs von Max SIevogt, die dieser in Frankfurt am Main malte, und merkt an, daß beide Künstler sich unabhängig vonein-ander entschlossen haben.9 Liebermann zog mit seinen Bildern aus dem zoologischen Garten in Amsterdam Konsequenzen, zu denen Erich Hancke feststellte: »…daß er sich nun so schönfarbige Objekte, wie die bunten exotischen Vögel es sind, wählte, er, dem lange Zeit die Welt nicht ›assez gris‹ sein konnte.«

Anmerkungen1 Papageienmann, 1881. Abb.: E. Hancke. M. Liebermann, S. 403.2 Leinwand 102 x 72 cm, bez.: M. Liebermann (u.l.). Abb.: G. Pauli.

M. Liebermann, 141; G. Busch. M. Liebermann, Tafel 27 und S. 256; Jutta Held, Katalog der Gemälde des 19. Jahrhunderts. Essen 1971, Nr. 104.

3 Schwarze Kreide 29,9 x 37,7 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.). Hannover, Städtische Galerie, Sig. Wrede. Abb.: Lothar Brauner. Max Liebermann, Berlin 1986, Nr. 14, Ausst.-Kat. 1979/80 Berlin/München. Max Lieber-mann in seiner Zeit, Nr. 314; 1985 Baden-Baden, Deutsche Impressionisten aus dem niedersächsischen Landesmuseum in Hannover, Nr. 20.

4 Bleistift und Aquarell 31,7 x 35,7 cm, bez.: Herrn Fritz Weber zur Erinnerung an M. Liebermann (u.r.) Abb.: G. Busch M. Liebermann, S. 202; Ausst.-Kat. 1988 Mainz. Das Aquarell von Dürer bis Nay, Nr. 169.

5 Pappe 63 x 39 cm, bez.: M. Liebermann (u.r. mit Faksimilestempel) Abb.: Ausst.-Kat. 1974 Recklinghausen. Was war – was ist. 25 Jahre Ausstellun-gen der Ruhrfestspiele, Nr. 152.

6 Die Aquarelle und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts der Kunsthalle Mannheim. Band 6. Walter Stephan Laux. Salon und Secession. Zeichnun-gen und Aquarelle 1880-1918. Weinheim 1989, Nr. 93, Abb.: S. 324.

7 Leinwand 98 x 69 cm, bez.: M. Liebermann 1902 (u.r.). Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, 140; Cicerone VIII, 1916, S. 205.

8 Leinwand 85 x 65 cm, bez.: M. Liebermann (u.r.) Ausst.-Kat. 1964 Aachen. Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert.

9 E. Hancke. M. Liebermann, S. 403.

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Nr. 13 Tennisspieler am Meer

Öl auf Leinwand, doubliert 1902 70 x 100 cm signiert rechts unten

Provenienz: Geheimrat Eduard Arnhold, Berlin J. HoIzkämper, Bremen Privatbesitz, Schweiz

Ausstellungen: Kunsthalle Bremen 1954, Nr. 47a

Literatur: Gustav Pauli »Klassiker der Kunst« 1911, Band 19, Abbildung auf Seite 136

Die Veränderungen, die Max Liebermann um die Jahr-hundertwende mit seinen Bildmotiven vollzog, läßt sich wohl am besten an der Entwicklung ablesen, die die verschiedenen Fassungen der »Badenden Knaben« durchmachten.1 Die Darstellungsinhalte, die Liebermann beschäftigten, hatten immer etwas mit Gegenwartsbe-zug zu tun. Das war selbstverständlich bei den Bildnis-sen, galt aber ebenso, wenn auch modifiziert, für seine Kompositionen ländlicher Thematik. Diese, letztgenann-ten, Erfahrungs- und Interessenbereiche traten zurück, je mehr ein durch Urbanität bestimmter Hintergrund sich durchsetzte. Er hatte seine Voraussetzungen in der kurz vor der Jahrhundertwende einsetzenden Beschäftigung mit der Malerei der französischen Impressionisten, ins besondere von Edgar Degas2 und Edouard Manet. Sie fand ihren Ausdruck zum Beispiel in dem Zugriff auf elegante Sportarten, zu denen außer Reiten und Polo vor ollem Tennis gehörte. Liebermann hatte das Tennisspiel und die zugehörenden Akteure im Sommer 1902 in Scheveningen studiert. Auf der Grundlage von sehr freizügig gemalten Vorarbeiten entstanden im Atelier einige in ihrem Format annähernd gleich große Fassungen, von denen sich die eine in der Sammlung von Philipp Freudenberg3 und die vorlie-gende in der von Eduard Arnhold befand. Die in der Landesgalerie Hannover befindliche Studie sowie zwei Aquarelle zeigen bereits die Grundvoraus-setzungen für die Komposition,4 vor ollem dos in Quer-richtung verlaufende Netz mit den männlichen Spielern dahinter und den vom Rücken gesehenen weiblichen davor. Die Strandkörbe rechts verweisen zugleich auf die Nähe des im Hintergrund sichtbaren Meeres.

Anmerkungen 1 E. Hancke. M. Liebermann, S. 347–353; 382–390. 2 Max Liebermann. Edgar Degas. In: Pan 4, 1898, Heft 3, S. 193–196.

Ferner erschienen als Einzelpublikation bei Bruno Cassirer 19187. 3 G. Pauli. M. Liebermann, S. 187. 4 Tennisspieler am Meer. Pappe 30 x 46 cm. Hannover. Landesgalerie. Ludwig

Schreiner/Regine Timm. Die Gemälde des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts in der Niedersächsischen Landesgalerie Hannover. Hannover 1990, Nr. 439. – Aquarell 31 x 46 cm. Versteig. 1927 Berlin. Sammlung Leo Lewin, Breslau. Paul Cassirer und Hugo Helbing. 12. April, Nr. 108, Taf. LVIII. – Eine zweite Aquarellfassung findet sich in dem o.a. Katalog der Landesgalerie Hannover zitiert.

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Nr. 14 Frau Martha Liebermann mit Dackel

Kohlezeichnung auf Papier um 1900–1902 31 x 24 cm Signaturstempel rechts unten

Provenienz: Sammlung Bloch

In den Bestand der sehr spontan wahrgenommenen und niedergeschriebenen Bildnisse aus dem allerpersönlich-sten Kreis Max Liebermanns gehört diese Zeichnung seiner Gattin. Großzügig verwirklicht, verdichtet sich mit dem Strichgefüge von den offenen Rändern her die Beobachtung auf das beschützte Daliegen des Dackels, an dem die tiefsten Schwärzen erscheinen. Der Sessel wird als äußerste Rahmenform nur rechts angegeben. Keine Einzelheit hat den Anspruch anmelden können, einen graduellen Anspruch auf Verdeutlichung zu ha-ben. Trotzdem tat die Raschheit beim Zustandekommen dem persönlichen Beteiligtsein keinen Abbruch.

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Nr. 15Karren des Badewärters am Strand

Öl auf Holz190863 x 74,5 cmsigniert rechts unten– Die Signatur wurde wahrscheinlich während des Nationalsozialismus absichtlich verwischt –

Provenienz:Prof. Harries, KielPrivatbesitz, Berlin

Literatur:Gustav Pauli, »Klassiker der Kunst« 1911, Band 19, Abbildung auf Seite 190 Erich Hancke, 1914, aufgeführt auf Seite 544

Leihgabe

Während Liebermann seit Mitte der neunziger Jahre seine Motive, die mit dem Meer zu tun haben, zunächst in Zandvoort fand, bevorzugte er seit 1899 Schevenin-gen. Außer Badenden malte er dort Reiter am Strand und Tennisspieler (Kat.-Nr. 13). Seit 1905 hielt er sich regelmäßig in Nordwijk auf, wo die Mehrzahl seiner Strand- und Dünenbilder entstand. Den »Karren des Bademeisters« gibt es in zwei Fassungen aus dem Jahre 1908. Bei beiden fällt die kompositorische Ordnung auf. Die Zonen von Strand/Wasser und Himmel stehen im gleichen Verhältnis zueinander. Pferd und zweirädri-ger Karren sind planparallel und genau eingesetzt. Auf der einen Fassung 1 steht der Badewärter auf seinem Karren, und er überragt mit dem Oberkörper die Hori-zontlinie. Entfernt erscheint rechts die Andeutung eines Badenden. Bei dem vorliegenden Bild fällt die horizon-tale Schichtung noch stärker auf. Übereinandergelagert befinden sich der Sandstreifen, die Zone der Wasser-oberfläche und des Himmels. Die von links kommende Gestalt stabilisiert als Vertikale das Gleichgewicht gegenüber dem von der Mitte nach rechts versetzten Pferd und Wagen.

