LÖSUNGSFOKUSSIERTE PRAXIS
mit dem SEN-Modell
Sicherheit entwickeln – Entwicklung Nutzen
(nach „Signs of Safety“ von S. Edwards, A. Turnell)
Louise Elliott-Humer, BA
Mag. Manfred Humer
30.01.2018
Worüber wir heute sprechen….
• Persönliche Erfahrungen: Lösungsfokussierte Praxis, Signs of Safety / SEN
• Grundsätzliches zu diesen Ansätzen
• Praxisbeispiele zur Anwendung von SEN Tools, Methoden…
Genogramm
Words ’n’ Pictures
Immediate Stories
Die 3 Häuser
. . .
• Gedanken zur Implementierung
Der Anfang, fachliche Quellen und Einflüsse seit 2001
John Wheeler
Sozialarbeiter, Familientherapeut, Trainer und
Supervisor in lösungsorientierter Praxis, Berater
der Kinder- & Jugendhilfe in Gateshead und
Newcastle upon Tyne, Mitbegründer von
‘Brief Therapy North East’
Viv Hogg
Sozialarbeiterin, Kinderschutzexpertin, ehem.
Teamleiterin Kinder- und Jugendhilfe Gateshead:
arbeitet seit 2001 mit Signs of Safety!
Trainerin/Beraterin, Business Managerin von
'Signs of Safety UK’
Menschenbild, Haltung
Theorien
Praxis:Methoden
Instrumente
Grundprinzipien der
Lösungsfokussierten Praxis
Steve DeShazer, Insoo Kim Berg
“Repariere nicht, was nicht kaputt ist!“
“Finde heraus, was gut funktioniert. Tue mehr davon!“
“Wenn etwas nicht funktioniert, dann hör damit auf und
versuche etwas anderes!“
“Simplicity”
Lösungen statt Probleme.
Positive Veränderungen passieren auf Basis kleiner Schritte.
Positive Unterschiede erkennen und verstärken.
Beachte / nutze das, was da ist, nicht was fehlt!
Einfache Sprache, ohne komplizierte Worte.
Die Betroffenen sind Experten für ihre Lebenswelt.
Wir sind nicht allwissende Fachleute, die die Lösungen parat haben.
Alle Beteiligten sind an positiver Veränderung interessiert.
Eine kurze Geschichte: Stephen (18)
SEN / Signs of Safety im Kinderschutz
• konkreter, genauer Fokus auf „Zeichen der Gefährdung“,
ohne zu verurteilen
• rigorose Orientierung an der Sicherheit des Kindes
• Wahrnehmen und Herstellen von „Zeichen / Merkmalen der Sicherheit“
• Maßnahmen setzen an Stärken und Ressourcen an, nachhaltige Antworten
auf Gefährdungsindikatoren
• gibt Kindern und Jugendlichen eine deutliche Stimme
• fördert gute Kooperationsbeziehungen zu allen Beteiligten
• in mehreren Ländern erfolgreich implementiert und evaluiert
“Mapping” / Fall-Landkarte
Genogramm (und/oder Netzwerkkarte) als Startpunkt….
• fokussiert Blick auf die Familiengeschichte, eröffnet viele Themen,
biographische Ereignisse, oft sehr emotional…
• Genogramm bleibt als Bild für uns und v.a. für auch die KlientInnen präsent.
• Gemeinsamer Prozess der Netzwerkerkundung -
Wer kann eine wichtige Ressource sein?
„Das Wichtigste im Genogramm bleiben die Geschichten,
die gemeinsam in den Sitzungen zu den verschiedenen
Genogrammdaten erzählt werden. Sie bilden den Hintergrund
für ein neues Verständnis der Gegenwart“
(Arist v. Schlippe)
Beispielgenogramm*Familienarbeit SKIP Leonstein
(erstellt mit der Mutter eines betreuten Kindes)
Relativ großes Familiensystem
Die Mutter erklärte nach der Erstellung:
“Das ist ja wirklich traurig! Da habe ich so eine
große Familie und so viele Verwandte, aber ich
bin mit keinem von ihnen wirklich in Kontakt,
und ich würde mir von keinem Hilfe erwarten
oder holen….”
* absichtlich durch Unschärfe/Blur anonymisiert!
Beispielgenogramm*
• absichtlich durch Unschärfe/Blur
anonymisiert!
