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Sonntag, 01. Mai 2016 (20:05-21:00 Uhr) KW 17
Deutschlandfunk – Abt. Feature/ Hörspiel/ Hintergrund Kultur
FREISTIL
Kunst Inklusiv
Das Projekt KAT 18 in Köln
Von Ulrike Klausmann
Regie: Anna Panknin
Redaktion: Klaus Pilger
Produktion: DLF 2016
M a n u s k r i p t
Urheberrechtlicher Hinweis
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©
- ggf. unkorrigiertes Exemplar –
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ATMO Klangperformance Geisterbahn - Probe
Sprecher
Kunst Inklusiv Das Projekt KAT 18 in Köln
Feature von Ulrike Klausmann
Atmo
(unter Sprecherin leise weiter)
Sprecherin Proben für eine Klangperformance. Die Spieler bewegen sich wie Geister
durch das Kellergewölbe. Ihre Körper werfen bizarre Schatten an die Wand.
O-Ton Nastja Sittig
Okay, sollen wir noch mal üben?
Sprecherin Nastja Sittig arbeitet im Team vom Kölner Kunsthaus Kat 18.
O-Ton Nastja Sittig Ihr werdet dann ja auch alle Kostüme tragen
(Gruselsounds)
O-Ton Nico Randel Wie wär's mit einem Wolfsgeheul? Gute Idee? So: Uhuuuuu
O-Ton Nastja Sittig
Super Idee Nico
Sprecherin Die Performance soll im Bonner Kunstmuseum stattfinden.
Atmo
Gruselsound Geisterbahn
Sprecherin Anlässlich einer Ausstellung für Kinder: Geisterbahn von Tanja Geiß.
Atmo
Gruselsound Geisterbahn
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O-Ton Jutta Pöstges Tanja Geiß ist eine Künstlerin, die schon etwa 15 Jahre bei uns arbeitet
und die eine sehr reiche Phantasie hat und jederzeit Geschichten erfindet, die so reichhaltig und überbordend sind.
O-Ton Tanja Geiß
Jutta Pöstges ist eine attraktive Frau und ne nette Gruppenleiterin, die viel
mit uns macht, also die uns Aufgaben gibt, was wir zeichnen sollen, ob wir Teller bemalen müssen oder so Bilder malen für ne Ausstellung oder
andere tolle Sachen vor haben wie oder Ausflüge machen oder ins Museum gehen oder so was.
O-Ton Jutta Pöstges
Sie ist sehr vielseitig in ihrem technischen Repertoire und auch in ihren Darstellungsmöglichkeiten.
O-Ton Tanja Geiß
Das ist so meine Eigenschaft. Ich hab damals gehört, dass mein Vater ein guter Künstler war und meine Mutter, und dann war mein Vater nur noch
Biertrinker und Raucher, und dann hab ich das gehabt, dass ich das anfangen konnte und dann auch selber schon was gemacht hab und
später natürlich immer zu Hause und dann auch hier.
Atmo Straße, Karthäuser Wall
Sprecherin
Das Kunsthaus liegt im Karthäuser Wall 18 in der Kölner Südstadt.
O-Ton Andreas Maus Da war mal hier ‘ne Brauerei gewesen. Der Keller unten. Da waren die
Bierfässer. Aber das ist jetzt alles nicht mehr.
Sprecherin Der Komplex stand lange leer, bis 1980 Hausbesetzer dort einzogen. In
den 90er Jahren wurde er saniert.
O-Ton Jutta Pöstges Es ist ja diese alte historische Substanz, so rote Ziegel von außen, so ein
klassisches Industriegebäude, Ende des 19. Jahrhunderts errichtet, Sprossenfenster, Rundbogensprossenfenster und es ist in den 90ern dann
mit sehr grobem Sichtbeton im inneren Bereich ergänzt worden und hat außen solche Anbauten und Aufbauten, die sehr experimentell aussehen,
so kleine Häuschen, so Schetthäuschen, die von oben abgesetzt aussehen, große Dachterrassen, die begrünt sind. Und es sieht irgendwie sehr
lebendig und kreativ aus.
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Sprecherin In den Sozialwohnungen, die hier entstanden sind, leben zum Teil noch
die ehemaligen Hausbesetzer und ihre inzwischen erwachsenen Kinder. Die Räume im Vorderhaus und die Kellergewölbe wurden für
soziokulturelle Zwecke zur Verfügung gestellt. Hier zog 2014 das Projekt "Allerhand" ein. Und heißt seitdem "Kunsthaus KAT 18."
O-Ton Nico Randel Kat 18 das ist eine Arbeitsstelle für behinderte und nichtbehinderte
Menschen, wo die Leute auf der Straße hier rein dürfen und kaufen können und da gibt es auch ne Kaffeebar, wo man sich stärken kann und
Kaffee bekommen kann.
Sprecherin Von der Straße aus sieht man durch die großen Fenster das Café mit
einem extrem langen Tisch. Grau gestrichene Stühle, die Sofas sind alt, aber gut in Schuss. In Regalen stehen von den Künstlern geschaffene
Keramiken, die man kaufen kann. Genauso wie die Postkarten und die Bilder an den Wänden. Darauf zu sehen sind Häuser, die sich biegen und
Straßenbahnen, die sich in Raumstationen verwandelt haben.
O-Ton Jutta Pöstges
Der Raum hat so ne Strenge und Sachlichkeit, da sind ja in der Mitte vier Säulen, relativ hohe Decke über drei Meter Deckenhöhe und im hinteren
Bereich, wo man's auch her klappern hört, ist ne kleine Kochküche mit Serviertheke und der restliche Bereich, wo wir hier sitzen, ist eben auch
Ausstellungs- und Präsentationsfläche für die Kunst, die hier im Haus entsteht.
O-Ton Nico Randel Jutta Pöstges ist ein sehr beschäftigter Mensch, der sehr viele Aufträge
und Anrufe kriegt und sie ist ein wichtiger Mensch, der für das Kunsthaus geeignet ist. Und damit die Zuhörer auch wissen, wer hier gerade spricht,
ich heiße Nico Randel.
Atmo Werkstatt
Sprecherin
Nico Randel trägt eine große rote Brille und hat Farbklekse im Gesicht und auf dem Kittel. Er hat eine kleine Nische für sich in der Ecke der großen
Werkstatt. Hier arbeiten die Künstler zu zweit oder dritt an einem Tisch. Viel Platz haben sie nicht. Auch Nico ist ziemlich eingezwängt -
O-Ton Nico Randel
Hi, komm rein. Setzen Sie sich doch.
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Sprecherin Sein Arbeitsplatz sieht selbst schon aus wie ein Kunstwerk.
An den Wänden hängen Kulissenteile und Kostümentwürfe.
O-Ton Nico Randel Hier auf meinem Arbeitsplatz mach ich so künstlerische Sachen, also
mach ich so Kunstwerke, wie so was zum Beispiel, das sind
Kostümvorlagen, die zu einer Ausstellung gehen sollen.
Sprecherin Die Tischplatte ist voll mit Farbtöpfen, Stiften, Leim, und sorgfältig
nebeneinander aufgereihte Audiokassetten.
O-Ton Nico Randel Bibi und Tina, Bibi Blocksberg und das Schiff der Abenteuer und ich höre
die beim arbeiten.