Anmerkungen1 Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 191.

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Nr. 16Karren des Badewärters

Pastell auf Papierum 190812 x 19,3 cmsigniert rechts unten

Provenienz:KarI & Faber, München, Auktion 121, Dezember 1969, Katalognummer 1072

Die Interpretation des Motivs kann wechseln. Ob es sich nun um den Karren eines Badewärters oder eines Muschelfischers handelt, die Ähnlichkeit mit den beiden Fassungen von 1908 (vgl. Kat.-Nr. 15) beruht auf dem Vorhandensein eines zweirädrigen Karrens mit dem Pferd davor.Die Pastell-Fassungen des Motivs sind weniger streng gebaut als die Malereien. Sie sind in jeder Beziehung spontaner, was die Einstellung in das Kompositionsge-füge ebenso betrifft wie die Art der Niederschrift. Die vorliegende Darstellung entstand sicher angesichts des Motivs und die Unmittelbarkeit des Zeugenerlebnisses wird spürbar, wie der Mann mit seinem Gefährt isoliert in dem weiträumigen und bewegten Element seiner Tätigkeit nachgeht.

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Nr. 17 Pferdestudie

Kohlezeichnung auf Papier um 1909 (?) 24 x 29 cm signiert rechts unten

Seit 1900 beschäftigte sich Max Liebermann mit dem Thema des Reiters am Strand im Zusammenhang seiner Sportmotive. Neben den elegant gekleideten Reitern tauchten bald aIs Variante die reitenden Pferdeknechte auf.1 Die vorliegende Zeichnung (und eine weitere, nächst verwandte und etwa gleichgroße in der Sammlung von Dr. Johannes Guthmann) zeigen möglicherweise das gleiche Pferd als Modell wie dasjenige auf der gemal-ten Fassung von 1909 (vgl. Kat.-Nr. 19).

Anmerkungen 1 E. Hancke. M. Liebermann, S. 399–402.

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Nr. 18 Garten in Nordwijk-Binnen

Öl auf Leinwand, 1909 70 x 88 cm, signiert und datiert links unten

Provenienz: Paul Cassirer; Sammlung C. Steinbart, Groß-Lichter-felde; Sammlung Frau Henry P. Newman, Hamburg Ausstellungen: Kunsthaus Zürich, Juni bis Juli 1923, Katolog-Nr. 76 mit Abbildung Tafel XXIII Literatur: Gustav Pauli, »Klassiker der Kunst, 1911« Band 19, Max Liebermann, Abbildung Seite 228 M. H. Friedländer. M. Liebermann, S. 137, Abb. 75

Die Landschaft erscheint als selbständige Aufgabe im Schaffen Max Liebermanns spät. Dabei muß allerdings die Frage nach dem Bildformat berück sichtigt werden. Es gibt seit den künstlerischen Anfängen kleinformatige Niederschriften vor der Natur und vor allem eine Viel-zahl von Zeichnungen. In den neunziger Jahren interes-sierten den Maler gelegentlich AIleen.1 Seit 1907 entstanden bei Nordwijk Ausblicke von der Düne in das Flachland.2 Im Zusammenhang des vorliegenden Werkes darf auf einige Bilder von 1901 verwiesen werden, die eine Villa in Hilversum3 und den Park von Jan Tabak4 zeigen. Vergleichbar ist die Intimität des Innenraumhaften und die Eigenschaft, daß es sich um die Darstellung von Gärten, also der von Men schen geordneten und ge-pflegten Natur handelt. Dem »Garten von Nordwijk« geht unmittelbar eine Fassung von 1908 voraus,5 der Blick auf von hellen, geschwungen verlaufenden We-gen eingefaßte Rosenfläche, darin blühende Rabatten und Kübel mit Agaven. Nahe der dunklen, abschließen-den Baumkulisse sind weiße Gartenstühle an einen runden Tisch gelehnt. Bei dem Garten von 1909 kommt die – in der Lage des Augenpunktes leicht angehobene – Schrägansicht des Motivs ebenso vor, aber einige Bäume sind gestaffelt bis in den Vordergrund gezogen. Dadurch tritt die Abfolge von verschatteten und im Sonnenlicht liegenden Partien auffälliger in Erscheinung. Der Komplementärkontrast Rot-Grün bleibt verhalten in temperierten Bereichen. Dazu tritt in der Himmelszone das Blau. Vielleicht hat sich Liebermann eines Werkes erinnert, das er längst gut kannte: Edouard Manets »Garten in Rueil« von 18826 und das der Nationalga-lerie in Berlin gehörte. Sicher beginnt mit den Bildern

aus Nordwijk die Folge jener Gartenansichten, die dann seit 1910 den Maler zunehmend beschäftigten, nachdem sein Haus in Wannsee beziehbar und der Garten angelegt war.

Anmerkungen 1 Allee in Rosenheim, 1894. Leinwand. 91 x 65 cm, bez.: M. Liebermann

(u.I.). Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 103; E. Hancke. M. Liebermann, S. 303; H. Rosenhagen. Liebermann 19272, S. 49 Abb. 49; F. Stuttmann. M. Liebermann, Abb. 33; G. Busch. M. Liebermann, S. 194, Abb. 180; Die Kunst für Alle XXII, 1906/07, S. 190. – Allee in Overveen, 1895. Lein-wand. 90 x 72 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.). Privatbesitz. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 104; E. Hancke. M. Liebermann, S. 349; F. Stuttmann. M. Liebermann, Abb. 34; G. Busch. M. Liebermann, S. 195, Taf. 23; Die Kunst für Alle XXII, 1906/07, S. 441; Kunst und Künstler XXV, 1927, S. 399; Ausst.: 1979/80 Berlin/München. M. Liebermann, Nr. 70.

2 Bei Nordwijk, 1906/07. Pappe 46 x 69 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.). Berlin, Nationolgalerie. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 169; K. Scheffler. M. Liebermann 19122, S. 159; F. Stuttmann. M. Liebermann, Abb. 50; L. Brauner. M. Liebermann Nr. 19; G. Busch. M. Liebermann, S. 223, Taf. 37; Kunst und Künstler V, 1907, S. 193. – Zeich nungen: Holländische Landschaft. Kreide. 26,5 x 33,5 cm, bez.: M. Liebermann (u.l.). Hamburger Kunsthalle, ehem. Sig. Johannes Guthman. Abb.: Carl Georg Heise. Große Zeichner des XIX. Jahrhunderts. Berlin 1959, Nr. 134. – Land-schaft bei Nordwijk. Abb.: G. Busch. M. Liebermann, S. 222, Abb. 200; – Dünenlandschaft. Kohle. 33 x 49,5 cm, bez.: M. Liebermann (u.r.). Kunstmuseum SI. Gallen. Abb.: Katalog der Zeichnun gen und Aquarelle aus dem 19. Jahrhundert, 1978, Nr. 32, S. 42. – Bei Nordwijk, 1908. Abb.: E. Hancke. M. Liebermann, S. 471. – Dünenlandschaft. Leinwand 48 x 59 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.). ehem. Sig. Os car Schmitz, Dresden. Abb.: K. Scheffler. M. Liebermann 19122, S. 158; H. Ostwald. Das Liebermann-Buch, S. 343, Abb. 173.

3 Landhaus in Hilversum, 1901. Leinwand. 65 x 80 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.). Berlin, Nationalgalerie (es handelt sich um das Anwesen der Familie Bredius). Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 130; W. Kurtz. M. Liebermann, Abb. 25; F. Stuttmann. M. Liebermann, Abb. 41; L. Brauner. M. Liebermann, Nr. 12; G. Busch. M. Liebermann, S. 197, Taf. 24; Ludwig Justi. 200 Bilder der Nationalgalerie. Berlin 1926, Nr. 118; Ausst.: 1979/80 Berlin/München, M. Liebermann, Nr. 79; – Zeichnungen: a) Holländisches Landhaus im Park. Kreide. 30 x 48 cm, bez.: M. Liebermann (u.r.). Verst.: 1927 Berlin. Sammlung Leo Lewin. P. Cassirer und H. Herling, 12. April Nr. 105, Taf. LVII. – b) Parklandschaft mit Haus. Kreide. 34,5 x 50 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.). Versteigerung wie a), Nr. 107. – c) Villa. Kreide. 29 x 38 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.). Abb.: 1917 Nachtragswerk II zur Großen Katalogausgabe 1916, Heinrich Thannhäuser, München, Abb. 68. – d) Landhaus in Hilversum. Kreide. 10,9 x 18,8 cm. Leipzig, Museum der Bil denden Künste. Abb.: L. Brauner. M. Liebermann, Nr. 12.