B I L D G E S C H I C H T E N
Words ‘n’ Pictures & Immediate Stories
• Interventionen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen massive Einschnitte und
Veränderungen (Trennung, Umzug, emotionaler Stress….)
• Kinder geben sich oft selbst die Schuld, sehen sich als verantwortlich für die Konsequenz
der Intervention der Kinder- und Jugendhilfe.
• Erklärungen mit Worten und Bildern darüber, was tatsächlich geschehen ist, entlasten
Kinder und helfen auch den Erwachsenen das Geschehene zu verarbeiten.
• Als professionelle HelferInnen können Sie Kindern helfen, indem Sie eine erklärende
Bildgeschichte für sie machen.
• Besonders positiv ist es, wenn Eltern oder auch die Jugendlichen mitzeichnen/schreiben.
Words ‘n’ Pictures
“Für Philipp -
Deine Geschichte”
Mama und Papa lernten sich in bei einem Verein kennen.
Deine Eltern haben sich schnell ineinander verliebt und
1 Jahre später hat Mama deinen Bruder Marco geboren.
Zu dieser Zeit war deine Mama schon krank.
Zuerst hatten deine Eltern eine Wohnung in Linz.
Mit Baby Marco sind sie dann in ein Haus am
Stadtrand gezogen.
In den ersten 4 Lebensjahren von Marco
hatte es deine Mama nicht immer leicht.
Ungefähr 2 Jahre lang bekam sie
Hilfe von einer Familienhelferin.
Als Mama dann mit dir schwanger war, freute sie sich sehr auf dich.
Doch war sie in dieser Zeit viel alleine und hatte immer öfter
traurige Tage.
Mama leidet an einer Depression.
Das ist, als wäre eine große,
dunkle Wolke in und um dich
herum, die dich mude und
traurig macht.
Deine Mama bekommt Medikamente
und geht zu einer Psychotherapeutin.
Das hilft ihr diese Wolke etwas kleiner
zu machen.
Als du auf die Welt kamst,
waren alle ganz vernarrt in dich,
doch die Krankheit deiner Mama war
noch immer da.
Deine Mama und dein Papa bemühten sich sehr,
gute Eltern für euch zu sein, doch es kam es immer öfter
zum Streit zwischen deinen Eltern.
Papa war oft nicht zuhause und Mama ging es gar nicht
gut, weil sie sich sehr alleine fuhlte.
Nach einer Weile haben sich Papa und Mama getrennt.
Fur 1 Monat hat sich Oma um Marco und dich gekummert.
Mama zog später auch in die Nähe von Oma, damit beide
für euch da sein konnten.
Eine Zeitlang bekam Mama Unterstutzung von
einer Sozialarbeiterin von der Kinder- und
Jugendhilfe.
Fur deine Mama war das alles sehr anstrengend.
Marco ging schon in die Schule und brauchte
mehr Hilfe, als ihm Mama geben konnte.
Als Mama es nicht mehr schaffte, kam Marco
zuerst in eine Krisengruppe. Später zog er in
eine andere Wohngruppe um.
Alle waren zuerst traurig, aber Marco gefiel es
in der WG bald ganz gut. Er lernte viele neue
Freunde kennen.
Dann lernte Mama Richard kennen, und sie
verliebten sich ineinander. Mama und Richard
heirateten und zogen mit dir gemeinsam nach
Neustadt.
Richard hatte dich gleich gern. Er und Mama
versuchten gemeinsam fur dich da zu sein.
Mama hatte aber immer noch oft traurige Tage.
Sie machte sich Sorgen wegen ihrer Krankheit,
der Wohnung, dem Geld und um Marco.
Sie wollte so gern mehr Zeit mit dir verbringen und
dir mehr Unterstutzung geben, aber sie schaffte es
einfach nicht.
Also entschied die Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam mit Mama, dass du
bei einer anderen Familie leben sollst.
So hat Mama die Zeit sich zu erholen und sich um sich selbst zu kummern.
Und du, lieber Philipp, bekommst die
Unterstutzung, die du brauchst,
um gesund aufzuwachsen.
So kamst du zur Familie Mayr, die dich sofort
in ihr Herz geschlossen hat.
Alle 2 Wochen besuchst du Mama und Papa. Marco triffst du dort auch manchmal
in den Ferien oder an Feiertagen, was besonders schön ist.
Alle Menschen um dich herum haben dich lieb, denen bist du wichtig.
Sie achten darauf, dass es dir gut geht.