Sprecherin Irgendwo dazwischen eine Tischleuchte. Auf dem Lampenschirm stehen
Sprüche in der typischen Nico Randel-Schrift: Schwungvolle Buchstaben mit Bäuchen.
O-Ton Nico Randel
Zum Beispiel steht hier: Ich bin auf meinen Bauch gefallen, der Löwe hat Fieber… Und Bauch ist mein Lieblingswort, mein Lieblingssätze sind zum
Beispiel: Bauch. Oder: Mach die Augen zu und küss mich. (schmatz)
Musik
O-Ton Nico Randel Und ich bin auch Schauspieler, ich hab viel Erfolg gehabt und war auch
mal im Fernsehen gewesen, in einem Film in Zürich oder in der Schweiz hab ich bei einem Spielfilm mitgespielt. Der Film heißt „Be my baby“ und
ich hab den Hermann gespielt.
Sprecherin
In dem Film geht es um eine junge Frau, erzählt Nico Randel, die wie er Trisomie 21 hat. Sie wird schwanger, aber die Menschen in ihrer
Umgebung wollen nicht, dass sie das Baby bekommt.
O-Ton Nico Randel Aber am Ende ist ein Happy End, die Nicole behält ihr Baby.
Aber nicht die Nicole von dieser Arbeit sondern die aus dem Film.
Musik hoch
Atmo Paulas Laden
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Sprecherin
Der Trödelladen im Hinterhof von Kat 18 ist noch aus der Besetzerzeit übrig geblieben.
O-Ton Tanja Geiß
Ich hab hier auch schon mal Schuhe gekauft. Schirme gibt‘s nicht mehr.
Aber hier gibt's auch Stühle, ein Regal mit Büchern, Koffer.
Sprecherin Für Tanja Geiß ist das hier eine Fundgrube. Die Halle ist bis unter die
Decke mit altem Krempel vollgestopft. Paula Cremer macht für die Künstler Sonderpreise.
O-Ton Tanja Geiß
Paula ist die mit der schönen goldglitzernden Brille und mit den schönen grauen Haaren. Sie ist für mich ne gute Freundin und lässt mich gerne in
den Laden rein und ich kauf auch schon mal gerne was bei ihr.
Sprecherin Über eine wackelige Holztreppe gelangt man auf die Galerie, wo ein paar
vorsintflutliche Computer stehen. Paula lädt einen Film hoch.
O-Ton Paula Cremer
Paula: Da ist der Film und so sah es hier früher aus Kind: Nur nicht in schwarzweiß
Paula: (ruft) Mathes? (erklärt) Das ist auch alter Hausbewohnerhier der Mattes (ruft)Willste mal den Kat 18 Filmmitgucken?
Mattes: Ich will den haben! Paula: Klar willst du den haben. Den gibt‘s bei Facebook.
Sprecherin
Ein Hausbesetzerveteran kommt die Treppe hoch.
O-Ton Paula Cremer und Mattes Paula: Hier findet grad ein Interview statt über Kat 18
Mattes: Kat 18. Ja, das hat uns ja die Behindertenwerkstatt geklaut, den
Namen. Die haben sich den einfach genommen. Wir hatten den schon 1980 und haben den leider nicht schützen lassen. Muss ja auch mal
gesagt werden, ärger ich mich heute noch drüber.
Sprecherin Seltsam, selber Häuser zu besetzen, aber dann Besitzansprüche auf einen
Namen zu stellen, der längst Allgemeingut geworden ist. Matthes sieht da keinen Widerspruch.
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O-Ton Paula und Mattes Matthes: Man kann sich ja auch einen Internetnamen schützen lassen,
warum denn nicht auch von einem Gelände, das wir besetzt haben und das wir eigentlich immer noch haben.
Paula: Die Leute aus der alten Stollwerck-Besetzung, die sind hier reingegangen. 1980.
Mattes: Das war so in der Abenddämmerung, wir haben auf den Hof
geguckt und am nächsten Tag sind wir in den Keller gegangen, und dann sind wir ne Etage tiefer und dann standen wir auf einmal im Rocktunnel.
Den haben wir natürlich danach erst Rocktunnel genannt, vorher war das wohl ein Weinlager.
Paula: Und in vier oder fünf Jahren laufen die Mietbindungen aus und dann ist sowieso für uns Schicht.
Mattes: Na, mal abwarten, was passiert… Paula: Die LEG ist mittlerweile in amerikanischer Hand. Die
Landesentwicklungsgesellschaft wurde vor etwa acht Jahren verkauft -komplett mit 90 000 Wohnungen in NRW zum Schleuderpreis, da hätte
sich jeder die Wohnung selber für kaufen können. Mattes: An so ‘ne Heuschrecke aus Amerika…
Paula: Ja, an Dingsbums. Mattes: Zuerst war es Goldmann und Sachs, aber ein Jahr später ist es
verkauft worden, an eine andere Heuschrecke
Paula: Wir leben auf amerikanischem Boden sozusagen.
Sprecherin Zwischen Vorder- und Hinterhaus hängt eine Schaukel an Seilen in
Überlänge. Sie erinnert an die Aufforderung von Josef Beuys: Schaukel so hoch du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht....
Musik
O-Ton Jutta Pöstges
Uns interessieren nicht Leute die schöne Bildchen malen, wir wollen Leute haben, die eine eigene Geschichte erzählen, die was sehr Individuelles,
Eigenes haben.
O-Ton Bärbel Lange
Die Hauptchefin ist die Jutta. Bessere Chefin kannst du dich gar nicht wünschen. So viel wie die mit uns macht.
O-Ton Jutta Pöstges
Ich selber bin seit 1993 bei den Gemeinnützigen Werkstätten Köln beschäftigt und hab dort einen kreativen Bereich aufgezogen…
O-Ton Nicole Baginski
Gemeinnützige Werkstätten von Köln, es ist eigentlich so fast wie eine Behindertenwerkstatt, was wir hatten früher und ich hab mich da nicht
eigentlich gar nicht richtig wohl gefühlt, weil wir waren wirklich
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abgeschottet und jetzt sind wir frei atmen und sagen: wenn Ihr was wissen wollt, kommt zu uns.
O-Ton Jutta Pöstges
Ich bin selber Diplomdesignerin und Kunsttherapeutin und von daher eher an diesen kreativ-künstlerischen Prozessen interessiert und komme nicht
so aus der sozialen Richtung und ich habe da am Anfang sofort gesehen,
dass da Menschen zu mir kamen, die wirklich so eine besondere künstlerische Begabung haben und das war irgendwie immer sehr
spannend, denen ein Umfeld zu schaffen und Anregungen zu bieten, dass sie das weiter entwickeln können.
Sprecherin
Dass die 24 Künstler der Gruppe KAT 18 "geistig- oder lernbehindert" sind, wie es in der Sprache der "Normalen" heißt, wird auf ihrer
Homepage nicht erwähnt. Jutta Pöstges gibt auch keine Auskunft über die Handycaps der Künstler.
O-Ton Jutta Pöstges Wir sind uns hier darüber einig, dass wir es eigentlich ausklammern
wollen, weil die künstlerische Leistung davon nicht beeinträchtigt wird, die
künstlerische Leistung ist da und man kann da nicht von Beeinträchtigung oder Behinderung sprechen.