4 E. Hancke. M. Liebermann 19141, S. 539. – Vergl. ferner: Das Godeffroy-sche Landhaus im Hirschpark in Nienstetten, 1902. a) Pastell. 31 x 42 cm, Hambur ger Kunsthalle. Abb.: Kunst und Künstler I, 1903, S. 135; Eva-Maria Krafft und Carl-Wolfgang Schümann. Katalog der Meister des 19. Jahrhun-derts in der Hamburger Kunsthalle. Hamburg 1969, Nr. 1601, S. 186. b) Landhaus bei Hamburg. Kreide. 18,5 x 14,2 cm. Abb.: J. Elias. Die Hand-zeichnung M. Liebermanns, Taf. 40; G. Busch. M. Liebermann, Abb. 79, S. 100. –

5 Garten bei Nordwijk. Leinwand. 61 x 78 cm, bez.: M. Liebermann (u.I.) ehem. Sig Leopold Biermann, Bremen; Sig. Zitzmann, Erlangen. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 208; Kunst und Künstler VII, 1909, S. 194; Kunst und Künstler XXIII, 1925, S. 288; Verst.: 1925 Berlin. Samm lung eines süddeutschen Kunstfreundes (d.i. Zitzmann). P. Cassirer und H. Helbing, 3. März, Nr. 97a. – Zeichnung: Garten in Nordwijk. Abb. H. Wolff. Zeichnungen von M. Liebermann, Taf. 78. –

6 Edouard Manet. Gar ten in Rueil, 1882. Nationalgalerie Berlin. Verzeichnis der Gemälde und Skulpturen des 19. Jahrhunderts. Berlin 1976, S. 240–242.

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Nr. 19Junger Reiter – Pferdeknecht am Strand

Öl auf Leinwand190966 x 80 cmsigniert und datiert rechts untenErich Hancke (1914), Seite 544

Provenienz:Paul Cassirer, BerlinWerner Rolfes, Frankfurt am Main

Ausstellungen:Galerie Goldschmidt, Frankfurt, »Max Liebermann, Werke aus Frankfurter Privatbesitz«, Dezember 1927, Katalog-Nr. 36 mit Abbildung.The Johannesburg Art Gallery, Johannesburg,»Equus« April – Mai 1982, Katalog-Nr. 41

Literatur:Gustav Pauli, »Klassiker der Kunst, 1911« Band 19, Max Liebermann, Abbildung Seite 224

Die atmosphärische Einheit der »Reiter am Strand«, damit die in vieler Hinsicht greifende Erfahrung von Bewegung, hat Max Liebermann über einige Jahre hin beschäftigt. Die parallele Anordnung von Strand, Reiter und herankommenden Wellen ist überall anzutreffen und außerdem noch der verhangene Himmel, in dessen Wolken – ganz ohne Aufdringlichkeit – ähnliche Wir-kungskräfte, wie sie bei den Gestalten und dem Wasser fühlbar sind, die Erlebniseinheit mitbestimmen.Die Konzentration auf die drei Komponenten erlaubt es Liebermann, die Komposition zu den Rändern hin offen-zulassen . Nach allen Richtungen hin ist der Raum scheinbar dehnbar. Es gibt keine vordergründig sichern-den Rahmenbezüge. Trotzdem ist das Bildgeschehen verspannt in ein kaum fühlbares System von Orientie-rungshilfen. Dabei kommt den Horizontalen der Wellen-linien eine besondere Funktion zu, sichtbar an den zwei weißen, gegeneinander versetzten Parallelen.Eine solche Feststellung ist aufschlußreich angesichts der häufig zitierten und für die Grenzen des »normalen« Sehverständnisses damals erschreckend photographi-schen Aufnahmen, die Eadward Muybridge von laufen-den Menschen und Tieren gemacht hatte. Liebermann kannte solche Tatbestände zweifellos. Jedoch die bloße Einsicht in die Fehlbarkeit des menschlichen Auges, wenn es um rasche Bewegungsvorgänge geht, das Studium der Photographien, hätte dem Maler keinen entscheidenden Impuls für seine künstlerischen Bildkom-ponenten gegeben.Anscheinend hat Liebermann zu manchen Gelegenhei-ten bestimmte Modelle zur Verfügung gehabt. Der in dieser Fassung gemalte »Reitknecht« kehrt auf einem anderen, fühlbar bewußter komponierten Bild wieder1 und dort kombiniert mit einem Motiv, das sich schon zuvor an anderer Stelle nachweisen läßt.2

Anmerkungen1 Reiter am Strand. Abb.: Wilhelm F. Burr. M. Liebermann. Mainz 1910,

Abb. 33; Deutsche Kunst und Dekoration XXXIX 1916/17, S. 39.2 Pferdeknechte am Strand. Leinwand. 66 x 85 cm, bez.: M. Liebermann 1902

(u.I). ehem. Sig. J. Stern, Berlin; Eduard Arnhold, Berlin; Abb.: G. Pauli M. Liebermann, S. 133; Die Kunst für Alle XIX, 1903/04, S. 157. Vgl. ferner die Lithographie von 1910, Schiefler 112.

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Nr. 20Düne und Meer

Öl auf Leinwand190950,5 x 72,5 cmsigniert und datiert rechts unten

Provenienz:A. Sultan, BerlinPrivatbesitz, BerlinGalerie Aktuaryus, ZürichSammlung Stoll, ArIesheimPrivatbesitz, Schweiz

Ausstellungen:»Max Liebermann«, Königliche Akademie der Künste, Berlin 1917, Nr. 158»Max Liebermann«, Jüdische Gemeinde, Berlin 1936, Nr. 137 mit Abb.»Max Liebermann«, Neue Galerie, Wien 1937,Nr. 42 mit Abb.»Max Liebermann«, Galerie Aktuaryus, Zürich, Nr. 25»Max Liebermann«, Landesgalerie Hannover,Kunstverein Düsseldorf, Kunstverein Hamburg, 1954, Nr. 83»Max Liebermann«, Kunsthalle Bremen 1954, Nr. 78»Deutsche Impressionisten«, Museum zu Allerheiligen,Schaffhausen 1955, Nr. 78»Werke aus Baseler Privatbesitz«, Kunsthalle Basel1957, Nr. 213»Max Liebermann in seiner Zeit«, NationalgalerieBerlin/Haus der Kunst München, 1979/80, Kat.-Nr. 103, Abbildung auf Seite 331

Literatur:Stuttmann 1961, Seite 61, Abb. 68Katalog der Sammlung Stoll, Zürich-Stuttgart 1961,Nr. 93, Abb. 93Meißner 1974, Seite 56, Abb. 99

Leihgabe

Das Bild entstand zwar im weiteren Zusammenhang der in Nordwijk gemalten Strandbilder, unterscheidet sich aber zugleich in auffälliger Weise. Liebermann hat seinen Standpunkt nicht so bezogen, daß er schräg entlang dem Sandstrand mit den Badenden und den spielenden Kindern darauf, diesen übersehen kann, sondern er steht selbst auf einer grasbewachsenen Düne. Von dort aus überblickt er, wie das Paar im Mittelgrund, die bewegte Wasseroberfläche.Damit hat sich der Anteil der Landschaft verstärkt. Ein solcher Hinweis sollte nicht erstaunen, denn es gibt aus den langen Jahren des Schaffens zuvor keine gemalten landschaftlichen Motive, die über ein recht bescheide-nes Format hinausgegangen sind. Liebermann hat vor der Landschaft gezeichnet und da lässt sich eine Viel-zahl unterschiedlicher Bestandsaufnahmen, insbeson-dere aus den Niederlanden, aber zuvor schon aus Frankreich und später von Reisen aus Italien nachwei-sen. Langsam vollzog sich erst um 1909 ein Übergang, seit »Nordwijk-Binnen « von 1907.1 Später folgten 1913 weitere Dünenbilder.2Die Frage nach der Bedeutung der Personen im Bild braucht nicht überbetont zu werden. Es sind Gäste im Badeort, die sich das Schauspiel der Brandung anse-hen. Eine kurze Erinnerung an die »Frau mit Ziegen« von 18903 kann die Andersartigkeit des Verhältnisses von Mensch und Landschaft vielleicht verständlich machen. Der Trampelpfad die Düne hinauf hat nichts mit Mühsal zu tun, sondern steht eher als hellfarbige Diagonale im Bild, die die Komposition quert.

Anmerkungen1 G. Pauli. M. Liebermann, S. 180. 2 Frühere Beispiele für Dünenbilder: Pauli. M. Liebermann, S. 164 (Groningen.

