Gründer, Eigentümer und Ideengeber:
Sven-Oliver Pink und seine Freunde
Florian Michajlezko und Oliver Steinki
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Die Maschemit der Tasche
Ein paar Kölner Freunde erfi nden einen Schulranzen, der
zum Must-have der Kids wird. Inzwischen steuert ihre Firma
FOND OF sieben Marken. Und das ist erst der Anfang
Text: Stephan Schlote
Manche Geschäftsideen entstehen auf einer Party.
Da erzählt eine Physiotherapeutin zwei jungen Be-
triebswirten, wie viele Kinder schon mit Rückenpro-
blemen in ihre Praxis kämen. Warum, so die Frage,
gibt es keinen ergonomischen Schulranzen, kon-
struiert wie ein guter Trekkingrucksack? Wenig später lernen die
beiden einen ehemaligen Produktmanager der Outdoormarke Jack
Wolfskin kennen, Fachgebiet: Rucksäcke. Die Idee steht, zwei weitere
Freunde stoßen dazu. Sven, Flo, Juliaan und Oli – das Jungunterneh-
merteam ist gegründet. Auch das Bundeswirtschaftsministerium mag
Konzept und Gründer, unterstützt das Team mit einem einjährigen
Stipendium. Schnell sind die ersten 6000 Rucksäcke verkauft. Da sind
die Gründer gerade mal Ende 20. Vom Start weg ist der Fachhandel
begeistert von dem neuen Produkt. Einige ordern, bevor sie den ersten
Prototyp überhaupt gesehen haben. Innerhalb eines Jahres hat sich
das Verkaufsvolumen verdreifacht. Die neuen ergonomischen Schul-
ranzen von der Marke ergobag entwickeln sich zum Must-have für
Schüler aller Altersgruppen. Heute, kein Jahrzehnt nach Markteintritt,
verkauft das Kölner Start-up FOND OF in 35 Ländern weltweit über
eine halbe Million Ranzen, Rucksäcke und Taschen jeder Art. Mit sechs
Taschenmarken, aufgefächert nach den jeweiligen Zielgruppen vom
Vorschulalter bis zum Berufseinsteiger, gehört das Unternehmen zu
den fünf größten der Branche. Gerade kommt ein Fashionlabel dazu.
Die Gründer besitzen ihren Betrieb zu 100 Prozent, auch das keine
Selbstverständlichkeit. Prognose für das Geschäftsjahr 2018/19: zwei-
stelliges Wachstum. FO
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Andere heben da ab, die Kölner bleiben auf dem
Boden. „Das ist eigentlich normales Business, keine Raketenwissen-
schaft“, sagt Co-Gründer Oliver Steinki. Doch er und seine beiden
Freunde Florian Michajlezko und Sven-Oliver Pink haben das schein-
bar ganz normale Business recht gut verstanden. Und so lassen sich
ein paar ziemlich handfeste Erfolgsfaktoren für den geradezu lehr-
buchhaften Aufstieg dieses Unternehmens benennen.
Produkt: hohe Qualität, jährlich neue Modelle, ergonomisches
Konzept, zielgruppengerechtes Design. „Jede Tasche muss einen USP
bieten“, sagt Steinki, etwa individuelle Sticker, sogenannte Kletties.
Bei den Kids ist das Kult, es gibt sogar regelrechte Tauschbörsen.
Der meiste Umsatz entsteht analog
Multi-Markenstrategie: Die Kölner bieten inzwischen Taschen vom
Vorschulalter bis ins junge Erwachsenenleben. Unter einer Mar-
ke funktioniert das nicht. Deshalb ist jede Altersgruppe eine völlig
eigene Zielgruppe – und bekommt dafür eine eigene Marke. Die heißt
etwa Affenzahn für Klein- und Vorschulkinder, ergobag und satch für
Schüler, AEVOR und pinqponq für junge Erwachsene. Die Business-
marke SALZEN wendet sich an die Digital Natives, und mit FUNKTION
SCHNITT kommt gerade die erste Fashionmarke außerhalb des Ruck-
sack- und Taschenmarktes ins Portfolio.
Vertriebskanäle: junge Gründer, junge Zielgruppe, Vertrieb nur on-
line – würde man denken. Leider falsch. Ein paar Kollegen pfl egen die
Infl uencer im Netz, doch das Gros der Umsätze läuft analog: Über 80
Prozent verkauft der klassische Einzelhandel. Weltweit sind das 5000
Points of Sale, 2000 davon in Deutschland. Der Kauf eines Schulranzens
ist beratungsintensiv, für viele ein regelrechtes Familienevent. „Den Kids
muss es gefallen“, sagt Steinki, „doch die Mütter entscheiden zumeist.“
Nachhaltigkeit: Fast alle Taschen sind aus Recyclingmaterialien ge-
näht, 51 ausgediente PET-Flaschen liefern das Garn für ein ergobag-Ruck-
sackset. Die gesamte Wertschöpfungskette von der Fabrik in Vietnam bis
zum Point of Sale ist nach sozialen und ökologischen Kriterien zertifi ziert,
das Unternehmen gibt einen eigenen Nachhaltigkeitsbericht heraus. Ver-
gleichbares leisten sich sonst nur die Großen. Auf der Website ist jeder
Lieferant in Vietnam und China namentlich genannt und beschrieben,
sogar der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Näherinnen wird aus-
gewiesen. Gerade mal etwa fünf Prozent vom Umsatz investieren die
Kölner in Werbung und Image. „Wir sind nicht marketinggetrieben“,
sagt Steinki, „wir denken vom Produkt.“ Und das heißt: zielgruppen-
spezifi sche Marken aufbauen, glaubwürdig sein.