Musik
Zitatorin
Die Reaktionen von Ausstellungsbesucherinnen und -besuchern sind häufig bestimmt von gefühltem Anderssein geistig behinderter Urheber.
Sprecherin
- schreibt die Grafikdesignerin und Kunsthistorikerin Viola Luz in ihrer Dissertation "Wenn Kunst behindert wird". Sie untersucht die Barrieren im
Kopf der Rezipienten, die meistens nur das Handycap, die Abweichung vom Normalen, sehen statt der ganzen Künstleridentität. Und sie weist
nach, dass künstlerische Qualität nicht unbedingt vom IQ abhängen muss,
obwohl das noch oft infrage gestellt wird.
Zitatorin Die Frage "Ist das Kunst?" bekommen Künstlerinnen und Künstler ohne
geistige Behinderung in der Regel nur von Betrachtern mit mäßigem Interesse an zeitgenössischer Kunst zu hören. Werden dagegen die Werke
geistig behinderter Künstler ausgestellt, dann werfen häufig auch Kunstinteressierte solche Fragen auf. Und das seit bald 40 Jahren stets
aufs Neue.
Musik
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O-Ton Nastja Sittig
Was ist Behinderung eigentlich? Ist es ein persönliches Merkmal? Oder spielt doch eher die Gesellschaft mit ihren Normalitätsmustern ne Rolle
dabei, wie Behinderung definiert wird. Und auch die Frage: können nicht zum Beispiel Leistung, Gier, Narzissmus auch eine Behinderung sein? Und
ich bin sehr fest davon überzeugt, dass es so ist, es ist halt eine Frage der
Perspektive.
Atmo
Sprecherin Die Künstlerassistentin Nastja Sittig steigt die Zementstufen zum Malsaal
von KT 18 rauf.
O-Ton Andreas Maus Der Atelierraum ist das hier. Da kann man gut arbeiten. Er ist schön groß,
gemütlich und geschichtsträchtig. Ich liebe geschichtsträchtige Gebäude.
Sprecherin Andreas Maus füllt Hefte mit seinen Zeichnungen, Seite für Seite. Lauter
winzige Kreise oder Kästchen in rot, blau und schwarz. Durch optische
Verschmelzung entstehen Bilder von Gebäuden, Waffen, Typen mit bedrohlichen Gesichtern.
O-Ton Andreas Maus
Mit Gel- und Kugelschreiber mach ich das. Das hier bin ich am zeichnen. Da geht es um Deutschland. Deutsche Geschichte.
O-Ton Nastja Sittig
Seine zentralen Motive sind dementsprechend brutale Kriegsszenarien, KZ-Motive, dann auch Leitfiguren des NS-Regimes, aber auch
Missbrauchsszenarien in Institutionen, zum Beispiel kirchlichen Internaten und Psychiatrien.
Musik
O-Ton Andreas Maus Das hier soll die Weimarer Republik darstellen. Und diese Giftschlange die
kommt aus Österreich. Das ist der Adolf Hitler an der Macht. Der hat alles zerschlagen. Und das hier sind die Reichen von den letzten
Jahren der Weimarer Republik. Ein Fettkloß. Der übt für den Hitlergruß. Und das sind die sozialen Brennpunkte der Weimarer Republik.
Sie kackt auf die Straße. In sozialen Brennpunkten gab es weder Strom noch Wasser noch anständige Toiletten.
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O-Ton Nastja Sittig und ganz typisch ist dabei seine Linienstruktur, also die Linienstruktur
seiner Bilder, die wie ein Flechtwerk, wie ein Kettengeflecht anmutet.
O-Ton Andreas Maus Das sind die charakterlichen Eigenschaften von Hitler. Tod, Zerstörung,
Diktatur.
Sprecherin
Andreas Maus ist um die 40, hat kurze Haare und eine Drahtbrille. Er sieht ernst aus, aber nicht traurig. Manchmal blitzt in seinen Augen der Schalk
auf.
O-Ton Andreas Maus Meine Eltern haben die NS-Diktatur in voller Bandbreite mitbekommen
und erlebt. Meine Eltern hatten sich politisch da rausgehalten. Sonst wären die auch ins KZ gekommen.
O-Ton Nastja Sittig
Die Zeichenbücher von Andreas Maus sind noch bis zum August im Kolumbamuseum zu sehen.
O-Ton Andreas Maus Da sind die Zeichen der Pegida drin, und ‘ne heilige Jungfrau, die den
Mittelfinger zeigt. Das müssen Sie sich mal angucken im Museum Kolumba. Und ich hatte auch schon in der Schweiz ausgestellt. In Basel in
einem Museum. So ein Buch. Kirchen, Museen und Synagogen. Ich interessiere mich für Gotteshäuser. Ich hatte mal in Religion ne eins
geschrieben in der Schule.
Musik
Sprecherin
Die Künstler von KAT 18 beteiligen sich an vielen Ausstellungen. Im vergangenen Jahr waren sie im Kunsthaus Kannen bei Münster zu Gast.
Es ist Archiv, Atelier und Ausstellungsraum für Außenseiterkunst und steht
auf dem weitläufigen Gelände der psychiatrischen Alexianer-Klinik. Die monumentale Architektur lässt ahnen, dass man früher eher Insasse als
Patient war. Abgeschottet, möglichst weit weg von der Stadt. Heute ist der Ort offen für alle.
Atmo
draußen, Vogelzwitschern
O-Ton Susanne Kümpel Ich war noch nie in Münster gewesen.
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Sprecherin Es ist ungewohnt, eine erwachsene Frau an die Hand zu nehmen. Aber für
Susanne Kümpel ist das selbstverständlich. Die 55-Jährige ist nicht gut zu Fuß und die Treppe zum Park ziemlich steil.
O-Ton Susanne Kümpel
Xylophon!
Atmo Summstein
Sprecherin
Im Sinnesgarten auf dem Gelände der Klinik stehen Musikinstrumente aus Naturmaterialien. Ein Stein zum Beispiel mit einer Aushöhlung, gerade
groß genug, um den Kopf reinzustecken. Summend hört und spürt man darin die Vibrationen der eigenen Stimme. Für Susanne Kümpel ist er aber
zu hoch.
O-Ton Susanne Kümpel Ich bin zu klein, größer bin ich auch nicht.
Atmo Sinnespark
Sprecherin Unter einem Baum entdeckt sie einen Summstein für ihre Größe.
O-Ton Susanne Kümpel
Das ist ein Summstein. Der ist bisschen rund und eine Stein und da sind auch noch kleine Herbstblätter. Moos.
Sprecherin
Susanne Kümpel malt genau und detailreich mit einem besonderen Gespür für Farben. Sie nutzt Picasso, Magritte oder sakrale Kunst als
Vorlage und schafft ganz neue Bilderwelten. Ein Werk zeigt ihren Traum vom eigenen Zimmer, mit Sammelstücken, Uhren, Schreibmaschine und
E-Piano. Sie lebt, wie viele ihrer Kollegen, in einem Wohnheim, wo kein Raum für künstlerische Entfaltung ist. Im KAT 18 können sie nur tagsüber
sein.