Museum voor Stad en Lande), 168, 169, 178, 187, 203, 225. – 1913: E. Hancke. M. Liebermann, S. 547. – Vgl. ferner: Garten in Nordwijk, Pauli. M. Liebermann, S. 208 und Garten in Nordwijk-Binnen, 1989. In: Ausst.-Kat. 1990 Kunstsalon Franke, Baden-Baden. M. Liebermann – Lovis Corinth, Nr. 20.

3 Frau mit Ziegen, 1890. München. Staatsgalerie. Pauli. M. Liebermann, S. 88. – E. Hancke. M. Liebermann, S. 233. – G. Busch. M. Liebermann, S. 62–64. – B. Küster. M. Liebermann. Hamburg 1988, S. 94.

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Nr. 21Hamburg – Blick über die Binnenalster –

Kohlezeichnung auf Papier191026 x 35 cmsigniert rechts unten

Literatur:»Kunst und Künstler«, 1910, Jahrgang VIII, abgebildet auf Seite 616

Die Beziehungen Max Liebermanns zu Hamburg haben engstens etwas mit Alfred Lichtwark zu tun. Sie began-nen 1899 mit dem Ankauf der »Netzflickerinnen« (vgl. Kat.-Nr. 2) für die Kunsthalle. Im darauffolgenden Jahr entstand das erste innerstädtische Motiv, das Pastell mit der »Ansicht der Kirchenallee in St. Georg«. Licht-wark wünschte, eine alte Tradition von Hamburger Stadtansichten wiederzubeleben.1Dann war Liebermann wieder im Juli/August 1902 in Hamburg, um für die Kunsthalle das »Polospiel in Je-nischs Park« zu malen und die »Terrasse im Restaurant Jakob in Nienstetten an der Eibe«. Ferner entstanden abermals einige Pastelle.Schließlich hielt sich Liebermann noch 1909 und 1910 in Hamburg auf, da die Verwaltung der Kunsthalle ihn mit der Schaffung von »Abend am Uhlenhorster Fähr-haus« beauftragt hatte. Außer den zahlreichen Studien zu dem Bild brachte er einige Pastelle und Ansichten der Binnenalster mit.Ergänzend kommt die vorliegende Zeichnung hinzu. Das gleiche Motiv mit identischen, handschriftlichen Einzelheiten zeigt die Lithographie »Die Binnenalster in Hamburg«, die aber insgesamt im Bereich der Wasser-oberfläche und der Himmelszone stärkere Dunkelheiten aufweist.2 Es darf angenommen werden, daß die vorliegende Zeichnung für die Lithographie umgedruckt ist. Der Blick geht von einem Fenster des Palasthotels am Jungfernstieg schräg auf die Anlegestelle der Alster-schiffe. Die geschwungen verlaufende Häuserzeile wird überragt von den Türmen der Kirchen St. Jacobi, St. Petri und St. Katharinen sowie des Rathauses.

Anmerkungen1 G. Busch. M. Liebermann, S. 94–101. – Über die Beschäftigung Lieber-

manns mit Hamburger Motiven: Ausst.-Kat. 1968 Hamburg. Max Lieber-mann in Hamburg. Einführung von Carl-Wolfgang Schümann. B-A-T-Haus. – Alfred Lichtwark. Briefe an Max Liebermann. Herausgegeben von Carl Schellenberg. Hamburg 1947.

2 Max. J. Friedländer. Max Liebermanns Graphische Kunst. Arnolds Graphi-sche Bücher. Dresden 19222, Taf. 47 (Schiefler 86). – Kunst und Künstler VIII, 1910, S. 616. – Vgl. ferner das Pastell: Der Jungfernstieg in Hamburg. Ausst.-Kat.: 1988 Paris. De Dürer à Baselitz. Dessins allemonds de la Kunsthalle de Hamburg, École des Beaux-Arts, Nr. 78.

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Nr. 22 Korso auf dem Monte Pincio

Öl auf Leinwand um 1912 54,5 x 75 cmsigniert links unten

Max Liebermann war nochmals im Frühjahr 1911 und 1913 in Rom gewesen. Dort beschäftigte ihn das Thema des Korsos auf dem Monte Pincio, in Überein-stimmung mit seinem Interesse an der Darstellung urba-ner Wirklichkeit. Keines der nachweisbaren Bilder scheint inschriftlich datiert zu sein. Trotzdem wird eine Unterscheidung möglich. Auf der XXIV. Ausstellung der Berliner Secession, 1912, wurde die Fassung gezeigt, die sich später im Besitz von Carl Steinbart befand,1 und auf der im nahen Vordergrund eine von links kommende Kutsche plan-parallel in der Komposition untergebracht ist. Hinter ihr kann, nach links fahrend, eine zweite Kutsche ausge-macht werden. Zwischen den, wohl am Rand der Terrasse stehenden Bäumen wird die Kuppel der Peters-kirche sichtbar. Die gleiche Anordnung findet sich bei der zweiten Fassung und der Radierung des Motivs.2 Davon zu unterscheiden ist die hier vorliegende Version. Den vergrößerten Abstand zu der Kutsche links im Bild, deren Pferde stehen, hat der Künstler benutzt, um ein anderes Gefüge herzustellen. Der Weg wird rechts gekreuzt von einem kommenden Gefährt. In der Verkür-zung konsequenter taucht es bei einer ersten Fassung auf.3 Das vorliegende Gemälde zeigt zwei Kutschen hintereinander, die im Schrägverlauf weiterfahren. Die Kuppel der Peterskirche erscheint hier etwa in der Mitte. In jedem Fall handelt es sich um eine spätnachmittäg-liche Beleuchtung.

Anmerkungen 1 Berliner Secession 1912, Kat.-Nr. 151, Abb. – G. Pauli. M. Liebermann,

S. 238. 2 Ehem. Sig. Julius Stern. Versteigerung 1916, Berlin. Sammlung Julius Stern.

Paul Cassirer und Hugo Helbing. 22. Mai, Nr. 64. – Radierung: Schiefler 118.

3 Abb.: Kunst und Künstler XIV, 1916, S. 454.

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Nr. 23Porträt Gerhart Hauptmann

Öl auf Leinwandum 191255,1 x 45,3 cmsigniert Mitte rechts

Provenienz:Sammlung Prof. Arthur StoII, ArIesheim

Versteigerungen:1952 Bern. Graphik und Handzeichnungenmoderner Meister. Gutekunst & Klipstein. Auktion 71, 7. November, Nr. 229, Tag. 41972 Bern. Kunstwerke aus der Sammlung Arthur StoII. Kornfeld & Klipstein. 18. November, Nr. 136, Abb.

Das erste Bildnis Gerhard Hauptmanns entstand bereits 1892,1 in einer Zeit, aus der es noch wenige Porträts des Dichters gibt. Damals waren »Die Weber« gerade geschrieben. Aus dem Jahre 1897 stammt eine Bild-büste von Max Kruse.2 Lovis Corinth malte Hauptmann 1900.3 Damals gehörten er und mit ihm Walter Leisti-kow, Ludwig von Hofmann, Bernt Grönvolt und Ernst Sattler zu Gerhart Hauptmanns Freundschafts- und Rosenbund,4 einem Kreis, zu dem Max Liebermann sicherlich aus innerer Distanz keinen Zugang gefunden hätte. Im Oktober und November 1912 schaffte Lieber-mann dann die erste Fassung des Bildnisses für das Schlesische Museum für Bildende Kunst in Breslau.5 Ihm folgte im Dezember desselben Jahres die zweite Fas-sung. Sie entstand im Auftrag von Alfred Lichtwark für die Hamburger Kunsthalle.6 Hauptmann wurde damals fünfzig Jahre alt.Lichtwark hatte bereits 1889 eine »Sammlung von Bildern aus Hamburg« gegründet, innerhalb deren Bestand es eine Vielzahl von Porträts gibt, die Persön-lichkeiten darstellen, die in Hamburg geboren waren, die Verbindung mit der Stadt hatten oder Deutschland in ihrer Zeit repräsentierten. Bereits das erste Bildnis der Reihe hatte Max Liebermann gemalt, den Bürgermeister Carl Friedrich Petersen, 1891.7Da die Hamburger Fassung des Porträts von Gerhart Hauptmann weitgehend aufgrund von Studienmaterial entstand, darf das hier vorliegende Kopfbildnis in Zusammenhang des Werkes für Breslau gebracht wer-den. Eine weitere Bildnisstudie, die den Dargestellten in dem gleichen Körperausschnitt zeigt wie auf den Fas-

sungen in Breslau und Hamburg, befindet sich in Besitz des Berlin-Museums. Zu Beginn des Jahres 1913 hatte Alfred Lichtwark geschrieben: »Die beiden Hauptmann haben unsern nächsten Freunden große Freude ge-macht. Wir behalten natürlich den zweiten. Aber es war mir doch sehr lieb, sie beide hier in Muße studie-ren zu können. Ich schicke das Breslauer umgehend zurück.«8

Noch während M. Liebermann an dem Porträt arbei-tete, schrieb er am 6. November 1912: »…einen schöneren Kopf gibts kaum, wenigstens, wenn man ihn im Ensemble betrachtet, der Bau des Kopfes ist wirklich schön und ich bin überzeugt, daß sein Äußeres nicht wenig zu seinen Erfolgen beigetragen hat. Er ist der deutsche Dichter, auch weil er so aussieht. – Er ist auch liebenswürdig, aber doch zu sehr mit sich beschäftigt (vielleicht auch zu verwöhnt), um für Andere Interesse zu haben ... er ist wenig mitteilsam und beobachtet mehr als er selbst gibt.«9

Dem siebzigjährigen Max Liebermann widmete Gerhart Hauptmann einen Beitrag, der mit den »Urteilen« ande-rer 1917 in Kunst und Künstler erschien.10

Anmerkungen1 G. Hauptmann a) Pastell 1892. ehem. Sig. Fürst Liechtenstein. Abb. G.