Eigentlich ist das immer der richtige Weg, es wird nur gerne mal
vergessen. Auch deshalb haben die FOND-OF-Macher für ihre unter-
nehmerische Performance inzwischen zahlreiche Preise erhalten:
den deutschen Marken-Award etwa, den Deutschen Gründerpreis,
den Deutschen Nachhaltigkeitspreis oder den Red Dot Design Award.
Sieben Marken in neun Jahren, und das ist nicht das Ende. Klingt
anstrengend, doch Oli sitzt entspannt im Ohrensessel seines Büros, T-
Shirt statt Sakko. „Wir haben zum Glück immer gute Leute bekommen“,
sagt er. Jede Marke wird wie eine Tochter von einem Manager mit eige-
nem Team geführt. Das Ziel: am und nicht im Unternehmen arbeiten.
Abgeben können ist deshalb ein weiterer Erfolgsbaustein, genauso wie
Die neue Zentrale The Ship im Kölner Stadtteil Ehrenfeld steht erst im Rohbau. Das Ziel: Sie soll das digitalste Bürogebäude Deutschlands werden. Eine halbe Million Taschen verkauft FOND OF im Jahr – zum überwiegenden Teil über den klassischen Einzelhandel
Video
Video: Innovation Wie FOND OF neue Ideen für Taschen entwickeltresults.db.com/videos.html
„Wir denken vom Produkt und nicht vom Marketing“
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kluges Recruiting – etwa wenn man es als Start-up schafft, langjährige
Führungskräfte von Amazon, Nike oder Asics an sich zu binden. FOND
OF versteht sich als „Plattform für Entwicklung, Potenzialentfaltung
und persönliches Wachstum“. Das Durchschnittsalter liegt bei 34, Du-
zen ist selbstverständlich. Das Betriebsklima hat etwas Spielerisches,
die Firma nennt es „playful performance“. Das Positive steckt schon im
Firmennamen: FOND OF, das heißt so viel wie „von etwas begeistert sein“.
Lediglich eine einstellige Anzahl Mitarbeiter sind seit Gründung wieder
freiwillig gegangen, beim Bewertungsportal kununu erhält FOND OF
meist ziemlich gute Noten.
1000 Mitarbeiter sind das Ziel
Begeisterung tagtäglich, immer hellwach? „Die Gründerdynamik zu
halten“, sagt Co-Gründer Sven-Oliver Pink, „ist unsere größte Heraus-
forderung.“ Erklärtes Ziel: „Im Kopf immer Start-up, egal wie groß wir
werden.“ Alle sechs Wochen wird auf einem Teamabend informiert und
heftig diskutiert, einmal im Jahr eine Reise, mitunter geht es sogar auf
ein Segelschiff vor Korsika.
Ein ganz anderes Schiff entsteht derweil nur wenige Kilometer ent-
fernt. Im Kölner Stadtteil Ehrenfeld wird in diesen Wochen der Rohbau für
den neuen siebengeschossigen Bürokomplex The Ship fertiggestellt, der
das digitalste Bürogebäude Deutschlands werden soll. Er ist ein Traum für
Technologiefreaks. Die Haustechnik erkennt die Anzahl der Menschen in
einem Raum, steuert Licht und Klima automatisch. Schlüssel oder Licht-
schalter? Braucht man nicht. Eine App lotst Besucher automatisch zum
richtigen Gesprächspartner, Mitarbeiter sehen am Smartphone die ak-
tuelle Belegungsdichte von Kantine und Fitnessstudio. Vor allem aber
soll das Schiff Menschen mit Ideen anziehen.
Es ist die bisher größte Einzelinvestition des Unternehmens, und
das stemmt auch ein Erfolgs-Start-up nicht mal eben so. Die Deutsche
Bank hat geholfen, von der landeseigenen Förderbank ein besonders
fl exibles Darlehen zu erhalten. Seit Jahren fi nanziert die Bank als
Hausbank das Wachstum, bei Start-ups keine Selbstverständlichkeit.
Die Bank begleitet die Internationalisierung, fi nanziert das Working
Capital entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Südostasien
bis zum Point of Sale. „FOND OF ist in einer Größenordnung, in der sie
das gesamte Portfolio einer global aufgestellten Hausbank abrufen
können“, sagt der zuständige Berater.
Wie geht es weiter? Rund 250 Mitarbeiter beschäftigen die drei
Gründer heute, 1000 „gute Arbeitsplätze“, so Steinki, sollen es einmal
sein. Dafür gibt es keine Milestones, aber Ehrgeiz: „Gefühlt schalten
wir gerade erst in den zweiten Gang“, sagt er. Die Taschenmarke AEVOR
wird vielleicht einmal so erfolgreich wie Eastpak, Affenzahn kommt
gerade mit Kinderschuhen auf den Markt. Und warum nicht irgend-
wann auch Sneaker? FOND OF BAGS hieß das Unternehmen bis vor zwei
Jahren, die „Bags“ im Namen sind entfallen. Alles ist möglich, selbst
ein Elektroauto wäre denkbar – theoretisch zumindest. „Wir wollen
noch weitere Marken aufbauen“, sagt Steinki. In Euskirchen entsteht
gerade ein eigenes Logistikzentrum, Bestellung bis 16 Uhr, Lieferung
am nächsten Tag. Und falls es doch mal zu ruhig werden sollte, haben
sich die Gründer an sieben weiteren Start-ups beteiligt. Denn eins ist
klar: Nur sieben Marken, das wäre dann doch ein wenig langweilig. FO
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Entwickelt wird in Köln (unten), genäht in Fernost: Auf der Website ist jeder Lieferant namentlich genannt und beschrieben
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