Musik
Atmo Forum Messe für Outsider Art
Sprecherin
Susanne Kümpel stellt ihre Elefanten-Bilder im Kunsthaus Kannen aus. Dort findet die internationale Messe für Outsider Art statt. 20 Aussteller
präsentieren auf jeweils nur 4 Quadratmetern ihre Arbeiten. Die Stände sind so unterschiedlich gestaltet wie die Methoden der Aussteller. Von
"Jeder macht was er will" über "Wir malen wie Paul Klee" bis hin zum
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Ansatz, den auch KAT 18 vertritt: "Wir fördern die Künstler so, dass sie ihre eigenen Fähigkeiten und ihre Originalität heraus arbeiten."
O-Ton Dr. Thomas Röske
Und viele Anhänger des Gebietes vertreten immer noch die Meinung, dass diese Art von Kunst authentischer, wahrhafter, echter sei als das, was
ausgebildete Profikünstler, Ausstellungskünstler machen, die ja angeblich
vom Markt total korrumpiert sind, nur an den Verkauf ihrer Werke denken und gar nicht mehr mit solchem Herzblut und unmittelbarer Beteiligung
ihrer Person hinter ihren Werken stünden wie Werke aus dem Outsider-Kontext. Das ist sicherlich nicht wahr und ich denke, mit Recht
protestieren da viele Künstler aus dem zeitgenössischen Bereich, die natürlich auch sehr authentisch sich empfinden bei der Gestaltung ihrer
Werke, es ist außerdem eine Sackgasse, denke ich, in die sich Outsider Art da manövriert, wenn sie sich so stark absetzt von zeitgenössischen
Kunstströmungen.
Sprecherin Dr. Thomas Röske ist Leiter der Prinzhorn Sammlung in Heidelberg und
hat auf der Messe einen Vortrag zum Thema gehalten.
O-Ton Dr. Thomas Röske
Die Sammlung Prinzhorn ist heute ein Museum für künstlerische Werke von Psychiatrie-Erfahrenen mit mehr als 6000 Werken, die zwischen 1840
bis 1930 entstanden sind und da es aus der Zeit kaum überlieferte Werke gibt ist das ein Referenzpunkt für diese Art von Kunst.
Musik
Sprecherin
Die Sammlung umfasst auch Werke von Künstlern mit geistiger Behinderung, denn sie kamen meistens auch in die Psychiatrie, sagt
Röske.
O-Ton Thomas Röske
Dubuffet hat 1922 angeblich Prinzhorns Buch bereits gelesen und er sagt
später, dass es ihm die Augen für die Möglichkeiten der Kunst geöffnet hat. 1944 beginnt er sich für Kunst am Rande der Kunst zu interessieren
und ‘45 wählt er dafür den Begriff Art Brut.
Sprecherin Art Brut, wörtlich übersetzt: rohe Kunst. Heute: Outsider Art.
Außenseiterkunst.
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O-Ton Thomas Röske Einer der wesentlichen Unterscheidungspunkte, der mich immer wieder
frappiert von so genannter Outsider Art und Kunst von professionellen Künstlern ist, dass die Werke von Outsider-Künstlern weniger stark von
Vermeidungsregeln geprägt sind. Wenn Sie mit einem Künstler sprechen und fragen ihn nach seinen Ausdrucksformen, stoßen Sie ganz schnell
darauf, dass er davon überzeugt ist, dass er bestimmte Dinge nicht tun
kann. Also er kann diese Farbe nicht verwenden und er kann das und das nicht, weil das hat der und der schon gemacht, und das sieht viel zu
kitschig aus, und ein Künstler der in einem offenen Atelier arbeitet, zum Beispiel, denkt aller meistens überhaupt nicht an so was sondern fängt
einfach an, seine Mittel zu mobilisieren und irgend etwas auszudrücken.
O-Ton Susanne Kümpel
Klangbrunnen, hab ich noch nicht gemacht, ist schön. Das klingt sehr gut. (Sie probiert es aus)
Atmo Sinnespark
Sprecherin
Im Sinnespark hat Susanne Kümpel fast alle Naturinstrumente
ausprobiert.
Atmo Susanne Kümpel (sie spielt)
Sprecherin
Sie spielt auf einem Lithophon und schlägt auf Klangröhren, die über einem Brunnen hängen. Mit einer Kurbel kann man sie ins Wasser
absenken und schräge Töne erzeugen.
O-Ton Susanne Kümpel Takt spielen kann. Takt machen. Da ist ein Brunnen. Steinbrunnen.
Steinbrunnen ist das. Da ist Wasser. Wasser drin ist. Und die Blüten.
Sprecherin Mitten auf dem Gelände der Alexianer ist auch ein kleiner Friedhof. Am
Rand steht die Bronzeplastik eines trauernden Kindes. Weiße Steine liegen davor auf dem Boden.
O-Ton Susanne Kümpel
Stein Es hier auch die weiße Steine gibt. Stein.
Sprecherin Susanne Kümpel nimmt einen Stein und bringt damit die Statue zum
klingen.
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Atmo (sie spielt auf Skulptur)
Sprecherin Vielleicht ist es das, was Röske mit "frei von Vermeidungsregeln" meint.
O-Ton Susanne Kümpel
Ich habe ausprobiert. Muss auch sein. Stimmt das?
Musik
Atmo Malraum Tanja und Cornelius
O-Ton Tanja Geiß
Wir arbeiten gerade an einem Comic System für die Zeitung Aktion Mensch. Da geht es gerade um das Glück.
Sprecherin
Die Sonne scheint in den Malraum von KAT 18 in Köln. Tanja Geiß und Kornelius Vogel sitzen sich an ihrem Arbeitstisch gegenüber. Die Köpfe
über ein Blatt Papier gebeugt zeichnen sie an einer neuen Bildgeschichte.
O-Ton Kornelius Vogel
Das ist für uns ein Job, die Agentur, die dieses Heft macht, hat uns halt beauftragt, da für jedes Heft, eine Viertel/Drittel Seite zu gestalten. Und
dann kriegen wir immer ein Thema in diesem Fall ist es Glück.
Sprecherin An der Wand hinter Tanjas Stuhl hängt riesengroß das Bild einer Frau vor
leuchtendem Hintergrund mit Haaren, die zackenförmig von ihrem Kopf abstehen. Die Künstlerin selbst kleidet und frisiert sich eher unauffällig.
Sie bewegt sich langsam und bedächtig. Das Wilde, Unberechenbare überlässt sie ihren Figuren.
O-Ton Kornelius Vogel
Während meines Studiums, gab es so ein Kooperationsprojekt, also ein Kurs, der da angeboten wurde zwischen Studierenden und den Künstlern
aus KAT 18, beziehungsweise damals hieß das noch Allerhand-Werkstatt.
O-Ton Tanja Geiß
Da hab ich die Jutta gefragt, kann ich den Kornelius als Student haben, um mit dem die Zeichnungen zu machen? Und dann haben wir eben
angefangen.