Pauli. M. Liebermann, S. XIX; H. Ostwald. Das Liebermann-Buch, S. 245, Abb. 120. – b) Pastell, um 1892,78,8 x 59,5 cm. Berlin. Staatsbibliothek. Abb.: G. Busch. M. Liebermann, S. 67, Abb. 54; Ausst.: 1979/80 Berlin/München, M. Liebermann, Nr. 258.

2 Fritz Stahl. Max Kruse. Berlin (um 1923). Gerhart Hauptmann, 1897, Taf. V.

3 Lovis Corinth. Gerhart Hauptmann, 1900. Werkkatalog, verfaßt von Charlotte Berend Corinth, Nr. 202.

4 L. Corinth. Das Leben Walter Leistikows. Ein Stück Berliner Kulturgeschichte. Berlin 1910, S. 104.

5 G. Hauptmann. Leinw. 114 x 91 cm. Breslau, Schlesisches Museum für Bildende Kunst. Abb.: Kunst und Künstler XI, 1913, S. 179.

6 G. Hauptmann. Leinwand 118,5 x 92 cm, unbezeichnet. Hamburger Kunsthalle. Abb.: F. Stuttmann. M. Liebermann, Abb. 66; G. Meißner. M. Liebermann, Abb. 89; G. Busch. M. Liebermann, S, 71, Abb. 55; Eva-Maria Krafft und Carl-Wolfgang Schümann. Katalog der Meister des 19. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle. Hamburg 1969, Nr. 1594, S. 195.

7 Bürgermeister Carl Friedrich Petersen, 1891. Leinwand 206 x 119 cm, bez.: M. Liebermann (u.r.). Hamburger Kunsthalle. Abb.: E. M. Krafft und C.-W. Schümann. Katalog der Meister des 19. Jh., Nr. 1696, S. 184.

8 Alfred Lichtwark. Briefe an Max Liebermann. Herausgegeben von Carl Schellenberg. Hamburg 1949. Brief vom 18. Januar 1913, S. 311.

9 A. Lichtwark. Briefe an M. Liebermann, S. 307, Anm. 1.10 Kunst und Künstler XV, 1917, S. 496. Möglicherweise ist die vorliegende

Bildnisstudie die Vorlage für die Lithographie von 1922, Schiefler 355. – Vgl. ferner die Bildnislithographie von 1922, Schiefler 355.

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Nr. 24Jäger mit Hunden

Kohlezeichnung auf Papier191329 x 35 cmsigniert rechts unten

Ausstellungen:Kunsthaus Zürich, 1923, im Katalog auf Seite 11,Nummer 138

Literatur:Hans Wolff. Zeichnungen von Max Liebermann Arnolds Graphische Bücher 2. Folge Band 4,Abbildung auf Tafel 87

Im Jahre 1913 hatte Max Liebermann letztmalig Gele-genheit, in den nördlichen Niederlanden zu malen. Er wandte sich in Nordwijk u.a. einem Thema zu, das in die Reihe seiner noblen Sportmotive gehört. Jäger mit Hund in den Dünen (Trainer mit Spaniels). Bereits 1914 erwarb das Kunsthistorische Museum in Wien die endgültige Fassung des Motivs.1 Hier, wie bei den zugehörigen Varianten, bewegt sich der Mann mit der Meute nach links.2Einige Zeichnungen,3 darunter das vorliegende Blatt, zeigen denselben Mann nach rechts schreitend. Die Darstellung enthält zwei Varianten nebeneinander. Die landschaftliche Umgebung blieb ausgespart. Erich Hancke schrieb dazu: »Hauptsächlich beschäftigte Liebermann ein neuer Gegenstand, ein Trainer mit Jagdhunden, sogenannten Spaniels, den er nach vielen vorbereitenden Studien schließlich in einem ziemlich umfangreichen Bilde ausführte. Aus dieser Arbeit erga-ben sich zahlreiche Studien von Hunden in natürlicher Größe, von denen Liebermann noch einige im Winter im Atelier malte. Das vorzüglichste Ergebnis des Som-mers waren Zeichnungen, die durch Kühnheit und Einfachheit hervorragen.«4

Anmerkungen1 Trainer mit Hunden (Jäger in den Dünen), 1913. Leinwand 70 x 100 cm,

bez.: M. Liebermann 1913 (u.r.). Wien. Kunsthistorisches Museum. Abb.: Die Kunst für Alle XXXII, 1916/17, S. 407. – Klaus Demus. Katalog der Neuen Galerie in der Stallburg. Wien 1967, S. 27, Abb. 26.

2 Ehem. Sig. Max Liebermann, Abb.: E. Hancke. M. Liebermann 1914, S. 526. Karl Römpler. Der deutsche Impressionismus. Dresden 1958, Abb. 41. – Zeichnung: Licht und Schatten 4, 1914, S. 35.

3 Julius Elias. Handzeichnungen deutscher Impressionisten. Berlin o.J., Taf. XI. – Der Spiegel. Jahrbuch des Propyläen Verlages 1923, S. 11. – Variante: Julius Elias. Die Handzeichnungen M. Liebermanns, Taf. 87.

4 E. Hancke. M. Liebermann 1923, S. 490. 52

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Nr. 25Schlafender Schäferhund

Öl auf Leinwand191450,5 x 65 cmsigniert und datiert rechts unten

Ausstellungen:Kestner-Gesellschaft, Hannover 1916, »Max Liebermann«, Katalog-Nr. 41

Darstellungen von Hunden als Einzelwesen kommen anscheinend im Schaffen Liebermanns recht selten vor, trotz des gerne immer wiederholten Hinweises auf den Dackel »Männe«. Im Jahre 1913 malte er einige Bilder nach Spaniels. 1 Er hatte sich mit ihnen im Zusammen-hang des Bildes »Jäger mit Hunden« beschäftigt (vgl. Kat.-Nr. 24). 1915 folgte, anscheinend in Wann-see, die Darstellung des schlafenden Schäferhundes. Seine Existenz läßt sich außer durch das vorliegende Gemälde noch durch eine Zeichnung belegen, auf der einige Bewegungshaltungen nebeneinander festgehal-ten sind.2

Anmerkungen1 Zwei Spaniels, 1914. Abb.: Die Kunst für Alle XXXVI, 1916/17, S. 409.

– Zwei Spaniels, 1914. Versteigerung 1928 Berlin. Sammlung Dr. Alfred Ganz u.a. Paul Cassirer und Hugo Helbing. 30. Okt. Nr. 51, Abb.

