Mannheimer Geschichtsblätter
Herausgeber
Prof. Dr. Hermann Wiegand
Prof. Dr. Alfried Wieczorek
Dr. Ulrich Nieß
Editorial 25/2013 Mannheimer Geschichtsblätter
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Vorwort der Herausgeber
„Das Abenteuer des Lichts", die Fotografie, bildet in dieser Ausgabe einen Schwerpunkt, kön-nen die rem doch das zehnjährige Bestehen ihres „Forums Internationale Photographie" (FIP) feiern. Der Blick, selbst eine Funktion von Licht, richtet sich in einer Serie von Artikeln auf die Arbeit des FIP. Und er geht weiter und erfasst in den Beiträgen dieses Bandes die Bedeutung der Fotogra-fie für mannigfaltige Bereiche, etwa für die ethnologische Forschung oder die Textilkunde. Die Abenteuer des Lichts ereignen sich im Mikro- und im Makrokosmos, sie lassen das Gefie-der des Eisvogels leuchten, sie ermöglichen Abbildungen allerkleinster, dem bloßen Auge unsichtbarer Strukturen in elektronenmikroskopischen Aufnahmen, sie führen zu unersetz-baren historischen Zeugnissen oder auch zu berührenden Kunstwerken. Dank der Fotografie erweitern sich die Grenzen der Wahrnehmung und des Denkens. Eine bessere Möglichkeit des Erkennens der Fähigkeiten seiner Mitmenschen erhoffte sich Arthur Schopenhauer, als er sich gläserne, also dem Blick zugängliche Hirnschalen wünschte. Seine Zeit in der Quadratestadt würdigt einer der Beiträge aus dem Stadtarchiv Mannheim - Institut für Stadtgeschichte. Was hätte der Philosoph wohl vorgefunden, wenn er wirklich in die Köpfe von weiteren, hier beschriebenen Persönlichkeiten hätte sehen können, in den des Unternehmers Heinrich Propfe vielleicht oder den des „Mannheimer Lohengrin" Theodor Bumiller? Wahrscheinlich eine starke Vorstellungskraft verbunden mit dem Willen, die Ideen auch in die Tat umzusetzen, eine Kombination, die in der Geschichte Mannheims immer wieder eine förderliche Rolle spielte.
Viel Licht zum Lesen und einen hellen, langen, heißen Sommer!
Mannheim, im Juni 2013
Prof. Dr. Hermann Wiegand Dr. Ulrich Nieß Prof. Dr. Alfried Wieczorek
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25/2013Mannheimer Geschichtsblätter Inhalt
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Vorwort der Herausgeber 2
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MAV-Wissenschaft
Die Prinzessin und der Storch
Mathilde Grünewald
Der Unternehmer Heinrich Propfe
Sebastian Parzer
Eine Frauenfigur in Stift Neuburg:
Äbtissin Brigitte von Pfalz-Simmern
Eleonore Kopsch
Der Wirtschaftswissenschaftler Johann Heinrich Jung
als Vertreter der Aufklärung in der Kurpfalz
Gerhard Schwinge
Stephan von Stengels Heidelberg
Günther Ebersold
Rezension zu Sebastian Parzer: Die frühen Jahre von
Friedrich Engelhorn (1821-1864)
Hermann Wiegand 47
49
67
70
91
103
Der Eisvogel – Vogel des Jahres 2009
Karl Wilhelm Beichert und Matthias Feuersenger
Textile Faseranalyse an den Reiss-Engelhorn-
Museen
Sylvia Mitschke
Artur Pfau (1909-2002) – Fotograf und Zeitzeuge
Mannheims
Claude W. Sui
Das Forum Internationale Photographie am Curt-
Engelhorn-Zentrum der Reiss-Engelhorn-Museen
Mannheim feierte 2012 sein zehnjähriges Bestehen
Claude W. Sui
Miroslav Tichý – Die Stadt der Frauen
Thomas Schirmböck
Die Geburtsstunde der Fotografie
Claude W. Sui
Robert Häusser – Im Auftrag
Claude W. Sui
Uruk – 5000 Jahre Megacity
Alfried Wieczorek
Zu Gast in Mannheim – Die Medici. Menschen, Macht
und Leidenschaft
Gaëlle Rosendahl und Wilfried Rosendahl