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O-Ton Kornelius Vogel Ja und die erste Geschichte, das war eigentlich nicht geplant, sondern das
ist mir danach aufgefallen. Das waren ja diese zwei Forscher auf einer unerforschten Insel und das war für uns im Grunde auch so und wir haben
uns auch gefühlt wie zwei Forscher. Wir wussten auch nicht, wie das ist, wenn man so nah zusammen arbeitet, wir sitzen ja uns dann an einem
Tisch gegenüber das Blatt in der Mitte und zeichnen an einem Bild und da
hab ich erst gedacht, das geht gar nicht.
Sprecherin Aus dem Studienprojekt ist für Kornelius Vogel eine Arbeitsmöglichkeit
geworden. Eine Bildgeschichte mit dem Titel "Die Flucht nach vorne" hat er mit Tanja Geiß veröffentlicht. Und jetzt zeichnen sie regelmäßig für die
Zeitung von Aktion Mensch.
O-Ton Kornelius Vogel Also wir haben dieses Heft gemacht, die Leute sind drauf aufmerksam
geworden und jetzt haben wir einen Job, das ist super das auf dem 1. Arbeitsmarkt anbieten zu können.
Musik
Sprecherin Tanja Geiß zeichnet Glücksraketen. Macht die Kunst sie auch glücklich?
O-Ton Tanja Geiß
Ja, das sollte es am Anfang für mich das Glück sein, aber ich finde das ein bisschen anders. Weil das erstens viel zu viel Arbeit ist und zweitens auch
sehr anstrengend, aber es kann auch Spaß machen.
O-Ton Kornelius Vogel Aber vorhin hast du ja auch gesagt, wir haben ja auch in Bonn zusammen
gearbeitet, im Kunstmuseum, dass das Glück war auf dem Gerüst ganz oben in 6 m Höhe zu stehen und an die Wand zu malen, oder?
O-Ton Tanja Geiß
Ja ich hatte ja noch nie auf so einem Gerüst gestanden.
Atmo
Kunstmuseum Bonn
Sprecherin
Auf das Gerüst ist Tanja Geiß geklettert, um ihre überlebensgroßen Geisterbahn-Figuren an die Wand zu malen. Jetzt tanzen weiße, schwarz
umrahmte Skelette und Monster auf der leuchtend rosa Wand im Bonner Kunstmuseum. An einem langen Tisch sitzen Kinder und malen ihre
eigenen Gespenster. Die Pressekonferenz hat gerade angefangen.
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O-Ton Kuratorin
Es sind ja nicht Geister die zum Gruseln sind, sondern auch Geister, die zum Lachen sind …
(unter Sprecherin leise weiter)
Sprecherin
Die Kuratorin der Ausstellung Dr. Sabina Leßmann gibt eine Einführung in das Werk von Tanja Geiß. Die Künstlerin steht neben ihr.
O-Ton Kunstmuseum
Kuratorin: Und gleichzeitig ist es so eine Via dentata, wo ich denke, dass dieser Weg auch ganz schön stachelig und unangenehm sein kann.
Tanja Geiß: Nee, das sind nicht diese oberen Dinger, die pieken können Kuratorin: können nicht pieken?
(unter Text leise weiter )
Sprecherin Tanja Geiß fällt der Kuratorin öfter mal ins Wort und korrigiert sie.
O-Ton Kunstmuseum
Tanja Geiß: Kann nicht pieken
Kuratorin: Das ist das Schöne, vieles sieht gefährlich aus, ist es aber gar nicht.
Tanja Geiß: Ich hab ja früher.....
Sprecherin Tanja Geiß schweift gerne ab, das Publikum kann ihr nicht immer folgen.
Auch das gehört zur Inklusion dazu.
Atmo kurz hoch
Sprecherin
Inklusion ist ein wichtiges Anliegen des Bonner Kunstmuseums. Die Kinderworkshops zur Geisterbahn-Ausstellung werden jeweils von zwei
Personen geleitet: von einer Museumspädagogin und einem der KAT 18-
Künstler. Ein Experiment, das noch ganz am Anfang steht. Für Tanja Geiß ist es nicht immer leicht, die Aufmerksamkeit der Jungen und Mädchen auf
sich zu ziehen. Die Kinder achten mehr auf die routinierte Kunstvermittlerin Claudia Pfefferkorn-Schreiber.
O-Ton Tanja Geiß
Also im Prinzip habt ihr Kinder alle das gleiche, was ich auch hatte, einfach Angst vor Geistern, Monstern, Gespenstern, wie auch immer, aber
heutzutage habt ihr - hallo, ich rede mit euch allen! Habt ihr eigentlich alle wirklich Angst vor Geistern? Gespenstern? Oder waren das einfach nur
Möbel?
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Atmo Geisterbahn
Sprecherin
Bei der Eröffnung der Ausstellung haben Tanja Geiß und ihre Kollegen die volle Aufmerksamkeit der Kinder. Ganz in schwarz und mit weißen Masken
vor dem Gesicht führen sie vor, was sie im Keller von KAT 18 unter der
Leitung von Nastja Sittig erarbeitet haben.
Atmo Geisterbahn
O-Ton Nastja Sittig Die Arbeit meiner Kollegen und mir wird als künstlerische Assistenz
bezeichnet, wir haben hier alle eine künstlerische Ausbildung, also mein Kollege Enno Jäkel ist Keramiker, ich selbst habe Medienkunst studiert,
Ich würde sagen dass sich unsere Arbeit in KAT in drei Ebenen aufgliedert, als erste Ebene würde ich die künstlerische Anleitung zum Teil auch
künstlerische Begleitung nennen, dabei geht es vor allem um Bereitstellung von Materialien, aber auch Raum für Inspiration, für
Themenfindung zu öffnen, und da stellen wir uns ganz individuell natürlich auf die Künstler ein.
Atmo Geisterbahn
O-Ton Nastja Sittig Dann gibt‘s noch ‘ne zweite Ebene, die mit dazu kommt und sich teilweise
mit der künstlerischen Anleitung überschneidet, und zwar die sozialarbeiterische, -pädagogische Ebene, da geht es um persönliche
Bedürfnisse und Belange der Künstlerinnen und Künstler, wichtige Punkte sind hier Tagesstruktur, Einzelgespräche und Beratung, Mediation usw.
Und dann gibt es eine dritte Ebene, und die erstreckt sich über Projekt -
bzw. Ausstellungsorganisation, Planung, Koordination, bis hin zu künstlerischen Gestaltung und Konzeptionen von einzelnen Projekten,
aber auch der persönlichen künstlerischen Mitwirkung bei einzelnen Projekten.
Musik (Nastja Sittig)
O-Ton Nastja Sittig
Ich selber bin ja Musikerin, und meine künstlerische Arbeit, aber ich würd sagen. mein gesamtes persönliches Leben eigentlich, wird vor allem
bereichert durch die Menschen hier, damit meine ich jetzt nicht nur die Künstlerinnen und Künstler, sondern auch die Leute aus der Cafébar, das
gesamte Team des KAT 18 mit seinem wirklich krassen Spektrum an unterschiedlichen Persönlichkeiten, das ist ne wirkliche Bereicherung.
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Musik kurz hoch
Sprecherin Hauptberuflich ist Nastja Sittig Sängerin der Band Ljon, für die sie auch
komponiert und textet.