2 H. Wolff. Zeichnungen von M. Liebermann, Taf. 89.

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Nr. 26 Biergarten in Nikolskoe

Pastell auf Papier 191512 x 19 cm signiert links unten

Provenienz: Stadtdirektor Heinrich Tramm, Hannover Privatbesitz

Ausstellungen: Bruno Cassirer, Berlin Ausstellung zum 80. Geburtstag des Künstlers – Achtzig Pastelle –, Nummer 55

Bei der Suche nach Motiven, die Max Liebermann beschäftigten, nachdem die Reisen in die nördlichen Niederlande seit 1914 unmöglich geworden waren, kam er auf eine Örtlichkeit, deren Wahl verständlich wurde aus der Nähe zu dem so sehr geliebten Haus und Anwesen in Wannsee, auf Nikolskoe. Es liegt oberhalb der Havel, nicht allzu weit von der Pfauen-insel, und es war wohl von dem Sommerrefugium aus gut erreichbar. Bei Nikolskoe handelte es sich um ein Etablissement zwischen Biergarten und Restaurant. Seine Entstehung verdankte es ursprünglich einmal der Tatsache, daß die älteste Tochter König Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise, Charlotte, 1817 den späteren Zaren Nikolaus geheiratet hatte. Als im Jahr darauf der preußische König St. Petersburg be-suchte, fand er sich gelegentlich in einem Blockhaus untergebracht, und da ihm dieses Ziel gefiel, wünschte er sich, ein gleiches Haus zwischen Berlin und Potsdom zu errichten, nicht zuletzt, um Tochter und Schwieger-sohn bei einem Gegenbesuch zu überraschen. 1819 war die Anlage fertig. Nikolskoe heißt Nikolauseigen. Zu dem Blockhaus kam eine Kirche, nach dem Plan von Friedrich August Stüler (1834/37). Erst allmählich entwickelte sich die Anlage zum Ausflugsziel. Der erste Leibkutscher des Königs, Iwan, hatte schon damit begon nen, einen kleinen Wirtschaftsbetrieb zu unter-halten. Solche historische Reminiszenzen sind nur er-wähnt, um damit um so deutlicher daraufhin weisen zu können, daß sie bei dem Pastell, wie bei den anderen Werken Max Liebermanns, die mit Nikolskoe zu tun haben, überhaupt keine Rolle spielen. Aus der momen-tan erfahrenen Situati on hat er die Bänke und Tische mit den dort Sitzenden und den Ausblick auf die Havel notiert, als spontane Niederschrift für die Erinnerung, als eine Vorgabe für die Beschäftigung mit einer anspruchs-volleren Lösung.

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Nr. 27Portrait Otto Wolff1881 Bonn – 1940 Köln

Öl auf Leinwand1917111 x 91 cmsigniert und datiert rechts oben

Provenienz:Otto WoIff, BerlinPrivatbesitz

Ausstellungen:»Max Liebermann« Ausstellung zum 70. Geburtstag des Künstlers, Königliche Akademie der Künste, Berlin Juli 1917, Nr. 191 mit Abbildung

Leihgabe

Zwischen den Selbstbildnissen und dem übrigen Bildnis-schaffen Max Liebermanns gibt es insofern eine Über-einstimmung, als beide Aufgaben in den ersten Jahr-zehnten des Schaffens kaum in Erscheinung traten, trotz der Portraits des Bürgermeisters Petersen und der Eltern, 1891.1 Allerdings gibt es eine Reihe gezeichneter Bildnisse. Liebermann war diese Art von Tätigkeit nicht fremd.Seit 1902, seit dem Portrait von Georg Brandes,2 erhielt Liebermann zunehmend Bildnisaufträge, wobei hier ebenfalls Alfred Lichtwark die bedeutsame Rolle zufiel, Veranlasser wichtiger, zugehörender Werke zu werden.3 Wie neben ihm nur Max Slevogt4 hat Max Liebermann das Erscheinungsbild von Persönlichkeiten seiner Zeit überliefert und auf diese Weise die Vorstel-lung von der Auswahl und dem Habitus der Zeit, die er selbst mit seinem Schaffen repräsentierte, geprägt.Otto WoIff, 1881 geboren, war über dreißig Jahre jünger als Max Liebermann, und selbst, als dieser ihn malte, sechsunddreißig Jahre alt. Er hatte, noch sehr jung, 1904 die Eisenhandlung Otto Wolff OHG in Köln gegründet, und dann gehörte er zu den wichtigs-ten Initiatoren der Vereinigten Stahlwerke. Die Energie, die Liebermann in dem Dargestellten vorfand, äußerte sich in der Art des Dasitzens zwischen Lässigkeit und gespanntem Aufmerksamsein. Die ele-gante dunkle Kleidung gehörte zu seinem Alltag. Das Antlitz trägt die Spuren von Vitalität und Intelligenz. Das Bildnis malte Liebermann als Siebzigjähriger, und es erschien, wohl nicht ohne Bedacht, im Katalog der Ausstellung zu seinem Geburtstag in der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin als das jüngste Werk mit der letzten Katalognummer – und es wurde abgebildet.

Anmerkungen1 Bürgermeister Carl Friedrich Petersen, 1891. Hamburger Kunsthalle. Eva

Maria Krafft/Carl-Wolfgang Schümann. Katalog der Meister des 19. und 20. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle, 1969, Nr. 1696. – Bildnis der Eltern, 1891; seit 1945 verschwunden. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 92. – E. Hancke. M. Liebermann. S. 341.

2 Georg Brandes, 1902. Kunsthalle Bremen. Gerhard Gerkens/Ursula Heiderich. Katalog der Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts in der Kunsthalle Bremen. Bremen 1973, S. 186, Abb. 380. – E. Hancke. M. Liebermann, S. 540.

3 G. Busch. M. Liebermann, S. 94–101.4 Hans Jürgen Imiela, Max SIevogt. Karlsruhe 1968, S. 87–102.

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Nr. 28 Reiter im Tiergarten

Öl auf Leinwand um 1920 60 x 73 cm signiert rechts unten

Provenienz: Sammlung Benno Waldmann, Breslau Privatbesitz

Nachdem es Max Liebermann durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unmöglich gemacht war, in die nördlichen Niederlande zu reisen, um dort zu zeichnen und zu malen, geriet der seinem Berliner Stadthaus nahegelegene Tiergarten in den Bereich seiner künstleri-schen Interessen. Dos war so etwas wie eine Rückkehr, ober Liebermann suchte sich doch jetzt Motive, die – anders als diejeni-gen der Arbeiten aus den neunziger Jahren – merklich gegenwartsbezogen waren. Meistens handelt es sich um Darstellungen von Spaziergängern und Passanten oder um die Darstellung einer nahebei verlaufenden Fahr straße mit ihrem Verkehr. Anscheinend sind nur wenige dieser Bilder fest dotiert, sicher setzt die Reihe gegen 1915 ein und die Fortsetzung läßt sich über die gesam ten zwanziger Jahre hin nachweisen. Reiter, wie bei dem vorliegenden Bild, kommen selten vor. Zudem fällt die Abgeschiedenheit auf, die sich mit einem leisen Anflug von Eleganz verbindet.

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Nr. 29Selbstporträt

Öl auf Leinwand192290,1 x 75,5 cmsigniert und datiert rechts unten

Provenienz:Leo Lewin, BreslauSammlung Max Glaeser, Eselsfürthehemals Privatbesitz

Ausstellungen:Kunsthaus Zürich, 1923, Nummer 102 mit Abbildunggegenüber dem Titel des Kataloges

Literatur:»Kunst und Künstler« XX, 1922, Abbildung aufSeite 334Karl Scheffler »Max Liebermann«, 1922, Abbildunggegenüber dem TitelAlfred Kuhn. Max Liebermann. Gedanken und Bilder. München 1923, n. S. 3Edmund Hausen. Die Sammlung Glaeser. In: Handund Maschine. Mitteilungsblatt der PfälzischenLandesgewerbeanstalt Kaiserslautern, 1, 1926,Nr. 6, S. 111 und 117.

Das Selbstporträt von 1922 entstand zwei Jahrzehnte nach demjenigen Werk, das für Max Liebermann möglicherweise auslösend für die weitere und zuneh-mend kontinuierlich werdende Beschäftigung mit dieser Bildaufgabe war. Die Uffizien in Florenz hatten den Wunsch geäußert, für ihre Galleria degli Autoritratti ein Zeugnis Liebermanns zu erhalten.1 Der Maler durfte darin eine Bestätigung seiner nach langen Jahren des Mißverstandenwerdens erreichten Anerkennung der Leistung für die deutsche Malerei sehen. Er stellte sich in dunklem Anzug und nach rechts gewendet sitzend dar. Erich Hancke kennzeichnete das Werk: »Dieses neue Porträt mußte zunächst überraschen, denn statt beweg-lich, geistig- und lebenssprühend, wie man den Künstler in der Vorstellung hat, zeigt es ihn ernst, beinahe abge-spannt dreinschauend. Aber auch diese Auffassung ist für ihn charakteristisch. So sieht er aus, wenn er nach

intensiver Arbeit sich in seinen Stuhl fallen läßt, oder wenn er bei ernstem Gespräch über ein schwieriges Problem nachsinnt.»2