Die Macht der Toga. Mode im Römischen Weltreich
Michael Tellenbach
„… mit Gespür für Kunst und Geschichte“ −
Karl Schneider zum 85. Geburtstag
Alfried Wieczorek, Hans-Jürgen Buderer, Michael
Tellenbach, Alexander Schubert, Susanne Wichert
und Ernst Pernicka
Impressum
ISG-Report
Die „durchsichtige Hirnschale“ – Arthur Schopen-
hauer in Mannheim
Hanspeter Rings
Kunsthalle digital
Dörte Kaufmann
„Ein alpiner Meteor am Berninahimmel“
Marion Jourdan und Ralf Rehberger
rem-Wissenschaftundremaktuell
Editorial
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144
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PersonaliaWilhelm Reiß, Alphons Stübel und das Jahr 1881
Babett Forster
Abu Makina – Der Vater der Maschine
Martin Schultz
Der Vulkan spielt auf zum Tanze
Daniel Thorpe
Abb. 1 Titelblatt des Berichtes von Daniel Schneider 1736 Siehe Anmerkung 1
Nach dem Exemplar der Martinus-Bibliothek Mainz Foto: Damian-Emanuel Moisa
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MAV-Wissenschaft25/2013Mannheimer Geschichtsblätter
Mathilde Grünewald
Am Samstag, dem 8. Januar des Jahres 1536, ver-sammelte sich eine illustre Gesellschaft in Seeheim, um Prinzessin Elisabeth von Pfalz-Simmern, Tochter des Johann II. von Pfalz-Simmern, Pfalzgraf, Herzog in Bayern und Graf von Sponheim, zur Hochzeit mit Georg, Graf zu Erbach und Herr zu Breuberg, kur-pfälzischer Groß-Hofmeister und Unter-Landvogt im Elsass, einzuholen. Die Braut stammte aus einer Nebenlinie der pfälzischen Wittelsbacher. Seeheim war das elterliche Dorf des Vaters des Bräutigams, Graf Eberhard, der die Braut, deren Brüder und Gefolge hier empfing. Am Sonntag ritt man nach Fürstenau (bei Michelstadt), von wo eine Abordnung dem Grafen und der Prinzessin entgegenzog. Der Bericht über die glanzvoll inszenierte Ver-bindung zwischen dem Erbacher Grafen und der Pfalzgrafentochter wird uns von Daniel Schneider in einem 1736 in Frankfurt/M gedruckten Bericht überliefert (Abb. 1).1 Im Schloss Fürstenau musste eine große Gesell-schaft versorgt werden. Die hochrangigen Gäste mit ihren insgesamt 374 Pferden wurden genau verzeichnet. Sie alle halfen „Frölichkeit leysten“, also feiern, und gaben dem Fest ein glänzendes Geprä-ge.2 Auch die für das leibliche Wohl unabdingbaren Männer, Koch, Keller- und Küchenmeister, die mit sieben Pferden und acht Wagenpferden ausgerü-stet waren, finden Erwähnung.
Heiratsvertrag Der Heiratsvertrag wurde schon am 11. November 1530 – Elisabeth war zehn Jahre alt – geschlossen. Auf ihn nimmt eine Urkunde über ihre großzügige Mitgift in bar Bezug, deren Text Daniel Schneider ebenfalls wiedergibt. Danach hat der pfalzgräf-liche Vater Johannes „uns (das heißt die Tochter Eli-sabeth) zu dem wolgebornen Georgen, Graven zu Erbach, unserm freundl. lieben Herrn und Gemahel zur Ehsteuer und Heyrat-Gut 6000 Gulden Reinisch in Gold verschrieben. Gegeben zu Simmern uf Don-nerstag sant Martinus des heiligen Bischofs 1530.“3 Die Braut wurde 15, der Bräutigam war 29 Jahre alt, als dann die Ehe mit der Übersiedlung des jun-gen Mädchens vollzogen werden sollte. Die Verbin-
Die Prinzessin und der StorchPfalzgrafentochter heiratet Grafen von Erbach
dung zweier Adeliger war ein Rechtsgeschäft, das durch die Urkunde von 1530 (Abb. 2) besiegelt war.4
Von einem Gottesdienst aber oder gar einer Trau-ung im modernen Sinn ist nicht die Rede, eine kirch-liche Zeremonie wird jedoch stattgefunden haben.