O-Ton Nastja Sittig
Und hier arbeiten ja Menschen, die von der Gesellschaft als „behindert“ stigmatisiert werden, als weniger leistungsfähig in bestimmten Hinsichten
und da hat sich einfach nochmal zunehmend mein Blick auf Gesellschaft verändert, insofern, als dass ich mich verstärkt gefragt habe, in was für
einer Gesellschaft leben wir eigentlich und was sind die Werte, die für mich persönlich von Bedeutung sind. Und die befinden sich jenseits von
schwarz/weiß, behindert/nicht behindert, also jenseits von Schubladen und setzen sich eben aus ganz vielen Zwischentönen zusammen.
Musik
Sprecherin
In ihrer Untersuchung "Wenn Kunst behindert" schreibt Viola Luz:
Zitatorin
Die Rezeption von ‚geistig behinderten‘ Kunstschaffenden und ihren Werken hat zwar beständig zugenommen, ihre Anerkennung blieb aber bis
heute umstritten. Nicht umsonst wird bei den Kunstausstellungen bei- nahe gebetsmühlenartig betont, dass hier tatsächlich
Kunst zu sehen sei. Einige der Rezeptionsprobleme sind durchaus auch in der Art der Präsentation angelegt, beispielsweise wenn die
Veranstaltenden selbst ein ambivalentes Verhältnis zum Kunststatus der Werke zum Ausdruck bringen, unbewusst oder bewusst einen
Behindertenbonus nahelegen.
Musik
O-Ton Hartmut Kraft Als meine Frau und ich in die Werkstatt von KAT 18 gekommen sind, da
hat die Tanja Geiß uns als erste fasziniert mit ihrem Bild-Kosmos, und da
haben wir dann mehrere Bilder und Skulpturen erworben, diese starke Farbigkeit, diese Figuren, die so einen ganz eigenen Ausdruck haben,
teilweise auch ein bisschen etwas Ornamentales haben, das haben wir spontan s geschätzt, dass meine Frau und ich getrennt voneinander
Sachen erworben haben, also das machen wir immer so, dass wir zwar vereint sammeln, aber getrennt kaufen.
Atmo Haus der Krafts
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Sprecherin Staubwischen möchte man bei Hartmut und Maria Kraft lieber nicht. Sie
sammeln Kunst. Das Haus der beiden Psychotherapeuten ist voll mit Bildern, großen und
kleinen Skulpturen.
O-Ton Hartmut Kraft
(Treppe hochgehen ) Das ist Papua Neuguinea und das ist alles Afrika, und ist ein heiliger
Antonius aus Deutschland, und das ist meine Kopffüßler-Sammlung, also die ist ja transkulturell angelegt.
Sprecherin
Köpfe mit Beinen hocken auf den Regalen zwischen exotischen Tieren und anderen schwer definierbaren Wesen. Masken, wer weiß woher, glotzen
blicklos in die Runde, dazwischen Heilige aus buntem Holz.
O-Ton Hartmut Kraft Afrika, Asien, mehrere Buddhas im Haus, wir sammeln eigentlich alles,
was uns gefällt und speziell sammele ich manchmal gezielter im Hinblick auf eine mögliche Ausstellung.
Sprecherin Über dem Tisch im Wohnzimmer hängt ein Kronleuchter aus weißen
Kinderarmen. Kleine Hände halten die Leuchtmittel.
Musik
O-Ton Hartmut Kraft Das ist Simon Schubert, ein Kölner Künstler, das sind die Arme seiner
Kinder. Da hat er für sich selbst eine Lampe gemacht, so einen Kron-, einen Armleuchter gemacht, dann hat er aber zwei gemacht und einen
haben wir dann gekauft.
Sprecherin
Hartmut Kraft sammelt auch im Hinblick auf Themen, zu denen er
Ausstellungen kuratiert und Bücher schreibt. Über Kopffüßler, über die Lust am Tabubruch. Über Grenzgänger zwischen Kunst und Psychiatrie.
O-Ton Hartmut Kraft
Ich bin ursprünglich Neurologe und Psychiater gewesen, der gute alte Nervenarzt, wie es früher hieß, und so bin ich ja überhaupt in dieses
Grenzgebiet gut hinein gekommen, weil ich selbst in Landeskrankenhäusern und Psychiatrien gearbeitet habe. Früher war das
mal so, dass geistig Behinderte sehr gerne abgeschoben wurden in die Psychiatrie, schwer Langzeitbehinderte finden sich immer noch in den
Langzeitstationen von Landeskrankenhäusern, aber das sind nicht
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diejenigen, die bei KAT 18 arbeiten. Aber sie haben ja alle Behinderungen und das nehme ich im weitesten Umfeld für die Grenzgänger zwischen
Kunst und Psychiatrie, die ich sammle mit in meine Sammlung auf.
Sprecherin Die Figuren von Tanja Geiß stehen dicht gedrängt in einem übervollen
Regal. Sie bilden einen Kreis, als wollten sie sich vor der Wucht der
Bücher schützen.
O-Ton Hartmut Kraft Ich bin Kölner, KAT 18 ist eine Kölner Einrichtung, aber erfahren habe ich
davon in Italien. Als ich einmal ein Gespräch hatte mit Daniel Spoerri, da erzählte er mir von einer Zusammenarbeit mit den Künstlern von KAT 18
und ich war total erstaunt, weil ich wusste nicht einmal, dass es hier eine solche Gruppe von jungen Künstlern gab, die mit einem so weltberühmten
Künstler wie Daniel Spoerri zusammen arbeiten. Und bin natürlich so bald ich wieder in Köln war, hingegangen, habe Frau Pöstges kennen gelernt,
habe die Künstler kennen gelernt zum Teil, und war spontan fasziniert von der Qualität, die ich dort angetroffen habe.
Sprecherin
Kann man mit Außenseiterkunst auch darauf spekulieren, dass sie im Wert
steigt?
O-Ton Hartmut Kraft Outsiderkunst ist sicherlich kein Renner im Markt. Es gibt natürlich einige,
sehr wenige Künstler wie Adolf Wölfli oder Johann Hauser, die wirklich teuer geworden sind und die einen anerkannten Marktwert haben. Aber
das ist doch die Ausnahme, ich denke bei den allermeisten Sammlern ist es doch so, dass sie eine Faszination von Bildern eigener Welten haben,
und wenn man dafür kein Faible hat, dann ist man, glaube ich, in diesem Gebiet auch nicht gut aufgehoben.
Sprecherin
Zur Sammlung von Hartmut Kraft gehört auch eine Serie Keramikteller mit Kölner U-Bahnstationen von Daniel Scislowski.
O-Ton Hartmut Kraft Es sind keine Menschen darauf, sondern nur Objekte, in diesem Falle
Straßenbahnen, Schienen, vielleicht mal der Teil eines Bahnhofs, anbe5 das ist also eine menschenleere Welt, eine technische Welt, eine klar
geordnete Welt und ich denke das das etwas ist, das ihn persönlich interessiert, und insofern war das für mich eine ganz runde Sache und
nichts Ausgesuchtes, nichts ihm Angetragenes, sondern was eben so typisch ist für die ganzen Künstler von KAT 18, die zwar manchmal auch
ein Thema bearbeiten, aber doch immer ihren eigenen Weg finden.