Das Bildnis von 1922 weist ähnliche Merkmale auf. Allgemein gesehen handelt es sich um den gleichen ruhigen Ernst der Selbstbetrachtung. Zusätzlich trägt die fast frontale Haltung des Stehenden dazu bei. Der dunkelgekleidete Liebermann ist barhäuptig. Es gibt eine ganze Reihe von anderen Beispielen, die ihn in weißem Malkittel, gelegentlich mit einem Hut auf dem Kopf zeigen.Er hält in der vorgestreckten Hand einen Pinsel, als Hinweis auf die ihm verliehene Gabe, die Art und Weise, sich artikulieren zu können. Neben ihm steht auf der Staffelei eine vom Bildrand überschnittene Leinwand mit nur wenigen Spuren der Bearbeitung, aber dafür unübersehbar auf Höhe der Hand eingesetzten Signatur mit dem Entstehungsdatum . Liebermann hat nur äußerst selten in seinen Selbstbildnissen der momentanen Ver-fassung Zugang gestattet. In seinem Verholten und seinem Erscheinungsbild entspricht er damit wohl doch jener alten Forderung Leonardos, derzufolge der Maler, wenn er sich darstellt, als Zeichen der Selbständigkeit seines Tuns (gemessen an anderen künstlerischen Äuße-rungen) wohlgekleidet und in würdiger Haltung erschei-nen solle.Das Selbstporträt von 1922 wurde noch im Entste-hungsjahr in »Kunst und Künstler« veröffentlicht.3 Es spricht für die hohe Einschätzung Liebermanns, daß es dort gegenüber dem von ihm geschriebenen Beitrag »Ein Credo« steht, der letzten Auseinandersetzung mit demjenigen Phänomen, das er einmal 1904 »Die Phantasie in der Malerei« genannt hatte.4Als Liebermann dieses Selbstporträt malte, wurde er fünfundziebzig Jahre alt.

Anmerkungen1 Selbstbildnis 1902. Leinwand 87 x 70 cm, bez.: M. Liebermann (o.r.).

Prov.: A. Rothermund, Dresden; Leo Lewin, Breslau. Abb.: G. Pauli. M. Liebermann, S. 145. – E. Hancke. M. Liebermann, S. 413. – Max J. Friedländer. M. Liebermann, Berlin, o.J., S. 113. – Kunst und Künstler I, 1903, S. 153. – Vers!.: 1927 Berlin. Sammlung Leo Lewin, Breslau. Paul Cassirer und H. Helbing, 12. Apri. Nr. 14. Taf. XIII.

2 E. Hancke. M. Liebermann, S. 412–414. 3 Kunst und Künstler XX, 1922, v. S. 335. – Die neue Rundschau XV. Jahrgang

der Freien Bühne, drittes Heft, März 1904, S. 372–380.

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Nr. 30Wannseegarten (Blumenrabatte vor dem Gartenhaus)

Öl auf Leinwandum 192555 x 75 cmsigniert rechts unten

Villa und Garten in Wannsee entwickelten sich für Max Liebermann, seitdem er 1910 dort eingezogen war, zunehmend als Refugium insbesondere seit 1914. Das Gelände unter Beratung von Alfred lichtwark gegliedert und gestaltet, bot über die Jahre hin eine Vielzahl von Motiven, die bei aller Freizügigkeit gegenüber man-chen Einzelheiten doch immer genau bestimmbar blei-ben. Allzu auffällige Abweichungen erweisen sich bald als verdächtig.Der weitaus umfangreichere Teil des Gartens erstreckte und erstreckt sich noch heute zwischen der rückwärtigen Fassade des Hauses und dem Großen Wannsee. Doch läßt sich gerade aus dem schmaleren Bezirk auf der anderen, der Großen Seestraße zu gelegenen Grund-stück ebenfalls eine Vielzahl von Motiven nachweisen. Die links in dem Bild sichtbare Fassade gehört zu dem Gärtnerhaus, das seitlich vor dem Eingang zu dem Hauptgebäude steht. Dieses ist rechts hinten, unter dem Dunkelgrün der gestutzten Baumreihe kaum auszuma-chen. Die reflektierenden Scheiben eines Fensters sind gerade erkennbar.Das Augenmerk des Malers richtete sich auf die üppig entwickelten und blühenden Stauden links seitlich des Weges, der direkt auf den mittleren Eingang des Hau-ses zuführt, der hier für die Komposition aber keine Rolle spielt. Wo genauere Datierungen fehlen (wie häufig), helfen manchmal Hinweise weiter, die durch die Art der Be-pflanzung gegeben sind. Diese änderte sich wohl jährlich. Am nächsten kommt dem Stand von Stauden und Blüten ein Bild von 1922.1

Anmerkungen 1 Wannseegarten. Leinwand 76 x 100 cm; bez.: M. Liebermann (u.r.).

Verst.: 1927 Berlin. Sammlung Leo Lewin Breslau. Paul Cassirer und Hugo Helbing. 12. April 1927, Nr. 17. – Abb.: Max J. Friedländer. M. Lieber-mann, S. 203.

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Nr. 31Familie Liebermann

Öl auf Holzum 192633 x 41 cmsigniert rechts oben

Provenienz:Galerie Abels, Köln

In einem Brief an Gustav Kirstein vom 12. Oktober 1928 aus Wannsee nahm Liebermann Bezug auf ein Selbstbildnis im Kreis seiner Familie: »…das leider nie fertig geworden ist, obgleich ich nie eingehendere Studien als gerade zu diesem Bild machte.«1

In den Zusammenhang dieser Planung lassen sich zwei Gruppen von untereinander sehr ähnlichen Varianten bringen. Gemeinsam ist der Ort der Darstellung, das Kaminzimmer in der Villa Max Liebermanns in Wann-see. Es handelt sich um die gleichen Möbel und an der Rückwand hängt in der Mitte die von Liebermann 1876 in Haarlem gemalte Teilkopie nach dem Schützenstück der St. Georgsdoelen, 1627, von Frans Hals. Drei Bilder gehören offensichtlich zusammen. Die Auswahl beschränkte sich zunächst auf den vorne links sitzenden und zeichnenden Max Liebermann, der im verlorenen Profil zu sehen ist; ferner rechts, im Profil nach links gewendet sitzend, seine Gattin; dazwischen erschei-nen, etwas näher bei Liebermann, seine Tochter Käthe Riezler sowie seine Enkelin. Auf der dritten Fassung ist außerdem der Schwiegersohn, Kurt Riezler, links einge-fügt worden.Die gleiche Personenauswahl zeigen zwei weitere,2 unter sich ähnliche Kompositionen. Hier fehlen an der Rückwand die Bilder, die seitlich der Kopie nach Frans Hals hängen. Die veränderte Anordnung der Dargestell-ten zeigt links hinter und neben Liebermann stehend Kurt Riezler, dessen Frau hinter dem Tisch sitzend sichtbar wird, während die Enkelin zu ihrer Großmutter getreten ist und, mit dem rechten Oberschenkel auf der Lehne des Sessels, mit ihr gemeinsam in ein Buch sieht. Diese gleiche Zueinanderordnung beider findet sich auf einem Doppelbildnis von 1926.3Die Unterschiede zwischen beiden Fassungen sind nicht sehr beträchtlich. Auf dem Tisch steht bei dem hier vorliegenden Bild eine größere, bauchige Vase mit Blumen. Die Tochter sitzt, etwas zur Seite gerückt, etwa unter der linken Rahmenleiste der Hals-Kopie, die im Vergleich ausführlicher in den Andeutungen erscheint.Anmerkungen1 Max Liebermann. Siebzig Briefe. Herausgegeben von Franz Landsberger.

Bücher des Schocken Verlags 84, Berlin 1937, S. 77. – Zu den weiteren Varianten: I Leinwand 54 x 75 cm. Sig. Rolf Deyhle. Ausst.-Kat. Sig. R. Deyhle I. Robert Breyer und die Berliner Secession. 1992–94 Kloster Cismar, Mainz, Halle, Stuttgart. Nr. 14, Abb. S. 52. – II Slg. W. Schuller, Wertheim. – III Sig. Georg Schäfer, Schweinfurt. Lit.: Ausst.-Kat. 1990 Baden-Baden. M. Liebermann – Lovis Corinth, Kunstsalon Franke. Nr. 29.

2 Selbstbildnis im Kreis der Familie. Holz 32 x 40 cm. Bez.: M. Liebermann (o.r.). Ausst.: 1935 Düsseldorf. Gemälde alter und neuer Meister. Galerie Sturm, Nr. 132, Taf. 32.

3 Frau Martha Liebermann und Maria Riezler, 1926. Leinwand 114 x 96 cm, Bez.: M. Liebermann (o.r.). Ausst.: 1937 Wien. Max Liebermann. Neue Galerie, Nr. 49, Abb. – Versteigerung 1932 Berlin. Sammlung Max Böhm. Lepke Kat. 2058, 15. Nov. Nr. 66.