Immediate Story: „Lisa und Daniel müssen wieder umziehen...“
Vor 1 Jahr seid ihr seid ihr zwei zu Oma
und Opa auf ihren Bauernhof gezogen,
weil Mama sehr oft krank ist.
Bei euren Großeltern ist es euch gut
gegangen und ihr habt viel gelernt.
Oma, Opa und Mama sind stolz auf euch!
Letzte Woche musste der Arzt zu Oma
kommen. Er hat gesagt, dass Oma sehr
krank ist. Sie braucht eine Operation und
muss ins Krankenhaus. Dort muss sie lang
bleiben. Wir wissen nicht, ob sie wieder
ganz gesund wird.
Opa ist sehr traurig. Er hat viel Arbeit auf
dem Hof und kann sich nicht um Oma und
euch gleichzeitig kümmern.
Opa hat Frau Berger, eine Sozialarbeiterin
vom Jugendamt, um Hilfe gebeten. Sie hat
auch ihre Kolleginnen gefragt, was sie jetzt
tun sollen.
Sie hatten die Idee, dass ihr jetzt zur Familie
Schmied ziehen sollt, die sich gut um euch
kümmern kann.
Morgen werdet ihr bei Familie Schmied
einziehen. Alle freuen sich auf euch.
Anton und Claudia Schmied haben eine
Tochter Mira, sie sind alle sehr nette Leute.
Sie wohnen nicht weg von Opa in einem
schönen großen Haus. In der Nähe gibt es
einen Spielplatz, einen Pferdehof und viele
andere interessante Sachen.
Oma, Opa, Mama und Frau Berger freuen
sich, dass ihr dort gut aufgehoben seid und
viel Spass haben werdet.
Opa und Mama werden euch oft besuchen
kommen, und ihr könnt sie und auch Oma
besuchen.
Und weil ihr nicht weit weg zieht, könnt ihr
weiter in die gleiche Schule gehen.
Mario Mayr, Geschichte einer IN-Betreuung
Words and Pictures
in Zusammenarbeit von Mario’s
Mutter Sandra und ihrer
Elternbetreuerin
Haus der
Sorgen
Haus der
Wünsche
Haus der
Guten Dinge
"Die 3 Häuser“
Die 3 Häuser von Mario (10 Jahre)
“My 3 Houses” – App für iOS und Android
(Englisch) – gratis!
Haus der
Sorgen
Haus der
guten Dinge
Haus der
Wünsche
Ein Film über die Familienarbeit der SKIP Krisenbetreuung von
Schloss Leonstein auf den Grundlagen von Signs of Safety / SEN
https://youtu.be/o6JQ2kFkKaI
Nur für den Fall, dass noch Zeit übrig ist…
Die 3 Häuser zur Implementierung von SEN
Haus der Sorgen / Herausforderungen
• ‚Systemimmanenter Problemfokus‘ im Kinderschutz
• Rechtliche Verantwortung (KJH muss ihr Handeln stets
begründen und rechtfertigen können)
• Wege zum Lösungsfokus: Von Problemen der Vergangenheit
zu Möglichkeiten der Zukunft
• Haltung von SoS / SEN: Kann ich diese leben und mittragen?
• Keine „halben Sachen“ – Implementierung ganz oder gar nicht
Haus der Guten Dinge
• SozialarbeiterInnen der KJH sind
grundsätzlich mutige Menschen!
• Fachabteilung, Team-/Abteilungsleitungen unterstützen aktiv den
lösungsfokussierten Ansatz
• Teams: Engagement, Haltung und Menschenbild im Einklang mit SEN.
Regelmäßiger Austausch, gegenseitige Unterstützung bzgl. Abklärung von
Gefährdung, Ressourcen und Sicherheitsplanung.
Externe Begleitung durch ExpertInnen, z.B. Netzwerk O‘ST
Rahmenbedingungen für Weiterentwicklung und Veränderung, Zugang zu
Fortbildung Implementierung = fortlaufender Prozess.
Tatendrang, Optimismus, Humor, Leichtigkeit
Offizielle Verankerung Kinderschutzansatz mit
Methoden von SEN in der KJH implementiert
Verbindlichkeit.
SozialarbeiterInnen arbeiten gerne mit SEN, auch wenn
vorerst mehr Aufwand (Dokumentation, Einarbeiten...)
Ergebnisse und Pläne aus lösungsfokussierter Arbeit
bieten Unterstützung und Entscheidungshilfe.
(Personelle) Ressourcen vorhanden.