Musik
21
Atmo KAT 18 Café
Sprecherin
Im Café von KAT 18 hängen neue Bilder von Daniel Scislowski. Seine schwebenden Raumstationen scheinen aus dem Blatt herauszuwachsen
und ziehen gleichzeitig den Blick des Betrachters in ihr Inneres hinein.
O-Ton Daniel Scislowski Inspirationen hatte ich durch Science Fiction Filme wie StarTrek, Star
Wars, Raumschiff Enterprise, Raumschiff Voyager. Ich hab mir gedacht. die Raumstationen sind generell so immer grau oder weiß und das ist ein
bisschen zu eintönig, man müsste die mal mit mehr Farbe ins Leben holen, die Raumstationen, so dass sie mehr Lebendiges ausstrahlen.
Sprecherin
Er ein sensibler, nachdenklicher Typ. Seine Bilder strahlen bei aller technischen Detailgenauigkeit etwas Zartes, Zerbrechliches aus.
O-Ton Daniel Scislowski
Das Bild hat die Nr. 16 und wurde auch schon verkauft. Man sieht zwei
Astronauten bei der Arbeit an der Raumstation und einen dritten Astronauten, der die Raumfähre fliegt.
O-Ton Daniel Scislowski Bild Nummer 20 - da hab ich so ein Unendlichkeitszeichen genommen,
also eine umgekehrte Acht, hier sieht man’s allerdings andersherum, dass es die Zahl 8 ergibt und da hab ich die Farben rot, hellgrün und
dunkelgrün mit weiß kombiniert, also grün sind ja Naturfarben und ich fühl mich auch in Naturgegenden viel wohler.
Sprecherin
Daniel Scislowski macht auch Objekte. Die klebt er aus Keramikscherben neu zusammen, an seinem Arbeitsplatz im Keller.
O-Ton Daniel Scislowski Jetzt sind wir in den Katakomben, im Kellerbereich, in der 2.Katakombe,
und hier hab ich meinen Gießarbeitsplatz…
Musik
Sprecherin Auf den Regalen, die bis unter die Gewölbedecke reichen, türmen sich voll
bemalte Teller, Becher, Schüsseln, Objekte. Hinter einem Stahlzaun stehen zwei Brennöfen für die Keramikarbeiten, die auch Daniel Scislowski
benutzt.
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O-Ton Daniel Scislowski Und ich fühl mich hier im Kunsthaus ziemlich wohl, auch meine Fahrt mit
der KVB ist ziemlich kurz, ich wohne in meiner eigenen Wohnung und ich finde es sehr schön allein zu wohnen, also für mich wäre ein Wohnheim
oder eine WG nie infrage gekommen. Ausgeschlossen war ich früher in der Grundschule wegen meines
Handycaps, ich litt früher unter heftigen Wutausbrüchen, während meiner
Kindheit, und da wurde ich ausgegrenzt, was sich während der schulischen Laufbahn nicht geändert hat.
Also ich wünsche mir dass alle Menschen mit Behinderungen, egal welcher
Art, die gleichen Rechte haben wie Menschen ohne Handycap.
Sprecherin In dem Gewölbe nebenan fletschen Tiere in grellen Farben ihre spitzen
Zähne.
O-Ton Daniel Scislowski Meine Kollegin, Bärbel Lange, die mischt sich hier so Farben zusammen,
Wandfarben, und die bemalt damit so Teppiche. Das sind Teppiche, die man eigentlich unter Baustellengerüsten findet, die lagen einfach hier
beim Sperrmüll rum, und dann hat die Bärbel die aufgegriffen, mit hier
rein genommen und hat angefangen, die zu bemalen.
O-Ton Bärbel Lange Ich mal hauptsächlich Tiere. Wenn ich was im Kopf habe was ein Tier
betrifft dann tu ich das gleich draufmalen.
O-Ton Daniel Scislowski Das sind jetzt Bären, Elefanten oder auch schon mal Insekten, wie
Schmetterlinge, oder auch schon mal Schlangen - hat sie auch drauf. Das sind so helle Farben, also schon Neonfarbtöne, die sie benutzt, Gold und
Silber.
O-Ton Bärbel Lange
Also, hier unten fühle ich mich wohler. Hier nervt mich keiner, da hab ich
meine Ruhe, nicht so wie unten, wenn das laut ist. hier kann ich in Ruhe malen.
O-Ton Daniel Scislowski
Manchmal haben wir hier im Kunsthaus Situationen, wo sich ein paar Kollegen streiten, wo die sich an den Kragen gehen fast, aber Streitereien
unter Kollegen ist ja schon was Normales. Weil, das können wir hier auch in Ruhe klären mit den Betreuern, mit den Chefs, dann sprechen wir
darüber jeden Donnerstag in unserem Meeting. Und wir haben auch eine Streitschlichtung, und dann schlichten die das mit denen.
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O-Ton Bärbel Lange Ich kann hier Musik hören, ich hab meine Anlage hier. Meine CDs. Das ist
Freddy Quinn, das hier. Das ist Andrea Berg und die höre ich am meisten.
Musik
Atmo Artfair
Sprecherin
Bärbel Lange ist kräftig und macht einen entschlossenen, zupackenden Eindruck. Man könnte sie sich gut als Bildhauerin vorstellen. Ihre Haare
sind stoppelkurz geschnitten. Nur oben auf der Kopfmitte wachsen wilde Strähnen in alle Richtungen.
Auf der Artfair, einer kleinen Kunstmesse in Köln, geht sie von Stand zu Stand und sucht nach neuen Anregungen für ihre Bilder.
O-Ton Bärbel Lange
Ach guck mal hier, ach du meine Güte! Mit Licht! Ich glaub‘s nicht. Nee, mit Licht, ich krieg ne Krise, mit Licht! Guck dir dat an. Schiffe, diese
Häuser, das ist ne Kirche, es leuchtet mit Licht, also wie man das gemacht hat, weiß ich nicht.
Sprecherin Die Artfair präsentiert Werke von jungen, noch unentdeckten Künstlern,
aber auch etablierte Kunst. Bärbel Lange ist zum ersten Mal hier.
O-Ton Bärbel Lange Guck dir das mal an, da kannst du doch nicht meckern, oder? Ja, das
reicht erst einmal, das muss ich auf meinen Teppich machen.
Sprecherin Sie schaut sich alles mit derselben Neugier an, Bilder, Bücher, Kataloge.
Das Werbevideo am Stand einer Sektmarke.
O-Ton Bärbel Lange Das ist ne Leinwand oder was das darstellen soll? Ich hab keine Ahnung.
Atmo Stand Freie Kunsträume
Sprecherin Ihre Kollegin Nicole Baginski ist ausgewählt worden, ihre Bilder auf dem
Gemeinschaftsstand der freien Kunsträume Köln auszustellen. Ein Bild hat sie schon verkauft. An die Stadt Köln.
O-Ton Nicole Baginski Aber ich wusste bis eben davon nichts. Das ist ein kleiner Schock so ein
bisschen.
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Sprecherin An der Wand hängen ihre Portraits von Tatort-Kommissaren, Sport-Stars
und anderen Prominenten. Das Bild mit der Abbildung des ehemaligen Oberbürgermeisters Jürgen Roters hat die Stadt Köln gekauft.