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Nr. 32 Reiter im Forst Dreilinden

Öl auf Holz 1929 44 x 33 cm signiert rechts unten

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges hinderte Max Liebermann daran, zu Sommeraufenthalten in die nördli-chen Niederlande zu fahren. Er hat dort nie mehr gemalt. Zunehmend rückten aufgrund dieser Situation zwei Bereiche in das künstlerische Interesse. Einmal handelte es sich um die Villa mit dem sie umgebenden Garten in Wannsee, wo Liebermann sich im Sommer aufhielt, während er im Winter in seinem Berliner Stadt-haus neben dem Brandenburger Tor blieb. Von hier aus hatte er es nicht weit in den unmittelbar daranliegenden Tiergarten. Von Wannsee aus war für ihn erreichbar Nikolskoe (vgl. Kat.-Nr. 26) und, jenseits des Kleinen Wannsees, der Forst Dreilinden. Die Identifizierung der letztgenann-ten Örtlichkeit ermöglicht ein Alleebild, das 1930 bei Bruno Cassirer gezeigt und in »Kunst und Künstler« abgebildet wurde.1 Ulrich Hübner hat Max Liebermann damals porträtiert, wie er, in der Landschaft sitzend, an Ort und Stelle malte.2 Auf der vorliegenden Fassung sind in einiger Entfernung zwei Reiter auszumachen. Sie stören nicht die Ruhe, bringen eher einen Zug von Vornehmheit in das herbstlich sich verändernde Erscheinungsbild.

Anmerkungen 1 Kunst und Künstler XXVIII, 1930, S. 253. – H. Oswald. Das Liebermann-

Buch, Abb. 175, S. 347.2 Kunst und Künstler XXVIII, 1930, S. 284.

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Literatur

Achenbach, Sigrid. Die Druckgraphik Max Lieber-manns. Phil. Dissertation Heidelberg 1974

Avenarius, Ferdinand. Liebermann-Mappe. Herausge-geben vom Kunstwart. München o.J (1907)

Brauner, Lothar. Max Liebermann. Berlin 1986Burr, Wilhelm. F. Max Liebermann. Mainz 1910Busch, Günther. Max Liebermann. Maler Zeichner

Graphiker. Frankfurt am Main 1986Elias, Julius. Max Liebermann. Eine Bibliographie.

Berlin 1917Elias, Julius. Die Handzeichnungen Max Liebermanns.

Berlin 1922 Friedländer, Max. J. Max Liebermanns graphische

Kunst. Dresden 1922Friedländer, Max. J. Max Liebermann. Berlin o.J (1924)Hancke, Erich. Max Liebermann. Berlin 19141; 19232

Hermann, Georg. Max Liebermann. Berlin 1903Imiela, Hans-Jürgen. Max Liebermann als Zeichner.

Nach den Beständen der Sammlung Kohl-Weigand (St. Ingbert). Mainz 1970

Klein, Rudolf. Max. Liebermann. Die Kunst, Band 55/56. Berlin 1906

Kuhn, Alfred. Max Liebermann. Gedanken und Bilder. Kleine Delphin-Kunstbücher 27. Bändchen. München 1923

Kurth, Willy. Max Liebermann. Kunst der Gegenwart III. Potsdam 1947

Liebermann, Max. XXXV Zeichnungen in Lichtdruck. Berlin MDCCClC

Liebermann, Max. 24 farbige Faksimiledrucke nach Gemälden aus der Ausstellung seiner Werke in der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin. Berlin o.J (1917)

Liebermann, Max. Siebzig Briefe. Herausgegeben von Franz Landsberger. Bücherei des Schocken Verlags/84. Berlin 1937

Lenz, Christian. Max Liebermann »Münchner Biergarten«. Bayerische Staatsgemäldesammlungen. Studio Ausstellung 9. München 1986

Leppien, Helmut R. Der zwölfjährige Jesus im Tempel von Max Liebermann. Hamburger Kunsthalle (1989)

Lichtwark, Alfred. Briefe an Max Liebermann. Herausgegeben von Carl Schellenberg. Hamburg 1947 Meißner, Günther. Max Liebermann. Wien und München 1974

Ostwald, Hans. Das Liebermann-Buch. Berlin 1930

Pauli, Gustav. Max Liebermann. Des Meisters Gemälde. Klassiker der Kunst Band 19. Leipzig 19111. 19222, reduzierte Ausgabe Rosenhagen, Hans. Liebermann. Künstler – Monographien XLV. Bielefeld und Leipzig 19001. 19272

Scheffler, Karl. Max Liebermann. München 19122

Singer, Hans W. Zeichnungen von Max Liebermann. Meister der Zeichnung zweiter Band. Leipzig 1912

Stuttmann, Ferdinand. Max Liebermann. Hannover 1961

Wagner, Anna. Max Liebermann in Holland. Nach-barn. Bad Honnef 1973

WoIff, Hans. Zeichnungen von Max Liebermann. Ar-nolds Graphische Bücher. Zweite Folge, Band 4. Dresden 1922

Ausstellungen

1907 Kunstverein Frankfurt a.M. »Max Liebermann«. Ausstellung zum sechzigsten Geburtstag des Künstlers.

1907 Kunstverein Leipzig »Max Liebermann«1911 Galerie Thannhauser, München

»Max Liebermann«1916 Galerie Paul Cassirer, Berlin

»Liebermann als Zeichner«1916 Galerie Ernst Arnhold, Dresden und Breslau

»Handzeichnungen von Max Liebermann«1916 Kestner-Gesellschaft Hannover »Max Liebermann

Gemälde-Handzeichnungen«1917 Königliche Akademie der Künste, Berlin

»Max Liebermann«, Ausstellung zum siebzigsten Geburtstag des Künstlers

1923 Moderne Galerie Thannhauser, München »Max Liebermann Bilder, Aquarelle, Pastelle«

1923 Kunsthaus Zürich »Max Liebermann«1924 Moderne Galerie Thannhauser, München »Max

Liebermann«1925 Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen,

Düsseldorf. Sonderausstellung »Max Liebermann«1926 Kunsthalle Hamburg »Max Liebermann«1927 Galerie Paul Cassirer, Berlin »275 Zeichnungen

von Max Liebermann aus Anlaß seines achtzigs-ten Geburtstages«

1927 Galerie Bruno Cossirer, Berlin »Max Lieber-mann/Achtzig Pastelle«

1927 Preussische Akademie der Künste, Berlin »Hundert Werke zum achtzigsten Geburtstag Max Liebermanns«

1927 Galerie Goldschmidt, Frankfurt a.M. »Max Liebermann – Werke aus Frankfurter Privatbesitz«

1929 Galerie Bruno Cassirer, Berlin »Bilder und Zeich-nungen von Max Liebermann«

1936 Jüdisches Museum Berlin, Gedächtnisausstellung »Max Liebermann«

1936 Neue Galerie Wien »Max Liebermann«1936 Kunsthalle Basel – Graphisches Kabinett »Max

Liebermann«1947 Hauptamt für Kunst, Ausstellungsräume des

Westens, Berlin »Max Liebermann zum hunderts-ten Geburtstag«

1947 Landesmuseum Hannover »Max Liebermann und der deutsche Impressionismus«

1948 Kunstmuseum St. Gallen »Max Liebermann«

1954 Landesgalerie Hannover, Kunstverein Hamburg, Kunstverein Düsseldorf »Max Liebermann«

1954 Kunsthalle Bremen »Max Liebermann«1955 Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen

»Liebermann – Corinth – SIevogt«1960 Badischer Kunstverein Karlsruhe

»Liebermann – Corinth – SIevogt«1970 Mainz »Max Liebermann als Zeichner«.

Nach den Beständen der Sammlung Franz-Josef Kohl-Weigand (St. Ingbert).

1979/80 Nationalgalerie Berlin – Haus der Kunst, München »Max Liebermann in seiner Zeit«.

1990 Kunstsalon Franke, Boden-Boden »Max Liebermann – Lovis Corinth«

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Impressum:

Herausgeber: Kunstsalon Franke, Am Hof 30, 5000 Köln 1 Mitglied im Rheinischen Kunsthändlerverband; Mitglied C.I.N.O.A, Verband der Internationalen Kunsthändler.

Abbildungen: Alle Bildformate sind in Höhe x Breite angegeben und verkäuflich mit Ausnahme der als Leihgaben ausgewiesenen.

Bearbeitung: Professor Dr. Hans-Jürgen Imiela

Photographien: Studio Rosenstiel, Köln

Grafisches Konzept, Layout, Herstellung: Rinc6n Partners Werbestudio, Köln

Satzarbeiten: Marion Haimel, Köln

Lithoarbeiten: HDL Repro Service, Köln

Druck: Wienand, Köln

Auflage: 5000

© Copyright 1992 Der Herausgeber und die Autoren


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