Die Aufzählung des großen Gefolges beider Par-teien – Herren und Fürsten, Frauenzimmer und Jungfrauen – erstreckt sich über vier Druckseiten.5 Nicht nur die vielen adeligen Gäste (Abb. 3) haben offenbar seinerzeit und noch 200 Jahre danach unseren Gewährsmann beeindruckt. Auch zwei zu diesem Anlaß gebotene Menüs wurden überliefert.6
DieFestessen–Status,Repräsentation,Symbolik
Am Montag (9. Januar) hat man die adeligen Her-ren „an sechs Tischen gespeiset“. Das Zeremoniell der Zeit erforderte unter Achtung der Würde der Tafelnden hochrangige Herren, die das Auftragen der Schüsseln überwachten und den Auftragenden zur Tafel vorangingen, an einer Anrichte oder neben dem Speisetisch die besten Stücke der einzelnen Gänge zuschnitten und den Fürsten vorlegten. Andere gossen bei Bedarf einen Trunk in einen Becher und reichten ihn zierlich zu. Wer welche Rolle ausführte, wer dem Fürsten vorkostete und vorlegte, wird zum Beispiel im burgundischen Hof-zeremoniell bis in kleinste Details geregelt7, aber auch an anderen Höfen noch lange beachtet8. Am ersten Tisch, an dem die Pfalzgrafen Johann, Wolfgang und Friedrich ihren Platz hatten, saßen insgesamt zehn Personen, ihnen schnitt Hans Bli-cker Landschadt9 vor und Philipp Kissel von Dürck-heim „ist vor dem Essen hergangen“.10 Die Zahl der Tische, an denen die Damen speisten, wurde nicht aufgeschrieben. Offensicht-lich saßen sie gesondert von den Herren, aber wohl im selben Saal. Den Dienst um den Tisch der jun-
Abb. 2 Die Heiratsurkunde aus dem Bericht Schneiders Nach dem Exemplar der Martinus-Bibliothek Mainz Foto: Damian-Emanuel Moisa
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MAV-Wissenschaft 25/2013 Mannheimer Geschichtsblätter
Die Prinzessin und der Storch
25/2013Impressum Mannheimer Geschichtsblätter
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Dr. Susanne Wichert
Prof. Dr. Alfried Wieczorek
Prof. Dr. Hermann Wiegand
Produktion
Verlag Regionalkultur,
Heidelberg – Ubstadt-Weiher
– Basel
Druck
NINO Druck GmbH
Neustadt a. d. Weinstr.
Abbildungen
© Reiss-Engelhorn-Museen
Mannheim (Fotograf Jean
Christen oder rem-Archiv),
und ISG Stadtarchiv Mann-
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oder Fotografen benannt sind.
Sollte es vorgekommen sein,
dass Rechteinhaber nicht
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konnten, bitten wir um
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betreffend, um diese in künf-
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© 2013 Mannheimer
Altertumsverein von 1859
– Gesellschaft der Freunde
Mannheims und der ehema-
ligen Kurpfalz, Reiss-Engel-
horn-Museen Mannheim
und Stadtarchiv Mannheim
- Institut für Stadtgeschichte
ISSN 0948-2784
ISBN 978-3-89735-798-3
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Buch oder Teile daraus auf
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Abbildung auf der Vorderseite:
Eierkontrolle
Fotografie von Robert Häusser
1963
Abbildung auf der Rückseite:
Orientalische Gasse in
Marrakesch, Marokko
Fotografie von Peter Thomann
1964
Mit freundlicher Genehmi-
gung des Fotografen
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wenden Sie sich bitte an das
Redaktionsteam in den rem:
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Luisa Reiblich
Reiss-Engelhorn-Museen
D 5, Museum Weltkulturen
68159 Mannheim
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Hermann Wiegand
Alfried Wieczorek
Ulrich Nieß
Inhaltliche Konzeption
Claudia Braun
Wilhelm Kreutz
Ulrich Nieß
Hermann Wiegand
Wissenschaftliche Redaktion
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Christoph Popp
Luisa Reiblich
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Jutta Hitzfeld
Graphische Gestaltung
Luisa Reiblich
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Dr. Günther Ebersold
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Eleonore Kopsch
Dipl. rest. Sylvia Mitschke
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Prof. Dr. Ernst Pernicka
Ralf Rehberger M.A.
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Dr. Gaëlle Rosendahl
Dr. Wilfried Rosendahl
Thomas Schirmböck
Dr. Alexander Schubert,
Dr. Martin Schultz
Dr. Gerhard Schwinge
Dr. Claude W. Sui
PD Dr. Michael Tellenbach
Daniel Thorpe M.A.