O-Ton Nicole Baginski
Also, ich hätte es mir nichts erträumen lassen überhaupt hier zu sein
und dass meine Kollegen mich so unterstützen, hätte ich nicht erwartet, und deswegen also, ich bin kurz vor den Tränen, immer wieder noch am
runterdrücken.
O-Ton Jutta Pöstges Bei allen Bildern sind die leuchtenden Farben finde ich das Typische, und
ganz besonders die Blicke, also in den Augen ist ganz viel Leben eingefangen, die haben unheimlichen Ausdruck, die Augen.
O-Ton Nicole Baginski
Es ist toll und auch komisch, so zweierlei Gefühle.
Musik
Sprecherin
Inklusion ist schön, macht aber viel Arbeit. Anerkennung und Aufmerksamkeit haben ihren Preis. Unermüdlich versucht KAT 18, mit
Ausstellungen, Projekten und Kooperationen auf dem Kunstmarkt präsent zu sein.
O-Ton Jutta Pöstges Das Kunsthaus KAT 18 ist Teil der GWK Köln, gemeinnützige Werkstätte
Köln, und die GWK – so die Abkürzung - ist eine Werkstatt für behinderte Menschen, und da gibt es einen gesetzlichen Rahmen, der auch
vorschreibt, dass mit der Arbeit gewisse Beträge erwirtschaftet werden müssen, und das ist auch hier bei uns der Fall. Also wir müssen auch
gewisse Einkünfte mit der Arbeit erzielen, um Materialien anschaffen zu können und den Künstlern Entgelte zu bezahlen.
Zitatorin
Die Forderung wirtschaftlicher Gewinne von Seiten des Trägers forciert zwar die Aktivitäten, erhöht zugleich aber auch den Druck, gegebenenfalls
Konzeptänderungen vorzunehmen.
Sprecherin Schreibt Viola Luz.
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Zitatorin Außerordentlich viel Energie investieren die Teams der Kunstwerkstätten
zudem in der Entwicklung von Strategien zur Selbstlegitimierung.
Musik
Sprecherin
Druck kommt auch aus der Nachbarschaft. Einige der ehemaligen Hausbesetzer machen den Künstlern von KAT 18 das Leben schwer.
Ausgerechnet die früheren Betreiber des Rocktunnels haben sich bei der Stadt über Lärmbelästigung beschwert.
O-Ton Paula Cremer
Das ist ein bisschen heikel, weil das Wort KAT 18 ist bei uns entstanden und die Künstlergruppe ist unabhängig auch auf den Namen gestoßen und
haben gesagt, okay, wir nennen uns jetzt so, und die haben das dann groß raus gebracht und dann waren einige hier im Haus tief getroffen, weil
die sind damit aufgewachsen, es sind ja auch Leute hier, die hier geboren wurden, und die haben sich so ein bisschen da mit der Lärmbelästigung
ein bisschen abgeregt. So war das. Und das war wirklich übertrieben von den Menschen, die hier wohnen.
Sprecherin Die Zukunft von KAT 18 ist ungewiss.
O-Ton Jutta Pöstges
Es ist schon so, dass die soziokulturelle Nutzungsbindung in ein paar Jahren ausläuft und das ist schon eine Bedrohung für dieses Projekt, weil
in dem Moment wo die Nutzungsbindung ausläuft, das ist, glaube ich, in fünf, sechs Jahren der Fall, dann kann das zu ganz normalen Mieten
vermietet werden und dann wird sich da unter Umständen erheblich was ändern.
Musik
Sprecherin
Ein Grund mehr, sich bei der Planung eines der größten Sanierungsgebiete
in Deutschland einzumischen. Ein 115 Hektar großes Gelände im Kölner Süden soll umstrukturiert werden. Wo bisher noch die alte Markthalle
inmitten von Brachflächen und kleineren Betrieben steht, soll die „Parkstadt Süd“ mit Wohnhäusern, Büros und Geschäften entstehen. Und
der die Metropole umgreifende Kölner „Grüngürtel“ soll bis zum Rhein verlängert werden. Die Stadt verspricht Bürgerbeteiligung bei der
Planung.
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O-Ton Jutta Pöstges Ich hab ganz stark den Traum oder den Wunsch, dass es irgendwann in
Köln nochmal Orte gibt, wo sich wirklich Menschen noch intensiver begegnen, also wo sie zusammen wohnen und arbeiten können und so
künstlerisch schaffen und aktiv werden können und das ist noch eine weitere Stufe zum Kunsthaus KAT 18. Das würde ich gerne noch mit
anstoßen, dass so etwas noch mal entsteht.
Atmo Konzeptessen
Sprecherin
KAT 18 hat zu einer Vernissage mit Konzeptessen eingeladen. Im Café im Erdgeschoss stellen die Künstler Bilder und Keramiken zum Thema
Stadtvisionen aus. Im Keller ist ein langer Tisch für 50 Leute gedeckt. Ein Streifen mit aufrecht drapierten Salatblättern zieht sich längs über den
Tisch, Symbol für den Grüngürtel. Den kann man sich auf den Teller legen. Dazu gibt es Sonnenaufgangspolenta mit Tagesimpressionen und
Nachtblaubeeren mit Vollmond. Der Baudezernent wird begrüßt, die Kulturamtsleiterin und andere
wichtige Leute. Der Architekt Jan Liesegang vom Berliner Raumlabor hält einen Vortrag zum Thema Bürgerbeteiligung bei Bauprojekten. Auf der
Leinwand erscheint ein Bild vom Mauerfall.
O-Ton Jn Liesegang
Ich zeig das Bild eigentlich nicht wegen des Mauerfalls...
Sprecherin Tanja Geiss möchte wissen, warum die Mauer überhaupt gebaut wurde.
Auf solche Fragen ist der Architekt nicht vorbereitet.
O-Ton Jan Liesegang Es kommt die Frage, warum überhaupt die Mauer gebaut wurde.
(unter O-Ton leise weiter)
Sprecherin Jan Liesegang spricht sehr akademisch. Er sagt aber auch, dass wir das
Träumen verlernt haben. Da träumen einige der Künstler schon mehr oder
weniger gelangweilt vor sich hin.
O-Ton Tanja Geiß Der Patrick fand das vielleicht auch langweilig, aber ich fand das am
langweiligsten, weil das viel zu lange gedauert hat.
Sprecherin Andere sind hellwach. Bärbel Lange zum Beispiel. Sie beschließt die
Diskussion mit einem flammenden Plädoyer.
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O-Ton Bärbel Lange Wir Künstler, wir haben ja viel Künstler, die Ideen haben, eine Wohnung
zu gestalten. Und außerdem wir sind ja nicht alleine auf der Welt, da sind ja auch mehrere Leute, die gar keine Wohnung haben, und die auch das
Geld dafür nicht haben. Und da brauchen wir billige Wohnungen, die nicht wieder erhöht werden. Und dafür sind die Künstlerinnen da, die das auch
können, die dazu stehen und das auch bauen.
Musik
Das war:
Kunst inklusiv – Das Projekt KAT 18 in Köln
Feature von Ulrike Klausmann
Es sprachen: Svenja Wasser und Susanne Flury
Ton und Technik: Eva Pöpplein und Roman Weingardt
Regie: Anna Panknin
Redaktion: Klaus Pilger
Produktion: Deutschlandfunk 2016
ENDE